Frauen und Männer am Arbeitsmarkt: Traditionelle
Transcription
Frauen und Männer am Arbeitsmarkt: Traditionelle
IAB Kurzbericht 4/2015 Aktuelle Analysen aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung In aller Kürze Der Anteil der Frauen an den Be- schäftigten ist seit 1991 um 5,0 Prozentpunkte gestiegen. Damit war 2014 fast die Hälfte aller Beschäftigten weiblich. Ihr Anteil am Arbeitsvolumen nahm um 3,4 Prozent punkte zu und lag 2014 bei knapp 41 Prozent. Dabei konzentrierte sich der Anstieg auf Teilzeitarbeit einschließlich der geringfügigen Beschäftigung. Die Zahl der beschäftigten Frau- en stieg insgesamt um 21 Prozent, das von ihnen geleistete Arbeitsvolumen um 4 Prozent. Ein etwas höheres Arbeitsvolumen wird heute also von deutlich mehr Arbeitnehmerinnen erbracht als früher. Vor allem in der Familien phase verfestigen sich die Unterschiede in den Arbeitszeiten und ein Großteil der Paare wählt das „Zuverdienermodell“ mit vollzeitbeschäftigtem Mann und teilzeitbeschäftigter Frau. Die Arbeitszeitpräferenzen von Paaren zeigen, dass sich bei einer Realisierung der gewünschten Wochenarbeitszeiten an der Verteilung der partnerschaftlichen Erwerbszeit nur wenig ändern würde. Bessere Kinderbetreuungsangebo- te und flexible Arbeitszeitmodelle, aber auch eine finanzielle Förderung von partnerschaftlichen Erwerbsmodellen könnten zu einer ausgewogeneren Aufteilung von Erwerbsund Familienzeiten von Paaren bei tragen. Frauen und Männer am Arbeitsmarkt Traditionelle Erwerbs- und Arbeitszeitmuster sind nach wie vor verbreitet von Susanne Wanger Inzwischen sind fast genauso viele Frauen wie Männer erwerbstätig. Doch betrachtet man die Arbeitsstunden als Bezugsgröße, zeigen sich deutliche Unterschiede. Der hohe Anteil von Frauen, die Teilzeit arbeiten, führt zu einer ausgeprägten Arbeitszeitlücke zwischen Frauen und Männern. Vor allem in der Familienphase verfestigen sich die Unterschiede in den geleisteten Arbeitszeiten. Die Erwerbstätigkeit der Frauen ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Ihr Anteil an allen abhängig Beschäftigten lag 2014 bei 49,2 Prozent. Damit scheinen Frauen fast im gleichen Maße am Arbeitsmarkt beteiligt zu sein wie Männer. Allerdings sagen Personenzahlen ohne Berücksichtigung der Arbeitszeiten wenig über den Beschäftigungsumfang aus. Ein Blick auf das geleistete Arbeitsvolumen – also das Produkt aus Personen und Arbeitszeit – ergibt ein differenziertes Bild. Das IAB berücksichtigt dies in seiner Arbeitszeitrechnung (vgl. Infokasten auf Seite 4). Im Folgenden werden aktuelle Ergebnisse zu Beschäftigung, geleisteter und gewünschter Arbeitszeit sowie zum Arbeitsvolumen von Frauen und Männern in Deutschland vorgestellt. Die Beschäftigung von Frauen und Männern entwickelt sich unterschiedlich Im Jahr 2014 lag die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer in Deutschland bei 38,2 Mio., das sind 3 Mio. Beschäftigte mehr als noch 1991. Dieser Zuwachs speist sich alleine aus der gestiegenen Erwerbstätigkeit von Frauen, die um insgesamt 21 Prozent zugenommen hat. Dagegen lag die Beschäftigung von Männern im Jahr 2014 um 1,3 Prozent unter der von 1991 (vgl. Abbildung 1 auf Seite 2). Ausschlaggebend für die negative Entwicklung bei den Männern war der strukturell bedingte kräftige Rückgang der Vollzeitbeschäftigung im Zeitraum 1991 bis 2005 (vgl. ausführliche Tabellen zu diesem Kurzbericht im Internet unter www.iab.de). Seitdem steigt die Vollzeitarbeit bei Männern – mit Ausnahme der Einbrüche infolge der Finanzkrise – wieder leicht an, lag 2014 aber immer noch 17 ProAbbildung 1 Beschäftigte, Arbeitszeit und Arbeitsvolumen 1991 bis 2014 Jahresdurchschnittswerte für Männer und Frauen, Indexwerte (1991 = 100) 130 130 Beschäftigte Jahresarbeitszeit Arbeitsvolumen 120 120 110 100 100 90 90 80 80 130 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 110 130 120 120 110 110 100 100 90 90 80 80 © IAB Quelle: IAB-Arbeitszeitrechnung, Stand: Februar 2015. Abbildung 2 Erwerbsformen der Beschäftigten 2014 nach Geschlecht und Alter, Personen in 1.000 Altersgruppe über 64 60 – 64 55 – 59 50 – 54 45 – 49 40 – 44 35 – 39 30 – 34 25 – 29 20 – 24 unter 20 3.000 2.500 2.000 1.500 1.000 500 geringfügige Teilzeit 0 0 reguläre Teilzeit Quelle: IAB-Arbeitszeitrechnung, Stand: Februar 2015. 2 IAB-Kurzbericht 4/2015 500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 Vollzeit © IAB zent unter dem Stand von 1991. Die Frauen hatten bei der Vollzeitarbeit zwar gleichermaßen Verluste zu verzeichnen (-21 %), allerdings ging dies mit starken Gewinnen bei der Teilzeitbeschäftigung einher. Im Jahr 2014 waren 11 Mio. Frauen teilzeitbeschäftigt – das sind doppelt so viele wie 1991. Zwar wuchs auch die Teilzeitarbeit der Männer (+3,0 Mio.), allerdings von einem wesentlich geringeren Niveau aus und die Zunahme reichte nicht, um die Verluste bei der Vollzeitbeschäftigung auszugleichen. Die gegenläufigen Entwicklungen – weniger Vollzeit- und mehr Teilzeitarbeit – hatten beständig steigende Teilzeitquoten zur Folge: 2014 waren 57,8 Prozent der Frauen teilzeitbeschäftigt (1991: 35 %); bei den Männern spielt Teilzeitarbeit mit 20,1 Prozent zwar traditionell eine weitaus geringere Rolle, die Quote hat sich aber seit 1991 (4,4 %) mehr als vervierfacht. Teilzeit ist eine sehr heterogene Beschäftigungsform, unter der eine Reihe sehr unterschiedlicher Arbeitsverhältnisse zusammengefasst werden: In der IAB-Arbeitszeitrechnung zählen zum einen die regulär Teilzeitbeschäftigten dazu, das sind die sozialversicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigten und die Beamten in Teilzeit. Zum anderen sind es die sogenannten Minijobber, also die ausschließlich geringfügig Beschäftigten, deren monatliches Arbeitsentgelt regelmäßig 450 Euro (seit 2013) nicht überschreitet, und Ein-Euro-Jobber. Im Jahresdurchschnitt 2014 waren 38 Prozent aller Teilzeitbeschäftigten in Minijobs tätig, allerdings bestehen deutliche geschlechts- und altersspezifische Unterschiede. Während etwa 53 Prozent aller teilzeitbeschäftigten Männer ausschließlich geringfügig beschäftigt waren, überwog bei den Frauen mit 67 Prozent die reguläre Teilzeitarbeit. Der Männeranteil an allen Teilzeitbeschäftigten lag 2014 bei 26 Prozent. Bei den geringfügig Beschäftigten war er allerdings mit 36 Prozent fast doppelt so hoch wie bei den regulär Teilzeitbeschäftigten (19,5 %). Männer entscheiden sich vor allem zu Beginn (Schüler, Studenten) und am Ende des Erwerbslebens (Altersteilzeit, Rentner) für Teilzeitarbeit. Während der Familienphase ist dies dagegen immer noch selten der Fall. Bei Frauen nimmt die Teilzeitarbeit in allen Altersgruppen breiten Raum ein, insbesondere aber in den Jahren nach der Familiengründung (vgl. Abbildung 2). Die unterschiedlichen Entwicklungen führten zu Angleichungen bei den jeweiligen Anteilen von Frauen und Männern an der Beschäftigung: Waren 1991 erst 44,2 Prozent der Beschäftigten weiblich, stieg ihr Anteil bis 2014 um 5,0 Prozentpunkte. Damit stellen Frauen fast die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland, allerdings ist ein Großteil von ihnen nur mit reduzierten Arbeitszeiten tätig. Gründe für die hohe Teilzeitquote Die Gründe für das reduzierte Stundenvolumen differieren stark zwischen den Geschlechtern: Männer üben Teilzeitarbeit häufig aus, weil eine Vollzeitstelle nicht zu finden ist (27 %) oder weil sie eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren (26 %, vgl. Tabelle 1). Bei Frauen sind diese Anteile weitaus geringer. Sie geben häufiger die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Personen als Hauptmotiv an. Dies war im Jahr 2011 für 26 Prozent der teilzeitbeschäftigten Frauen, aber nur für 3 Prozent der Männer der wesentliche Beweggrund. Von den Teilzeitbeschäftigten, die als Grund die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen bzw. behinderten Angehörigen angegeben hatten, machten knapp 20 Prozent die unbefriedigende Betreuungssituation für die Teilzeittätigkeit verantwortlich; weitere 49 Prozent gaben allerdings an, dass die Betreuungsangebote keinen entscheidenden Einfluss darauf hatten. Ein weiterer, bei Frauen häufig genannter Grund für Teilzeitarbeit waren persönliche oder familiäre Verpflichtungen (26 %). In dieser Gruppe sind oft ältere Frauen zu finden, in deren Haushalt keine Kinder unter 16 Jahren (mehr) leben. Häufig ist der Bildungsabschluss dieser Frauen eher niedrig und ihr Partner arbeitet Vollzeit. Betrachtet man die Gründe für Teilzeitarbeit nach normalerweise geleisteter und gewünschter Wochenarbeitszeit zeigt sich, dass die deutlichsten Verlängerungswünsche erwartungsgemäß bei den unfreiwillig Teilzeitbeschäftigten auftreten (Frauen +11,3 Std., Männer +17,0 Std.). Aber auch die übrigen Teilzeitbeschäftigten – Männer stärker als Frauen – präferieren eine längere Wochenarbeitszeit (vgl. Tabelle 1). Im Schnitt wünschen sich die Teilzeitbeschäftigten eine Erhöhung ihrer Arbeitszeit um fast 4 Stunden (Frauen +3,2 Std., Männer +6,9 Std.). Insbesondere geringfügig Beschäftigte haben unerfüllte Arbeitszeitwünsche. Teilzeit bietet zwar gute Möglichkeiten für den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt, wie die Analyse von Einstellungsprozessen zeigt (Brenzel et al. 2013). So werden Teilzeitstellen häufiger mit Arbeitslosen bzw. Personen aus der Stillen Reserve Tabelle 1 Gründe für die Teilzeitarbeit sowie normalerweise geleistete und gewünschte Wochenarbeitszeiten nach Geschlecht 2011 Teilzeitbeschäftigte Frauen Hauptmotiv für Teilzeitbeschäftigung Anteil normalerweise geleistete Wochenarbeitszeit in % Vollzeittätigkeit ist nicht zu finden gewünschte Wochenarbeitszeit Teilzeitbeschäftigte Männer unerfüllte Arbeitszeitwünsche* Anteil in Std. normalerweise geleistete Wochenarbeitszeit in % gewünschte Wochenarbeitszeit unerfüllte Arbeitszeitwünsche* in Std. 14,7 19,8 31,1 11,3 26,8 18,7 35,7 17,0 Schulausbildung, Studium oder sonstige Aus- bzw. Fortbildung 6,3 11,2 12,6 1,5 26,4 11,5 13,3 1,8 Aufgrund von Krankheit, Unfallfolgen 2,3 17,8 20,2 2,4 7,1 17,8 20,7 2,9 25,7 18,8 20,0 1,2 4,1 19,5 22,4 2,9 20,6 19,5 21,7 2,3 21,4 18,4 23,6 5,2 25,5 18,6 20,6 2,0 2,7 21,3 25,4 4,1 4,9 27,4 28,9 1,5 11,4 30,0 32,8 2,8 100,0 19,0 22,1 3,2 100,0 18,1 25,0 6,9 Reguläre Teilzeit 22,2 24,6 2,4 22,0 27,6 5,6 Geringfügige Teilzeit 11,8 16,6 4,8 14,8 22,7 8,0 Persönliche oder familiäre Verpflichtungen Vollzeittätigkeit aus anderen Gründen nicht gewünscht Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen/behinderten Personen Keine Angabe des Grundes Teilzeit insgesamt * Differenz zwischen gewünschter und normalerweise geleisteter Wochenarbeitszeit. Rundungsbedingte Abweichungen sind bei Summen und Anteilen möglich. Grundgesamtheit: Beschäftigte Arbeitnehmer zwischen 15 und 64 Jahren mit gültigen Angaben zu gewünschten Arbeitszeiten. Quelle: Mikrozensus 2011, Scientific Use File, eigene Berechnungen (gewichtet). © IAB IAB-Kurzbericht 4/2015 3 besetzt als Vollzeitstellen. Der erleichterte Wiedereinstieg sollte sich allerdings nicht zur Teilzeitfalle entwickeln, indem eine Vollzeitstelle verwehrt bleibt – wie der Anteil der Teilzeitbeschäftigten signalisiert, der auf dem Arbeitsmarkt keine entsprechende Vollzeitstelle finden konnte. Dieser Anteil ist bei Beschäftigten mit geringerer Bildung höher. Investitionen in ihre Qualifizierung könnten Betroffenen helfen, eine entsprechende Vollzeitstelle zu finden. Dies zeigen wissenschaftliche Studien: Ein hohes Bildungsniveau erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Wechsels von Teilzeit in Vollzeit (O’Reilly/Bothfeld 2002). Um solche Potenziale zu erschließen, kommt i Daten und Methodik IAB-Arbeitszeitrechnung Das in der Gesamtwirtschaft tatsächlich geleistete Arbeitsvolumen wird als Produkt aus Erwerbstätigenzahlen und durchschnittlicher Arbeitszeit ermittelt. Die Arbeitszeitrechnung nach Geschlecht und Altersgruppen schließt sich als Subsystem an. Darin werden die durchschnittliche Jahresarbeitszeit und das geleistete Arbeitsvolumen nach Frauen und Männern sowie nach elf Altersgruppen untergliedert. Die Erwerbstätigen werden differenziert nach Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten sowie nach Selbstständigen und Mithelfenden. Wegen der unterschiedlichen Arbeitsmarktlage und -struktur werden auch Westund Ostdeutschland getrennt betrachtet. Der Beobachtungszeitraum erstreckt sich derzeit von 1991 bis 2014 und wird jährlich erweitert. Maßgebliche Quellen für die geschlechts- und altersspezifische Unterteilung sind Daten des Statistischen Bundesamtes (Mikrozensus, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung) und der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Die Analyse in diesem Beitrag beschränkt sich auf die abhängig Beschäftigten. Die Statistik der ausschließlich geringfügig Beschäftigten der Bundesagentur für Arbeit bestätigt die Vermutung, dass der Mikrozensus die geringfügige Beschäftigung deutlich unterschätzt (vgl. auch Körner et al. 2011). Deshalb und aufgrund des Erhebungskonzepts differiert die Teilzeitquote – also der Anteil der Teilzeitbeschäftigten an allen Beschäftigten – im Mikrozensus deutlich (2013: 25,5 %) von der in der IAB-Arbeitszeitrechnung (2013: 38,5 %). Dies führt auch zu unterschiedlichen Ergebnissen hinsichtlich der Höhe der Erwerbstätigkeit von Frauen und Männern. Die Arbeitszeitrechnung des IAB ist seit 1997 in die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung des Statistischen Bundesamtes integriert. Deren große Revision 2014 zog deshalb auch Änderungen und Aktualisierungen für die Arbeitszeitrechnung nach sich (Wanger/Weigand/Zapf 2014). Aus diesem Grund können aktuelle Zeitreihen in diesem Artikel von früheren Veröffentlichungen abweichen. Mikrozensus Datenbasis für die Auswertungen zum Erwerbsstatus in Partnerschaften und zu den Arbeitszeiten der Beschäftigten ist der Mikrozensus, die amtliche Repräsentativstatistik des Statistischen Bundesamtes über die Bevölkerung und den Arbeitsmarkt in Deutschland mit einem Auswahlsatz von einem Prozent der Haushalte und der Bevölkerung. Das Scientific Use File (SUF) des Mikrozensus ist eine anonymisierte 70 %-Stichprobe des Mikrozensus, das mittels Gewichtungsfaktoren auf die gesamte Bevölkerung hochgerechnet werden kann. Für die Auswertungen wurden Daten des SUF aus dem Jahr 2011 zugrunde gelegt und auf alle Paare bzw. abhängig Beschäftigten hochgerechnet. Untersucht wurden die Arbeitszeitsituation, die Gründe für die Teilzeitarbeit und Arbeitszeitwünsche von beschäftigten Arbeitnehmern sowie die Erwerbs- und Arbeitszeitmuster von Paaren. 4 IAB-Kurzbericht 4/2015 neben der Qualifizierung auch der betrieblichen Personalpolitik und dem Betreuungsangebot eine entscheidende Rolle zu. So wünschen sich viele Beschäftigte flexiblere Arbeitszeiten, insbesondere, dass bei der Arbeitszeitorganisation ihre familiäre Verantwortung berücksichtigt wird und individuelle Modelle gefunden werden. Zudem möchten viele Teilzeitbeschäftigte nicht auf eine Vollzeitstelle zurückkehren, sondern ihre Arbeitszeit nur um einige Stunden ausweiten. So präferieren 43 Prozent aller Teilzeitbeschäftigten mit Wunsch nach mehr Arbeitsstunden Wochenarbeitszeiten, die bei 35 und weniger Stunden liegen. Allerdings ist eine Verlängerung der Wochenstunden in der derzeitigen Tätigkeit nur für 13 Prozent der Beschäftigten mit Wunsch nach mehr Arbeitsstunden möglich. 57 Prozent gaben dagegen an, dass sie für eine höhere Wochenarbeitszeit auf eine neue Stelle wechseln müssten. Weitere 16 Prozent würden zu ihrer aktuellen Tätigkeit eine zusätzliche Beschäftigung suchen. Längerfristige Teilzeitphasen bergen Nachteile Ein reduziertes Stundenvolumen und die flexible Gestaltung der Arbeitszeit erleichtern es den Beschäftigten, private und berufliche Interessen zu vereinbaren. Das gilt vor allem, wenn sie bei der Verteilung ihrer Arbeitszeit mit entscheiden können. Allerdings werden mit der Teilzeit auch Nachteile in Kauf genommen, insbesondere wenn es sich dabei um längerfristige Phasen im Lebenslauf handelt. Die Familiengründung ist für Frauen häufig mit dem Ende einer kontinuierlichen Vollzeit-Erwerbsbiografie verbunden. Auf familienbedingte Erwerbsunterbrechungen folgen nicht selten Teilzeitbeschäftigungen sowie geringfügige Beschäftigungen zu geringeren Löhnen. Vollzeitbeschäftigte erzielen mit zunehmender Erwerbserfahrung prozentual höhere Lohnzuwächse als Teilzeitbeschäftigte (Boll 2010). Insbesondere Erwerbsunterbrechungen führen zu deutlichen Lohneinbußen beim Wiedereinstieg in das Berufsleben. Daraus ergeben sich für Frauen auch geringere eigenständige Rentenansprüche und eine Differenz bei den Alterseinkommen von über 50 Prozent gegenüber den Männern (Frommert/Strauß 2013). Außerdem wird in Teilzeitphasen das bestehende Humankapital zwar gehalten, aber kaum ausgebaut (Boll 2010); dazu trägt auch die unterdurchschnittliche Weiterbildungsbeteiligung von Teilzeitbeschäf tigten bei. Ein wichtiger Grund hierfür dürften zeit- organisatorische Gründe darstellen, die ihre Beteili gung z. B. an ganztägigen Seminaren erschweren. Hinzu kommt, dass Unternehmen eine Finanzierung von Weiterbildungsaktivitäten bei Teilzeitbeschäftigten aufgrund ihres geringeren Arbeitsumfangs oft weniger lohnend einschätzen (Bellmann et al. 2013). Darüber hinaus bremsen Teilzeitphasen den Aufstieg von Frauen in Führungspositionen. So akkumulieren sie weniger Erwerbserfahrung als vollzeitbeschäftigte Männer und haben dadurch geringere Chancen, in hohe Positionen aufzusteigen. Erschwerend kommt hinzu, dass sich gerade bei Hochqualifizierten die Phase der Familiengründung mit der karriereintensiven beruflichen Entwicklung zeitlich stark überschneidet. Zwar konnten Frauen in den vergangenen Jahren ihre Beteiligung an Führungspositionen geringfügig ausbauen (Möller/Kohaut 2013). Frauen in Führungspositionen arbeiten aber deutlich seltener in Teilzeit als Frauen ohne Führungsverantwortung, weil Teilzeitarbeit auf Leitungsebene z. B. mit einem höheren Koordinierungsaufwand und zusätzlichen Kosten verbunden ist. Neben diesen Nachteilen bei Teilzeit in Führungspositionen ergeben sich für Betriebe aber durchaus Vorteile. So bietet z. B. Jobsharing die Möglichkeit, Führungsfunktionen zu teilen, sodass zwei teilzeit arbeitende Führungskräfte einen Arbeitsplatz besetzen. Damit kann zudem verhindert werden, dass wertvolles Wissen bei einem zeitweisen Arbeitsausfall oder beim Weggang einer Führungskraft aus dem Unternehmen verloren geht. Eine größere Verbreitung von „Teilzeit-Managern“ kann die Akzeptanz für teilzeitarbeitende Männer auf allen betrieblichen Ebenen erhöhen und eine gleichmäßigere Verteilung von Führungspositionen und Arbeitszeiten für beide Geschlechter begünstigen. Einfluss des Teilzeiteffekts auf die Jahresarbeitszeit Die unterschiedlichen Erwerbsstrukturen von Frauen und Männern schlagen sich in ihren durchschnittlichen Arbeitszeiten nieder. Aus der Wochenarbeitszeit ergibt sich unter Berücksichtigung von jährlichen Arbeitstagen, Urlaub, Krankenstand, Überstunden etc. die tatsächlich geleistete Jahresarbeitszeit (Wanger/Weigand/Zapf 2014). Diese ist zwischen 1991 und 2014 bei Frauen und Männern – aufgrund der gestiegenen Teilzeitquote – deutlich gesunken (vgl. Abbildung 1). Die tatsächlichen Jahresarbeitszeiten der vollzeitbe schäftigten Frauen und Männer haben sich dagegen im Zeitraum 1991 bis 2014 nur relativ wenig verändert. Im Durchschnitt ist die Jahresarbeitszeit von vollzeitbeschäftigten Frauen etwa um 7 Prozent kürzer als die von Männern. Dies ist vor allem auf unterschiedliche Berufs- und Branchenstrukturen zurückzuführen. Zudem leisten Männer vermehrt Überstunden oder haben häufiger Führungspositionen inne, die durch sehr lange Arbeitszeiten gekennzeichnet sind (Weber et al. 2014). Bei den Jahresarbeitszeiten der Teilzeitbeschäftigten müssen geringfügige und reguläre Teilzeit aufgrund ihrer Heterogenität getrennt betrachtet werden. Bei den sozialversicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigten (reguläre Teilzeit) gibt es bezüglich der Länge der Jahresarbeitszeit kaum Unterschiede zwischen Frauen und Männern, sie beträgt im Durchschnitt gut die Hälfte einer Vollzeitstelle. Die Arbeitszeit in einem Minijob (geringfügige Teilzeit) beträgt dagegen im Schnitt nur ein Drittel der Vollzeitarbeitszeit, und hier zeigen sich durchaus Unterschiede zwischen Frauen und Männern. So liegt die Jahresarbeitszeit der weiblichen Minijobber rund 14 Prozent unter der der männlichen. Im Zeitraum 1991 bis 2014 ist die durchschnittlich geleistete Jahresarbeitszeit der Frauen deutlich stärker gesunken als die der Männer. Ausschlaggebend hierfür ist die höhere Teilzeitquote der Frauen. Dieser sogenannte Teilzeiteffekt – also die Differenz zwischen der jährlichen Arbeitszeit in Vollzeit auf der einen Seite und der in Voll- und Teilzeit auf der anderen Seite – ist bei allen gestiegen: Bei den Frauen betrug er zuletzt 502 Stunden, bei den Männern nur knapp ein Drittel davon (178 Std.). Die Arbeitszeitlücke zwischen Frauen und Männern wird größer Aus Beschäftigtenzahl und durchschnittlicher Jahresarbeitszeit ergibt sich als Produkt das gesamtwirtschaftliche Jahresarbeitsvolumen, das 2014 mit 49,8 Mrd. Stunden um 4,4 Prozent unter dem Stand von 1991 lag. Dieser Rückgang resultiert aus der Zeit bis 2005, insbesondere aus den 1990er Jahren. Seitdem nimmt das Arbeitsvolumen mit kurzer Unterbrechung während der Finanzkrise wieder zu (vgl. Abbildung 1). Mit dem Rückgang ging eine Umschichtung einher: Während das Arbeitsvolumen der Männer um 9,6 Prozent sank, ist das der Frauen um 4,1 Prozent IAB-Kurzbericht 4/2015 5 höher als 1991. Damit hatten die Frauen 2014 einen Anteil von 40,8 Prozent am Arbeitsvolumen – das sind 3,4 Prozentpunkte mehr als 1991. Zwar ist auch der Frauenanteil an den Beschäftigten zwischen 1991 und 2014 um 5,0 Prozentpunkte auf 49,2 Prozent gestiegen. Allerdings ergaben sich die Zuwächse vor allem aus der steigenden Teilzeitarbeit der Frauen. Deshalb trugen Frauen trotz ihres hohen Beschäftigtenanteils nur unterproportional zum gesamtwirtschaftlichen Arbeitsvolumen bei. Diese Kluft zwischen Beschäftigtenanteilen und Arbeitsvolumenanteilen wird als „Arbeitszeitlücke“ bezeichnet. Sie betrug 2014 bei den Frauen 8,4 Prozentpunkte und ist seit 1991 um 1,6 Prozentpunkte gewachsen. Ein Blick auf die altersspezifischen Frauenanteile zeigt: In allen Altersgruppen ist ihr Anteil am Arbeitsvolumen wesentlich geringer als der an der Beschäftigung. Zu Beginn des Erwerbslebens ist die Arbeitszeitlücke noch klein, aber in der Familienphase, den Altersgruppen von 35 bis 49 Jahren, klafft sie mit über 10 Prozentpunkten besonders weit aus einander. Nach der Familienphase nimmt die Spanne zwischen Beschäftigten- und Arbeitsvolumenanteilen wieder etwas ab, bleibt aber auch in den Altersgruppen über 49 Jahren relativ groß. Arbeitszeitmuster von Paaren Erwerbsbeteiligung und Arbeitszeitmuster von Frauen und Männern unterscheiden sich nach wie vor erheblich. Bei Frauen entscheidet insbesondere die familiäre Situation, ob und in welchem Umfang sie Tabelle 2 Erwerbsmuster bei Paaren1) im Jahr 2011 Erwerbsmuster Mann / Frau Vollzeit / Vollzeit Paare ohne Kinder Paare mit Kindern Anteile in % 45,0 22,2 Vollzeit / Teilzeit 21,9 45,3 Vollzeit / NET 2) 13,5 19,9 Teilzeit / Vollzeit 2,7 1,6 Teilzeit / Teilzeit 2,4 2,1 Teilzeit / NET 1,3 1,3 4,6 1,7 NET / Teilzeit 3,0 2,0 NET / NET 5,6 3,9 NET / Vollzeit Paare sind hier definiert als Personen zwischen 16 und 64 Jahren, die angaben, mit ihrem Partner zusammen zu leben. Bei Paaren mit Kindern leben Kinder unter 16 Jahren im Hauhalt. Nicht einbezogen wurden gleichgeschlechtliche Paare und Paare, von denen mindestens eine Person in Rente ist. 2) NET = nicht erwerbstätig 1) Quelle: Mikrozensus 2011, Scientific Use File, eigene Berechnungen (gewichtet). 6 IAB-Kurzbericht 4/2015 © IAB beschäftigt sind (vgl. Tabelle 2). Dagegen beeinflusst die Familiengründung das Erwerbsverhalten von Männern kaum. In den Erwerbskonstellationen von Familienhaushalten sind häufig traditionelle Strukturen der Arbeitsteilung wiederzufinden. So praktizieren 14 Prozent der Paare ohne Kinder und 20 Prozent derer mit Kindern das sogenannte traditionelle Alleinernährermodell (Pfau-Effinger 2001) mit vollzeitbeschäftigtem Mann und nicht erwerbstätiger Frau. Bei Paarbeziehungen mit Kindern ist das modernisierte Ernährermodell, auch Zuverdienermodell genannt – in dem der Mann Vollzeit und die Frau Teilzeit erwerbstätig ist – mit 45 Prozent das beliebteste Modell. Ebenso ist es bei Paaren ohne Kinder unter 16 Jahren im Haushalt mit 22 Prozent weit verbreitet. Des Weiteren können institutionelle Anreize das Arbeitsangebot beeinflussen und eine klassische Arbeitsteilung begünstigen. So machen die steuerund abgabenfreien Minijobs zusammen mit der beitragsfreien Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung eine längere Arbeitszeit oberhalb der 450-Euro-Verdienstgrenze für den Zuverdiener finanziell unattraktiv. Ebenso kann das Ehegatten splitting durch die höhere Besteuerung des Zweiteinkommens die Aufnahme oder Ausweitung einer regulären Teilzeitbeschäftigung bremsen. Derzeit haben bei einem Viertel aller Paare mit Kindern beide Partner in etwa die gleiche Arbeitszeit (beide vollzeit- bzw. beide teilzeitbeschäftigt). Der Anteil dieser gleichberechtigten Modelle ist bei Paaren ohne Kinder doppelt so hoch. In den vergangenen Jahren hat das Zuverdienermodell deutlich zugenommen – im Westen auf Kosten des Alleinernährermodells, im Osten zuungunsten der egalitären Modelle (Holst/Wieber 2014). Tabelle 3 zeigt die Erwerbsmuster und die norma lerweise geleistete Wochenarbeitszeit von Paaren mit und ohne Kinder, bei denen beide Partner einer abhängigen Beschäftigung nachgehen. Egalitäre Modelle haben in Partnerschaften, in denen keine Kinder leben, einen Anteil von zwei Dritteln. Die Wochenarbeitszeit der Paare ohne Kinder liegt im Durchschnitt bei 72,8 Stunden, davon erbringen Frauen einen Anteil von 45,6 Prozent. Leben Kinder im Haushalt, reduziert sich der Anteil der Modelle mit ähnlicher Arbeitszeit auf ein Drittel und der Anteil der Frauen an der Wochenarbeitszeit der Paare sinkt deutlich um 7,6 Prozentpunkte auf nur noch 38 Prozent. In Partnerschaften mit Kindern ist die normale Wochenarbeitszeit bei Frauen deutlich kür- zer (-8,6 Stunden) und bei den Männer durchgängig etwas länger (+0,5 Stunden) als bei Paaren ohne Kinder (vgl. Tabelle 3). Allerdings wird in Umfragen der Wunsch nach einer partnerschaftlichen Aufteilung von Familienund Erwerbszeiten von vielen Paaren mit kleinen Kindern geteilt (Müller et al. 2013). Fast zwei Drittel dieser Eltern stimmen der Aussage zu, dass es am besten ist, wenn Männer und Frauen in gleichem Umfang erwerbstätig sind und sich in gleichem Ausmaß um Familie und Haushalt kümmern. Die Praxis sieht allerdings deutlich anders aus: Denn auch bei einer Realisierung der gewünschten Arbeitszeiten würden die geschlechtsspezifischen Arbeitszeitdis krepanzen bestehen bleiben. So wünscht sich nur ein Drittel der Paare mit Kindern eine symmetrische Aufteilung der Erwerbsarbeit. Zwar nähmen die Anteile der Vollzeit/Vollzeit-Modelle bei einer Realisierung der Arbeitszeitwünsche – unabhängig von Kindern im Haushalt – deutlich zu (Paare ohne Kinder +3,4 %-Punkte, Paare mit Kindern +3,7 %-Punkte). Aber der Anteil der Frauen an der Paar-Arbeitszeit in Partnerschaften mit Kindern läge mit 39,2 Prozent immer noch deutlich unter dem Anteil von Frauen in Partnerschaften ohne Kinder (45,9 %). Insgesamt wünschen sich alle Paare eine etwas höhere Wochenarbeitszeit (vgl. Tabelle 3). Bei Männern liegt die gewünschte Wochenarbeitszeit – unabhängig davon, ob Kinder im Haushalt leben – bei jeweils +0,5 Stunden. Frauen äußern – auch aufgrund ihrer im Durchschnitt niedrigeren Wochenarbeitszeit – einen etwas höheren Verlängerungswunsch (Frauen ohne Kinder +0,9 Std.; Frauen mit Kindern +1,6 Std.). Für diese Diskrepanzen zwischen Einstellungen zur partnerschaftlichen Arbeitsteilung und geäußerten Arbeitszeitwünschen kann es mehrere Gründe geben. Bei Männern sprechen möglicherweise erwartete finanzielle Einbußen und die Angst vor beruflichen Nachteilen gegen eine Reduzierung der Arbeitszeit. Bei Frauen können institutionelle Regelungen wie das Ehegattensplittung und die Minijob-Regelungen eine Ausweitung der Arbeitszeit unattraktiv erscheinen lassen, da dies höhere Sozial- und Steuerabgaben nach sich ziehen würde. Auch die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern haben Einfluss auf die Arbeitsangebotsentscheidung von Paaren. Ebenso können unzureichende Rahmenbedingungen den Wunsch nach Arbeitszeitverlängerung hemmen, etwa wenn Möglichkeiten zur Kinderbetreuung fehlen oder Öffnungszeiten von Betreuungsangeboten nicht ausreichen. Tabelle 3 Erwerbsmuster von Paaren1) mit und ohne Kinder nach normalerweise geleisteter und gewünschter Wochenarbeitszeit 2011 Erwerbsmuster Mann / Frau Normalerweise geleistete Wochenarbeitszeit Anteil Mann in % Frau Paar in Std. Gewünschte Wochenarbeitszeit Anteil Frau Anteil in % in % Mann Frau Paar in Std. Anteil Frau in % Paare ohne Kinder Vollzeit / Vollzeit 63,5 Vollzeit / Teilzeit 30,0 40,9 20,3 Teilzeit / Vollzeit 3,2 18,4 39,6 Teilzeit / Teilzeit 3,3 18,0 18,9 39,7 33,2 Gesamt 41,2 39,7 80,9 49,0 66,9 61,2 33,1 27,0 41,2 58,0 68,3 2,7 19,8 36,9 51,2 3,3 19,5 72,8 45,6 Paare ohne Kinder: Differenz zwischen gewünschter und normalerweise geleisteter Wochenarbeitszeit 41,6 39,8 81,5 48,9 21,0 62,2 33,8 39,6 59,4 66,7 19,3 38,8 49,8 40,2 34,1 74,2 45,9 + 0,5 + 0,9 + 1,4 + 0,3 %-Punkte 48,5 Paare mit Kindern Vollzeit / Vollzeit 29,7 41,3 39,1 80,4 48,6 33,4 41,7 39,2 80,9 Vollzeit / Teilzeit 65,5 41,2 18,3 59,5 30,8 62,5 41,4 19,2 60,6 31,7 Teilzeit / Vollzeit 1,9 19,8 40,1 59,9 67,0 1,6 21,4 40,3 61,7 65,3 Teilzeit / Teilzeit 2,8 2,6 Gesamt 20,4 18,5 38,9 47,6 40,2 24,6 64,9 38,0 Paare mit Kindern: Differenz zwischen gewünschter und normalerweise geleisteter Wochenarbeitszeit 22,0 19,2 41,2 46,6 40,7 26,2 66,9 39,2 + 0,5 + 1,6 + 2,1 + 1,2 %-Punkte Rundungsbedingte Abweichungen sind bei Summen und Anteilen möglich. Paare sind hier definiert als Personen zwischen 16 und 64 Jahren, die beide beschäftigt sind und angaben, mit ihrem Partner zusammen zu leben. Bei Paaren mit Kindern leben Kinder unter 16 Jahren im Haushalt. Einbezogen wurden nur Paare mit gültigen Angaben zu gewünschten Arbeitszeiten. Nicht einbezogen wurden gleichgeschlechtliche Paare. 1) © IAB Quelle: Mikrozensus 2011, Scientific Use File, eigene Berechnungen (gewichtet). IAB-Kurzbericht 4/2015 7 Susanne Wanger ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsbereich „Prognosen und Strukturanalysen“ im IAB. [email protected]. Fazit Literatur Die Beschäftigung von Frauen hat seit der Wiedervereinigung kontinuierlich zugenommen und sich auf den ersten Blick jener der Männer weitgehend angenähert. Gemessen an der Arbeitszeit partizipieren Frauen jedoch deutlich weniger am Erwerbsleben als Männer, denn ihre Beschäftigung konzentriert sich zunehmend auf Teilzeitstellen. Ein Blick auf die Erwerbsmuster von Familien zeigt, dass sich die Aufteilung der Berufs- und Familienarbeit insbesondere dann nach Geschlecht spezialisiert, wenn Kinder im Haushalt leben. Zwar befürworten Eltern in Umfragen häufig eine gleichmäßigere Aufteilung von Familien- und Erwerbsarbeit. Tatsächlich dominiert in Familienhaushalten das „modernisierte Ernährermodell“ und die persönlichen Arbeitszeitwünsche vieler Paare entsprechen diesem Arrangement. So kommt Teilzeitarbeit von Müttern häufig den Präferenzen der Familien entgegen. Zusätzlich machen institutionelle Anreize die Wahl des Vollzeit/Teilzeit-Modells attraktiv. Obwohl sich teilzeitbeschäftigte Frauen eine leichte Erhöhung ihrer Arbeitszeit wünschen, würde sich an der grundsätzlichen Aufteilung von Familienzeiten nur wenig ändern – auch, weil Männer nur in geringem Maße Verkürzungswünsche äußern. Eine Förderung von partnerschaftlichen Modellen – wie mit dem „Elterngeld plus” beschlossen oder wie mit der Familienarbeitszeit (Müller et al. 2013) mit gleichberechtigten Stunden-Modellen für Eltern vorgeschlagen – könnte zu einer ausgewogeneren Aufteilung von Paar-Arbeitszeiten beitragen. Insbesondere wenn sie mit passenden Arbeitszeitmodellen flankiert werden, die Beschäftigten Einfluss auf die Lage und Gestaltung der Arbeitszeit ermöglichen. Noch immer stehen die gesellschaftlichen Rollenbilder einer Angleichung der Arbeitszeiten und der Anteile an Erwerbs- und Familienzeit von Frauen und Männern entgegen. Die Förderung von partnerschaftlichen Erwerbsmodellen setzt an einer Änderung von Verhaltensweisen an und könnte zu einem Wandel von sozialen Normen bezüglich der Arbeitszeit beitragen. Bellmann, Lutz; Grunau, Philipp; Leber, Ute; Noack, Martin (2013): Weiterbildung atypisch Beschäftigter. Bertelsmann-Stiftung (Hrsg.), Gütersloh. Boll, Christina (2010): Lohneinbußen von Frauen durch geburtsbedingte Erwerbsunterbrechungen. In: Wirtschaftsdienst, 10, 700-702. Brenzel, Hanna; Eglmaier, Alexander; Kubis, Alexander; Moczall, Andreas; Wanger, Susanne; Woitschig, Christian (2013): Neueinstellungen in Teilzeit: Betriebe wie Beschäftigte können profitieren. IAB-Kurzbericht Nr. 19. Frommert, Dina; Strauß, Susanne (2013): Biografische Einflussfaktoren auf den Gender Pension Gap – Ein Kohortenvergleich für Westdeutschland. In: Journal for Labour Market Research, 46, 145-166. Holst, Elke; Wieber, Anna (2014): Bei der Erwerbstätigkeit der Frauen liegt Ostdeutschland vorne. In: DIW-Wochenbericht 81, 40, 967-975. Körner, Thomas; Puch, Katharina; Frank, Thomas; Meinken, Holger (2011): Geringfügige Beschäftigung in Mikrozensus und Beschäftigungsstatistik - Neue Erkenntnisse zu den Hintergründen der Ergebnisunterschiede. In: Wirtschaft und Statistik, Nr. 11. Möller, Iris; Kohaut, Susanne (2013): Frauen in Führungspositionen: Punktgewinn in westdeutschen Großbetrieben. IAB-Kurzbericht Nr. 23. Müller, Kai-Uwe; Neumann, Michael; Wrohlich, Katharina (2013): Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch eine neue Lohnersatzleistung bei Familienarbeitszeit. DIW-Wochenbericht, 46, 3-11. O’Reilly, Jacqueline; Bothfeld, Silke (2002): What happens after working part-time? Integration, maintenance or exclusionary transitions in Britain and West Germany. In: Cambridge Journal of Economics, 26(4), 409-439. Pfau-Effinger, Birgit (2001): Wandel wohlfahrtsstaatlicher Geschlechterpolitiken im soziokulturellen Kontext, Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 41, Sonderband ‚Geschlechtersoziologie’, hrsg. von Bettina Heintz: 487-511. Wanger, Susanne; Weigand, Roland; Zapf, Ines (2014): Revision der IAB-Arbeitszeitrechnung 2014. Grundlagen, methodische Weiterentwicklungen sowie ausgewählte Ergebnisse im Rahmen der Revision der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen. IAB-Forschungsbericht Nr. 9. Weber, Enzo; Wanger, Susanne; Weigand, Roland; Zapf, Ines (2014): Verbreitung von Überstunden in Deutschland. IAB - Aktuelle Berichte, Nürnberg. Impressum IAB-Kurzbericht Nr. 4, Februar 2015 Herausgeber: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit, 90327 Nürnberg Redaktion: Elfriede Sonntag, Martina Dorsch Graphik & Gestaltung: Monika Pickel Foto: Jutta Palm-Nowak Druck: Vormals Manzsche Buchdruckerei und Verlag, Regensburg Rechte: Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des IAB Bezug: IAB-Bestellservice, c/o W. Bertelsmann Verlag GmbH & Co. KG, Auf dem Esch 4, 33619 Bielefeld; Tel. 0911-179-9229 (es gelten die regulären Festnetzpreise, Mobilfunkpreise können abweichen); Fax: 0911-179-9227; E-Mail: [email protected] IAB im Internet: www.iab.de. Dort finden Sie u. a. diesen Kurzbericht zum kostenlosen Download Anfragen: [email protected] oder Tel. 0911-179-5942 ISSN 0942-167X 8 IAB-Kurzbericht 4/2015