Mannheim wird nicht abgehängt

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Mannheim wird nicht abgehängt
Stadtausgabe
Heute mit IWZ-Programm-Beilage
Donnerstag, 29. Juni 2000
54. Jahrgang / Nr. 147 / DM 2,00
Unabhängige Tageszeitung
„Mannheim wird nicht abgehängt“
D 4624 M S
ON
Auf einen Blick
Bahnchef Hartmut Mehdorn nimmt in Berlin 100 700 Unterschriften für den Erhalt des ICE-Knotens entgegen
Von unserem Redaktionsmitglied
Peter W. Ragge
Berlin. Als „grundlos“ hat Bahnchef
Hartmut Mehdorn Befürchtungen in
der Rhein-Neckar-Region zurückgewiesen, er wolle Mannheim vom
ICE-Netz abkoppeln.
Michael Schröder (links), stellvertretender Chefredakteur unserer Zeitung, und Klaus Fischer
vom Raumordnungsverband übergeben Bahnchef Mehdorn die Unterschriften. Bild: Kappeler
„Wir werden Mannheim nicht abhängen“, versicherte Mehdorn gestern in Berlin, als ihm Vertreter unserer Zeitung und
des Raumordnungsverbandes 100 700 Unterschriften für den Erhalt des ICE-Knotens übergaben. Allerdings räumte er ein,
dass nach wie vor auch der Bau einer Gleistrasse an Mannheim vorbei geprüft werde.
„Das ist kein Angriff auf die Bahn, aber
der Ausdruck des Bürgerprotests in der
ganzen Region“, wertete der stellvertretende Chefredakteur Michael Schröder die
zahlreichen Unterschriften. Unsere Zeitung hatte die Aktion mit dem Appell
„Mannheim darf nicht abgekoppelt werden“ zusammen mit dem Wirtschaftsforum
Rhein-Neckar-Dreieck und dem Raumordnungsverband gestartet und damit eine
breite Welle der Solidarität in der ganzen
Region ausgelöst.
Direktor Klaus Fischer vom Raumord-
Bund und Länder gehen gegen Kampfhunde vor
Innenminister vereinbaren Zucht- und Importverbot sowie schärfere Strafen
Berlin/Mannheim. Bund und Länder wollen mit einem Zucht- und Importverbot sowie schärferen Strafen die Gefahr durch
Kampfhunde eindämmen. Während einer
Konferenz stimmten die Innenminister der
Länder darin überein, in allen Bundesländern unverzüglich ein Verbot für die Zucht
von gefährlichen Hunden zu erlassen.
Zwei Tage nach dem Tod eines Kindes
durch Kampfhunde beschloss auch das
Bundeskabinett Maßnahmen. Das teilte
Bundesinnenminister Otto Schily (SPD)
mit. Das Landwirtschaftsressort solle
durch Änderungen im Tierschutzgesetz
Zucht- und Importverbote für gefährliche
Hunde regeln. Das Justizministerium soll
Verstöße gegen Zucht- und Haltungsverbote mit harten Strafen belegen.
Schily betonte, die Maßnahmen seien
notwendig angesichts der großen Gefah-
ren, die von den Hunden ausgehen. „Es
geht hier um Menschenschutz, nicht um
Tierschutz.“ Durch Marotten von Hundehaltern dürften Kinder nicht gefährdet
werden. Ein Zuchtverbot werde mindestens für die Kampfhunderassen Pitbull,
American Staffordshire und StaffordshireBullterrier angestrebt.
Die Innenminister forderten Städte und
Gemeinden auf, rechtliche Möglichkeiten
zu nutzen, um Leinen- und Maulkorbzwang durchzusetzen. Der Vorsitzende der
Innenministerkonferenz, NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD), sagte: „Mit all
diesen Maßnahmen werden wir ein Verbot
von Kampfhunden erreichen.“
Der Stadtstaat Hamburg, wo am Montag
ein sechsjähriger Junge von zwei Kampfhunden zu Tode gebissen wurde, verschärfte seine Hundeverordnung erheblich. Da-
Daten gelöscht, Akten vernichtet
Hirsch: Manipulation im Kanzleramt / Kohl heute vor Ausschuss
Berlin. Massive Datenvernichtungen und
Aktenmanipulationen in der Ära Helmut
Kohl (CDU) im Kanzleramt, doch Verantwortliche dafür sind nicht zu finden – dies
ist das Ergebnis viermonatiger Recherchen
des Sonderermittlers der Bundesregierung,
Burkhard Hirsch (FDP). Einen Tag vor der
heutigen Vernehmung Kohls zur CDUSpendenaffäre bestätigte Hirsch gestern
im Untersuchungsausschuss in Berlin, dass
es in den Aktenbeständen zu vielen Projekten – wie der Lieferung von Spürpanzern
an Saudi-Arabien oder bei der Privatisierung der Raffinerie Leuna – mehrjährige
Fehlbestände gebe. Außerdem wurden
nach der Wahlniederlage von Helmut Kohl
1998 in einem Monat zwei Drittel der Computerdaten des Kanzleramts gelöscht.
Hirsch äußerte zwar keinen Verdacht gegen den Alt-Kanzler oder dessen früheren
Wochenendwetter
Zum Schwitzen
Am Wochenende dreht die Luftströmung und kommt aus südwestlicher
Richtung. Damit kann zwar wieder
warme, aber auch feuchte Luft zu uns
vordringen, sagt der Deutsche Wetterdienst, Stuttgart. Morgen scheint häufig die Sonne, Feierabendtemperaturen um 24 Grad locken ins Freie. Am
Samstag werden mit 28 Grad
schwimmbadtaugliche Temperaturen
erreicht. In der Nacht und am Sonntag
bilden sich Regenschauer und teils
kräftige Gewitter. Die Sonne kommt
nur noch ab und zu durch die Wolken,
und es werden schwülwarme 22 bis 26
Grad gemessen.
eb
nach sind künftig die auch von Schily genannten drei Rassen verboten. Sie werden
als grundsätzlich gefährlich eingestuft,
sagte Bürgermeister Ortwin Runde (SPD).
Für das Halten dieser Tiere gebe es kein berechtigtes Interesse. Lebende Tiere würden
eingeschläfert. Darüber hinaus wurde eine
Liste mit gefährlichen Hunderassen erstellt, für die Halter künftig eine Genehmigung benötigen.
In Mannheim musste die Polizei gestern
einen Pitbull erschießen. Der Kampfhund
war einige Tage in einer Wohnung im
Stadtteil Schönau eingesperrt gewesen und
griff die Beamten an, als sie ihn ins Tierheim bringen wollten. Der 20-jährige Halter des Tieres sitzt im Gefängnis. dpa/tan
c Kommentar Seite 2, Berichte Seiten 5
und 16 sowie Mannheim
nungsverband betonte gegenüber Mehdorn
das „vitale Interesse der ganzen Region an
guten Verkehrsverbindungen“. „Mannheim und die gesamte Region leben davon“,
mahnte Fischer. Er hatte zusätzlich zu den
Unterschriften die Resolutionen von vier
Land-, fünf Stadtkreisen sowie 42 Städten
und Gemeinden der gesamten Region im
Gepäck, die ebenso ihre Besorgnis über die
Trassenpläne der Bahn ausdrückten.
„Wir sind ein Unternehmen, das für die
Bürger da ist und da sein will“, entgegnete
Mehdorn. „Wir werden nicht weniger
durch Mannheim fahren“, versprach er und
wandte sich dagegen, dass „Angst geschürt
wird“. Die Bahn müsse jedoch beide Varianten des Baus einer neuen Gleistrasse
von Frankfurt nach Stuttgart – also an
Mannheim vorbei ebenso wie durch die
Quadratestadt hindurch – untersuchen
können. Das lasse er sich „von keinem Regionalpolitiker verbieten“. „Wir prüfen
alle Alternativen und sehen dann, was die
bessere ist“, so Mehdorn. Dies werde in
etwa eineinhalb Jahren der Fall sein und
dann mit den Bundesländern besprochen.
Einverstanden äußerte sich Mehdorn mit
Fischers Vorschlag, dann Vor- und Nachteile mit den Betroffenen abzuwägen.
c Kommentar Seite 2, Berichte Seite 7
Hessen gibt Biblis A
keinen Rabatt
Biblis. Ungeachtet der Restlaufzeit des Bibliser Kernkraftwerks besteht die Hessische Landesregierung auf der sicherheitstechnischen Nachrüstung von Block A.
Dies sagte Umweltminister Wilhelm Dietzel gestern in Bürstadt im Gespräch mit
unserer Zeitung. Für den Betreiber RWE
sei es nun eine betriebswirtschaftliche Frage, ob das Unternehmen die geschätzten
800 Millionen Mark für die 45 noch ausstehenden Nachrüstmaßnahmen ausgeben
wolle oder nicht. Sicherheitsrabatte werde
es jedoch nicht geben, betonte der CDUPolitiker. Zugleich warf Dietzel der Bundesregierung Verzögerungstaktik bei der
Genehmigung der Maßnahmen vor, die der
damalige Umweltminister Karl-Heinz
Weimar 1991 angeordnet hatte.
bjz
c Bericht Seite 2
Fußball-EM 10. Juni - 2. Juli
Sir Elton Johns Gastspiel in Mannheim,
das 25. Sommerfest im Luisenpark und Helena Paul bei „Jazz im Quadrat“ gehören
diesmal zu den Themen der „Freizeit“.
Öresund-Brücke fertig
Die Brücke über den Öresund, die Dänemark mit Schweden verbindet und Skandinavien näher zu Europa rücken lässt, wird
am Samstag für den Verkehr frei gegeben.
c Seite 3
Wohnungsverkauf genehmigt
Der Bund darf nun doch rund 112 000 Eisenbahner-Wohnungen verkaufen. Das
Bundesverwaltungsgericht wies eine Klage
des Bundeseisenbahnvermögens zurück.
c Seite 6
In dieser Ausgabe
Todesanzeigen
Roman
Fernsehen/Hörfunk
Seite 27
29
30
Gewinnzahlen 26/00
MITTWOCHSLOTTO, Ziehung A: 21 – 23 –
27 – 28 – 33 – 48, Zusatzzahl: 47. – Ziehung
B: 1 – 5 – 11 – 20 – 22 – 30, Zusatzzahl: 29. –
Superzahlen: 0/6.
(Ohne Gewähr)
Kanzleramtsminister
Friedrich
Bohl
(CDU). Der Verwaltungsapparat habe sich
aber in jedem Fall zu stark mit den alten
Regierungsparteien identifiziert. „Das
Kanzleramt ist nicht Privateigentum einer
politischen Richtung. Das Kanzleramt ist
keine Frittenbude. Es prägt den Ruf eines
Landes mit.“ SPD und Grüne sahen eine
„neue Dimension“ im Spendenskandal.
Nachdem Hirsch keinen Verantwortlichen benennen konnte, wurden disziplinarische Vorermittlungen im Kanzleramt
aufgenommen. Bislang richteten sie sich
gegen unbekannt. Hirschs Bericht geht der
Bonner Staatsanwaltschaft zu, die bereits
ein Ermittlungsverfahren führt. Der Obmann der SPD, Frank Hofmann, sprach
von „Regierungskriminalität“.
dpa
c Weitere Zahlen Seite 16
Das Wetter
Aufgeheitert
Heute scheint wieder
meist die Sonne und es
bleibt trocken. Die Luft
erwärmt sich bis auf 23
Grad. Nachts sehr kühl.
c Kommentar und Berichte Seite 2
Den Ball fest im Blick hat in dieser Szene der Franzose Emanuel Petit. Portugals Sergio
Conceicao versucht vergeblich, den Verteidiger zu stören.
Bild: dpa
BASF hofft auf
China-Vertrag
Dramatik im ersten Halbfinale
Ludwigshafen/Leverkusen.
BASF-Chef
Jürgen Strube trifft heute in Berlin den
chinesischen Ministerpräsidenten Zhu
Rongji zu einem Vier-Augen-Gespräch.
Voraussichtlich werden hierbei endgültig
die Weichen für ein riesiges Chemie-Investitionsprojekt im chinesischen Nanjing gestellt. Mit Investitionen von rund 5,2 Milliarden Mark will die BASF mit chinesischen
Partnern im Reich der Mitte einen Chemiekomplex errichten. Bis gestern Abend lagen noch nicht alle Genehmigungen der
chinesischen Regierung vor. Doch wird davon ausgegangen, dass heute oder morgen
der seit langem geplante Joint VentureVertrag mit China unterschrieben werden
kann, wie gestern in Ludwigshafen zu hören war.
Goe.
Brüssel. Dank Zinedine Zidanes Golden
Goal steht Frankreich zum zweiten Mal
nach 1984 im Endspiel einer FußballEuropameisterschaft. Der Regisseur des
Weltmeisters verwandelte am gestern
Abend in Brüssel in der 117. Minute einen Handelfmeter zum 2:1 (1:1, 0:1)-Sieg
über Portugal, das bei der Euro 2000 vergeblich auf eine Revanche für die vor
16 Jahren gegen Frankreich erlittene
Niederlage im EM-Halbfinale hoffte. Im
Anschluss an die berechtigte Strafstoßentscheidung nach einem klaren Handspiel des portugiesischen Abwehrspielers Abel Xavier sah der Portugiese
Nuno Gomes die rote Karte. Nur der Linienrichter hatte Xaviers „HandballEinlage“ auf der Torauslinie gesehen.
c Kommentar und Bericht Seite 6
Heute „Freizeit“
Frankreich schlägt Portugal erst mit dem „Golden Goal“
Vor 48 000 Zuschauern hatte Thierry
Henry (51.) die portugiesische Führung
durch den vierten Turnier-Treffer von
Nuno Gomes (19.) ausgeglichen. Das
Halbfinal-Duell der beiden bisher spielstärksten Mannschaften des Turniers bot
Spannung und Dramatik, wurde aber
nicht zur erwarteten Fußball-Delikatesse. Das lag nicht zuletzt daran, dass von
den Superstars Zinedine Zidane und
Luis Figo nicht die erhoffte große Inspiration ausging. Beide Spielmacher konnten sich erst im zweiten Durchgang besser von ihren Bewachern lösen.
dpa
Heute spielen:
Niederlande - Italien
c Berichte Seite 10
18.00 Uhr/ ZDF
c Seite 16
Die Börse
Der Dax schloss gestern mit einem Plus von
0,1 Prozent bei 7056,05 Punkten. Der Euro
wurde mit 0,9415 Dollar notiert. Ein Dollar
kostete somit 2,0774 Mark.
c Seite 8
Leserservice

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