Begründung LVR-Dezernat Kultur und Umwelt/Rheinischer Verein
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Begründung LVR-Dezernat Kultur und Umwelt/Rheinischer Verein
Begründung LVR-Dezernat Kultur und Umwelt/Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz „Danke Berlin!“ 200 Jahre Preußen am Rhein I. Ausgangslage 2015 jährt sich zum 200sten Mal die Gründung der preußischen Rheinprovinz. Da das Vereinsgebiet des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz bis heute die preußische Rheinprovinz abdeckt, hat der Vorstand entschieden, das Jahr 2015 unter das Leitthema „Preußen“ zu stellen. Auf Initiative des Rheinischen Vereins wird in Kooperation mit den Kulturdienststellen des LVR, Institutionen aus dem Vereinsgebiet sowie der Region Köln/Bonn und deren Mitgliedskörperschaften ein umfangreiches Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm vorbereitet. II. Sachstand Was haben die Preußen am Rhein verloren? Das hat sich König Friedrich Wilhelm III. von Preußen vielleicht auch gefragt, als ihm der Wiener Kongress 1814/1815 nicht, wie erhofft, Sachsen, sondern das Rheinland und Westfalen zusprach. Am 5. April 1815 wurde es mit der Verordnung über die verbesserte Einrichtung der Provinzialbehörden amtlich: Friedrich Wilhelm III. nahm seine neuen Gebiete in Besitz, und das Rheinland gehörte nun zu Preußen. Der König versprach seinen neuen Untertanen mit durchaus moderaten Worten eine gerechte Verwaltung, den Schutz des Glaubens, Bildungseinrichtungen, wirtschaftliche Wohlfahrt und geringe Steuern und Militärlasten. Zudem kündigte er die „Bildung einer Repräsentation“ an, durch die sie an politischen Entscheidungen beteiligt werden würden. An diesem Programm mussten sich in den folgenden Jahrzehnten die preußischen Herrscher durch die Rheinländer messen lassen – und manche sich in diesem Zeitraum ergebenden Probleme lassen sich auch aus erheblichen Diskrepanzen zu diesem frühen Regierungsprogramm ableiten. Dass es gerade im Bereich des konkreten Verwaltungshandelns der preußischen Beamten im Rheinland zu Konflikten ganz unterschiedlicher Qualität und Ausprägung kam, verwundert nicht weiter, denn es kam hier zu vielfältigen Auseinandersetzungen mit Ansprüchen und Traditionen, die der preußischen Verwaltung fremd und unverständlich erschienen. Carl Schurz, 1829 in Liblar geboren und im Rheinland aufgewachsen, beschreibt dieses Verhältnis eindringlich in seinem Lebenserinnerungen: „Das kurz angebundene, autoritätssüchtige preußische Wesen, die stramme preußische Ordnung sagten dem etwas leichtsinnigen rheinischen Volke nicht zu.“ Unser heutiger "Rheinland"-Begriff geht auf die preußische Zeit zurück: Es war Preußen, das nach der „Besitzergreifung“ der Rheinlande 1815 wesentlich dazu beitrug, dass sich in der sich im 19. Jahrhundert durchsetzenden Gleichsetzung von „Rheinland“ und „Rheinprovinz“ , also von Landschaftsnamen und Verwaltungsbezirk, erstmals ein einheitlicher Rheinland-Begriff herausbildete, der dann letztlich bis heute nachhaltig gewirkt hat. Besonders die rheinischen Erfahrungen des 19. Jahrhunderts – stichpunktartig seien nur genannt die ästhetisch-literarische Entdeckung der Rheinlandschaft, die teilweise hochemotional geführten Konflikte mit den Preußen auf rechtlichem und konfessionellem Gebiet, das sich langsam entwickelnde Bewusstsein einer gemeinsamen, auf die Römerzeit zurückgehenden Geschichte und die Entstehung von gemeinsamen Institutionen wie beispielsweise dem 1824 geschaffenen Provinziallandtag oder dem intensiv verteidigten „Rheinischen Recht“ – führten 1 letztlich zu einem Zusammengehörigkeitsgefühl, das sich in dem einheitlich gemeinten, gleichwohl Binnendifferenzierungen nicht ausschließenden Begriff „Rheinland“ verdichtete. Die „Preußenzeit“ am Rhein war über viele Jahre und Jahrzehnte hinweg durchaus ein schwieriges Gebiet der historischen Selbstwahrnehmung. Heute herrscht eher pragmatische Gelassenheit vor. Nicht nur in der historischen und landeskundlichen Forschung, auch in der alltäglichen Wahrnehmung hat das Thema "Preußen" seine Brisanz und die negative Konnotation weitgehend eingebüßt (wiewohl man es immer wieder instrumentalisieren kann). Ähnlich wie bei der Neubewertung der „Franzosenzeit“, also der Zeit der französischen Herrschaft am Rhein zwischen 1794 und 1814, die heute nicht mehr vornehmlich als "Fremdherrschaft" gesehen wird, sondern eher als Transformationsphase in die Moderne, wird heute die preußische Zeit durchaus auch als dynamische und produktive Entwicklungsphase gesehen, in der viele Strukturen, Institutionen und Entwicklungen sowie mentale Dispositionen am Rhein ihren Anfang nahmen. Als Kooperationspartner konnten bisher gewonnen werden (weitere angefragt): Landschaftsverband Rheinland, LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte Region Köln/Bonn und deren Mitgliedskörperschaften Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz Thomas-Morus-Akademie Bensberg Stiftung Preußen Museen NRW Museen wie beispielsweise Museum Schloss Homburg, das Siebengebirgsmuseum, Rheinisches Eisenkunstgussmuseum oder auch das ArpMuseum Bahnhof Rolandseck Historische Vereine, Historische Archive, Verein für Rechtsgeschichte Landesvertretung NRW in Berlin und Westwind e.V. III. weitere Vorgehensweise „200 Jahre Preußen am Rhein“ wird der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz zum Anlass nehmen, das Jahr 2015 unter das Leitthema „Preußen“ zu stellen. Durch das gesamte Jahr hindurch sollen im gesamten Gebiet der preußischen Rheinprovinz verschiedenste Veranstaltungen unterschiedlichste Aspekte beleuchten. Die Auftaktveranstaltung soll am 12. April 2015 stattfinden, die letzte Veranstaltung rund 200 Tage später (um den 18. Oktober 2015). Geplante Veranstaltungen zu einzelnen Themenfeldern (exemplarisch) Vorbereitend wird 2014 bereits ein wissenschaftliches Kolloquium durchgeführt. Die verschiedenen Aspekte, die in Vorträgen oder Diskussionen behandelt werden, sollen durch Exkursionen vertieft werden. Geschichte • Ausstellung im Preußenmuseum Wesel „Wilhelm II. und das Rheinland“ (wird anschließend auf der Festung Ehrenbreitstein und vielleicht in der Vertretung des Landes NRW beim Bund gezeigt) • Studienkonferenzen der Thomas Morus-Akademie Bensberg • Ringvorlesung im Rahmen des Studium Generale an der Universität Bonn • Vortragszyklus mit der Thyssen-Stiftung (angefragt) • „Preußentag“ in der Landesvertretung NRW in Berlin • Tagung "Ungeliebte Preußen: Orte und Objekte der Auseinandersetzung" • Vorträge zur Religion: Altkatholizismus, Protestantismus, Jüdische Geschichte im Rheinland • Kabarettprogramm zum Thema „Preußen“ • Diskussion "Was wäre, wenn Preußen Sachsen bekommen hätte?" 2 Architektur / Denkmäler • Exkursionen zu preußischen Denkmälern im gesamten Gebiet der preußischen Rheinprovinz • Mehrtägige Exkursion „Sonderfahrt nach Preußen“ nach Berlin und Potsdam • Erfassung und Nutzbarmachung aller preußischen Denkmäler im digitalen Kulturlandschaftsinformationssystem KuLaDig • Vorträge u.a. „Was bedeutet Akzentuierung preußischer Bausubstanz für das heutige Stadtbild?“ • Publikation in der Reihe „Rheinische Kunststätten“ zu „Orten und Denkmälern der Preußenzeit im Rheinland“ • Führungen zu Bismarcksäulen und –türmen • Vortrag „Wie geht man mit politischen Denkmälern um?“ Militär und Karneval • Preußentage im Preußenmuseum Wesel und auf der Festung Ehrenbreitstein • Vorträge und Exkursionen in Kölner Forts • Vorträge zu den Kölner Traditionscorps • Kolloquium mit Performance "Lanzenreiter in Deutz", Geschichte des Regiments gegen die dt. Demokraten 1848/49 in Baden, Rastatt usw. Wirtschaft • Konzerte und Lesungen in preußischen Bahnhöfen (Bsp. ArpMuseum Bahnhof Rolandseck, Kaiserbahnhof Brühl etc.) • Vorträge und Exkursionen: "Spuren der Eisenbahngeschichte" • Ausstellung und Exkursionen "Preußischer Eisen(kunst)guss" Landschaft • Tagung, Vorträge und Exkursionen "Die Bedeutung Preußens für den Naturschutz" • Entstehung einer neuen Kulturlandschaft: Preußenbaum Fichte • Gartenkunst und Landschaftsgestaltung an rheinischen Burgen der Preußenzeit Musik / Literatur / Kunst • Tagung "Unbekannte Musik Preußens" • Orgelkonzerte in Kirchen und Schlössern (Bsp.: Trier, Palastaula, ArpMuseum Bahnhof Rolandseck, Burgen und Schlösser) • Lesungen auf Schloss Stolzenfels, Festung Ehrenbreitstein, Burgen etc. • Lesungen junger Berliner Literaten im Rheinland • Lichtinstallationen "drachenfels: im Licht der Preußen" in preußisch begründeten Bauten bzw. Einrichtungen z.B. Drachenfelsruine, Schloss Drachenburg, Drachenfelsbahn, Nibelungenhalle, Siebengebirgsmuseum Zu Besuch in Preußen • Exkursion "Sonderfahrt nach Preußen" • Veranstaltungen mit der Vertretung des Landes NRW beim Bund und dem Verein Westwind e.V. IV. Vorschlag der Verwaltung Die politische Vertretung wird gebeten, den Sachverhalt gemäß Vorlage 13/3502 zur Kenntnis zu nehmen. In Vertretung Karabaic 3