Kinderarbeit: Zwischen Ausbeutung und Menschenrecht

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Kinderarbeit: Zwischen Ausbeutung und Menschenrecht
Kostenloses Unterrichtsmaterial für die Sekundarstufe II
www.zeit.de/schulangebote
Diese Arbeitsblätter sind ein kostenloser Service für
die Oberstufe und erscheinen jeden ersten Donnerstag
im Monat. Sie beleuchten ein aktuelles Thema aus der
ZEIT, ergänzt durch passende Arbeitsanregungen zur
praktischen Umsetzung im Unterricht.
In Zusammenarbeit mit:
www.ustinov-stiftung.org
Thema im Monat Februar 2014:
Kinderarbeit: Zwischen Ausbeutung und Menschenrecht
Die westliche Wohlstandsgesellschaft sieht in Kinderarbeit fast ausnahmslos eine grobe Menschenrechtsverletzung, die bekämpft werden muss. Für viele betroffene Kinder ist Arbeit jedoch eine Chance
auf ein besseres Leben. Sie organisieren sich, um ihr Recht auf Arbeit durchzusetzen. Müssen wir unsere
Position zur Kinderarbeit neu überdenken?
In dieser Unterrichtseinheit setzen sich Ihre Schüler mit unterschiedlichen Standpunkten zur Kinderarbeit auseinander. Sie recherchieren Daten und Fakten zur Kinderarbeit, machen sich mit den Forderungen einer Kindergewerkschaft vertraut, reflektieren ihren Einfluss als Verbraucher und entwickeln
Lösungsansätze für diese schwierige und widersprüchliche Menschenrechtsfrage.
Inhalt:
2 Einleitung: Thema und Lernziele
3 Arbeitsblatt 1: »Knochenarbeit – zehn, oft zwölf Stunden am Tag«
8 Arbeitsblatt 2: Wir wollen arbeiten!
13 Internetseiten zum Thema
»ZEIT für die Schule«-Arbeitsblätter | Kinderarbeit: Zwischen Ausbeutung und Menschenrecht 2
Einleitung: Thema und Lernziele
Wer T-Shirts beim Discounter kauft, Schokolade liebt oder preisgünstige Pflastersteine für seine Garageneinfahrt verbaut, erwirbt mit hoher Wahrscheinlichkeit Produkte aus Kinderarbeit. Nach einer Studie
der internationalen Arbeitsorganisation ILO über Entwicklung und Ausmaß von Kinderarbeit gab es im
Jahr 2012 schätzungsweise 168 Millionen Kinderarbeiter, das sind etwa 11 Prozent aller Kinder weltweit,
wobei die Hälfte von ihnen in gefährlichen oder gesundheitsgefährdenden Tätigkeiten arbeitet. Viele Medien haben in den vergangenen Monaten über Menschenrechtsverletzungen in bangladeschischen Textilunternehmen, indischen Steinbrüchen oder arabischen Haushalten informiert. Diese Berichte haben die
Haltung von Millionen Bürgern der westlichen Industrienationen geprägt, die Kinderarbeit fast durchweg
abgelehnend gegenüberstehen. Zahllose Initiativen engagieren sich für die weltweite Abschaffung der
Kinderarbeit. Sie nehmen dabei alle Akteure dieses Systems in die Pflicht: Politiker, Banken, Unternehmen,
aber auch die Verbraucher. Insbesondere der private Konsum, der in Deutschland nach Angaben des
Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in den letzten Jahrzehnten bei 53 bis 58 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung lag, gerät zunehmend in den Fokus bei der Bekämpfung von Kinderarbeit. Wenn
immer mehr Konsumenten auf fair gehandelte Produkte achten würden, so die Überlegung, könnten sie
durch ihr Einkaufsverhalten ökonomische und politische Prozesse beeinflussen.
Doch es gibt nicht nur ausbeuterische Formen von Kinderarbeit. Für viele Kinder, deren Eltern in extremer Armut leben, ist Arbeit die einzige Möglichkeit, einen Schulbesuch zu finanzieren, um sich eine bessere Zukunft aufzubauen. In Bolivien haben sich deswegen Tausende Kinderarbeiter in Gewerkschaften
zusammengeschlossen, um ihr Recht auf Arbeit ohne Ausbeutung einzuklagen. Doch die bolivianische
Regierung, anfangs noch aufgeschlossen, beugt sich zunehmend dem Druck internationaler Geldgeber,
die Kredite oder Entwicklungszusammenarbeit davon abhängig machen, dass wirksame Maßnahmen zur
Abschaffung von Kinderarbeit ergriffen werden.
Offenbar kollidieren hier zwei unterschiedliche Konstrukte von Kindheit: Hier die Vorstellung einer möglichst unbeschwerten und wohlbehüteten Kindheit, in der Kinder nur spielen und lernen sollen. Dort eine
Kindheit, in der Arbeit durchaus ein Mittel sein kann, den Lebensunterhalt der Familie oder die eigene
Ausbildung zu sichern.
Arbeitsblatt 1 stellt ein Interview mit Menschenrechtsaktivistinnen vor, die vor dem Hintergrund sklavenähnlicher Arbeitsverhältnisse in einer indischen Textilfabrik mehr Verantwortung von Modeunternehmen,
Politikern und Verbrauchern einfordern. Die Schüler recherchieren Daten und Fakten zur Kinderarbeit,
arbeiten die Gründe für Kinderarbeit heraus, setzen sich mit ihrer Rolle als Konsument auseinander und
informieren sich über Siegel und Zertifikate für fair gehandelte Waren.
In Arbeitsblatt 2 erfahren die Schüler, wie bolivianische Kindergewerkschaftler zwischen die Fronten der
internationalen Politik geraten. Sie vergleichen unterschiedliche Positionen zur Kinderarbeit und erarbeiten Lösungsvorschläge im Spannungsfeld zwischen einem absoluten Verbot von Kinderarbeit für unter
14-Jährige und einem generellen Recht auf Arbeit ohne Ausbeutung für Kinder.
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Arbeitsblatt 1
»Knochenarbeit – zehn, oft zwölf Stunden am Tag«
In indischen Spinnereien werden Tausende Mädchen wie Sklaven behandelt. Deutsche Textilfirmen beziehen von dort ihre Stoffe. Aktivistinnen schlagen im Interview Alarm.
ZEIT ONLINE: Frau Cheria, Frau Burckhardt, Sie beklagen, dass in der indischen Textilbranche immer mehr
Mädchen Opfer des sogenannten Sumangali-Systems werden. Was genau bedeutet das?
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Anita Cheria: Sumangali bedeutet »glückliche Braut«. Obwohl sie in Indien mittlerweile verboten ist, existiert vor allem auf dem Land noch immer die Tradition der Mitgift. Im Bundesstaat Tamil Nadu, in dem sich
der Großteil der indischen Textilfabriken und Baumwollspinnereien befindet, sprechen die Anwerber der
Fabriken gezielt arme Familien an, die sich keine Mitgift leisten können. Sie versprechen, dass ihre minderjährigen Töchter in drei bis fünf Jahren Arbeit in einer Spinnerei etwa 500 bis 800 Euro verdienen können.
Es wird suggeriert, dass sich die Firma um die Kinder kümmert: Die Mädchen bekämen eine Ausbildung,
eine ordentliche Unterkunft und das Lohnpaket am Ende, versprechen sie. Für die Eltern, die häufig weder
lesen noch schreiben können, ist das ein attraktives Angebot. Nur sieht die Realität völlig anders aus.
ZEIT ONLINE: Was erwartet die Mädchen in den Spinnereien?
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Cheria: Harte Knochenarbeit – zehn, oft zwölf Stunden am Tag. Die Mädchen sind auf dem Fabrikgelände
eingesperrt und können sich nicht frei bewegen. Die Wohnräume sind sehr schlecht ausgestattet, nicht
mehr als ein paar Decken auf dem Boden. Die Mädchen müssen oft stundenlang anstehen, um sich zu
waschen. Dazu ist das Essen schlecht. Kürzlich schlug eine Initiative in Tamil Nadu Standards für Sumangali-Mädchen vor: Auf zehn mal zehn Fuß (etwa neun QuadAnita Cheria
ratmeter) sollten nicht mehr als zwölf Menschen leben und
Die indische Menschen- und Frauensich eine Toilette, ein Waschbecken, einen Eimer und einen
rechtsaktivistin engagiert sich seit
Becher teilen. Das ist ein Vorschlag für eine Verbesserung!
2002 gegen Ausbeutung in der indischen Textilindustrie. Die 46-Jährige
Gisela Burckhardt: Ich hatte bei meinem letzten Indienbeberät u. a. die Frauengewerkschaft
such die seltene Gelegenheit, eine Spinnerei zu besuchen. In
Munnade und verschiedene Arbeitsgroßen Hallen laufen die Spinnmaschinen in langen Reihen,
rechts-NGOs in Tamil Nadu und Ban24 Stunden am Tag. Ein Mädchen muss alle Spindeln einer
galore.
Reihe kontrollieren. Dort, wo ein rotes Lämpchen blinkt, ist
der Faden gerissen, und es muss sofort hinrennen und ihn
Gisela Burckhardt
wieder einfädeln. Diese Arbeit ist körperlich extrem anstrenleitet den Frauenrechtsverein Femnet
gend. Es gibt drei Schichten von je acht Stunden. Aber wir
und ist Aktivistin im Interessensverwissen, dass die Mädchen eineinhalb Schichten arbeiten müsband »Kampagne für Saubere Kleisen, beispielsweise von 8 bis 16 Uhr und von 21 bis 2 Uhr in
dung«.
der Nacht. Viele Mädchen werden krank vom Baumwollstaub,
der Hitze, der Rennerei und der schlechten Ernährung. Aber
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wer nicht die gesamten drei bis vier Jahre ableistet, bekommt nicht mal einen Teil der versprochenen
Lohnsumme. Die Ausbeutung ist wirklich extrem.
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ZEIT ONLINE: Die Lohnkosten in Indien sind weltweit mit die geringsten. Wieso greift die Textilbranche
trotzdem auf diese Form der Kinderarbeit zurück?
Cheria: Die Textilindustrie entscheidet anhand der Lohnkosten darüber, wo in Indien produziert wird. […]
Sie arbeitet heute hauptsächlich mit Frauen, weil die schlechter organisiert sind als Männer. Die Sumangali-Mädchen sind bislang die letzten in dieser Kette.
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ZEIT ONLINE: Sumangali ist ein relativ neues Problem?
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Cheria: Wir kennen Sumangali erst seit etwa 2005. Allerdings scheint sich das System der »Hostel«-Arbeiter, die nach einer Schicht nicht nach Hause gehen, sondern auf dem Fabrikgelände leben müssen,
auszubreiten.
ZEIT ONLINE: Wie viele Mädchen arbeiten derzeit als Sumangali?
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Cheria: Die Schätzungen der NGOs, die vor Ort in Tamil Nadu sind, gehen von etwa 200.000 Mädchen
aus. Von den etwa 400.000 Mitarbeitern in den Spinnereien in Tamil Nadu ist also etwa jede Zweite Opfer des Sumangali-Systems. Die Vorgesetzten allerdings sind immer Männer. Die Mädchen werden häufig
belästigt. […]
ZEIT ONLINE: Frau Burckhardt, wie viel Garn aus Spinnereien, die Sumangali beschäftigen, kommt nach
Deutschland?
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Burckhardt: Das ist für Außenstehende sehr schwer nachzuvollziehen. Man muss die Verbindung herstellen zwischen der Spinnerei, der Stoffproduktion und dem Exportpartner. In zwei Fällen ist uns das gerade
über die Angaben der Hafenbehörden gelungen. […] Wir haben beide Firmen angeschrieben und sie auf
diesen Missstand hingewiesen. (Man) hat erklärt, man sei erschrocken, dass das noch existiere. Sie hätten
ihre Lieferanten darauf hingewiesen, dass sie Sumangali nicht billigen. Diese Erklärungen sind leider nur
wenig wert, wir erwarten von den Unternehmen, dass sie präventiv aktiv sind und verhindern, dass ihr
Garn aus Sumangali-Fabriken kommt.
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ZEIT ONLINE: Ist es nicht vor allem Aufgabe der indischen Behörden, gegen Kinderarbeit vorzugehen?
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Cheria: Indem sie Sumangali als Ausbildung ausgeben, unterlaufen die Fabrikbesitzer das Recht auf Schulbesuch und den Anti-Child-Labour-Act. Dennoch müsste der Staat natürlich sicherstellen, dass Kinder in
die Schule gehen und nicht in Fabriken arbeiten. Und für die Volljährigen müssen acht Stunden Arbeitszeit,
Urlaubstage und Mindestlohn garantiert werden. Aber die Textilunternehmer haben sehr viel Einfluss und
werden immer mächtiger. Der Druck muss aus dem Ausland kommen. Für NGOs und Menschenrechtsgruppen ist es fast unmöglich, die Mädchen ohne Unterstützung der Behörden aus den Fabriken zu holen.
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[…] Normalerweise werden die Behörden von den Textilfabriken und Spinnereien bestochen. Und wer
keine Genehmigung hat und kein Mitarbeiter ist, kommt in die Fabriken nicht rein. Das sind Hochsicherheitszonen. Damit ja niemand sieht, was drinnen passiert.
ZEIT ONLINE: Was könnten europäische Modefirmen tun, um diese Zustände zu beenden?
Burckhardt: Eine Möglichkeit ist Transparenz.
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Cheria: Die meisten Mode- und Textilfirmen machen keinerlei Angaben darüber, woher sie ihre Waren
beziehen, wo gefertigt und was eingekauft wird – von der Baumwolle über das Garn zum Stoff bis zum
fertigen Kleidungsstück. Diese ganze Kette wird versteckt. Die Unternehmen sollten gezwungen werden,
die Namen der Zulieferer öffentlich zu machen. Damit steigt der Druck, die Lieferkette sauber zu halten.
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Burckhardt: Außerdem werden jeden Tag Hunderte von Kontrollen in Fabriken durchgeführt, aber die
Ergebnisse dieser Audits sieht nur der Fabrikant und vielleicht der Einkäufer. Auch das muss öffentlich
gemacht werden. Und wir fordern die Einführung einer Unternehmenshaftung, denn bislang können
im deutschen Strafrecht nur Einzelpersonen belangt werden. Der nordrhein-westfälische Justizminister
plant gerade die Einführung eines spezifischen Unternehmensstrafrechts. Wir sind gespannt, was daraus
wird. Die Opfer aus den Produktionsländern müssen zudem die Möglichkeit erhalten, die Auftraggeber in
Deutschland auf Schadensersatz zu verklagen.
ZEIT ONLINE: Dass die Firmen bei diesen Forderungen Angst um ihre Wettbewerbsfähigkeit haben, lassen Sie nicht gelten?
Burckhardt: Es gibt Menschenrechtsstandards, die unter allen Umständen einzuhalten sind, egal wie hart
der Wettbewerb ist. Sumangali ist eine Form der Schuldknechtschaft oder der Sklaverei. Das lässt sich
durch nichts rechtfertigen. Nach den UN-Prinzipien für Wirtschafts- und Menschenrechte sind Unternehmen verpflichtet, für ihre gesamte Lieferkette Vorsorge zu treffen. Da kann der Kostendruck noch so hoch
sein.
Maria Exner, ZEIT ONLINE 10.12.2013, http://www.zeit.de/wirtschaft/2013-12/textilindustrie-kinderarbeit-sumangali-systemin-indien
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Aufgaben
1. Vorkenntnisse zusammentragen und kategorisieren
Sammeln Sie im Plenum Begriffe, Assoziationen und Hintergrundwissen, die Ihnen spontan zum
Thema Kinderarbeit einfallen. Ordnen Sie Ihre Ergebnisse in Kategorien ein: Unternehmen, Verbraucher, Betroffene, Gesetze, Inland, Ausland, Formen von Kinderarbeit, Lebensumstände etc.
2. Das Textverständnis klären
Erläutern Sie das »Sumangali-System«. Differenzieren Sie dabei zwischen Anspruch und Umsetzung
dieser Praxis.
3. Daten und Fakten zur Thematik ermitteln
Recherchieren Sie folgende Themen in Kleingruppen, und präsentieren Sie eine Kurzfassung Ihrer
Arbeitsergebnisse.
a. Rechtliche Normen und Vorschriften, die Kinderarbeit regeln: UN-Kinderrechtskonvention, deutsches Jugendarbeitsschutzgesetz, Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation
(ILO).
b. Statistische Angaben zum Ausmaß der Kinderarbeit weltweit.
Linktipp:
Bundeszentrale für politische Bildung: Zahlen und Fakten Kinderarbeit
http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/globalisierung/52687/kinderarbeit
4. Den Sachverhalt darstellen und interpretieren
a. Geben Sie die Kritik, die Gisela Burckhardt und Anita Cheria am »Sumangali-System« üben, in eigenen Worten wieder, und listen Sie die einzelnen Forderungen der Menschenrechtlerinnen auf.
b. Erläutern Sie in einzelnen Punkten, warum es schwierig ist, gegen Kinderarbeit vorzugehen.
5. Ursachen analysieren und Lösungen erarbeiten
Arbeiten Sie die Gründe für Kinderarbeit heraus. Orientieren Sie sich zunächst nach den Angaben
im Text, und erweitern Sie die Liste um eigene Überlegungen (Siehe auch Aufgabe 1). Stellen Sie
die Ursachen für Kinderarbeit in Form einer Mind-Map dar, und entwickeln Sie für einzelnen Punkte
mögliche Lösungsansätze. Zeichnen Sie am Ende Linien ein, die Interessensgegensätze markieren.
6. Internetrecherche und Präsentation
Recherchieren Sie in Kleingruppen folgende Siegel oder Zertifikate, die Waren kennzeichnen, die
ohne Kinderarbeit bzw. ausbeuterische Arbeitsbedingungen produziert wurden, und stellen Sie die
Initiative im Plenum vor.
»Fair Trade«, »Fair Wear Foundation«, »Fair Flowers Fair Plants«, »Win=Win Fair Stone Projekt«,
»FLP: Flower Label Program«, »GoodWeave/Rugmark«, »Hand in Hand«, »Xertifix«.
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7. Empirische Informationsgewinnung
Recherchieren Sie in Kleingruppen in unterschiedlichen Läden in Ihrer Umgebung, und suchen Sie
nach Produkten mit Siegeln, die fair gehandelte Produkte kennzeichnen. Welche Märkte bieten
solche Produkte an, und wie groß sind die Preisunterschiede im Vergleich zu Waren ohne Siegel?
Befragen Sie Kunden, ob sie solche Waren regelmäßig kaufen und bereit sind, dafür eventuell einen
höheren Preis zu zahlen. Stellen Sie Ihre Rechercheergebnisse vor.
8. Diskussion und Reflexion eigener Handlungsmuster
Erörtern Sie folgenden Textauszug, und setzen Sie ihn in Bezug zum Thema Kinderarbeit. Setzen Sie
sich auch mit Ihrem eigenen Konsumverhalten auseinander, und kommentieren Sie die geäußerte
Kritik.
»Sozialdumping, Stellenabbau, Verlagerung der Produktion ins Ausland – als Kunde fördern wir alles,
was uns als Bürger empört. Wir tun genau das, was wir Politikern und Managern vorwerfen. Wie die
Manager an der Spitze der Konzerne treiben wir Globalisierung und Deregulierung voran. […] Wir
selbst sind die globalen Heuschrecken. […] Es ist eine Persönlichkeitsspaltung: Wir schimpfen über
die Schließung deutscher Standorte und kaufen am selben Tag eine Hose für 30 Euro, die in Bangladesh genäht wurde. […] Als Bürger sind wir Sozialisten – Verfechter der alten sozialen Errungenschaften. Als Kunden sind wir Neoliberale. Marktradikale. […] Wären wir eine Regierung, man sollte uns
abwählen. Wären wir ein Konzern, man sollte uns boykottieren. […]«
Sven Hillenkamp, DIE ZEIT Nr. 24/2006, http://www.zeit.de/2006/24/Selbst-schuld-Titel_xml
9. Eine politische Kampagne entwerfen
Konzipieren Sie in Gruppenarbeit eine Internetkampagne, die sich gegen Kinderarbeit wendet. Sie
können sich dabei an den Lösungsansätzen von Aufgabe 4 und Aufgabe 5. orientieren und frei
entscheiden, ob diese Initiative im Inland oder Ausland angesiedelt sein soll, ob sie bei den Verbrauchern, den Unternehmen, der Gesetzgebung oder der humanitären Hilfe ansetzt oder aber als
Protestform angelegt ist. Entwerfen Sie hierzu einen Flyer, der zur Unterstützung Ihrer Zielsetzung
aufruft.
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Arbeitsblatt 2
Wir wollen arbeiten!
Überall auf der Welt gilt Kinderarbeit als Ausbeutung. Jetzt aber kämpfen in Bolivien Minderjährige für ein Recht darauf. Soll die Politik es ihnen gewähren?
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An einem klirrend kalten Abend in den bolivianischen Anden macht sich die 15-jährige Arbeiterführerin
Lourdes Juana Sánchez Cruz auf den Weg, ihr Land zu verändern. […] Lourdes hat sich fein gemacht. Sie
hat Kajal aufgetragen und die blaue Schutzweste, in der sie auf dem Friedhof die Gräber der wohlhabenden
Leute putzt, gegen einen selbst gehäkelten Poncho getauscht. […] Minuten später zwängt sich Lourdes auf
die abgewetzte Rückbank des Taxis, neben ihr die Mutter, eine junge Frau, deren Zöpfe ein faltiges Gesicht
einrahmen. Vorn, neben dem Fahrer, sitzt ihr Vater, ein schweigsamer Bergarbeiter, der sich alle paar Minuten den Staub der Mine aus der Lunge hustet. Das Taxi setzt sich in Bewegung, und Lourdes’ vier jüngere
Geschwister stehen winkend in der Tür ihres kleinen unverputzten Ziegelhauses. Das Mädchen teilt sich mit
ihnen ein enges, unbeheiztes Zimmer.
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[…] Wochenlang hat Lourdes auf ihre Eltern eingeredet, hat ihnen erklärt, wie wichtig diese Reise sei, für
ihre eigene Zukunft und die Zukunft der Gewerkschaft. »Ihr müsst kämpfen«, sagt der Vater jetzt auf einmal
in die Stille. Ein Lächeln huscht über die Pausbacken seiner Tochter. Lourdes ist müde, es war ein langer Tag.
Nach der Schule hat sie einen Teller Suppe hinuntergeschlungen. […] Wenig später saß sie auf einer Bank
neben der Friedhofspforte und rief: „Grabpflege! Grabpflege!« Ein paar Meter weiter standen achtjährige
Kinder, die Blumen anboten, Zehnjährige, die Obst und Gemüse verkauften, Elfjährige, die am Boden kauerten und die Schuhe der Erwachsenen putzten. Unter den rund 130.000 Einwohnern Potosís gibt es 6.000
arbeitende Kinder. 840.000 sind es nach Schätzung des bolivianischen Arbeitsministeriums im ganzen
Land. Fast jedes vierte Kind in Bolivien arbeitet.
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»Ihr seid so viele«, murmelt der Vater vorne im Taxi, »ihr seid stärker als die Politiker.«
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An guten Tagen, sagt Lourdes, schaffe sie vier oder fünf Gräber, und manchmal, wenn sie sehr dreckig
seien, bekomme sie acht oder zehn Boliviano für ein Grab, umgerechnet 85 Cent bis einen Euro. Von dem,
was sie verdient, kauft Lourdes Bücher und Hefte für die Schule, Pausenbrot, anständige Kleidung. Dinge,
für die sonst kein Geld da wäre, weil der Vater in der Mine zu wenig verdient. Lourdes deutete auf den Berg,
der sich wie eine große, schicksalhafte Pyramide über dem Friedhof und der Stadt in die dünne Höhenluft
erhebt. Jahrhundertelang trieben dort oben Spaniens Konquistadoren die indianischen Ureinwohner in
die Stollen, um sie nach Silber und Zinn graben zu lassen. Zehntausende starben in den Minen. Heute ist
der Cerro Rico, der reiche Berg, durchlöchert und so gut wie leer. Die Bergarbeiter, die noch immer in die
Schächte steigen, kratzen nur noch die Reste aus dem Stein. Lourdes will ein anderes Leben als das ihres
Vaters, der nie etwas anderes kannte als den Berg. Sie will studieren. Aber dafür braucht sie Geld.
Mit zwölf verdiente sie ihre ersten Boliviano als Küchenhilfe in einem Restaurant. Zwei Jahre später folgte
sie einer Freundin auf den Friedhof, weil sie sich dort ihre Arbeitszeit selbst einteilen kann und die Schule
nicht versäumt.
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Als sich am späten Nachmittag der Friedhof leerte, rief Lourdes die anderen Kinder zusammen, fünf Mädchen und acht Jungen. Gemeinsam bilden sie die Gewerkschaft der arbeitenden Friedhofskinder. Der Jüngste ist sieben Jahre alt, Lourdes ist die Älteste. Sie ist die Anführerin. Lourdes baute sich vor den Stufen der
Kapelle auf, wo sich die Kinder einmal in der Woche treffen, um darüber zu reden, wie sie sich wehren können gegen Kunden, die nicht zahlen; was sie unternehmen können gegen die Leute, die sie des Diebstahls
verdächtigen, seit so viele Christusstatuen von den Gräbern verschwunden sind. An diesem Nachmittag
aber sprach Lourdes über das große Treffen der Gewerkschaftskinder in der Stadt Cochabamba.
»Compañeros aus allen wichtigen Städten werden anreisen«, rief sie mit kämpferischer Geste. »Wir werden
uns beraten und am Montag, so Gott will, die Politiker mit unseren Forderungen konfrontieren. Compañeros! Wir haben keine Wahl. Wir wollen und wir müssen arbeiten!« Es sind wichtige Tage für die Kinder in
Bolivien. Eine Kommission des Parlaments prüft die Frage, wie das Land zur Kinderarbeit steht. Die Kommission hat Vertreter von Parteien, Nichtregierungsorganisationen und Jugendämtern zum Meinungsaustausch nach Cochabamba gebeten.
Die Kinder sind nicht eingeladen.
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Lourdes aber will, dass das Land auch die Meinung der Kinder hört. Sie will mitreden, wenn es um ihre
Zukunft geht, und sie ist nicht allein. In Bolivien tobt ein Klassenkampf, dessen Frontverlauf die Welt noch
nicht gesehen hat. Die Kinder kämpfen gegen die Erwachsenen. Im ganzen Land haben sie sich organisiert,
die Zeitungsverkäufer und die Hausmädchen, die Minenkinder und die Autowäscher, die kleinen Schuhputzer und die minderjährigen Maurer. Allein in Potosí gibt es 18 Kindergewerkschaften. Die Kinder haben sich
vernetzt in ihren Vierteln, in den Städten, im ganzen Land. Und sie haben ein Anliegen, eine Forderung: das
Recht auf Kinderarbeit.
Bolivien ist eines der ärmsten Länder Südamerikas. Die Kinder werden in Familien hineingeboren, in denen
die Eltern oft nicht einmal für sich selbst sorgen können. Sie wachsen auf mit Vätern, die trinken, um die
leeren Minen und den Husten zu ertragen, mit Müttern, die kaum lesen und schreiben können. Jedes vierte
Kind in Bolivien, schätzt die Weltgesundheitsorganisation, ist unterernährt. Auf dem Arbeitsmarkt aber
haben die Kinder gute Chancen. Sie sind billiger als die Erwachsenen. Wie viele andere Länder der Welt hat
Bolivien zahlreiche internationale Abkommen gegen Kinderarbeit unterzeichnet. Nach dem bolivianischen
Gesetz dürfen Kinder unter 14 Jahren keiner bezahlten Arbeit nachgehen. Für Jugendliche hat die Regierung 23 Tätigkeiten mit einem expliziten Verbot belegt. Nicht erlaubt sind das Ernten von Kastanien und
Zuckerrohr, das Arbeiten in Nachtclubs und mit schwerem Werkzeug. Auch das Reinigen von Gräbern ist
verboten, weil Kinder dabei in Kontakt mit Chemikalien kommen. Trotzdem ist Lourdes fast jeden Tag auf
dem Friedhof. Denn niemand kontrolliert, ob sich die Kinder an die Paragrafen halten.
Das macht sie verwundbar: Es gibt keine Verträge, keine Papiere, niemanden, der bei einem Arbeitsunfall
die Behandlung zahlt. Viele Kinderarbeiter werden geschlagen oder um ihren Lohn betrogen. Sie können
sich nicht wehren, denn was sie tun, ist ja verboten. Wenn sie schon arbeiten müsse, sagt Lourdes, dann
unter anständigen Bedingungen.
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Es ist ein Pragmatismus, der provoziert. Er irritiert alle Wohlstandsgesellschaften, die Kindheit als einen
geschützten Raum betrachten, in dem die Kleinen, vor einer feindseligen Welt geborgen, spielen und lernen
sollen. Darf Kindheit etwas anderes sein? Kann man sich einlassen auf Minderjährige, die keine Spielkonsole
fordern, sondern die Vereinbarkeit von Job und Schule? Die sagen, mit einem Fußball sei ihnen weniger
geholfen als mit einem Arbeitsvertrag? Oder einem Schild, das am Friedhofseingang auf feste GrabpflegeTarife hinweist?
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Im Bus nach Cochabamba sitzt Álvaro, den Lourdes seit Jahren von den Treffen der Gewerkschaft kennt.
Álvaro […] schob schon mit zehn Jahren Loren durch den Bergstollen, mit zwölf schlug er einen schweren
Bohrer in den Stein. Álvaro brach sich im Berg die Arme, seine Sehnen rissen, er hat Betrunkene sterben
sehen, die in den Schacht fielen oder zu nah am Dynamit standen. Jetzt hilft Álvaro in einer Autowerkstatt.
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»Glaubst du, die Politiker werden mit uns reden?«, fragt Lourdes.
»Wenn nicht, stürmen wir die Konferenz«, sagt Álvaro
»Ich wüsste gern, was Evo denkt«, sagt Lourdes jetzt.
»Vergiss es«, sagt Álvaro. »Auf den Compañero können wir uns nicht mehr verlassen.«
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Evo ist Evo Morales, der schon als junger Mann die Gewerkschaft der Kokabauern anführte – und heute Präsident Boliviens ist. Als kleiner Junge arbeitete er mit seinem Vater als Zuckerrohrschneider in Argentinien.
Er half seinen Eltern bei der Kokaernte, hütete Schafe, arbeitete in einer Bäckerei und ging nur sechs Jahre
zur Schule. Vier seiner Brüder starben früh, an Krankheiten und Hunger. Es ist eine bolivianische Biografie,
in der sich viele Menschen, die Evo Morales vor acht Jahren zum ersten indigenen Staatsoberhaupt Südamerikas wählten, wiedererkannten. Unter dem Präsidenten Morales sprechen die Beamten in den Amtsstuben nicht mehr nur Spanisch, sondern Aymara und Quechua, die Sprachen der Ureinwohner. Morales
fing an, die ausländischen Gas- und Minenfirmen zu verstaatlichen, und leitete die Einnahmen in aufwendige Sozialprogramme um. Er kündigte an, dem Land eine neue Verfassung zu geben. Die Kinderarbeiter
nutzten diese Gelegenheit: Sie zogen damals mit Plakaten durch die Millionenstadt La Paz. Das Fernsehen
berichtete tagelang. Evo Morales lud 200 Kinderarbeiter in seinen Palast ein […] und erklärte, dass ihre
Arbeit etwas sei, das Anerkennung und Respekt verdiene. Im Jahr 2008 verabschiedete das Parlament die
neue Verfassung. Es ist die erste Verfassung der Welt, die Kinderarbeit nicht verbietet. Was sie verbietet,
ist, Kinder auszubeuten.
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Seitdem befindet sich Bolivien in einer Übergangsphase. Das alte Gesetz, das die Kinderarbeit verbietet,
gilt noch, aber die Kommission des Parlaments arbeitet daran, ein neues zu entwickeln. Es sollte den Geist
der neuen Verfassung atmen, das war der Plan. […] Doch dann veränderte sich etwas. Zu Anhörungen, wie
jetzt in Cochabamba, werden die Kinder auf einmal nicht mehr eingeladen, in der aktuellen Fassung des
neuen Gesetzes ist von ihren Forderungen nichts geblieben. […] Fünf Jahre nachdem Bolivien sich in seiner
Verfassung als souveräner Staat feierte, scheint sich das Land dem Druck des Auslands zu beugen. Die Welt
pocht darauf, dass die internationalen Abkommen gegen die Kinderarbeit eingehalten werden. […]
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Später, in Cochabamba, sitzen die Kinder hinter dem Tagungszentrum im Kreis auf einer Wiese und erzählen, leise jetzt und zögernd, ihre Geschichten. Alfredo hat als kleiner Junge Batterien aus dem Müll
gefischt, weil er kein anderes Spielzeug hatte. Gerald, der einmal Architekt werden will, weil er gerne Dinge
zusammenbaut, bewahrt sein Geld in einer Kiste auf, aber sein Vater stiehlt es ihm manchmal, um Schnaps
zu kaufen. Der 17-jährige Rubén verkauft Zeitungen, weil seinen Eltern das Geld für die Therapie seines behinderten Bruders fehlt. Marianella hat schon mit vier Jahren in einem fremden Haushalt mitgeholfen, weil
ihre Eltern gleichzeitig an Krebs erkrankten. […]
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Wird Kinderarbeit erlaubt, will der Westen die Entwicklungshilfe kürzen.
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Es ist noch nicht sehr lange her, da gehörte Kinderarbeit nicht nur in Ländern wie Bolivien zum Alltag,
sondern auch im einst ähnlich armen Europa oder Nordamerika. Heute ist das moderne Verständnis einer
behüteten Kindheit zu einer Art Exportgut geworden, das internationale Organisationen mithilfe von Geld
rund um die Erde zu verbreiten versuchen. Die Unesco etwa finanziert in Bolivien den Großteil aller Sozialprojekte. Die Weltbank gewährt dem Land lebenswichtige Kredite. Die Internationale Arbeitsorganisation
(ILO), das gilt als offenes Geheimnis, bezahlt die Gehälter der Beamten im bolivianischen Arbeitsministerium. Die Unesco, die Weltbank, die ILO, sie alle treten vehement dafür ein, dass die Kinderarbeit in Bolivien
weiterhin verboten bleibt. Die Frage ist, ob den arbeitenden Kindern damit geholfen ist. Für den Fall, dass
Bolivien das Gesetz ändert, hat der Botschafter der USA damit gedroht, dem Land die Entwicklungshilfe zu
kürzen. Vielleicht ist Bolivien einfach zu arm und unbedeutend, um einen eigenen Weg zu gehen. Vielleicht
steht für das Land zu viel auf dem Spiel.
Die Kinder sind zwischen die Fronten der großen Politik geraten.
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Etwa hundert Menschen sitzen in Stuhlreihen vor einer Bühne im Tagungsraum in Cochabamba, ältere Herren in dunklen Anzügen, Frauen in Businesskostümen oder der traditionellen Tracht der Anden. In der Mitte
oben auf dem Podium sitzt Javier Zavaleta, der Vorsitzende der Parlamentskommission, die das neue Gesetz zur Kinderarbeit ausformulieren soll. Ein Verfassungsrechtler hält eine Rede, als sich plötzlich die Köpfe
drehen und ein Raunen durch die Reihen geht. Da stehen Kinder am Ende des Saals. Man gibt ihnen fünf
Minuten Redezeit. […] Die Erwachsenen schmunzeln ein wenig, aber sie hören zu, die wichtigen Leute aus
dem Parlament, dem Ministerium, dem Jugendamt. Alfredo spricht von den Rechten der Kinder, von ihrem
Wunsch nach Anerkennung. […] Schweigend verlassen die Kinder den Saal. […] Am nächsten Tag geht die
Konferenz weiter. Experten halten Vorträge. PowerPoint-Präsentationen leuchten an der Wand auf. Lourdes
und die anderen Kinder sitzen da schon wieder im Bus, sie müssen zurück nach Potosí. Arbeiten.
Marian Blasberg, Die ZEIT Nr.1/2014, http://www.zeit.de/2014/01/kinderarbeit-bolivien/komplettansicht (gekürzt und leicht
bearbeitet)
»ZEIT für die Schule«-Arbeitsblätter | Kinderarbeit: Zwischen Ausbeutung und Menschenrecht 12
Aufgaben
1. Das Textverständnis klären
Geben Sie wieder, mit welchen Argumenten die Kinder in Bolivien für das Recht auf Arbeit kämpfen.
Was fordern sie, und welchen Stellenwert hat die Arbeit in ihrem Leben?
2. Erschließung von Inhalten
Erläutern Sie die folgende Zwischenüberschrift:
»Die Kinder sind zwischen die Fronten der großen Politik geraten«
Wer bildet jeweils die Fronten, und welche gegensätzlichen Vorstellungen kommen in der politischen
Diskussion zum Tragen?
3. Einen gesellschaftspolitischen Standpunkt diskutieren
Erörtern Sie folgende These zum Thema Kinderarbeit:
»Kinderarbeit ist eine wertende und emotional aufgeladene soziale Konstruktion, die eine objektive
Befassung mit der Thematik erschwert. Seit er in der Zeit des europäischen Frühkapitalismus aufkam, werden mit ihm bestimmte politische Intentionen verfolgt und Vorannahmen über Kinder und
ihre Beziehung zur Arbeit transportiert. […] Im Fall der Kinder wird von vorneherein ausgeschlossen,
Arbeit als eine Tätigkeit wahrzunehmen, die der Lebenserhaltung dient und dem Menschen erlaubt,
sich als tätiges Subjekt zu verstehen, das einen Beitrag zum Erhalt und der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft leistet.«
Manfred Liebel, Philip Meade, Iven Saadi, Bundeszentrale für politische Bildung, Lizenz nc-nd/3.0/de/, http://www.bpb.
de/apuz/146106/brauchen-kinder-ein-recht-zu-arbeiten
4. Einen fiktiven Gesetztesentwurf entwerfen
Statt der Bekämpfung der Kinderarbeit gibt es Positionen, Kinderarbeit in bestimmten Fällen zuzulassen, wenn bestimmte Kriterien erfüllt werden. Konzipieren Sie in Kleingruppen eine Skizze für eine
entsprechende Gesetzesvorlage.
5. Eine Pro-und-Kontra-Diskussion abhalten und einen eigenen Standpunkt beziehen
Sammeln Sie Argumente pro und kontra zum Thema »Kinderarbeit: verbieten oder verbessern?«,
und formulieren Sie einen begründeten Standpunkt, der auch Zwischenlösungen vorsehen kann.
»ZEIT für die Schule«-Arbeitsblätter | Kinderarbeit: Zwischen Ausbeutung und Menschenrecht 13
Internetseiten zum Thema:
Kinderarbeit: Zwischen Ausbeutung und Menschenrecht
ZEIT ONLINE: Grabsteine aus Kinderarbeit stehen auf deutschen Friedhöfen
http://www.zeit.de/wirtschaft/2013-10/grabsteine-aus-kinderarbeit-indien-deutschland
ZEIT ONLINE: Millionen Kinder arbeiten in fremden Haushalten
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-06/kinderarbeit-haushalte-ausbeutung
Bundeszentrale für politische Bildung: Maßnahmen gegen ausbeuterische Kinderarbeit
http://www.bpb.de/apuz/146099/massnahmen-gegen-ausbeuterische-kinderarbeit
Walk Free Foundation – Global Slavery Index 2013
http://www.globalslaveryindex.org
International Labour Office (ILO): Marking progress against child labour. Global estimates and trends
2000-2012
http://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/---ed_norm/---ipec/documents/publication/wcms_221513.pdf
ProNats: Solidarität mit arbeitenden Kindern und Jugendlichen
http://www.pronats.de
Planet Wissen: Kinderarbeit
http://www.planet-wissen.de/politik_geschichte/menschenrechte/kinderarbeit
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IMPRESSUM
Projektleitung: Annika Theuerkauff, Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH & Co. KG,
Projektassistenz: Anneke Krooß, Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH & Co. KG,
Didaktisches Konzept und Arbeitsaufträge: Susanne Patzelt, Wissen beflügelt

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