Der Potsdamer Platz als Location

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Der Potsdamer Platz als Location
Der Potsdamer Platz als Location
Die Beschreibung des Ortes aus Sicht von Locationscouts
„In atemberaubendem Tempo entstanden am Potsdamer Platz die Kulissen für das neue
Jahrtausend - extravagante Bürobauten, mondäne Shopping-Meilen und modernste CityWohnungen, von internationalen Star-Architekten entworfen.“
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Mit diesen Worten beschreibt die „Berlin Brandenburg Filmcommission“ auf ihrer Homepage
unter der Überschrift „Schauplatz Berlin“ die Vorzüge des Potsdamer Platzes als Drehort.
Die BBFC stellt hier einen „kostenlosen Service für Dreharbeiten in Berlin und Brandenburg“
zur Verfügung. Sie ist „eine Abteilung der Filmboard Berlin-Brandenburg GmbH, Serviceund Dienstleister für nationale und internationale Filmschaffende und hilft
Drehgenehmigungen und Locations sowie Kontakte zur regionalen Filmbranche zu
vermitteln.“ Ihr Ziel ist es, „die Region Berlin-Brandenburg filmfreundlich(er) zu gestalten.“
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Was sind die Gründe dafür, dass sich diese, die Filmbranche und ihre Drehorte in Berlin und
Brandenburg repräsentierende Internetplattform so explizit auf das Gelände um den
Potsdamer Platz bezieht?
Anhand einer Analyse zur Benutzung des Potsdamer Platzes als Drehort durch Film-,
Fernseh- und Werbeschaffende soll die besondere Rolle dieses Ortes als Location für die
mediale Bildproduktion genauer untersucht werden.
Der Begriff Location steht, wie einleitend erwähnt, im Englischen für den Ort, die Stelle, den
Aufstellungsraum. Locations sind Orte zur Produktion von Fotos, Filmen, Fernsehsendungen
oder Events. An den Rändern des zur Bildproduktion wichtigen Realitätsausschnittes der
Location endet auch die Relevanz dieses Ortes.
Da fast alle im Fernsehen gezeigten Bilder der Umwelt Darstellungen von vorher explizit
ausgewählten Locations sind, werden diese vom Focus der Kamera begrenzten
Ortdarstellungen mitunter eine direkte Rückwirkung auf die Benutzung und Planung der
realen Umwelt haben.
Die Befragung so genannter Locationscouts, zu ihrer Einschätzung zum Potsdamer Platz als
Drehort soll die Frage nach dem Verhältnis von realen Drehorten und „funktionierenden“
Bildern genauer beleuchten. Die auch Motivsucher genannten Locationscouts helfen bei der
Findung von Drehorten in einer bestimmten Region, beurteilen Motive mit den Augen von
Filmproduzenten (z.B. Berücksichtigung von Licht- und Tonverhältnissen) und assistieren bei
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Schauplatz Berlin, Drehen in der Region, Homepage der Berlin Brandenburg Film Commission, http://www.bbfc.de,
April 2005
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ebenda
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Drehgenehmigungen, wenn sich etwa Genehmigungsverfahren mit Behörden schwierig
gestalten.
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Die Homepage der Berlin Brandenburger Filmcommission (BBFC)
Neben allgemeiner Hilfe zum „Drehen in der Region“, einer „Adressdatenbank“ für Firmen,
Personen und Behörden, einem „Produktionsspiegel“ u.ä., stellt die BBFC auf ihrer
Internetplattform eine umfangreiche „Motiv-Datenbank“ zur Verfügung. Um zu verstehen,
welche Kategorien bei der Suche nach einer geeigneten Location angewendet werden und
welche, z.B. von einer architektonischen Sichtweise auf die Stadt abweichenden Prämissen
bei dieser Einordnung zum Tragen kommen, sollen die in der „Motiv-Datenbank“ verwendeten
Begriffe zur Unterteilung der Stadt hier aufgelistet werden.
Die Datenbank lässt zwei verschiedene Arten der Recherche zu: Zum einen ist eine
Verknüpfte Recherche nach „Bauart“ und „Epoche möglich. Auswählbare Bauarten sind:
Fachwerk; Geflieste Fassade; Glassfassade Holzfassade; Klinkerfassade; Natursteinfassade;
Plattenbau; Putzfassade; Sichtbeton; Stahl-/ Glaskonstruktion; Stahlkonstruktion; Stuck-,
Ornamentfassade.
Die Epochen werden unterschieden in:
21. Jahrhundert; Gründerzeit; Heimatstil; Historismus – Neogotik, Neoklassizismus, etc.;
Jugendstil; Art Déco; Klassizismus; Mittelalter; Nachkriegsmoderne; Neunziger Jahre;
Postmodern; Renaissance; Achtziger Jahre/ Ost; Rokoko; Sechziger Jahre/West; Sechziger
Jahre/ Ost; Siebziger Jahre/ West; Zwanziger Jahre - Klassische Moderne, Expressionismus;
Achtziger Jahre/ West; Barock; Dreißiger Jahre; Dreißiger Jahre – nationalsozialistischer
Eklektizismus; Fünfziger Jahre; Fünfziger Jahre – sozialistischer Eklektizismus; Gotik
Die zweite Art der Navigation erfolgt über Suchkategorien, die in zwei Hirachien geordnet
sind. Die Oberkategorien sind:
Außenanlagen; Büros, Industrie und Gewerbe; Gewässer; Historische Gebäude; Kultur,
Freizeit, Sport; Militäranlagen und –ausrüstungen; Schulen und Hochschulen,
Sozialeinrichtungen, Krankenhäuser; Siedlungen und Wohngebäude
Die umfangreichen Subkategorien sollen hier nur beispielhaft für Kultur-, Freizeit- und
Sportanlagen aufgelistet werden:
Aussichtstürme; Ballett- / Tanzsaal; Bibliotheken; Gemeindezentren; Kirchen, Sakralbauten,
Klöster; Museen; Schwimmbäder; Sportanlagen; Theater, Kinos, Konzertsäle;
Veranstaltungshallen.
Das Areal des Potsdamer Platzes taucht in dieser Datenbank an drei verschiedene Stellen
auf:
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„Hilfe bei der Locationsuche”, in Drehorte, http://www.movie-college.de, 2005; Kurzinfo Locationscout,
http://www.generation-m.de, 2005
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1. Als Potsdamer Platz selbst. Die Kategorien, in denen er eingeordnet ist, sind: Moderne
Architektur, Plätze, Promenaden, Neunziger Jahre, Stahl-/Glaskonstruktion. Explizit
aufgezählt werden in dieser Kategorie zusätzlich die Orte Einkaufscenter Arkaden,
Musicaltheater, Brunnen, Debis-Haus
2. Als Sony Center in den Kategorien: Einkaufszentren und Kaufhäuser, Büro- und
Verwaltungsgebäude, Neunziger Jahre, Glasfassade.
3. Als „The Ritz-Carlton“, in den Kategorien: Hotels, 21. Jahrhundert
Nach Bauart und Epoche gegliedert findet sich der Potsdamer Platz also unter: Moderne
Architektur, Neunziger Jahre, 21. Jahrhundert, Stahl-/Glaskonstruktion, Glasfassaden.
Als Gebäudekategorien werden für ihn genannt: Plätze, Promenaden, Einkaufszentren und
Kaufhäuser, Büro- und Verwaltungsgebäude, Hotels.
Die Homepages verschiedener Berliner Location-Büros
Um die Einordnung des Areals aus Sicht der Locationsuche weiter einzugrenzen, ist ein Blick
auf die Internetpräsentation von in Berlin ansässigen Location-Büros aufschlussreich.
Ein Vergleich dieser Homepages in Bezug auf die Darstellung des Potsdamer Platzes vom
Dezember 2004 ergibt folgendes Ergebnis:
Von Insgesamt 32 analysierten Locationbüros hatten 11 keine funktionierende Homepage
und weitere 4 arbeiteten bei ihrem Internetauftritt nicht mit Fotos von Orten.
Zur Analyse blieben 17 Homepages (100%), auf denen zur Darstellung des Unternehmens
kategorisierbare Fotos von Drehorten gezeigt wurden, übrig. Bei 53% dieser Internetauftritte
waren Bilder vom Potsdamer Platz zu sehen, 24% der Locationbüros zeigten den Potsdamer
Platz sogar auf ihrer Startseite.
Auf der Homepage der Firma LocoScout wird beispielsweise unter der Kategorie „BetonWelten“ ein Blick entlang der Schellingstraße des DaimlerChrysler Geländes gezeigt.
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Die
Firma „Zfilmz“ zeigt unter der Kategorie „Arbeiten“ eine Totalansicht des Ritz-Carlton Hotels
und unter „Classics“ einen Blick auf die Dächer der Hochhäuser am Potsdamer Platz und
einige Baukräne. Bei „real:real“, location & filmservice berlin, ist unter der Kategorie
“Referenzen” ein Blick in das Dach des Sony Centers zu sehen. Die Firma “creative location”
schließlich zeigt Fotos des Potsdamer Platzes auf ihrer Startseite und an diversen anderen
Stellen, so etwa bei der Dokumentation der Arbeit für die Firma „Océ Technologies“ unter
dem Stichpunkt „On-Location“.
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Interessanter Weise sind auf diesem Bild anstatt „Beton-Welten“ nur Natursteinfassaden zu sehen.
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Interviews mit in Berlin ansässigen Locationscouts
Um die Gründe dieser überproportionalen Darstellungsdichte von Bildern des Potsdamer
Platzes bei der Selbstpräsentation der Locationbüros zu verstehen, wurden etwa 20 dieser
Firmen fünf genauere Fragen zum Thema gestellt. Acht der befragten Locationscouts
antworteten teils schriftlich (Email), teils mündlich, auf die folgenden Fragen:
1. Haben Sie den Potsdamer Platz schon als Location für ein Projekt "gebucht"?
Wenn ja, für welche Projekte haben Sie ihn verwendet (wenn es zu viele sind, nur die fünf
relevantesten)?
2. Warum wurde für diese Projekte der Potsdamer Platz gewählt?
3. War es wichtig, den Potsdamer Platz später als solchen zu erkennen oder diente er nur als
"abstrakter Bildhintergrund"?
4. Welche Einstellungen/ Orte haben Sie für die einzelnen Projekte verwendet?
5. Hat der Potsdamer Platz ihrer Meinung nach Vorzüge zur Produktion von Bildern, Filmen,
Fernsehen, die in dieser Form im Berliner Raum einzigartig sind, und wenn ja, welche?
Das vollständige Ergebnis der Interviews kann im Anhang dieser Publikation eingesehen
werden. Im Folgenden sollen nun die jeweils typischsten Antworten auf die einzelnen Frage
zusammengefasst werden.
Bei den Antworten auf die erste Frage fällt allgemein auf, das alle Teilnehmer den Potsdamer
Platz im Rahmen ihres Berufes bereits mehrfach „vermittelt“ hatten. Der mit Abstand am
häufigsten genannte Anlass der Locationvermittlung war dabei die Produktion von
Werbekampagnen. Bekannte Marken wie Grüner Punkt, Credit Suisse, Peek&Cloppenburg,
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Vogue, O , Prada, Deutsche Post AG, Deutsche Telekom, Comdirekt Bank, BMW, Peugeot,
Maybach und Porsche wurden in diesem Zusammenhang genannt. Fernsehproduktionen
kamen am zweithäufigsten als Beauftragungsgrund vor (z.B. „Alicia“, „Körner&Köter“, SAT1),
Spielfilme am seltensten.
Auf die zweite Frage nach den Gründen der Nutzung des Potsdamer Platzes für die
Produktion der genannten Projekte wurden „Großstadt-Feeling“, „internationales Aussehen“,
„klare Strukturen“, „Modernität und Lifestyle“, „moderne Architektur“, „moderne Büros“,
„Großstadtfluchten“ usw. genannt. Des Weiteren wurde häufig die städtebauliche Ordnung
des Ensembles als besonderer Vorzug hervorgehoben: „unterschiedliche Straßentypologien“
mit „interessanten Fluchten und klaren, ablesbaren Strukturen“: Fahrbahn, Gehweg; keine
störenden Bäume, Stadtmöbel und Werbetafeln; „auf Hochhäuser zulaufende
Straßenschluchten“ usw.
Wie unwichtig die Wiedererkennbarkeit des Ortes in den meisten Fällen war, wird durch die
Antworten auf Frage drei deutlich. In mehr als zwei drittel der Fälle wurde der Drehort
Potsdamer Platz nicht gewählt, um deutlich zu machen, „Hier ist Berlin-Potsdamer-Platz“,
sondern um seine Qualitäten als abstrakt wirksamer Bildhintergrund zu benutzen. Wie schon
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aus den Antworten auf Frage zwei ersichtlich, wird der Ort eher mit unspezifischen Titeln wie
„Weltmetropole“, „Straßenschluchten“, „Skyline“, „internationale Geschäftsstadt“, „Urbanität“
usw. umschrieben.
Die vierte Frage nach den genauen Orten, die für die einzelnen Projekte Verwendung fanden,
wird ebenfalls auffällig allgemein beantwortet. Neben Aussagen wie „Modernes Büro“,
„Straße zwischen den neuen Gebäuden mit Glasgebäude im Hintergrund“,
„Straßenschluchten“, „Fassaden“, die nicht eindeutig verortbar sind, werden auch einige
Plätze genauer bezeichnet, in den meisten Fällen jedoch ohne einen exakt lokalisierbaren
Bildausschnitt zu nennen. Die aufgeführten Orte verteilen sich recht homogen über das
gesamte Gelände, wobei eine gewisse Konzentration der Nennung im Bereich des
eigentlichen Potsdamer Platzes, vor den Hochhausspitzen, zu verzeichnen ist.
Die Antworten auf die in Punkt fünf gestellte Frage nach den allgemeinen Vorzügen des
Potsdamer Platzes zur Produktion von Fernseh-, Film- und Werbebildern machen deutlich,
wofür diese Location hauptsächlich steht: Die Darstellung einer „großstadtähnlichen
Situation“, durch „hohe Gebäude“ und „sehr schmale Straßenschluchten“, „Kompaktheit in
Verbindung mit moderner Architektur“. Insbesondere die bereits in den Antworten auf Frage
zwei genannten Vorzüge eines „nicht gewachsenen Stück Stadt, welches deshalb klar
erkennbare, geplante Straßen und Blicke, die spektakulär aber artifiziell sind“, werden
ausdrücklich als Vorteile zur Bildproduktion benannt. Auch der „unterkühlte Look, der noch
durch Ordnung und Sauberkeit unterstrichen wird, macht das Gebiet für Werbung und Film so
interessant.“ Und schließlich wird die in Deutschland einzigartige städtebauliche Situation
eines durch Freiflächen rundherum von der angrenzenden Bebauung entkoppelten Geländes
hervorgehoben. Sie erlaubt es, dieses moderne Hochhausensemble mit langer Brennweite
sehr „dicht“ abzubilden.
Bildanalyse zweier Werbekampagnen
Die in den Interviews genannten Vorteile des Potsdamer Platzes zur Werbeproduktion
können an zwei Beispielen aus der Printwerbung besonders gut nachvollzogen werden (siehe
S.44, Abb. 27/28). Das Cover einer Werbebroschüre des Automobilkonzerns BMW für die
„Mini Collection“ zeigt einen für den Betrachter nicht genauer lokalisierbaren
Straßenausschnitt. Fahrbahn, Bordstein, Gehweg und Fassade sind klar ablesbar. Frisch
gepflanzte, modellhaft wirkende Bäume unterstreichen den artifiziellen Charakter der
Szenerie. Auch die mehrfach genannte enge, auf Hochhäuser zulaufende Perspektive ist
vorhanden. Im Vordergrund des Bildes, vor den nackten, nicht von Schildern oder Werbung
verdeckten Fassaden, wird die eigentliche Szene eines mit einer automobiltypischen
Wasserverdrängung durch eine Pfütze laufenden Mädchens platziert. Zu sehen ist der Blick
durch die Auguste-Hauschner-Str. in Richtung Potsdamer Platz, mit dem Marriot Hotel und
dem Kanada-Haus auf der linken Seite und dem Beisheimcenter bzw. Ritz-Carlton-Hotel auf
der rechten Seite.
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Eine andere Werbung der Automobil-Firma Peugeot für die Limousine „607“ zeigt ebenfalls
einen von Außenwerbung und Zeichen befreiten, großstädtisch anmutenden, „cleanen“
Bildhintergrund. Auch hier ist ein Widererkennen des eigentlichen Ortes durch die
Werbeanzeige nicht intendiert. Zwar ist für den geschulten Blick ersichtlich, dass das Auto auf
der Potsdamer Straße in Richtung Leipziger Platz fährt, und der Blick somit unter den
Arkaden des „Kollhoff-Turms“ auf das gegenüberliegende Bahngebäude sowie das
Beisheimcenter fällt, dahinter endet jedoch die mit der Realität übereinstimmende Szenerie
des Bildes: Zur in der Realität so nicht vorhandenen visuellen Verlängerung der Potsdamer
Straße, wurden rechts vom Beisheimcenter weitere, die Straße begrenzende Hochhäuser
digital ergänzt. Wie unschwer erkennbar sind diese Häuser einem Foto der angrenzenden
Leipziger Straße entnommen worden.
Zusammenfassung
Die Einordnung des Potsdamer Platzes durch die Berlin Brandenburg Filmcommission, die
Homepages der Locationbüros und die Interview-Aussagen zeigen die Vorzüge dieses Ortes
zur Bildproduktion deutlich auf. Die herausragende Rolle bei der Verwendung als “abstrakter“,
„moderner“, „weltstädtischer“ Lifestyle-Werbe-Hintergrund wird hierbei besonders deutlich.
Auch die überwiegende Nutzung des Areals als nicht erkennbar Berlin-spezifisch lässt sich
als Fazit aus der Analyse ableiten. Es scheint, als würde der Potsdamer Platz den perfekten,
abstrakten „Nicht-Ort“ abgeben, so glatt, beherrschbar, sauber, klar, neutral, wie es die
Präsentation von Produkten in der Werbung in vielen Fällen verlangt.
Der Platz wirkt wie eine Art universelle „Antilocation“. Denn mit dem Begriff Location werden
normalerweise Orte bezeichnet, die als bildlich-emotionale Entsprechung einer Szene
einzigartig sind und nur für eine ganz spezielle Einstellung funktionieren bzw. passen. Der
Potsdamer Platz hingegen ist eben gerade nicht einzigartig und besonders, sondern
entspricht in seiner visuellen Struktur den allgemeinen Anforderungen, die die
Werbewirtschaft, als „Öffentlichkeitsarbeiter“ von Unternehmen, als besonders kaufanregend
erachtet.
Somit ist es auch nicht erstaunlich, dass die Produktion von Spielfilmen an diesem Ort in den
Interviews eher selten genannt wurde. Der Potsdamer Platz scheint überwiegend als
Hintergrund zu funktionieren und nicht in der Rolle des besonders aufregenden „Mitspielers“,
zu dem Architektur in der Diskussion von Cineasten so gerne gemacht wird. Als Vordergrund
bzw. "Mitspieler" für Kinofilme fehlt ihm die Prägnanz. Der beim Wettbewerb der Berlinale
2005 teilnehmende Film von Christian Petzold, „Gespenster“, der zum Erzählen seiner
Geschichte „nichts mit großem Widererkennungswert, nichts mit Identifikationsorten wie Alex,
Gedächtniskirche oder Volksbühne“ benötigt, lässt seine Figuren entsprechend in „dem
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merkwürdigen Zwischenreich hinter den Stahlkonstruktionen des Potsdamer Platzes und rund
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ums Kanzleramt“ agieren .
Warum funktioniert der Potsdamer Platz nun so gut in dieser abstrakten, ortlosen
„werbetechnisch wirksamen“ Bildhintergrundästhetik? Im Sinne der Erläuterungen zum
Wandel der Sportstadien zu Fußballarenen aus dem vorherigen Kapitel („Wenn Fernsehen
baut“), müsste für den Potsdamer Platz in diesem Sinne eine ähnliche Aussage zulässig sein:
„Wenn Werbung baut“! Die These, dass das Funktionieren dieses Ortes im beschriebenen
Sinne nicht zufällig ist, sondern als direkte Folge bzw. Reaktion auf die Darstellung von Stadt
in Fernsehen und Werbung gesehen werden muss, wäre eine mögliche Erklärung. Wenn
man allerdings bedenkt, welche Vorgaben und Entscheidungsprämissen die Wettbewerbsund Planungsphase des Potsdamer Platzes bestimmten, so bedarf es zum Verständnis der
hier wirksamen Kräfte einer genaueren Gegenüberstellung der am Bauprozess wirksamen
Einflüsse.
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Martin Schwarz, Die Heimatlosen, über den Berlinale Wettbewerbsbeitrag, Gespenster von Christian Petzolds in
Zitty, Berlinale 2005 (Beilage), S.6
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20:
Motivdatenbank der „Berlin Brandenburger Filcommission“, Hompage „BBFC“, Januar 2005
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oben 21:
„Motivdetails“ Potsdamer Platz, aus der Motivdatenbank der „Berlin Brandenburger Filcommission“, Hompage
„BBFC“, Jan. 2005
unten 22:
„Motivdetails“ Sony Center, ebenda
41
oben 23:
Startseite des Internetauftritts des Berliner Locationbüros „filmyard“, Oktober 2004
unten 24:
Startseite des Internetauftritts des Berliner Locationbüros „creative location“, Oktober 2004
42
oben 25:
Foto der Schellingstr. am Potsdamer Platz auf der Hompage des Locationbüros „LocoScout“, Kategorie Betonwelten,
Dezember 2004
unten 26:
Foto des Beisheimcenters am Potsdamer Platz auf der Hompage des Locationbüros „zfilmz“, Kategorie Arbeiten,
Dezember 2004
43
oben 27:
Blick durch die Auguste-Hauschner-Str am Potsdamer Platz, Cover einer Werbebroschüre des Automobilkonzerns
BMW für die „Mini Collection“, 2004
unten 28:
Blick auf die Potsdamer Str. am Potsdamer Platz, Printwerbung der Automobilfirma Peugeot, 2004
44
oben 29:
S-Bahneingang Potsdamer Platz, Titelgeschichte „BMW-Magazin“
mitte 30:
Blick vom Leipziger Platz auf den Potsdamer Platz, Fernsehwerbung der Automobilfirma Honda, 2004
unten 31/ 32:
Fotos „Bahn-Tower“, Potsdamer Platz, „BVG-Kundenmagazin“, Januar 2005
45
33:
„Skyline am Potsdamer Platz“, Image Broschüre Berlin, 2003
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oben links 34:
S-Bahneingang Potsdamer Platz, Werbung der „Buisiness Vogue“, Homepage der Produktionsfirma „nowadays“,
Dezember 2004
oben rechts 35:
Blick auf den Potsdamer Platz, Zeitschrift „MAX“, ebenda
unten 36:
Sony Center, Zeitschrift „Maxim“, ebenda
47
oben 37:
„Bahntower“ Potsdamer Platz, Pressefoto der Berliner Band „Commercial Breakup“, Foto Martin Eberle, Berlin, 2003
unten 38:
Beisheimcenter und S-Bahneingang Potsdamer Platz, Videostill aus dem Videoclip „Die Hoffnung stirbt zuletzt“,
Bushido feat. Cassandra Steen, 2005
48
oben 39:
Beisheimcenter und S-Bahneingang Potsdamer Platz, Videostills aus dem Videoclip „Haltet die Welt an“, Glashaus,
2005
unten 40:
S-Bahneingang und A+T Park-Kolonnaden, Potsdamer Platz, Videodreh „Haltet die Welt an“, Glashaus, 2005
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