Freie Presse, Erscheinungstag 20090416, Seite LWDA01

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Freie Presse, Erscheinungstag 20090416, Seite LWDA01
Freie Presse
Donnerstag
16. April 2009
Werdau · Crimmitschau
Meine Bekannten haben einen
elfjährigen Sohn. Jetzt überlegen
sie, ob sie dem Jungen ein Handy
kaufen. Er selbst hat ja auch
schon oft genug gesagt, dass fast
alle in seiner Schulklasse eins haben. Vielleicht ist das mit dem
Handy gar nicht mal so dumm,
dann können wir unseren Sprössling ja immer erreichen. Besonders, wenn mal ein Notfall eintritt. Mit diesen Argumenten
ging’s zum Sohn. Der hat sie mit
großen Augen angeschaut: „Für
was für’n Notfall? Ich will ein
Handy, mit dem man Nachrichten versenden, fotografieren und
vielleicht sogar ins Internet gehen kann!“ Jetzt überlegen meine
Bekannten sich das nochmal mit
dem Handy-Kauf... (ike)
Von Annegret Riedel
Werdau. Karla ist eine Woche alt
und kerngesund. Ihre Eltern Antje
und Wieland Hohmuth haben sich
für eine kostenlose Nabelschnurblutspende an der Werdauer Pleißentalklinik entschieden. Das Haus
an der Ronneburger Straße bietet
diese Möglichkeit ab sofort an. Die
Hohmuths sind die ersten, die sich
zu dieser Spende entschlossen haben. „Es ist eine gute und völlig risikolose Sache. Und man kann anderen damit helfen“, sagt die 32-jährige, nunmehr zweifache Mutti, die
bereits eine dreieinhalbjährige
Tochter hat. „Als ich damals hier
entbunden habe, gab es diese Möglichkeit noch nicht, sonst hätte ich
sie wahrgenommen“, ist die Niederalbertsdorferin überzeugt.
10 Uhr 14 Uhr 18 Uhr
© Q.met – www.wetter.net
20°
15°
10°
5°
9°
17°
19°
20°
Der Sonnenschein wird später von Wolken unterbrochen, doch bis zum frühen
Abend bleibt es meist noch trocken.
BL I TZTI PPS
Vorsicht, Fuß vom Gas!
Geschwindigkeitskontrollen
führt die Polizei heute Vormittag
in Zwickau auf der LotharStreit-Straße und in Silberstraße,
B 93 durch, Abstandsmessungen
erfolgen ganztägig auf der A 72,
Culitzscher Berg/Brücke, Richtung Chemnitz. In Zwickau wird
auf der Marienthaler und der
Franz-Mehring-Straße geblitzt.
NACH R ICH TE N
Namensverleihung
am 26. Juni
Fraureuth. Der Termin für die
Namensverleihung der Grundschule steht fest: Am letzten Unterrichtstag vor den Sommerferien, dem 26. Juni, erhält die Bildungseinrichtung den Namen
Erich-Glowatzky-Schule. Dazu ist
10 Uhr ein Festakt geplant. Die
nur wenige Meter von der Grundschule entfernte Mehrzweckhalle
trägt ebenfalls den Namen des
Fraureuther Ehrenbürgers. Erich
Glowatzky erblickte vor 100 Jahren in der Gemeinde das Licht der
Welt und starb 1999 Jahren in Baden-Baden. (UMÜ)
Sportshop hat das
beste Schaufenster
Crimmitschau. Die Preisträger
des Schaufensterwettbewerbs bei
der Aktion „Crimmitschau blüht
auf“ sind jetzt ermittelt worden.
Der erste Platz ging an den Sportshop „Running Man“. Dahinter
folgten das Korbwarengeschäft
Lange und die Modeboutique Michel. An der Umfrage hatten sich
80 Bürger beteiligt. Andrea Beres
von der Wirtschaftsförderung zog
aus allen Teilnehmern die Preisträger. Der Hauptgewinn ging dabei an Martina Merkel aus Werdau. Sie erhielt einen Gutschein
für zwei Theaterkarten. (HOF)
Oldtimertreffen mit
Fest auf dem Markt
Werdau. Die 12. Auflage des am
1. Mai beginnenden Ifa-Oldtimertreffens wird größer als alle Vorgängerveranstaltungen. Unter anderem ist ein siebenstündiges
Rahmenprogramm geplant. Auf
dem Markt findet Sonntag ein großes Fest statt, die Geschäfte haben
geöffnet. (UMÜ) —Seite 11: Bericht
ann egret Riedel
Telefon: 03761 189616540
E-Mail: [email protected]
Internet: www.freiepresse.de
An Werdauer Pleißentalklinik ist ab sofort Nabelschnurblutspende möglich
DA S WETTE R H EUTE
25°
Heute von 10 - 12 Uhr am Telefon:
Risikofrei anderen helfen
MOME N T MA L
6 Uhr
Seite 11
Antje Hohmuth hat sich bei ihrer Karla für eine Nabelschnurblutspende
entschieden. Chefarzt Michael Hurtig hat sie vorher beraten. –Foto: T. Michel
Kosten machen den Unterschied
Die kostenlose Nabelschnurblutspende hat nichts mit der individuellen Einlagerung von Stammzellen
zu tun, betont der Chefarzt der Abteilung Geburtshilfe/Gynäkologie
in der Pleißentalklinik, Dr. Michael
Hurtig. Das Haus arbeitet vielmehr
ab sofort mit der DKMS Nabelschnurblutbank in Dresden zusammen, die als gemeinnützige GmbH
zur Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS) gehört. Entscheidender Unterschied: Die Einlage-
Billig-Variante kostet 260.000 Euro
Ersatz für abgerissene Dreierbrücke im Werdauer Wald teurer als gedacht
Von Annegret Riedel
Werdau. 260.000 Euro – so viel kostet die billigste Variante des Ersatzneubaus der im Mai vorigen Jahres
abgerissenen Dreierbrücke im Werdauer Wald. Diese Kostenschätzungen hat jetzt das mit der Planung beauftragte Ingenieurbüro aus Ruppertsgrün dem Forstbezirk Plauen
vorgelegt.
Diese „preiswerte Variante“ ist
laut Lothar Schneider, Leiter des
Forstbezirkes eine schmale Betonbrücke. Die vom Forst als kostengünstigere Alternative gedachte
Holzbrücke schlägt mit rund
300.000 Euro zu Buche. Unter anderem muss sie mit einem Verwitterungsschutz versehen und an der
Unterseite mit Blech beplankt werden. Aus Brandschutzgründen, falls
auf der seit etlichen Jahren still gelegten Bahnstrecke Werdau – Wünschendorf einmal wieder Dampfloks fahren sollten. Der in den Augen des Forstbezirkes preiswerteste
Vorschlag scheitert am Veto der
Deutschen
Regionaleisenbahn
(DRE), ein privates Unternehmen
mit Sitz in Berlin und Pächter der
knapp 30 Kilometer langen Eisenbahnstrecke. Jochen Reitstätter,
Pressesprecher der DRE, bestätigt:
„Da der Übergang in einer leichten
Kurve liegt, ist keine ausreichende
Sicht gewährleistet. Nur mit automatischer Schrankenanlage wäre
die Sache machbar.“ Außerdem
müsste man den Dreiflügel bis auf
Niveau der Schiene absenken. Regenwasser läuft auf die Gleise, eine
Pumpstation wäre vonnöten.
Völlig unmöglich, sagt Lothar
Schneider. „All diese Varianten können wir aus eigenen Haushaltsmitteln nicht bezahlen.“ Ursprünglich
war man von zirka 150.000 Euro für
einen Neubau ausgegangen. Nun
hofft der Forst mehr denn je, dass
das sächsische Staatsministerium
für Umwelt und Landwirtschaft die
finanzielle Lage noch einmal prüft
und Mittel aus dem Freistaat-Topf
locker macht. Bisher hatte man im
Ministerium das Finanzierungsproblem nur „nach unten“ delegiert.
Der Sachsenforst sollte den Neubau
allein mit seinen Haushaltsmitteln
stemmen. Der Werdauer CDULandtagsabgeordnete Georg Hamburger will am Ball bleiben. Er hatte
im Dezember eine Liste mit rund
3000 Unterschriften von Bürgern
ans Ministerium übergeben, die einen Ersatz der Brücke fordern. „Der
Forst kann das Geld nicht aufbringen.“
Mittlerweile läuft den Beteiligten die Zeit davon. „Ich gehe nicht
mehr davon aus, dass wir in diesem
Jahr noch mit dem Bau beginnen
können“, sagt Lothar Schneider. Der
Forst hatte bereits auf eigene Kosten
mit 7000 Euro den parallel zur Dreierbrücke verlaufenden Lärchenweg
in Stand gesetzt. Das Problem: Spaziergänger müssen vom Parkplatz
Cotta-Eiche bis zum Lärchenweg
rund 500 Meter an der befahrenen
Langenbernsdorfer Straße laufen.
rung von Stammzellen für private
Zwecke muss von den Eltern bezahlt werden. Die Nabelschnurblutspende, wie sie jetzt in Werdau
praktiziert wird, ist kostenfrei und
hilft anderen. Die Stammzellen stehen im Ernstfall aber auch für die
eigene Familie zur Verfügung. „Wir
finden, das ist der bessere Weg“,
wertet Michael Hurtig das Engagement der Klinik.
Mindestens 80 Milliliter Blut
Schulungen der Ärzte und Hebammen des Geburtensaales gingen
dem Projekt voraus. Auch rechtliche Genehmigungen mussten eingeholt werden, unter anderem vom
Staatsministerium für Gesundheit.
Unmittelbar nach der Geburt der
kleinen Karla ging das Team zu
Werke. „Die Nabelschnur ist bereits
durchtrennt, wäre eigentlich ein
Abfallprodukt. Mit einer Kanüle
und einem Schlauchsystem wird
nunmehr das Blut entnommen und
in einen Beutel gefüllt. Das muss alles absolut steril passieren“, erklärt
der Chefarzt den Vorgang. Zwischen
80 und 150 Milliliter Blut müssen es
sein, damit man daraus eine genügend hohe Anzahl an Stammzellen
gewinnen kann. „Bei zwei Familien,
die sich auch schon zur Spende bereiterklärt hatten, war es zu wenig“,
sagt Michael Hurtig. Per Kurier gehen die Beutel zur DKMS Nabel-
schnurblutbank in Dresden, wo die
Stammzellen gewonnen und eingelagert werden.
Mit diesen Präparaten kann Leukämiepatienten geholfen werden.
Etwa alle 45 Minuten wird in
Deutschland diese Krankheit diagnostiziert. Viele können nur durch
eine Stammzellspende gerettet werden. „Blut aus der Nabelschnur ist
dafür besonders geeignet, weil die
enthaltenen Stammzellen noch
nicht völlig ausgereift sind. Bei einer Transplantation führt das zu
weniger Abstoßreaktionen“, erklärt
Dr. Alexander Platz, leitender Arzt
der DKMS Nabelschnurblutbank, in
der bisher rund eine Million Spenden eingelagert sind und 8000 Anwendungen stattgefunden haben.
Stichworte
DKMS
Die DKMS Deutsche Knochenmarkspenderdatei gemeinnützige Gesellschaft mbH
ist mit derzeit 1.883.782 registrierten
Spendern die weltweit größte Stammzellenspenderdatei. In den vergangenen 17
Jahren hat sie mehr als 16.907 Stammzellentransplantationen ermöglicht.
@ www.dkms.de
Nabelschnurblut
Aufbereitete Blutstammzellen des Kindes
werden aus dem Nabelschnurblut in flüssigem Stickstoff eingefroren. Die Präparate werden bei Krebserkrankungen zur Behandlung eingesetzt.
Gemeinde überarbeitet Bauamt nicht
Prioritätenliste
personell aufgestockt
Fraureuth. Die Gemeinde Fraureuth hat ihre Prioritätenliste für
die Beantragung für Gelder aus dem
Konjunkturpaket II überarbeitet.
An erster Stelle steht die Sanierung
des Gemeindeamtes an der Hauptstraße, an zweiter Stelle die Modernisierung der Kindertagesstätte in
Fraureuth an der Ruppertsgrüner
Straße 6. Wurden ursprünglich für
die Sanierung der Ortsverwaltung
850.000 Euro veranschlagt und für
die Kindertagesstätte 640.000 Euro,
so reduzierte die Kommune jetzt
mit Zustimmung des Gemeinderates diese auf 530.000 Euro beziehungsweise 520.000 Euro. Die Kommune muss einen Eigenanteil von
20 Prozent aufbringen. „Wird unser
Antrag genehmigt und das Geld für
die Sanierung des Rathauses bereitgestellt, bleibt die Kindertagesstätte
dennoch nicht auf der Strecke. Sie
wird dann 2010 mit Mitteln aus unserem Haushalt modernisiert“, verspricht Bürgermeister Matthias Topitsch (CDU). In der Kindertagesstätte werden derzeit zirka 100 Mädchen und Jungen im Alter zwischen
1 und 10 Jahren betreut. (UMÜ)
Crimmitschau. Das Bauamt der
Stadtverwaltung wird personell
nicht aufgestockt. Obwohl auf die
Abteilung durch das Konjunkturpaket und die Aufnahme der Nordstadt in ein Förderprogramm ein
Berg an Arbeit zukommt, gehören
weiter nur drei Baufachleute zu diesem Bereich. Oberbürgermeister
Holm Günther (Für Crimmitschau)
will den Mehraufwand mit Aufgabenumverteilungen und der Hilfe
von Planungsbüros bewältigen. Der
Haushalt würde keine Neueinstellungen zulassen. (HOF)
Meilenstein wird von
Firma saniert
Werdau. Ein königlich-sächsischer
Meilenstein, der einst in Langenhessen stand und zuletzt im Museumsgarten seinen Platz hatte, wird seit
gestern von einer Leubnitzer Firma
saniert und soll noch in diesem Monat vor dem Feuerwehrgerätehaus
in Langenhessen aufgestellt werden. (UMÜ)
Ein Stück Werdauer Stadtgeschichte als Pinselstrich
Inge Hempel verfolgte von ihrer Wohnung aus den Abriss der Werdauer Maschinenfabrik – Bilder der Seniorin im Rathaus zu sehen
Von Uwe Mühlhausen
Werdau/Zwickau. Tag für Tag verändert die Baustelle der Schwalbe-Galerie ihr Gesicht. Eine, die das Geschehen seit Beginn des Vorhabens mit
besonderem Interesse verfolgt hat, ist
Inge Hempel. Nicht etwa, weil die
71-Jährige mit großer Spannung der
Eröffnung des innerstädtischen Einkaufstempels im November entgegenfiebert, sie interessiert etwas ganz
anderes. Mit dem Teilabriss der Maschinenfabrik verschwindet ein Unternehmen, das das Leben der Seniorin begleitete. Inge Hempel wurde im
Wohnhaus Kranzbergstraße 3 geboren und wohnte dort mit kleinen Unterbrechungen bis zum Jahr 2000. Direkt an das Wohnhaus schloss sich
das Gelände der Firma Schwalbe an,
wie das Unternehmen noch in der Jugend von Inge Hempel hieß.
„Vom Schlafzimmerfenster und
Bodenfenster aus konnten wir auf
das Firmengelände schauen. Im Hintergrund war immer der Rathausturm mit der Uhr zu sehen“, erinnerte sich die Seniorin. Ein Anblick, der
sich seit ihrer Kindheit fest in ihrem
Gedächtnis eingeprägt hat. Das blieb
so bis 1998. Dann rückten plötzlich
die Bagger an und begannen mit dem
Abriss der Maschinenfabrik. Und
wieder schaute Inge Hempel aus ihrem Fenster und sah, wie Schritt für
Schritt die ersten Gebäude verschwanden.
Das kann doch nicht sein, das ist
doch ein Stück Industriegeschichte
der Stadt, dachte sich die damals 60Jährige. Dabei besann sie sich ihrer
Fähigkeiten und begann noch intensiver das zu tun, was sie schon immer gern gemacht hatte: zeichnen.
„Ich hatte schon Jahre zuvor meinen
Job als Industriekauffrau verloren
und seitdem viel Zeit, meinen Hobbys nachzugehen. Ich habe schon als
Kind die Mal- und Zeichenschule besucht und alles mit Pinsel und Farbe
auf Papier festgehalten, was mir gefallen hat“, erinnert sich Inge Hempel. Also setzte sich wieder ans Fenster ihres Schlafzimmers und hielt
den Blick auf das Firmengelände fest.
„Mit dem Fortschritt der Abrissarbeiten ergab sich immer wieder ein
neuer Blickwinkel“, so die Seniorin.
Jede einzelne Etappe des Verschwindens der Brache hielt sie fest. Den
Abriss des Schornsteins beispielswei-
Eines des Aquarelle, die Inge Hempel zeichnete und im Rathaus zu se–Foto: Marc Tirl
hen sind.
Seit neun Jahren wohnt Inge Hempel in Zwickau. Ihrem Hobby geht die
71-Jährige noch immer nach und hält all das mit Pinsel und Farbe fest, was
–Foto: Marcus Richter
sie von ihren Fenstern aus beobachten kann.
se. Die Rückseite der Zeichnung versah die Künstlerin mit den exakten
Daten: gesprengt am 23.7.1999 um
13 Uhr.
Vor neun Jahren zog Inge Hempel nach Zwickau. Seitdem kann sie
das Baugeschehen auf dem Gelände
nur noch aus der Ferne verfolgen.
Traurig ist die 71-Jährige darüber
kaum. Aus den Fenstern ihrer neuen Wohnung hat sie eine wunderbaren Blick auf das Stadtzentrum.
„Da bieten sich so viele Motive“,
schwärmt die Hobbyzeichnerin. Ih-
re Bilder von den Veränderungen
auf dem Gelände der Schwalbe-Galerie sind ihr als Erinnerung an die
Jahre in Werdau geblieben. Sieben
Zeichnungen werden derzeit in den
Schaukästen im Foyer des Rathauses ausgestellt.