Schäden an stehendem Buchen-Stammholz
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Schäden an stehendem Buchen-Stammholz
Holzvermarktung Verursacht von holzbrütenden Insekten Schäden an stehendem Buchen-Stammholz Von Stefan Seegmüller und Michael Jochum Seit etwa zwei Jahren sehen sich viele Forstbetriebe in der wallonischen Region Belgiens, im angrenzenden Frankreich, in Luxemburg und in Rheinland-Pfalz in unterschiedlichem Maße mit einer dem Schleimfluss ähnlichen Buchenkrankheit konfrontiert [1]. Im Gegensatz zur bekannten Buchenkrankheit geht diese Erkrankung mit einem massiven Stehendbefall holzbrütender Borkenkäfern ansonsten äußerlich gesund erscheinender Buchen einher [2]. Dies hat zu einer erheblichen Verunsicherung der Buchenholzsäger geführt [3]. Vor diesem Hintergrund wurde untersucht, in welchem Umfang der Käferbefall das Holz hiebsreifer oder nahezu hiebsreifer Buchen technisch und dem Aussehen nach beeinträchtigt. Methodisches Vorgehen Die Herkunftsbestände der Buchen dieser Studie stocken in der montanen Stufe des Hunsrücks. Sie kommen dem Hainsimsen-Buchenwald mit Birkenbrüchen bzw. dem Hainsimsen-Traubeneichen/Buchenwald der potenziell natürlichen Vegetation dieses Gebietes nahe [4]. 2001 wurden in diesen Beständen 20 hiebsreife oder nahezu hiebsreife Bäume gefällt (Tab. 1). Alle Buchen waren außer dem Stehendbefall äußerlich gesund. Die Bäume waren Dr. St. Seegmüller ist wissenschaftlicher Angestellter der Abteilung Arbeitswirtschaft und Forstnutzung der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz. M. Jochum ist Sachbearbeiter dieser Abteilung. Die Studie wurde durch den Absatzfonds der Deutschen Forst- und Holzwirtschaft gefördert. Die Forstämter Saar-Hochwald und Hermeskeil haben die Durchführung der Studie unterstützt. ausnahmslos im Frühling 2001 erstmals befallen worden [5]. Um Veränderungen der Schäden zum Herbst hin einzuschätzen, wurden 10 Buchen im August nach dem Ende der Käferbrut und 10 Buchen im November nach dem Ende der Vegetationszeit eingeschlagen (Tab. 1). Die Buchenstämme wurden bis zum Konenansatz in 3-m-Abschnitte eingeteilt. Innerhalb einer Woche nach der Fällung wurden die Abschnitte entsprechend der Nordrichtung des stehenden Baumes in 32-mm-Blockware eingeschnitten. Alle Bretter wurden hinsichtlich ihrer Käfer-Befallsdichte und der Lage der Bohrlöcher auf der Brettoberfläche begutachtet. Mithilfe dieser Daten wurden die technischen Schnittholzschäden eingeschätzt. Darüber hinaus wurden im Sommer und im Herbst käferbedingte Verfärbungen des Schnittholzes je einer schwach und einer stark von Käfern befallenen Buche exemplarisch aufgenommen. Die Be- Abb.1: Technische Schnittholzschäden durch Brutgallerien des Buchennutzholzkäfers (A) und Zuordnung der Bretter entsprechend ihrer technischen Schäden zu DINGüteklassen (B). Insgesamt wurden im Sommer 372 und im Herbst 328 Bretter begutachtet. 204 AFZ-DerWald 4/2003 fallsstärke wurde anhand der Einbohrversuche auf den Erdstammstücken eingeschätzt. Die Befallsstärken der im Sommer und im Herbst auf Verfärbungen hin untersuchten Buchen waren einander ähnlich. Die Verfärbungen auf den Brettern dieser Buchen wurden mit der Bildverarbeitungs-Software Image Pro Plus (Matrix Vision GmbH, Oppenweiler) erfasst. Technische Schäden durch Bohrlöcher Im Rahmen der Schnittholz-Untersuchung wurden 372 Bretter im Sommer und 328 Bretter im Herbst mit einem Gesamtvolumen von 24,4 m3 (Sommer: 13,4 m3, Herbst: 11,0 m3) begutachtet. Der weitaus wichtigste Holzschädling war entsprechend den beobachteten Brutbildern der Buchennutzholzborkenkäfer (Trypodendron domesticum L., Abb. 1 A). Der Bohrkäfer (Hylecoetus dermestoides L.) hatte lediglich das Holz der Erdstammstücke befallen und machte selbst hier weniger als 3 % der Bohrlöcher aus. Brutbilder anderer Käfer wurden nur vereinzelt beobachtet (weitere Informationen: [5]). Um die Verwertbarkeit der Buchen einzuschätzen, wurde das Schnittholz im Anhalt an DIN 68 369 „Rotbuche-Blockware“ entsprechend der Zahl der Bohrlöcher sortiert. Diese Norm lässt in den Güteklassen I und II keinen Insektenfraß und in der Güteklasse III nur „in geringem Umfang“ zu. Zur Güteklasse III wurden in dieser Studie Bretter mit bis zu sechs Bohrlöcher je Brett gezählt. Fast 80 % des Schnittholzes waren vollständig befallsfrei und gehörte dementsprechend den Güteklassen I oder II an. Tab. 1: Probestämme für die Untersuchung des Käferbefalls stehender Rotbuchen Einschlag August November Gesamt Bäume (N) 10 10 20 Bhd Volumen (cm o.R.) (m3 o. R.) 51,0a (26)* 17,03 47,5a (14) 14,32 49,2 (21) 31,72 *) die Werte in Klammern geben die Variationskoeffizienten an. Entsprechend den einheitlichen Indices (a) unterschieden sich die Buchen aus Sommer- und Herbsteinschlag nicht signifikant. Holzvermarktung Abb. 2: Tangentiale spindelförmige Verfärbungen um die Bohrlöcher des Buchennutzholzkäfers (A) und Anteile käferbedingter Verfärbungen am Buchenschnittholz (B). Insgesamt wurden im Sommer 372 und im Herbst 328 Bretter begutachtet. dürfte bereits beim Sommereinschlag im August das Brutgeschäft des wichtigsten Holzbrüters, des Buchennutzholzborkenkäfers, abgeschlossen gewesen sein. Käferbedingte Schnittholzverfärbung Neben den technischen Schäden durch die Brutbilder leidet käferbefallenes Schnittholz unter Verfärbungen durch Bläuepilze in den Brutgängen [7]. Auch in dieser Studie wurde beobachtet, dass die Bohrlöcher in der Regel von braunvioletten spindelförmigen Verfärbungen umgeben waren (Abb. 2 A). Allerdings wiesen noch im Sommer fast 80 % aller Bretter der untersuchten Buchen überhaupt keine Verfärbungen auf (Abb. 2 B). Erst zum Herbst hin war das Buchenholz deutlich stärker verfärbt (Abb. 2 B). Einerseits waren im Herbst weniger Bretter frei von Bläueerscheinungen. Andererseits nahm die Bläue beim zweiten Untersuchungs- termin einen größeren Flächenanteil auf den befallenen Brettern ein (Abb. 2 B). Anscheinend war das Pilzwachstum nach dem Ende der Brut nicht abgeschlossen, sondern dauerte bis in den Herbst fort. Ähnliche Beobachtungen wurden für Xylosandrus mutilatus (Blandford)-Brutbilder im Holz einer ostasiatischen Laubbaumart (Parabenzoin trilobum [Sieb. Et Zucc.] Nakai [Lauraceae]) gemacht. Auch dort breiteten sich die Bläuepilze vor allem im Herbst nach dem Ende der Käferbrut aus [8]. Räumliche Verteilung der Schnittholzschäden Die holzbrütenden Insekten befielen die Buchen nicht gleichmäßig entlang der Stammachse. Vielmehr bevorzugten sie offensichtlich bestimmte Stammhöhen und -expositionen (Abb. 3 A). Um einen Eindruck von der Verteilung der Schadensschwerpunkte zu gewinnen, wurden FORSTPFLANZEN • LANDSCHAFTSGEHÖLZE Müller – Münchehof ein Begriff für Qualität und korrekte Lieferungen! Forstpflanzen, auf die man sich verlassen kann! Zusätzlich bieten wir Ihnen forstliche Dienstleistungen Pflanzen für eine bessere Umwelt günstig und gleichbleibend gut Müller – Münchehof Kirchweg 3 • 38723 Seesen (Harz) Tel. (05381) 80 65 + 80 66 • Fax (05381) 84 89 Internet: http://www.mueller-muenchehof.de FORSTPFLANZEN • LANDSCHAFTSGEHÖLZE FORSTPFLANZEN • LANDSCHAFTSGEHÖLZE FORSTPFLANZEN • LANDSCHAFTSGEHÖLZE Andererseits waren über 15 % aller Bretter nach der DIN-Sortierung vollständig entwertet (Abb. 1 B). Im Vergleich dazu machten die Käfer in den belgischen Schadensgebieten 20 bis 25 % des Volumens befallener Stämme unbrauchbar [6]. Damit übereinstimmend könnten nach Waldbesitzerangaben 60 bis 80 % des Buchen-Käferholzes als Sägeholz verwendet werden [3]. Demgegenüber berichten die belgischen Quellen von über 90 % Wertverlust [6]. Dies könnte unter Umständen darauf zurückgeführt werden, dass sich derzeit besonders größere Sägewerke außerstande sehen, Käferholz in ihren Verarbeitungsprozess zu integrieren [3]. Wie der Vergleich der Sommer- und der Herbstuntersuchung zeigte, war jeweils etwa der gleiche Anteil der Bretter schadensfrei bzw. durch Käfer unbrauchbar gemacht worden (Abb. 1 B). Offensichtlich verschlechterte sich die technische Verwertbarkeit des Buchenschnittholzes zum Herbst hin nicht. Vielmehr Abb. 3: Exemplarische Verteilung des Käferbefalls entlang der Stammachse (A) und volumenbezogene Ausbeute an Schnittholz unter dem Einfluss der räumlichen Schwerpunkte des Befalls (B) Genau hier könnte Ihre Anzeige stehen! Bestellen Sie bei Herrn Babel:089/12705-260 Herrn Tichy: 089/12705-343 Fax: 089/12705-264 Anzeigenschluss für AFZ-DerWald Nr. Nr. AFZ-DerWald 4/2003 6/03: 25.02.2003 7/03: 11.03.2003 August Lüdemann Forst- und Landschaftsservice GmbH Forstbaumschulen • Forstdienstleistungen termingerechte Lieferung bodenfrische Forstpflanzen heimische Wildgehölze Saatgutgewinnung u. Lohnanzuchten Übernahme kompletter Aufforstungen 60528 Frankfurt/M. Am Poloplatz 10 Tel.: (069) 66 80 65 10 Fax: (069) 666 88 01 FRANKFURT 25462 Rellingen Hempbergstraße 38 Tel.: (04101) 30 55-0 Fax: (04101) 3 36 92 RELLINGEN www.august-luedemann.de Anzeigen helfen verkaufen 205 Holzvermarktung die Anteile der Ausbeute an ungeschädigtem Brettvolumen der südlichsten und nördlichsten Bretter sowie der Kernbretter getrennt für alle Stammabschnitte hergeleitet. Zu diesem Zweck wurden die unbefallenen Bereiche der Bretter ausgemessen und auf die Brett-Gesamtvolumina bezogen. Ein Brett galt entsprechend praxisüblichen Schnittholzmaßen als vollkommen entwertet, wenn sein unbefallener Bereich kleiner als 1,50 m x 10 cm (Länge x Breite) maß. Die käferbedingten Verluste der Ausbeute konzentrierten sich auf das Erdstammstück (0 bis 3 m Höhe). Allerdings konnten selbst in bis zu 9 m Baumhöhe einzelne Schäden beobachtet werden (Abb. 3 B). In ähnlicher Weise wurde 2001 in den belgischen Schadensgebieten Käferbefall vor allem an den unteren Stammbereichen festgestellt [9]. Die größten Verluste bei der Ausbeute wiesen Bretter nördlich orientierter Stammteile auf (Abb. 3 B). Aber selbst hier ging der Anteil verwertbarer Bretter lediglich im Bereich des Erdstammstücks mit Sicherheit zurück (Abb. 3 B). Auch in anderen Teilen des Befallsgebietes bevorzugten die holzbrütenden Insekten die nördlichen Stammexpositionen [10, 11]. Der Grund dafür ist noch nicht bekannt [5]. holzkäfer die Holzqualität in bereits spürbarem Umfang durch Bohrlöcher und Verfärbungen. Das Holz wurde jedoch nicht vollständig entwertet. Vielmehr blieben ca. 85 % des Schnittholzes frei von käferbedingten Beschränkungen für die Verwendung. Die technischen Schäden durch Fraßgänge veränderten sich im Spätsommer offensichtlich nicht signifikant. Dies rechtfertigt die Hinweise, käfergeschädigte Buchen nicht sofort einzuschlagen, sondern hinsichtlich ihres Krankheitsfortschritts zu beobachten [12, 13]. Anders als die technischen Schäden scheint es nach den vorliegenden Erkenntnissen möglich, dass sich Holzverfärbungen zum Herbst hin im käferbefallenen Holz ausgebreitet haben. Dies führt zu fortschreitender Holzentwertung und legt den raschen Holzeinschlag nahe. Sollte der Markt für käfergeschädigtes Holz jedoch nicht aufnahmefähig sein, so richtet sich die Entscheidung für oder gegen den Einschlag insbesondere bei Wertung und Ausblick Wie diese orientierende Studie gezeigt hat, beeinträchtigte der einjährige Stehendbefall stärkerer Buchen durch NutzLiteraturhinweise: [1] PANKERT, C. (2001): Stand der Buchenkrankheit in der wallonischen Region. In: STRUKTUR- UND GENEHMIGUNGSDIREKTION SÜD (Hrsg): Wissenschaftliches Symposium zur Buchenkomplexkrankheit in der Eifel. Neustadt an der Weinstraße: Selbstverlag der Zentralstelle der Forstverwaltung. 16 S. [2] SCHRÖTER, H. (2001): „Belgische“ Buchenerkrankung gibt Rätsel auf. Holz-Zentralblatt 127, S. 1800. [3] ANONYMUS (2001): Buchensterben in Südbelgien führt zu Unruhe am Laubrundholzmarkt. Euwid 40/2000, 1 S. [4] Arbeitskreis Standortskartierung in der Arbeitsgemeinschaft Forsteinrichtung (Hrsg.) (1986): Forstliche Wuchsgebiete und Wuchsbezirke in der Bundesrepublik Deutschland. Landwirtschaftsverlag GmbH Münster-Hiltrup. 170 S. + Karte. [5] PETERCORD, R. (2002): Vorbereitende Untersuchungen zu einer ökonomischen Bewertung der Folgen eines Befalls von Buchen durch holzbrütende Insekten. Trippstadt: Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz. 48 S. In Vorbereitung. [6] DIRECTION GENERALE DES RESSOURCES NATURELLES ET DE L'ENVIRONEMENT, DIVISION DE LA NATURE ET DES FORETS (Hrsg.) (2001): Maladie du Hêtre wallon. Jambes: Dossier des Ministère de la region wallon, direction régional des ressources naturelles et des forêts. 5 S. [7] GRAF, E. (1993): Einfluss von Forstinsekten auf die Holzqualität. Schweizerische Zeitschrift für das Forstwesen 144, S. 789-802. [8] KAJIMURA, H; HIJII, N. (1992): Dynamics of the fungal symbionts in the gallery system and the mycangia of the ambrosia beetle, Xylosandrus mutilatus (Blandford) (Coleoptera: Scolytidae) in relation to its life history. Ecological research 7, S. 107-117. [9] HUART, O. und RONDEUX, J. (2001): Genèse, évolution et multiples facettes d'une maladie inhabituelle affectant le hêtre en région wallonne. Forêt Wallonne 52 (Mai/Juni), S. 8-19. [10] EISENBARTH, E.; WILHELM, G. J.; BERENS, A. (2001): Buchen-Komplexkrankheit in der Eifel und den angrenzenden Regionen. AFZ-DerWald, S. 1212-1217. 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Versuchsbedingt entsprach der Verarbeitungsprozess nicht der Praxis schnittholzerzeugender Betriebe. Deshalb konnten praktische Auswirkungen des Käferbefalls auf Sortieraufwand, Produktivität oder Wertverluste bei den wertvollsten Schnittholzsortimenten noch nicht nach ökonomischen Gesichtspunkten untersucht werden. Hier besteht Bedarf an weiteren Untersuchungen, deren Ergebnisse ausschlaggebend für die Wertschätzung des käfergeschädigten Buchenstammholzes bei Buchenholzkunden sein können.