Vorbereitung und Gestaltung von Referaten
Transcription
Vorbereitung und Gestaltung von Referaten
Sommersemester 2004 Vorbereitung und Gestaltung von Referaten ”Rat zum Referat” Allgemeines • Überlegen Sie sich zu Beginn, was Sie mit dem Referat bezwecken. Sie können die zur Verfügung gestellte Zeit so nutzen, wie Sie wollen, also machen Sie das Beste daraus. • Was ist der Sinn Ihres Referats (ausser, einer lästigen Pflicht nachzukommen)? • Nehmen Sie Ihre Aufgabe ernst. Sie haben die Verantwortung dafür, ob die Zuhörer etwas Interessantes geboten bekommen oder sich langweilen. • Ein Referat ist keine schriftliche Arbeit. Sie sollen einen Sachverhalt anschaulich (und möglichst lebhaft) darstellen und keine Predigt vorlesen. • Sprechen Sie frei und lesen Sie Ihr Referat nicht ab. Vermeiden Sie lange Sätze und kompliziert verschachtelte Nebensätze. Eine ”Rede” ist keine ”Schreibe”. • Unabhängig von dem Thema und Ihrem Wissensstand können Sie nie alles sagen, was es über ein bestimmtes Thema zu sagen gibt. Konzentrieren Sie sich deshalb auf die wesentlichen Punkte. • Wenn Sie 20 Minuten zur Verfügung haben, dann sprechen Sie 20 Minuten lang. Wenn Sie 30 Minuten zur Verfügung haben, dann sprechen Sie 30 Minuten lang. Wenn Sie 40 Minuten zur Verfügung haben, dann sprechen Sie 40 Minuten lang. Im Zweifelsfall lieber etwas kürzer als länger! • Schätzen Sie die benötigte Zeit realistisch ein. Einfach schneller sprechen, um ein 40minütiges Referat in 30 Minuten zu pressen, funktioniert nicht! • Wenn einer spricht, müssen die anderen zuhören - das ist deine Gelegenheit. Mißbrauche sie! (aus: Kurt Tucholsky ”Gesammelte Werke”, Rowohlt Verlag (rororo), 1930, Bd. 8, Seiten 290 ff., Reinbeck bei Hamburg 1975) Inhaltliche Vorbereitung eines Referats • Überlegen Sie sich, wer Ihre Zuhörer sein werden. Vor erfahrenen Kollegen werden Sie (hoffentlich) anders sprechen als vor einer Grundschulklasse. • Was können Sie an Wissen und Kenntnissen voraussetzen? Welche Begriffe und Tatsachen müssen Sie ausführlich erklären? • Machen Sie eine Stichwortliste: was ist wichtig, was muss unbedingt gesagt werden? Wo gibt es Anknüpfungspunkte zu ähnlichen Themen? c °W. Skrandies Rat zum Referat Seite 1 Sommersemester 2004 • Machen Sie zunächst eine grobe Gliederung. Wie möchte ich anfangen? Was ist die Kernaussage? Wie komme ich von Allgemeinen zum Speziellen? Gibt es anschauliche und interessante Beispiele? Was würde ich als Zuhörer von dem Referat erwarten? • Notieren Sie sich zu jedem Punkt die wesentlichen Begriffe. Die Ideen und Aussagen müssen nicht ausformuliert werden. • Bei vielen Themen ist es notwendig, Bilder, Graphiken oder Tabellen zu zeigen. Nehmen Sie diese in die Gliederung auf. Oft ist es einfacher, sich an der Reihenfolge der Bilder zu orientieren als an einem Text. • Wenn Sie sehr viel Zeit haben (und es unbedingt machen wollen), schreiben Sie das Referat so auf, wie Sie es frei sprechen wollen. Normalerweise ist dies überflüssig, weil Sie beim freien Vortrag anders sprechen als Sie geschrieben haben. Ausserdem wirkt ein auswendig gelernter Vortrag auf die meisten Zuhörer ermüdend. • Überlegen Sie sich, wie Sie anfangen wollen. Die ersten Sätze entscheiden darüber, ob Sie die Zuhörer fesseln oder gleich verlieren. Ausserdem hilft ein guter Beginn, die anfängliche Aufgeregtheit in den Griff zu bekommen. • Überlegen Sie vorher, wie Sie das Referat beenden. Ein Schlußsatz sollte den Zuhören auch das Ende signalisieren. Sinnvoll ist es, eine kurze Zusammenfassung der wesentlichsten Punkte zu machen. • Üben Sie für sich den Vortrag an Hand der erarbeiteten Gliederung. • Halten Sie das Referat zur Probe vor Zuhörern, die Ihnen kritische Rückmeldung geben. Auch bei dieser Generalprobe sollten Sie Ihre Sätze ausformulieren und sich an die vorgegebene Zeit halten. • Seien Sie darauf vorbereitet, dass Sie durch Zwischenfragen unterbrochen werden. Aber es ist sicher besser, rechtzeitig einen Sachverhalt nochmal erklären zu können als den Rest der Zeit vor einem verständnislosen Publikum zu stehen. Aufbau des Vortrags • Einleitung – Stellen Sie das Thema vor und sagen Sie, warum Sie worüber sprechen wollen. – Wenn es (wissenschaftliche) Literatur gibt, dann fassen Sie die wesentlichen Punkte zusammen und erläutern Sie, warum das die Basis ist. Das Vorbeten von Namen und Jahreszahlen hilft niemandem – der Experte kennt das und ist gelangweilt, der Laie kann mit solcher Information nichts anfangen. c °W. Skrandies Rat zum Referat Seite 2 Sommersemester 2004 – Versuchen Sie, Verbindungen zu dem Vorwissen der Zuhörer oder zu bereits bekannten Themenbereichen herzustellen. – Entwickeln Sie (v.a. bei wissenschaftlichen Themen) die Fragestellung schrittweise und logisch aus dem bekannten Vorwissen. Nennen Sie die Frage explizit: ”Ich wollte untersuchen, ob ...” • Hauptteil – Die Struktur und logische Gliederung sollte erkennbar sein. Sie können dies ruhig auch als Abbildung (Folie/Dia/PowerPoint–Präsentation) vorstellen. – Fassen Sie wesentliche Unterpunkte zusammen und bilden Sie eine logische Überleitung zwischen verschiedenen Gedanken. – Bauen Sie den Haupteil so auf, dass das Ziel erkennbar ist. Zuhörer können sich nicht endlos lange konzentrieren, deshalb sollten die wichtigsten Punkte nicht erst ganz am Ende kommen. – Betonen Sie die Kernaussagen. Was soll Ihr Publikum auf jeden Fall von Ihnen lernen? – Versuchen Sie, verständlich vorzutragen und nennen Sie anschauliche Beispiele. – Ein lebhafter (nicht alberner!) Vortrag fesselt die Zuhörer. Also, nicht monoton herunterrasseln, sondern engagiert vortragen. Wenn Sie sich im Rahmen einer Dissertation oder wissenschaftlichen Studie schon mit dem Thema beschäftigen mussten, dann zeigen Sie, dass wenigstens Sie es interessant finden. Aber auch für ein ”normales” Referat wenden Sie viel Zeit auf, also machen Sie das Beste daraus. • Schluß – Fassen Sie die wesentlichen Inhalte kurz zusammen. – Ziehen Sie Schlußfolgerungen und sagen Sie evtl. etwas über künftige Fragen (das hängt natürlich von der Thematik ab, bei wissenschaftlichen Themen bieten sich fast immer Zukunftsaspekte). Hilfsmittel • Verwenden Sie zur Anschaulichkeit visuelle Medien (Tafel, ’Hand-out’, Folien, Dias, PowerPoint). • Klären Sie möglichst früh, welche Möglichkeiten zur Projektion gegeben sind. Die beste PowerPoint–Präsentation hilft Ihnen nicht viel, wenn kein Beamer vorhanden ist. Ähnliches gilt für Overhead-Folien oder Dias. c °W. Skrandies Rat zum Referat Seite 3 Sommersemester 2004 • Sie müssen nicht alles mit einer Graphik unterlegen. Überlegen Sie, was sinnvollerweise gezeigt werden soll bzw. was Sie mit einfachen Worten ohne Bild erklären können. • Lieber zu wenige Bilder als zu viele. Mit PowerPoint können Sie problemlos in 8 Minuten 48 kompliziert animierte, dreidimensionale Farbgraphiken zeigen. Aber ob die Zuhörer das wirklich zu schätzen wissen? • Als Faustregel für (wissenschaftliche) Abbildungen gilt: 2 Minuten / Bild. Sie müssen jede Abbildung erklären, die Zuhörer brauchen Hilfe, um verstehen zu können, was Sie zeigen wollen. Das kostet Zeit. Manche Bilder sind einfacher, andere komplizierter, aber mit etwa zwei Minuten müssen Sie rechnen. Das gilt natürlich nicht für eine Folie, auf der nur ein paar Stichworte stehen. • Der Inhalt der Abbildung ist wichtig, deshalb sollte sie möglichst gross sein. Vermeiden Sie breite Ränder – das ist auch dann Platzverschwendung, wenn Sie künstlerisch wertvolle, aber unnötige Schnörkel einbauen. • Bei einer PowerPoint – Präsentation können Sie viele Spielereien verwenden. Vieles davon lenkt jedoch den Zuhörer ab, verwenden Sie also Animationen sinnvoll und nur, wenn es für das Verständnis oder aus didaktischen Gründen nötig ist. • Vermeiden Sie dümmliche Animationen. Wenn dauernd links oben oder rechts unten irgendwelche Figuren blinken und winken, dann dürfen Sie nicht erwarten, dass sich die Zuhörer auf Ihren Vortrag konzentrieren. Sie könnten genauso gut Comics verteilen, um sicher zu sein, dass Ihnen niemand zuhört. • Gestalten Sie Ihre Dias/Folien/Abbildungen übersichtlich. Die Schrift sollte so gross sein, dass sie auch aus der hintersten Reihe noch gelesen werden kann. Dies gilt auch für die Beschriftung von Graphiken (Achsenbeschriftung, Symbole, etc.) und die Strichstärke. Ihre Bilder sollten kein Sehtest für das Publikum sein. • Verwenden Sie lieber mehrere einzelne Folien anstatt viele kleine Bilder auf eine Seite zu quetschen. • Wenn Sie Texte verwenden, dann schreiben Sie Stichworte und keine langen Sätze. • Bei Texten sollten Sie maximal 6-8 Zeilen verwenden • Seien Sie mit verschiedenen Schrifttypen sparsam und verwenden Sie fetten, kursiven und unterstrichenen Text nur wenn es nötig ist. Weniger ist meist mehr. • Verwenden Sie Farben, wenn es nötig ist. Wenn die Farbe keine Information liefert, lassen Sie sie weg. c °W. Skrandies Rat zum Referat Seite 4 Sommersemester 2004 • Farben sind Geschmacksache. Stimmt. Aber Blau auf blauem Hintergrund oder Rot auf Pink, oder Dunkelgrau auf Hellgrau kann man nicht sehen. Und denken Sie daran, dass mit Rot und Grün immerhin 8% Ihres männlichen Publikums grosse Probleme haben (wenn es um die hohe Politik geht, können das sogar mehr sein, aber das ist ein anderes Thema). • Denken Sie daran: was auf dem heimischen PC – Monitor ganz toll aussieht, kann bei der großflächigen Projektion ganz anders wirken. • Kündigen Sie an, was Sie zeigen werden und lassen Sie den Zuhörern Zeit, den Text zu lesen. • Erklären Sie, was auf Ihren Bildern zu sehen ist (was bedeuten die Achsen, was bedeuten die Symbole, was ist warum gezeigt?). • Helfen Sie dem Zuhörer, indem Sie auf die wichtigen Bereiche der Abbildung deuten. Sie haben die Bilder tagelang angeschaut und kennen sie in- und auswendig. Ihre Zuhörer sehen sie zu ersten Mal. • Je nach Vortragsraum nehmen Sie zum Zeigen einen Zeigestock oder einen Laserpointer. Bei einem Overheadprojektor können Sie direkt auf die Folie deuten (achten Sie darauf dass Sie nicht vor der Projektionsfläche stehen), bei PowerPoint können Sie die Maus als Zeiger verwenden. Stil des Vortrags • Sprechen Sie im Stehen, aber bleiben Sie nicht wie angenagelt stehen. • Achten Sie darauf, dass Sie nicht direkt vor den projizierten Bildern stehen. Das kann v.a. in kleinen Räumen und bei der Verwendung eines Overhead– Projektors ein Problem sein. • Sprechen langsam und laut und deutlich. Bei einer grösseren Veranstaltung (Tagung, etc.) gibt es Mikrophone. Machen Sie sich damit vor Ihrem Vortrag vertraut (vor Ihrer Sitzung, in der Kaffeepause). • Verwenden Sie keinen Laborjargon. Was im Alltag den eingeweihten Kollegen klar ist, verstehen Aussenstehende meist nicht. Aber gerade für die sprechen Sie! • Vermeiden Sie unnötige Fremdwörter (– das Publikum weiss auch so, dass Sie sehr klug sind –) und erklären Sie Fachbegriffe. • Ein Mischmasch aus Deutsch und Englisch, Denglisch, wirkt eher peinlich als souverän. • Schauen Sie die Zuhörer an und nicht Ihre Aufzeichnungen. Drehen Sie sich nicht die ganze Zeit zur Tafel oder den projizierten Bildern (ein schöner Rücken kann zwar entzücken, aber ....). c °W. Skrandies Rat zum Referat Seite 5 Sommersemester 2004 • Kommentare zu Ihrem Befinden interessieren das Publikum weniger als Sie vermuten (”Ich bin so aufgeregt”. ”Wahrscheinlich hat das keiner verstanden”). Sie halten ein Referat und nehmen nicht an der Veranstaltung einer Selbsterfahrungsgruppe teil. • Machen Sie Pausen und ermöglichen Sie Zwischenfragen. • Wenn Sie eine Frage nicht beantworten können, geben Sie das einfach zu. Aber bemühen Sie sich dennoch erst einmal um eine sinnvolle Antwort. • Machen Sie sich nicht über eine scheinbar dumme Frage lustig. Wenn eine Frage gestellt wird, dann haben Sie möglicherweise etwas nicht richtig erklärt. • Am besten, Sie ziehen an altes T-Shirt, eine ungewaschene Jeans und ausgelatsche Schuhe an, aber nur dann, wenn Sie sich so vor dem Publikum richtig wohlfühlen. Unsinnige und unnötige Befürchtungen • ”Ich werde bestimmt die Fragen zum Referat nicht beantworten können”. Irrtum: Sie haben sich vermutlich mehr und ausführlicher mit dem Thema auseinandergesetzt als die meisten der Zuhörer. Überlegen Sie sich Fragen, die man stellen könnte und denken Sie über Antworten nach. • ”Das Thema wird niemanden interessieren”. Dann machen Sie es eben interessant. Auch ein vermeintlich langweiliges Thema kann spannend vorgetragen werden. Ich höre lieber einen didaktisch gut vorbereiteten und lebhaften Vortrag über das Gänseblümchen als ein langweiliges Referat über Die soziokulturelle Bedeutung der Genforschung im 21. Jahrhundert. • ”Ich werde Lampenfieber haben und vor Aufregung nicht sprechen können”. Etwas Lampenfieber ist normal und gehört dazu. Die Spannung legt sich, sobald Sie die ersten Sätze gesprochen haben. Wenn Sie gut vorbereitet sind, brauchen Sie keine Angst zu haben. • Denken Sie daran, dass niemand von Ihnen ein perfektes Referat erwartet. Die Zuhörer erwarten jedoch zu Recht, dass Sie gut vorbereitet sind und sich beim Vortrag Mühe geben. Viel Erfolg ! Rückmeldung, Korrekturen und konstruktive Kritik bitte an: [email protected] c °W. Skrandies Rat zum Referat Seite 6