Schüler geben Spielzeugwaffen und PC
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Schüler geben Spielzeugwaffen und PC
KREISREDAKTION TELEFON FAX E-MAIL ONLINE 0 71 51 / 566 -275 0 71 51 / 566 -402 [email protected] www.zvw.de Rems-Murr C 1 Nummer 115 – RMR1 Mittwoch, 20. Mai 2009 RUNDSCHAU Rundschlag Von Martin Winterling Hegelianisch versalzen D er Rems-Murr-Kreis fordert vom Land Baden-Württemberg mehr Geld für den Unterhalt von Landesstraßen. Die Klage ist nicht neu. Das Geld, das Stuttgart nach Waiblingen überweist, reicht gerade noch so aus, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Zum Ausbessern der vielen Schlaglöcher reicht es leider nicht. Nun hat der bitterkalte Winter dem Kreis das Straßenbudget zusätzlich versalzen. Das Streusalz kostete nämlich 335 000 Euro mehr als veranschlagt. Während also das Landratsamt in Waiblingen in einer Mitteilung über die Sparhansel im Stuttgarter Verkehrsministerium lamentiert und um einen Nachschlag für die Straßen des Landes gebettelt wird, liegen in den Rathäusern in Waiblingen, Fellbach, Remseck und Kornwestheim die Pläne für eine 14 Millionen Euro teure Brücke über den Neckar aus. Eine Brücke, die das gleiche, bei der Straßenunterhaltung ach so klamme Land in Auftrag gegeben hat. Sich darauf einen Reim zu machen, gelingt nur einem politisch denkenden Kopf. Dieser Kopf muss in der Lage sein, scheinbar Unvereinbares zu vereinen und sich Gegensätze als ein vollkommenes Ganzes zu denken. Ein klarer Fall also für die Hegel’sche Dialektik, die sich treffend mit der schwäbischen Erkenntnis „So isch no au wiedr“ umschreiben ließe. Georg Friedrich Wilhelm Hegel („Das dialektische Moment ist das eigene Sichaufheben solcher endlichen Bestimmungen und ihr Übergehen in ihre entgegengesetzten“) bringt uns direktemang zurück zum Problem: Das Land lässt bestehende Straßen verlottern, um neue Straßen zu bauen. Und bei Hegel findet sich logischerweise auch die Lösung: „Es ist der Gang Gottes in der Welt, dass der Staat ist, sein Grund ist die Gewalt der sich als Wille verwirklichenden Vernunft.“ Diese sich als Wille verwirklichende Vernunft gebietet es dem Staat geradezu, zu sparen und zu investieren. Und nur ein solcher Staat wird es auch fertigbringen, seine steigenden Schulden mit sinkenden Steuern zu finanzieren. Hegel sei Dank. Kompakt Tragödie in Haubersbronn Schorndorf. Eine Tragödie hat sich am frühen Dienstagabend in Haubersbronn ereignet. Ein Mann hat sich in aller Öffentlichkeit auf der Wieslaufstraße das Leben genommen. Zur Spurensicherung wurde die Straße für eine Stunde gesperrt, dies teilte die Polizei mit. Heute: Bürgerempfang der Rems-Murr-CDU Weinstadt. Heute (Mittwoch, 20. Mai) lädt der CDUKreisverband Rems-Murr um 19.30 Uhr zum Bürgerempfang in den Stiftshofkeller Beutelsbach. Rudolf Böhmler, Mitglied des Vorstandes der Deutschen Bundesbank, spricht über die Finanzkrise. In der Reha-Einrichtung Four Steps ist der Anteil der Abhängigen von Cannabis, Kokain beziehungsweise Crack und Amphetaminen in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Es gebe immer mehr zu betreuende Mischkonsumenten, wohingegen früher die Betreuung von Heroinabhängigen im Vordergrund gestanden habe. Featurebild: Habermann Veränderter Drogenkonsum Reha-Einrichtung Four Steps verzeichnet wachsenden Betreuungsbedarf der Abhängigen von Cannabis und Partydrogen Von unserem Mitarbeiter Timo Kühn Fellbach. Die Rehabilitationseinrichtung Four Steps hat gestern ihr Programm für abhängige Cannabis- und Mischkonsumenten vorgestellt. Dabei wurde betont, dass sich die Art des Drogenkonsums in den letzten Jahren deutlich verändert hat – weg vom reinen Heroinkonsum, hin zum Mischkonsum. Bereits im Alter von elf Jahren fängt Alex an, zu kiffen und Alkohol zu trinken. Er ist neugierig und möchte seine Probleme verdrängen. Schon mit 13 kifft er täglich. Mit 16 kommen dann die Partydrogen (LSD, Speed, Crystal, Ecstacy, Pilze) hinzu. Mit 17 Jahren beginnt er, Liquid Ecstasy einzuschmeißen, weil dieses „billig zu haben“ ist. Mit 18 Jahren kommt er erstmals „ins Wanken“. Er merkt, dass sein „Kopf nicht mehr mitmacht“, dass er allmählich „paranoid“ wird. Ab diesem Zeitpunkt kifft er zwar nicht mehr, dafür nimmt er allerdings regelmäßig Liquid Ecstasy und Benzos (Beruhigungstabletten). Auch Heroin konsumiert er. Dann mit 19 sein erster Therapieversuch in München. Doch nach fünf Wochen fliegt er raus. Auch der zweite Therapieveruch scheitert. Schießlich startet er einen dritten in der Tagesklinik von Four Steps in Fellbach. So weit Alex’ Erinnerungen. Tims Drogenkarriere ist ähnlich verlaufen. Mit 15 fängt er an, zu rauchen und zu kiffen, zunächst nur gelegentlich. Im Lauf der Zeit steigert er den Konsum immer mehr. Nachdem er mit 17 in eine eigene Wohnung gezogen ist, kifft er täglich. Er probiert mal sämtliche Drogen aus, zum Beispiel LSD und Pilze. Ansonsten zockt er Computerspiele, teilweise bis zu drei Tage lang am Stück. Dennoch absolviert er zunächst noch zwei Jahre lang eine Ausbildung, wird dann allerdings gefeuert. Der Drogenkonsum und das PC-Spielen ließen ihn seine Probleme vergessen und den Stress abbauen, sagt Tim heute. Seit Jahresbeginn ist auch er in der Tagesklinik in Fellbach. Sowohl Alex als auch Tim nehmen an dem Programm für THC-Abhängige* und Mischkonsumenten von Four Steps teil - bis jetzt mit großem Erfolg. Four Steps ist eine Rehabilitationseinrichtung für Drogenabhängige, betrieben vom Verein für Jugendhilfe, mit Therapieeinrichtungen in Fellbach, Schorndorf und Lorch-Waldhausen. „Beide Klienten haben den klassischen Weg eines Drogenabhängigen hinter sich. Zudem handelt es sich um typische Mischkonsumenten“, erklärt Anna Krieb, Diplom-Psychologin, Psychotherapeutin und Leiterin der Einrichtung für Langzeittherapie von Four Steps in Schorndorf. „Der Drogenkonsum hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Inzwischen machen die Mischkonsumenten ein Viertel unserer Klienten aus.“ Die leitende Ärztin Dr. Magdalena Schienle erläutert die Hintergründe: „Frü- her standen die Heroinabhängigen ganz im Vordergund. Inzwischen ist bei vielen Klienten ein multipler Substanzgebrauch gegeben. Diese Mischkonsumenten unterscheiden sich erheblich von den klassischen Heroinabhängigen. Dem Mischkonsum liegt oftmals ein komplexes Muster zugrunde. Es geht nicht nur darum, eine Gegenhaltung zur Leistungsgesellschaft zum Ausdruck zu bringen. Viel mehr werden die Drogen gerade auch zur Leistungssteigerung konsumiert.“ Problematisch an dem heutigen Mischkonsum sei, so Schienle, dass die Konsumenten sich oftmals gar nicht als abhängig begreifen. Auch ihr Umfeld bekomme oftmals von ihren Drogenproblemen gar nichts mit. Dies liege nicht zuletzt an dem weiter bestehenden gesellschaftlichen Teilhabewillen. Auch die Klienten selbst grenzten sich oftmals strikt von den Heroinabhängigen ab. „Auch unter den Drogenabhängigen gibt es Hierarchien“, erklärt Krieb dieses Phä- Four Steps t Die Rehabilitationseinrichtung Four Steps hatte im Jahr 2008 insgesamt 388 Klienten. Davon erreichten 206 einen regulären Abschluss. Die Haltequote beträgt somit 65,5 Prozent und entspricht exakt der Vorjahresquote. Rainer Baudis zeigte sich sehr zufrieden: „Eine gute Haltequote wird bereits ab 50 Prozent angenommen.“ nomen. Reiner Baudis, Diplom-Psychologe, Psychotherapeut und Gesamtleiter von Four Steps, ergänzt: „Jede Drogengruppe hat ihr eigenes soziales Leben.“ Aus diesem Grund wird im Rahmen der Rehabilitation auch zwischen Misch- und Heroinkonsumenten getrennt. Gerade diese Trennung streicht Klient Alex als äußerst positives Merkmal von Four Steps heraus: „Dadurch entwickelt sich eine ganz andere Vertrauensbasis und man kann eine bestimmte Gruppenidentität finden.“ Krieb tritt der Annahme entgegen, der Mischkonsum sei weniger schädlich als der Heroinkonsum: „Heroinkonsum führt zwar sehr schnell zu einer körperlichen Abhängigkeit, wohingegen bei Partydrogen fast keine körperliche Abhängigkeit gegeben ist. Allerdings sind die langfristigen Auswirkungen für das Gehirn beim Mischkonsum oftmals sogar schädlicher.“ Krieb beschreibt den Inhalt des Programms: „Einem Drogenabhängigen mangelt es oftmals an der Fähigkeit, sein eigenes Handeln zu steuern. Das Behandlungsangebot ist darauf gerichtet, diese Fähigkeit zu steigern. Im Lauf der Rehabilitation werden den Klienten einerseits immer mehr Freiheiten und Verantwortung übertragen. Es geht aber auch darum, die Klienten an die Einhaltung von Regeln wieder zu gewöhnen. Deshalb ist der Tagesablauf klar strukturiert.“ Bei Alex und Tim zeigt das Programm eine sehr positive Wirkung. In Kürze können beide aus der Tagesklinik in die Adaption wechseln. *THC (Tetra-Hydro-Cannabinol): der Wirkstoff von Cannabis Schüler geben Spielzeugwaffen und PC-Gewaltspiele ab Klassenlehrerin Regine Fleming und ihre 4c organisieren Sammelaktion, um nach dem Amoklauf in Winnenden ein Zeichen zu setzen Von unserer Mitarbeiterin Janina Hopfgartner Waiblingen. Regine Fleming organisierte am Dienstag mit der Klasse 4c der SalierGrund-und-Hauptschule eine Aktion, bei der die Schüler ihre Spielzeugwaffen und gewaltverherrlichende Computerspiele abgeben konnten. „Nach dem schrecklichen Vorfall in Winnenden wollten wir etwas tun“, begründet die Organisatorin Fleming die Aktion. In dem Postfach der Grundschullehrerin fand sich kurz nach dem Amoklauf ein Schreiben des Rotary-Clubs mit dem Vorschlag zu einer solchen Aktion. „Wir wollten ein Zeichen setzen“, sagt eine Elternsprecherin der Schule, und da kam diese Idee gerade recht. Dienstag, 19. Mai, Punkt 14 Uhr. Die Eingangshalle der Sailer-Grund- und Hauptschule ist gerammelt voll. Schüler und Schülerinnen stehen an, um Spielzeugwaffen und Computerspiele abzugeben. Die Klasse 4c hat einen kleinen Stand mit einer Sammelbox vorbereitet. Die Schüler hatten diese Aktion gemeinsam vorbereitet und das Projekt in den verschiedenen Klassen der Schule vorgestellt. So mussten sich die Viertklässler dann auch mal in die älteren Klassen wagen – das habe ganz schön Überwindung gekostet, heißt es. Und Regine Fleming glaubte erst nicht, dass die Größeren auch mitmachen würden, aber sie gaben doch etwas ab. So auch der 13-jährige Michael, der sich von seiner Softair-Pistole trennt. Genau eine der Waffen, die in letzter Zeit wieder verstärkt in der Diskussion standen. Makabererweise hatte er diese Pistole in Winnenden gekauft, erzählt er. Zwar hatte er sie kaum benutzt, aber er gebe sie aus symbolischen Gründen ab, da er „gegen richtige Waffen“ sei. Und so hatten die Kleinen auch ihre Vorbilder, die sie ja so dringend brauchen. Bereits nach einer Stunde waren 31 Kinder erschienen, um Spielzeugwaffen und PC-Gewaltspiele abzugeben. In der Sammelbox findet sich schließlich ein beachtliches Arsenal an Cowboy- und Wasserpistolen – aber auch Schweizer Taschenmesser oder Konsolenspiele sind darunter, auch das viel diskutierte Spiel „GTA“ (Grand Theft Auto) – allerdings die abgespeckte U18-Version „San Andreas“. Das sind „keine schönen Spiele“, sagt die zehnjährige Lili. Sie hat deshalb begeistert bei der Organisation und Durchführung mitgeholfen. Ashley aus der Klasse 4c findet es gut, dass so viele Kinder mitgemacht haben, und hofft, dass es so schnell keinen Amoklauf mehr geben wird. Auch Lehrerin Fleming zieht ein positives Fazit: „Ich bin positiv überrascht, dass so viele Kinder mitmachen – hauptsächlich von unserer Schule.“ Auch die Eltern der Schüler unterstützten die Aktion tatkräftig – so druckte ein Vater beispielsweise Buttons und Aufkleber mit durchgestrichenen Waffen und sogar der Hausmeister gab solidarisch eine Wasserpistole ab. Für jede abgegebene Spielzeugwaffe, jedes abgegebene PC-Gewaltspiel gab es ein kleines Dankeschön. Verschiedene Waiblinger Firmen hatten kleine Sachpreise wie USB-Sticks oder Frisbees gespendet. Die älteren Schüler bekamen „Preise“ wie Freikarten fürs Freibad oder Jugendbücher. Ein klares Zeichen geht also von der Salier-Grund- und Hauptschule aus: „Keine Gewalt mehr an Schulen“ – das war das Motto der Klasse 4d, denn jede Klasse hatte sich Gedanken gemacht und neben die Sammelbox ihr Motto geschrieben. Und so bleibt nicht nur das gesammelte Arsenal, sondern auch die Mahnungen der Schüler. „Spiele sind zum Spielen da. Durch Ballern und Waffen droht Gefahr! Wir Salier wollen ein Zeichen setzen“, stand da auch auf einem Plakat. Kurzum: Die Schüler und Schülerinnen setzten ein Zeichen – gegen Waffen und Gewalt. Weg damit: Lehrerin Regine Fleming legt ein Spielzeuggewehr in die Sammelbox. Bild: Habermann