Mit Wut gegen Gewalt

04|05
johanniter
Zeitschrift für die Freunde der Johanniter-Unfall-Hilfe e. V.
Mit Wut gegen Gewalt
| Immer mehr werden gegen
Extremismus aktiv
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Liebe Freunde der Johanniter,
jetzt ist die Ferienzeit zu Ende und mit ihr auch der
Sommer, der nicht nur meteorologisch viele Überraschungen geboten hat. Durfte man im Frühsommer
noch darauf vertrauen, dass 2005 ruhig verlaufen, 2006
aber von viel Aufregung geprägt sein würde, so ist
nun alles anders. Die nächste Bundestagswahl findet
nicht nach der Fußball-WM in Deutschland statt, sondern jetzt, ein Jahr vorher. Damit sind auch alle Spekulationen hinfällig geworden, ob ein Erfolg des deutschen
Fußballteams bei der WM Einfluss auf den Ausgang
der Wahlen haben könnte oder nicht.
Die Frage, ob und wie unsere Hilfs- und Wohlfahrtsorganisation sich in die gegenwärtigen parteipolitischen
Diskussionen einzubringen hat, stellt sich für die Johanniter ohnehin nicht.
Sie, liebe Freunde der Johanniter, wissen, dass die
christlich geprägten Johanniter politisch neutral sind,
ohne allerdings damit auch einer gesamtgesellschaftlichen Verpflichtung zu entsagen. Ganz im Gegenteil.
Das Präsidium der Johanniter-Unfall-Hilfe hat im
vergangenen Jahr angesichts des Erstarkens extremistischer Parteien bei den damaligen Landtagswahlen in
Brandenburg, Sachsen und Schleswig-Holstein beschlossen: Die Johanniter wollen ihre Anstrengungen
verstärken, einen eigenen Beitrag zu leisten, die im
Grundgesetz niedergelegten Werte unseres demokratischen Staates zur Grundlage unseres Zusammenlebens auch weiter zu erhalten.
Dieser Resolution sind Taten gefolgt. Die Johanniter
arbeiten gegenwärtig in zahlreichen Arbeitsgruppen
an der Aufgabe, eine flächendeckende Sensibilisierung
und Auseinandersetzung mit dem Thema Extremismus
zu erreichen mit einer Nachhaltigkeit, die es erlaubt,
offensiv und argumentationsstark für die Demokratie
einzutreten. Intensiv verstärken wir unsere Jugendarbeit vor allem in den neuen Bundesländern und finanzieren dies aus der Solidarität des Gesamtverbandes.
Allen extremistischen Bestrebungen muss Einhalt
geboten werden zum Wohle des demokratischen Staates.
Ich bin mir sicher, dass auch Sie sich in diesen Bemühungen, die von allen demokratischen Parteien in diesem
Lande getragen werden, wiederfinden können.
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Hans-Peter von Kirchbach
6
Extremismus | Mit Wut gegen Gewalt
An vielen Orten im Osten Deutschlands hat sich
über Jahre hinweg eine rechtsradikale Kultur
gebildet, die vor allem auf Gewalt baut. Doch
Widerstand regt sich. Nicht erst seit heute. Und
nicht allein in den größeren Städten. Sondern
beispielsweise auch in Wurzen und Görlitz.
10
Lesertelefon | Pflegedienst und Hospizarbeit
Das JUH-Lesertelefon bietet nützliche Informationen aus Expertenhand zum Nulltarif. Das
letzte Mal ging es um ambulante und stationäre
Pflege, das Lesertelefon am 13. September hat
die Hospizarbeit zum Thema.
14
Verbraucherwünsche | Alles soll kinderleicht sein
Viele Konsum- und Komfortartikel des alltäglichen Gebrauchs sind so gemacht, dass ältere
und behinderte Menschen kaum in der Lage
sind, sie zu nutzen. Doch der Jugendwahn der
Konsumindustrie könnte sich rächen. Denn die
Kaufkraft der Alten ist groß.
19
Hilfsaktion | Hausbesuch im Westjordanland
Das St. John Eye Hospital in Jerusalem unterhält
eine mobile Augenambulanz, deren Fahrzeuge
Tag für Tag in den Lagern der Palästinenser
unterwegs sind, um zu helfen und zu beraten.
28
Denkanstoß | Profis und Straßenkicker
Deutschland wird 2006 Fußballweltmeister –
oder auch nicht. Aber Fußball ist mehr als
nationaler Freudentaumel und ein Event der
Werbeindustrie.
Rubriken
4
Leserbriefe |
5
Impressum |
12
Namen und Nachrichten |
21
Wellness und Gesundheit |
24
Kunter und Bunt |
30
Augenklick |
Editorial | Inhalt Johanniter 4|05
3
Leserbriefe
Falsch und beeindruckend |
Der Artikel zum Thema Aids hat uns sehr beeindruckt: Mit einem „Aufhänger“ aus Deutschland wird gleichzeitig auch das
internationale Problem angesprochen, jedoch werden die LeseDie Sätze „Aids ist tödlich. Auch in Deutschland.“ sind in dierinnen und Leser wieder gut auf sich selbst zurückgeführt. Ich bin
ser Form falsch und unverantwortlich, allein schon deswegen,
überzeugt, dass Tonalität und Inhalt dieses Artikels junge Leute
weil mit steigender Überlebensdauer mit einer erhöhten statisti- erfolgreich ansprechen können. Wir nutzten den Text – Ihre
schen Wahrscheinlichkeit andere Todesarten wirksam werden.
Zustimmung vorausgesetzt – deshalb gerne innerhalb unserer
Vor allem aber: Keiner kann wissen, wie weit die antiretrovirale Aids-Präventionskampagne „Gib AIDS keine Chance“.
Therapie trägt, zumal ständig neue Substanzen entwickelt werden. | Dr. Dr. Wolfgang Müller, Leiter des Aids-Referats in der BundesUnsere Beratungsstelle berät und begleitet pro Jahr an die 300 zentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA), Köln
HIV-Positive, eine vergleichsweise hohe Zahl. Vor zirka zehn
Jahren noch war das Sterben unser Leitthema (wir waren 20
Agitprop-Kiste |
bis 30 Mal auf dem Friedhof), doch heute wird fast nicht mehr
„johanniter“ 3/2005, Seite 28:
gestorben.
Diese Beobachtung darf freilich nicht zu Leichtfertigkeit ver- Denkanstoß: „Das Reich Gottes hat eine irdische Postleitzahl“
leiten, aber die verständliche Sorge wegen steigender Neuinfektionen darf auch nicht dazu führen, den falschen Ton anzuschlagen. In dem kleinen, ansprechenden Text des JUH-Landespfarrers heißt
es: „Ran an die Widersprüche zwischen Friedensverpflichtung des
HIV-Positiven muss man diesen harten Satz – er ist in dieser
Form eigentlich unverständlich und zugleich unanständig – aus Grundgesetzes (...) und den gegen die Verfassung laufenden Umbau der Bundeswehr zur Interventionsarmee.“ Das ist ein starker
ethischen Grünen vorenthalten. | Alfred Spall, Leiter der AidsTobak. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Der Umbau zur KrisenBeratungsstelle der Caritas in Unterfranken, Würzburg
präventionsarmee verwirklicht den Friedensauftrag des Grundgesetzes. Wenn Pastoren ihre eigene politische Auffassung in Predigten unterbringen, ist dies generell ein Graus. Der oben angeführte
Passus, der wie ein Griff in die Agitprop-Kiste anmutet, bedarf
des deutlichen Widerspruchs! | Hubertus Lueder, Hannover
„johanniter“ 3/2005, Seite 6f: „Anturnen gegen Aids“
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Der Autor gibt auf seine Frage: „Wozu verpflichtet mich Jesus
als Pfarrer?“ selbst die Antwort: Er fühle sich unter anderem verpflichtet, ranzugehen „an die Widersprüche zwischen Friedensverpflichtung des Grundgesetzes (...) und den gegen die Verfassung laufenden Umbau der Bundeswehr zur Interventionsarmee“.
Mein Gott, Herr Pfarrer, haben Sie bei dieser hingefetzten
Bemerkung einmal daran gedacht, wie weh Sie den Eltern und
Ehefrauen tun, deren Söhne und Männer im Dienst dieser Interventionsarmee den Tod gefunden haben, und was sie und die
Angehörigen der ums Leben gekommenen Soldaten empfinden,
wenn sie lesen, dass ihre Jungs im Dienste einer Armee gestorben
sind, die nicht mehr auf dem Boden der Verfassung steht?
Das ist grausam, Herr Pfarrer! Sie selbst wollen – wie Sie
schreiben – in „Verantwortung vor Gott dem leidenden Menschen
unserer Zeit beistehen“ und tun das Gegenteil, indem sie mit Ihrer
verantwortungslosen, durch nichts bewiesenen Bemerkung das
Leid von Menschen unserer Zeit vergrößern. | Karl-Friedrich
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Johanniter 4|05 Leserbriefe
Rund um die Uhr. 365 Tage im Jahr.
Sie haben Fragen zu Ihrer Mitgliedschaft? Ihre Anschrift hat
sich geändert? Sie interessieren sich für die Dienstleistungen
der Johanniter? Dann rufen Sie uns an unter unserem
bundesweiten Servicetelefon
0180 5 101199*
oder schicken Sie uns eine E-Mail an [email protected]
*12 Cent/Minute
Servicetelefon
Ich habe diesen Artikel mit viel Zustimmung gelesen und kann
nur aus meiner täglichen Arbeit als Hebamme berichten, dass
Herr Dahl absolut Recht hat. Gerade bei jüngeren Müttern erlebe ich die Auswirkungen der Zwangsmaßnahmen im sozialen
Bereich. Und dann sollen „die Leute“ noch Kinder kriegen? Ich
finde den Ausspruch „Unterschlagung des Verfassungsgebotes“
einfach treffend. Ja, wir werden derzeit belogen und betrogen wie
nie zuvor von denen da oben. Die da unten werden jedoch zur
Ehrlichkeit angehalten – grotesk! | Eva-Maria Müller-Markfort, Ahlen
Bedenkenswert |
„johanniter“ 2/2005, Seite 3: Editorial
Die Worte zu den gesellschaftlichen Werten bzw. Medienwertungen des Begriffs Katastrophe finde ich nicht nur bedenkenswert, sondern sie sollten weitertransportiert werden, und zwar
eindeutig in Richtung der Medien, die ja bekanntlich in großem
Maße „Stimmungen machen“ können. Dies wird unterstrichen
durch die allgemeine Verschlampung unserer Sprache, die nur
so von Übertreibungen, Anglizismen und Verblödungen („geil“,
„krass“) geprägt ist. Die Menschen denken überhaupt nicht darüber nach, wie sie was ausdrücken. Dass die Tsunami-Welle mit
ihren hundertausenden an Toten und existenziellen Opfern so
schnell in Vergessenheit geraten ist, verblüfft angesichts der
enormen Spendenwilligkeit gerade der Deutschen gewaltig.
Aber es ist für mich auch niederschmetternd zu sehen, wie
wenig Leute über das Tagesgeschehen Bescheid wissen. Man
liest kaum mehr eine Tageszeitung, die Nachrichtensendungen
interessieren kaum die Jugend, dafür kennen sich viele bei Big
Brother und den dort stattfindenden Exzessen aus.
Wie wohltuend ist es da, von der Arbeit der Hilfsorganisationen wie Malteser und Johanniter zu wissen. Ich wünsche den
Johannitern einen noch besseren Stellenwert in unserer insgesamt unterstützenswerten Gesellschaft. | Jochen Weder, Neufahrn
Nicht ganz korrekt |
„johanniter“ 2/2005, Seite 8ff: „Gemeinsam geht mehr“
Vielen Dank für den Bericht über Ihren Einsatz im TsunamiGebiet Südostasiens. Allerdings stimmt die zeitliche Abfolge
nicht ganz: Sie schreiben: „Um 9.50 Uhr trifft die Flutwelle
auf der thailändischen Ferieninsel Phuket ein, Minuten später
an der Küste Sri Lankas und Ostindiens.“ In Wirklichkeit vergingen hier aber nochmal bis zu zwei Stunden (!), bis die Tsunami-Welle Ostindien erreicht hatte – man muss ja die Zeitverschiebung mitrechnen! Also vergingen nach dem Erdbeben bis
zu drei Stunden wertvolle Zeit, in denen die Behörden vor Ort
in aller Ruhe mindestens Indien und Sri Lanka hätten warnen
können! | Sabine Spillmann, Freiburg
Zuschriften von Leserinnen und Lesern bitte an:
„johanniter“
Johanniter-Unfall-Hilfe e.V.
Marketing/Kommunikation
Wolfgang Brenner
Lützowstraße 94, 10785 Berlin
E-Mail: [email protected]
Leserbriefe geben nicht die Meinung der Redaktion oder der
Herausgeber wieder. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe
nicht oder gekürzt zu veröffentlichen.
Impressum
Verbandszeitschrift der Johanniter-Unfall-Hilfe e. V.
Herausgeber: Johanniter-Unfall-Hilfe,
Marketing/Kommunikation, Lützowstraße 94, 10785 Berlin
Erfolgreiche Pflanzenzüchter |
„johanniter“ 2/2005, Seite 22: „Rapsöl: Besser als sein Ruf“
In dem Text heißt es: „Mittlerweile verwendet die Ölindustrie
jedoch Produktionsverfahren, mit denen diese unangenehmen
Begleitstoffe herausgelöst werden.“ Gemeint sind hier Erucasäure und Glukosinolate, also Senföle.
Die Aussage ist falsch. Die Pflanzenzüchtung hat sich vor über
40 Jahren schon bemüht, Rapssorten mit geringerem Gehalt an
Erucasäure zu schaffen, bzw. Sorten ohne diese Säure zu liefern.
Das ist mit der Sorte „Lesira“ im Jahr 1973 gelungen. In den
achtziger Jahren kamen dann die ersten erucasäure- und glukosinolatfreien Sorten nach Prüfung durch das Bundessortenamt
Hannover auf den Markt. Die „Beschreibende Sortenliste 2004“
enthält 63 erucasäure- und glukosinolatfreie Winterrapssorten
und 14 Sommerrapssorten mit derselben Eigenschaft. Diese
Sorten wurden von den deutschen Pflanzenzüchtern mit konventionellen Züchtungsmethoden geschaffen. | Walter Bätz, Vlotho
Redaktion: Textbüro/Bernhard Schneidewind (verantwortlich),
Claudia Jabir, Wolfgang Brenner.
Layout: COXORANGE Grafikdesign
Druck und Vertrieb: Hofmann Druck Nürnberg GmbH & Co. KG,
Emmericher Straße 10, 90411 Nürnberg
Anzeigen: Hofmann Media, Rüdiger Sander (verantwortlich)
Gültige Anzeigenpreisliste: 1/04
Druckauflage: 1 282 000 (2. Quartal) IVW
Fotonachweis: Marc Le Briez (S. 13 oben Mitte), Bettina Bräunl (S. 13 oben rechts), Deutsche
Telekom AG (S. 14 unten), Hans-Henning Hasselberg (S. 30, 31), Karl A. Kähler (S. 19), Oliver
Numrich (S. 1, S. 8 Mitte, S. 12 unten), www.photocase.com (S. 21 oben rechts und unten,
S. 22, S. 24 unten, S. 26), Frank Schemmann (S. 10), Andreas Schölzel (S. 6 links, S. 7 oben, S. 14,
15, 16 oben), Johann Schwepfinger (S. 12 oben)
Redaktionsschluss der nächsten Ausgabe ist der 1. Oktober 2005.
Die nächste Ausgabe erscheint am 21. November 2005.
Keine Haftung für unverlangte Einsendungen aller Art.
Diese Ausgabe von „johanniter“ enthält eine Beilage der Firma KarstadtQuelle Versicherungen.
Einem Teil der Ausgabe liegt eine Beilage der Firma Josef Witt GmbH, Weiden, bei.
Wir bitten um Beachtung.
Für Mitglieder der Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. ist der Bezug der Zeitschrift im Mitgliedsbeitrag
enthalten. Eine gesonderte Berechnung des Bezugspreises erfolgt nicht.
Leserbriefe | Impressum Johanniter 4|05
5
„Die Leude woll’n,
dass was passiert“
Wurzen im Widerstand:
Immer mehr aktiv gegen
Rechtsextremismus
Die Kreisstadt Wurzen, in der Nähe Leipzigs gelegen, ist schön. „Überall ist Wunderland, überall ist Leben“, steht am Brunnen
auf dem Marktplatz der Ringelnatz-Stadt.
Es gibt unglaublich viele Läden, nette Kneipen, einen Dom und ein Schloss, wunderbar restaurierte Häuser und die inzwischen
saubere Mulde.
Wurzen stand lange beispielhaft für das
Erstarken des Rechtsextremismus in den
neuen Bundesländern. Die Rechten sprachen von einer „national befreiten Zone“.
Für andere hieß das, in einer nicht allzu
großen Stadt mit 16 000 Einwohnern gibt
es Orte, die man besser im Dunkeln meidet – „No-Go-Areas“ oder auch „Angstzonen“ genannt.
Die Chronik rechtsextremer Gewalt in
Wurzen begann 1991 und erlangte schnell
traurige Rekorde. S-Bahn, Diskothek, die
Straßen um den Jugendtreff „Schweizergarten“ wurden Sperrzonen für anders Denkende. Wer lange Haare hatte oder sich mit
seiner Kleidung als links zu erkennen gab,
war dort nicht sicher. Drei rechte Bands etablierten sich in dem Städtchen. In Kneipen,
bei Stadtfesten, an Tankstellen, in Schulen
und Jugendzentren zeigten die Rechten
mehr und mehr, vor allem aber laute und
gewalttätige Präsenz. Heute sitzen im Stadtrat von Wurzen drei NPD-Mitglieder. In
dem Laden „Front Records“, der sich von
Kameras bewacht und hinter runtergelassenen Rollläden in einer einstigen Fleischerei
befindet, treffen sich Rechtsgesinnte, werden rechte Bands vertreten und die von der
Szene bevorzugten Klamotten vertrieben.
Rechtssein galt und gilt noch immer bei
vielen als normal. Auch bei vielen Kommunalpolitikern.
6
Johanniter 4|05 Extremismus
Bis 1999 sah es so aus, als bliebe das
beschauliche Wurzen seinem schlechten
Ruf treu. Aus Angst, Bequemlichkeit oder
gar mit stillem Einverständnis.
Im Dezember 1999 gründeten zehn
Menschen das „Netzwerk für Demokratische Kultur“ (NDK), einen Verein, der
durch das Bundesprogramm „CIVITAS –
initiativ gegen Rechtsextremismus in den
neuen Bundesländern“ unterstützt wird.
Das war mutig, denn den Mund machten
zu der Zeit und in der Stadt nicht viele auf.
Markus Zeeh, einer der Mitbegründer
des NDK, beschrieb das damals so: „Es ist
prekär, was zu Hause an den Abendbrottischen passiert, wie da gehetzt wird, wie
da Rassismus und Fremdenfeindlichkeit
blühen, die man sich jeden Tag aufs Butterbrot schmiert.“
Das Netzwerk wollte dagegen Signale
setzen, Menschen ermutigen, demokratisch
zu handeln und kritisch zu denken.
Heute sind es mehr als zehn Menschen
und es gibt eine Geschichte von Veranstaltungen, Aktionen, Initiativen, Projekten,
Festen, Festivals und Träumen, die Wirkung
zeigt.
2003 gab es 26 Übergriffe durch Rechtsextreme auf anders Denkende und anders
Handelnde. Im vergangenen Jahr waren es
zwölf. Zwölf zu viel, aber vierzehn weniger
als im Jahr zuvor.
Melanie Haller, die Geschäftsführerin
vom NDK, das seine Räume noch in der
Bahnhofsstraße hat, erzählt von einem
Traum, den die Widerständigen und Aktiven haben. Den nennen sie „D 5“. Das ist
keine homöopathische Einheit, sondern
meint das Haus am Domplatz 5, das dem
NDK seit 2002 gehört.
Verantwortung übernehmen
Interview mit Oberkirchenrat Dr. Eberhard Pausch,
Referent für Fragen Öffentlicher Verantwortung im
Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland
Wie das? Dank einer Spendenaktion der
Wochenzeitung „Die Zeit“ und der „Amadeu Antonio Stiftung“. Diese, 1999 gegründet, ist Teil eines großen gesamtgesellschaftlichen Bündnisses für Demokratie und
Toleranz, das im Jahr 2000 entstand und
all jene Kräfte bündeln will, die sich gegen rassistische, fremdenfeindliche und
antisemitische Bestrebungen wehren. Über
1000 Gruppen und Initiativen gehören
bereits dazu. Die Stiftung ist ein wichtiger
Teil des Bündnisses, nicht nur, aber auch,
weil sie finanzielle Unterstützung leisten
kann. Vor allem aber, weil sie lokale Akteure vernetzt und stärkt. Ihr Namensgeber, Amadeu Antonio Kiowa, wurde 1990
in Eberswalde von rechtsextremen Jugendlichen zu Tode geprügelt. Mit seinem Tod
begann eine Nachwende-Chronik tödlicher rechtsextremer Gewalt, die bis heute
fortgeschrieben wird.
Die Stiftung kann nur das Geld verteilen,
das andere ihr spenden. Im Laufe der Jahre
sind viele wichtige Partnerschaften entstanden: Stiftungsgründer ist Karl Konrad von
der Groeben, der das Startkapital zur Verfügung stellte. Auch die Freudenberg-Stiftung berät und fördert von Beginn an. Das
Magazin „stern“ hat die Aktion „Mut gegen
rechte Gewalt“ mit ins Leben gerufen, das
Software-Unternehmen SAP stärkt und
unterstützt seit vielen Jahren die Stiftungsarbeit und baut dabei auf eine gemeinsame
Entscheidung seiner Belegschaft und der
Führungskräfte. Auch namhafte Künstlerinnen und Künstler engagieren sich.
Wer selbst etwas tut, dem wird oft geholfen, und die Netzwerker in Wurzen hatten
angefangen zu handeln. Sie haben Werkstätten organisiert, Diskussionsrunden,
johanniter Herr Pausch, die Johanniter wenden sich mit ihrer Resolution gegen politischen Extremismus und gegen Gewalt. Sollte
eine auf Neutralität verpflichtete Hilfsorganisation auf diese Weise
aktiv werden?
Dr. Eberhard Pausch Zu bestimmten Zeiten und in besonderen
Situationen kann es für einen unabhängigen Verband nötig sein,
Flagge zu zeigen. Dann nämlich, wenn die Grundfesten der Demokratie in Frage gestellt und bedroht werden. Das darf aber nicht zu
parteipolitischer Festlegung oder Einseitigkeit führen. Die Mitte
unseres Staates kann nicht nur durch Einzelpersonen und Parteien,
sondern muss auch durch Verbände und andere Institutionen der
Zivilgesellschaft gesichert werden.
johanniter Im Rahmen der Resolution sollen Jugendliche und Erwachsene über extremistische Organisationen aufgeklärt und zur
Zivilcourage angehalten werden. Wird in diesem Bereich genug
getan?
Pausch Jugendarbeit ist immer nötig. Da kann man gar nicht genug
tun. Vor allem in den neuen Bundesländern werden Jugendliche
allerdings oft nicht über die Kirchen erreicht, die wegen der DDRVergangenheit dort schwach verwurzelt sind. Jemand muss den
Kindern und Jugendlichen aber die nötigen Grundwerte vermitteln,
die es ihnen ermöglichen, sich von extremistischen Irrtümern klar
abzugrenzen. Da sind nicht nur der Staat und die Schulen gefordert.
Da brauchen die Eltern auch die klare Unterstützung durch die
Zivilgesellschaft.
johanniter Was könnte im Bereich der zivilen Verantwortung von
kirchlicher Seite noch geschehen?
Pausch Da geschieht ja schon sehr viel. Ich erinnere an die zahlreichen kirchlichen Kindertagesstätten und Schulen, in denen Bildung für Frieden und Gerechtigkeit vermittelt wird. Auch gibt es
seit 2001 die Dekade zur Überwindung von Gewalt, also einen
Zeitraum von zehn Jahren, in dem die Kirchen als einen Schwerpunkt ihrer Arbeit solche Projekte fördern und durchführen, die
der Gewaltlosigkeit Vorrang einräumen und intelligente, nachhaltige Wege zur Überwindung von Gewalt suchen. Das tun wir gerne,
auch in fairer Partnerschaft mit staatlichen und nicht-staatlichen
Akteuren. Mit der Johanniter-Unfall-Hilfe sind wir dabei seit
langem in bewährter Partnerschaft verbunden.
Extremismus Johanniter 4|05
7
Filmvorführungen, Bildungsreisen für Jugendliche, Open-Air-Konzerte unter dem
Motto „Die Leude wollʼn, dass was passiert“, sie haben Udo Lindenberg nach
Wurzen geholt und die Brothers Keepers,
unter ihrem Dach arbeiten die Initiativgruppe „Gedenkmarsch für die Opfer der
Todesmärsche 1945“ und die Opferberatung „AMAL – Hilfe für Betroffene rechter Gewalt e.V.“: Sie haben angefangen,
das Haus am Domplatz zu einem Kulturund Bürgerzentrum auszubauen.
Noch ist „D 5“ Baustelle. An jedem
Samstag kommen Ehrenamtliche und
arbeiten an dem denkmalgeschützten
Gebäude, insgesamt wollen sie Leistungen
in Höhe von 200.000 Euro erbringen. Das
geht nicht so schnell voran, wie sich das
alle wünschen.
„Wenn alles geschafft ist“, sagt Melanie
Haller, „haben wir einen Ort, an dem wir
für ganz verschiedene Menschen die unterschiedlichsten Angebote machen können.
Alles passt hier rein – die Werkstätten, die
Veranstaltungsräume, die Büros, die Fahrradwerkstatt, das Café, die Mediathek und
das Mobile Beratungsteam.“ Wenn Melanie Haller mit Mitstreitern, wie zum Bei-
spiel Andreas Lütkemeyer, der die Mediathek aufgebaut hat, darüber spricht, schlägt
die Fantasie Purzelbäume. Noch ist es leer
im Haus, liegt kaum ein Stein richtig auf
dem anderen, aber bald, bald wird am
Domplatz 5 Leben sein. Es wird ein Haus
werden, das sich nicht hinter Kameras und
verschlossenen Türen verschanzt, es wird
all jenen Raum geben, die Mut haben,
etwas gegen die Rechtsextremen zu tun.
Dann wird vielleicht ein bisschen Wunderland sein. Und viel Leben. |
Kathrin Gerlof (Abdruck mit freundlicher
Genehmigung des Deutschen Bundestags)
Wut im Bauch
Görlitzer Johanniter-Jugend
setzt sich gegen Rechtsradikale zur Wehr
8
Johanniter 4|05 Extremismus
fallen. Sie konnte gerade noch mit den
Kindern und Jugendlichen in die Toilettenräume flüchten, während draußen die
Rechten tobten.
„Wut im Bauch“ ist geprägt durch Freizeitangebote und Aufklärung. Unterstützt
werden die Görlitzer dabei durch Fördermittel des Bundesjugendringes, des Jugendamtes sowie durch lokale Unternehmen
und Gewerbetreibende.
Das Programm ist so erfolgreich, dass
es vom JUH-Präsidenten Hans-Peter von
Kirchbach mit dem von ihm ausgelobten
Förderpreis für Jugendpolitik ausgezeichnet wurde. Außerdem wird „Wut im
Bauch“ jetzt auch von Schulen in anderen sächsischen Städten übernommen.
Darüber hinaus haben es sich die Johanniter zum Vorbild für ein bundesweites
Aktionsprogramm gegen Extremismus
und für die Förderung von Zivilcourage
genommen. Haupt- und ehrenamtliche
Johanniter sollen durch Schulungen und
Seminare unter dem Titel „Schwer in
Ordnung“ für Themen wie Intoleranz,
Gewalt und Extremismus sensibilisiert
werden. | Oliver Numrich
Informationen
Bundesamt für Verfassungsschutz
Merianstraße 100, 50765 Köln
Tel. 01888 7920
Fax 01888 107922915
[email protected]
www.verfassungsschutz.de
Bündnis für Demokratie und Toleranz
– gegen Extremismus und Gewalt
Stresemannstraße 90, 10963 Berlin
Tel. 030 23634080
Fax 030 236340888
www.buendnis-toleranz.de
Civitas, Stiftung Demokratische Jugend
Grünberger Straße 54, 10245 Berlin
Tel. 030 20078930
Fax 030 20078939
[email protected]
www.jugendstiftung-civitas.org
Amadeu Antonio Stiftung
Chausseestraße 29, 10115 Berlin
Tel. 030 24045-450
Fax 030 24045-509
[email protected]
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Der 19-jährige Philipp Triemer aus Görlitz hat es am eigenen Leib erfahren. Er
war als Johanniter-Sanitäter bei einem
Fußballspiel eingesetzt, als er bemerkte,
dass jemand CDs mit rechtsradikaler
Musik anbot. Er wollte den Verkäufer
zur Rede stellen, doch der ließ sich nicht
auf ein Gespräch ein, machte ein paar
Anrufe per Handy, und binnen kurzem
stand ein Dutzend rechter Schläger vor
den Sanitätern. „Wir konnten gerade
noch unser Material in den Rettungswagen werfen und flüchten“, sagt Philipp
Triemer. Eine Anzeige wurde wegen Geringfügigkeit eingestellt.
Um der Gewalt vor allem unter Jugendlichen etwas entgegenzusetzen, hat die
örtliche Johanniter-Jugend um Philipp
Triemer im Sommer 2004 das Projekt
„Wut im Bauch“ ins Leben gerufen. Die
45-jährige Gisela Mahner, die bei den
Johannitern in Görlitz für Ausbildung und
Jugend zuständig ist, hat die Jugendlichen
von Anfang an unterstützt. Denn auch
sie hatte Erfahrungen mit rechter Gewalt
gemacht: Ein Zeltlager wurde mitten in
der Nacht von rechten Schlägern über-
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Die wichtigsten Fragen
Zum Pflegedienst der
Johanniter-Unfall-Hilfe
Hospizarbeit ist das nächste Thema
des Lesertelefons der JohanniterUnfall-Hilfe
Johanniter-Unfall-Hilfe
Marketing / Kommunikation
Stichwort: Hospiz
Lützowstraße 94
10785 Berlin
E-Mail: [email protected]
0800 5 643664
13. September
von 10 bis 13 Uhr
10
Johanniter 4|05 Lesertelefon
Reges Interesse herrschte am Lesertelefon der Johanniter-Unfall-Hilfe
zum Thema „Pflege“. Hier werden noch einmal die häufigsten Fragen
und ihre Antworten zusammengefasst:
Welche Pflegestufen gibt es und was bezahlt die Pflegekasse?
Der Leistungsumfang bei der Pflegeversicherung hängt davon ab, wie
viel Hilfe ein Patient täglich benötigt und was die Pflegekasse bewilligt.
Danach richten sich dann die Leistungen der Pflegedienste der Johanniter oder der Diakonie. Grundsätzlich gibt es eine Einteilung in drei
Pflegestufen. Bei Bewilligung der Pflegestufe 1 bezahlt die Kasse Leistungen eines ambulanten Pflegedienstes bis zu 384 Euro, bei Pflegestufe
2 bis zu 921 Euro und in der dritten Pflegestufe bis zu 1432 Euro. Reicht
dieses Geld für die Leistungen des Pflegedienstes nicht aus, muss die
Differenz aus eigener Tasche beglichen werden.
Wie werde ich unterstützt, wenn ich selbst pflege?
Bei der Pflege in den eigenen vier Wänden zahlt die Kasse das Pflegegeld an die Versicherten aus – allerdings fällt die Unterstützung hier
weit niedriger aus. Bei Bewilligung der Pflegestufe 1 sind dies 205
Euro pro Monat, bei Stufe 2 sind es 410 Euro und 665 Euro in der
dritten Stufe. Hier ist auch eine Kombination von Pflege durch Angehörige und professionelle Pflegedienste möglich.
Wie erhalte ich Pflegegeld?
Um Pflegegeld zu beziehen, muss bei der Pflegekasse ein Antrag gestellt
werden. Dabei helfen der Hausarzt oder Pflegedienste, deren Adressen
über das örtliche Bürgerbüro oder die Stadtverwaltung bezogen werden
können. Die Einstufung erfolgt dann durch ein Gutachten.
Wer übernimmt häusliche Pflegeleistungen?
Fast alle großen Hilfsorganisationen wie die Johanniter-Unfall-Hilfe
und eine Reihe privater Anbieter kommen bei Bedarf nach Hause und
übernehmen dort Pflegeleistungen.
Weitere Infos zu Pflege-Angeboten der
Johanniter-Unfall-Hilfe unter Telefon
0180 5 101199
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Was ist Hospizarbeit? Welche Rolle spielen Patientenverfügungen? Was kostet die Sterbebegleitung
in einem Hospiz und wie kann man für den Fall
der Fälle vorsorgen?
Dies sind nur einige Fragen, die Experten der
Johanniter-Unfall-Hilfe bei der Telefonaktion am
13. September von 10 bis 13 Uhr beantworten.
Wenn Sie sich informieren wollen, wie in gewohnter häuslicher Umgebung ein würdiges Sterben ermöglicht und Leben auch bis zum Ende
lebenswert gestaltet werden kann, dann rufen Sie
an unter der gebührenfreien Telefonnummer
0800 5 643664.
Als anerkannter Dienstleister im Gesundheitssektor ist die Johanniter-Unfall-Hilfe Träger von
neun ambulanten Hospizdiensten im Bundesgebiet. Darüber hinaus versorgen die Johanniter seit
Anfang des Jahres schwer kranke und sterbende
Menschen in ihrem ersten stationären Hospiz im
oberbergischen Wiehl.
Das Fachwissen, das wir dabei gesammelt haben,
stellen wir Ihnen bei unserem Lesertelefon gerne
zur Verfügung.
Sollten Sie an diesem Tag verhindert sein oder
unsere Experten nicht erreichen, so können Sie uns
Ihre Fragen gerne auch schriftlich zukommen lassen:
Thema Johanniter 4|05
11
Namen und Nachrichten
Hannover | Engagement ausgezeichnet
Im Rahmen des Förderpreises der Robert-Bosch-Stiftung für
deutsch-russisches Bürgerengagement wurde der JohanniterSchule Hannover gemeinsam mit dem Territorialen Zentrum für
Katastrophenmedizin Perm im Ural eine Ehrenurkunde verliehen.
Der Preis steht unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident
Hans-Peter von Kirchbach, Präsident der Johanniter-Unfall-Hilfe (links)
Dr. Horst Köhler und wurde für das Projekt „Fürs Leben lernen“,
und THW-Präsident Dr. Georg Thiel (rechts)
ein eigens für die russischen Partner erstelltes Lehrbuch für die
Erste Hilfe, vergeben. Die beiden Rettungsdienstschulen arbeiKooperation | Mit dem THW
ten seit zehn Jahren zusammen. |
Hans-Peter von Kirchbach, Präsident der Johanniter-Unfall-Hilfe,
hat in Hannover gemeinsam mit Dr. Georg Thiel, dem PräsidenEmmerich | Pflegestation übernommen
ten des Technischen Hilfswerkes (THW), die neue „Strategische
Allianz“ der Johanniter mit dem THW vorgestellt. Ziel dieser wegDie Johanniter haben die Pflegeeinrichtung am Neuen Steinweg weisenden Kooperation ist vor allem die Stärkung der Zusamvon der Diakonie mit allen Beschäftigten übernommen. In der
menarbeit der beiden im Bevölkerungsschutz tätigen OrganisaStation werden 117 Hilfsbedürftige von einem 16-köpfigen
tionen auf örtlicher Ebene. Außerdem sollen gemeinsame
Team betreut. |
Hilfsangebote für Schadenslagen im In- und Ausland aufgebaut
sowie gemeinsame Qualitätsrichtlinien erarbeitet werden. |
Hannover | Mutige Menschen
Sechs Schulsanitäter aus Augsburg und zwei Männer aus dem
niedersächsischen Wiesmoor sind die diesjährigen Träger des
Hans-Dietrich-Genscher-Preises der medizinischen Hochschule
Hannover und der Johanniter-Unfall-Hilfe. Damit wurden bereits
zum sechsten Mal couragierte Helfer ausgezeichnet,
die im Alltag ihrem Nächsten mit besonderem Mut und Einsatz beigestanden
haben. Die Schulsanitäter erhielten
den Preis für ihren schnellen Einsatz bei zwei schweren Unfällen. Frank Kruse und
Bernd Weber retteten
in einer dramatischen
Aktion eine Frau und
deren Kind nach einem Autounfall vor
dem Ertrinken. |
Johanniterorden | Auszeichnungen
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Der Herrenmeister des Johanniterordens, Dr. Oskar Prinz v.
Preußen, verlieh das „Ehrenzeichen am Bande der JUH“ an
Ulrich Radke (Bottrop), Helmut Wesser (Leinfelden-Echterdingen), Hans-Joachim Hawesch (Niederwerrn), Dr. Anton Hoos
(Stolberg) und Dr. Michael Reitmayer (Krumbach) sowie das
„Ehrenzeichen der JUH“ an Axel Appeldorn (Edewecht) und
Christian Taubert (Oldenburg). |
12
Johanniter 4|05 Namen und Nachrichten
Afrika | Hilfsleistungen
Die Johanniter haben zusammen mit der Organisation „Enfants
du Monde, Droits de lʼHomme“ Flüchtlinge im sudanesischen
Shikan mit Wasserkanistern, Decken und Planen versorgt. In dem
Lager im Randbezirk von Karthum leben rund 6000 Vertriebene
in provisorischen Unterkünften. Zudem erhielt die Organisation
Medikamente für ihre Gesundheitsstation und Unterstützung
beim Bau von 30 Latrinen. Die Kosten von 39.000 Euro sind
durch Spendengelder aufgebracht worden.
Das Distriktkrankenhaus in Ruli (Ruanda), zu dem ein Ernährungszentrum, eine Gesundheitsstation und ein Waisenhaus gehören, wird von den Johannitern sechs Monate mit Zusatznahrung und Basismedikamenten im Wert von 58.500 Euro aus
Spendengeldern unterstützt. In der Demokratischen Republik
Berlin | Neue Suppenküche
Eine Suppenküche für Kinder, die zweite ihrer Art in der Stadt,
ist im Stadtteil Friedrichshain eröffnet worden. Sie wird in einer
ehemaligen Kita vom christlichen Kinder- und Jugendwerk
„Arche“ betrieben. 80 Kinder bekommen hier eine warme Mahlzeit und Nachhilfeunterricht. Den Umbau der Kita finanzierte
der Rotary Club. Pfarrer Bernd Siggelkow, der die Einrichtung
leitet, wird von der Brandenburgischen Provinzialgenossenschaft des Johanniterordens unterstützt. |
Kongo unterstützen die Johanniter –
mitfinanziert durch 25.000 Euro vom
Auswärtigen Amt – das Gesundheitszentrum in Rutshuru, ein Straßenkinderprojekt in Goma und das Waisenhaus in Bunia. Sie werden
mit Basismedikamenten, Nahrungsmitteln und medizinischem
Gerät ausgestattet. Dadurch werden über 500 Kinder und Waisen basismedizinisch versorgt.
Die Johanniter-Auslandshilfe hat vom Auswärtigen Amt
245.000 Euro für die Lieferung lebensnotwendiger Medikamente nach Simbabwe erhalten. Die Medikamente werden an fünf
Missionshospitäler verteilt, von denen vier bereits seit 2002 unterstützt werden. |
Afghanistan | Gesundheitsstationen beliefert
Das Auswärtige Amt unterstützt die Arbeit der Johanniter-Auslandshilfe in Afghanistan mit 78.000 Euro bei der Versorgung
von Gesundheitsstationen und Kliniken im Raum Kabul und
Herat. Die zum Teil schon in der Vergangenheit geförderten
Gesundheitsstationen erhalten Basismedikamente, medizinisches
Verbrauchsmaterial und Laborausstattung, um die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung zu verbessern. |
Das Testament | Vier Fragen und vier Antworten
Viele Menschen, die ein Testament aufsetzen möchten, wenden
sich mit Fragen an die Johanniter. Deshalb haben wir die wichtigsten und häufigsten Fragen und Antworten zusammengestellt:
Wie erstelle ich ein Testament?
Ein eigenhändiges Testament muss nur wenigen formalen Kriterien genügen. Wichtig ist, dass das Testament von eigener Hand
geschrieben ist. Außerdem muss es unter der letzten Zeile des
handgeschriebenen Textes mit Angaben zum Zeitpunkt und
dem Ort der Niederschrift unterschrieben sein.
Wo bewahre ich ein Testament auf?
Ein Testament kann an jedem Ort aufbewahrt werden. Empfehlenswert ist, eine vertrauenswürdige Person über den Aufbewahrungsort zu informieren, damit es im Todesfall auch gefunden
wird. Sicherer ist jedoch, es bei einem Notar oder einem Amtsgericht in Verwahrung zu geben.
Wie sind die Regelungen der Erbschaftssteuer?
Jeder, der aus einer Erbschaft etwas erwirbt, unterliegt der Steuerpflicht nach den Bestimmungen des Erbschaftsteuergesetzes.
Die Steuerschuld entsteht für den Erben mit dem Todesfall. Die
Höhe der zu entrichtenden Steuer bemisst sich grundsätzlich
an dem Wert der Erbschaft und der Zugehörigkeit des Bedachten zu einer von drei gesetzlich vorgesehenen Steuerklassen.
Zuwendungen zu ausschließlich kirchlichen, gemeinnützigen
oder mildtätigen Zwecken, zum Beispiel zugunsten der Johanniter-Unfall-Hilfe, sind hingegen steuerfrei.
Was ist ein Pflichtteil?
Bis auf ganz wenige Ausnahmen haben der Ehegatte, Kinder
und Eltern des Erblassers Anspruch auf einen Pflichtteil, den
ihnen der Erblasser auch durch eine ausdrückliche testamentarische Anordnung nicht vorenthalten kann. Auch nichteheliche
oder adoptierte Kinder zählen dazu, Stiefkinder und Stiefeltern
jedoch nicht. Dieser Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen
Erbteils. Bezeichnet ist damit ein Geldanspruch, der sich gegen
den Verstorbenen oder gegen deren Erben richten kann. |
Info: Wer sich für die Möglichkeit eines Testaments zugunsten
der Johanniter interessiert, kann sich in der Johanniter-UnfallHilfe vertrauensvoll wenden an Dr. Thomas Röhr,
Telefon: 030 26997-372 oder E-Mail: [email protected]
Namen und Nachrichten Johanniter 4|05
13
Ein Plädoyer für mehr verbraucherfreundliche
Konsum- und Komfortartikel, die von allen
ohne Mühen genutzt werden können
Alles soll kinderleicht sein.
Nicht nur für Kinder
Anfang der achtziger Jahre erkannte der japanische Unterhaltungselektronik-Konzern Sony die Notwendigkeit, rechtzeitig
Vorsorge für den künftigen Absatz von Hifi-Artikeln aller Art,
vor allem aber der eigenen Marke zu treffen: Sony warf eine
Serie unter dem Namen „My First Sony“ auf den Markt. Ein
kleiner Plattenspieler, ein Kofferradio und ein Walkman. Allen
drei Geräten war eigen, dass sie knallbunt waren, keine scharfen
Ecken und Kanten hatten und die allereinfachsten und ordentlich
große Bedienungselemente. Zwei bunte Drehknöpfe am Radio,
drei Tasten am Walkman, der tragbare Plattenspieler war ein
kleines Köfferchen mit Schlitz. Die Sachen passten farblich gut
zu den kunterbunten Legosteinen im Kinderzimmer, und die
Eltern und Großeltern waren begeistert von der Einfachheit
und Robustheit der Geräte – verhinderten sie doch, dass die
Kinderhände an den anderen Hifi-Geräten rumgrapschten,
Knöpfe drückten und Regler verstellten.
Diese Eltern und Großeltern sind mittlerweile in einem Alter,
in dem sich nicht wenige die Wiederkehr solcher Produkte wünschen, die kinderleicht zu bedienen sind. Aber stattdessen sehen
sie sich mit Kosumartikeln und Geräten konfrontiert, die offenkundig weder für sie erdacht noch gemacht sind.
Einen Grund dafür sieht Professor Dr. Ernst Pöppel, Leiter
des Generation Research Programs, einer in Bad Tölz angesiedelten Forschungsstelle der Ludwig-Maximilians-Universität in
München, darin, „dass junge, männliche, rechtshändige Ingenieure die Geräte immer weiter verkleinern, immer winzigere Tasten mit immer mehr Funktionen gleichzeitig belegen, aber viel
zu wenig berücksichtigen, was die Menschen wirklich benötigen“.
Das geschieht, obwohl die Fakten längst schon auf dem Tisch
liegen und nicht erst noch in aufwändigen Erhebungen ermittelt
werden müssen: Die Alten sind, kurz gesagt, der Markt der Zukunft. Oder anders gesagt: Ihr Kaufverhalten entscheidet schon
jetzt über die Existenz von Unternehmen.
Probewohnen im T-Com Haus
Ein Haus als technisches Spielzeug
Je nach Stimmung: Mit dem „Moodmanagement“ lassen sich auf Tastendruck Sound-, Licht- und Videoeffekte
ändern.
14
Johanniter 4|05 Verbraucherwünsche
Denn die Alten, die nicht gerne so genannt werden möchten,
Sie interessieren sich beileibe nicht sonderlich für die Kraft
weil sie sich auch mit 60 Jahren nicht so alt fühlen, wie es das
mehrerer Herzen in Flaschenform, für Inkontinenzbedarf oder
noch allgemein herrschende Vorurteil behauptet, haben Lust auf für Treppenlifte. Es geht stattdessen um seniorengerechte Prodas Leben. Sie haben das Geld, um Ansprüche und Forderungen dukte ohne Ausgrenzung und Pauschalisierung, um Produkte für
an einen Markt zu stellen, der sich ganz offensichtlich zu lange möglichst viele Lebensphasen. Deshalb löst ein simples Drei-Knopfauf die Altersgruppe der 19- bis 49-Jährigen konzentrierte.
Handy diese Ansprüche nicht ein. Deshalb geht es auch nicht
Aus denen, über die einst als „Kukidents“
gehämt wurde, die sich einmal im Monat ihre
Die Alten sind, kurz gesagt, der Markt der Zukunft.
„Rentner-Bravo“ in Form der „Apotheken-Umschau“ abholten, sind nun im Slang der Werbeagenturen „Best
um Gehhilfen und Rollstühle, sondern um so ganz einfache Dinge
Agers“, „Golden Oldies“, Silver Agers“, „Master Consumers“
wie Preisauszeichnungen in einer Schriftgröße, die man auch
oder „Woopies“ (Well-Off Old People) geworden. Oder auf
ohne Brille lesen kann, um Verpackungen, die man öffnen kann,
Deutsch gesagt: Sie sind diejenigen, die in den nächsten Jahrohne sich stetig mit den Fingern zu verheddern, um Beipackzehnten im Konsumbereich den Markt am Laufen halten werden zettel, die nicht nur mit der Lupe gelesen werden können und
– wenn man denn bereit ist, ihre Wünsche und Bedürfnisse rund- um Gebrauchsanweisungen, deren Sprache einfach, klar und
herum ernst zu nehmen und sie nicht weiter mit einer Werbung deutsch ist. Es geht auch darum, dass Lebensmittel in Verpafür Produkte einzufangen sucht, die Alter als Mangel ausweist.
ckungen angeboten werden, die einem alten Single angemessen
Das Wohnen der Zukunft interessiert
Jung wie Alt. Dass dabei Technik eine
immer größere Rolle spielt, versteht sich
von selbst. Ob die immer nur Erleichterungen mit sich bringt, kann man im
T-Com Haus in der Leipziger Straße in
Berlin testen.
Mehr als 30 000 Menschen haben sich
bei dem Telefonkonzern beworben, um
das High-Tech-Haus für vier Tage zu testen. Wer letztendlich in das digitale und
schnurlos vernetzte Eigenheim einzieht,
darüber entscheidet das Los. Meist sind
es junge Leute. Etwa jeder zehnte Testbewohner ist über 60. Ursula Hax war eine
von ihnen.
Gemeinsam mit Tochter, Schwiegersohn
und Enkel hat die 62-Jährige hier zur Probe
gewohnt. „Mit Computern und Internet
hab ich es eigentlich nicht so, ich küm-
mere mich lieber um meinen Garten“,
sagt sie, die im rheinland-pfälzischen
Dhronecken zu Hause ist. Allerdings
war dieses Haus selbst für sie ein
Erlebnis.
Das mit Elektronik vollgestopfte Einfamilienhaus wird mit nur einer universellen Fernbedienung gesteuert. Damit
lassen sich alle elektronischen Geräte im
Haus ein- und ausschalten – Waschmaschine, Trockner oder Heizung, Licht,
Jalousien, und sogar telefonieren kann
man damit. „Das ist schon eine praktische
Hilfe für den Alltag, gerade für ältere
Leute“, meint Ursula Hax.
Statt Zahlen erscheinen Symbole auf dem
kleinen Taschencomputer, die mit einem
Stift angeklickt werden müssen. Manchem
Testbewohner ist die Schrift auf dem Gerät allerdings zu klein. Blinde oder Seh-
schwache jedoch können mit dem Digitalen Assistenten sicherlich genauso wenig
anfangen, wie mit den Bildschirmen, die
in allen Räumen installiert sind. Es ist
zwar alles sehr modern, aber nicht barrierefrei.
Für Menschen, die schlecht zu Fuß
sind, ist das Musterhaus kaum geeignet.
Lediglich in der ersten Etage gibt es keine
Schwellen und Stufen. Zu den Schlafzimmern muss man Treppen steigen, ohne
technische Hilfe.
Für Stress hat zumindest bei Ursula Hax
der Staubsauger gesorgt, der im ersten
Stockwerk selbstständig unermüdlich seine
Kreise zieht: „Der ist mir dauernd über
die Füße gelaufen. Da sauge ich doch lieber selbst.“ | Anke Ziebell
Info: www.t-com-haus.de
Verbraucherwünsche Johanniter 4|05
15
sind – viele alte Menschen leben allein – und dass Single-Reisen
Vor allem aber wollen sie mehr Beratung und Service – am
von Reiseanbietern nicht allein auf junge Menschen zugeschnit- besten von Gleichaltrigen. Mit den jungen, flinken und redsaten sind, sondern auch auf Bedürfnisse Über-60-Jähriger.
men Verkäuferinnen und Verkäufern wissen sie nicht viel anzuNoch gibt es nur ganz zaghafte Angebote in diese Richtung:
fangen, weil die nicht verstehen, dass man ein Handy nur zum
Edeka betreibt in Chemnitz nach österreichischem Vorbild einen Telefonieren haben möchte, eine Waschmaschine nicht unbeSupermarkt mit breiten Gängen, Regalen in Augenhöhe, großen dingt 30 Programme haben muss und die bei Fragen zu CamPreisschildern, gemütlichen Sitzecken und roten Serviceknöpcordern zwar vielerlei Schnickschnack anpreisen, aber die Frage,
fen, durch die unmittelbar ein Kundenberater angefordert wird. Der Umsatz in diesem Supermarkt ist
Knapp 30 Prozent der Käufer von Neuwagen sind über 60.
um ein Drittel gestiegen.
Zaghaft auch noch die Angebote im Automobilbereich, wo
ob man denn wirklich nur in der Bildmitte fokussieren könne,
sich die Älteren – knapp 30 Prozent der Käufer von Neuwagen mindestens für eigenartig halten.
Es geht nicht um Gerontotechnik, nicht um Hilfsmittel zum
sind über 60 – eine Vereinfachung und Standardisierung der Bedienungslemente, größere Einstiegshöhe, bessere Rundumsicht, Ausgleich eines Handicaps, sondern um alltägliche Gebrauchsdie kostenlose Wahl zwischen Schalt- und Automatikgetriebe
güter und auch um Komfortgeräte. Es geht um Anwenderfreundlichkeit. Nicht allein für eine bestimmte Altersgruppe,
und Rückfahrsensoren wünschen.
sondern letztlich für alle. Kinderleicht soll das alles auch sein
und nicht nur versprochen werden. | Bernhard Schneidewind
Alles ganz einfach?
Niemanden überfordern und Geräte einsetzen, die im Alltag helfen, statt ihn
komplizierter zu machen: Wenn die Johanniter für ihre Dienstleistungen Technik
verwenden, dann ist diese auch auf ihre Tauglichkeit überprüft
16
Johanniter 4|05 Verbraucherwünsche
eine Mikrowelle. Damit Johanniter-Kunden auch hier den Überblick behalten, muss lediglich
eine auf dem Gericht angegebene
zweistellige Zahl in das Bedienfeld des Gerätes eingetippt werden – wie lange die Mahlzeit dann
bis zum Verzehr braucht, ist schon
in die „denkende“ Mikrowelle programmiert. Auch die bei den Johannitern eingesetzten Hausnotrufgeräte sind höchstens mit drei
Knöpfen ausgestattet.
Probleme mit der Technik und
der Abstimmung auf die Bedürfnisse und die Fähigkeiten der
Nutzer gibt es dagegen noch auf
dem Gebiet der Mobiltelefone.
Viele Anbieter haben einfache
Notrufhandys mit einem oder drei
Tasten im Angebot: Beim Druck
des Notrufknopfes wird der Alarm
an eine Zentrale weitergeleitet.
Diese Geräte können teilweise
auch geortet werden, um bei einem Notfall gefunden werden zu
können, aber die Ortungstechnik
funktioniert nicht immer. „Wir
setzen“, so Peter Balz, „auch in
diesem Bereich hohe Maßstäbe
an. Ein Seniorenhandy, das alle
Ansprüche erfüllt, gibt es noch
nicht, aber wir sind auf der Suche.“
| Wolfgang Brenner
Anzeige
Zwei so bunte wie auffällige Knöpfe und ein kleines Lämpchen. Mehr
ist nicht dran an dem „Servtherm
Plus“, einem Gerät, mit dem sich
Fertiggerichte in einem Wasserbad
aufwärmen lassen. „Da kann man
eigentlich gar nichts falsch machen“, sagt Peter Balz, Bereichsleiter Altenhilfe und Einsatzdienste
der Johanniter-Unfall-Hilfe, zu dem
Gerät, das beim Menüservice der
Johanniter eingesetzt wird.
Wer sich sein Essen bringen
lässt, der möchte nicht lange in
Handbüchern stöbern und Bedienungsanleitungen studieren müssen. Auch nicht für etwas komplizierter konstruierte Geräte wie
Die Urkraft
für Ihre Gelenke!
Treppen steigen, Einkaufstüten tragen, langes Sitzen,
Freizeitaktivitäten – unsere Gelenke sind ganz schön
beansprucht. Das spüren wir mit zunehmendem
Alter, besonders nach intensiven oder einseitigen
Belastungen. Haben Sie auch schon überlegt,
wieviel Beweglichkeit, Mobilität und Lebensfreude wir diesen „Wunderwerken“ der Natur
verdanken?
Und? Was tun Sie für Ihre Gelenke?
Der Körper braucht Collagen
Unsere Zivilisation hat dazu geführt, dass wir heute in einer Art
„Stuhlgesellschaft“ leben. Wir sitzen zu viel. Um auf diese Problematik
hinzuweisen, hat die Weltgesundheitsorganisation WHO das Jahrzehnt
der „Knochen und Gelenke“ ausgerufen. Denn Gelenke brauchen
Bewegung, um gesund zu bleiben. Genauso wichtig ist die richtige
Ernährung. Unser Körper benötigt viel Collagen, den Grundbaustein
für unsere Gelenke und ihre „Stoßdämpfer“, die Gelenkknorpel. Das
wusste bereits im 11. Jh. die heilige Hildegard von Bingen. Sie empfahl
als Gelenknahrung Gelatine, ein collagenes Eiweiß. Heute steht uns dank
langjähriger intensiver Forschung ein modernes Collagen-Hydrolysat zur
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speichern. Man muss ihm die flüssigen
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zuführen, wie Vitamine und Mineralstoffe auch. Von daher empfiehlt sich
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180 Kilometer auf unwegsamen und mit
Kontrollen gesäumten Straßen legt die
mobile Augenambulanz am Tag zurück.
An sechs Tagen in der Woche
sind zwei mobile Augenambulanzen des St. John Eye
Hospitals in Jerusalem in
den Dörfern und Lagern der
Palästinenser im Westjordanland unterwegs.
Hausbesuch im Westjordanland
Einen Tag mit der mobilen Augenambulanz vom St. John Eye Hospital
unterwegs in den Lagern der Palästinenser
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Um 6.30 Uhr soll die mobile Augenambulanz vom St. John
Eye Hospital in Jerusalem nach Tulkarem abfahren. Eigentlich.
Doch der Diabetes-Assistent aus Ramallah fehlt. Sieben Mitarbeiter müssen warten. Fast eine halbe Stunde. Dann klingelt
das Handy: „Stecke am Checkpoint Khalandia fest.“ Immer
wieder kommt deshalb ein Kollege zu spät oder gar nicht zur
Arbeit in Jerusalem.
Das Team fährt los, holt den Mitarbeiter am Checkpoint ab. Um
weitere Kontrollen zu vermeiden, geht es weiter auf holprigen
Feldwegen bergauf und bergab bis vor die Tore Tulkarems. Jeder,
der durch das Städtchen im Westjordanland nördlich von Jerusalem will, muss durch diesen Checkpoint. Die israelischen Soldaten kontrollieren lediglich die vom israelischen Gesundheitsministerium abgestempelten Papiere.
Auf der anderen Seite des Kontrollpunktes wartet das Chaos.
Eselskarren, Pferde, Autos, dazwischen Fußgänger. Sie alle wollen Richtung Jerusalem, um dort zu arbeiten.
Die mobile Ambulanz schleicht durch den Gegenverkehr. Weiter
geht es in das Flüchtlingslager Nur-shams am Rande Tulkarems.
Das Lager gibt es schon seit 1948. Steinhäuser sind entstanden,
eng aneinander gereiht. Großfamilien mit 15 Personen teilen
sich jeweils gerade mal 60 Quadratmeter. Nicht nur in den Häusern, auch auf den Straßen ist kein Platz. Die mobile Augenambulanz kommt nur langsam voran. Anderthalb Stunden später
als geplant ist sie am Ziel.
Die Geräte zur Augenkontrolle und für kleine Eingriffe werden
vom Auto in den Behandlungsraum gebracht. Rund 100 Patienten
stehen auf der Behandlungsliste. Viele leiden am grauen oder
grünen Star oder an Erkrankungen der Hornhaut. Ein 19 Jahre
altes Mädchen schielt so schlimm, dass sich die Mutter inzwischen sorgt, „ob sie überhaupt einen Ehemann bekommen kann“.
Augenkrankheiten sind im Westjordanland nicht selten. Die Ursachen sind vor allem mangelnde Hygiene und Diabetes. Das
Team der Ambulanz hat deshalb auch den Auftrag, Fragen der
Gesundheitserziehung anzusprechen und Diabetiker zu beraten.
Für Patienten, die im St. John Eye Hospital in Jerusalem operiert werden müssen, besorgt das Team alle Papiere, damit sie
durch die Checkpoints nach Jerusalem kommen.
Gegen 16.30 Uhr verlässt der letzte Patient das Wartezimmer.
Es kann wieder Richtung Jerusalem gehen. Die Soldaten am
Checkpoint tragen ein Barett,
keinen Helm. Das soll ein ZeiAugenkrankheiten sind im
chen dafür sein, dass keine
Westjordanland nicht sel„brenzlige Situation“ vorliegt.
ten. Die Ursachen sind vor
Doch das täuscht. Aus Sicherallem mangelnde Hygiene
heitsgründen darf der Kleinbus
und Diabetes.
nicht die geplante Strecke nehmen. Stattdessen muss die Ambulanz auf dem Heimweg das Westjordanland verlassen und
nach Israel hineinfahren. Das bedeutet besonders scharfe Kontrollen und bedeutet einen langen Umweg durch die Hitze des
Nachmittags.
Gegen 18.30 Uhr kommt der Kleinbus im St. John Eye Hospital in Jerusalem an. In der Klinik-Kantine wartet das Abendessen, dann ist endlich Feierabend. Bis 6.30 Uhr in der Früh.
Insgesamt verfügt das St. John Eye Hospital über zwei Ambulanzen. Außer freitags sind sie täglich in verschiedenen Dörfern und Städten des Westjordanlandes im Einsatz. Die Mitarbeiter stammen nicht nur aus der Region, einige kommen aus
Großbritannien, den USA oder Kanada, um für ein paar Wochen
oder Monate im St. John Eye Hospital zu arbeiten. Die Johanniter unterstützen die Arbeit des Krankenhauses, indem sie aus
Mitteln des European Humanitarian Office (ECHO) eine der
Ambulanzen medizinisch ausgerüstet sowie ihren Betrieb für
ein Jahr finanziert haben. Die Hilfe beläuft sich damit auf insgesamt 400.000 Euro. | Regina Villavicencio
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Wellness und Gesundheit
Teelöffel | Keine Dosierhilfe
Tee- und Esslöffel sind als Dosierhilfe bei stark wirkenden Medikamenten in Saftform überhaupt nicht geeignet. Die unterschiedlichen und nicht standardisierten Größen dieser Besteckteile können sowohl zu massiven Unterdosierungen wie auch
Überdosierungen führen. Deshalb sollten bei flüssigen Medikamenten stets die beigefügten Messlöffel oder -becher verwendet
werden. Gelegentlich wird auch die Verschlusskappe als Maßeinheit empfohlen. Nach Gebrauch sollten all diese Teile gut
abgespült und abgetrocknet werden, um einer Keimbesiedlung
vorzubeugen. |
Lebensqualität | Kochen für Allergiker
„Eintopf vom Freilandhuhn und Kohlrabi mit Ziegenkäse
und Datteln“ – mit dieser Kreation des Sterne-Kochs Rolf
Zacherl startete jetzt die Europäische Stiftung für Allergieforschung (ECARF) aus der Hautklinik der Charité in
Berlin auf ihrer Website ihr kulinarisches Angebot für eine
allergiefreundliche Küche. Die Rezepte sind einfach nachzukochen und sollen Allergikern einen unbeschwerten Genuss erlauben.
Oft sei, so Professor Dr. Torsten Zuberbier, „eine Nahrungsmittelallergie der Vorbote einer anderen allergischen
Erkrankung wie beispielsweise Neurodermitis oder Heuschnupfen. Mit den Rezepten von Rolf Zacherl möchten
wir dafür sorgen, dass Allergiker nicht an Lebensqualität
einbüßen müssen.“ | Info www.ecarf.com; www.allergiecentrum-charite.de; www.ralf-zacherl.de
Zucker | Weiß oder braun?
Manchen ist es eine schier existenzielle Frage: Welchen Zucker
in den Kaffee oder in den Tee? Brauner oder weißer? Manch einer
hält den einen für gesünder als den anderen. Einig ist man sich
aber nicht. Kann man auch nicht. Denn Raffinade, der weiße,
gereinigte Zucker, und Farin, gelber bis brauner, ungereinigter
Zucker, unterscheiden sich kaum in ihren Inhaltsstoffen. Zwar
stecken im braunen Zucker Vitamine und Mineralstoffe, allerdings sind sie so gering, dass sie für die Nährstoffversorgung
unbedeutend sind. Alles also nur eine Frage des Geschmacks:
Brauner Zucker schmeckt durch seinen leichten Karamellgeschmack ein wenig intensiver als der weiße. |
Umweltschutz | Alle sind dafür
Eine Studie der Philipps-Universität Marburg im Auftrag des
Umweltbundesamtes hat ergeben, dass über die Hälfte der
Deutschen eine Umweltkatastrophe befürchten, wenn die
Menschheit weitermacht wie bisher. Eine wachsende Mehrheit
will den Autoverkehr eindämmen, mehr als ein Drittel möchte
in einer autofreien Umgebung wohnen, vier Fünftel fordern,
dass weniger Ressourcen verbraucht werden sollten, 92 Prozent
ist der Umweltschutz wichtig, 97 Prozent halten Klimaschutz
für eine wichtige politische Aufgabe. |
Geflügel | Aufgepumpt
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In manchen Brathähnchen steckt vielleicht mehr als nur zartes
Muskelfleisch: Dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BLV) liegen Hinweise vor, dass Lebensmittelhersteller die Fleischmenge frischer Geflügelteile illegal
mit Wasser und Bindemitteln vergrößern. Zwar besteht dadurch
keine Gesundheitsgefährdung, aber faktisch handelt es sich
um einen Preisbetrug. Wer solchen
Täuschungen entgehen will, sollte, so
die Verbraucherzentralen, vorsichtig
bei Billig-Angeboten sein und lieber
auf Geflügel aus regionaler, extensiver
und ökologischer Erzeugung zurückgreifen. | Info www.huhn-und-pute.de
In der Bahn |
Rauchverbot
Die Deutsche Bahn (DB) weitet das Rauchverbot in ihren Zügen aus. Jetzt darf auch in
den Nahverkehrszügen in Bremen und Niedersachsen nicht mehr geraucht werden –
bislang galt das schon für die Bundesländer
Nordrhein-Westfalen, Sachsen und BadenWürttemberg. Im Fernverkehr mit ICE und
Intercity sind inzwischen vier Fünftel der
Plätze Nichtrauchern vorbehalten. Auch die
Reservierung von Raucherplätzen geht seit
langem schon stetig zurück. Da es aber nach
wie vor eine gewisse Nachfrage gebe, so ein
DB-Sprecher, seien auch in naher Zukunft
keine reinen Nichtraucherzüge geplant. |
Wellness und Gesundheit Johanniter 4|05
21
Wellness und Gesundheit
Blutvergiftung | Mit Todesfolge
Aquakultur | Frische Fische aus der Farm
Frischer Fisch riecht nach Meer und nicht nach Fisch. Das war
einmal. Der Fischfang auf offener See stagniert seit Jahren.
Nicht zuletzt auch deshalb, weil mehr als die Hälfte aller Speisefischbestände als überfischt gelten – ein Grund dafür, dass die
Fischpreise seit Jahren steigen und steigen. Kabeljau ist mittlerweile vom Preis her ein Luxus, Dorsch findet man kaum noch
in Fischhandlungen und selbst Tunfisch wird mittlerweile rar.
Doch in die Lücke, die so auf dem Markt entstanden ist, treten
immer mehr Speisefische aus Aquakulturen – also Fischzucht in
Fischfarmen. FAO, die Welternährungsorganisation der UNO,
setzt große Hoffnungen in die Aquakultur, weil deren Produkte
zu niedrigeren Preisen auf den Markt kommen und deshalb im
Kampf gegen den Hunger eingesetzt werden können. Zudem
sorgt die Aquakultur für Arbeitsplätze. Allein in China, dem
Weltmarktführer, bietet die Branche vier Millionen VollzeitArbeitsplätze. |
In Deutschland sterben jeden Tag durchschnittlich 162 Menschen an einer Blutvergiftung. Das hat eine Untersuchung des
Kompetenznetzes Sepsis ergeben. Jährlich erkrankten, so die
Untersuchung, etwa 154 000 Menschen an einer außer Kontrolle geratenen Infektion durch Bakterien oder andere Mikroorganismen wie Pilzen. Rund 60 000 Menschen überlebten die Infektion nicht.
Das Risiko einer Sepsis steigt mit dem Alter, und sie tritt häufiger nach großen Operationen auf. Tödlich an der Sepsis ist
meist nicht die Infektion selbst, sondern die eigene Körperabwehr, der es häufig nicht gelingt, die Erreger in Schach zu halten. So gelangen sie in die Blutbahn und damit in den gesamten
Körper. |
Ratgeber | Für Behinderte im Ruhestand
Einen Ratgeber der besonderen Art hat der Landesverband Nordrhein-Westfalen für Körper- und Mehrfachbehinderte vorgelegt:
„Neuland entdecken – Wenn Menschen mit Behinderung in den
Ruhestand gehen“ ist der Titel der 92-seitigen Broschüre, die
helfen soll, den Übergang vom Arbeitsleben in den Ruhestand
zu gestalten. Der Band, gefördert durch die Aktion Mensch,
entstand als Abschluss eines Modellprojekts „Unterstützter Ruhestand“. | Info Der Band ist gegen vier Euro Versandkosten zu
beziehen über den Landesverband Nordrhein-Westfalen für Körperund Mehrfachbehinderte, Brehmstraße 5-7, 40239 Düsseldorf,
Telefon: 0211 7612098, E-Mail: [email protected]
Mehr Kooperation | Mit Zahnmedizin
Hilfsangebot | Für Alkoholkranke
22
Johanniter 4|05 Wellness und Gesundheit
Etwa 3,6 Prozent der Erwachsenen in Deutschland sind alkoholabhängig und etwa fünf Prozent betreiben gefährlichen Alkoholmissbrauch. Die Folge sind schwere Erkrankungen, die das Gesundheitssystem nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts
mit jährlich etwa 20,5 Millionen Euro belasten. Mit einer Internetseite soll den rund 2,6 Milliarden von Alkoholismus Betroffenen
hierzulande ein Austausch mit fachlicher Begleitung ermöglicht,
aber auch die Allgemeinheit, vor allem
Jugendliche, erreicht
werden, mit dem Ziel,
sie über die Gefährdungen durch Alkoholmissbrauch aufzuklären. |
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Die Bedeutung gesunder Zähne für einen gesunden Gesamtorganismus ist längst bewiesen. Deshalb führt das Fachgebiet der
Zahnmedzin weit über die Mundhöhle hinaus. Bekannt sind heute
beispielsweise Zusammenhänge zwischen Zahnerkrankungen
und Herzerkrankungen oder zwischen Kopfschmerzen und Kaufunktionsstörungen.
Ein anschauliches Beispiel dafür, wie weit eine solche Kooperation reichen kann, liefert die Arbeit von Prof. Dr. KubeinMeesenburg (Göttingen), dessen Grundlagenforschung zur Biomechanik der Kiefergelenke zu neuen Erkenntnissen über
allgemein gültige Funktionsprinzipien menschlicher Gelenke
geführt hat. Auf diesem Wissen aufbauend, werden heute künstliche Kniegelenke industriell gefertigt und von Orthopäden erfolgreich implantiert. Da gewinnt das Bild „auf dem Zahnfleisch laufen“ plötzlich eine ganz neue Dimension. |
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Ess- und Tischsitten | Alles erlernbar
Die Szenerie ist bekannt und auch die Handlung. Da sitzt jemand
vor einem tiefen Teller mit Suppe und tut alles, was das Wohlbefinden der anderen am Tisch nicht gerade steigert: Der linke
Unterarm, verschränkt vor dem Leib, liegt auf dem Tisch zwischen Suppenteller und Esser, der Löffelstiel lagert in einer
Faust, der Ellenbogen ist auf dem Tisch abgestützt, beim
Essen bewegt sich der Kopf mehr zur Suppe
als der Löffel zum Kopf, über den Rand des
Löffels hinausragendes Gemüse wird mit dem
Daumen der anderen Hand im Löffel platziert,
und wenn aus dem rechts vom Teller stehenden Glas getrunken wird, dann langt der linke
Arm diagonal über Suppenteller hinweg zum
Glas, derweil der Löffel in der rechten Faust
nach oben gehalten wird.
Auch wenn solche Esser dieses Gebaren für „cool“ oder „lässig“
erklären, kann manchem Mitesser dabei schon der Appetit vergehen. Ess- und Tischsitten, Manieren überhaupt, haben nicht
selten einen Standard, der weit hinter dem zurückfällt, was früher
schon einmal geboten war. An diese vermeintlich überholten
Gepflogenheiten erinnern zahlreiche Veröffentlichungen auf
dem Buch-Markt. Ute Witts „Ess- und Tisch-Knigge“ ist eine.
Die Autorin erläutert in ihrem schmalen Band, bar jeder moralinsauren Attitüde, die Etikette am Tisch, damit man nicht von
einem Fettnäpfchen ins nächste tritt. Niemand kommt mit der
Fähigkeit auf die Welt, allen Sitten bei Tisch zu genügen. Aber
man kann sie erlernen. Davon profitieren alle, mit denen man
das Mahl teilt. | Ute Witt: „Ess- und Tisch-Knigge. Nie wieder
peinlich!“, Gräfe und Unzer Verlag, München 2004, 128 Seiten,
12,90 Euro
In Schweden | Kauen und spucken
Schuldnerberatung | Überfordert durch Nachfrage
Schweden hat als fünftes Land in Europa
das Rauchen in Bars und Restaurants verboten. In Schweden raucht weniger als
ein Fünftel der Bevölkerung, das ist eine
der niedrigsten Raten weltweit. Nun wird
allerdings mit einem Anstieg des Konsums
von Kautabak gerechnet. Die so genannten Snus sind in allen anderen Länder der
Europäischen Union verboten, nicht aber
in Schweden. Jeder zehnte Schwede konsumiert laut Statistiken regelmäßig Kautabak. |
Die Zahl der Haushalte in Deutschland, die überschuldet sind, wächst stetig:
Schätzungen gehen davon aus, dass es mehr als drei Millionen Haushalte
sind, die Hälfte davon Familien mit Kindern. Das gesetzliche VerbraucherInsolvenzverfahren bietet die Möglichkeit, Privatinsolvenz anzumelden
und nach einer sechsjährigen Wohlverhaltensphase schuldenfrei zu sein.
Die Schuldnerberatungsstellen jedoch sind heillos überlastet – Wartezeiten
von mindestens einem halben Jahr sind eher die Regel als die Ausnahme.
Die Nachfrage nach Beratung ist zudem mit der Einführung von Hartz-IV
weiter angewachsen. | Info www.forum-schuldnerberatung.de und
www.agsbv.de
Schullärm | Durch hallige Klassenzimmer
24
Johanniter 4|05 Kunter und Bunt
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75 Prozent ihrer Unterrichtszeit verbringen Schüler ausschließlich mit
Zuhören. Umso erstaunlicher, dass vielerorts immer noch vernachlässigt
wird, wie sehr laute und hallige Klassenzimmer den Lernerfolg beeinträchtigen. Zum Beispiel können die Worte des Lehrers durch hohe Nachhallzeiten so verzerrt werden, dass das Zuhören zur regelrechten Kraftanstrengung wird. Die Schüler ermüden schneller, und die Konzentration lässt
nach. Das sind die ersten Ergebnisse eines Forschungsprojekts zum Arbeitsschutz an Bremer Schulen. |
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Stütz-BH mit Rückenverschluß
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Kunter und Bunt
Reiselust | Auf zehn Länder
Altersarmut | Bedrohung
Mehr als ein Drittel der Deutschen leben
mit der Angst, in Zukunft unter die Armutsgrenze zu rutschen. Lediglich 16
Prozent können das Risiko einer finanziellen Notlage ganz ausschließen. Das ergab eine Umfrage des Versicherers Delta
Lloyd und des FAZ-Instituts. Derzeit leben 13,5 Prozent der Bevölkerung nach
dem Armutsbericht der Bundesregierung
in relativer Armut. |
Die zehn beliebtesten Reiseländer der Erde teilen sich fast die Hälfte des weltweiten
touristischen Verkehrs. Von den 760 Millionen Menschen, die 2004 eine Auslandsreise
unternahmen, reisten 363 Millionen in die folgenden Länder: Frankreich (75,1 Millionen
Besucher), Spanien (53,6), USA ( 46,1), China (41,8), Italien (37,1), Großbritannien
(27,7), Hongkong (21,8), Mexiko (20,6), Deutschland (20,1) und Österreich (19,4).
In der Bundesrepublik Deutschland teilen sich drei Bundesländer mehr als die
Hälfte aller Touristen aus dem Ausland. Das beliebteste Ziel ist mit 23 Prozent aller
Übernachtungen im Jahr 2004 Bayern gewesen. Dahinter rangieren, so das Statistische Bundesamt, Nordrhein-Westfalen mit 14,8 und Baden-Württemberg mit 13,9
Prozent. Diese drei Länder zählten zusammen 23,4 Millionen Übernachtungen, 45,4
Millionen waren es in ganz Deutschland. Die Liste der ausländischen Besucher führten die Niederländer mit acht Millionen Übernachtungen an, gefolgt von US-Amerikanern (4,3 Millionen) und Briten (3,8 Millionen). |
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Auch ein Lernfach |
Soziale Kompetenz
26
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oder per E-Mail an:
[email protected]
Lösungswort der letzten Ausgabe:
MITTSOMMER
Die Gewinner: Johanna Hölscher (Bochum),
Gudrun Haas (Biebergemünd-Kassel),
Wolfgang Hillmann (Rösrath), Dieter
Lehmann (Berlin) und Gudrun Bernhard
(Grünkraut).
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
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Kriterium der Beurteilung der Fähigkeiten
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Denkanstoß
Deutschland wird 2006 Fußballweltmeister – oder auch nicht. Aber Fußball
ist mehr als nationaler Freudentaumel und ein Event der Werbeindustrie
Seit der Vergabe der FIFA-Fußball-Weltmeisterschaft
2006, der größten Sportveranstaltung der Welt, an
Deutschland, bewegt die Nation neben der Frage nach
dem Gewinn des Weltmeistertitels im eigenen Land
unaufhörlich das Thema der Kommerzialisierung dieses
Mega-Events.
Baustellen sollen nicht dort entstehen, wo sich Sponsoren platzieren wollen (z. B. auf dem Schlossplatz in
Berlin), der „heilige“ Rasen vor dem Bundestag soll –
für Sponsoren versteht sich – Untergrund für einen
Nachbau des Olympiastadions werden. Straßen werden
gesperrt, Verkehr umgeleitet, FIFA-Regularien legen
sich für einen Monat über bestehendes Recht ... die Fußball-WM ist in der Stadt.
Das lässt sich am Ende alles leichter ertragen, wenn
Deutschland Fußball spielt, der Spaß macht, oder gar
Weltmeister wird – im besten Fall beides. Die Stimmung
ist gut, die Erwartungen hoch und vielleicht klappt es ja.
Viel Glück jedenfalls, Jürgen Klinsmann.
Dieser Fußballhype und grenzenlose Kommerz hat
jedoch indirekt auch positive Seiten, über die wenig
gesprochen wird. Die riesige Popularität des Profi-Fußballs bietet einzigartige Möglichkeiten in der sozialen
Arbeit bzw. der Kulturarbeit. Natürlich ist da zunächst
das einfache Spiel „Fußball“, aber wäre da nicht der
Fußball im Fernsehen, das Bundesliga-Wochenende
oder die Fußball-WM, dann hätte die „Weltsprache“
Fußball sicher ein ärmeres Vokabular.
Fußball ist nicht von Natur aus gut, viele Beispiele
belegen diese These, aber er hat eben dieses riesige
Potenzial „Gutes“ zu bewirken.
Vielleicht zeigt es sich am besten in der Geschichte
von „streetfootballworld“, einer internationalen Organisation: Andres Escobar, kolumbianischer Nationalspieler, erzielt bei der WM 1994 ein Eigentor. Die kolumbianische Mannschaft, die als Mitfavorit angetreten war,
scheidet nach der Vorrunde aus. Verschiedene Umstände
führen dazu, dass Andres Escobar wenige Tage später in
Kolumbien erschossen wird. Dieser verstörende Vorgang
war Anlass für den Start eines Fußballprojektes für den
Frieden!
Jugendbanden in Medellín, die in bewaffnetem Konflikt zueinander standen, traten nun in gemischten Mannschaften und ohne die Autorität eines Schiedsrichters an,
um in Medellín Demokratie und Toleranz zu trainieren.
Erlerntes soll in das alltägliche Leben übertragen werden. Es funktioniert: Inzwischen spielen fast 30 000 Jugendliche in sieben Ländern auf drei Kontinenten nach
derselben Methode: in Kolumbien, Deutschland, Ruanda,
Argentinien, Peru, Paraguay und Chile.
Ähnlich arbeiten Projekte von Nichtregierungsorganisationen überall auf der Welt: gegen Aids in Nigeria,
Südafrika oder Sambia, für Gewaltverzicht in Ruanda,
Liberia, Kolumbien, Afghanistan oder Israel und Palästina,
gegen Obdachlosigkeit und für soziale Integration in England, Norwegen und den USA.
„streetfootballworld“, mit Sitz in Berlin, hat inzwischen
über 70 dieser Projekte in einem Netzwerk zusammengefasst.
Das „streetfootballworld festival 06“, als offizieller Bestandteil des Kunst- und Kulturprogramms der Bundesregierung zur FIFA-WM 2006, wird ein Meilenstein in
dieser Entwicklung. 24 der besten Projekte werden sich
in Berlin präsentieren und natürlich den StraßenfußballWeltmeister ermitteln. Am 8. Juli 2006, einen Tag bevor
Deutschland Fußballweltmeister wird oder auch nicht!
| Antje Vollmer
28
Johanniter 4|05 Denkanstoß
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Die Autorin ist Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages. Sie war 1999 Initiatorin und dann 1. Vorsitzende
des Projekts „Freunde und Förderer von Straßenfußball“,
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klommen werden, um vom Boden in
die Maschinenkanzel dieses Windrades
im ostfriesischen Holtum-Geest zu
kommen. 117 Meter ragt die Windanlage in den Himmel über dem flachen
Land. Dort steigt man nur hoch, wenn
man muss. Sechs Mal im Jahr müssen
die Monteure der Betreiber in die Kanzel
klettern. Einmal machten sich jetzt sechs
Mitglieder – eine Frau und fünf Männer –
des Höhenrettungsteams der JohanniterUnfall-Hilfe Norden auf den beschwerlichen Weg, um das zu üben, was bisher
noch nicht vorgekommen ist: Rettung
eines in der Kanzel Verunfallten. Das ist
an diesem Tag nicht einfach. Es weht ein
strammer Wind, der die orangefarbige
Kunststofftrage, die eher einer flachen
Wanne gleicht, mit dem Unfallopfer und
dem Begleiter immer wieder nahe an den
Stahlmast treibt. Dort stieße sie wohl auch
an, wenn der Höhenretter am Boden die
in der Luft Schwebenden nicht immer
wieder mit großem Kraftaufwand und
über das Führungsseil auf die rechte,
ungefährliche Bahn nach unten lenken
würde.
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Johanniter 4|05 Augenklick
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