Fachkräftemigration aus der Sicht von Partnerländern
Transcription
Fachkräftemigration aus der Sicht von Partnerländern
Fachkräftemigration aus der Sicht von Partnerländern Wege zu einer entwicklungsorientierten Migrationspolitik Herausgegeben von: Vorwort Viele Industrieländer kämpfen aufgrund des demografischen Wandels mit einem dramatischen Rückgang ihres Fachkräftepotenzials: Jüngsten Szenarien zufolge werden diesen Staaten in 20 Jahren über 200 Millionen qualifizierte Fachkräfte fehlen. In einigen europäischen Ländern wird in den kommenden zwei Jahrzehnten die Zahl der Erwerbstätigen um bis zu ein Drittel abnehmen, wenn es nicht gelingt, zusätzliche Potenziale zu erschließen (Angenendt 2012: 10). Ein Lösungsansatz liegt in der Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland. Die Idee: Der wachsende Bedarf an Fachkräften in den geburtenschwachen Staaten könnte durch die jungen Bevölkerungsgruppen zahlreicher Entwicklungs- und Schwellenländer zum Teil abgedeckt werden. Zuwanderung ist für viele Staaten keine Option, sondern ein Muss, wenn sie ihre Konkurrenzfähigkeit erhalten möchten. Der globale Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte – insbesondere im Gesundheitssektor und in mathematisch-technischen Berufen – hat längst begonnen. Das verstärkte Engagement von Anwerbestaaten in Entwicklungs- und Schwellenländern wird jedoch auch kritisch gesehen. Eine Abwanderung von Fachkräften, häufig als Brain Drain bezeichnet, kann die Innovationskraft des Herkunftslandes hemmen oder zu Engpässen führen, z.B. im Gesundheitswesen. Dem steht die Erkenntnis gegenüber, dass die Migration von Fachkräften viele positive Effekte haben kann: Geld und Ideen fließen in die Herkunftsländer der Fachkräfte und viele Auswanderer kehren befristet oder auf Dauer zurück und tragen so zur Entwicklung ihres Heimatlandes bei. 2 Vor diesem Hintergrund gilt es, Strategien zu entwickeln, überzeugt, dass ein entwicklungspolitisch sensibles um die positiven Effekte von Migration gezielt zu fördern Vorgehen bei der Fachkräftegewinnung auch die Attrakti- und mögliche negative Folgen der Abwanderung von vität des Standortes Deutschland in der Migrationspolitik Fachkräften für die Entwicklungs- und Schwellenländer steigert. abzuwenden. Das kann nur im Dialog mit den Herkunfts- Erste Ergebnisse wurden Mitte Dezember 2012 in einem ländern gelingen. Um die Interessen der Herkunftsländer Fachsymposium in Berlin präsentiert und diskutiert. Die zu erfassen und Anregungen für eine entwicklungsorien- zentralen Resultate der Dialogreihe werden im vorlie- tierte Fachkräftemigrationspolitik zu bekommen, hat das genden Studienbericht zusammengefasst und stehen Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit damit allen Interessierten zur Verfügung. und Entwicklung die Dialogreihe „Maximierung des entwicklungspolitischen Nutzens von Fachkräftemigra- Ich danke dem Projektteam der Deutschen Gesellschaft tion“ in Auftrag gegeben. Das Projekt wurde vom für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH herzlich Geschäftsbereich Migration der Deutschen Gesellschaft für die engagierte und schnelle Umsetzung der Maß- für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH von nahme und allen Gesprächspartnern für ihre Bereitschaft, August bis Dezember 2012 durchgeführt. Der Ansatz ist mit uns in einen offenen Dialog zu treten. innovativ und experimentell, denn bislang fanden die Diskussionen über geeignete Fachkräftemigrationsstrate- Eine spannende Lektüre wünscht Ihr gien überwiegend in den Anwerbestaaten statt. Unser Ziel war es, die Perspektive der Entsendeländer in den Vordergrund zu stellen. Im Rahmen von Experteninterviews und Dialogveranstaltungen wurde in Armenien, Georgien, Indien, Kolumbien, Marokko, Tunesien und Vietnam eruiert, wie nachhaltige Modelle der Fachkräfte- Dr. Werner Bruns migration geschaffen werden können. Der Fokus lag auf Leiter der Abteilung Zentrale Dienste; Modellen, von denen sowohl die Migrantinnen und Zivilgesellschaft; Wirtschaft Migranten als auch das Aufnahmeland und das Bundesministerium für wirtschaftliche Herkunftsland profitieren können. Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Insgesamt soll das Projekt einen Beitrag dazu leisten, Migrationspolitik in Deutschland partizipativ unter Einbeziehung der Interessen und Sichtweisen der Herkunftsländer zu gestalten. Darüber hinaus sind wir 3 Inhalt Vorwort .................................................................................................................................................................................................... 2 Abkürzungen ..........................................................................................................................................................................................7 Zusammenfassung ...............................................................................................................................................................................8 1. Ausgangslage und methodischer Hintergrund ................................................................................. 11 1.1 Ausgangslage ........................................................................................................................................................................... 11 1.2 Methodische Vorgehensweise ......................................................................................................................................... 11 1.3 Begriffliche Abgrenzung .................................................................................................................................................... 13 1.4 Fachkräftemigration und ihre entwicklungspolitischen Auswirkungen ................................................... 14 2. Fachkräftemigration begreifen: Abwägung von Chancen und Risiken .................... 17 2.1 Phase 1: Abwanderung ins Ausland .............................................................................................................................. 17 2.2 Phase 2: Aufenthalt im Ausland ..................................................................................................................................... 19 2.3 Phase 3: Mögliche Rückkehr ............................................................................................................................................ 20 3. Fachkräftemigration bewerten: Rahmenbedingungen auf dem Prüfstand ......... 23 3.1 Rechtlicher und administrativer Kontext in den Aufnahmeländern .......................................................... 23 3.2 Rahmenbedingungen in den Herkunftsländern ................................................................................................... 25 3.3 Internationaler Kontext ..................................................................................................................................................... 27 4 4. Fachkräftemigration gestalten: Verbesserungsvorschläge unterbreiten ................. 31 4.1 Arbeitsmarktanalyse, Monitoring, Kommunikation ........................................................................................... 31 4.2 Vorbereitung der migrierenden Fachkräfte ............................................................................................................. 32 4.3 Rekrutierung und Vermittlung der migrierenden Fachkräfte ........................................................................ 32 4.4 Willkommenskultur und Integrationsförderung .................................................................................................. 33 4.5 Zusammenarbeit mit der Diaspora .............................................................................................................................. 34 4.6 Optimierung der Verwendung von Geldtransfers ................................................................................................ 35 4.7 Rückkehranreize und Reintegrationsförderung .................................................................................................... 36 5. Fazit ................................................................................................................................................................................................ 38 Annex I: Länderberichte ................................................................................................................................................. 41 Armenien ......................................................................................................................................................................................... 41 Georgien ........................................................................................................................................................................................... 45 Indien ................................................................................................................................................................................................. 49 Kolumbien ....................................................................................................................................................................................... 53 Marokko ............................................................................................................................................................................................ 57 Tunesien ........................................................................................................................................................................................... 61 Vietnam ............................................................................................................................................................................................ 65 Annex II: Liste der Interview- und Diskussionspartner ................................................................. 68 Annex III: Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 71 5 6 Abkürzungen ANAPEC. . . . . Agence Nationale de Promotion de l’Emploi et des Compétences (marokkanische Arbeitsagentur) ANETI. . . . . . . Agence Nationale pour l’Emploi et le Travail Indépendant (tunesische Arbeitsagentur) BA. . . . . . . . . . . Bundesagentur für Arbeit BIP. . . . . . . . . . Bruttoinlandsprodukt BMAS . . . . . . . Bundesministerium für Arbeit und Soziales BMWi . . . . . . . Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie BMZ. . . . . . . . . Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung CNU. . . . . . . . . Colombia Nos Une Programm DDR. . . . . . . . . Deutsche Demokratische Republik DOLAB. . . . . . Department of Overseas Labour Affairs (Vietnam) EU. . . . . . . . . . . Europäische Union EURES. . . . . . . European Employment Services EZ. . . . . . . . . . . Entwicklungszusammenarbeit FARC. . . . . . . . Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia (Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens) GIZ . . . . . . . . . Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH H1B. . . . . . . . . Vorübergehendes Arbeitsvisum für besondere Berufszweige in den USA ISCED. . . . . . . International Standard Classification of Education IT. . . . . . . . . . . Informationstechnik MEDA. . . . . . . Mésures d’accompagnement financiers et techniques (EU Programm zur finanziellen und technischen Begleitung für die Implementierung der euro-mediterranen Zusammenarbeit) MOIA . . . . . . . Ministry of Overseas Indian Affairs (Indien) MINT . . . . . . . Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Informatik NGO. . . . . . . . . Non-Governmental Organization OCI . . . . . . . . . Overseas Citizenship of India ODA. . . . . . . . . Official Development Assistance PhD. . . . . . . . . philosophiae doctor, wissenschaftlicher Doktorgrad PIO. . . . . . . . . .Person of Indian Origin USA. . . . . . . . . United States of America (Vereinigte Staaten von Amerika) 7 Zusammenfassung Die Studie untersucht, wie die entwicklungspolitischen mitbringen. Dann können Rückkehrer als Entwicklungs- Effekte von Fachkräftemigration maximiert werden akteure wirken, und sie können eine Vorbildwirkung im können. Um diese Frage aus der Perspektive der Herkunftsland haben, indem sie deutlich machen, dass Herkunftsländer zu beantworten, führte die Deutsche sich Investitionen in Bildung und Ausbildung lohnen. Im Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) Fall einer dauerhaften Abwanderung setzen die Experten GmbH in sieben ausgewählten Ländern – Armenien, Hoffnungen in eine verstärkte Kooperation mit der dabei Georgien, Indien, Kolumbien, Marokko, Tunesien und entstehenden Diaspora. Vietnam – mit zahlreichen Experten Interviews. Zusätzlich wurden fünf Dialogveranstaltungen mit jeweils Aus den Interviews wird deutlich, dass die angestrebten 60 bis 90 Teilnehmern organisiert, wovon zwei Veranstal- positiven Wirkungen für Herkunftsländer, Aufnahme- tungen regionalen Charakter hatten (Maghreb, länder und Migranten (Triple Win) keine Selbstverständ- Südkaukasus). lichkeit darstellen. Neben den bereits angesprochenen Risiken für die Herkunftsländer sehen die Interview- Die zentrale Erkenntnis lautet: Die meisten Gesprächs- partner im Wesentlichen drei mögliche negative partner bewerten die Migration von Fachkräften als Wirkungen. Diese werden insbesondere befürchtet, wenn positiv und gewinnbringend, und sie betrachten sie als der Migrationsprozess ungeregelt stattfindet, wie dies bei einen Beitrag zur Verringerung der Arbeitslosigkeit und weniger qualifizierten Tätigkeiten häufig der Fall ist. Hier unterqualifizierter Beschäftigung im Herkunftsland. Viele gibt es kaum legale Zugangsmöglichkeiten zu den Experten weisen darauf hin, dass eine geregelte Arbeitsmärkten der Industrieländer, was in den Augen der Abwanderung auch von gut ausgebildeten Fachkräften Herkunftsländer irreguläre Migrations- und Beschäfti- zumindest dann nicht als Brain Drain gewertet werden gungsmuster fördert, bei denen ein hohes Ausbeutungs- kann, wenn diese im Herkunftsland keine geeigneten risiko besteht. Daher wird angeregt, auch für diese Beschäftigungsmöglichkeiten finden können. Allerdings Berufsbilder legale Migrationsmöglichkeiten zu schaffen wird durchaus befürchtet, dass eine ungeregelte und und Arbeitsmarktzugänge nicht nur Personen mit massive Abwerbung im Herkunftsland dort zu Engpässen hochwertigen Abschlüssen zu ermöglichen. Ein zweites führen kann. Geldtransfers aus dem Ausland werden als nicht zu unterschätzendes Risiko sehen viele Gesprächs- ein wichtiger Beitrag zur Armutsreduktion im partner in einer unterqualifizierten Beschäftigung im Herkunftsland gesehen. Zudem bewerten die Experten die Aufnahmeland. Ein solcher Brain Waste resultiert häufig zwischenstaatlichen Effekte und insbesondere die aus einer mangelhaften Beherrschung der Sprache des Stärkung von partnerschaftlichen Beziehungen als positiv. Ziellandes. Ein dritter Problembereich betrifft die Aus Sicht der Herkunftsländer ergeben sich vor allem Belastungen und Probleme, die sich aus der Trennung für dann positive Effekte, wenn die Fachkräfte zurückkehren die Familie ergeben können. und dabei zusätzliche Qualifikationen und Kapital 8 Um den oben genannten Herausforderungen zu begegnen partner außerdem auf faire Rekrutierungs- und Vermitt- und Fachkräftemigration entwicklungspolitisch lungsprozesse mit transparenten und nachvollziehbaren nachhaltig zu gestalten, halten die Gesprächspartner vor Verfahren. Als äußerst wichtig wird sodann die Gleichbe- allem bessere Möglichkeiten für eine legale Migration für handlung der Migranten mit einheimischen Fachkräften unabdingbar. Hier geht es insbesondere um eine erachtet, insbesondere bei Löhnen, Arbeitsbedingungen erleichterte Visumerteilung. Innerstaatlich werden und sozialer Absicherung. Außerdem wünschen sich die vorrangig eine strategische Gestaltung der nationalen Interviewpartner, dass den Migranten im Zielland mit Migrationspolitik sowie eine verbesserte Koordination der einer Willkommenskultur begegnet wird, d.h. beteiligten Behörden gefordert. Darüber hinaus sind die insbesondere mit Wertschätzung für ihre Persönlichkeit Ausbildungssysteme in vielen Herkunftsländern nicht auf und ihre kulturelle Identität, aber auch mit konkreten die Bedarfe des Arbeitsmarktes abgestimmt – hier besteht Hilfestellungen bei der Integration in die aufnehmende aus Sicht der Experten dringender Handlungsbedarf. Gesellschaft. Im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit der Aufgeworfen wird auch die Frage, wie eine investive Diaspora lautet die Einschätzung der Gesprächspartner, Verwendung der Geldtransfers gefördert werden kann. Im dass migrationsinteressierte Fachkräfte sowie das internationalen Kontext wünschen sich Herkunftsländer Herkunftsland von den Erfahrungen und Qualifikationen eine partnerschaftliche und faire Gestaltung der der bereits im Ausland lebenden Fachkräfte enorm Zusammenarbeit sowie eine engere Kooperation profitieren können. Konkrete Verbesserungsmöglich- insbesondere mit der Europäischen Union. Darüber keiten werden schließlich für die Gestaltung der Rückkehr hinaus befürworten die Gesprächspartner die und Reintegration gesehen, insbesondere in Bezug auf den Entwicklung von internationalen Aus- und Weiterbil- Informations-, Beratungs- und Erfahrungsaustausch. dungskooperationen. Die Gesprächspartner zeigen konkrete Handlungsfelder auf, die für eine nachhaltigere Ausgestaltung von Fachkräftemigration von zentraler Bedeutung sind. So werden eine bessere Abstimmung von Fachkräfteangebot und -nachfrage und ein entsprechender Informationsaustausch vorgeschlagen. Ferner wird die gründliche Vorbereitung der Migranten – durch fachliche sowie sprachlich-interkulturelle Aus- und Weiterbildung – als ein notwendiges Element für einen erfolgreichen Start im Zielland betrachtet. Großen Wert legen die Gesprächs- 9 10 1. Ausgangslage und methodischer Hintergrund Im Mittelpunkt dieser Studie stehen die verschiedenen ausländische Absolventen deutscher Universitäten 2012 Sichtweisen der Entsendeländer zum Thema Fachkräfte- deutlich verbessert. Sie wirbt seit Mitte 2012 mit dem migration, wobei der Fokus auf folgenden Fragen liegt: Ist Onlineportal Make it in Germany im Ausland aktiv um Fachkräftemigration entwicklungsfördernd? Wie kann der Arbeitskräfte3. entwicklungspolitische Nutzen und der damit verbundene Fachkräfte sollten vor allem dort rekrutiert werden, wo Win-Effekt für die Herkunftsländer maximiert werden? sie in einem Überangebot vorhanden sind. Dieses Überangebot kann entweder kurzfristig konjunkturell bedingt sein, oder auf längerfristige strukturelle, wirtschaftliche Schwächen eines Landes zurückgehen. 1.1 Ausgangslage Eine dritte Ursache liegt häufig in einem sehr starken Bevölkerungswachstum, das selbst bei hohen volkswirt- Die Bundesregierung geht in ihrer Fachkräftestrategie schaftlichen Wachstumsraten eine steigende Arbeits- davon aus, dass das deutsche Erwerbspersonenpotenzial1 losigkeit hervorrufen kann. von 2010 bis 2025 um 6,5 Millionen Menschen schrumpfen wird, wenn es nicht gelingt, zusätzliche Potenziale zu erschließen (Bundesministerium für Arbeit 1.2 Methodische Vorgehensweise und Soziales 2011: 6). Dem drohenden Fachkräftemangel soll zunächst durch eine verbesserte Ausschöpfung des inländischen Fachkräftereservoirs entgegen gewirkt werden, vor allem durch eine Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren und durch Qualifizierungs- Der größte Teil der weltweit migrierenden Fachkräfte maßnahmen. Da dies zur Deckung des Fachkräftebedarfs stammt aus bevölkerungsreichen Ländern. In Relation zur langfristig jedoch nicht ausreichen wird (Hochrangige Bevölkerungszahl kann die Abwanderung in bevölke- Konsensgruppe 2011), hat die Bundesregierung die rungsärmeren Ländern wesentlich größere Ausmaße als Zuwanderungsmöglichkeiten für qualifizierte Zuwandere- in bevölkerungsreichen Ländern erreichen. (Dumont et al. rinnen und Zuwanderer2 und die Bleibemöglichkeiten für 2010: 27) . Daher wurden für die Dialogreihe sehr 1 Der Begriff Erwerbspersonenpotenzial bezeichnet nach dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit) die Summe aus Erwerbstätigen, Arbeitslosen und „Stiller Reserve“. Letztere besteht aus nicht erwerbstätigen Personen, die Arbeit suchen, ohne bei den Agenturen für Arbeit als Arbeitslose registriert zu sein oder die bei aufnahmefähigerem Arbeitsmarkt ihre Arbeitskraft anbieten würden. Das Erwerbspersonenpotenzial ist somit die maximale Anzahl aller erwerbsfähigen Personen in Deutschland. 3 Das so genannte „Willkommensportal“ www.make-it-in-germany.com wirbt um die Gunst ausländischer Fachkräfte, indem es umfangreiche Informationen zu Leben und Karriere in Deutschland bereithält. Es ist ein Kernelement der gemeinsamen Fachkräfte-Offensive des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi), des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) und der Bundesagentur für Arbeit (BA). Weitere Informationen unter www.fachkraefte-offensive.de. 2 Zur Erleichterung der Lesbarkeit wird im weiteren Verlauf des Textes nur die männliche Form verwendet, jedoch ist die weibliche Form dabei explizit mit eingeschlossen. 11 unterschiedliche Länder ausgewählt. So war mit Indien ●●Einbeziehung von Ländern unterschiedlicher Größe, wirtschaftlicher Bedeutung und geographischer Lage das Land mit der zweitgrößten Bevölkerung der Welt beteiligt. Mit rund 1,2 Milliarden Einwohnern leben dort ●●Forschungspraktische Gegebenheiten mehr als doppelt so viele Menschen wie in der Europäischen Union. Armenien – das bevölkerungskleinste Land Als zentrales Erhebungsinstrument wurde ein qualitativer, dieses Dialogvorhabens – weist hingegen nur knapp drei teilstrukturierter Interviewleitfaden entwickelt. Dieser Millionen Einwohner auf. ermöglichte es, dass ausgewählte Interviewpartner aus der Sicht ihres jeweiligen Landes und vor dem Hintergrund 8 15 6 und wie sie beurteilt werden. 10 4 10 wurden umfassende InterIn den sieben Dialogländern 5 2 0 % Mio 5 views mit Gesprächspartnern aus folgenden Bereichen strukturen Emigrants in millions ●●NGOs bzw. zivilgesellschaftliche Organisationen Quelle: Eigene Darstellung auf Grundlage von Migration and Remittances Factbook 2nd editon (The World Bank 2011) ●●Wissenschaft mit Bezug zum Thema Fachkräfte- migration Folgende Kriterien wurden bei der Auswahl der Dialogländer berücksichtigt: ●●Alumni-Organisationen ●●Wirtschaft mit Bezug zum Thema Fachkräftemigration ●●Interesse der jeweiligen Regierungen an einer aktiven ●●Universitäten bzw. Berufsschulen Gestaltung von Migrationspolitik ●●Gewerkschaften und Interessensverbände ●●Berücksichtigung von Ländern, die eine Mobilitätspart- nerschaft mit der EU abgeschlossen haben bzw. diese Mit dieser Auswahl sollte sichergestellt werden, dass derzeit verhandeln möglichst alle Themen, die in politischen Debatten zur 4 Auswanderungsquote (engl. emigration rate): Im Ausland geborene Einwohner des jeweiligen Herkunftslandes in anderen Ländern der Welt (Daten der Aufnahmeländer, teilweise Schätzungen), bezogen auf die Bevölkerung des Landes. 5 Eine Liste der Interview- und Diskussionspartner (Name und Funktion) ist nach Ländern sortiert im Annex II zu finden. 12 m na Emigrants as a percentage of the pop ●●Entwicklungszusammenarbeit Abbildung 1: Auswanderung4 aus den Dialogländern – absolute und relative Zahlen et Ge rm om ●●Mit der Migrationsthematik befassten Verwaltungsfach- Ausgewanderte in Prozent der Bevölkerung Vi an y a bi a isi Co l gi or Tu n ea ia Ge Ar m 0 % en geführt:5 M or oc co 15 In d et na m d Vi an ut sc hl bi um 20 De es ien Ko l Tu n ar ok M gi or Ge en m Ar Ausgewanderte in Mio ien 20 en 25 Fachkräftemigration aus ihrem Land eine Rolle spielen ko 30 ihrer Fachexpertise erläutern konnten, welche Aspekte für 10 en 12 25 ien 30 1. Ausgangslage und methodischer Hintergrund Fachkräftemigration in den jeweiligen Ländern eine Rolle Vor dem Hintergrund steigender Fachkräftebedarfe der spielen, zumindest durch einen Interviewpartner zur Industriestaaten sollte im Rahmen der Studie ein Sprache gebracht werden. Das Gespräch wurde jeweils von umfassendes Bild über Chancen und Risiken von größeren einer Person geführt, wobei eine zweite Person die Migrationsbewegungen gewonnen werden. Zahlreiche Kernaussagen protokollierte. Insgesamt wurden auf diese Gesprächspartner begrüßten dieses Anliegen und Weise circa 1.500 Kernaussagen dokumentiert, welche die beklagten zugleich, dass in den bisherigen Anwerbepro- analytische und inhaltliche Basis für die Erarbeitung des zessen die Konsequenzen von Migration für die vorliegenden Studienberichts darstellen. Die Aussagen Herkunftsländer von den Zielländern gar nicht oder nicht wurden in mehreren Schritten zusammengefasst, hinreichend in Betracht gezogen worden seien. verglichen und im Projektteam diskutiert, um zu Eine erste Präsentation der Ergebnisse fand am 10. verhindern, dass Einzelaussagen ein zu hohes Gewicht Dezember 2012 in der GIZ-Repräsentanz in Berlin statt. erhalten. Im folgenden Ergebnisteil wird auf einige dieser Im Rahmen eines Fachsymposiums erörterten Vertreter Kernaussagen Bezug genommen. Den Interviewpartnern von Bundesministerien, Politik, Wirtschaft und Zivilge- wurde eine anonyme Zitierung zugesichert, sodass die in sellschaft erste Schlussfolgerungen für die Weiterent- dieser Studie dargestellten Kernaussagen nur in Bezug wicklung der deutschen Migrationspolitik. zum jeweiligen Dialogland gesetzt werden. Darüber hinaus wurden fünf Dialogveranstaltungen zur Fachkräftemigrationsthematik mit landes- bzw. regional- 1.3 Begriffliche Abgrenzung spezifischem Themenschwerpunkt durchgeführt. Zwei dieser Veranstaltungen wurden regional abgehalten: Dies betraf die Maghreb-Region (Marokko, Tunesien) Die begriffliche Abgrenzung von „Migration“ und sowie die südliche Kaukasus-Region (Armenien, „Fachkräften“ ist Gegenstand von Auseinandersetzungen Georgien). So wurde ein Austausch zwischen staatlichen in Wissenschaft und Politik.6 Das für dieses Dialog- und zivilgesellschaftlichen Akteuren sowie Vertretern der vorhaben gewählte Begriffsverständnis wurde den Wirtschaft und Wissenschaft angeregt. An den Dialogver- Interviewpartnern erläutert. anstaltungen nahmen jeweils zwischen 60 und 90 Personen teil. 6 Vgl. zu unterschiedlichen Begrifflichkeiten das Glossar des Europäischen Migrationsnetzwerks (Europäische Kommission 2012) 13 1.4 Fachkräftemigration und ihre entwicklungspolitischen Auswirkungen Internationale Arbeitsmigration: Unter internationaler Arbeitsmigration wird hier verstanden, dass eine Person ihren Wohnsitz in ein anderes Land verlagert, um dort eine bezahlte Arbeit aufzunehmen. Dieser breite Begriff schließt die erstmalige Arbeitszuwanderung vom Geburtsland in ein anderes Land ein, aber genauso die Fachkräftemigration kann sich auf die ökonomische, Rückkehr ins Herkunftsland zu Erwerbszwecken und soziale und kulturelle Entwicklung eines Herkunftslandes wiederholte Wanderungen in beide Richtungen. Solche auswirken (z.B. Lindley 2012). Hier werden Effekte bei wiederholten Wanderungen werden hier als zirkuläre Abwanderung, während eines Auslandsaufenthalts und Migration bezeichnet, ob sie nun ursprünglich so bei eventueller Rückkehr unterschieden und somit kurz-, beabsichtigt waren und politisch gefördert wurden oder mittel- und langfristige Effekte beachtet. In der nationalen nicht. Arbeitsmigranten werden zu einem Teil der wie internationalen Debatte dominieren zwei zentrale Diaspora, unter der hier alle Auswanderer und ihre Argumentationsmuster, die im Folgenden unter den Nachkommen verstanden werden, die noch Bezug zum Stichworten Brain Drain und Triple Win zusammengefasst Herkunftsland haben (Skeldon 2010: 151). werden. Fachkräfte: Als Fachkräfte werden hier Arbeitskräfte mit Brain Drain: Wenn qualifizierte Menschen eine Region berufsqualifizierenden Abschlüssen in der internationalen verlassen, wird dies als Verlust betrachtet – entweder weil Klassifizierung von Bildungsstandards von Level 3 bis 8 sie als Innovationsmotoren gelten, oder weil ihre (UNESCO 2011) verstanden. Dabei werden zwei Niveaus Abwanderung zu Engpässen (z.B. in der Gesundheitsver- unterschieden: sorgung) führt. Es profitieren die Aufnahmegebiete, bei denen es sich entweder um größere Städte in den ●●Hochqualifizierte Fachkräfte: Fachkräfte mit Hochschulabschluss, die eine Universität oder Herkunftsländern oder um wirtschaftlich besser vergleichbare Einrichtung erfolgreich abgeschlossen entwickelte Zielländer handelt, während die peripheren haben (ISCED Level 5-8) und dabei einen Abschluss Regionen in den weniger entwickelten Ländern verlieren erwarben, der zur Ausübung eines Berufs qualifiziert. (Faist 2010: 69). Das Brain Drain-Argument wurde in den Aufnahmeländern zur Rechtfertigung restriktiver ●●Fachkräfte ohne Hochschulabschluss: Sie haben an einer Fachschule oder im dualen System eine migrationspolitischer Regelungen genutzt. So soll im Ausbildung absolviert, die zur Ausübung eines Berufs Interesse der Herkunftsländer auf eine Zuwanderung von qualifiziert (ISCED Level 3-4). Fachkräften verzichtet werden. Für Studierende ist vorgesehen, dass sie wieder in ihre Ursprungsländer zurückkehren. Solche Brain Drain-Argumentationen 14 1. Ausgangslage und methodischer Hintergrund waren in den 1970er und 1980er Jahren verbreitet, haben mit Chancen oder mit Risiken verknüpft ist? Welche jedoch im vergangenen Jahrzehnt ihre Dominanz Rahmenbedingungen sind erforderlich, um sicherzu- gegenüber Argumentationen verloren, die positivere stellen, dass die Herkunftsländer einen Nutzen aus der Aspekte der Fachkräftemigration in den Mittelpunkt Fachkräftemigration ziehen? Was können Herkunfts- und stellten. Aufnahmeländer unternehmen, um den entwicklungspolitischen Gewinn der Fachkräftemigration zu Triple Win: Eine positive Sicht auf die Potenziale von maximieren? Fachkräftemigration dominiert seit mehreren Jahren in europäischen und internationalen politischen Debatten. Dies wird auch in den vorbereitenden Diskussionen zum geplanten zweiten „UN High Level Dialogue on Migration and Development“ im Oktober 2013 deutlich (United Nations General Assembly 2013). Wenn qualifizierte Migranten wandern, wird dies im Triple Win-Ansatz als Gewinn für drei Seiten betrachtet: Die Aufnahmeländer beseitigen wachstumshemmende Engpässe im Arbeitsmarkt, während die Herkunftsländer ihre Arbeitsmärkte um überschüssige Arbeitskräfte entlasten und zunächst durch Heimatüberweisungen der Migranten (Remittances) und Technologietransfer gewinnen. Zudem profitieren sie von intensivierten internationalen Beziehungen und erhalten im Falle der Rückkehr einer Fachkraft einen besser qualifizierten Experten mit Innovationspotenzial und internationaler Vernetzung. Die Migranten selbst gewinnen unmittelbar durch höhere Einkommen im Aufnahmeland und möglicherweise längerfristig durch bessere Positionen aufgrund ihrer erweiterten Kenntnisse bei einer Rückkehr. In den nächsten Kapiteln werden die Antworten auf folgende Fragen zusammengefasst: Ist Fachkräftemigration ein Phänomen, das für die Gesprächspartner eher 15 16 2. Fachkräftemigration begreifen: Abwägung von Chancen und Risiken 2.1 Phase 1: Abwanderung ins Ausland Die Auswirkungen von Fachkräftemigration auf die Entwicklung des Herkunftslandes werden sowohl in der Politik als auch in der Wissenschaft intensiv diskutiert. Viele Effekte der Fachkräftemigration sind umstritten, wobei in der Forschung als unumstritten gelten kann, dass Die Verringerung der Arbeitslosigkeit und der unterquali- Fachkräftemigration nicht per se „schlecht“ ist. Unter fizierten Beschäftigung im Herkunftsland wird von vielen bestimmten Bedingungen können Migranten einen Interviewpartnern als positiver Effekt der Fachkräftemig- Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung in ihrem ration genannt und erläutert. Gründe hierfür können in Heimatland leisten – die Rückkehrer in Ostasien gelten einem Ungleichgewicht zwischen dem nationalen hier als ein Beispiel von vielen (Skeldon 2010). De Haas Arbeitsmarkt- und dem vorhandenen Fachkräfteangebot (2010) zeigt auf, dass die Debatte um die potenziellen oder an einer schlechten wirtschaftlichen Situation liegen. Effekte von Migration lange Zeit zwischen den Polen der Arbeitslosigkeit im Herkunftsland wurde vor allem bei „Entwicklungsoptimisten“ und der „Entwicklungspessi- den Interviewpartnern in Armenien, Tunesien, aber auch misten“ pendelte, bevor sich erst seit Ende der 1990er- in Kolumbien und Vietnam thematisiert. Jahre differenziertere Sichtweisen herausbildeten. „Fachkräftemigration ist für Kolumbien ganz klar ein Die Frage nach Chancen oder Risiken ist also keine Vorteil. Wir haben zu viele Fachkräfte im Land, die „Entweder-oder-Frage“. Dies wurde auch im Rahmen der hier keine Arbeit finden. Es gibt eine Schwemme von Dialogreihe deutlich, in der sehr unterschiedliche, zumeist Naturwissenschaftlern, Ingenieuren und Ärzten auf dem auch außerordentlich differenzierte Beiträge gesammelt nationalen Arbeitsmarkt.“ (Kolumbien) werden konnten. Die Darstellung orientiert sich nachfolgend an den drei Phasen eines hypothetischen Die Mehrheit der Gesprächspartner aus allen sieben Migrationsverlaufes: Die Phase der Abwanderung, die Dialogländern bewertet die Migration von Fachkräften Phase des Aufenthaltes im Aufnahmeland und die einer auch unter dem Aspekt der beruflich-fachlichen Weiter- möglichen Rückkehr. bildung als positiv für das Herkunftsland. „Da es in Marokko keine solide berufliche Ausbildung gibt, kann es für mittelqualifizierte Fachkräfte Sinn machen, ins Ausland zu gehen, um dort zusätzliche Kompetenzen zu erwerben.“ (Marokko) 17 Diese Äußerung greift bereits den Aspekt der Rückkehr Daneben werden auch soziale Effekte thematisiert. der Migranten in ihr Herkunftsland auf. Die Interview- Insbesondere in Georgien und Armenien, vereinzelt auch partner begreifen die Qualifikationsentwicklung der in Kolumbien, Tunesien und Vietnam, machen die Migranten im Ausland mehrheitlich dann als Chance für Interviewpartner auf Probleme aufmerksam, die durch die das Herkunftsland, wenn die Fachkräfte zu einem Trennung von Familien entstehen. späteren Zeitpunkt wieder zurückkehren. „Die Migration reißt nicht nur Familien auseinander, Gleichzeitig sehen viele Gesprächspartner auch gewisse sie wirft auch neue Fragen und Probleme bezüglich der Risiken für ihr Land. Insbesondere in Armenien, Georgien, Versorgung und Pflege älterer Familienmitglieder auf.“ Tunesien und Marokko betrachten die Interviewpartner (Vietnam) abwandernde Fachkräfte als Verlust, der mittel- bis „Die sozialen Effekte von Migration sind ein sehr sensibles langfristig als hemmender Faktor für die wirtschaftliche Thema. Oft gründen Männer im Ausland neue Familien Entwicklung des Landes gewertet wird. und kehren nicht mehr zurück. Darüber wird aber kaum „Marokko ist ein Schwellenland und kann es sich nicht gesprochen.“ (Armenien) leisten, dass qualifizierte Fachkräfte abwandern.“ Es wird auch auf durch Migration entstehende demogra- (Marokko) phische Ungleichgewichte in Bezug auf Alter und „Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem Migration Geschlecht sowie deren Auswirkungen auf die gesamtge- immer selektiver wird. Dabei handelt es sich um eine sellschaftliche Situation hingewiesen. ungleiche Beziehung. Oft verlässt nur die Elite das Land.“ „Fachkräftemigration ist in Georgien sicher ein (Tunesien) Genderthema. Anfang der 1990er Jahre gingen viele Teilweise führt die zunehmende Fachkräftemigration Frauen ins Ausland, was die Männer in eine unerwartete auch zu Engpässen in den Arbeitsmärkten der Dialog- und schwierige Lage brachte und viele Familien länder. Insbesondere in Armenien und Georgien merken destabilisierte.“ (Georgien) die Interviewpartner an, dass die Abwanderung qualifizierter Kräfte in einigen Sektoren (z.B. IT) zum Problem geworden ist. In solchen Konstellationen, so beklagen einige Gesprächspartner, erscheint es als unfair, dass das Herkunftsland neben dem Verlust an Humankapital auch die Kosten für die Ausbildung der abwandernden Kräfte tragen muss. 18 2. Fachkräftemigration begreifen: Abwägung von Chancen und Risiken 2.2 Phase 2: Aufenthalt im Ausland Bundesstaaten) träge, und politische Änderungen Geldtransfers werden von fast allen Interviewpartnern Geldtransfers stehen Äußerungen zu Investitionen von verlangsamen sich.“ (Indien) In engem Zusammenhang mit Aussagen zu den Migranten. In nahezu allen Dialogländern wird der als höchst positiver Effekt und als größte Entwicklungs- Auslandsaufenthalt von Fachkräften von den Interview- chance für das Herkunftsland gewertet. Die finanzielle partnern als Chance für die wirtschaftliche Entwicklung Unterstützung wird als Instrument zur Armutsreduzierung beschrieben und trägt zum wirtschaftlichen des Landes gewertet. Aufstieg der Familien bei. „Es ist egal, von wo aus auf der Welt die Menschen zur In der Mehrheit der Dialogländer führen die Geldtransfers wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes beitragen. darüber hinaus auch maßgeblich zur Erhöhung der Sie müssen nicht vor Ort sein.“ (Vietnam) Kaufkraft. So entsprechen sie in Armenien einem Anteil „Migranten tätigen viele Investitionen in ihrem von 8,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (vgl. Annex I). Herkunftsland. Für Auslandsmarokkaner ist Marokko ein Die Rückkehr von Migranten wird mit Blick auf diesen Markt.“ (Marokko) Aspekt von einigen Interviewpartnern nicht als notwendig beurteilt. Die meisten Interviewpartner vertreten die Auffassung, Auf der anderen Seite werden Geldtransfers auch als Auslandsaufenthaltes erfolge, aber dass optimale sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheitsfaktor Wirkungen sich erst nach der Rückkehr eines Migranten bewertet, da nur solche Familien (und somit auch entfalten würden. Umgekehrt ermögliche es gerade der Regionen) von den Geldtransfers profitieren, die Auslandsaufenthalt, positive zwischenstaatliche Effekte zu Fachkräfte ins Ausland entsenden. Einzelne Gesprächs- generieren und das Image des Herkunftslandes zu fördern. partner gehen zudem davon aus, dass Geldtransfers auch Die im Ausland lebende Diaspora wird als „Türöffner“, negative Wirkungen entfalten können, etwa indem sie „Botschafter“ und „Lobbyist“ bezeichnet, welche die Anreize zur Eigeninitiative reduzieren oder den partnerschaftlichen Beziehungen zwischen den Reformdruck auf Behörden der Herkunftsländer mindern. Herkunfts- und Aufnahmeländern stärken kann. „Remittances nach Indien kommen vor allem „Natürlich ist jeder Kolumbianer im Ausland auch den privaten Haushalten zugute. Das hat zwei ein Botschafter unseres Landes. Er kann dabei helfen, unterschiedliche Effekte: Zum einen steigen einige ein gutes Image zu verbreiten und Investitionen nach Familien wirtschaftlich auf, zum anderen werden in Kolumbien zu kanalisieren.“ (Kolumbien) dass ein Wissenstransfer zwar auch schon während des manchen Fällen die lokalen Regierungen (z.B. in den 19 Dabei wird durchaus auch reflektiert, dass es nicht allein vertragliche Vereinbarungen die Rückkehr der Fachkräfte auf die Qualifikation einer Fachkraft ankommt, sondern sicherstellen sollen. Chancen eröffnen sich im Rückkehr- auf ihren qualifizierten Einsatz. Die Gefahr der unterquali- prozess insbesondere durch die mitgebrachten Qualifika- fizierten Beschäftigung im Aufnahmeland (Brain Waste) tionen, Ideen und finanziellen Mittel. Allgemein wird die wird zwar bei gezielter Fachkräfteanwerbung über Hoffnung artikuliert, dass rückkehrende Fachkräfte als offizielle Programme als gering eingeschätzt, insbesondere Entwicklungsakteure für ihre Herkunftsländer agieren, von Interviewpartnern aus Georgien und Kolumbien, indem sie Arbeitsplätze schaffen und die wirtschaftliche jedoch als häufige Begleiterscheinung ungeregelter Entwicklung vorantreiben. Migration gesehen. Zudem sei eine höhere Betroffenheit „Viele Migranten kehren zurück, um ein Unternehmen von Frauen zu verzeichnen, die im Ausland oft aufzubauen. Es gibt einige gute Beispiele von unabhängig von ihrem Ausbildungsgrad für geringer- Rückkehrern, die heute ein erfolgreiches Unternehmen wertige Tätigkeiten in privaten Haushalten, der Kinderbe- führen.“ (Armenien) treuung oder Altenpflege beschäftigt werden. Als Gründe für die unterqualifizierte Beschäftigung führen die „Bei den Rückkehrern profitiert Kolumbien vor allem von Gesprächspartner unzureichende Sprachkenntnisse, den Sozialkompetenzen, vom Know-how, den Werten, der fehlende Berufsanerkennungen und einen fehlenden Kultur und den gelernten Verhaltensweisen.“ (Kolumbien) Aufenthaltsstatus an. Als positiver Effekt wird eine Qualitätssteigerung der Erzeugnisse und Dienstleistungen beschrieben. Im Herkunftsland sind Fachkräfte mit internationaler Arbeitserfahrung daher häufig sehr gefragt. In Bezug auf 2.3 Phase 3: Mögliche Rückkehr den Gesundheitssektor erkennen kolumbianische Interviewpartner besondere Chancen. „Krankenschwestern, die im Ausland häufig in der In allen Dialogländern wird die Rückkehr von Fachkräften Altenpflege arbeiten, sammeln bereits wichtige und in ihre Heimat als Chance für das Herkunftsland bewertet. zukunftsorientierte Arbeitserfahrungen, da auch in Trotzdem stehen viele Gesprächspartner einer Kolumbien die Gesellschaft altern wird.“ (Kolumbien) erzwungenen Rückkehr nach einer befristeten Aufenthaltsphase kritisch gegenüber. Sie sind überwiegend der Weniger häufig genannt, aber dennoch relevant, ist die Überzeugung, dass eine Rückkehr freiwillig geschehen mögliche Vorbildfunktion von rückkehrenden sollte. Lediglich in Georgien und Armenien äußert eine Fachkräften: größere Zahl von Interviewpartnern den Wunsch, dass 20 2. Fachkräftemigration begreifen: Abwägung von Chancen und Risiken „Erfolgreiche rückkehrende Fachkräfte motivieren junge internationalen Kliniken und gehen damit dem Menschen dazu, mehr in ihre eigene Bildung und Karriere öffentlichen Gesundheitssektor verloren.“ (Vietnam) zu investieren.“ (Vietnam) Die Gespräche zeigten auch, dass die Rückkehr manchmal Insbesondere die Interviewpartner, die bei der als problematisch gewertet wird, wenn Rückkehrer sich Abwanderung von Fachkräften auf die sozialen Probleme gegenüber Gebliebenen einen Vorteil auf Märkten durch Familientrennung hinwiesen, sehen im Umkehr- verschaffen können. So beklagen einzelne Gesprächs- schluss in der Rückkehr der Fachkräfte die positiven partner aus Tunesien, Marokko und Vietnam einen Effekte für genau diese Familien. Preisanstieg bei Häusern und Grundstücken. „Familien, die Geldtransfers erhalten, geht es bestimmt besser als anderen Familien. Familien, zu denen die Migranten zurückkehren, geht es natürlich noch besser!“ (Georgien) Mit der Rückkehr von Fachkräften bringen die Interviewpartner nur in geringem Maße negative Effekte für ihr Herkunftsland in Verbindung. Reintegrationsprobleme – und dadurch entstehende Arbeitslosigkeit, unterqualifizierte Beschäftigung oder soziale Probleme – sowie soziale Konflikte mit Nicht-Migrierten werden von den Interviewpartnern sehr selten und nur im Zusammenhang mit unfreiwilliger Rückkehr genannt. In den Gesprächen in Vietnam wurde deutlich, dass die Interessen rückkehrender Fachkräfte nicht notwendigerweise entwicklungsförderlich sind. Wenn Fachkräfte ihre Erfahrungen nach ihrer Rückkehr für einen beruflichen Aufstieg nutzen, hilft dies der Allgemeinheit unter Umständen eher wenig. „Rückkehrende Fachkräfte, die im Gesundheitsbereich arbeiten, finden häufig gute Jobs in privaten, 21 22 3. Fachkräftemigration bewerten: Rahmenbedingungen auf dem Prüfstand 3.1 Rechtlicher und administrativer Kontext in den Aufnahmeländern Welche Rahmenbedingungen müssen erfüllt sein, damit die Herkunftsländer von der Wanderung ihrer Fachkräfte profitieren? Dieser Frage widmen sich die Gesprächspartner im zweiten Teil der Interviews. In Bezug auf die Aufnahmeländer werden vor allem die migrationspolitischen Regelungen von der Visavergabe bis hin zur Legale Migration und Visa-Erteilung Rückkehrförderung diskutiert. Auch wenn diese in erster Bei den rechtlichen Rahmenbedingungen zur Aufnahme Linie das Aufnahmeland und die Migranten selbst von Fachkräften sehen viele Interviewpartner Verbesse- betreffen, haben sie dennoch Rückwirkungen auf das rungspotenzial und erhoffen sich eine Unterstützung Herkunftsland. Cassarino (2010) zeigt, dass die Auswir- durch die Aufnahmeländer. kungen der Rückkehr von Fachkräften und anderen „Die Regierungen der Zielländer sollten entsprechende Migranten sehr stark davon abhängen, wie gut die rechtliche Bedingungen herstellen, sodass Fachkräfte Rückkehr geplant, vorbereitet und durch das Zielland einfacher auf legalem Weg ein- und ausreisen können.“ gefördert wird. Andere Autoren betonen etwa den Einfluss (Armenien) grundlegender und nur langfristig beeinflussbarer Rahmenbedingungen im Herkunftsland, insbesondere in Außer dem Wunsch, Möglichkeiten für eine dauerhafte Hinsicht auf Rechtssicherheit und politische Stabilität. Migration zu schaffen, liegt den Interviewpartnern auch Emigrierte und zurückkehrende Fachkräfte können sich viel daran, dass bessere temporäre Wanderungsmöglich- demnach dann produktiv einbringen, wenn in den keiten erzeugt werden. Interessant ist, dass viele Herkunftsländern wirtschaftliche und gesellschaftliche Gesprächspartner es als unfair erachten, wenn nur Entwicklung stattfindet (Skeldon 2010: 153). bestimmten Personen die Auswanderung erleichtert wird Bemerkenswert ist auch die wachsende Bedeutung der – insbesondere in Tunesien, Armenien und Georgien wird doppelten Staatsangehörigkeit, welche Fachkräften dies thematisiert. dauerhaft eine Rückkehr offenhält und eine gleichzeitige „Die aktuelle europäische Politik gegenüber Tunesien Integration in zwei Gesellschaften ermöglicht (Khadria ist paradox: Man verhindert die legale Migration der 2010: 185). Viele Länder haben sich deshalb darum Unqualifizierten und schöpft die Besten ab.“ (Tunesien) bemüht, den eigenen Migranten staatsbürgerliche Rechte zuzusichern, selbst wenn die Aufnahmeländer – wie etwa „Es kommen nur die Armenier wieder zurück, die in Deutschland – eine doppelte Staatsangehörigkeit nicht Europa nicht gewollt werden. Die ,Schlechten‘ werden zulassen. So gibt es in Indien einen speziellen Rechtsstatus zurückgeschickt, die ,Guten‘ behalten. Das ist nicht fair.“ für ausländische Staatsbürger indischer Herkunft (Armenien) (Naujoks 2009). 23 soziale Aspekte der Mobilität von Menschen.“ (Marokko) Einzelne Stimmen aus Georgien, Armenien und Marokko machen auf die Situation von Staatsbürgern aufmerksam, Ebenso wird die Inkohärenz der Migrationspolitik die sich illegal in Europa aufhalten. Dies schließt auch europäischer Mitgliedstaaten kritisiert. qualifizierte Fachkräfte mit ein, selbst wenn sie nicht als solche beschäftigt sind. Die Gesprächspartner weisen „Mir scheint, in Europa ist man derzeit etwas unsicher, darauf hin, dass insbesondere irreguläre Migranten in ob Migration erwünscht ist oder nicht. Insgesamt ist die einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis zu ihren Debatte zu stark emotional aufgeladen.“ (Marokko) Arbeitgebern stehen. Sie sind häufig unterhalb ihres Ausbildungsniveaus beschäftigt und können ihre Rechte Zirkuläre Migration (z.B. faire Löhne) nicht einklagen. Zirkuläre Migrationsmodelle werden von den Gesprächspartnern unterschiedlich verstanden und aufgefasst. „Meiner Meinung nach liegt einer der Hauptgründe für Mangels eines einheitlichen Begriffsverständnisses halten die illegale Migration gerade im Schengen-Abkommen einige Interviewpartner zirkuläre Migration für eine und der Mystifizierung von Europa als dem Eldorado für immer wiederkehrende Migrationsbewegung mit Arbeitssuchende.“ (Marokko) mehrfachem Ein- und Ausreisen von einem ins andere Von den Dialogländern, die im Rahmen der Nachbar- Land (z.B. Erntehelfer). Andere definieren eine Migrations- schaftspolitik mit der Europäischen Union kooperieren, bewegung als zirkulär, sobald eine Rückkehr erfolgt.7 In wird von der EU gefordert, eine generelle „Blockade- den Gesprächen und Diskussionsrunden in den Dialog- Haltung“ bei Visa-Regelungen zu beenden und soziale ländern wurden zirkuläre Migrationsmodelle Aspekte stärker in den Vordergrund der Migrationspolitik insbesondere im Kontext der Rückkehrmodalitäten zu rücken. diskutiert. „Der Zugang zur EU und insgesamt zu den westlichen Vertragliche, im Vorfeld des Migrationsprozesses Nationen ist schwierig geworden und hat ein getroffene Vereinbarungen, werden insbesondere von fragwürdiges, jedoch legales Visa-Business nach sich Interviewpartnern aus Georgien und Armenien als gezogen.“ (Armenien) sinnvolle Steuerungsmöglichkeit für zirkuläre Migrations- „Den europäischen Ländern geht es in erster Linie prozesse betrachtet. Dies sei speziell bei qualifizierten um sicherheitstechnische Fragen, dann um politisch- Fachkräften sinnvoll, um Brain Drain entgegenzuwirken. finanzielle Angelegenheiten und erst an dritter Stelle um 7 Zur unterschiedlichen Verwendung des Begriffs „zirkuläre Migration“ vgl. Angenendt (2007) 24 3. Fachkräftemigration bewerten: Rahmenbedingungen auf dem Prüfstand 3.2 Rahmenbedingungen in den Herkunftsländern „Es ist aus einer individuellen Sicht das gute Recht jedes Armeniers, ins Ausland zu gehen, volkswirtschaftlich betrachtet, müssen bilaterale Verträge jedoch sicherstellen, dass diese Spezialisten wieder zurückkommen.“ Nationale Migrationspolitik (Armenien) Die Interviewpartner in den Dialogländern, insbesondere Im Gegensatz dazu äußern andere Gesprächspartner, dass in den EU-Nachbarstaaten, gehen kritisch mit der Rückkehrklauseln nicht praktizierbar sind. Entwicklung ihrer nationalen Migrationspolitik um und „Was die Rückkehr von Tunesiern in ihr Herkunftsland formulieren auch Verbesserungsvorschläge an die eigenen betrifft, da sind strikte Regelungen nicht passend. Es Regierungen. In Georgien wird u.a. die fehlende oder wird häufig diskutiert, ob Rückkehr- oder Rückzahlungs- falsche Allokation von staatlichen Mitteln zur Flankierung klauseln bei Stipendien vereinbart werden sollen. Solche von Migrationsprozessen kritisiert. Vereinbarungen sind nicht anwendbar und auch nicht „Es gibt keine staatliche Behörde, welche der richtige Weg.“ (Tunesien) Migrationsaktivitäten und Auslandaufenthalte „Die Rückkehr von Fachkräften sollte immer freiwillig koordiniert und unterstützt – das wäre aber hilfreich.“ sein.“ (Indien) (Georgien) Sofern zirkuläre Wanderungsbewegungen gewünscht Ein armenischer Interviewpartner fordert die Regist- sind, erscheint es vielen Gesprächspartnern sinnvoll, mit rierung armenischer Migranten bei einer staatlichen Anreizsystemen statt mit rechtlichen Verpflichtungen zu Stelle, um Migrationsströme besser steuern zu können. arbeiten. So sollten Migranten die Gewissheit haben, Auch marokkanische Gesprächspartner formulieren den jederzeit in ihr Herkunftsland zurückkehren zu können, Wunsch zur Schaffung einer staatlichen Institution. aber durch eine Rückkehr nicht das Aufenthalts- und „Es wäre hilfreich, eine Mobilitätsagentur aufzubauen, Arbeitsrecht im Aufnahmeland verlieren. Zudem kommt welche die Interessen des privaten und öffentlichen im Zusammenhang mit der Realisierung von zirkulären Sektors zusammenführt und die notwendigen Aktivitäten Migrationsmodellen dem Aspekt der sozialen Sicherheit koordiniert.“ (Marokko) eine große Bedeutung zu; vor allem die Übertragbarkeit von Sozialversicherungsleistungen wird als wichtiger Tunesische Gesprächspartner beklagen hingegen die Aspekt genannt. Vielzahl von unkoordiniert agierenden staatlichen Akteuren und das Fehlen einer nationalen Migrationsstrategie. 25 „Es gibt weder eine passende Politik noch eine Strategie „Die strukturellen Voraussetzungen im Gesundheits- im Bereich Migration. Es befassen sich einfach zu viele bereich sind oftmals nicht gegeben, z.B. in der Hygiene Akteure mit diesem Thema – z.B. das Außenministerium, und bei der Medizintechnik. Das macht es für indische das Sozialministerium und das Arbeitsministerium. Ärzte, die im Ausland arbeiten, häufig so schwer, wieder Keines dieser Ministerien ist jedoch hauptverantwortlich.“ zurückzukommen.“ (Indien) (Tunesien) Nationale und berufliche Bildungssysteme Wirtschaftliche Entwicklung und Arbeitsmarkt Die Entwicklung von Systemen und Programmen der Im Kontext der Wanderungsbewegungen von Fachkräften beruflichen Aus- und Weiterbildung und die Ausrichtung formulieren viele Interviewpartner auch Verbesserungs- der nationalen Bildungssysteme auf die Bedürfnisse des vorschläge für die wirtschaftliche und arbeitsmarktpoli- Arbeitsmarktes sind weitere Aspekte, die von den tische Entwicklung in den Herkunftsländern. Hierbei Gesprächspartnern insbesondere in Tunesien, Georgien wünschen sie sich Unterstützung von den nationalen und Marokko und vereinzelt auch in Vietnam und Indien Regierungen. gefordert werden. „Damit Fachkräftemigration zu einem nachhaltigen „Was wir brauchen, das sind bessere Informationen Modell werden kann, müssen wir mehr Arbeitsplätze über die Arbeitsmarktbedürfnisse und entsprechende für Rückkehrer schaffen und die Unternehmen von Verknüpfungen mit dem Bildungssystem. Wir wissen den im Ausland erworbenen Kenntnissen überzeugen.“ nicht einmal, wie viele Ärzte gebraucht werden.“ (Kolumbien) (Georgien) Die Vorschläge der Interviewpartner betreffen vor allem Die geförderten Ausbildungen seien nicht auf das Arbeits- die Verbesserung der Arbeitsbedingungen (z.B. Arbeitneh- platzangebot abgestimmt, was in Georgien u.a. zu vielen merrechte, Dauer der Arbeitswoche) und die Anhebung Arbeitsverhältnissen führe, in denen Arbeitskräfte nicht von Löhnen und Gehältern im eigenen Land. Darüber entsprechend ihrer Qualifikation eingesetzt werden. hinaus gibt es Forderungen, den formellen Arbeitssektor Umschulungsmaßnahmen würden bisher nicht zu stärken, Korruption zu bekämpfen und die staatliche ausreichend gefördert. In Tunesien wird insbesondere das Gesundheitsversorgung zu verbessern. Außerdem werden Ungleichgewicht zwischen der Vielzahl an Hochschulab- Investitionen in bestimmten Sektoren und wirtschaftlich schlüssen und den unzureichenden Arbeitsmöglichkeiten unterentwickelten Regionen, Exportförderung sowie die für Akademiker beanstandet. Schaffung (infra-)struktureller Voraussetzungen (z.B. „Die Bildungspolitik des alten Regimes verfolgte das Arbeitsausstattung, v.a. im Forschungs- und Gesundheits- Ziel, so viele junge Menschen wie nur möglich zu einem sektor) angeregt. Studium zu motivieren. Lange galt die Devise: Bereitet 26 3. Fachkräftemigration bewerten: Rahmenbedingungen auf dem Prüfstand dem Volk Vergnügen und gebt ihm Diplome! Wir müssen nicht einfach auf die Zusammenarbeit mit anderen nun aber auch die berufliche Ausbildung fördern, denn Ländern übertragen lassen und dass deshalb passende es gibt keinen Markt für all die Universitätsabsolventen. “ bilaterale Modelle und Projekte entwickelt werden (Tunesien) müssen. Insgesamt erscheinen den Gesprächspartnern die Aus- „Die Länder sollen das Thema Fachkräftemigration und Weiterbildungssysteme der Herkunftsländer stark auf bilateraler Ebene noch viel intensiver miteinander verbesserungsbedürftig. Häufig wird der Blick auf das diskutieren.“ (Georgien) deutsche duale Berufsbildungssystem gerichtet. „Migration soll geregelt und würdevoll ablaufen. Schließlich fragen sich die Gesprächspartner, wie der Bilaterale Regierungsabkommen schaffen hierfür den Bedarf der Zielländer in der nationalen Politik der richtigen Rahmen.“ (Kolumbien) Herkunftsländer eine stärkere Berücksichtigung finden Als Gründe für den Wunsch nach zwischenstaatlicher kann. Dies erfordere eine arbeitsmarktorientierte Form Zusammenarbeit auf Basis klarer rechtlicher Regelungen der Vorbereitung. (Abkommen etc.) werden u.a. die Schaffung von legalen „Wir richten unseren Arbeitskräfteexport an der Migrationsmöglichkeiten, bessere Koordinationsmöglich- internationalen Nachfrage aus, d.h. wenn eine hohe keiten, die Vermeidung von Arbeitskräfteausbeutung, die Nachfrage nach unqualifizierten Arbeitskräften besteht, Herstellung von Synergieeffekten sowie die Schaffung fokussieren wir uns auf diesen Bereich. Werden bestimmte und Umsetzung des Triple Win-Gedankens genannt. qualifizierte Kräfte gesucht, prüfen wir dort unsere „Abkommen zwischen den Regierungen beider Länder, Angebotssituation.“ (Vietnam) d.h. ein direktes Migrationsmanagement von staatlicher Seite, vermeiden die Ausbeutung der migrierenden Fachkräfte.“ (Vietnam) 3.3 Internationaler Kontext Von den Aufnahmeländern fordern die Gesprächspartner vor allem, dass Verhandlungen partnerschaftlich geführt werden. Bei der Gestaltung der Migrationspolitik sei es Migrationskooperationen und -partnerschaften wichtig, die unterschiedlichen Systeme (z.B. Arbeitsmarkt, Der Wunsch und die Forderung nach mehr Migrations- Bildung, Gesundheit) zunächst besser zu verstehen. kooperationen und -partnerschaften bestimmen viele Gespräche in den Dialogländern maßgeblich. Viele „Bei der Entwicklung von Migrationspolitik muss man Gesprächspartner sind der Überzeugung, dass sich sich in die Lage des Gegenübers hineinversetzen.“ (Indien) erfolgreiche Migrationsmodelle und -partnerschaften 27 „Um tatsächlich einen Triple Win erzielen zu können, Aus Sicht der Herkunftsländer wird im Rahmen der müssen die europäischen Länder auch einen Teil ihrer Mobilitätspartnerschaften viel zu selten thematisiert, Souveränität opfern, vor allem aber Gespräche in einem welchen Beitrag die europäischen Mitgliedsstaaten zu ernsthaften und partnerschaftlichen Klima führen.“ einer erhöhten Mobilität leisten könnten. Marokko (Marokko) reduziert beispielsweise mit finanzieller und organisatorischer Unterstützung der EU irreguläre Wanderungen Die meisten Dialogländer haben bereits Abkommen und aus Subsahara-Afrika und erwartet dafür ein Entgegen- Kooperationserklärungen mit anderen Ländern kommen für die eigenen Staatsbürger. abgeschlossen und führen diese häufig in Form von konkreten Projekten mit einem bestimmten Schwerpunkt „Hinsichtlich der Mobilitätspartnerschaft sind wir guten (z.B. Kooperation in bestimmten Sektoren oder Berufska- Willens, partnerschaftliche Verhandlungen mit der EU tegorien) durch. Während kleinere Länder Partnerschaften zu führen. Marokko ist ‚Gendarm‘ Europas, aber im auf nationaler Ebene bevorzugen, wird für Indien Gegenzug wollen wir auch mehr Mobilität.“ aufgrund seiner Größe von verschiedenen Gesprächs- „Ich halte nicht viel von der Mobilitätspartnerschaft partnern vorgeschlagen, eher lokale oder regionale zwischen Tunesien und der EU: Wie kann man von Partnerschaftsverträge zu schließen. Partnerschaft reden, wenn man die Herkunftsländer zwingt, zunächst Rückübernahmeabkommen auch für Zusammenarbeit mit Europa Drittstaatenangehörige zu unterzeichnen?“ (Tunesien) Die in der Nähe der EU gelegenen Staaten begrüßen eine enge Kooperation mit der EU und wünschen sich eine Gesprächspartner aus Tunesien und Marokko formulieren Intensivierung der Beziehungen. Hinsichtlich der des Weiteren den Wunsch nach einer regionalen Migrati- Zusammenarbeit mit Europa gibt es aber auch viel Kritik onspolitik, die es Ländern südlich des Mittelmeers – sowohl bezüglich der Verhandlungen zu künftigen ermöglicht, als gleichwertige Partner an Verhandlungen Mobilitätspartnerschaften als auch der Gestaltung der teilzunehmen. bereits bestehenden Partnerschaften. „Was wir brauchen, ist eine gemeinsame „Die EU investiert im Rahmen der Migrationspolitik der gesamten Maghreb-Region. Mobilitätspartnerschaft überwiegend in technische Damit könnten wir eine Nord-Süd-Kooperation mit der Zusammenarbeit (80%), kaum jedoch in konkrete Europäischen Union vereinfachen. Es wird jedoch viel Programme (20%). Wir wissen, wie es geht; wir Zeit brauchen, eine solche Vision umzusetzen.“ (Tunesien) brauchen keine technische Hilfe, sondern wollen Migrationsprogramme entwickeln und durchführen.“ (Armenien) 28 3. Fachkräftemigration bewerten: Rahmenbedingungen auf dem Prüfstand Internationale Aus- und Weiterbildungskooperationen „Unsere Arbeitskräfte sind ein „gutes Produkt‘. Wir Länderübergreifend werden konkrete Wünsche und exportieren sie; die Aufnahmeländer müssen dafür Forderungen zur verstärkten Bildungskooperation an die bezahlen.“ (Armenien) Aufnahmeländer gerichtet. Darüber hinaus ist auch die Anerkennung von im Ausland „Unsere Partnerländer sollten uns verstärkt im Bereich erworbenen Berufs- und Ausbildungsabschlüssen ein der beruflichen Bildung unterstützen – zum Beispiel wiederkehrendes Thema, da diese häufig eine wichtige mit Lehrkräften, technischer Ausstattung oder der Voraussetzung für die erfolgreiche Integration von Durchführung von Sprachkursen.“ (Vietnam) Fachkräften darstellt. Hierbei werden mehr Entgegenkommen und eine höhere Kompromissbereitschaft von „Die Aufnahmeländer sollten sich in der beruflichen den Aufnahmeländern (z.B. bei der Abschaffung der Bildung in Marokko engagieren und gezielt Leute auf Vorrangprüfung) gewünscht. ihren Bedarf hin ausbilden.“ (Marokko) „Die vietnamesischen Ausbildungsstandards werden oft Darüber hinaus wird auch der Wunsch nach mehr international nicht anerkannt. Zwar muss Vietnam hier Kooperationen im universitären Bereich formuliert, auch noch einiges leisten, die Aufnahmeländer sollten uns z.B. in Form von Universitätspartnerschaften und einem jedoch genauso entgegenkommen.“ (Vietnam) verstärkten Angebot von bilateralen Studiengängen. „Die Nachfrage an Fachkräften in Europa muss mit den Im Kontext der Förderung der beruflichen Bildungs- bestehenden Qualifikationen tunesischer Fachkräfte kooperationen wird auch mehrfach auf den Aspekt der zusammengebracht werden. Hierbei müssen Tunesien Finanzierung und Kostenübernahme eingegangen. und die EU Kompromisse finden.“ (Tunesien) Hierbei fordern die Interviewpartner von den Aufnahmeländern, sich insbesondere an den Ausbildungskosten der Fachkräfte zu beteiligen, die sie in ihren eigenen Ländern einsetzen. „Es gibt gute Modelle, in denen sich Herkunfts- und Aufnahmeland die Kosten für die Ausbildung der benötigten Fachkräfte teilen. Es ist aber auch schon wertvoll, Unterstützung bei der Gestaltung der Curricula zu bekommen.“ (Kolumbien) 29 30 4. Fachkräftemigration gestalten: Verbesserungsvorschläge unterbreiten Welche konkreten Ansätze gibt es, um die Migration von sinnvoll diskutiert und wo Kooperationsmöglichkeiten Fachkräften entwicklungspolitisch in Wert zu setzen? Es gesehen werden. gibt nur wenige gesicherte Erkenntnisse über die entwicklungsfördernden Effekte von migrationsbezogenen Maßnahmen. Zugleich ist oft unklar, ob eventuelle Effekte 4.1 Arbeitsmarktanalyse, Monitoring, Kommunikation nur aufgrund komplexer Wirkungszusammenhänge nicht nachweisbar oder nicht vorhanden sind. Mit Blick auf die Literatur konstatiert Ratha (2008: 4) z.B. keinerlei nachweisbaren Effekt ethischer Rekrutierungsstrategien; Meyer (2011) fächert einen Katalog von Beispielen für das „Angebot und Nachfrage des Arbeitsmarkts müssen Engagement hochqualifizierter Diaspora-Netzwerke auf, entsprechend analysiert werden. Dies ist ein notwendiger die jedoch oft in ihrer Reichweite und Nachhaltigkeit sehr erster Schritt.“ (Armenien) begrenzt geblieben sind; Dumont und Spielvogel (2008: Eine dem Migrationsprozess vorgelagerte Analysephase 163) schätzen institutionelle Rahmenbedingungen als wird von vielen Interviewpartnern als eine wichtige potenziell wichtig ein, sehen aber keine nachweisbaren Grundlage für einen erfolgreichen Vermittlungs- und Effekte von Rückkehrförderungspolitiken. Faist und Migrationsverlauf erachtet. In diesem Zusammenhang Fauser (2011) verweisen darauf, dass grenzüberschreitende werden von einzelnen Gesprächspartnern u.a. folgende Kooperation gelingen kann, wenn engagierte Akteure auf Instrumente und Maßnahmen vorgeschlagen und als lokaler Ebene auf beiden Seiten beteiligt sind, wie sie das wichtig betrachtet: die Durchführung von Arbeitsmarkt- in Fallstudien für die Kooperation zwischen Migrantenor- analysen (sowohl in den Herkunfts- als auch in den ganisationen aus zwei spanischen Städten untersucht Aufnahmeländern) zur Ermittlung von Angebot an und haben. In Bezug auf Mexiko und Marokko, die inzwischen Nachfrage nach Fachkräften, ein einheitliches System zum eine fast vierzigjährige migrationspolitische Erfahrung Monitoring der Migrationsbewegungen, umfassende haben, kommt Iskander (2010) zu durchaus positiven nationale Migrationsinformationssysteme in den Bewertungen der institutionellen Rahmenbedingungen. Herkunftsländern sowie die Evaluation von bereits Allerdings fehle es an der Umsetzung konkreter migrati- bestehenden Instrumenten und Maßnahmen. onspolitischer Projekte. Wie Zweig (2008) analysiert, kann Diese Maßnahmen sollten von den Aufnahmeländern und es auch darum gehen, dass der Staat den Wanderungsab- von den Herkunftsländern – bestenfalls gemeinsam – sichten potenzieller Migranten nicht im Wege steht. Bei initiiert werden, z.B. durch die vermittelnden Organisa- aller Skepsis, zu der die Literatur Anlass gibt, ist es wichtig, tionen. Darin sehen viele Gesprächspartner die Voraus- zunächst einmal wahrzunehmen, welche Art von setzung, um nationale Migrationsstrategien besser planen konkreten Interventionen in den Herkunftsländern als 31 zu können und auf nationaler wie bilateraler Ebene die Entwicklung von besseren Ausbildungs- und Qualifi- effizienter zusammenzuarbeiten. kationsstandards beziehen. Ein weiterer Aspekt, der vor allem von indischen Inter- „Im Bereich der Qualifikationsentwicklung von viewpartnern hervorgehoben wird, ist der Informations- indischen Fachkräften orientieren wir uns an den austausch zwischen Aufnahme- und Herkunftsländern Ausbildungsstandards der Länder, die uns positiv bei der und das konkrete Benennen und Kommunizieren des Ausstellung von Visa gesinnt sind.“ (Indien) Fachkräftebedarfs. Dies sei u.a. wichtig, damit die In Bezug auf die sprachlich-interkulturelle Vorbereitung indischen Fachkräfte bedarfsgerecht ausgebildet werden wird hervorgehoben, dass ihr noch größere Beachtung können. Von positiven Praxisbeispielen, z.B. mit Kanada geschenkt werden muss. Hier wird nicht nur von den und Japan, wird in diesem Zusammenhang berichtet. Aufnahmeländern ein verstärktes Engagement erwartet, „Viele indische Arbeitskräfte können die teuren sondern auch auf die Bedeutung geeigneter Maßnahmen Ausbildungen und Sprachtests nicht absolvieren, ohne in den Herkunftsländern hingewiesen. zu wissen, ob sie im Ausland tatsächlich gebraucht „Der Schlüssel für einen gelungenen Auslandaufenthalt werden. Sie müssen darüber Gewissheit haben. Daher ist ist die sprachliche Qualifizierung und die Vorbereitung es für Indien wichtig zu erfahren, wie viele Fachkräfte im auf die kulturellen Unterschiede. In diesem Bereich Ausland benötigt werden.“ (Indien) müssen wir uns noch deutlich verbessern.“ (Vietnam) „Die Marokkaner müssen auf ihre Ausreise vorbereitet werden, denn viele wissen nicht, was sie im Zielland 4.2 Vorbereitung der migrierenden Fachkräfte erwartet, z.B. in Bezug auf Kultur, Klima und Sprache. Dies ist für die Mittel- und Geringqualifizierten noch wichtiger als für die Hochqualifizierten.“ (Marokko) Die fachliche Ausbildung sowie die sprachlich-interkulturelle Weiterbildung werden von den Interviewpartnern als zentrale Aspekte während der Vorbereitungsphase des 4.3 Rekrutierung und Vermittlung der migrierenden Fachkräfte Migrationsprozesses genannt. Viele Interviewpartner sind der Überzeugung, dass eine solide Ausbildung im Herkunftsland die Chancen der erfolgreichen Migration ins Ausland erhöht. Aus Georgien, Kolumbien und Indien wird von positiven Praxisbeispielen berichtet, die sich auf Die Forderung nach fairen Rekrutierungsprozessen findet 32 4. Fachkräftemigration gestalten: Verbesserungsvorschläge unterbreiten besondere Erwähnung bei den Interviewpartnern. ländern. Deshalb regen zahlreiche Gesprächspartner an, Konkrete Praxisbeispiele zum Rekrutierungs- und Botschafts- und Konsulatsmitarbeiter entsprechend zu Vermittlungsprozess werden nur vereinzelt benannt und schulen und somit zu gewährleisten, dass Migranten beziehen sich vor allem auf den privaten Vermittlungs- bereits bei der Beantragung des Visums einen positiven sektor, der überwiegend negativ bewertet wird. Eindruck von Deutschland bekommen. „Der private Vermittlungssektor agiert häufig sehr Integration im Aufnahmeland undurchsichtig und mit zweifelhaften Methoden.“ Interviewpartner aus allen Ländern wünschen sich für (Vietnam) ihre abgewanderten Landsleute faire Bedingungen und „Es gibt in Kolumbien ein großes Korruptionsproblem. eine offene Einstellung gegenüber Migranten im Aufnah- Der größte Schaden geht von vermittelnden Privat- meland, Unterstützung bei der Integration sowie Schutz unternehmen im Personalleasing aus.“ (Kolumbien) vor Ausbeutung. Zur Korruptionsbekämpfung wird insbesondere eine „Eine humane und würdevolle Fachkräftemigration setzt stärkere Kontrolle von privaten Agenturen vorgeschlagen. voraus, dass für alle das gleiche Arbeitsrecht gilt und alle Fachkräfte sozial abgesichert sind.“ (Kolumbien) Um die Qualität der Rekrutierung und Vermittlung von Fachkräften im Allgemeinen zu verbessern und Vermitt- „Die Migrationspolitik muss auch in den Köpfen der lungsprozesse bedarfsgerecht zu gestalten, wird Deutschen ankommen. Sie müssen ihre Einstellung empfohlen, die Arbeitgeber bei der Vermittlung einzube- gegenüber Migranten ändern.“ (Indien) ziehen, da sie wissen, welche Kompetenzen im Betrieb Die Aufnahmeländer müssen die entsprechenden gefragt sind. Grundvoraussetzungen schaffen, damit Fachkräfte zu ihnen kommen: „Qualifizierte Fachkräfte gehen in Länder, wo sie aus 4.4 Willkommenskultur und Integrationsförderung ihrer Arbeit den maximalen Nutzen für sich selbst ziehen können. Genauso wollen sie sich auch ,zu Hause‘ fühlen. Das geschieht nur, wenn die Fachkräfte ihre Familien dabei haben dürfen, ein Netzwerk vor Ort haben und dort Alle Dialogländer wünschen sich von Ländern, die auch willkommen sind.“ (Indien) Fachkräfte aufnehmen, Offenheit und Unterstützung der Migranten während des Integrationsprozesses. Die Daneben fordern die Gesprächspartner eine bessere Willkommenskultur beginnt bereits in den Herkunfts- Vorbereitung der Arbeitgeber auf den Umgang mit 33 Migranten. Die Gesprächspartner machen darauf Aus Sicht der Gesprächspartner in Georgien soll die aufmerksam, dass sich die Migrationspolitik der Aufnah- Diaspora stärker in die konkrete Ausgestaltung von meländer nicht zu häufig ändern dürfe: Migranten einzelnen Komponenten in Migrationsprogrammen können nur dann perspektivisch planen, wenn die einbezogen werden: Migrationspolitik konstant bliebe. Bei Änderungen in der „Die Diaspora und die Rückkehrer sollten eine größere Migrationspolitik solle es einen zeitlichen Rahmen geben, Rolle bei der Vorbereitung der Migranten auf ihren der es Migranten ermöglicht, auf diese Wechsel zu Auslandsaufenthalt übernehmen, als Ansprechpartner reagieren. zur Verfügung stehen und Hilfestellung bei der „Wenn sich die Migrationspolitik in den Entscheidung leisten, ins Ausland zu gehen.“ (Georgien) Aufnahmeländern zu häufig verändert, kann das Chaos Auch in Indien ist die Mehrheit der Interviewpartner verursachen. Viele Migranten stellen sich bereits bei ihrer davon überzeugt, dass das Land davon profitiert, mit der Studienwahl oder bei ihrer Ausbildung auf den Status quo Diaspora zusammenzuarbeiten. der Migrationspolitik des Ziellandes ein.“ (Indien) „Die verschiedenen Diaspora-Netzwerke machen unsere jeweiligen Wirtschaftsräume wettbewerbsfähig.“ (Indien) In der praktischen Zusammenarbeit haben einige indische 4.5 Zusammenarbeit mit der Diaspora Bundesstaaten bereits begonnen, in anderen Ländern Auslandsbüros zu errichten, um die Zusammenarbeit mit der Diaspora zu erleichtern. Die Durchführung Die Zusammenarbeit mit der Diaspora eines Landes spielt gemeinsamer Projekte wird insofern einfacher, als dass die insbesondere in der Migrationspraxis in Marokko und indische Politik rechtliche Rahmenbedingungen Indien eine relevante Rolle. Marokko betreibt bereits seit geschaffen hat. Mit der Einführung von neuen Staatsbür- mehreren Jahrzehnten eine aktive Politik in diesem gerschaftsmodellen wie „Overseas Citizenship of India“ Bereich und kann nach Aussagen der Interviewpartner (OCI) oder „Person of Indian Origin“ (PIO) können z.B. bereits auf Vereine und bestehende Netzwerke in anderen indischstämmige Deutsche bei einer Rückkehr oder Ländern zurückgreifen. Darin sehen die Interviewpartner Geschäftstätigkeit in Indien ähnliche Rechte wie ansässige vor allem die Möglichkeit, die Erfahrungen und Qualifika- indische Staatsangehörige wahrnehmen. tionen der im Ausland lebenden Marokkaner für das Land und für migrationsinteressierte Fachkräfte nutzbar zu machen. 34 4. Fachkräftemigration gestalten: Verbesserungsvorschläge unterbreiten 4.6 Optimierung der Verwendung von Geldtransfers und Schwierigkeiten des investitionsbereiten Die Bedeutung der Geldtransfers (Remittances) von eine stärker investive statt rein konsumtive Verwendung Migranten für die Herkunftsländer wird durchweg hoch von Geldtransfers. Der übergreifende Vorschlag besteht eingeschätzt und überwiegend positiv bewertet. häufig darin, die Geldtransfers so zu steuern, dass sie einen „Das große Potenzial der Remittances ist vielen noch wirksameren volkswirtschaftlichen Nutzen haben. Dabei Auslandsmarokkaners hat.“ (Marokko) Viele Gesprächspartner postulieren Förderprogramme für werden Wünsche für konkrete Investitionen im Bildungs- nicht ganz bewusst. Die Remittances betragen 4 Milli- bereich, bei der Förderung und Entwicklung von kleinen arden US-Dollar in unserem Land und liegen damit weit und mittelständischen Unternehmen und wirtschaftlich über den Einnahmen des Hauptexportprodukts Kaffee.“ schwachen Regionen formuliert. (Kolumbien) „Remittances sollten besser investiert werden und dazu Die Frage, ob der Staat Geldtransfers fördern und ihre beitragen, dass neue Jobs entstehen. Migration soll Verwendung steuern kann, ist daher immer wieder Entwicklung schaffen!“ (Armenien) Gegenstand von Überlegungen. Viele Interviewpartner verteidigen explizit den privaten Charakter dieser Gelder, Dabei werden auch in anderen Ländern angewandte welche durch Arbeit von Migranten entstehen. Maßnahmen als Beispiel genommen, so etwa Vorschläge, „Der Staat kann keine Vorgaben machen, wie das Geld bei denen der Staat investiv verwendete Geldtransfers durch Zuschüsse unterstützt, wie etwa bei dem in Mexiko auszugeben ist, aber er kann unterschiedliche Optionen praktizierten Programm Tres por uno8. und Auswirkungen aufzeigen.“ (Georgien) Als Verbesserungsvorschläge werden mehrmalig auch die Kritisiert werden fehlende Beratungsmöglichkeiten zur Einrichtung von Beratungs- und Servicecentern (z.B. effektiven Nutzung der Geldtransfers (Armenien) sowie zu Informationen zu Investitionsmöglichkeiten, rechtlichen viele administrative Hürden für investitionsbereite, im Rahmenbedingungen) sowie die stärkere Bewerbung von Ausland lebende, Migranten (Marokko). wirtschaftlichen Investitionen durch die Diaspora „Es ist wichtig, dass es eine geeignete Anlaufstelle in genannt. Marokko gibt, die Verständnis für die Bedürfnisse 8 In Partnerschaftsfonds wie dem „Tres por Uno“ (3x1) finanzieren Migranten und die mexikanische Regierung gemeinsam Projekte zur Entwicklung der Infrastruktur in den Heimatorten der Auswanderer. Die Migranten zahlen einen bestimmten Beitrag, die öffentliche Hand steuert das Dreifache dazu. 35 4.7 Rückkehranreize und Reintegrationsförderung entlassen werden. Kolumbien weiß bislang noch nicht, Ein besonders differenziertes Bild ergibt sich bei den Als allgemeines Hindernis für die Rückkehr wird die Aussagen zur Rückkehr und der Reintegration von Nichtübertragbarkeit von Sozialversicherungsleistungen Fachkräften in ihr Herkunftsland. Es wird von positiven genannt. Neben Sozialversicherungsabkommen sollen und auch von negativen Praxisbeispielen berichtet. Die auch Anreize geschaffen werden, um es Fachkräften zu Gesprächspartner formulieren sowohl Verbesserungsvor- ermöglichen, auf freiwilliger Basis ihren sozialen schläge für die Aufnahmeländer als auch für die Sicherungsstatus im Herkunftsland zu erhalten. wie das Potenzial dieser rückkehrenden Fachkräfte genutzt werden kann.“ (Kolumbien) Herkunftsländer. „Es müssen Anreize für die Auslandskolumbianer „Als Staat kann ich meine Bürger nicht verpflichten, geschaffen werden, damit sie in ihr Land zurückkehren. zurückzukommen; aber ich kann Anreize schaffen.“ Es gibt das Programm ‚Kolumbianer, sicher im Ausland‘. (Kolumbien) Dieses eröffnet Auslandskolumbianern die Möglichkeit, freiwillig in die kolumbianische Rentenkasse einzuzahlen, „Vorbereitende Maßnahmen in Europa sind ein Konto zu eröffnen und damit Zugang zum Kredit- ausschlaggebend für eine erfolgreiche Rückkehr.“ und Bankensystem in Kolumbien zu bekommen.“ (Marokko) (Kolumbien) „Wir bieten rückkehrenden Fachkräften Trainingskurse Konkrete Verbesserungsvorschläge bei der Gestaltung der an, in denen wir ihnen u.a. zeigen, wie sie sich bei in Rückkehr und Reintegration von Fachkräften werden von Vietnam ansässigen internationalen Unternehmen Interviewpartnern in nahezu allen Ländern gemacht. bewerben, oder wie sie ihr eigenes Business starten können.“ (Vietnam) Dabei überwiegen Forderungen, die an das Herkunftsland Negative Erfahrungen und Beispiele in Bezug auf die serung der Informationsbereitstellung zur Rückkehrvor- Rückkehr werden u.a. mit der aktuellen Wirtschafts- und bereitung hin. Es gäbe u.a. zu wenig Transparenz über die Finanzkrise in Europa in Verbindung gebracht. Arbeitsmi- Möglichkeiten der Wiederaufnahme von Arbeit im granten müssen ungeplant zurückkehren und finden es in Herkunftsland. Gefordert werden Informationssysteme einer solchen Situation oft schwierig, im Heimatland Fuß und Austauschplattformen, z.B. in Form von Internet- zu fassen. portalen, die über die Rückkehr ins Herkunftsland gestellt werden. Viele Aussagen weisen auf die Verbes- informieren sowie konkrete Anlaufstellen (z.B. Behörden) „Im Fall von Spanien zeigt sich, dass aufgrund der dort für rückkehrende Fachkräfte. herrschenden Krise viele kolumbianische Fachkräfte 36 4. Fachkräftemigration gestalten: Verbesserungsvorschläge unterbreiten „Es gibt kein Webportal der Regierung, wo Interessierte konkrete Informationen über Rückkehr und Jobsituation erhalten.“ (Georgien) „Die Regierung sollte Institutionen – ähnlich der deutschen Bundesagentur für Arbeit – einrichten, um eine einzige Anlaufstelle für Rückkehrer und allgemein Arbeitssuchende anbieten zu können.“ (Georgien) Ebenso wird die Förderung und Unterstützung von Unternehmensgründungen gefordert und darauf aufmerksam gemacht, dass in diesem Bereich in den Herkunftsländern nur wenig Wissen dazu besteht, wie man rückkehrende Fachkräfte in diesem Zusammenhang unterstützen kann. „Man müsste in Kolumbien noch mehr in Richtung ,Start-Up‘-Unterstützung tun. Das ist auch ein Feld für Kooperationen mit Deutschland: Wer deutsche Maschinen und Materialien kennt, wird diese später genauso in Kolumbien einsetzen wollen.“ (Kolumbien) In Richtung der EU werden – insbesondere aus Georgien und Marokko – weitere konkrete Forderungen laut: Die bestehenden Programme und Budgets für Rückkehr- und Reintegrationsprogramme seien unzureichend, weitere Unterstützung durch die EU wäre wünschenswert. „Die Programme der EU hinsichtlich der Unterstützung von Rückkehrern nach Marokko sind lächerlich. Die EU müsste hier viel mehr tun.“ (Marokko) 37 5. Fazit Qualifizierte Arbeitskräfte werden immer knapper. Schon kleiner Bevölkerung, wie etwa Armenien und Georgien, ist heute werden Krankenpfleger und Softwareingenieure die Sorge vor dem Verlust von Arbeitskräften und weltweit gesucht. Der vom demographischen Wandel möglichen negativen Effekten sehr viel stärker als in verursachte Mangel an Fachkräften ist in den geburten- Ländern mit großer Bevölkerung, wie etwa in Indien oder schwachen Staaten deutlich spürbar. Junge und gut Vietnam. Aus diesem Grund wird in den kleineren Staaten ausgebildete Fachkräfte aus Entwicklungs- und Schwel- vor allem ein Interesse an zirkulären Migrationspro- lenländern werden stark umworben. Auf der Suche nach grammen geäußert und auch das Thema Rückkehr hat ein besseren Beschäftigungs- und Verdienstmöglichkeiten größeres Gewicht. Viele Gesprächspartner weisen zudem sind viele von ihnen bereit, ihr Heimatland zu verlassen auf den besonderen Schutz hin, den Arbeitsmigranten und eine Karriere auf dem internationalen Arbeitsmarkt benötigen. Ausbeutung, schlechte Arbeitsbedingungen zu beginnen. und Ausgrenzung sollen unbedingt vermieden werden. Migranten sollen nicht nur als Arbeitskräfte, sondern auch Das verstärkte Interesse der Industrie- und Schwellen- als Menschen wahrgenommen werden, denen man länder an Zuwanderern und die zunehmenden Anwerbe- Wertschätzung entgegen bringt. In den Interviews wird bemühungen werden jedoch nicht von allen Seiten viel Wert auf die faire Gestaltung von Migration gelegt, die begrüßt. Einige Entwicklungsexperten unterstellen den beinhaltet, dass die Rechte von Migranten gesichert Befürwortern einer migrationspolitischen Öffnung, dass werden. sie den Brain Drain fördern, wenn sie die „klügsten Köpfe“ abwerben. Auffallend ist, dass nahezu alle Gesprächspartner einen Dialog auf Augenhöhe fordern. Insbesondere die in die Die Studie zeigt hingegen, dass in den untersuchten EU-Nachbarschaftspolitik einbezogenen Staaten beklagen, Partnerländern ein überwiegend positives Bild der dass ihre Interessen im Rahmen der Mobilitätspartner- Fachkräftemigration vorherrscht. Unter den Experten schaften nicht hinreichend berücksichtigt werden. besteht weitgehende Einigkeit darüber, dass Migranten Bilaterale Abkommen bieten aus Sicht der Herkunfts- einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung ihres Herkunfts- länder eine ideale Grundlage für eine faire Partnerschaft. landes leisten. Von nahezu allen Gesprächspartnern wird Sie seien zugleich notwendige Bedingung für die in diesem Kontext die enorme Bedeutung der Erzielung eines Triple Win. So sei es beispielsweise Geldtransfers hervorgehoben. Darüber hinaus betonen erforderlich, dass Herkunfts- und Zielland sich viele Interviewpartner die Wirkung von Knowhow- und gemeinsam darauf verständigen, in welchen Berufsbildern Wissenstransfers. konkrete Kooperationsvorhaben initiiert werden können, Allerdings wird auch deutlich, dass die Migration von ohne dass Brain Drain-Effekte entstehen. Ferner weisen Fachkräften durchaus Risiken birgt. In Ländern mit einige Gesprächspartner darauf hin, dass in solchen 38 Abkommen auch Eckpfeiler zur Gleichbehandlung der ausländische Fachkräfte steigern und sich damit im Migranten mit einheimischen Fachkräften, zur Integrati- zunehmenden Wettbewerb um internationale Fachkräfte onsförderung, zur Sprachausbildung etc. festgelegt werden behaupten. Mit einer entwicklungssensitiven können. Ausgestaltung der Fachkräftemigration kann Deutschland zudem seiner politischen Verantwortung gegenüber den Unter dem Gesichtspunkt einer fairen Lastenteilung Herkunftsländern gerecht werden. sprechen die Experten aus den Dialogländern immer wieder auch die stärkere Beteiligung der Zielländer an den Auf dem Weg zu einer partnerschaftlich orientierten Ausbildungskosten in den Herkunftsländern an. Zudem Migrationspolitik gibt es jedoch noch viel zu tun. Die wird eine enge Kooperation bei der Gestaltung der Ergebnisse der Dialogreihe zeigen insbesondere folgende Lehrpläne und Ausbildungsgänge angeregt, die wiederum Handlungsfelder auf: die schnelle Anerkennung von Berufs- und Ausbildungs- ●●Eine Verbesserung der Kohärenz zwischen den abschlüssen im Zielland erleichtern soll. Dies kommt verschiedenen Politikfeldern bzw. Ressorts ist nicht nur der erfolgreichen Integration der Fachkräfte unabdingbar; es bedarf einer einheitlichen und klaren zugute, sondern trägt auch dazu bei, Brain Waste zu Migrationspolitik. vermeiden. ●●Engpässe und Überangebote müssen klar kommuniziert werden. Nicht zuletzt geht aus den Interviews auch die wachsende ●●Rekrutierungs- und Vermittlungsprozesse müssen Bedeutung der zu erwartenden Lebensqualität als transparent sein, um Ausbeutung zu vermeiden. Kriterium für die Wahl der Zielländer von Migranten ●●Zuwanderer bereichern unsere Gesellschaft auf hervor. Hier spielt die Willkommenskultur eine entscheidende Rolle. Vielfach wird in den Interviews der vielfältige Weise, und es ist notwendig, diese Wunsch nach Unterstützung der Migranten im Integrati- Einschätzung auch den Migranten zu vermitteln. onsprozess geäußert. Gute Deutschkenntnisse schaffen die Der in Deutschland eingeschlagene Kurs einer weiteren Basis für einen Austausch mit der einheimischen Öffnung gegenüber Fachkräften aus aller Welt sollte Bevölkerung, und sie fördern die Integration der beibehalten werden. Wer sich um gleichberechtige Migranten in Deutschland. Vorbereitende Sprachkurse Migrationspartnerschaften, faire Aufnahmebedingungen und eine aktive Integrationsbegleitung steigern die für Migranten und kohärente Steuerungsmechanismen Attraktivität Deutschlands als Einwanderungsland für bemüht, wird belohnt. Zuwanderer. Wenn diese Hinweise aus den Herkunftsländern berück- Ein Triple Win ist möglich – aber er muss gestaltet sichtigt werden, kann Deutschland seine Attraktivität für werden! 39 40 Annex I: Länderberichte Im Folgenden werden zentrale Ergebnisse der Dialogreihe nach Ländern getrennt vorgestellt. Da der unterschiedliche historische Kontext und die jeweiligen politischen und ökonomischen Verhältnisse sich auch in unterschiedlichen Gesprächsschwerpunkten niedergeschlagen haben, werden die Länderberichte jeweils durch eine kurze Beschreibung der migrationspolitischen Rahmenbedingungen eingeleitet. Armenien Nr. Indikator [Jahr] Armenien 1 Anteil der Emigranten an der Gesamtbevölkerung in % [2010] 28,2 2 BIP (in Mio. US$) [2010] 9.265 3 Netto-ODA (in Mio.US$) [2010] 343 4 Remittances (in Mio. US$) [2010] 824 5 Verhältnis Remittances/ ODA [2010] 2,4 6 Remittances in % des BIP [2010] 8,9 7 Top 5 Emigrationsländer [2011] Russland, USA, Ukraine, Aserbaidschan, Georgien 9 Human Development Index / Platzierung [2012] 0,729/ 87 (von 186) - High Human Development 10 Fläche des Landes in km² 29.743 11 Einwohnerzahl [2013] 2.974.184 (Quelle: Eigene Darstellung, Daten von The World Bank 2011, UNDP 2013, OECD 2012, CIA 2013) Die ehemalige Sowjetrepublik Armenien im südlichen „Man unterscheidet die „alte“ Diaspora des 19. Kaukasus ist traditionell durch massive Auswanderung Jahrhunderts und die „neue“ Diaspora, deren Zerstreuung gekennzeichnet. Die weltweite Diaspora von Menschen in den 1990er Jahren stattgefunden hat. Die alte Diaspora mit armenischen Wurzeln wird auf bis zu 9 Millionen versucht die junge Diaspora zu ermutigen, wieder nach geschätzt,9 während in Armenien selbst heute nur rund Armenien zurück zu kehren.“ 2,9 Millionen Menschen leben. 9 Quelle der zusammenfassenden Darstellung ist – wenn nicht anders angegeben – ein Länderbericht von Manasyan und Poghosyan (2012). Für weiterführende Literatur siehe auch www.carim-east.eu. 41 Anfang der 1990er Jahre haben der Übergang von der quantitativ keine geschlechtsspezifischen Unterschiede Planwirtschaft zur Marktwirtschaft und der Krieg mit mehr gibt.“ Aserbaidschan um Bergkarabach, der 1994 mit einem Viele armenische Auswanderer halten sich irregulär im vorläufigen Waffenstillstand endete, eine massive Aufnahmeland auf. Dies führt dazu, dass sie oft in Auswanderungswelle hervorgerufen. So gibt es heute unqualifizierten Beschäftigungsverhältnissen arbeiten, noch eine extrem hohe Quote von Emigranten. Dement- obwohl sie über eine qualifizierte Ausbildung oder ein sprechend wichtig sind die Geldtransfers, die von 1995 bis Studium verfügen. 2010 zwischen fünf und zwölf Prozent des Bruttoinlandsprodukts betrugen. Während Armenien zu Beginn des „Die Personen, die einer Fremdsprache mächtig waren, neuen Jahrtausends eine wirtschaftliche Erholung haben eine qualifizierte Arbeit im Ausland gefunden. verzeichnete, leiden heute viele Armenier im In- und Diejenigen, die keine Fremdsprache beherrschten, haben Ausland unter der Wirtschaftskrise. häufig nur schlecht bezahlte Jobs annehmen können, die nicht ihrer Qualifikation entsprachen.“ „Viele Familien leben von den Remittances, welche zur Armutsreduzierung beitragen.“ Trotz massiver Abwanderung gibt es in Armenien weiterhin einen Fachkräfteüberschuss, u.a. im Gesund- Armenische Männer wanderten schon zu Sowjetzeiten heitsbereich. In Armenien selbst arbeitet nahezu die Hälfte häufig für befristete Beschäftigungsverhältnisse aus. der Bevölkerung in informellen Beschäftigungsverhält- Zielländer waren insbesondere Russland, die Ukraine nissen (International Labour Organization 2012). sowie Kasachstan, wo die Migranten vor allem in der Bauwirtschaft und in Handelsbetrieben der armenischen Die Regierung ist sich der bedeutenden Rolle der Diaspora arbeiteten. Diese Praxis setzt sich, begünstigt Migranten bewusst und nimmt u.a. über eine staatliche durch visafreie Einreisemöglichkeiten, bis heute fort. Die Migrationsagentur und ein Diasporaministerium Einfluss. Wege in den Westen, in die USA und zunehmend auch Es gibt Arbeitsmigrationsabkommen mit ehemaligen nach Europa führen über das Studium, Asylanträge, Sowjetrepubliken, EU- und Golfstaaten (Aghababyan Familiennachzug bzw. Heiratsmigration und irreguläre 2012). Mit der EU wurde 2011 eine Mobilitätspartnerschaft Migration. Hier ist zwar der Frauenanteil höher, insgesamt abgeschlossen, die bisher primär auf die Bekämpfung dominieren aber Migrationsmuster mit primärer Männer- irregulärer Migration und Rückkehrförderung migration und Frauennachzug. ausgerichtet ist. „Bis 2009/2010 sind hauptsächlich Männer abgewandert. „In Europa leben viele armenische Migranten irregulär. Nun emigrieren auch vermehrt Frauen, sodass es heute Sie kehren nicht zurück, weil sie dann nie wieder nach 42 Europa gehen könnten.“ Armenien eine Rückkehr der Migranten begünstigen würde. Die mit armenischen Experten geführten Gespräche über Fachkräftemigration zeigen den Wunsch auf, dass ein „Es ist sehr bitter für uns, dass wir aufgrund der größerer Teil der Migration in einem gesetzlich geregelten schlechten Bedingungen im Land – insbesondere Rahmen durchgeführt werden sollte. hervorgerufen durch Korruption, soziale Ungerechtigkeit und schlechte Berufsaussichten – die Leute nicht im Land „Wenn der Migrationsprozess reguliert und kontrolliert halten oder später wieder erfolgreich zurückgewinnen abläuft, dann gibt es positive Effekte für das können.“ Herkunftsland. Die Migranten tätigen Geldtransfers in einem beträchtlichen Ausmaß und bringen Innovationen Während einige Gesprächspartner vor allem hervorheben, nach Armenien.“ dass eine bessere Wirtschaftsentwicklung mit weniger Korruption und mehr Rechtssicherheit in Armenien die Damit verbinden die Experten die Hoffnung, dass die Rückkehr fördern könnte, verlangen andere staatliche unterqualifizierte Beschäftigung im Ausland sinkt, Anreize für eine Rückkehrförderung. Arbeitsrechte in höherem Maße respektiert werden, eine Rückkehr seltener unfreiwillig erfolgt und sich der „Erstens muss sichergestellt werden, dass Frauenüberschuss in Abwanderungsregionen verringert. Fachkräftemigration zirkulär ist, zweitens soll das Aufnahmeland die Ausbildung unterstützen und drittens Die Rückkehr von Fachkräften wird von armenischen müssen attraktive Strukturen im Herkunftsland die Gesprächspartnern grundsätzlich als positiv und Rückkehr fördern.“ wünschenswert betrachtet. Um diese zu gewährleisten, werden konkrete Rückkehrklauseln gefordert: „Um dem Brain Drain entgegenzuwirken, muss vor allem bei Fachkräften darauf geachtet werden, dass die Migration lediglich von temporärer Natur ist.“ „Armenien braucht ganz dringend ernst gemeinte Programme für zirkuläre Migration. Das ist unsere einzige Hoffnung für die Entwicklung des Landes.“ Dabei machten mehrere Gesprächspartner deutlich, dass vor allem eine Verbesserung der Rahmenbedingungen in 43 44 Georgien Nr. Indikator [Jahr] Georgien 1 Anteil der Emigranten an der Gesamtbevölkerung in % [2010] 25,1 2 BIP (in Mio. US$) [2010] 11.667 3 Netto-ODA(in Mio. US$) [2010] 625 4 Remittances (in Mio. US$) [2010] 824 5 Verhältnis Remittances/ ODA [2010] 1,3 6 Remittances in % des BIP [2010] 9,2 7 Top 5 Emigrationsländer [2011] Russland, Armenien, Ukraine, Griechenland, Israel 9 Human Development Index / Platzierung [2012] 0,745 / 72. (von 186) - High Human Development 10 Fläche des Landes in km² 69.700 11 Einwohnerzahl [2013] 4.555.911 (Quelle: Eigene Darstellung, Daten von The World Bank 2011, UNDP 2013, OECD 2012, CIA 2013) Ähnlich wie Armenien weist auch die ehemalige Sowjetre- Seit der Unabhängigkeit ist Georgiens Geschichte durch publik Georgien seit der Unabhängigkeit im Jahr 1991 eine interne Konflikte, wie die Rosenrevolution im Jahr 2003 sehr hohe Abwanderungsquote auf. Auf eine Bevölkerung und durch externe Konflikte mit Russland, welche die von rund 4,5 Millionen Menschen kommen mehr als 1,1 Grenzregionen Abchasien und Südossetien betreffen, Millionen in Georgien geborene Personen, die im Ausland geprägt. Nach der letzten Eskalation im August 2008 sind leben. Darunter befinden sich auch viele Angehörige von die Grenzregionen de facto unabhängig unter russischer Minderheiten, die gar keine Verbindung mehr mit Protektion. Die Grenzen nach Russland – ein traditionelles Georgien haben.10 Auswanderungsgebiet – sind den Georgiern seitdem verschlossen. „Fachkräftemigration ist grundsätzlich etwas Positives, aber es gibt auch einige negative Aspekte. Nur etwa die „Am Anfang sind die meisten Migranten nach Russland Hälfte der qualifizierten Migranten kehrt nach Georgien oder in die Türkei ausgewandert. Seit dem Jahr 2000 stellt zurück.“ Russland aber kaum mehr Visa für Georgier aus.“ 10 Quelle der zusammenfassenden Darstellung ist – wenn nicht anders angegeben – ein Länderbericht von Badurashvili und Nadareshvili (2012). Für weiterführende Literatur siehe auch www.carim-east.eu. 45 Die Türkei, die seit 2006 eine visumfreie Einreise gewährt, sich laut einer Umfrage 71 Prozent der Georgier als aber auch die EU- und die Golfstaaten sind als Zieleländer arbeitslos. Angesichts des intern kaum regulierten wichtiger geworden. Dadurch haben auch Migrations- Arbeitsmarktes ist es wenig verwunderlich, dass es in den muster zugenommen, bei denen zunächst Frauen Fachgesprächen widersprüchliche Aussagen dazu gibt, ob auswandern und Männer zurückbleiben oder ggf. später in einzelnen Sektoren, wie etwa dem Gesundheitswesen, nachziehen. Geringqualifizierte männliche Migranten ein Fachkräftemangel oder ein Überschuss herrscht. dominieren die überwiegend temporäre Arbeitsmigration „Man kann nicht pauschal sagen, ob es in Georgien einen in die Nachfolgestaaten der Sowjetunion, wo sie vor allem Mangel oder Überschuss in bestimmten Berufsgruppen im Bausektor sowie in Landwirtschaft und Industrie gibt; es sind vielmehr in jedem Bereich Fachkräfte Arbeit finden. vorhanden, die gebraucht werden, und solche die nicht „Russland wäre vor allem im Engineering-Bereich gebraucht werden.“ attraktiv, aber die Einreisebestimmungen sind sehr Der Staatsminister für Europäische und Euroatlantische restriktiv.“ Integration ist für die seit 2009 bestehende EU-Mobilitäts- Bei der Migration nach Europa und in die USA ist der partnerschaft zuständig. Hier konzentrierte sich die Frauenanteil hoch. In Deutschland lag dieser im Jahr 2010 Zusammenarbeit in der Vergangenheit hauptsächlich auf bei 64 Prozent (Statistisches Bundesamt 2011: Tabelle 3). die Migrationskontrolle und Rückkehr von ehemaligen Ein Teil der Migrantinnen wandert zu Studienzwecken Asylbewerbern und irregulären Migranten. In der aus. Viele sind legal oder illegal im Erziehungsbereich (u.a. staatlichen Migrationsstrategie spielt Fachkräftemigration als Au-pair) oder im Pflegebereich beschäftigt. bisher keine explizite Rolle. Es werden jedoch Abkommen zur befristeten Arbeitsmigration angestrebt, die auch die „Überwiegend gehen Frauen mit hohem Bildungsstand Entwicklung von Qualifikationen berücksichtigen sollen. ins Ausland und arbeiten unter ihrer Qualifikation – zumeist in privaten Haushalten.“ „Was in Georgien zum Thema Fachkräftemigration passiert, geschieht im Wesentlichen aufgrund von Der Konflikt mit Russland hat die wirtschaftliche kleinen Programmen und der Zusammenarbeit auf Entwicklung, die sich Mitte der 2000er Jahre beschleunigt institutioneller Ebene. Der Staat tut hier nicht viel.“ hatte und die mit hohen ausländischen Direktinvestitionen verbunden war, wieder gebremst. Trotz des In Georgien werden eine Vielzahl von Projekten mit wirtschaftlichen Wachstums ist die Beschäftigungssi- begrenzter Reichweite mit internationaler Finanzierung tuation noch äußerst schwierig. Während ein großer Teil durchgeführt, während Arbeitsmigrationsabkommen der Bevölkerung nach offiziellen Angaben in der noch in der Verhandlungs- oder Erprobungsphase stecken. Landwirtschaft selbstständig erwerbstätig ist, betrachten Allerdings gibt es schon eine Website, welche die indivi- 46 duelle Suche nach einem Arbeitsplatz über EURES, dem „Legal zwischen zwei Ländern frei hin und her zu Europäischen Portal zur beruflichen Mobilität, reisen, ist der erste Schritt, der Menschen letztendlich unterstützen soll und auch einen landeskundlichen dazu bewegt, wieder langfristig nach Georgien Führer zu Deutschland mit vielen Kontaktadressen zurückzukommen.“ beinhaltet.11 Die Interviewpartner sehen die positiven Effekte der Die besondere Bedeutung des Themas Rückkehr für Fachkräftemigration primär beim produktiven Einsatz der Georgien spiegelt sich auch in den Fachgesprächen im Rückkehrer und bei ihren im Ausland erworbenen Rahmen des Dialogvorhabens wider. Rückkehr wird Fähigkeiten. Die Geldtransfers sind für Georgien ebenfalls überwiegend als wünschenswert betrachtet, wobei sich die sehr wichtig. Interviewpartner bewusst sind, dass die wirtschaftliche Entwicklung Georgiens relevant für die Entscheidung für eine Rückkehr ist. Darüber hinaus gibt es sehr unterschiedliche Vorstellungen davon, welche Politiken zur Rückkehrförderung zentral sind: „Die Regierung muss den Hoffnungen und Bedürfnissen potenzieller Rückkehrer gerecht werden und eine Strategie entwickeln, wie positive Rahmenbedingungen für die Rückkehr gesetzt werden können. Die Rückkehrer sollen ihre erworbenen Fähigkeiten in Georgien effektiv einsetzen können.“ „Der Schlüssel wäre ein gezielteres, koordiniertes Migrationskonzept der beiden beteiligten Partnerländer, worin vertraglich auch die Rückkehr ins Heimatland, sprich nach Georgien, festgelegt würde.“ 11 Die Website kann eingesehen werden unter: http://www.informedmigration.ge/en/ publications_IOM 47 48 Indien Nr. Indikator [Jahr] Indien 1 Anteil der Emigranten an der Gesamtbevölkerung in % [2010] 0,9 2 BIP (in Mio. US$) [2010] 1.729.010 3 Netto-ODA (in Mio. US$) [2010] 2.800 4 Remittances (in Mio. US$) [2010] 55.000 5 Verhältnis Remittances/ ODA [2010] 19,6 6 Remittances in % des BIP [2010] 3,2 7 Top 5 Emigrationsländer [2011] Vereinigte Arabische Emirate, USA, Saudi-Arabien, Bangladesch, Nepal 9 Human Development Index / Platzierung [2012] 0,554/ 136. (von 186) - Medium Human Development 10 Fläche des Landes in km² 3.287.263 11 Einwohnerzahl [2013] 1.220.800.359 (Quelle: Eigene Darstellung, Daten von The World Bank 2011, UNDP 2013, OECD 2012, CIA 2013) Das Territorium Indiens ist kleiner als das der Europä- Bereits in der Kolonialzeit bildeten sich in allen Teilen ischen Union, die Bevölkerung ist mit ca. 1,2 Milliarden des britischen Weltreichs indische Minderheiten, durch Einwohnern jedoch mehr als doppelt so groß.12 Migranten, die als Kontraktarbeiter oder als Händler Es bestehen gewaltige Einkommensunterschiede inner- dorthin kamen. Noch heute sind die englischsprachigen halb und zwischen den Regionen. Außerdem gibt es Länder Hauptziele von indischen Auswanderern. Die einen großen informellen Sektor, eine substanzielle Zuwanderung nach Europa ist durch Fachkräftezuwan- Binnenmigration sowie Konflikte zwischen religiösen derung, studentische Migration sowie durch irreguläre und ethnischen Gruppen. Rund 30 Prozent der Bevölke- Migration gekennzeichnet. Nach China ist Indien das rung gelten in Indien als arm. Das Land ist heute ein größte Entsendeland von Studierenden, woran sich demokratischer Rechtsstaat, der allerdings unter massiver oftmals Arbeitsaufenthalte anschließen. Korruption leidet. „In den 1970er Jahren sind bereits viele Inder ausgewandert. Damals gab es jedoch tatsächlich keine Arbeit in Indien.“ Erst Anfang der 1990er Jahre wurde die indische Wirtschaft liberalisiert und für die Weltwirtschaft geöffnet. Sie wächst derzeit trotz der weltweiten „Die hochqualifizierte und irreguläre Migration in Indien ist von Männern dominiert. Indische Frauen emigrieren vor allem als Haushaltshilfen und Krankenschwestern.“ Wirtschaftskrise. Schon wegen der absoluten Größe des immer noch wachsenden Arbeitskräftepotenzials und des indischen Marktes ist das Interesse an Indien in den fortgeschrittenen Industrieländern groß. 12 Die Einführung in die indische Migrationssituation beruht im Wesentlichen auf Naujoks (2009). Es gibt eine Vielzahl aktueller Texte zu Einzelaspekten, die im Rahmen des EU-Projekts CARIM India erarbeitet wurden. http://www.india-eu-migration.eu. 49 Die befristete Arbeitsmigration in den Persischen zunächst drei Jahre gültig und kann einmal um weitere Golfstaaten setzte in den 1970er Jahren ein und wuchs drei Jahre verlängert werden. Dieses Visum bietet die rasch. Möglichkeit, Universitätsabsolventen für ausgewählte Berufe, insbesondere in der Informationstechnologie, für „Viele Inder, vor allem die ungelernten und die niedrig qualifizierten, emigrieren derzeit in die Golfstaaten — bestimmt auch deshalb, weil diese Indien geographisch sehr nahe sind. Würden sie jedoch in anderen Ländern — in Europa oder den USA – Arbeit bekommen, gingen sie auch dorthin.“ die genannte Dauer in die USA zu holen. Nach Verlängerung um drei Jahre kann der Arbeitgeber den Daueraufenthalt des Arbeitsmigranten beantragen. Durch die H1B-Zuwanderung konnten Inder zu einer relevanten Größe in der amerikanischen Computerindustrie werden. Auch europäische Staaten haben Inder angeworben – Von den Interviewpartnern wird mehrfach betont, dass Deutschland vor allem im Rahmen der „Greencard“- Indien die Migration von Fachkräften weder fördert noch Initiative von 2000 bis 2005. In den 1960er und 1970er verhindert, dies gelte auch für die Rückkehr. Vielmehr Jahren hatte es in Deutschland auch schon Anwerbungen würden Strukturen zur Verfügung gestellt, die von indischer Krankenschwestern gegeben. migrationsinteressierten Indern genutzt werden können. „Die indischen Migranten, die in die USA gehen, bleiben häufig dort. Jene, die in die Golfstaaten gehen, wollen dort vor allem Geld verdienen und hier damit auftrumpfen, wenn sie zurück sind.“ „Der Migrationsmarkt in Indien funktioniert. Wir brauchen keine Anreize für die indischen Migranten.“ In absoluten Zahlen erhält Indien weltweit die höchsten Geldtransfers. Durch die Auswanderung in die Golfre- Indien hat im Bereich der Informationstechnologie in gionen sind diese vor allem in Südindien (z.B. im südwest- hohem Maße vom Wissen von Auslandsindern profitiert lichen Bundesstaat Kerala) stark gestiegen und machen und wissensintensive Produktion mit Hilfe von Auslands- einen erheblichen Teil des Sozialproduktes aus. indern nach Indien gezogen. Dies ist besonders auf die Verbindungen zwischen Kalifornien und Bangalore „In Kerala machen Remittances 30 Prozent des BIP aus: Das führt dazu, dass dort die Ausbildung gut ist, die Menschen gesund sind und die Entwicklung gut voranschreitet. Es hat jedoch zur Folge, dass es dort wenig Industrie gibt: Da die Leute genügend Geld haben, möchten sie nicht mehr in der Industrie arbeiten.“ zurückzuführen. Beide Pole konnten von Verlagerungen von Menschen, Material und Produktionsanlagen profitieren. „Es gibt bestimmte Regionen und Bundesstaaten aus denen die Bewohner häufig in dieselben Länder auswandern. Ihre Vorfahren haben bereits den Weg geebnet.“ In diesem Zusammenhang vermitteln mehrere Interviewpartner den Eindruck, dass Indien nicht primär an der Rückkehr der Migranten interessiert sei, sondern vielmehr Indische Diaspora-Netzwerke gelten als relativ effizient an den Geldtransfers und an den Investitionen im Land. (Meyer 2011: 168f). Der große Erfolg von Auslandsindern hat dazu beigetragen, das Image Indiens als Land großer „Das physische Zurückkehren der indischen Migranten ist nur ein Aspekt in der Migrationsthematik. Man kann auch durch Remittances etwas an sein Land zurückgeben.“ Armut zu verändern und Vertrauen in indische Qualifikationen zu fördern. Indien gilt als Paradebeispiel dafür, dass Migranten, Herkunfts- und Aufnahmeländer gleichermaßen von Fachkräftemigration profitieren „Vor allem die Investitionen in den indischen IT-Sektor waren Investitionen, die aus dem Ausland kamen. Das war quasi unser Brain Gain.“ können. So haben etwa aus den USA zurückgekehrte Inder In den letzten Jahren sind auch die Rücküberweisungen Aufträge an indische Firmen. erfolgreiche Software-Unternehmen gegründet und den Handel mit den USA erweitert. Mittlerweile vergeben indische Unternehmer im amerikanischen Silicon Valley von Hochqualifizierten aus westlichen Ländern stark „Seit der Jahrtausendwende haben die Menschen in Indien begonnen zu begreifen, welchen Nutzen die qualifizierte Migration für ihr Land hat. Vor allem, angestiegen. Für Personen mit besonderen Qualifikationen gibt es in den USA das H1B-Visum, dessen größte Empfängergruppe aus Indien stammt. Ein H1B-Visum ist 50 weil sie gesehen haben, welche bahnbrechenden Entwicklungen im ‚Silicon Valley‘ durch indische Ingenieure zustande gekommen sind.“ Geldtransfers stünden erhebliche Abflüsse gegenüber, die indische Familien für das Studium junger Inder im Ausland zahlen. Vor allem würden die Industrieländer über die Anwerbung von fortgeschrittenen Studierenden In den Gesprächen vor Ort wurde der Brain Drain nicht und Doktoranden die Elite jedes Jahrgangs abschöpfen als relevantes Thema bezeichnet. Hingegen wurde in den (Khadria 2010). Interviews eine Haltung deutlich, nach der Indien „In Bezug auf die Remittances gibt es einen dynamischen Interessenskonflikt: Einerseits fließen zwar Remittances aus den Zielländern zurück nach Indien, anderseits wird dieses Geld aber wieder in die Ausbildung von jungen Indern in eben diesen Ländern investiert.“ problemlos Fachkräfte für den internationalen Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen kann. Von potenziellen Aufnahmeländern werden insbesondere eine direkte Kommunikation ihres Fachkräftebedarfes und klare Erwartungen an die Zusammenarbeit gefordert. „Die Ausbildung in Indien, besonders im Ingenieurwesen, ist eine der günstigsten auf der Welt. Es ist in Ordnung für uns, wenn Studenten nach der Ausbildung ins Ausland gehen. In der Regel kommen sie zurück oder unterstützen die Entwicklung des Landes mit Remittances.“ Im letzten Jahrzehnt betreibt die indische Regierung eine koordinierte Politik gegenüber der indischen Diaspora, die inzwischen auf 18,5 Millionen Menschen geschätzt wird. Für Indischstämmige mit ausländischer Staatsangehörigkeit wurde ein spezieller Status eingeführt. So sind diese von Meldeauflagen, ökonomischen Restriktionen „An die Aufnahmeländer kann ich nur folgenden Appell richten: Kommuniziert eindeutig, wie viele Fachkräfte ihr braucht, errichtet entsprechende Systeme, die Migrationsprozesse erleichtern, und setzt klare Anreize, vor allem durch die erleichterte Ausstellung von Visa. Wenn diese Voraussetzungen geschaffen sind, können wir spezielle Ausbildungszentren für internationale Bedarfe in Indien errichten und Fachkräfte ausbilden.“ und den Visabeschränkungen für Ausländer weitgehend ausgenommen. Im Jahr 2004 wurde das Ministry of Overseas Indian Affairs (MOIA) eingerichtet, das Kontakte und politische Programme mit Diaspora-Bezug koordiniert. Die indische Diaspora ist insbesondere in den USA gut organisiert und bietet eine Vielzahl von Anknüpfungspunkten. „Wenn das Herkunftsland einen guten Kontakt zu seiner Diaspora pflegt, hat das auch eine geopolitische Auswirkung.“ Darüber hinaus werden von Interviewpartnern vereinzelt auch kritische Stimmen laut und Wünsche an die Entwicklung im eigenen Land formuliert. Kritisiert wird „Indien verfolgt eher den Gedanken, dass die Diaspora in das Land investiert. Dafür gibt es allerdings keine speziellen Anreize. Es ist schön, wenn die Menschen ihr Land unterstützen, aber es ist nicht wesentlich.“ u.a. die unzureichende Entwicklung von Institutionen, der Infrastruktur und des formellen Arbeitsmarktes. Auch die Entwicklung eines Berufsbildungssystems wird in diesem Zusammenhang gefordert. „Indien braucht ein ‚institutional setting‘, damit Fachkräfte nach einer Rückkehr auf dem indischen Arbeitsmarkt eine Chance haben, ihre neu erlernten Fähigkeiten einzusetzen.“ Indische Fachkräfte haben oft die Wahl zwischen verschiedenen Zielländern, so dass für sie nicht nur die Arbeitsbedingungen, sondern auch die Rahmenbedingungen stimmen müssen. Die Rolle der Willkommenskultur im Aufnahmeland und dessen grundsätzliche „Die indische Gesellschaft ist noch nicht dafür gerüstet, dass indische Migranten, besonders die qualifizierten, zurück ins Land kommen. In Indien müssen sich vor allem die Möglichkeiten im Bereich ‚Forschung und Entwicklung‘ – sowie allgemein die Arbeitsbedingungen – enorm verbessern.“ Attraktivität wurde in einigen Expertengesprächen betont. „In den USA sind die Einheimischen zu den Indern freundlicher als zu anderen Migrantengruppen, da sie realisiert haben, dass die indischen Migranten Gutes für das Land gebracht haben.“ Ebenso würden die Kosten der Reintegration von temporären Migranten und die Schwierigkeiten zurückgebliebener Familien unterschätzt. Dem Geldzustrom durch 51 52 Kolumbien Nr. Indikator [Jahr] Kolumbien 1 Anteil der Emigranten an der Gesamtbevölkerung in % [2010] 4,6 2 BIP (in Mio. US$) [2010] 288.189 3 Netto-ODA (in Mio. US$) [2010] 901 4 Remittances (in Mio. US$) [2010] 3.942 5 Verhältnis Remittances/ ODA [2010] 4,4 6 Remittances in % des BIP (Angabe in %) [2010] 1,4 7 Top 5 Emigrationsländer [2011] USA, Venezuela, Spanien, Ecuador, Kanada 9 Human Development Index / Platzierung [2012] 0,719/ 91. (von 186) – High Human Development 10 Fläche des Landes in km² 1.138.910 11 Einwohnerzahl [2013] 45.745.783 (Quelle: Eigene Darstellung, Daten von The World Bank 2011, UNDP 2013, OECD 2012, CIA 2013) Kolumbien hat rund 46 Millionen Einwohner. Ein Migranten. Die Auswanderung in die USA in den 1960er jahrzehntelanger, teils schwelender, teils eskalierender und 1970er Jahren bestand zu einem großen Teil aus Bürgerkrieg, in den staatliche Truppen, linksgerichtete hochqualifizierten Fachkräften wie Ärzten und Guerillas (FARC), rechtsgerichtete Paramilitärs und die Ingenieuren und hat schon früh das Bewusstsein Drogenmafia involviert waren, scheint überwunden. Der gefördert, dass Bildung auch Mobilitätschancen bietet. Konflikt hat jedoch dazu geführt, dass viele Kolumbianer Später kamen geringer Qualifizierte in großer Zahl hinzu. aus ihrem Land geflohen sind. Eine Studie aus dem Jahr 2009 zeigt, dass Hochqualifizierte nur minimale Rückkehrchancen sehen, während die „Kolumbien ist kein armes Land – ganz im Gegenteil! Rückkehr für Migranten mit mittlerer Qualifikation eher Das Problem liegt vielmehr in der sozialen Ungleichheit. attraktiv ist (Ramirez et al. 2010:14). Wir haben eine korrupte politische Klasse, kriminelle paramilitärische Kräfte, die Drogenmafia und ähnliche „Warum sollte man als hochqualifizierter, im Ausland Gruppierungen.“ ausgebildeter kolumbianischer Forscher ins eigene Land zurückkehren, wenn es dort nicht einmal die nötige Die Nachbarländer Venezuela und Ecuador waren sowohl Forschungsausstattung gibt?“ das Ziel von Fluchtbewegungen als auch von Arbeitsmigration. Die USA – dort hauptsächlich die Staaten New York und Florida – sind das traditionelle Hauptziel der 53 Die Wirtschaftskrise um die Jahrtausendwende erzeugte „Wenn man von Fachkräftemigration in die USA eine besonders große Auswanderungswelle, die sich erst oder nach Europa spricht, kommen neben kulturellen allmählich wieder abschwächte. Gleichzeitig wurden die und sprachlichen Barrieren natürlich auch die Zugangsmöglichkeiten in das Hauptaufnahmeland USA Aufnahmebedingungen der Zielländer ins Spiel.“ beschränkt, was zu einem Anstieg der irregulären Die kolumbianische Diaspora hatte ursprünglich wenig Migration, insbesondere zu einem sprunghaften Anstieg Interesse an einer institutionalisierten Kooperation mit der Auswanderung nach Spanien führte. Hierbei waren Regierungsstellen im Herkunftsland, was auch mit dem Frauen leicht in der Überzahl. In Spanien wuchs die Zahl großen Misstrauen zu erklären sein mag, das staatlichen der Kolumbianer von weniger als 10.000 Menschen in den Stellen während der politischen Unruhen entgegenge- 1990er Jahren auf nahezu 300.000 Menschen im Jahr 2009 bracht wurde (Meyer et al. 1997). Inzwischen ist es (Eurostat 2013). Danach kam es krisenbedingt zu einem offizielles Ziel der kolumbianischen Regierungspolitik, die Rückgang. Die Einreise erfolgte in der Regel mit einem Kontakte zur Diaspora zu intensivieren. Im Rahmen des Touristenvisum, gefolgt von einem illegalen Aufenthalt „Colombia Nos Une Programm“ (CNU) wurden bereits und zum Teil einer späteren Legalisierung (Bérubé 2005). mehrere Projekte realisiert. Seit 2004 wird an einer „Viele Leute, die in den 1990er Jahren nach Spanien integrierten Politik für Auslandskolumbianer und gegangen sind, hätten sich Programme zur Begleitung Einwanderer in Kolumbien gearbeitet. Eine Rückkehr wird der Rückkehr gewünscht.“ positiv betrachtet und auch im Rahmen der CNU gefördert. „Unsere ersten Erfahrungen mit Spanien gingen schon in die Richtung, dass viele Fachkräfte auswanderten und „Kolumbien soll Mechanismen schaffen, um die Rückkehr nur ganz wenige zurückkehrten.“ zu fördern und die im Ausland erworbenen Kompetenzen der Migranten zu nutzen.“ Im Januar 2002 begegnete Spanien dem Anstieg der nicht autorisierten Zuwanderung mit der Einführung einer Der Fachkräfteexport wird mehrheitlich positiv betrachtet Visumspflicht, wobei ein Arbeitsmigrationsabkommen und als Teil der Entwicklungsstrategie gesehen. Der (allerdings mit einem geringen Volumen von unter 2000 Abschluss von Arbeitsmigrationsabkommen für eine Personen pro Jahr) einen Ausgleich bilden sollte (Bérubé geregelte Migration wird vorangetrieben. Es bestehen 2005). Die Arbeitsmigration in andere europäische Länder bereits Abkommen mit Kanada, Peru, Portugal und hat für Kolumbien bisher kaum Bedeutung. Die Interview- Spanien – weitere werden verhandelt. Generell herrschte partner vor Ort berichten, dass derzeit viele kolumbia- in den Gesprächen eine pragmatische Sichtweise auf die nische Migranten aufgrund der Wirtschafts- und gegebenen Verhältnisse vor. Es wurde insbesondere Finanzkrise in Spanien wieder zurückkehren. zwischen langfristig wünschenswerten Verbesserungen in 54 Kolumbien sowie kurz- und mittelfristig sinnvollen, aufgrund mangelnder Finanzierungsmöglichkeiten. geregelten Migrationsbewegungen unterschieden, die sich „Es gibt so viele Ärzte in Kolumbien, dass einige gegenseitig nicht ausschließen sollten. sogar als Taxifahrer arbeiten müssen, um sich ihren „Eigentlich wollen wir die Leute davon überzeugen, Lebensunterhalt zu verdienen.“ in Kolumbien zu bleiben. Erstens ist deren Ausbildung „Migration von Krankenschwestern ins Ausland ist volkswirtschaftlich betrachtet teuer, zweitens stellen sich schlecht für unser Gesundheitssystem. Es gibt hier nicht viele die Migration zu einfach vor.“ einmal genügend Fachkräfte für eine flächendeckende „Das kolumbianische Arbeitsministerium fördert die Versorgung, trotzdem haben wir Arbeitslosigkeit.“ Migration der Kolumbianer, sofern diese reguliert ist und Viele Interviewpartner wünschen sich bei der unter würdigen Bedingungen stattfindet.“ Vorbereitung von Migranten auf deren Auswanderung Entsprechend gibt es in Kolumbien bereits konkrete sowie beim Prozess der Rückkehr nach Kolumbien mehr Überlegungen, wie Arbeitsmigrationsmöglichkeiten mit Unterstützung. besseren Rückwirkungen auch auf das Herkunftsland „Bei einigen Pilotmaßnahmen mit Kanada haben wir gestaltet werden können. festgestellt, dass die Migranten nicht ausreichend auf die „Wenn mehr Mobilität nach Deutschland gewünscht kulturellen und klimatischen Umstellungen vorbereitet wird, sind drei Dinge zu tun: Die Anerkennung der waren. Es ist also wichtig, dass die Migranten vorbereitet akademischen Ausbildung, eine Vereinfachung der und während des gesamten Migrationsprozesses begleitet Einreisebestimmungen sowie eine sprachliche und werden.“ kulturelle Vorbereitung.“ „Einen wesentlichen Anreiz zur Rückkehr würde die Übertragbarkeit der Sozialversicherungsansprüche darstellen.“ In den Interviews in Kolumbien wurde die Sonderrolle des Gesundheitssektors mit seiner starken Abhängigkeit von staatlicher Regulierung und Finanzierung besonders deutlich angesprochen. Einerseits sehen die Interviewpartner einen ungedeckten Bedarf an Arbeitskräften, andererseits beklagen sie Fachkräftearbeitslosigkeit 55 56 Marokko Nr. Indikator [Jahr] Marokko 1 Anteil der Emigranten an der Gesamtbevölkerung in % [2010] 9,3 2 BIP (in Mio. US$) [2010] 91.196 3 Netto-ODA (in Mio. US$) [2010] 993 4 Remittances (in Mio. US$) [2010] 6.447 5 Verhältnis Remittances / ODA [2010] 6,5 6 Remittances in % des BIP [2010] 7,1 7 Top 5 Emigrationsländer [2011] Frankreich, Spanien, Italien, Israel, Belgien 9 Human Development Index / Ranking [2012] 0,591/ 130. (von 186) – Medium Human Development 10 Fläche des Landes in km² 446.550 11 Einwohnerzahl [2013] 32.649.130 (Quelle: Eigene Darstellung, Daten von The World Bank 2011, UNDP 2013, OECD 2012, CIA 2013) Im gesamten 20. Jahrhundert fand überwiegend eine Marokko kommen rund 3 Millionen in Marokko männliche Arbeitsmigration aus dem Königreich Marokko Geborene, die im Ausland leben (The World Bank 2011). in französischsprachige Gebiete statt. Zunächst erfolgte „Migration hat sich innerhalb Marokkos auf alle diese größtenteils nach Algerien, später auch verstärkt Regionen und alle sozialen Schichten ausgebreitet.“ nach Frankreich sowie nach den ersten Anwerbeabkommen 1963 auch nach Belgien, in die Niederlande und Marokkanische Fachkräfte wurden von den USA und nach Deutschland. Nach den Anwerbestopps in den Kanada angeworben, doch die Fachkräftemigration hat im EU-Ländern Anfang der 1970er Jahre wurde die Verhältnis zur früheren Auswanderung niedrig Qualifi- Zuwanderung in diese Staaten durch Familienzusammen- zierter noch ein geringes Niveau. Die arabischen Ölstaaten führung fortgesetzt. Seit den 1980er Jahren hat die rekrutieren ebenfalls in Marokko, aber rund 86 Prozent Bedeutung von Spanien und Italien als neue Aufnahme- der bei den marokkanischen Botschaften registrierten länder zugenommen (de Haas 2009). Dort arbeiteten die Auslandsmarokkaner leben in Europa (Di Bartolomeo et Migranten zunächst häufig illegal in der Landwirtschaft al. 2009). und wurden später legalisiert, so dass seit Anfang des „Tendenziell wandern in die USA und nach Kanada Jahrtausends mehr marokkanische Staatsbürger in eher qualifizierte Fachkräfte ab, nach Europa dafür eher Spanien als in Frankreich leben (Eurostat 2013). Auf eine Studenten.“ Bevölkerung von rund 32 Millionen Menschen in 57 „Geringqualifizierte Marokkaner gehen selten in aber nun auch eine Unterstützung der heimischen die Golfstaaten. Für die Hochqualifizierten sind die Wirtschaft beginnen, d.h. Migration sollte als Golfstaaten nach Europa die zweitwichtigste Zielregion.“ strategischer Entwicklungsfaktor genutzt werden.“ Nachdem die Entwicklung des Landes sich jahrzehntelang Bereits seit Beginn der Arbeitsmigration in den 1960er auf die Industrialisierung des Küstenstreifens und die Jahren boten Freundschaftsgesellschaften kulturelle Städte konzentriert hatte, werden zunehmend – auch Dienstleistungen an. Seit 1990 bemühen sich staatliche unter dem Einfluss von Migrantenorganisationen – die Organisationen und königliche Stiftungen mit zurückgebliebenen ländlichen Regionen einbezogen wechselnder Intensität und Ausrichtung um Auslandsma- (Iskander 2010). Ausbildung und Arbeitsmarkt sind nach rokkaner, wobei phasenweise eher partizipativ den Aussagen vieler Interviewpartner schlecht ausgerichtete mit kontrollierenden Bemühungen aufeinander abgestimmt. In diesem Zusammenhang wechselten. Zahlreiche Regierungs- und Nichtregierungs- wurden in den Interviews auch Wünsche nach einem organisationen sind in diesem Bereich engagiert (Di Berufsbildungssystem deutscher Prägung formuliert. Bartolomeo et al. 2009). Der Wunsch nach einer verstärkten Zusammenarbeit mit der marokkanischen „Eine Änderung des Ausbildungssystems ist nötig. Diaspora wird auch in den Interviews deutlich. Hierbei Marokkanische Unternehmen sind dafür schon bereit, sehen die Interviewpartner insbesondere in den was wichtig für den Bereich der beruflichen Bildung ist.“ wirtschaftlichen Investitionen durch Auslandsma- Generell ist die Auswanderung von Fachkräften bisher rokkaner eine Chance für die Entwicklung des Landes. kein wichtiges Thema in Marokko, ist aber aufgrund der Gefordert werden in diesem Zusammenhang hohen Akademikerarbeitslosigkeit erwünscht. hauptsächlich bessere Informations- und Beratungsangebote. „Hierzulande gibt es viele Akademiker, die arbeitslos sind. Es ist daher sehr wertvoll, wenn jemand die Möglichkeit „Viele investitionsfreudige Auslandsmarokkaner haben hat, nach dem Abschluss im Ausland Erfahrungen zu Geld, aber keine Ahnung, wie sie investieren können. Ihre sammeln.“ Möglichkeiten und die Rahmenbedingungen sind sehr unklar.“ Zunehmend werden die gut ausgebildeten Nachkommen der „alten“ Arbeitsmigranten als interessantes Potenzial In vielen Fachgesprächen des Dialogvorhabens waren für Marokko betrachtet. sowohl Fördermaßnahmen zur Einbeziehung der Diaspora in den marokkanischen Entwicklungsprozess als „Die Unterstützung der Familien durch auch die optimierte Nutzung von Geldtransfers und Auslandsmarokkaner ist ein wichtiger Beitrag. Es sollte Investitionen von Auslandsmarokkanern zentrales Thema. 58 Hier überwog die kritische Kommentierung vorhandener Aspekten wie der Verringerung der Arbeitslosigkeit auch Programme und die Klage über fehlende Maßnahmen. langfristige Auswirkungen wertschätzend hervor. „Die Politik interessiert sich nur für die Remittances „Natürlich nützt Migration auch Marokko: Sie bringt der Auslandsmarokkaner und unterstützt große Devisen, sie senkt die Arbeitslosigkeit und ermutigt Leute, Investitionsvorhaben. Klein- und Mittelständler werden sich weiterzubilden.“ nicht gefördert, obwohl gerade diese einen wichtigen In den langjährigen Kooperationsbeziehungen mit der Beitrag zur Entwicklung des Herkunftslandes leisten.“ Europäischen Union werden vor allem mehr Partner- Marokko hat zahlreiche bilaterale Arbeitsmigrationsab- schaft und bessere Migrationsmöglichkeiten – nicht nur kommen abgeschlossen. Die staatliche marokkanische für Fachkräfte – eingefordert. Arbeitsagentur ANAPEC arbeitet zudem auch im Rahmen „Von den europäischen Ländern erwarte ich mir eine des EU-finanzierten MEDA-Projektes „Institutionelle vorsichtige Anwerbung von Fachkräften aus Marokko Förderung legaler Migration“ mit europäischen Einrich- mit einer sensiblen Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse tungen zusammen und führt in diesem Zusammenhang Marokkos.“ u.a. Bewerberdatenbanken. Seit in der letzten Dekade das Thema „Migration und Entwicklung“ in internationalen Debatten an Bedeutung gewonnen hat, wird Marokkos langjährige Erfahrung vielfach beachtet. Im Zusammenhang mit den Vermittlungsleistungen von ANAPEC werden jedoch auch kritische Stimmen laut. „Ich bin nicht zufrieden mit der Rolle, die ANAPEC derzeit in der marokkanischen Migration spielt. Die Agentur setzt sich nicht genug für die Rechte der Migranten ein, sondern erfüllt nur die Wünsche der Unternehmen. Außerdem lässt sich die Organisation ihre Dienstleistungen nicht von den Zielländern bezahlen.“ Die Abwanderung gut ausgebildeter Akademiker wird von den Gesprächspartnern einerseits bedauert und als „Geschenk für Europa“ bezeichnet, andererseits heben viele Gesprächspartner neben kurzfristig positiven 59 60 Tunesien Nr. Indikator [Jahr] Tunesien 1 Anteil der Emigranten an der Gesamtbevölkerung in % [2010] 6,3 2 BIP (in Mio. US$) [2010] 44.291 3 Netto-ODA (in Mio. US$) [2010] 550 4 Remittances (in Mio. US$) [2010] 1.960 5 Verhältnis Remittances / ODA [2010] 3,6 6 Remittances in % des BIP [2010] 4,4 7 Top 5 Emigrationsländer [2011] Frankreich, Italien, Libyen, Deutschland, Israel 9 Human Development Index / Ranking [2012] 0,712 / 94. (von 186) – High Human Development 10 Fläche des Landes in km² 163.610 11 Einwohnerzahl [2013] 10.835.873 (Quelle: Eigene Darstellung, Daten von The World Bank 2011, UNDP 2013, OECD 2012, CIA 2013) Tunesien ist mit knapp 11 Millionen Einwohnern nach „In Tunesien verlassen jährlich 500.000 junge Leute den Staaten des südlichen Kaukasus das Land mit der Universitäten mit einem Abschluss. Unser Arbeitsmarkt drittkleinsten Bevölkerung in diesem Dialogvorhaben. kann diese Absolventen unmöglich alle absorbieren.“ Nach den politischen Umwälzungen zu Beginn des Jahres Seit den 1950er Jahren gibt es eine intensive Arbeitsmig- 2011 („Jasmin-Revolution“, „Arabischer Frühling“) wurde ration von Tunesien nach Europa: zunächst vor allem eine Übergangsregierung gewählt. Die Wirtschaft, die auch individuell organisiert in die ehemalige Kolonialmacht einen bedeutenden Tourismusanteil aufweist, leidet unter Frankreich, danach im Rahmen von Anwerbeabkommen der politisch unsicheren Lage. Die wirtschaftlichen und nach Deutschland, Belgien, in die Niederlande und nach sozialen Ungleichgewichte zwischen den Küstenregionen Ungarn. Es migrierten hauptsächlich niedrig qualifizierte und dem Landesinneren sind groß. Männer, die in der Industrie arbeiteten. Nach dem Obwohl das Land zu den wirtschaftlich erfolgreichsten Anwerbestopp in diesen Ländern kehrten viele Migranten Staaten Afrikas zählt, ist die Arbeitslosigkeit hoch (nach zurück, andere holten ihre Familien nach und richteten offiziellen Angaben beträgt sie 14 Prozent). Personen mit sich auf einen langen Aufenthalt oder eine dauerhafte höherem Bildungsabschluss sind überdurchschnittlich Auswanderung ein. und in zunehmendem Maße betroffen – die Arbeitslo- Ab den 1980er Jahren stieg vor allem der Anteil der senquote ist bei dieser Personengruppe zwischen 2007 tunesischen Universitätsabgänger unter den Arbeitsmi- und 2012 von 20 auf 34 Prozent gestiegen (Angenendt et granten. Es ist anzunehmen, dass die Abwanderung zum al. 2012: 2) 61 Studium mit anschließendem Verbleib im Ausland die Arbeitsmigranten überwiegend temporär dorthin wichtigste Quelle darstellt, aus der sich die tunesisch- abwanderten. Auch aktuell ist Libyen wieder ein wichtiges stämmige Auslandselite rekrutiert. Die Rückkehrquoten Aufnahmeland. Die Golfstaaten mit ihren weitgehend von tunesischen Studierenden in ihr Herkunftsland offenen Arbeitsmärkten und aktiven Anwerbepolitiken werden als gering eingeschätzt (Katterbach 2010:11). (v.a. Katar) haben eine wachsende Bedeutung. „Viele tunesische Studierende bleiben nach ihrem „Es gibt starke Migrationsbewegungen zwischen Tunesien Studium im Ausland – vor allem in Europa. Die Rückkehr und Libyen, die teilweise historisch und teilweise dieser gut ausgebildeten Gruppe ist jedoch sehr wichtig geografisch bedingt sind. In Libyen stehen den Tunesiern für das Land. Der Brain Drain existiert vor allem bei sehr viele Möglichkeiten offen.“ Studenten.“ Während der langjährigen Erfahrung mit Arbeitsmig- Italien hat als neues Aufnahmeland an Bedeutung ration haben tunesische Regierungen immer den Kontakt gewonnen, wobei die Abwanderung auch hier häufig zu Auslandstunesiern gehalten, um sie zu unterstützen zunächst illegal war, und Migranten dann zu einem und positive Entwicklungseinflüsse zu fördern. Während späteren Zeitpunkt legalisiert wurden. Nachdem beim zunächst die Förderung von Investitionen durch Zusammenbruch der staatlichen Ordnung im Januar 2011 Rückkehrer und Geldtransfers im Vordergrund standen, die Zahl der illegalen Bootseinreisen zunächst stark hat sich der Schwerpunkt seit den 1990er Jahren auf die gestiegen war, bemühte sich die Übergangsregierung um Förderung von Diaspora-Kontakten mit dem Ziel des eine Unterbindung der unkontrollierten Auswanderung Wissenstransfers und der Investition durch Auslandstu- mit Booten nach Italien (BAMF 2011). Im Gegenzug haben nesier verlagert. Hier fand eine Vielzahl von Instrumenten mehrere EU-Staaten eine verstärkte Prüfung von legalen Anwendung (Katterbach 2010:23). Wie in den Gesprächen Migrationsmöglichkeiten zugesagt. mit tunesischen Experten deutlich zu erkennen war, wird auch die Funktion von Arbeitsmigranten als Botschafter „Die illegale Migration von Tunesien nach Europa ist Tunesiens im Ausland wahrgenommen. inakzeptabel.“ „Mit der im Ausland lebenden tunesischen Diaspora „Wir können die irreguläre Migration nicht alleine müssen wir verstärkt zusammen arbeiten. Sie kann die eindämmen. Wir brauchen hierbei die ernsthafte wirtschaftliche Entwicklung Tunesiens vorantreiben.“ Unterstützung von Europa.“ Insgesamt wird weniger das Fehlen von Instrumenten Mit dem Nachbarland Libyen verbindet Tunesien eine beklagt, sondern vielmehr Funktionsmängel sowie die wechselhafte Migrationsgeschichte mit Abwanderungs- fehlende Koordination zwischen einer Vielzahl von und Rückkehrphasen, seit in den 1970er Jahren die ersten Akteuren. Gefordert werden in diesem Kontext mehr 62 Koordination und Zusammenarbeit. Als erster Schritt in „Wir haben in Tunesien viele gut ausgebildete diese Richtung wird u.a. der von der Übergangsregierung Wissenschaftler, wie etwa Historiker und geschaffene Posten eines Staatssekretärs für Migration Sozialwissenschaftler, die hier keine Arbeit finden. Hier erwähnt. besteht ein besonders hohes Ungleichgewicht zum nationalen Arbeitsmarkt.“ Der tunesische Erfahrungsschatz in Bezug auf bilaterale Kooperationen liefert Vorbilder und Anknüpfungspunkte In diesem Kontext werden Forderungen formuliert, um für weitere Partnerschaftsmodelle in bestimmten das Ausbildungs- und das Arbeitsmarktsystem stärker Sektoren oder für bestimmte Berufsgruppen. aufeinander abzustimmen und ein Berufsbezeichnungssystem einzuführen. Außerdem wird der Wunsch „Im Rahmen der Migrationspartnerschaft mit der geäußert, mehr Aus- und Weiterbildungsangebote zu Schweiz geben wir jungen Tunesiern gute Chancen. entwickeln. Zum einen können irreguläre Migranten freiwillig zurückkehren und bekommen Geld, um sich in Tunesien „Wir müssen die Aus- und Weiterbildung stärker mit den selbstständig zu machen, zum anderen können 150 Bedürfnissen des Arbeitsmarktes zusammenbringen.“ Berufsanfänger in der Schweiz ein Jahr lang erste „In Tunesien gibt es kein Berufsbezeichnungssystem. Arbeitserfahrungen sammeln und anschließend entweder Das führt zu fehlender Stabilität: Rund 20 Prozent dieses bleiben oder zurückkehren.“ Ungleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage „Zwischen Tunesien und Österreich gab es in den 1990er- auf dem Arbeitsmarkt sind auf unterschiedliche Jahren eine sehr erfolgreiche Migrationspartnerschaft Berufsbezeichnungen zurückzuführen.“ bei der Vermittlung von 600 Krankenschwestern. Alle Beteiligten wurden im Vorfeld sehr detailliert informiert und gut vorbereitet. Sie waren anschließend mit den Ergebnissen sehr zufrieden.“ Ein wichtiges Thema in vielen Gesprächen waren Missverhältnisse zwischen dem Bildungssystem, das stark auf akademische Abschlüsse ausgerichtet ist, und dem Arbeitsmarkt, in dem auch mittlere Qualifikationen stark nachgefragt werden, die jedoch von Universitätsabsolventen nicht als besonders interessant angesehen werden. 63 64 Vietnam Nr. Indikator [Jahr] Vietnam 1 Anteil der Emigranten an der Gesamtbevölkerung in % [2010] 2,5 2 BIP (in Mio. US$) [2010] 103.572 3 Netto-ODA (in Mio. US$) [2010] 2.940 4 Remittances (in Mio. US$) [2010] 7.215 5 Verhältnis Remittances / ODA [2010] 2,45 6 Remittances in % des BIP [2010] 7,0 7 Top 5 Emigrationsländer [2011] USA, Australien, Kanada, Kambodscha, Deutschland 9 Human Development Index / Platzierung [2012] 0.617 / 127. (von 186) – Medium Human Development 10 Fläche des Landes in km² 331.210 11 Einwohnerzahl [2013] 92.477.857 (Quelle: Eigene Darstellung, Daten von The World Bank 2011, UNDP 2013, OECD 2012, CIA 2013) In der Sozialistischen Republik Vietnam wurden seit 1986 „Die vietnamesische Diaspora ist zwar groß, inklusive der marktwirtschaftliche Reformen („Doi Moi“) durchgeführt, zweiten Generation wird die weltweite Zahl der Việt Kiều die Privatinitiativen in gewissem Umfang zuließen und auf etwa 3 Millionen Menschen geschätzt, aber sie ist ein rasches Wirtschaftswachstum auslösten, während die vergleichsweise nicht besonders gut vernetzt.“ politische Liberalisierung 2006 eher zögerlich begann.13 Die organisierte Arbeitsmigration begann in den 1980er Die Arbeitslosigkeit ist offiziell sehr niedrig, ebenso wie die Jahren mit Migrationsabkommen mit osteuropäischen Löhne. Rund 75 Prozent der Bevölkerung leben in Staaten, darunter der DDR. Sie hatte in der Regel die Form ländlichen Regionen und sind überwiegend niedrig von Kontraktarbeit, bei der Vietnamesen isoliert qualifiziert. Die Bevölkerung von rund 92 Millionen eingesetzt wurden und auch lebten. Seit 2000 ist die Zahl Menschen ist jung und muss jährlich rund 1,7 Millionen der Arbeitsmigranten, die meist befristet als Werkvertrags- Neuzugänge im Arbeitsmarkt integrieren. Viele Jahre lang arbeiter ins Ausland gehen, rasch angestiegen. Im Jahr waren die Möglichkeiten zur Migration ins Ausland 2010 gingen mehr als 85.000 Vietnamesen mit begrenzt, und Vietnamesen kamen als Flüchtlinge in alle sogenannten Arbeitsexportfirmen ins Ausland, wobei der Welt, vor allem aber in die USA, wo heute die größte Frauenanteil seit Beginn der 1990er Jahre von 10 auf 30 Bevölkerung der Auslandsvietnamesen („Việt Kiều“) lebt. Prozent gestiegen ist. 13 Quelle der zusammenfassenden Darstellung ist ein Bericht für die vietnamesische Regierung (Consular Department of the Ministry of Foreign Affairs of Viet Nam 2012). 65 Die Migration von Fachkräften wird von staatlicher Seite „Abkommen zwischen Regierungen beider Länder gefördert und ist zentraler Bestandteil der Regierungs- – sozusagen ein direktes Migrationsmanagement politik. Brain Drain wird nicht als Gefahr für das Land von staatlicher Seite – vermeiden die Ausbeutung der gesehen. Die Interviewpartner vermitteln ein großes migrierenden Arbeitskräfte.“ Interesse an der Entsendung von Fachkräften und Bis Anfang der 1990er Jahre wurde die Vermittlung von betonen die Nachfrageorientierung ihrer Fachkräf- Arbeitskräften ausschließlich über staatliche Institutionen testrategie. abgewickelt. Auf Grundlage von Regierungsabkommen „Der Arbeitskräfteexport ist zentraler Bestandteil der mit anderen Ländern wählte das Department of Overseas Regierungspolitik, da der inländische Arbeitsmarkt keine Labour Affairs (DOLAB) Arbeitskräfte aus. Seither dürfen ausreichenden Potenziale bietet.“ auch private Unternehmen Arbeitskräfte ins Ausland vermitteln – auch direkt an Unternehmen. Für den „Bis jetzt sehen wir nicht die Gefahr eines Brain Drains – privaten Vermittlungssektor wird von Interviewpartnern die Leute stünden bei uns doch auf der Straße. Wir sind in mehr Transparenz bei den Verfahren gefordert. der Pflicht, ihnen dabei zu helfen, Arbeit zu finden.“ „Heute erfüllen etwa 170 private Vermittlungsagenturen Nach Schätzung des vietnamesischen Arbeitsministeriums ca. 90 Prozent der Vermittlungsleistung, die übrigen zehn arbeiten rund eine halbe Million Vietnamesen temporär Prozent gehen auf staatliche Vermittlung, z.B. durch das im Ausland. Ein illegaler Verbleib während oder nach DOLAB, zurück.“ Ablauf eines Arbeitsvertrages kommt häufig vor. Der überwiegende Teil der Arbeitsmigranten arbeitet in „Der private Vermittlungssektor agiert häufig sehr unqualifizierten Beschäftigungen, wobei sich die undurchsichtig und mit zweifelhaften Methoden.“ ausgeübten Tätigkeiten stark in den Aufnahmeländern Die Zahl der vietnamesischen Studierenden im Ausland ist unterscheiden. In Europa leben in Frankreich, in den letzten Jahren rasch gewachsen, wobei das Studium Deutschland und Tschechien die meisten Menschen mit meist selbstfinanziert ist. Rund 60 bis 70 Prozent finden im vietnamesischen Wurzeln. Ausland Beschäftigung und bleiben dort, was die Inter- „Bei unserem Arbeitskräfteexport verfolgen wir viewpartner teilweise sehr bedauern. geographisch gesehen keine spezifische Strategie, sondern Die vietnamesischen Gesprächspartner betonen, dass sie richten uns eher nach der Nachfrage der anderen Länder.“ bestrebt sind, internationale Ausbildungsstandards zu erreichen. Dabei wünschen sie sich mit den Aufnahme- Vietnam hat Arbeitsmigrationsabkommen vor allem mit und Partnerländern eine verstärkte Zusammenarbeit. asiatischen und arabischen Ländern (sowie außerdem zahlreiche bilaterale Memoranden) abgeschlossen. Die „Die vietnamesischen Ausbildungsstandards werden oft bilateralen Kooperationen werden vor allem als Schutz international nicht anerkannt. Zwar muss Vietnam hier der im Ausland arbeitenden Arbeits- und Fachkräfte auch noch einiges leisten, die Aufnahmeländer sollten uns bewertet. jedoch auch entgegen kommen.“ 66 „Seit September 2011 haben wir in Vietnam einen entsenden wir rund 1000 Ingenieure nach Japan, einige standardisierten Abschluss für Krankenpflegerinnen und auch nach Kanada oder Australien. Wir konzentrieren Krankenpfleger. Ziel ist es, die Lücke zu den ausländischen unseren Fachkräfteexport auf den Gesundheits- und den Standards zu schließen.“ MINT-Bereich.“ Die Rückkehr von im Ausland lebenden Vietnamesen wird Auch im Fall Vietnam werden Besonderheiten des nach Aussagen der Interviewpartner verstärkt gefördert. Gesundheitsbereiches deutlich, in dem es einerseits Gut ausgebildete Fachkräfte, die nach Vietnam zurück- Versorgungslücken gibt, andererseits Fachkräfte kehren, sind nicht selten mit weniger attraktiven Lebens- unbeschäftigt sind. bedingungen sowie dem Problem konfrontiert, dass ihre „Wir würden gerne noch mehr Ärzte, im Ausland erworbenen Kompetenzen nicht gefragt sind. Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger ins Ausland Hinzu kommt, dass es oft an Infrastrukturen und senden, da wir in diesem Bereich in Vietnam keinen technischer Ausstattung mangelt. Mangel aufweisen.“ „Die Regierung bemüht sich zunehmend, „Wir haben keinen Überschuss an Krankenpflegerinnen Auslandsvietnamesen zu einer Heimkehr zu bewegen, und Krankenpflegern, eher im Gegenteil. Das Problem um hier zur ökonomischen Entwicklung des Landes ist nur, dass der Staat die qualifizierten Kräfte nicht beizutragen.“ bezahlen kann.“ „Viele rückkehrende Fachkräfte sind unglücklich in Maßnahmen im gesamten Migrationsprozess sollen dazu Vietnam. Die Löhne sind schlecht, die Arbeitsbedingungen beitragen, dass der arbeitsrechtliche Schutz der häufig auch und die Reintegration in die Familie Vietnamesen im Ausland gewährleistet wird. Als funktioniert oftmals nicht so, wie erwartet.“ besonders wichtig werden Vorbereitungstrainings vor der Die Geldtransfers von vietnamesischen Arbeitsmigranten Ausreise angesehen. Da eine Rückkehr sowohl von sind hoch und wichtig für die vietnamesische Wirtschaft. qualifizierten als auch unqualifizierten Arbeitskräften Die Regierung ist daran interessiert, sie auch durch erwartet wird, kann es bei der Reintegration von Förderung der befristeten Arbeitsauswanderung zu Fachkräften in den weniger entwickelten vietnamesischen erhöhen. Die aktive Förderung der temporären Arbeitsmi- Arbeitsmarkt zu Schwierigkeiten kommen. Aufstiegsaspi- gration im Rahmen legaler Programme wird als wichtiges rationen werden ebenfalls als problematisch betrachtet. Ziel der vietnamesischen Politik gesehen. Die Verbes- „Problematisch ist, dass viele rückkehrende Fachkräfte serung der „Qualität und Effektivität des Arbeitsexports“ nicht mehr in ihrem früheren Bereich arbeiten, sondern ist ein Ziel der nationalen Entwicklungsstrategie für den höhere Positionen auf Managementebene anstreben, und Zeitraum 2011 bis 2020. Arbeitsmigration wird positiv somit ihre Arbeitserfahrungen nicht konkret mit in den gesehen und staatlich gefördert. Arbeitsalltag hier vor Ort einbringen.“ „Wir wollen den Anteil der qualifizierten Kräfte im Rahmen unseres Arbeitskräfteexports erhöhen. Jedes Jahr 67 Annex II: Liste der Interview- und Diskussionspartner14 Armenien Tatevik BEZHANYAN Head People in Need, International NGO Irina DAVTYAN Deputy head State Migration Service of the RA Ministry of Territorial Administration Arman KHACHATRYAN Second Secretary of EU Division RA Ministry of Foreign Affairs Karine KUYUMJYAN Head of Population Census and Demography Division National Statistical Service Heghine MANASYAN Country Director Caucasus Research Resource Center Garik SAHAKYAN Deputy Head State Employment Service Agency of the RA Ministry of Labour and Social Issues Ruben YEGANYAN President Armenian Social-Demographic Initiative Irina BADURASHVILI Director Georgian Centre of Population Research Kakhaber CHELIDZE Dean of Faculty for Physical Medicine and Tbilisi State Medical University Rehabilitation Nato GAGNIDZE Director Keti GOMELAURI Head of Department for Cooperation with Ministry of Justice of Georgia; Civil Service Development Agency Donor Organizations Bela HEJNA Project Director Targeted Initiative Georgia, EU-Georgia Mobility Partnership Giorgi JASHI Head of Migration Commission Secretariat Unit Civil Service Development Agency, Georgia Mariam KABURIA Coordinator of the State Minister's Office The Office of the State Minister of Georgia for Diaspora Issues Ketevan KHUTSISHWILI Project Manager – Justice, Freedom, Security European Union Delegation in Georgia Manana LOBZHANIDZE Head of the Department of Scientific Researches and Development Tbilisi State University, Faculty of Economics and Business Tornike NOZADZE Department of European Integration Office of the State Minister of Georgia on European and Euro-Atlantic Integration Maia TSERETELI Executive Director Key Management Solutions, Full Service HR Recruitment & Consulting Agency Georgien Innovations and Reforms Center, Georgia 14 Die Funktionen und Positionen der Interview- und Diskussionspartner beziehen sich auf den Zeitpunkt der Durchführung der Dialogreihe (Oktober/November 2012). 68 Indien Shikhar AGRAWAL Advisor to the Prime Minister National Council on Skill Development Guido CHRIST Deputy Director General Indo-German Chamber of Commerce, New Delhi Dipankar GUPTA Sociologist and Professor (formerly at) Jawaharlal Nehru University Amir HAMZA Analyst /CIM Returning Expert MicroSave India Foundation Revathi JAYARAM Consultant and Returning Expert Mobility India S. R. JOSHI Deputy Director General (Social Welfare) Ministry of Labour & Employment Rajat KATHURIA Director and Chief Executive Indian Council for Research on International Economic Relations (ICRIER) Binod KHADRIA Professor of Economics and Education Zakir Husain Centre for Educational Studies, Jawaharlal Nehru University New Delhi Didar SINGH Secretary General Federation of Indian Chambers of Commerce and Industry (FICCI) Atul Kumar TIWARI Joint Secretary Ministry of Overseas Indian Affairs (MOIA) Programme Coordinator “Adaptation to Climate Change in the Andean Region” GIZ and Alumni of Germany Kolumbien Juan Adolfo BERMUDEZ Álvaro CALDERON PONCE Department for Migration, Consular DE LEON Affairs and Citizen Service Ministry of Foreign Affairs Diana Isabel CARDENAS GAMBOA Director of Mobility and Professional Ministry of Labour Formation, Vice-Director for Employment and Retirement Julián CARDONA CASTRO National President Colombian Association of Engineers (ACIEM) Gina CASALLAS Member of the Executive Board Association of Colombian Alumni from German Universities (ASPREA) Ivonne FORERO Department for Migration, Consular and Citizen Services Ministry of Foreign Affairs Julio Roberto GOMEZ ESGUERRA President General Confederation of Labour (CGT) Monica GUTIERREZ Member of the Executive Board Association of Colombian Alumni from German Universities (ASPREA) Henry A. LEON GALINDO Legal advisor Colombian Engineers Association (ACIEM) Teresa MARTINEZ LEON Office Manager for External Relations University "Los Andes" Pedro MONROY BECERRA Coordinator of the National Public Employment Service National Learning Service (SENA) Esperanza MORALES CORREA President Colombian National Association of Nurses Ginés Francisco SABATER Director of the Department for Employment and Social Security Spanish Embassy in Colombia Nidia TARAZONA Coordinator at the Migrant Information and Support Centre (CIAMI – CGT) General Confederation of Labour (CGT) César Camilo VALLEJO Department for Migration, Consular Affairs and Citizen Service Ministry of Foreign Affairs Elizabeth WARN International Labour Migration Expert International Organization for Migration (IOM) 69 Marokko Mehdi ALIOUA Professor International University Rabat Mohammed BERRIANE Professor University Mohammed V Agdal – Rabat Taoufiq BOUDCHICHE Director for International Cooperation and Promotion of Economic Development Agency for Development of the Oriental Region Nezha DERMOUMI Consultant IntEnt Morocco Driss EL YAZAMI President Council for the Moroccan Community Abroad (CCME) Moha EZZABDI Consultant for Human Resources and Reintegration German Chamber of Commerce and Industry Morocco Bachir HAMDOUCH Professor University Mohammed V Agdal – Rabat Fatima ILYAS Freelance Consultant on Migration Issues Siham KAMEL Consultant IntEnt Morocco Mohamed KHACHANI President, Professor for Higher Education National Association for Migration Studies (AMREM) Faouzi LAKHDARGHAZAL President of the working group “Scientific, Council for the Moroccan Community Abroad (CCME) technical and economic skills for codevelopment” Omar OUARITI Director National Agency for Promotion of Jobs and Skills (ANAPEC), Fès Abdelfetha SAHIBI Director for Migration Ministry of Moroccans Residing Abroad Adel ABIDI Head of Section – International Placement National Agency for Employment and Self-Employment (ANETI), Tunisia Chokri ASLOUJE President Association of Tunisian Graduates from German Universities (ATDUA) Abderrazak BEL HADJ ZEKRI Sociologist / Consultant for Migration Tunisian Association for the Defence of Human Rights Mehdi GUEDDAS President Association of the Tunisian Alumni of the French Grandes Ecoles Houcine JAZIRI State Secretary for Immigration and the Tunisian Community Abroad Ministry of Social Affairs Mohamed KRIAA Director of the Department for Economy and Quantitative Methods Higher Institute of Management of Tunis Tunesien Saloua LACHHEB FEZZANI Director for International Cooperation National Agency for Employment and Self-Employment Habib LOUIZI Director General Office for Tunisians Abroad (OTE), Ministry of Social Affairs Ahmed MESSAOUDI Director General Ministry of Vocational Training and Employment DANG NGUYEN Ahn Head of International Department Vietnam Academy of Social Sciences LE VAN Hien Director Ministry of Construction - LILMA2 Technical & Technology College LE VAN Thanh Deputy Director General Ministry of Labour, Invalids and Social Affairs - Department of Overseas Labour (DOLAB) NGUYEN LUONG Trao Chairman Vietnam Association of Manpower Supply NGUYEN NGOC Quynh Director General Ministry of Labour, Invalids and Social Affairs - Department of Overseas Labour (DOLAB) PAN DUC Muc Vice Director Ministry of Health - Department of Health Care Management Vietnam 70 Annex III: Literaturverzeichnis Aghababyan, Petros (2012): Legal Aspects of Labour Migration Governance in the Iskander, Natasha N. (2010): Creative state. Forty years of migration and development Republic of Armenia. CARIM-East-2012 – Research Report 03. Firenze: Robert policy in Morocco and Mexico. Ithaca: ILR Press. Schuman Centre for Advanced Studies. Online: http://www.carim-east.eu/media/ Katterbach, Katherina (2010): Tunisia’s Diaspora Policies — Supporting Integration in CARIM-East-2012%20-%20RR%2003.pdf (24.04.2013). Host Countries and Mobilizing Resources for Home Country Development. A report Angenendt, Steffen (2007): Zirkuläre Migration. Ein tragfähiges migrationspolitisches financed by the European Commission and the Invest in Med Programme and the Konzept? Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik. German Ministry of Economics and Technology (BMWi) and commissioned by the Angenendt, Steffen (2012): Migration, Mobilität und Entwicklung. EU-Mobilitätspart- Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH/ Office for German Public Sector Clients. Tunis: Deutsch-Tunesische Industrie- und Handels- nerschaften als Instrument der Entwicklungszusammenarbeit. Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik. kammer. Angenendt, Steffen und Popp, Silvia (2012): Jugendarbeitslosigkeit in nordafrikanischen Khadria, Binod (2010): Adversary analysis and quest for global development. Optimizing the dynamic conflict of interest in transnational migration. In: Migration, development, Ländern. Trends, Ursachen und Möglichkeiten für entwicklungspolitisches Handeln. and transnationalization. A critical stance, Hrsg. Nina G. Schiller und Thomas Faist. Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik. New York: Berghahn Books, p. 176-203. Badurashvili, Irina und Nadareshvili, Mamuka (2012): Georgia. Social Impact of Lindley, Anna (2012): Skilled international migration. Berlin: Netzwerk Migration in Emigration and Rural-urban migration in Central and Eastern Europe. Country reports. Köln: Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und Gestaltung e.V. Europa e.V. BAMF- Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2011): Tunesien. Politische Manasyan, Heghine und Poghosyan, Gevork (2012): Armenia. Social Impact of Emigration and Rural-urban migration in Central and Eastern Europe. Country reports. Entwicklung. Nürnberg: BAMF: Informationszentrum Asyl und Migration. Köln: Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und Gestaltung e.V. BMAS- Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2011): Fachkräftesicherung. Ziele Meyer, Jean-Baptiste et al. (1997): Turning brain drain into brain gain: The Colombian und Maßnahmen der Bundesregierung. Berlin: BMAS. experience of the diaspora option. In: Science Technology & Society 2, p. 285-315. Bérubé, Myriam (2005): Colombia: In the Crossfire. Washington: Migration Policy Meyer, Jean-Baptiste (2011): A sociology of diaspora knowledge networks. In: The Institute. migration-development nexus. A transnational perspective. Hrsg. Thomas Faist, Margit Cassarino, Jean-Pierre (2010): Theorising return migration. The conceptual approach to Fauser und und Peter Kivisto (Hg.): The migration-development nexus. A return migrants revisited. In: Steven Vertovec (Hg.): Migration, Volume II: Types. transnational perspective. Houndmills, Baskingstoke, Hampshire; New York: Palgrave London: Routledge (Critical concepts in the social sciences), p. 262–288. Macmillan, p. 159–181. CIA- Central Intelligence Service (2013): The World Factbook. Online: https://www.cia. Naujoks, Daniel (2009): Emigration, Immigration and Diaspora Relations in India. gov/library/publications/the-world-factbook/geos/am.html (24.04.2013). Washington: Migration Policy Institute. Consular Department of the Ministry of Foreign Affairs of Viet Nam (2012): Review of OECD (2012): Statistics on resource flows to developing countries. Paris: OECD. Online: Vietnamese Migration Abroad. Hanoi: Ministry of Foreign Affairs of Viet Nam. http://www.oecd.org/dac/stats/statisticsonresourceflowstodevelopingcountries.htm de Haas, Hein (2010): Migration and development: a theoretical perspective. In: (12.04.2013). International Migration Review Vol. 44(1), p. 227-264. Ramírez, Clemencia; Zuluaga, Marcela und Perilla, Clara (2010): Perfil Migratorio de Di Bartolomeo, Anna; Fakhoury, Tamirace und Perrin, Delphine (2009): Morocco. Colombia. Bogotá: OIM- Organización Internacional para las Migraciones Colombia. CARIM – Migration Profile. Carim Migration Profiles. Firenze: Robert Schuman Centre Ratha, Dilip (2008): State Policies toward Migration and Development. SSRC Migration for Advanced Studies. & Development Conference Paper No. 44. New York: Social Science Research Council. Dumont, Jean-Christophe; Spielvogel, Gilles (2008): Return Migration. A new Skeldon, Ronald (2010): Migration and Development over twenty years of research: perspective. In: OECD (Hg.): International Migration Outlook SOPEMI. 2008 Edition. progress and prospects. In: Migration in a globalised world. New research issues and Paris: Organisation for Economic Co-operation and Development, S. 161–222. prospects. IMISCOE research, Hrsg. Cédric Audebert und Mohamed Kamel Doraï, p. Dumont, Jean-Christophe; Spielvogel, Gilles und Widmaier, Sarah (2010): 145-159. Amsterdam: Amsterdam University Press. International Migrants in Developed, Emerging and Developing Countries: An Extended Statistisches Bundesamt (2011): Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Ausländische Profile. In: OECD Social, Employment and Migration Working Papers, 11. Paris: Bevölkerung. Ergebnisse des Ausländerzentralregisters 2010. Fachserie 1, Reihe 2, Tabelle OECD. Online: www.oecd.org/els/workingpapers (12.04.13). 3. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt. Europäische Kommission (2012): Glossar 2.0 zu Asyl und Migration. Ein Instrument zur The World Bank (2011): Migration and Remittances Factbook 2011, 2nd edition. Online: besseren Vergleichbarkeit. Erstellt vom Europäischen Migrationsnetzwerk. Luxemburg: http://econ.worldbank.org/WBSITE/EXTERNAL/EXTDEC/EXTDECPROSPECTS/0,,co Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union. ntentMDK:21352016~pagePK:64165401~piPK:64165026~theSitePK:476883,00.html Eurostat Datenbank (2013): Bevölkerung nach Geschlecht, Altersklasse und (12.04.2013). Staatsangehörigkeit (migr_pop1ctz). Online: http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/ UNDP- United Nations Development Programme (2013): Human Development Index page/portal/statistics/search_database (18.4.2013). and its components (2012). In: 2013 Human Development Report. The Rise of the Faist, Thomas (2010): Transnationalization and Development. Toward an alternative South: Human Progress in a Diverse World, S.144-147. New York: UNDP. Online: agenda. In: Nina Glick Schiller und Thomas Faist (Hg.): Migration, development, and http://www.undp.org/content/dam/undp/library/corporate/HDR/2013GlobalHDR/ transnationalization. A critical stance. New York: Berghahn Books, p. 63–99. English/HDR2013%20Report%20English.pdf (24.04.2013). Faist, Thomas und Margit Fauser (2011): The Migration-Development Nexus: Toward a UNESCO– United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (2011): Transnational Perspective. In: The migration-development nexus. A transnational Revision of international standard classification of education (ISCED). Online: http:// perspective, Hrsg. Thomas Faist, Margit Fauser und Peter Kivisto, p. 1-26. Houndmills, www.uis.unesco.org/Education/Documents/UNESCO_GC_36C-19_ISCED_EN.pdf Baskingstoke, Hampshire, New York: Palgrave Macmillan. (21.05.2013) Hochrangige Konsensgruppe Fachkräftebedarf und Zuwanderung (2011): Vom United Nations General Assembly (2013): High Level Dialogue on International Anwerbestopp zur Gewinnung von Fachkräften. Bessere Bildungs- und Erwerbs- Migration and Development. Online: http://www.un.org/esa/population/migration/ chancen schaffen – Zuwanderung gezielt steuern. Berlin: Hochrangige Konsens- hlmimd2013/highlevelmim2013.htm (12.04.2013). gruppe Fachkräftebedarf und Zuwanderung. Zweig, David (2008): Returnees, diasporas and failure. Can governments benefit from ILO- International Labour Organization (2012): Decent work country profile. Armenia. skilled outmigration? SSRC Migration & Development Conference Paper, No. 44. New Geneva: ILO. York: Social Science Research Council. 71 Impressum Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH Sitz der Gesellschaft: Bonn und Eschborn Geschäftseinheit Migration Friedrich-Ebert-Alle 40 53113 Bonn E [email protected] I www.giz.de Verantwortlich: Anna Wittenborg, Dominik Ziller Konzept und Redaktion: Patricia Gehrlein, Dr. Mischa Skribot, Dr. Dita Vogel, Anna Wittenborg Projektleitung: Anna Wittenborg Projektteam: Patricia Gehrlein, Marilena Lambertz, Dr. Andrea Riester, Dr. Mischa Skribot, Dr. Dita Vogel, Christian Wollnik Redaktionelle Überarbeitung: Janina Kömen, Anja Skribot Gestaltung: Wilde Beissel von Schmidt GmbH, Berlin Druck: Druckerei Lippert, Berlin Gedruckt auf FSC-zertifiziertem Papier Bildnachweis: Seite 2, 6, 16: GIZ GmbH Seite 10, 22: Markus Kirchgessner / GIZ Seite 30: Ute Grabowsky / photothek.net Seite 40: Asaf Eliason / 123RF Stock Foto Seite 44: Olga Beregelia / Fotolia.com Seite 48: Anna Wittenborg / GIZ Seite 52: Jesse Kraft / 123RF Stock Foto Seite 56: Emmanuelle Combaud / Fotolia.com Seite 60: iStockphoto.com / WitR Seite 64: Michael Palis / 123RF Stock Foto Stand: Mai 2013 Die GIZ ist für den Inhalt der vorliegenden Publikation verantwortlich. Im Auftrag des Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Referat Bund-Länder-Kommunen; Migration und Beschäftigung; Rückkehrende Fachkräfte; Exportkredit- und Investitionsgarantien Postanschriften der Dienstsitze BMZ Bonn BMZ Berlin | im Europahaus Dahlmannstraße 4 Stresemannstraße 94 53113 Bonn 10963 Berlin Tel. + 49 (0) 228 99 535 - 0 Tel. +49 (0) 30 18 535 - 0 Fax + 49 (0) 228 99 535 - 3500 Fax +49 (0) 30 18 535 - 2501 [email protected] www.bmz.de