Blick ins Buch - Verlag Regionalkultur
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Blick ins Buch - Verlag Regionalkultur
Herbert Hartkopf Trapper, Scouts & Pioneers aus der Kurpfalz verlag regionalkultur Titelbild: Titel: Autor: Bildnachweis: Herstellung: Satz: Umschlaggestaltung: Endkorrektorat: Steindruck von Oscar Fürstenau, Leipzig um 1890 Trapper, Scouts & Pioneers aus der Kurpfalz Herbert Hartkopf Archiv Herbert Hartkopf verlag regionalkultur Katja Leschhorn (vr) Jochen Baumgärtner (vr) Katja Leschhorn (vr) ISBN 978-3-89735-601-6 Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Diese Publikation ist auf alterungsbeständigem und säurefreiem Papier (TCF nach ISO 9706) gedruckt entsprechend den Frankfurter Forderungen. Alle Rechte vorbehalten. © 2009 verlag regionalkultur verlag regionalkultur Ubstadt-Weiher • Heidelberg • Neustadt a.d.W. • Basel Korrespondenzadresse: Bahnhofstraße 2 • D-76698 Ubstadt-Weiher Tel.: 07251 36703-0 • Fax 07251 36703-29 E-Mail [email protected] Internet www.verlag-regionalkultur.de Inhalt Einleitung .................................................................................................7 Historische Ereignisse im Zeitraum der geschilderten Lebensbilder .....................................................................10 Marie Fieret-Warembourg (1654–1716) Eine mutige, gläubige Frau – Gründerin von Paradise ..............................13 Josuah Harrsch alias Kocherthal (1669–1719) Pastor, Menschenfreund, Auswanderungspionier ......................................17 John Jost Herkimer (1695–1775) Selfmademan, Friedensrichter und Pionier im Mohawk Tal ......................21 Johann Peter Zenger (1697–1746) Vorkämpfer für die nordamerikanische Pressefreiheit ................................23 Johann Peter Sallinger (1700–1755) Kundschafter und „Weißer Indianer“ .......................................................26 Jacob Cassel (1717–1789) Der Jäger „White Trassel“ von Castlewood ...............................................34 Nicholas Herkimer (1728–1777) General und Held von Oriskany ..............................................................38 Wilhelm Petry (1733–1806) Arzt und Unabhängigkeitskämpfer ...........................................................41 Maria Elisabeth Schell (1735–1790) Eine Farmersfrau, die ihren Mann steht ....................................................45 Henry Staring (1743–1808) Offizier, Richter und Kauz .......................................................................48 Johann Adam Hartmann (1743–1836) Der pfälzische „Lederstrumpf“ ..................................................................52 Michael Holsteiner alias Stoner (1748–1815) Kundschafter, Grenzer, Trapper – Freund von Daniel Boone ....................56 Samuel Beidelmann (1750–1836) Töpfer, Farmer, Indian Fighter .................................................................60 Adam Helmer (1754–1830) Der Roman- und Filmheld vom Mohawk ................................................64 Maria Ludwig alias Molly Pitcher (1754–1832) Heldin des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges ................................69 Louis Wetzel (1763–1808) Der „Todeswind“ von Virginia und Ohio .................................................72 Johann Jacob Astor (1763–1848) Vom Metzgersohn zum „Mister Manhattan“ ............................................77 Johannes Hilger (1802–1852) Ein pfälzischer „Truthahnjäger“ in Arkansas .............................................82 Franz Sigel (1824–1902) Freischärler, Kriegsminister und US-General ............................................87 Heinrich Troll (1833–1902) Küfer, Saloonbesitzer und Sheriff von St. Louis ........................................91 Der Autor ................................................................................................96 In diesen ehemals kurpfälzischen Orten hatten die Auswanderer ihre Wurzeln ...............................................................96 Marie Fieret-Warembourg (1654–1716) Eine mutige, gläubige Frau – Gründerin von Paradise Unter dem Heer von abertausenden Pfälzern, die es nach Nordamerika verschlug, waren auch viele, die im 17. Jahrhundert, der Epoche der Glaubenskriege, aus Frankreich in die Pfalz geflohen waren. Ihre Kinder kamen hier zur Welt, waren also „gebürtige“ Pfälzer. So auch im Falle der Familie der Marie Fieret-Warembourg. Marie Warembourg war mit einiger Sicherheit 1654 im heutigen Arrondissement Béthune, im Norden der Bretagne, geboren. Vielleicht entstammte sie einer adligen Familie – zumindest wird sie in einigen Dokumenten Marie de la Warembourg oder „Madame“ genannt. 1675 hatte sie Daniel Fieret, der aus der Picardie kam, geheiratet. Beide waren reformierten Glaubens und flohen, als die religiöse Verfolgung unerträglich wurde, über Flandern zunächst nach Straßburg. Dort fanden sie bei der Familie Lefevre Aufnahme, mit der sie später verwandtschaftliche Bande knüpften. Von Straßburg begaben sie sich nach Landau in der Pfalz. 1681 wurden sie im nahen Steinweiler ansässig, erwarben Besitz und schlossen sich der hugenottischen Gemeinde an. In Steinweiler sind die Familiennamen Fieret und Warembourg schon um die Mitte des 17. Jahrhunderts belegt; möglicherweise handelte es sich um beider Verwandte. Der Bereich um Billigheim nannte sich damals, nach der nordfranzösischen Herkunftsregion der meisten Neubürger, Baillage [Amtsbezirk] de la nouveau Lalleu. Daniel Fieret war ein angesehener und wohlhabender Seidenweber, der in Landau seine Waren vermarktete. Dort, in Steinweiler und in Lyon kamen seine Kinder zur Welt: 1677 Daniel jr., 1679 Catherine, 1683 Marie Catherine, um 1685 Jane und 1686 Philip. Nachdem Vater Daniel Fieret 1708 verstorben war, entschloss sich seine Frau mit ihren Kindern, ihrer Schwiegertochter und den Enkeln nach Amerika auszuwandern. Grund waren dieses Mal nicht Glaubensfragen, denn, wie der Schultheiß von Steinweiler bestätigte, hätte man sie gerne länger hier behalten. Schulden hatten sie auch keine. Wahrscheinlich hatten sie sich von dem hierzulande ausgebrochenen „Auswanderungsfieber“ anstecken lassen. Außerdem waren vor ihnen schon Verwandte nach Nordamerika gegangen, die wohl in Briefen die verlockenden Vorzüge im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ schilderten. Marie Fieret, die nach dem Tod ihres Mannes wieder ihren Mädchennamen Warembourg annahm, stellte beim zuständigen Beamten in Billigheim ein Auswanderungsgesuch. Im daraufhin erlassenen Bescheid heißt es: 13 Demnach Maria, Daniel Fuehres Wittib, mit ihrem Sohn Daniel, deßen Eheweib und noch anderen sechs Kindern, Ihrer hoffenden Beßerung, Gelegenheit und Wohlfahrt willen, Steinweiler aus der Oberschultheiserey Billigheim, des Churpfaeltzischen Oberamts Germersheim, auf insul Pennsylvania per Holland und Engelland sich zu begeben und allda zu wohnen vorhaben, und dahero um ein beglaubigtes Certifikat, dass sie mit vorwissen von dem ort Steinweiler geschieden und sich vertraeglich und ohne klag verhalten, auch niemand mit Schulden verwandt: also hat man denselben ihr suchen und bitten willfahren […] Während der zeit als ihr Vater, die wittib und kinder im mehrgedachten Steinweiler gewohnt, sich fromm und ehrbarlich verhalten, daß man sie gern und laenger allda gesehen haette. So sind sie auch der leibeigenschaft nicht unterworfen […] auch haben sie ihren gebuehrlichen abzug oder nachsteuer fuer gnaedigste herrschaft hinterlassen […] als Schultheiß Hr. Fischer in Steinweiler, welcher expreß deswegen gehoert, zeugnis alles deßen giebt […] Billigheim den 10ten Mai 1708, J. P. Dietrich, Gerichtsschreiber. Außerdem bescheinigte die hugenottische Gemeinde von Steinweiler der Familie Fieret-Warembourg, dass sie regelmäßig am Abendmahl teilgenommen habe. Mitte Oktober 1708 trat Marie Warembourg, ihr Sohn Daniel Fieret jr. mit seiner Frau, einer geborenen Leininger, beider Kinder, André (1701 in Steinweiler geboren) und Jean (1703 in Rohrbach geboren), von Landau aus mit Pastor Josuah Kocherthal die Reise an. Mit ihnen fuhren die unverheirateten Geschwister sowie Isaac Lefevre, der Catherine Fieret heiratete (auch Lefevres Familie stammte aus dem Arrondissement Béthune). Ende 1708 kam die nordamerikanische Küste in Sicht, und am 1. Januar 1709 legte ihr Schiff im Hafen von New York an. Zunächst wanderten sie, Hudson River aufwärts, zum Quassiock Creek im Dutchess County. Danach ging es nach Esopus (dem heutigen Kingston / New York), das von niederländischen Einwanderern im Gebiet der Esopus-Indianer gegründet worden war; dann nach New Paltz, wo sich Hugenotten aus Mannheim angesiedelt hatten. Hier lebten auch zwei Onkel von Isaak Lefevre. Marie Warembourg war in London zurück geblieben und bemühte sich um ein Treffen mit dem Quäker William Penn, nach dem die Kolonie Pennsylvania benannt ist. Es gelang ihr nicht nur, ihn in seinem Wohnort Kensington aufzusuchen und ihm ihre familiäre Lage zu schildern, nein, Penn war so von ihr 14 Mit Planwagen machten sich die Eingewanderten auf den Weg in die neue Heimat. beeindruckt, dass er ihr eine Vorsprache am Hof von Königin Anna vermittelte. Auch dort war man von der mutigen Frau angetan und verlieh ihr einen Landtitel in der Kolonie Pennsylvania sowie das englische Bürgerrecht. Wahrscheinlich folgte Marie Warembourg erst im Mai 1710 ihrer Familie nach Nordamerika (sie wird nämlich erstmals in einem Dokument vom 4. August 1710 als Einwohnerin von Esopus, nahe Albany, im Ulster County, erwähnt. Jedenfalls zogen dann alle zusammen 1712 nach Pennsylvania. Und zwar ins Pequea Valley im Lancaster County, etwa 60 Meilen westlich von Philadelphia. Eine beschwerliche Reise für den großen Familientreck. Aber, am Ziel angekommen, sollte sich ihr großer Lebenswunsch erfüllen, nämlich von ihrem verbrieften Land – 2000 acres (810 Hektar!) – Besitz zu ergreifen. Am 12. September 1712 wurden die Urkunden ausgestellt und der stattliche Preis von 140 englischen Pfund (sieben Pfund pro 100 acres) entrichtet. Maria Warembourg setzte als Eigentümer ihren ältesten Sohn Daniel und ihren Schwiegersohn Isaac Lefevre ein. Diese arrangierten sich später mit ihren Geschwistern. Marie nannte das liebliche Gebiet ihr „Paradies“. Sie wusste, dass nun ihre Familie und 15 die kommenden Generationen versorgt waren. Sie selbst gab sich mit einem kleinen Häuschen zufrieden und gründete eine hugenottische Gemeinde. Aus dieser ersten Ansiedlung, sieben Meilen südöstlich der Stadt Lancaster, entstand das Städtchen Paradise, das seit 1804 offiziell diesen Namen trägt. Eine der ersten Handlungen von Marie Warembourg bestand übrigens darin, auf eigenem Grund und Boden einen Familienfriedhof anlegen zu lassen. Dort wurde diese mutige Frau, als sie 1716 63-jährig starb, beerdigt. Ihr persönlicher Nachlass war sehr bescheiden: er bestand aus einer Kuh, einer Bibel, einem Topf, einer Truhe, sieben englischen Pfund und neun Schillingen. Maria Fieret-Warembourgs zahlreiche Nachkommen, die sich heute Ferree schreiben, treffen sich bis in unsere Tage in Paradise, das ihre Ahnin 1712 gegründet hatte. 16 Samuel Beidelmann (1750–1836) Töpfer, Farmer, Indian Fighter 1730 machte sich eine Familie aus dem vorderpfälzischen Assenheim auf den Weg nach Nordamerika: Velten Beidelmann, seine Frau Anna Clara, geborene Biermann, und beider Kinder Maria Elisabeth (24), Elias (23), Elisabeth (21), Johann Leonhard (14), Johann Jacob (10) und dazu noch Veltens Neffe Johann Dietrich (24). Über einen Frankfurter Auswanderungsagenten hatten sie Passagen für das Segelschiff Thistle beschafft, das sie im Juni jenes Jahres von Rotterdam nach Pennsylvania bringen sollte. Pro Kopf waren zwei englische Pfund für die Überfahrt und ein Pfund für die Verpflegung berappt worden. Lange lag das Schiff, auf dem noch weitere 250 Palatines angeheuert hatten, im Rotterdamer Hafen. Ungünstige Winde vereitelten die Ausfahrt. Und als es endlich losgehen sollte, drohten Überfälle von Piraten (Es kam damals öfter vor, dass Schiffe geentert, die Auswanderer gefangen genommen und als Sklaven in die Türkei verschleppt wurden). Während der langen Liegezeit griffen unter den Auswanderern Krankheiten um sich. Vor allem die Pocken und das gefürchtete Palatine Fewer, wie man in Seemannskreisen das Fieber nannte, das von den pfälzischen Auswanderern damals nach England und Nordamerika eingeschleppt wurde. Die Todesrate unter den Passagieren war hoch, besonders starben viele Kinder. Endlich stach die Thistle von Dover, wo sie zwischengelandet war, in See. Aber erst am 19. August, nach 17 nicht enden wollenden Wochen, legte die Thistle im Hafen von Philadelphia an! Gottlob hatten alle Mitglieder der Familie Beidelmann die Reise gut überstanden. Beidelmanns Sohn Elias heiratete und ließ sich in Springfield, im Bucks County in Pennsylvanien nieder. In den folgenden Jahren erwarb er Besitztitel über insgesamt 709 acres Land – das sind rund 287 Hektar! 1759 errichtete er auf seinem Grund eine Mühle, die aus der ganzen Gegend Getreide zum Mahlen annahm. Mittlerweile war er ein angesehener Mann und einer der sechs Kirchenältesten der Lutherischen Gemeinde. Seine Initialen sind noch heute auf dem Grundstein der 1763 erbauten Kirche von Pleasent Valley zu sehen. Als Elias Beidelmann 1781 starb, hatte er mehr als ein halbes Jahrhundert in der neuen Heimat gelebt – die meiste Zeit in Frieden. Einer seiner Söhne, der 1750 geborene Samuel, dagegen, musste die Gräuel des Unabhängigkeitskrieges durchleben, an dem er als Indian Fighter teilnahm. 60 Auf Seiten der „Amerikaner“ kämpften viele Pfälzer für die Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten. Zuerst aber hatte er das Töpferhandwerk erlernt. Die Töpferkunst, die von deutschen Einwanderern nach Nordamerika gebracht worden war, wurde dort meist auch von Deutschstämmigen ausgeübt. Aber dem jungen Samuel sagte es nicht zu, als Taglöhner für einen Händler arbeiten zu müssen. Er wollte auf eigenen Beinen stehen und gab den Beruf auf. Samuel war mit Elisabeth Hess verheiratet, deren Eltern (die Mutter eine geborene Funk) ebenfalls pfälzische Einwanderer waren. Das Paar zog auf die 194-Acres-Farm von Samuels älterem Bruder Adam, etwa zwei Meilen südlich von Springtown. Dort richtete Samuel Beidelmann eine Gerberei ein. Die 61