Before Night Falls

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Before Night Falls
Dienstag, 28. Januar 2003, 20.00 Uhr
Singsaal Schulhaus Feld, Tödistr. 77, 8800 Thalwil
Before night falls
Regie
Drehbuch
Kamera
DarstellerInnen
Musik
Version
Spieldauer
Ab 16 Jahren
Julian Schnabel, USA 2000
Cunningham O’Keefe, nach den Memoiren von Reinaldo Arenas
Xavier Pérez Grobet, Guillermo Rosas
Javier Bardem, Olivier Martinez, Johnny Depp, Sean Penn
Laurie Anderson, Corter Burwell
Spanisch, englisch oder französisch untertitelt
133 Minuten
Als Maler machte Julian Schnabel in den achtziger Jahren Furore. Danach verlegte
er sich aufs Filmemachen und drehte 1996 den Film Basquiat über einen früh
verstorbenen Malerfreund. Mit Before Night Falls – einer Liebeserklärung an den
kubanischen Schriftsteller Reinaldo Arenas – ist ihm ein eindrücklicher zweiter Film
gelungen, in dem er die Poesie, den Humor und die harte Realität aus dessen
Werken in farbigen, bedrückenden Bildern ‚malt’.
1943 geboren, wuchs Reinaldo Arenas in ärmlichen Verhältnissen im kubanischen
Oriente auf. 1958 zog er nach Holguin, wo er 1959 die Revolution begrüsste, die ihm
erlaubte, am Regierungsprogramm zur Erziehung teilzunehmen und ab 1962 in
Havanna die Universität zu besuchen. Dort entdeckte er neben der offiziellen
Revolution auch eine sexuelle und wurde von einem Freund in die pulsierende
homosexuelle Subkultur eingeführt. Bei der Arbeit an der renommierten
Nationalbibliothek lernte er Kubas bekannteste Schriftsteller wie Virgilio Piñera und
José Lezama Lima kennen. Mit zwanzig schrieb er seine erste Novelle Celestino
antes del alba, welche ausgezeichnet und als einzige in Kuba publiziert wurde. Die
folgenden Jahre waren zunehmend von Repression gegen Künstler und
Homosexuelle geprägt, welche ihre Werke verleugnen mussten oder in Arbeitslager
gesteckt wurden. Sein zweiter Roman El mundo alucinate musste zur
Veröffentlichung nach Frankreich geschmuggelt werden, und in der Folge
beschlagnahmte die Regierung immer wieder Teile seiner Manuskripte. 1973 wurde
er im berüchtigten Gefängnis El Morro inhaftiert, wo er zwei Jahre unter
Schwerverbrechern lebte. Nach der Entlassung lernte er seinen besten Freund
Lázaro Gómez Carrilles kennen, mit welchem er später in New York wohnte. In die
USA gelangte er 1980 im sogenannten Mariel Harbour Boatlift, welcher es
Homosexuellen, Geisteskranken und Verbrechern erlaubte, Kuba zu verlassen.
Verarmt und staatenlos schrieb er weiter gegen das totalitäre Regime, und als er
1990 an den Folgen des Aids-Virus verstarb, zählte sein Werk über 20 Bücher.
Der Film basiert einerseits auf Reinaldo Arenas’ Werken, wie seinen 1993 posthum
veröffentlichten Memoiren Antes que anocheza (Before night falls), welche von der
New York Times Book Review in die Liste der jahresbesten Bücher aufgenommen
wurde, andererseits auf den Erinnerungen seines Freundes Lázaro Gómez Carrilles,
der mit Cunningham O’Keefe und Julian Schnabel zu den Drehbuchautoren gehört.
Gedreht wurde er 1999 während 60 Tagen in Mexiko, vor allem in Veracruz und
Merida, wo ein gutes Team von Ausstattern ein erstaunlich realistisches Kuba
entstehen liessen.
Javier Bardem, der schon mit Almodóvar zusammenarbeitete, glänzt – in der Rolle
seines Lebens – als Reinaldo Arenas, wofür er für den Oscar nominiert und in
Venedig als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet wurde (der Film erhielt dort den
Grossen Jurypreis). Sean Penn und Johnny Depp übernahmen trotz vollen
Terminkalendern kleine Charakterrollen. Penn ist als kauziger Bauer fast nicht zu
erkennen und Depp brilliert in einer Doppelrolle als Transvestit Bon-Bon und
Leutnant Victor.
Robi Möhlen