Die Bildungsreise zum Koloss von Rhodos eine Hanswurstiade Ein
Transcription
Die Bildungsreise zum Koloss von Rhodos eine Hanswurstiade Ein
1 oo oo Die Bildungsreise zum K l ss von Rh d s eine Hanswurstiade Ein Spiel für die Schulbühne für die Unter- und Mittelstufentheater-AG des Rottmayr-Gymnasiums verfasst zum 50jährigen Schuljubiläum 2014 Mitwirkende: Philip, Lisa, Chiara, Pauline, Julia, Laura, Tanja, Felicita, Amelie, Lea, Tizian, Sebastian, Jonathan, Noah, Jonas, Patrick, Levi, Misel, Max, Patrick, Saranda Uraufführung am 17. Juli 2014 in Verbindung mit der Szenencollage der Oberstufentheater-AG im Mehrzwecksaal des Rottmayr-Gymnasiums Leitung: U. Mirdita copyright: Wahlkurs Theater RGL 2013/14 2 1 Mechaniker, Reiseleiterin, Fremdenführerin Hans-Peter Colette Agathe Hans-Peter: (hämmert unter dem Bus herum, macht entsprechende Geräusche) (Colette tritt auf, schaut zu Hans-Peter unter den Bus) Colette: Hans-Peter!... Hans-Peter!...Was machst du denn da?...Hans-Peter! Komm da raus! Die Reisegesellschaft kommt ja schon gleich! Hans-Peter: (kriecht heraus. Er ist ganz schwarz von Öl.) Ich bin ja schon fertig! Ich hab bloß noch schnell die Kardanwelle überprüft. Colette: (geht am Bus entlang, betrachtet ihn bewundernd) So ein schöner Bus! Die verspiegelten Fenster sind ja toll! Schau! Da kann man sich schön drin sehen! (sie spiegelt sich, richtet ihre Haare usw.) Hans-Peter: Ja, gegen die heiße Sonne in Griechenland. Colette: Sind die Fenster auch von innen verspiegelt? Weil – wir sitzen ja meistens im Bus. Da müssen wir uns von innen spiegeln können. Hans-Peter: Klar sind sie das. Selbstbespiegelung möglich! Colette: Und so eine schöne Farbe hat der Bus! Ich liebe dieses Himmelblau! Azurblau! Zölinblau! Farbe Griechenlands! Hans-Peter: Bayerische Farbe! Mir wäre Schwarz lieber gewesen. Colette: Was hat der Bus sonst noch zu bieten? Hans-Peter: (er zählt viele technische Details auf) Colette: Und hat er eine schöne Toilette? Mit Rosenduftspenderautomat und dreidimensionalen Spiegeln und Augenmakeupentfernerpadsspendern und Gesichtsmasken- und Peelingboxen und Brause zum Haarewaschen und integrierte Föhnkoje? Hans-Peter: Natürlich. Er hat auch… (er zählt weitere technische Details auf) Colette: Was ich unbedingt brauche, ist ein großes Kühlfach für meine Erfrischungsgetränke! Damit nehme ich es sehr genau, schließlich ist das mein Aufgabenbereich. Hoffentlich hat die Fremdenführerin ein Buch über Griechenland dabei, weil – ich habe keine Ahnung! Ich könnte gar nichts erzählen. Kann nur Erfrischungsgetränke ausgeben. Hans-Peter: Wird schon ein Buch dabei haben. Colette: Wenn sie’s nicht vergessen hat. Hans-Peter: Schau, da kommt sie! 3 Agathe: (kommt mit einem Dumont-Reiseführer in der Hand, eilig) Hallo! Kann ich rein? Hab’s eilig! Muss mich noch vorbereiten. Muss noch das da durchlesen. Kurzzeitgedächtnis strapazieren – äh – aktivieren. Nach Griechenland soll’s gehen? Warum eigentlich da hin? Wirtschaftskrise! Euroschulden! Hans-Peter und Colette (gleichzeitig): Griechenland – die Wiege der abendländischen Kultur! Agathe: Ah – ja! Meinetwegen. Bayern und Griechenland – eine alte Freundschaft. König Ludwig I., der Philhellene; Glyptothek. Propyläen; Dr. phil. Spaenle, Ludwig: Der Philhellenismus in Bayern: 1821 - 1832; Universität München, Dissertation; König Otto von Griechenland; „Endlich bin ich in Dir nun, Poseidonia, staune, Tempel, euch an, nur ihr lasset zu wünschen nichts mehr. Stückwerk, verglichen mit euch, sind dir römischen Bauten. Es reihen Felsen an Felsen sich hier, halten einander sich selbst. Wie aus dem Haupte des Zeus Athene gewaffnet entsprungen, steht, vollendet in sich, herrlich das griechische Werk.“ Ein Gedicht vom bayrischen Kronprinz Ludwig! Hans-Peter (bewundernd): Die weiß ja was! Colette: Die hat ja was gelernt! Hans-Peter: Die hat sich ja vorbereitet! Colette: Das sind wir ja gar nicht gewöhnt! Agathe: (abwiegelnd) Das steht im Vorwort. Weiter bin ich noch nicht gekommen. Ich muss mich jetzt vorbereiten! Was ist eigentlich das genaue Ziel? Hans-Peter und Colette (gleichzeitig): Der Koloss von Rhodos! Agathe: Äh.. ja…ah ja… der ist kolossal! Wirklich: kolossal! Hab ihn, glaub ich, auf einem Urlaubsfoto drauf! Werde mal nachlesen. Hab’s gleich. (setzt sich in den Bus und liest im Reiseführer) 4 2 Schulmädchen Hanni und Nanni (Hanni und Nanni kommen mit Schultaschen u. einem Stapel Bücher u. Hefte auf dem Arm, in denen sie sogar unterwegs hektisch blättern und lesen) Hanni: Ist das der Schulbus? Nanni: Der Bus zur Schule? Hans-Peter: Welche Linie? Nanni: Surheim, Saaldorf, BayWa, Abtsdorf, Gymnasium! Colette: Das hier ist eine Bildungsreise nach Griechenland! Nanni: Dann ist es der richtige Schulbus! (zu Hanni) Steig ein! Hanni: Hoffentlich kommen wir noch rechtzeitig zur ersten Stunde! Nanni: Hoffentlich schaffen wir die Hausi noch! Hanni: Wieviel musst du noch machen? Nanni: Erst Mathe, dann NTB, dann Englisch, dann Latein, dann Deutsch… Hanni: O.k., fangen wir mit Englisch an! (Sie steigen ein Hanni fragt Nanni ab: ) Hanni: Wüste? Nanni: desert! Lateinisch: locus desertus Hanni: Herbst? Nanni: autumn! Lateinisch: autumnus Hanni: der Rat? Nanni: counsel! Lateinisch: consilium Hanni: Gesicht? Nanni: face! Lateinisch: facies Hanni: bekommen? Nanni: to recieve! Lateinisch: recipere Hanni: Treue? Nanni: faith! Lateinisch: fides Hanni: befestigen? Nanni: to fix! Lateinisch: figere Hanni: Geist/ Verstand? Nanni: mind! Lateinisch: mens Hanni: Schicksal? Nanni: fate! Lateinisch: fatum Hanni: Schule? Nanni: school! Lateinisch: schola Sind wir schon da? Hanni: Wir sind noch gar nicht losgefahren! (Sie fragen weiter ab, jetzt leise, mit vertauschten Rollen, die gleichen Vokabeln) 5 3 Die „Tussen“ Diana Nadja Hans-Peter: (erfreut) Schau mal an, was da kommt! Colette: (säuerlich) Die sind sicher verkehrt! Die gehören auf ein Kreuzfahrtschiff an den Pool, nicht auf eine Bildungsreise! Hans-Peter: Wir können ja eine Aufnahmeprüfung machen! Colette:(begeistert) Ja! „Schreiben Sie eine Erörterung über den Koloss von Rhodos und seine Beziehung zu König Ludwig II. unter Berücksichtigung der Dissertation von Ludwig Spaenle über den Philhellenismus in Bayern 1821 bis 1832 …“ Diana: (fällt ihr ins Wort) Hallo! Das ist Nadja und ich bin Diana. Wir haben gebucht! Nadja: (kichert) So online – last minute Diana: (zu Hans-Peter) Sie sind wohl der Koloss von Rhodos? Nadja: Ich muss dich gleich mit ihm fotografieren! (macht ein Foto von Diana mit Hans-Peter) Colette: Das ist eine Bildungsreise, meine Damen! Ist Ihnen das schon klar? Nadja: Ja klar, ja klar! Wir machen das Bodybuilding natürlich mit, wenn es im Preis inbegriffen ist. Diana: Aber ein bisschen Rumliegen am Strand muss auch drin sein, wegen der Bräune! Nadja: Und abends Beach-Party – wegen den Griechen! Diana: Hat der Bus auch einen Spiegel im Klo? Hans-Peter: Ja, sogar einen Rosenduftspenderautomat und dreidimensionale Spiegel und Augenmakeupentfernerpadsspender und Gesichtsmasken- und Peelingboxen und eine Brause zum Haarewaschen und eine integrierte Föhnkoje. (Die Tussen steigen ein und schminken sich im Bus. Dabei spiegeln sie sich in den von innen verspiegelten Fenstern. D.h., die Zuschauer sehen, wie sie in die Richtung des Publikums grimassieren, wenn sie etwa den Mund aufreißen, um sich die Lippen anzumalen usw.) 6 4 Mutter mit eifrigen Zwillingen und einem unnützen Frechdachs Mutter Lilli Lola Dödleff (Die Zwillinge marschieren forsch auf. Sie bewegen sich immer synchron und sprechen auch immer synchron. Die Mutter zerrt den frechen Bub hinter sich her, der sich heftig sträubt) Mutter: Grüß Gott! Wir haben die Bildungsreise gebucht. Meine Zwillinge freuen sich schon seit zwei Jahren darauf. Endlich dürfen sie den Koloss von Rhodos in echt sehen! Schon in der Wiege habe ich ihnen die abendländische Kultur beigebracht. Sie konnten schon mit zwei Jahren das Alphabet rückwärts aufsagen! Lilli! Lola! Zeigt es dem Fräulein! (Lilli und Lola wenden sich dem Publikum zu, reißen die Augen lustig angestrengt auf und deklamieren konzentriert synchron:) Lilli & Lola: Z Y X W V U T S R Q P O N M L K J I H G F E D C B A (irgendwo bleiben sie stecken und schauen sich komisch überrascht an) Mutter: Und das da… ist mein Sohn Dödleff. Dödleff: Ich will Feuerwehrmann werden! Lilli & Lola: (gleichzeitig) Nein, Dödleff, wir fahren zum Koloss von Rhodos! Dödleff: Ich will aber Feuerwehrmann werden! Mutter: Ich konnte ihn nicht allein zuhause lassen, das wäre der Untergang des Abendlandes. Tut mir leid, er muss auch mit in den Bus. Colette: Naja, vielleicht kann man ihn ja doch noch mal für irgendwas gebrauchen. Verstauen sie ihn mal gut. Und euch braven Mädchen, euch wünsche ich eine tolle Bildungsreise! (Während sie einsteigen, rezitieren Lilli und Lola wieder das ABC rückwärts. Dödleff legt sich quer auf den hinteren Sitz) 7 5 Archäologen und ein Zoologe Mister Jones Mister Finley Mister Tortoise Als die drei auftreten, sind sie bereits in ein reges Gespräch vertieft. Sie bemerken gar nicht, dass Hans-Peter und Colette ihnen zur Begrüßung die Hände hinstrecken, sie gehen einfach achtlos an ihnen vorbei, steigen ein und bleiben im Bus stehen. Jones: Nein, nein, lieber Kollege Finley, das haben sie nicht richtig in Erinnerung! Schliemann hatte, verführt durch den Goldfund, Troja 2 zum Troja Homers erklärt. Dörpfeld, der nach dem Tode Schliemanns die Grabungen fortsetzte, kam schließlich zur Einsicht, dass nicht in der zweiten, sondern in der sechsten Schicht das homerische Troja zu suchen sei. Denn die Mauern von Troja 6 waren den Mauern von Mykenä und Tiryns so ähnlich wie ein Bruder dem anderen. Und Brandschutt fand sich in beiden Schichten, was da wie dort auf eine gewaltsame Zerstörung schließen lässt. Dödleff: Ich will Feuerwehrmann werden! Finley: Mit Verlaub, Kollege Jones, ich habe sehr wohl alles gut in Erinnerung! 50 Jahre nach Schliemann begannen Amerikaner in Troja zu graben. Sie gruben sieben Jahre lang nach modernsten Methoden. Am Ende ihrer Untersuchungen verkündeten sie, dass Troja 7, nicht Troja 6 als das Troja Homers anzusehen sei. Troja 6 nämlich sei durch Erdbebenstöße zerstört worden; dagegen habe Troja 7 eindeutig in einem Krieg sein Ende gefunden. (Sie steigen ein. Tortoise folgt ihnen quasselnd. Sie hören ihm gar nicht zu.) Tortoise: Ich hoffe sehr, auf den Grabungsfeldern Populationen von Apis mellifera zu finden! Wussten Sie, dass bereits Aristoteles beschrieb, dass eine Biene, sobald sie in den Stock zurückkommt, ihre Last abschüttelt und ihr darauf drei oder vier andere Bienen folgen? Falls sich auf den Grabungsfeldern auch noch Populationen von Testudo hermanni nachweisen lassen sollten, wären meine kühnsten Träume erfüllt! Die griechische Landschildkröte und die Honigbiene sind so gegensätzlich wie archetypisch! Jones: (gleichgültig) Sehr interessant, sehr verehrter Herr Tortoise, wirklich, sehr interessant! 8 Finley: Jones: Hanni: Nanni: Ich hoffe nur, dass unser Vorrat an Konservendosen für die nächsten sechs Monate ausreicht. Wenn ich auch kein großer Freund von Ravioli bin, so ziehe ich sie doch dem Schafskäse vor, den ich nur schlecht vertragen kann. Seien Sie unbesorgt, Kollege Finley, ich habe auch eine beträchtliche Ration Pappenheimereintopf in Dosen eingepackt. Was gibt es heute in der Mensa? Makkaroni? Nein, Ravioli! (Sie lernen weiter ihre Vokabeln) 6 Ein ostfriesischer Kapitän und sein Leichtmatrose Der Leichtmatrose geleitet seinen Käpt‘n, der stocktaub ist, zu Colette und Hans-Peter Matrose: Moin, Moin! Hans-Peter & Colette: Guten Tag! Käpt‘n: (laut) Hää? Matrose: Entschuldigen Sie! Der Käpt‘n ist taub! Er ist auf einem ostfriesischen Kutter gefahren, da ist eine Granate neben ihm eingeschlagen. Da ist er taub von! Käpt‘n: Hää? Aus dem Publikum kommen jetzt empörte Zwischenrufe von den Leuten der Oberstufentheatergruppe: Was soll denn der Quatsch! Jetzt kommt auch noch ein tauber Ostfriese! So ein Schmarrn! Was haben Ostfriesen mit einer Bildungsreise nach Griechenland zu tun! Der ist doch total überfordert! Käpt’n (zum Publikum gewendet): Hää? (Der Matrose denkt etwas verdrossen nach. Währenddessen hört man Hanni & Nanni:) Hanni: A3? Nanni: versenkt! Hanni: F1? Nanni: Wasser! Hanni: versenkt! (Dem Matrosen geht dabei ein Licht auf: ) Matrose: Da – hört ihr! Keine Schulstunde ohne Schiffeversenken! Also! Hat was mit Bildung zu tun! Los, steig ein, Käpt’n! Bildung für alle! (sie steigen ein) Lilli: B5? Lola: Wasser! Lilli: C2? Lola: Wasser! Lilli: D4? Lola: Wasser! Lilli: G1? Lola: Versenkt! Versenkt! Versenkt! (lacht begeistert) Hanni: Sind wir schon da? Nanni: Nein, wir waren noch nicht in Surheim! 9 7 Die Griechen Jason Phädrus Herakles Kilix (Sie marschieren martialisch auf) Jason (forsch): Ich bin Jason. Wir wollen nach Griechenland. Herakles: Ich habe in München versucht, des Stall des Augias auszumisten. Jason: Jetzt reicht’s ihm. Er will wieder heim. Der da ist Phädrus. Wir dachten schon, er ist bei einem Unfall ums Leben gekommen. Aber er ist noch heil. Nur ins Wasser gefallen. Will auch heim. Phädrus: Sie sagen, ihr habt ein Navi im Bus. Ich finde sonst den Weg nach Griechenland nicht. Suche schon so lang rum! Jason: Das hier ist Kilix. Er ist auf der Suche nach Europa und findet sie nicht. Kilix: Kadmos wird so sauer sein, wenn ich ohne sie zurückkomme! (Sie steigen ein. Jason, herrisch zu Dödleff:) Jason: Mach Platz, Knabe! (Als Dödleff nicht reagiert, tragen sie ihn nach vorne und setzen ihn auf den Platz des Busfahrers.) Colette: (zu Hans-Peter) Was sind denn das für Rockertypen! Hans-Peter: Unangenehme Burschen! Colette: Wenn die nicht Ärger machen! Hans-Peter: Die wollen sicher stänkern! Colette: Nach Bildung schauen die jedenfalls nicht aus! (Diana und Nadja sind wie elektrisiert und drehen sich dauernd nach den Griechen um) Nadja: Ich glaube, das sind Griechen! Diana: Ja, schau! Die schwarzen Haare! Die braunen Augen! Nadja: Das Profil! Diana: (schwärmerisch) Das sind Helden! Nadja: Die sind göttlich! Diana: Heroen! Colette: Die spinnen total, die Tussen! Hans-Peter: Ungebildete Weibsen! Colette: Jawohl! Ohne Sinn für abendländische Kultur! Denken nur an das Eine! Nadja (zu den Griechen:) Heute Abend am Strand? Diana: Sonnenuntergang anschauen? Phädrus: Ich hab die Schnauze voll von der Sonne! (Nadja und Diana kichern) 10 8 Die Busfahrerin Burgi Colette (zu Hans-Peter): Wo ist eigentlich der Busfahrer? Hans-Peter: Busfahrer? Colette: Ja, Busfahrer! Fahrer des Busses! Hans-Peter: Äh … Hast du keinen bestellt? Colette: Ich? Wieso ich? Darum habe ich mich nicht gekümmert! Ich habe ja genug mit den Erfrischungsgetränken zu tun! Hans-Peter: (kratzt sich am Kopf) Ich habe auch keinen Busfahrer bestellt. Das heißt, wir haben niemanden, der den Bus fährt. (Burgi erscheint, im Oktoberfestdirndl, ein Lebkuchenherz um den Hals, einen Maßkrug in der Hand, sichtlich schwankend) Hans-Peter: (ruft) Gute Frau! Kommen’s mal her! (Burgi kommt, will Hans-Peter die Hand geben, kippt dabei den Rest Bier über seine Schuhe) Hans-Peter (entrüstet): Sind Sie noch dicht? Burgi: Jaaa – warten’S – vorgestern 3 Maß, gestern 4 Maß, heut zum Frühstück 2 Maß – da miassat i schon no dicht sein, jetzt. Hans-Peter: Kommen Sie wohl direkt vom Oktoberfest, so wie Sie ausschaun? Burgi: Ja, schaut so aus! Hans-Peter: Sie schwanken aber sauber! Burgi: Ja.. I bin ja a mit der Achter… der Achter… wissns, mit der G-Achter gfahrn. Da gibt’s die G-Achter, und a G-Neuner gibt’s a no, und so a Hin-und Hergschaukel zwischen der G-Achter und der G-Neuner gibt’s a no, und mit der Flexi bin I a no gfahrn, da taatst nachad scho a gscheid schwanken, sog I dir! Hans-Peter: Sagen Sie – kennen Sie einen Busfahrer? Burgi: Warten’s … Ja, da is der Xaver – Aber der ist in Kolumbien. Dann gibt’s den Ignaz – aber der ist in den Flitterwochen. Dann kenn i no den Seppl – aber der ist auf Sauftour in Russland. Aber warum wollen’S denn des wissen? Hans-Peter: Ja, wir brauchen jemand, der den Bus da nach Griechenland fährt. Und zwar sofort, weil die Reisegesellschaft sitzt schon drin! Burgi: Ah soo! Ja, kein Problem! Ich bin schon oft Traktor gefahren und bin deswegen als Expertin abgeordnet ans Institut für Steuerungsoptimierung Bayern in München. Ich kann Ihnen Ihren Bus schon steuern! Vielleicht kann ich dafür sogar noch Fördergelder der EU lockermachen, wenn ich den Griechen einen Vortrag über Steuerungsoptimierung halte. Pack ma’s! (Burgi setzt sich entschlossen ans Steuer, Colette und Hans-Peter steigen zögernd ein). 11 9 Die Abfahrt Burgi:(nimmt Mikrofon)Griaß eich, i bin die Burgi. I bin eire Busfahrerin und bring eich jetzt hoffentlich gut nach Griechenland. Wenn’s speibm miaßt, nachad nehmts eichane Handtaschen oder Rucksäck oder Schultaschen oder eichane Schuah, aba speibts ma ned in mein scheena Bus. Jetzt schallt’s eich oo, es geht los! Burgi nimmt den Schlüssel und lässt den Bus an. Die 4 Jungen auf der Hinterbank liefern dazu ein Anlassergeräusch, anschließend Standgeräusch. Die Reisenden schauen alle gespannt und ganz still nach vorne, nur Diana schminkt sich im Spiegelfenster die Lippen. Burgi macht eine große Handbewegung, als ob sie die Gangschaltung bedient, hebt ihren rechten Fuß = Signal für die Fahrgäste! Wenn sie mit dem Fuß aufstampft, also Gas gibt, fliegen alle Fahrgäste aufkreischend nach hinten, als ob der Bus einen Satz gemacht hätte. Diana springt auf und zeigt ihr Gesicht, über das sie aus Versehen einen dicken Lippenstiftschmierer gezogen hat. Burgi steuert. Die Fahrgäste bewegen sich wie in einem leicht wackelnden Bus. Sie folgen Burgis Neigung, wenn der Bus „in eine Kurve geht“. Das wird immer gemacht, wenn der Bus „fährt“! Wichtig für den Effekt ist, dass sie dabei nicht zur Busfahrerin schauen, sondern deren Bewegungen nur im peripheren Blick wahrnehmen. Sie schauen z.B. aufmerksam zu Colette, wenn diese redet, oder unterhalten sich (lautlos) usw. Agathe (Steht auf, nimmt das Mikrofon und hält einen Vortrag): Der Koloss von Rhodos war ein Geschenk der Rhodier an den Sonnengott Helios im Jahre 305 v. Chr. Der Koloss war etwa 30 bis 35 Meter hoch und wurde aus Bronze gegossen. Gesichert ist auch, dass er eine Strahlenkrone trug. Die größte Standfigur der Antike stürzte bei einem Erdbeben nur 66 Jahre später um und hatte damit die kürzeste Lebensdauer aller Weltwunder. Es existieren bis heute keinerlei archäologische Funde, die dem Koloss von Rhodos zugewiesen werden könnten. (setzt sich) Colette: Möchte jemand Erfrischungsgetränke? Alle Finger schnellen hoch, alle gleichzeitig: Ja, ich! Colette geht durch den Bus und teilt Saftpackungen aus. Alle trinken, saugen den letzten Schluck extra laut hörbar. Lilli &Lola: Mama! Wann sind wir denn endlich in Griechenland? Mutter: Gleich, Kinder, es dauert nicht mehr lange! Hanni: (schreckt auf) Sind wir schon am Gymnasium? Nanni: Nein, wir waren noch nicht an der BayWa! Hanni: Zum Glück! (vertiefen sich wieder in ihre Bücher) 12 10 Der Gartenzwerg Dödleff (schreit und deutet aus dem Fenster): Schaut, da ist ja der Koloss von Rhodos! Der Bus bremst quietschend, hält an.(Alle kippen dabei nach vorne!) Die Reisegesellschaft springt auf, drängt ans Fenster (pantomimisch gut darstellen!), rufen aufgeregt durcheinander. Dabei soll man immer wieder „Der Koloss von Rhodos“ verstehen. Jones: Sehen Sie sich diese Statue an! Ich denke, sie ist aus Alabaster! Finley (bewundernd) oder aus Gips! Agathe: Man nennt das Vollplastik Tortoise: Die Nase ist meisterhaft modelliert! Jones: Ein gedrungener Körper ruht auf stämmigen, kurzen Beinen! Finley: Die klobigen Füße sitzen auf einem kubusförmigen Sockel. Colette: Das massige Haupt ist umstanden von spärlichen Locken. Jones: Vom Kinn fällt ein langer, weißer Bart auf den vorgewölbten Bauch. Agathe: Die Miene drückt sehr markant das Wesen des Objekts aus. Hans-Peter: Ein breites Lachen zieht sich quer über das Gesicht. Tortoise: Die Gesamthöhe dürfte an die 70 cm betragen. Jones: Der Scheitel ist gekrönt von einer roten Zipfelmütze Nadja: Hey, guck mal den süßen Gartenzwerg! Alle: Gartenzwerg?...Gartenzwerg?...Gartenzwerg? (durcheinander) (Gemeinsam, enttäuscht:) Ooooh! (sie setzen sich wieder) Käpt’n: Ich will auch den Koloss von Rhodos sehen! Matrose (schreit in sein Ohr): Das ist nur ein Gartenzwerg! Käpt’n: Hä? (steht auf, geht ans Fenster, schaut mehrmals ratlos nach rechts und nach links) Wo ist denn der Koloss von Rhodos? Burgi (schreit): Setz dich wieder hin, wir fahren weiter! (Der Käpt’n wird von denen, die in der Nähe sind, weggezogen und zu seinem Platz geschoben, ohne, dass jemand dabei aufsteht.) Finley: Ich werde mal eine Konservendose öffnen, ich habe Hunger! Jones: Was für eine vortreffliche Idee! Reichen Sie mir Ihren Dosenöffner! Ich nehme auch ein Döschen! Tortoise: Da will ich mich nicht ausnehmen! Reichen Sie mir eine Dose Ravioli, bitte! Finley: Mahlzeit! Jones: Mahlzeit! Tortoise: Mahlzeit! Hanni (schaut auf): Sind wir schon an der Mensa? Nanni: Nein, noch nicht mal in Abtsdorf! (Man hört ein Rülpsen aus der Richtung der Archäologen) Jones: Der Pappenheimereintopf schmeckt wirklich vorzüglich, Kollege Finley! 13 11 Der Surheimer Maibaum Die Busfahrerin steht auf, geht nach hinten, schaut aus dem Fenster; ziemlich lang, ohne dass jemand darauf achtet. Am „Ruckeln“ merken die Zuschauer, dass der Bus nach wie vor „fährt“. Nach einer Weile: Lilli&Lola: Mama! …. Mama!....Wer fährt denn jetzt eigentlich den Bus? Plötzlich bemerken alle, dass der Bus führerlos ist. Der Bus gerät ins Schlingern. Alle kreischen. Burgi rennt schnell wieder zum Steuer und bringt den Bus wieder unter Kontrolle. Nach einer kurzen Weile ruhiger Fahrt: Burgi: Aaaachtung!! Man sieht, dass der Bus über ein Hindernis fährt, was sich an der wellenförmig durch die Sitzreihen laufenden Bewegung abzeichnet. (Die Spieler erheben sich kurz von vorne nach hinten in einer Art La-Ola-Welle ohne Armbewegung). Danach ruckartiger Stopp (=> nach vorne kippen!) Burgi: Da war was! Wir sind über was drübergefahren! Da ist was Langes gelegen, was Rundes! (natürlich auf Bayrisch! Sie spricht immer bayrisch) Mutter (begeistert): Das ist sicher eine griechische Säule! Lilli! Lola! Unser erster Kontakt mit der griechischen Kultur! Agathe: Wohl eher ein Zusammenstoß damit! Jones: Es gibt korinthische Säulen. Finley: Es gibt dorische Säulen. Tortoise: Es gibt ionische Säulen. Burgi: Alle aussteigen! Wir müssen die Säule wegtragen! Käpt’n: Hä? Was müssen wir machen? Matrose: Wir müs-sen Säu-le weg-tra-gen! Käpt’n: Was? Säue wegjagen? Nadja: Das fällt mir gar nicht ein! Da brechen ja meine Fingernägel ab! Diana (zu den Griechen): Hey, ihr Süßen! Kommt ihr mit? Suchen wir uns ein Plätzchen im Schatten! Die Tussen verziehen sich mit den Griechen hinter die Bühne. Die Übrigen bilden vor dem Bus eine Reihe und heben auf Hans-Peters Kommando die „Säule“ auf und reichen sie durch, bis sie endlich „am Straßenrand“ abgelegt wird. Hans-Peter(klopft sich die Hände aus): Dann wollen wir mal schaun, was wir da für ein Kunstwerk haben! Mutter: Lilli! Lola! Schaut euch das gut an! Das ist euer erster Kontakt mit der abendländischen Hochkultur! Lilli&Lola stellen sich brav vor dem Ding auf und schauen aufmerksam, doch kaum beginnen die Erwachsenen zu reden, schleichen sie sich unbemerkt weg in den Bus. Matrose: Der ist aber lang! Käpt’n: So ein langer Mast! Mutter: In den griechischen Farben kanneliert! 14 Agathe: gestreift! Colette: geringelt! Jones: spiralförmig bemalt! Hanni: Weiß! Nanni: Blau! Agathe: An der Spitze sind Reliefs angebracht! Mutter: Mit verwitterten Farbspuren! Agathe: Die Darstellung eines tanzenden Paars! Hans-Peter: in Dirndl und Lederhosen! Agathe: Die archaische Darstellung eines minoischen Stierkampfes! Burgi: Des is a Metzga mit ana Kuah! Agathe: Umkränzt mit frischem Grün! Nadja (die kurz vorher mit zerzausten Haaren hinter der Bühne hervorgekommen ist): Oh Gott! Wir haben ja den Maibaum von Surheim umgefahren! Alle (durcheinander): Maibaum?...Maibaum? …(erschrocken): Oooooh! Hanni&Nanni (aufgeschreckt): Surheim? Wir sind gleich da! 12 Begegnung mit dem Koloss Während die Reisegesellschaft mit der Identifizierung des Maibaums beschäftigt war, haben sich Lilli&Lola im Bus die leeren Konservendosen der Forscher genommen und sich mit diesen zum „Koloss von Rhodos“ verkleidet. Hinten im Bus bauen sie sich zu imposanter Größe auf. Man sieht den Koloss quasi durch die Fenster des Busses auf der hinteren Sitzbank. Sein Kopf sitzt auf einem Stock. Die Köpfe der Kinder stecken unter einer Decke unter dem Kopf des Koloss‘, man kann sie nicht sehen. Sie sprechen in Dosen hinein, so dass die Stimmen verzerrt klingen. Dödleff bemerkt den Koloss als Erster. Dödleff (voller Schrecken): Da! Der Koloss von Rhodos! Alle (raunen voller Furcht und Ehrfurcht): Der Koloss von Rhodos! Mutter (in Ekstase): Das Weltwunder! Agathe (verwirrt): Das Orakel von Delphi? Mutter: Die Pythia! Lilli&Lola (als Stimme des Koloss‘): Hört auf den Koloss von Rhodos! Macht alles, was euch der Koloss sagt! Alle (raunen durcheinander): Hört auf den Koloss von Rhodos! Hört, was euch der Koloss von Rhodos sagt! 15 Lilli: Nadja: Gebt dem Koloss die goldenen Schuhe von Nadja! Dann verrät er euch ein Orakel! Fällt mir gar nicht ein! Meine Schuhe gebe ich nicht her! Sie wird überwältigt. Dödleff bringt die High Heels zum „Koloss“. Er muss sich zu dem Fenster des Busses hochstrecken, denn der Koloss befindet sich ja im Bus. Man sieht, wie zwei Mädchenhände aus dem Körper des Koloss‘ herausgreifen und die Schuhe in Empfang nehmen. Dabei sieht man auch, dass auf jedem der hohen Absätze ein Stück Zeitungspapier steckt. Lola: Diana: Nun gebt dem Koloss Dianas Schminktäschchen! Kommt nicht in Frage! Mein Schminktäschchen gebe ich nicht her! Sie wird überwältigt, Dödleff bringt dem Koloss das Schminktäschchen, das von zwei Mädchenhänden in den Körper des Koloss hineingezogen wird. Alle: Koloss (synchron): Jetzt den Orakelspruch! Äääh! ….Hanni&Nanni, gebt mir ein Buch! Hanni (oder Nanni) gibt dem Koloss scheu ein Schulbuch und macht dann einen artigen Knicks. Der Koloss blättert lange mit drei Händen darin. Die vierte Hand hält immer noch für alle gut sichtbar die Schuhe mit den aufgespießten Zeitungsfetzen. Alle warten gespannt. Koloss (synchron): Käpt’n, tritt vor und höre das Orakel! Der Käpt’n tritt vor und lauscht. Alle lauschen angestrengt. Man hört aber gar nichts. Schließlich wendet sich der Käpt’n mit verzückter Miene zum Publikum. Alle Reisenden hängen gespannt an seinen Lippen. Käpt’n: Der Koloss von Rhodos hat zu mir gesprochen! Er hat mir sein Orakel kundgetan! Alle(durcheinander): Ja und? Was hat er denn gesagt? Käpt’n: Er hat gesagt, wir sollen die Papierfetzen von den High Heels herunternehmen, da steht ein Orakel drauf. Und wir sollen die Seite aus dem Schulbuch rausreißen, da steht der Rest des Orakels drauf! Matrose: Ein Wunder! Der Koloss hat den Käpt’n kuriert! Er hört wieder! Alle: Ein Wunder! Burgi (resolut): Na, dann werd‘ ich halt mal das Orakel holen, damit wir heut noch zum Schluss kommen! Sie geht entschlossen zum Koloss, zieht die Zeitungsfetzen von den Absätzen und reißt ein Stück der aufgeschlagenen Seite aus dem Buch. Sie tritt an die Rampe und liest: 16 Burgi: Also, auf dem einen Zettel steht: „-en Wahlspruch für die Bildungsreise am Rottmayr-Gymnasium“ . Was soll denn des heißen?! Auf dem anderen Fetzen steht: „Umarmung von Herrn Gehr“. So ein Schmarrn! Ein Spieler der Oberstufentheatergruppe (Gregor) springt auf die Bühne. Gregor (aufgeregt): Halt! Das sind die Zeitungsstücke, nach denen wir gesucht haben! Die Oberstufentheatergruppe stürmt auf die Bühne. Nicole bringt die durchlöcherte Zeitung. Die Zeitung wird mit den Fetzen ergänzt, Gregor und Nicole lesen: Preisausschreiben! Entwickeln Sie ein -en Wahlspruch für die Bildungsreise am RottmayrGymnasium Zum Schuljubiläum des Rottmayr-Gymnasiums! Gewinnen sie eine Umarmung von Herrn Gehr Teilnehmen können alle Mitglieder der Schulfamilie. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Nicole (begeistert): Wir haben’s! (Begeisterung der Oberstufengruppe) Käpt’n: Moment mal! Da ist noch ein Zettel! Der Koloss hat gesagt, der Zettel gehört auch zum Orakelspruch! (Gibt ihnen den Fetzen aus Hannis Buch) Gregor und Nicole lesen. Dann flüstern sie den Text an die Nächststehenden weiter, diese machen es genauso, bis an alle auf der Bühne der Text weitergeflüstert worden ist. Dann treten sämtliche Spieler der beiden Gruppen an die Rampe. Georg verkündet: Georg: So lautet das Orakel und so lautet unser Wahlspruch für die Bildungsreise am Rottmayr-Gymnasium: 17 Alle (im Chor): „Der Mensch […] ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“ von Friedrich Schiller Lilli&Lola erscheinen, geschminkt und mit High Heels und winken ins Publikum. Applaus, Applaus, Applaus!! (ENDE DER Bildungsreise!)