Erfahrungsbericht von Nicole Zander, Assistant

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Erfahrungsbericht von Nicole Zander, Assistant
Erfahrungsbericht von Nicole Zander, Assistant Teacher an der Westbourne
Grammar School, Australien, 2007
Ich habe im Jahr 2007 von Januar bis Juli als deutsche Assistant Teacher in
Australien gearbeitet. Der wichtigste Aspekt der Reisevorbereitung war das Visum.
Waren Pratt, Head of LOTE Westbourne Grammar School, hat mir im Vorfeld dazu
eine Email geschrieben, in dem das Prozedere bezüglich des Visums erklärt wurde.
Demnach sollte sich jeder Assistant für ein Special Program Visa bewerben. Dieses
Visum beinhaltet unvergütete Arbeit in einer Bildungseinrichtung. Wer sich für dieses
Visum entscheidet sollte mit einiger Vorlaufzeit rechnen, da der Antrag nach Hobart,
Tasmanien geschickt werden muss und die Bearbeitungszeit länger dauern kann.
Aus meiner Erfahrung heraus würde ich jedoch den zukünftigen Assistants dieses
Visum nicht ans Herz legen. Die Nachteile liegen auf der Hand: Man arbeitet
unvergütet und hat auch keine Möglichkeit in Australien zusätzlich etwas
Taschengeld zu verdienen, da man keine Tax File Number zugewiesen bekommt.
Wenn ich noch einmal vor der Entscheidung stehen würde, würde ich mich für ein
Working Holiday Visa bewerben. Dieses Visum hat mehrere Vorteile. Erstens kann
man als Assistant neben der Schule ganz legal mit einer Tax File Number arbeiten
und Geld verdienen. Nach der Abreise kann man sogar die bezahlten Steuern
zurückfordern. Zweitens kann man mindestens für ein Jahr im Land bleiben und
kann, wenn man das möchte, um ein weiteres Jahr verlängern und wie ein
Backpacker in Australien arbeiten und leben.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man reichlich Geld vor Ort braucht, auch
wenn man in Gastfamilien lebt. Man will ja schließlich ein bisschen rumkommen und
in der Freizeit etwas erleben. Ich persönlich hatte nur sehr wenig Vorlaufzeit nach
dem Examen um vor dem Abflug Geld zu verdienen. Mir standen etwa 1000 Euro zur
Verfügung, die ich für Reisen und Freizeitaktivitäten ausgeben wollte. Ich musste
leider die Erfahrung machen, dass man auch in Australien, wo fast alles günstiger als
in Deutschland ist, mit wenig Geld nicht weit kommt.
Die Gastfamilien kümmern sich nach meiner Erfahrung her rührend um einen und
man wird ausreichend mit allem versorgt. Wenn ich jedoch ohne meine Familie etwas
unternommen habe, brauchte ich immer ein bisschen Geld um rumzukommen. Ich
habe beide Male in einem Western Suburb von Melbourne gewohnt. Die Stadt war
nur mit dem Zug zu erreichen. Auf jeden Fall sollte man die Kleidungssituation vor
dem Abflug bedenken. In der Schule ist das Tragen von casual clothes, sprich Jeans
und andere lässige Kleidung, nicht erlaubt. Man sollte also auf alle Fälle geeignete
Kleidung für den Schulalltag mitnehmen bzw. vor Ort kaufen. Kleidung gibt es in
Melbourne in Hülle und Fülle und auch viel günstiger als in Deutschland. Die Qualität
lässt nur leider sehr oft zu wünschen übrig. Des Weiteren sollte man unbedingt
bedenken, dass es auch im Winter in Melbourne sehr kühl und sehr windig werden
kann. Warme Kleidung sollte man auf keinen Fall außer Acht lassen.
Wie viel Geld man braucht, hängt natürlich von einem selbst ab. Aber da die Schule
versucht, den Assistants alle zwei Wochen ein verlängertes Wochenende zu
ermöglichen, hat man auch neben den Ferienzeiten genügend Zeit und Freiräume
Kurztripps ins Umland zu unternehmen. Während meiner Zeit als Assistant habe ich
mit meiner Gastfamilie einige Ausflüge gemacht und bin auch selbst mal für einige
Tage nach Sydney geflogen. In Australien gibt es neben Qantas zwei Billigfluglinien,
die ich empfehlen kann: Virgin Blue und Jetstar. Dort findet man sehr häufig sehr
preisgünstige Flüge im Inlandstreckennetz.
Darüber hinaus würde ich jedem empfehlen eine Kreditkarte mitzunehmen, da man
die Flüge online immer nur mit Kreditkarte zahlen kann. Dazu gibt es ein
ausgezeichnetes Angebot der DKB. Man beantragt dort online ein Girokonto und
bekommt eine kostenlose Kreditkarte mit der man weltweit immer gebührenfrei Geld
an Automaten abheben kann.
Die Unterbringung vor Ort läuft über Gastfamilien. Herr Pratt sucht im Vorfeld die
erste Gastfamilie aus, mit der man vor dem Abflug dann schon einmal in Kontakt
treten kann. Da die Schule in den Western Suburbs von Melbourne ist, wird die
Gastfamilie fast immer auch dort leben. In jedem Fall hat man in der Gastfamilie ein
eigenes Zimmer und oft auch ein eigenes Bad. Das Programm sieht es vor, dass
man nicht länger als drei Monate in einer Familie verbringt um verschiedene
Erfahrungen sammeln zu können. Nach drei Monaten habe ich die Gastfamilie
gewechselt, obwohl ich mich dort sehr wohl gefühlt habe und mir die Familie auch
angeboten hatte länger zu bleiben. In den meisten Fällen ist es so, dass der nächste
Bahnhof ein Stück vom Wohnort entfernt ist und man dadurch relativ abhängig von
der Familie ist. Mir hatte Herr Pratt netterweise ein altes Fahrrad überlassen, damit
ich kurze Strecken unabhängig vom Auto tätigen konnte.
Meine erste Gastfamilie hat mich und die beiden Kinder jeden Tag zur Schule
gefahren und uns dort auch wieder abgeholt. Der Tag beginnt meist mit einem
Lehrermeeting am Morgen um 8:30 Uhr und endet um 15:30 Uhr. Als ich in der
zweiten Gastfamilie wohnte, fuhren die Kinder und ich jeden Tag mit dem Schulbus
zur Schule.
Der Schulalltag für mich bestand zum Großteil aus Einzelunterricht mit der
Abschlussklasse. Jeder Schüler kam zweimal pro Woche für ca. 20 Minuten zu mir
zum Konversationsunterricht. Dies soll die Schüler auf die mündliche
Abschlussprüfung nach der 12. Klasse vorbereiten. Außerdem habe ich ein
Filmprojekt in verschiedenen Klassenstufen geleitet. Das Goethe-Institut in
Melbourne schreibt jedes Jahr einen deutschen Kurzfilmwettbewerb für Schüler aus.
Die Schüler haben ihre Ideen zum Thema selbstständig erarbeitet und ich habe bei
der Planung und Umsetzung geholfen. Meine Hauptaufgabe bestand in der
Verbesserung der deutschen Sprache für die Filme. Des Weiteren gab es in diesem
Jahr einen Gedichtwettbewerb für mehrere Altersstufen. In Einzelgesprächen habe
ich mit den Schülern die Gedichte ausgesucht, besprochen und eingeübt. Zusätzlich
begleitet man die Deutschlehrer in ihre Klassen und assistiert sie während des
Unterrichts. Zum Teil habe ich kurze Abschnitte des Unterrichts übernommen aber
auch ganze Stunden alleine oder im Team mit dem Lehrer gehalten. Mit
Schulbüchern und zusätzlichem Material wird man vor Ort von Herrn Pratt
ausgestattet. Zudem bekommt man als Assistant auch einen Laptop von der Schule,
den man in der Schule und zu Hause nutzen kann, weshalb ich keinen Laptop aus
Deutschland mitgebracht habe. Außerdem bietet sich einem die Möglichkeit, Schüler
ins School Camp zu begleiten. Diese Möglichkeit kann ich jedem Assistant nur
empfehlen. Man verbringt einige Tage mit Schülern und Lehrern in der Nähe von
Melbourne und erlebt zusammen verschiedene Freizeitaktivitäten.
Das Kollegium im LOTE Department besteht aus drei Deutschlehrern und einigen
japanischen Kollegen. Die Atmosphäre im Department und in der ganzen Schule ist
ausgesprochen angenehm und die Integration ins Kollegium funktioniert reibungslos.
Ganz schnell fühlt man sich als Teil der Schule und wird von Kollegen und Schülern
gleichermaßen respektiert. Besonders der Kontakt zur Abschlussklasse war bei mir
sehr eng, da man mit den Schülern viel Zeit in Einzelgesprächen verbringt. Bei mir
hat sich der Kontakt auch ins Private übertragen und ich bin mit meinen Schülern an
Wochenenden ins Kino, zum Essen oder zum Shoppen gegangen, was von den
Kollegen im Department sehr begrüßt wurde.
Das Freizeitangebot hängt ganz vom Wohnort der Gastfamilie ab. Am besten ist man
in Williamstown untergebracht. Dieser Vorort von Melbourne hat einen eigenen
Strand, einen nette Kneipenszene und die Stadt ist sehr gut und schnell mit dem Zug
zu erreichen. In anderen Vororten ist es zum Teil etwas schwieriger. Viele neuere
Vororte sind reine Wohnvororte mit geringem Freizeitwert. Die Gastfamilien
versuchen jedoch so oft es geht Unternehmungen zu organisieren.
Melbourne selbst ist eine großartige Stadt, in der es niemals langweilig wird. Es gibt
im Sommer Strände und Parks zum Sonnen und Entspannen, Kinos, Theater,
Museen und Konzerte bieten kulturelle Abwechslung und auch das Nachtleben
Melbournes hat viel zu bieten (z. B. ein Besuch im Casino). Die Stadt ist groß aber
übersichtlich und man findet sich sehr schnell zurecht. In der Stadt gibt es sogar
einen kostenlosen Shuttlebus für Touristen, der die zahlreichen Sehenswürdigkeiten
der Stadt abfährt. Der Besuch eines Australian Football Matches (kurz: Footy) kann
ich jedem Sportbegeisterten nur empfehlen.
Die Umgebung von Melbourne hat außerdem sehr viel zu bieten. Die Great Ocean
Road ist ein absolutes Muss egal ob im Sommer oder im Winter. Die Grampians, ein
Nationalpark ca. 3 Std. von Melbourne entfernt ist ein tolles Ziel für Wanderer und
Liebhaber von Outdooraktivitäten. Die Mornington Peninsula im Osten und der
Nationalpark Wilsons Promontory gehören für mich zu den schönsten Flecken in
ganz Victoria.
Abschließend wünsche ich allen zukünftigen Assistants eine unvergessliche Zeit in
Down Under.