Wer macht mit?

Transcription

Wer macht mit?
Peter Christinger | Jugendlichen den Einstieg in die Mitarbeit erleichtert
Erfahrung
Mitarbeitende aus der Kirchgemeinde Rorschach und Balgach
Wer macht mit?
Wie man junge Mitarbeiter für den Kinderbereich gewinnt! Clip zum Thema
Nadine, dreizehn, ist immer gerne zum
Kindergottesdienst und in den Kinderchor
Happykids gegangen. Auch jetzt, wo sie älter
geworden ist, findet sie immer noch Interesse
an den Angeboten der Kirchgemeinde,
welche für ihr Alter gedacht sind. Trotzdem
wirkt sie immer mehr auch gelangweilt.
Zum Glück merkt Christine, eine der
Leiterinnen der Kinderanimation, was mit
Nadine los ist.
,,Sag mal, hättest du nicht Lust, uns bei den
Theaterstücken zu helfen?" Es geht gleich
am nächsten Sonntag los: Nadine verkleidet
sich als David. Und während die
Mitarbeiterin die Geschichte von David am
Hof von König Saul spannend erzählt, spielt
Nadine den David: Er spielt Harfe, er duckt
sich, als Saul das Schwert wirft, er flieht Hals
über Kopf aus dem Palast.
In den nächsten Wochen spielt sie immer
wieder mit.
Nach den Sommerferien spricht Christine sie
wieder an. ,,Wir könnten bei den jüngeren
Kindern in der Gruppe echt Verstärkung
gebrauchen. Hättest du nicht Lust,
Mitarbeiterin bei den ,Kleinen' zu werden?"
Lust hätte Nadine schon, aber was muss man
denn alles machen? Christine erklärt es ihr:
,,Um Mitarbeiterin für kleinere Kinder zu
sein, muss man nicht alles können. Manche
können Gitarre spielen, andere besonders
spannend erzählen. Wir brauchen aber auch
Mitarbeiter, die gute Beziehungen zu den
Kindern aufbauen können - die gerne mit
ihnen spielen, bauen…usw. Menschen, die
ihnen das Gefühl geben, ganz wertvoll zu
sein.
,,Das hast du super gemacht!", wird Nadine
anschliessend von anderen Mitarbeitern
gelobt.
nahe bei Gott – nahe bei den Menschen
Nadine will es versuchen. Christina überlegt
mit ihr zusammen, wie Nadines Mitarbeit
aussehen könnte.
Dabei gehen sie nach dem VierSchritte-Prinzip vor:
1) Ich mach's - und du schaust zu.
2) Ich mach's - und du hilfst mir.
3) Du machst es - und ich helfe dir.
4) Du machst es - und ich schaue zu.
Wenn Christine und ihre Teamkollegin
vorbereiten, kommt Nadine dazu. Sie reden
zusammen
ein
bisschen
über
die
Bibelgeschichte, um die es geht, und
überlegen gemeinsam, was die Drei- bis
Sechsjährigen davon gut verstehen könnten.
Das macht Nadine übrigens ziemlich Lust
aufs Bibellesen. Sie will auch für sich selber
wissen, was ihr der Bibeltext sagt.
Christina verwendet gerne eine Handpuppe,
das Schaf ,,Lotta". Nach einigen Wochen
probiert Nadine die Handpuppe auch mal
aus. Erst weiss sie nicht so richtig, wie sie es
machen soll. Aber Christina zeigt ihr, wie sie
die Handpuppe halten muss, dass sie ein
bisschen die Stimme verstellen könnte und
damit eine Rolle einnimmt.
Nadine macht das alles sehr viel Spass, und
sie denkt sich wirklich witzige Dinge aus.
,,Weisst du was, Christine - ich glaube, dieses
Schaf mag dich!", sagt Christine eines Tages.
,,Wenn du willst, kannst du es jetzt immer
spielen." Manchmal fehlen Nadine die Ideen,
wie sie die Schaf-Geschichte mit der
Geschichte verbinden soll.
Dann ruft sie bei Christine oder der anderen
Teamkollegin an - die wissen immer einen
Rat.
VON DER HELFERIN ZUR MITARBEITERIN
Nach
einigen
Monaten
muss
die
Teamkollegin von Christina ihre Mitarbeit für
eine Zeit ruhen lassen, da sie beruflich zu viel
zu tun hat. Nadine ist so toll hineingewachsen
das Christina bei ihr nachfragt.
Übrigens: Als Anne kürzlich ein DeutschReferat in der Schule halten musste, kam ihr
Lehrer nicht aus dem Staunen heraus.
,,Woher kannst du denn so frei sprechen? Du
hast überhaupt nicht aufgeregt gewirkt. Und
wie du diesen Text in zwei Rollen
gesprochen hast - das war super".
Tja, Nadine ist eben Kolibri-Mitarbeiterin.
Übrigens hat sie sich gerade zu einem
Grundkurs für die Arbeit mit Kindern und
Jugendlichen angemeldet. Die Arbeitsstelle
Familien und Kinder, Jugendfragen und
Junge Erwachsene der Kirche St. Gallen
haben wirklich tolle Angebote.
Dort will sie noch mehr Erzählmethoden
und viele andere Dinge lernen.
GUT INVESTIERTE ZEIT
Eine
Umfrage
unter
jugendlichen
Mitarbeitern in der Kolibri- oder Lagerarbeit
ergab, dass sich viele von ihnen doch
ziemlich ins kalte Wasser geworfen fühlten,
als sie ihre Mitarbeit begannen.
Die grösste Herausforderung war, auf
einmal selbst etwas zu vermitteln. Bisher
war man Empfänger und jetzt ist man selbst
einer jener, die anderen etwas weitergeben.
,,Wie kriege ich das so rüber, dass die Kinder
mir gerne zuhören und begeistert sind?" Das
war für viele eine grosse Frage. Diese
Herausforderung lässt sich gut dadurch
meistern, dass ein Jugendlicher einen Coach
an die Seite gestellt bekommt. Keiner sollte
ganz alleine in eine Gruppe mit kleinen
Kindern geschickt werden.
Die Methode, die Nadine erfahren durfte, ist
bewährt und gut. Die neue Mitarbeiterin
darf sich ausprobieren, darf auch mal nur
zuschauen, übernimmt einen kleinen Part
und bekommt Feedback. Natürlich kostet
das für erfahrene Mitarbeitende zusätzlich
Zeit, aber es ist Zeit, die hervorragend
investiert ist.
Wenn der Teenager Interesse an den
Kindern hat und man auch aufmerksam
hinschaut, wo die Gaben und Fähigkeiten
liegen, kann er oder sie meistens in kurzer
Zeit in seine neue Aufgabe hineinwachsen.
Sie ist nicht mehr nur eine Helferin, sondern
sie ist eine richtige Mitarbeiterin, auf die man
sich verlassen kann.
nahe bei Gott – nahe bei den Menschen
Und auch die erfahrenen Mitarbeitenden
wachsen selbst daran.
Manchen Jugendlichen fällt es schwer, zu
regelmässigen
Mitarbeitertreffen
zu
kommen. Vielleicht hilft eine Erinnerung per
SMS?
Vielleicht muss man aber auch seine Treffen
etwas überdenken: Ist es ein anregendes,
gutes Treffen mit Gemeinsamen Essen und
Austausch von guten Ideen? Oder geht es nur
um Organisation und mühsamen Kleinkram,
den man besser nur im Leitungskreis
diskutiert?
Jugendliche
sollten
nicht
überfordert werden.
DIE CHEMIE MUSS STIMMEN
Besonders positiv wirkt es, wenn die Eltern
eine gute Einstellung zur Mitarbeit in der
Kirchgemeinde haben und daheim davon
reden. Das gibt Sicherheit!
Jugendliche Mitarbeitende brauchen auch
eine gute Beziehung zu dem erwachsenen
Mitarbeitenden, mit dem sie zusammen sind.
Hier muss die Chemie stimmen. Wenn der
Mitarbeiter, mit dem der Jugendliche
zusammenarbeitet, ihm zum Coach wird, ist
das ein Idealfall.
Wenn die Mitarbeiter für den Jugendlichen
aber ständig wechseln, kann keine Beziehung
entstehen.
Das ist für Teens allerdings immens wichtig
und eine tolle Bestätigung: Sie erhalten
Feedback von den Mitarbeitern. Dadurch
spüren sie: ,,Hier hat jemand Vertrauen in
mich, nimmt mich auf Augenhöhe wahr und
fragt mich: Wie bekommen wir das
gemeinsam hin?"
Für die meisten Jugendlichen ist es
wesentlich einfacher, in der Mitarbeit bei den
jüngeren
Kindern
einzusteigen.
Der
Altersunterschied gibt ihnen Sicherheit.
Manchmal muss man ihnen helfen, sich
in das Alter der Drei- bis Sechsjährigen
hineinzudenken. Was ist ihre Welt, was
können sie schon verstehen, was noch nicht?
Ein besonderes Werkzeug könnte in
manchen Gemeinden das ,,Praktikum"
während der ersten und zweiten Oberstufe
oder des Konfrmandenunterrichts (oder
auch im Anschluss daran) werden. Die
Erlebnisprogramme im Rahmen der
„Geistlichen Begleitung“ bieten dazu eine
ideale Gelegenheit. Auf diese Weise können
gezielt Credits vergeben werden.
Es werden verschiedene ,,Arbeitsplätze"
angeboten: Technikdienst, Musik oder
Theater und andres mehr. Es wird dabei von
vornherein klar kommuniziert, dass die Zeit
begrenzt ist, dass man sich ausprobieren
darf und dass man ein Feedback erhält.
Vielen Jugendlichen hat das den Einstieg in
die Mitarbeit erleichtert. Wer in junge
Mitarbeiter investiert, hat kurzfristig keine
Arbeitserleichterung.
Aber
eigentlich
vollendet man damit einen Auftrag, der in
der Arbeit mit den ganz Kleinen begann:
Denn auch sie werden irgendwann gross
und brauchen einen Platz in der Mitarbeit.
Ach ja, nebst Mädchen gibt es auch etliche
Burschen die an einem solchen Einsatz ihr
Interesse hätten. Es gelten dabei die gleichen
Grundsätze!
Peter Christinger
Im April 2013
7 Tipps:
Das hilft jungen Leuten beim Einstieg in die
Mitarbeit:








Jugendliche/r wird von einer Person gecoacht
gute, dauerhafte Beziehung zum Coach
Feedback durch Coach
positive Einstellung der Eltern zur Mitarbeit in
der Kirche/Gemeinde
Einstieg in die Mitarbeit eher bei den jüngeren
Kindern
Hilfe beim Hineindenken in deren Welt
Möglichkeit eines ,,Praktikums" in
verschiedenen Arbeitsbereichen
Weiterbildungsangebot für Jugendliche und
Coach (Michael Giger und Markus Naef helfen
gerne weiter)
Beratung und Information bezüglich Einsatzmöglichkeiten und Weiterbildungen
Michael Giger, Arbeitsstelle Jugend, [email protected], 071 227 05 64
Markus Naef, Arbeitsstelle Junge Erwachsene, [email protected], 71 227 05 16
nahe bei Gott – nahe bei den Menschen