Praktikumsbericht Ramelton, Irland 2015

Transcription

Praktikumsbericht Ramelton, Irland 2015
Praktikumsbericht Ramelton, Irland 2015
Zum Praktikum in der Tierklinik“ Animal Health Centre
Veterinary Clinic“
In Ramelton, Co.Donegal
Zeitraum: 20.04.2015- 19.06.2015
Schon lange hat mich Irland fasziniert. Vor allem die Kultur und Traditionen Irlands haben
mich begeistert. Nach einigen Recherchen über das Land reifte der Entschluss ein Teil meines
großen kurativen Pflichtpraktikums in diesem Land absolvieren zu wollen. Nun ging es darum
die Praktikumsstelle zu finden und das gestaltete sich schwieriger als gedacht. Mit 4 Monaten
vor Beginn des Praktikums war ich schon etwas spät dran. An unserer Fakultät gibt es einen
Praktikumsordner in welchem Praktikaberichte nach Ländern und Postleitzahlen geordnet zur
Einsicht bereitliegen. Ich notierte mir die Kontaktdaten aller für mich in Frage kommender
Praktikumsstellen. Leider hatte ich erstmals kein Glück da alle dort aufgelisteten
Praktikastellen bereits besetzt waren oder ich keine Antwort erhielt. Also ging meine Suche
auf eigene Faust mit Hilfe des Internets weiter. In einem Internetforum fand ich eine
Empfehlung eines ehemaligen Praktikanten für die Gemischtklinik in Ramelton. Die
Telefonnummer der Klinik konnte ich im Internet erfahren. Nach einem kurzen Gespräch mit
dem dort zuständigen Tierarzt bekam ich die Einwilligung dort mein Praktikum absolvieren
zu dürfen sowie die E-Mail Adresse um alles weitere zu besprechen. Insgesamt möchte ich
jeden empfehlen der sich um ein Praktikum bewirbt einfach bei den Tierkliniken anzurufen da
E-mails oft keine Beachtung geschenkt wird.
Von Kommilitonen habe ich über das Erasmus Programm erfahren. Auch da empfiehlt es sich
einfach anzurufen oder zu den Öffnungszeiten vorbeizukommen um zu erfahren ob dein
Praktikum gefördert werden könnte. Die Bewerbung um die Förderung des Praktikums
erforderte einige Unterlagen von einem selbst sowie von Seiten der Praktikumsstelle daher
würde ich jedem empfehlen früh genug damit anzufangen da es länger dauert als man denkt.
Jedoch wird man in dem Papierkrieg sehr gut unterstützt.
Zu den Dingen auf der Checkliste gehören auch eine Auslandskrankenversicherung, eine
Haftpflichtversicherung sowie eine Unfallversicherung. Es wird von der Uni ein Paket
angeboten oder man informiert sich einfach im Internet oder von seinem
Versicherungsvertreter welches das passende für einen ist. Visum braucht man für Irland
keines.
Nachdem nun alles bewilligt wurde dürfte die Reise beginnen. Nach einigen Recherchen über
die Kultur und Traditionen sowie Geschichte des Landes starte ich meine Reise. Ich hatte
viele Erwartungen an das Praktikum zum Beispiel endlich mal theoretisch gelerntes Praktisch
umzusetzen. Wozu ich auch einige Skripte und Notizen mitgenommen habe. Die irische
Mentalität kennenzulernen, meine Englischkenntnisse zu verbessern und die Erkenntnis zu
erlangen ob es nach meinem Studium für mich auch möglich wäre im Ausland als Tierarzt zu
arbeiten.
Ich bin von München nach Dublin geflogen und von dort aus mit dem Busunternehmen „bus
éireann“ vom Flughafen in den Norden (Letterkenny) gefahren. Billigflieger fliegen auch von
Memmingen aus jedoch ist dabei darauf zu achten ob und wieviel Reisegepäck im Ticketpreis
enthalten ist. Die Abfahrtszeiten der Busse kann man im Internet oder direkt vor Ort an der
Information im Flughafen erfahren. Das Ticket wird direkt im Bus erworben. Es ist jedoch
immer gut Kleingeld dabei zu haben da in vielen Bussen in Irland kein Wechselgeld
rausgegeben wird. Busreisen in Irland finde ich sehr angenehm da es auf der einen Seite sehr
günstig ist und es auch immer Zwischenstopps gibt und man so auch immer mit Essen und
Getränken versorgt wird. Auch gibt es in jedem Bus sowie jedem lokal free wifi.
Angekommen in Letterkenny wurde ich von der Tierärztin vom Busbahnhof abgeholt und mir
wurde sofort die Klinik gezeigt. Diese befindet sich in einem denkmalgeschützten Steinhaus
direkt an dem dortigen Meeresausläufer. Wohnen dürfte ich in einer kleinen Wohnung über
der Klinik oder im Gästezimmer des Tierarztehepaares, da es in kalten Nächten der Wohnung
doch sehr kalt werden konnte.
Ich wurde sofort in das Team integriert und dürfte mitarbeiten. Ich bekam Aufgaben zugeteilt,
fühlte mich aber zu keinem Zeitpunkt ins kalte Wasser geworfen. Ich dürfte mir aussuchen wo
ich gerade mithelfen wollte in der Kleintierklinik oder mit zu den Großtierausfahrten zu
fahren. Ich würde jedem empfehlen zu der Ablammzeit der Schafe dieses Praktikum
anzutreten, da man dann die Chance erhält die Geburtshilfe beim Schaf als auch beim Rind
praktisch zu verinnerlichen. Ich war gegen Ende dieser Zeit da und bekam noch einiges mit.
Einiges dürfte ich unter Anleitung des Tierarztes selbst durchführen und bei allem anderen
dürfte ich immer mithelfen. Es war sehr schön für mich wirklich in den Arbeitsalltag
integriert zu werden. Das dort gesprochene Englisch war für mich zu Beginn etwas schwer zu
verstehen wegen des starken Akzents dort. Doch habe ich mich schnell daran gewöhnt. Auch
sind einige Straßenschilder auf Irisch es gibt Familien in denen diese alte Sprach gesprochen
wird und auch in der Schule wird diese Sprache gelehrt.
Das Aufgabengebiet dieser Gemischten Tierklinik erstreckt sich über die Tierarten Hund,
Katze, Geflügel, Wildvögel, Rinder, Pferde ,Esel, Schafe, Ziegen und auch Wildtiere wie zum
Beispiel Robben werden hier behandelt.
Gerne möchte ich einen Bespielhaften Überblick über mein Tätigkeitsbereich dort im
Praktikum geben. So konnte ich Injektionstechniken unter Aufsicht durchführen,
Röntgenbilder auswerten und sie später mit dem zuständigen Tierarzt besprechen, bei einigen
Operationen im Großtier- sowie Kleintierbereich assistieren. Ich dürfte stets bei den
Gesprächen mit dem Tierbesitzer dabei sein und lernte so vieles über die professionelle
Gesprächsführung sowie auch die Übermittlung von infausten Diagnosen sowie die
Patientenbesitzerbegleitung bei Euthanasie des Tieres.
Da es sich um eine Gemischtpraxis handelt sieht man viele Krankheitsbilder und erhält so
einen breitgefächerten Eindruck in die Diagnostik sowie die Therapie.
So bot mir der Kleintierbereich viele interessante Fälle an denen ich lernen konnte. Viel lernte
ich auch über die Symptomatik, Diagnostik und Therapie von Augenerkrankungen und deren
Behandlung beim Kleintier. Blutentnahme bei jeder oben erwähnten Tierart dürfte nun kein
Problem mehr sein und auch das Impfschema bei Hund und Katze lernte ich in und
auswendig. In meiner Zeit dort hatten wir auch einige Tiere die aus unterschiedlichen
Gründen mit der Flasche großgezogen werden mussten so lernte ich die Aufzucht von
Lämmern und Welpen mit Aufzuchtsmilch sowie die dazugehörende Welpen und
Lämmerpflege kennen.
Im Großtierbereich erhielt ich die Möglichkeit unter Aufsicht selbst Geburtshilfe und
Klauenpflege beim Schaf durchführen. Viele Krankheitsbilder konnte ich Aufgrund der
Lammzeit selbst sehen wie z.B. die Trächtigkeitsketose der hochtragenden Schafe. Auch war
die Assistenz bei der Geburtshilfe beim Rind sowie Schwein oft möglich. Nasenringe
einziehen beim Bullen und mithelfen bei den jährlichen Tuberkulosetesten großer und auch
kleiner Rinderbestände in allen Wetterlagen. Bei den Ausfahrten auf die Betriebe lernte ich zu
Deutschland unterschiedliche Haltungsbedingungen und Bertriebsmanagement der Fleischsowie Milchviehwirtschaft Irlands kennen und lernte viel über die Mutterkuhhaltung die dort
noch viel betrieben wird. Auch in die dortige Rinderzucht konnte ich Einblicke erlangen.
In dieser Region werden noch viele Shire horses als auch irische Reitpferde gehalten sowie
gezüchtet und so konnte ich vieles über die Nachgeburtliche Untersuchung sowie die
Eintragung in das irische Pferderegister erlernen Und auch über die dort noch viel aus
Tradition gehalten Esel dürfte ich kennenlernen. Auch zeigte mir eine Tierärztin die nicht
weit entfernte Eselrettungsstation wo verwahrloste Esel ein neues Zuhause finden und die
Gesellschaft über die richtige Haltung von Eseln informiert wird.
Für Fachgespräche waren die dortigen Tierärzte immer bereit, gerade die Autofahrten zu den
Großtierbetrieben waren dafür sehr hilfreich. Ansonsten würde ich jedem empfehlen keine
Literatur von Zuhause mitzunehmen sondern abends mit Hilfe von E-Books oder den
Praxiseigenen Lehrbüchern zu arbeiten. Einen Laptop oder ein Tablet/Notebook mitzunehmen
ist ein Muss.
Größtenteils lebte ich den Arbeitsalltag der Tierärzte dort freiwillig mit und lernte dadurch
auch viele Tricks und Tipps für meinen späteren Alltag als Tierarzt, vor allem wie man es bei
großem Arbeitsandrang schafft Prioritäten zu setzen.
In Irland ist das Verhältnis der Besitzer zu den Tieren sehr unterschiedlich zu dem der
Tierbesitzer in Deutschland. Viele der Hunde die ich kennenlernen dürfte sind Arbeitshunde
die entweder als Wachhunde oder zum Eintreiben der Tiere von den oft riesigen Weiden zu
den Ställen dienen. Sie haben eine Aufgabe und die erledigen sie auch sehr beeindruckend.
Die in Deutschland übliche Hundedressur wie Sitz, Platz, Bleib oder gar Pfötchen gehört eher
selten zu den erlernten Kommandos. Das lernte ich besonders als ich nach gut deutscher
Manier einem stationärem Hund Halsband und Leine anlegte und ihn mit auf einen
Spaziergang nehmen wollte. Nach ca. einer halben Stunde waren er und ich ziemlich fertig
mit den Nerven, da wie ich herausfand er nicht im Geringsten wusste was ich von ihm wollte.
Soviel zu den hineingetretenen Fettnäpfchen. Danach habe ich stationäre Arbeitshunde sowie
Wachhunde nur noch in den Auslauf gebracht und bin nur mit den Familienhunden spazieren
gegangen.
Donegal ist eine sehr landwirtschaftlich geprägte Region und viele Familien finanzieren sich
über die Viehzucht. Die Tiere haben für diese Familien einen hohen Wert und es wird sich um
jedes gekümmert. So gibt es Lieblingskühe von den sich nicht getrennt wird auch wenn sie
schon längst ihre Topmilchleistung nicht mehr erzielen. Die Farmer kennen sich
untereinander und so war oft schon bekannt wer ich war bevor ich den Hof das erste Mal
betrat. Nachbarschaftshilfe wird dort großgeschrieben, so ist es nicht ungewöhnlich bei einem
Hausbesuch auf einem Betrieb gleich die ganze Nachbarschaft vorzufinden. Die Menschen
dort sind sehr gastfreundlich und schon nach der ersten Woche wurde ich auf der Straße
gegrüßt und nach der Arbeit auf einen Tee oder einen Teller Irish stew eingeladen. Auch mit
dem Praxisteam bin ich bald auf einen Besuch im Ortseigenen Pub eingeladen worden.
Für die Freizeit würde ich jedem empfehlen sich regenfeste Kleidung mitzunehmen und die
Gegend zu Fuß zu erkunden. Während meines Aufenthaltes hat es fast jeden Tag geregnet
wenn auch oft nur kurz. Das führte allerdings dazu, dass ich auch fast jeden Tag einen
Regenbogen gesehen habe. Seitdem Aufenthalt ist Irland eindeutig das Land der Regenbögen
für mich. Auch habe ich mich auch sehr für die Irischen Geschichten rund um Feen und
Kobolde interessiert und mir einige Geschichten erzählen lassen.
Der Ort hat 2 Pubs, einen Supermarkt, eine Post, eine Weinbar und ein Künstleratelier, dort
treffen sich auch die Einheimischen und man kommt ins Gespräch. Ohne eigenes Auto ist es
schwer die Gegend zu erkunden da der Bus nur 2mal täglich fährt. Ich würde daher jedem
empfehlen für ein Wochenende ein Auto zu mieten um sich die Landschaft und naheliegenden
Städte anzusehen. Ich bin auch mal für ein Wochenende nach Dublin gefahren allerdings ist
das ca. 3 Stunden Fahrt und nicht jedes Wochenende zu empfehlen.
Meine Englischkenntnisse haben sich während des Praktikums deutlich verbessert besonders
Englisch mit irischen Akzent zu verstehen und die Grammatik nicht zu ernst zu nehmen. Da
ich die Behandlungen oft in der Praxissoftware protokolieren musste hat sich mein englisches
Fachvokabular deutlich verbessert. Viel hat mir dabei eine App geholfen(Leo), die ich mir auf
mein Smartphone geladen hatte. Es blieb aber durchaus bis zum Schluss eine
Herausforderung.
Den Einblick in die dort geleistete Medizin war durchaus eindrucksvoll. Viele diagnostische
Möglichkeiten die in einer deutschen Tierarztpraxis nicht wegzudenken wären wie
Ultraschall, Mikroskop oder Notfalllabor gab es dort nicht. Das Blut musste in ein Labor nach
Dublin geschickt werden und so erhielt man die Blutwerte erst Tage später.Allerdings gelang
es den Tierärzten oft mit einfachsten Mitteln zu diagnostizieren und zu therapieren.
Meine Einstellung zu dem Beruf hat sich insofern verändert, dass ich gelernt habe mich nicht
gleich auf die Apparatemedizin zu stürzen sondern mir auch Zeit für das Gesamtbild des
Patienten zu nehmen und auch der visuellen sowie palpatorischen Diagnostik zu vertrauen.
Sowie mir auch bewußt wurde die diagnostischen Möglichkeiten eines Ultraschalls oder
Mikroskops mehr zu schätzen. Das Praktikum hat alle meine Erwartungen erfüllt sowie
teilweise übertroffen.
Ich würde das Praktikum durchaus weiterempfehlen. Jedoch möchte meine Praktikumsstelle,
aufgrund des momentan immer höheren Arbeitspensums und fehlenden Fachkräften, vorerst
keine Praktikanten mehr beschäftigen.
Ich möchte mich nochmals bedanken, dass es mir durch das Stipendium ermöglicht wurde
eine solche Erfahrung machen zu dürfen.