RAF - Geschichte(n):

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RAF - Geschichte(n):
Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv
Deutsches Rundfunkarchiv Babelsberg
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RAF - Geschichte(n):
Sie ging einer geregelten Arbeit nach
Das Jahr 1990 in zwölf Kapiteln
Folge 6: Susanne Albrecht in Ost-Berlin festgenommen
Ingrid Jäger, eine unauffällige Frau Ende dreißig, kehrt am Nachmittag des 7. Juni 1990 in
ihre Wohnung in Berlin-Marzahn zurück. In „engem Zusammenwirken zwischen beiden
deutschen Innenministerien und den entsprechenden Staatsanwaltschaften“ – wie es später
heißt, wird sie als Susanne Albrecht, steckbrieflich gesuchte RAF-Terroristin, dort von der
DDR-Kriminalpolizei festgenommen. Als einen „international beachtlichen Fahndungserfolg“
präsentiert Peter-Michael Diestel, Innenminister der DDR, die Aktion vor der Presse.
Am 30. Juli 1977 war Susanne Albrecht eine der meist gesuchten Terroristinnen der Roten
Armee-Fraktion geworden. Zusammen mit zwei Begleitern besuchte die Hamburger
Anwaltstochter an diesem Tag den Patenonkel ihrer Schwester in seinem Haus in Oberursel
im Taunus, den Bankier Jürgen Ponto. Einen Rosenstrauß überreichten sie. Dann feuerten
die beiden Begleiter Albrechts mehrere Schüsse auf Ponto ab. Er erlag seinen Verletzungen
im Krankenhaus. Der Mord am Bankier war die Rache der RAF für die Verurteilung von
Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe am 28. April 1977 in StuttgartStammheim.
Seit dieser Tat wird Susanne Albrecht von den bundesrepublikanischen Sicherheitsbehörden
gesucht, 13 Jahre lang vergebens.
1980 reist Albrecht über die Tschechoslowakei in die DDR ein. Sie beantragt deren
Staatsbürgerschaft und erhält sie nach Absolvierung des dafür üblichen Prozedere. Sie
heiratet in der DDR und bringt ein Kind zu Welt. Sie arbeitet als Chemielaborantin und wohl
für den Außenhandel. Die letzten beiden Jahre verbringt sie im Ausland, in der Sowjetunion,
heißt es. Vielleicht arbeitete sie für den KGB? Hat sie nicht auch in Cottbus gelebt? Warum
kam sie wenige Tage zuvor nach Berlin zurück? Jahresurlaub? Die bevorstehende
Währungsunion? Welche Rolle spielte die Stasi, ohne deren Wissen Albrecht wohl nicht in
die DDR kam? Kannte der BND ihren Aufenthaltsort? Leben weitere RAF-Aktivisten auf
DDR-Gebiet? Über all diese Dinge lässt sich Anfang Juni 1990 in den Medien trefflich
spekulieren.
Das Jahr 1990 in zwölf Kapiteln
Folge 6: Susanne Albrecht in Ost-Berlin festgenommen
„Rätselraten über die Rolle der DDR-Stasi“ titelt die Frankfurter Rundschau am 9. Juni 1990.
Ähnliche Schlagzeilen und weitere Vermutungen und Spekulationen – so die Tendenz der
Berichterstattung der Presse nach der Verhaftung von Susanne Albrecht.
Bestand Gedruckte Medien
Der Innenminister der DDR, Peter-Michael Diestel, berichtet am 7. Juni 1990 in Berlin vor der
Presse über die Verhaftung der Susanne Albrecht.
Bestand Fernsehen IDNR 050606
Das Jahr 1990 in zwölf Kapiteln
Folge 6: Susanne Albrecht in Ost-Berlin festgenommen
Was sonst noch im Juni 1990 passierte
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Die Stadtverordnetenversammlung von Karl-Marx-Stadt beschließt die Rückbenennung
der Stadt in Chemnitz.
Eine Protestkundgebung mit etwa 65.000 Teilnehmern findet im Berliner Lustgarten
gegen die von der Volkskammer beschlossene Überprüfung des Vermögens von
Parteien und Massenorganisationen der DDR statt.
Die Tage der sowjetischen Kultur finden letztmalig in der DDR statt (bis 7.6.1990).
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Der Politisch Beratende Ausschuss der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages
nimmt in Moskau eine Deklaration über die Revision von Charakter und Funktion der
Organisation an.
Das Institut für Konversion der Streitkräfte IKOS wird als erstes seiner Art in der Welt in
Dresden gegründet.
Wolfgang Thierse wird auf einem Sonderparteitag in Halle zum Parteivorsitzenden der
SPD in der DDR gewählt.
Ein Caritasverband für den Ostteil des Bistums Berlin wird gegründet.
Michael Gorbatschow schlägt eine zeitweilige assoziierte Mitgliedschaft eines vereinten
12 Deutschlands in NATO und Warschauer Vertrag vor.
Ministerpräsident Lothar de Maizière wird im Weißen Haus in Washington empfangen.
In Berlin beginnt offiziell der Abriss der Grenzsicherungsanlagen.
15 Das Oberste Gericht der DDR hebt im Kassationsverfahren im Fall Rudolf Bahro die
1978 verhängte Haftstrafe auf und spricht ihn frei.
Der Hörfunksender DS Kultur wird durch die Fusion von Deutschlandsender und Radio
16 DDR II gebildet und nimmt seine Sendetätigkeit auf.
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Die Volkskammer lehnt den Antrag der Deutschen Sozialen Union (DSU) auf Beitritt der
17 DDR zur Bundesrepublik nach Artikel 23 des Grundgesetzes ab. Sie beschließt das
Treuhandgesetz.
Eine Entschließung über die endgültige Anerkennung der Grenze zwischen dem
21 vereinten Deutschland und Polen wird von der Volkskammer und dem Deutschen
Bundestag angenommen.
Der Grenzkontrollpunkt „Checkpoint Charly“ in Berlin wird im Beisein der Außenminister
22 der Siegermächte des Zweiten Weltkriegs, der DDR und der Bundesrepublik demontiert.
Eine Demonstration von ca. 5.000 Jugendlichen gegen Faschismus und
23 Ausländerfeindlichkeit in Berlin-Lichtenberg endet mit einer Straßenschlacht mit der
Polizei.
Der Gewerkschaftsverband „Beamtenbund der DDR“ konstituiert sich in Berlin.
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Journalisten und Bürger demonstrieren auf dem Berliner Alexanderplatz für den Erhalt
28 von Hörfunk und Fernsehen der DDR.
Richard von Weizsäcker wird als erster Persönlichkeit nach 1946 die Ehrenbürgerschaft
31 von Gesamt-Berlin verliehen.
Das Jahr 1990 in zwölf Kapiteln
Folge 6: Susanne Albrecht in Ost-Berlin festgenommen
Todestage im Juni 1990
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Rex Harrison, Schauspieler (5.3.1908-2.6.1990)
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Georg Seidel, Dramatiker (28.9.1945-3.6.1990)
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Jose Figueres Ferrer, Politiker in Costa Rica (25.9.1906-8.6.1990)
14 Erna Berger, Sängerin (19.10.1900-14.6.1990)
28 Herbert Jobst, Schriftsteller (30.7.1915-28.6.1990)
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