PDF van tekst

Transcription

PDF van tekst
Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Katharina van Bronckhorst en Batenborch
Editie Ada Elise Beckmann, Rolf Wilhelm Brednich en Arthur Hübner
bron
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565 (eds. Ada
Elise Beckmann, Rolf Wilhelm Brednich en Arthur Hübner). Aschendorff, Münster / Westfalen
1976
Zie voor verantwoording: http://www.dbnl.org/tekst/bron092darf02_01/colofon.php
© 2015 dbnl / Ada Elise Beckmann / Rolf Wilhelm Brednich
7
Vorwort
Bei der Vorbereitung der vorliegenden Ausgabe habe ich von vielen Seiten wertvolle
Hilfe und großzügige Unterstützung erfahren. Allen Freunden, Kollegen und
Institutionen, deren Rat und deren Mitwirkung ich in irgendeiner Weise in Anspruch
nehmen durfte, sei an dieser Stelle der gebührende Dank abgestattet. Zunächst gilt
mein aufrichtiger Dank Herrn Clemens Graf zu D r o s t e -V i s c h e r i n g , Schloß
Darfeld, Kr. Coesfeld/Westfalen, in dessen Archiv sich die hier erschlossene
Liederhandschrift befindet. Er gestattete die Herstellung eines Films und eine
Vergrößerung der Handschrift sowie eine Benutzung des Originals im Bistumsarchiv
in Münster i.W. Herrn Bistumsoberarchivrat Dr. Graf M e r f e l d t schulde ich großen
Dank für die liebenswürdige Beratung anläßlich der Kollation der Texttranskriptionen
bei meinem Besuch in Münster im April 1973. Herrn Albrecht H a e m m e r l e von
der Forschungsstelle Papiergeschichte am Gutenberg-Museum in Mainz danke ich
für freundliche Hilfe bei der Bestimmung des Wasserzeichens. Herrn Dr. Bernhard
B e c k m a n n in Berlin gilt mein besonderer Dank dafür, daß er mir das einzige
erhaltene, in seinem Besitz verbliebene Exemplar der Dissertation seiner Frau
Ada-Elise Beckmann über die Darfelder Liederhandschrift zu Vergleichszwecken
entlieh. Bei der Beschaffung von Textkonkordanzen waren mir die Mitarbeiter der
Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz und Herr Dr.
P.F.J. O b b e m a von der Bibliotheek der Rijksuniversiteit Leiden behilflich, wofür
ich sehr verbunden bin. Mein Dank gilt ferner Herrn Fred M a t t e r vom Nederlands
Volkslied Archief in Amsterdam für zahlreiche Auskünfte über holländische
Textparallelen und Herrn Prof. Dr. Bernhard B i s c h o f f in München für seine
Beratung bei der Frage der Entzifferung der Geheimschriften. Frau Dr. Renate
B r o c k p ä h l e r , Münster, machte mir dankenswerterweise eine Kopie der
westfälischen Quarthandschrift von 1579 aus dem Nachlaß von Karl Schulte
Kemminghausen zugänglich. Besonderen Dank schulde ich ihr auch für das Mitlesen
der gesamten Korrekturen. Herr Prof. Dr. Günter W i e g e l m a n n und die Mitglieder
der Volkskundlichen Kommission des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe
befürworteten die Aufnahme der Edition in die vorliegende Schriftenreihe, wofür
herzlich gedankt sei. Herr Dr. Dietmar S a u e r m a n n übernahm die redaktionelle
Betreuung der Ausgabe; mein spezieller Dank geht aber auch an ihn dafür, daß er
mich zur Arbeit an der Edition ermutigte und während dieser Arbeiten stets mit Rat
und Tat zur Seite stand. In den Dank schließe ich endlich die Teilnehmer meiner
beiden Seminare über die Handschrift im Sommersemester 1972 und im
Wintersemester 1972/73 an der Universität Freiburg ein. Die Studenten haben im
Verein mit den Kolleginnen und Kollegen am Deutschen Volksliederarchiv durch
ihre Beiträge zum Textteil wesentliche Voraussetzungen für das Zustandekommen
des Werkes geschaffen und mich durch ihre begeisterte Mitarbeit und die
gemeinsamen Erkenntnisse bei der Textanalyse in der Absicht bestärkt, die Ergebnisse
der Bemühungen um diese reizvolle Quelle zur Geschichte des Liedes im 16.
Jahrhundert der Fachwelt vorzulegen.
Freiburg, Weihnachten 1975
Rolf Wilh. Brednich
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
9
Einführung
1. Zum Forschungsstand
Die Bedeutung der Handschriften als Quellen der älteren Liedforschung ist
unumstritten. Das Interesse der Forschung an diesem Quellensektor war jedoch nicht
immer gleich rege und hat bisher keineswegs dazu geführt, daß wir einen lückenlosen
Überblick über diesen Traditionsbereich besitzen. Zwar sind die wichtigeren Quellen
zur Textgeschichte des älteren deutschen Liedes in der Literatur längst beschrieben,
ausgewertet oder in Editionen zugänglich gemacht worden. Die Verdienste von
Ludwig Uhland, Hoffmann von Fallersleben, Johannes Bolte
u.a. für die Erschließung der Quellen stehen außer jedem Zweifel. Besonders ist aber
dabei eines Mannes zu gedenken, der fast sein ganzes Lebenswerk in den Dienst der
Quellenkunde des älteren deutschen Liedes gestellt und durch unzählige Aufsätze
und Ausgaben die wesentliche Basis für alle weitere Forschungsarbeit bereitet hat:
A r t h u r K o p p . Ohne das bewundernswerte Werk dieses Berliner Forschers wäre
unser Wissen um das große Gebiet der nachmittelalterlichen Liederhandschriften
sehr viel geringer.
Um so bedauerlicher ist es, daß das Lebenswerk dieses Mannes bisher eigentlich
keine Fortsetzung erfahren hat. Mit der Gründung des Deutschen Volksliedarchivs
in Freiburg i. Br. im Jahre 1914 und den Aktivitäten von J o h n M e i e r ist das
Interesse der Forschung mehr auf die Sammlung und Untersuchung des jüngeren
popularen Liedes gelenkt worden. Problembereiche wie ‘Kunstlieder im Volksmund’
und ‘Volksballade’, ferner das ‘Wunderhorn und seine Quellen’, das ‘Zeitungslied’,
das ‘Flugblattlied’, das ‘Brauchtumslied’ usw. standen seitdem im Mittelpunkt der
Forschungsarbeiten. Für die Erschließung von älteren handschriftlichen Liedquellen
rührten sich nach dem 1. Weltkriege nur noch wenige Hände. Immerhin sind für den
niederdeutschen Sprachraum die Arbeiten von P a u l A l p e r s zu erwähnen; mit
dem Wienhäuser Liederbuch von 1480 wird eine wertvolle spätmittelalterliche
Handschrift aus klösterlicher Sphäre entdeckt. Auch nach dem 2. Weltkrieg ist bisher
noch keine systematische Handschriftenforschung in Gang gekommen. Das meist
von Privatinitiativen getragene Interesse wandte sich vor allem spätmittelalterlichen
und frühneuzeitlichen Quellen zu, die der Forschung schon lange bekannt waren,
die aber bisher einer historisch-kritischen Edition bzw. ausführlicher Analyse
entbehrten. Das Lochamer-Liederbuch, das Augsburger Liederbuch, das Königsteiner
Liederbuch, das Liederbuch der Anna von Köln und das Liederbuch des Johannes
Heer von Glarus sind in diesem Zusammenhang zu nennen.
Vieles bleibt immer noch zu tun, besonders was das 16. und 17. Jahrhundert
anbelangt. Der mit Handschriften so reich versehene Nachlaß von K a r l S c h u l t e
K e m m i n g h a u s e n enthält noch manche ungehobene Schätze zur westfälischen
Liedgeschichte, z.B. die Quarthandschrift von 1579 aus einem aufgehobenen
Nonnenkloster. Noch immer warten so wichtige Liederhandschriften wie die des
Augsburgers Valentin Holl von 1525 (im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg)
oder
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
10
die der Brüder Helmstorff von 1569/1575 (Berlin, Mgq 402) auf ihre Auswertung
bzw. Edition, ganz abgesehen davon, daß Arthur Kopp die Berliner
Liederhandschriften aus dem Meusebach-Nachlaß ja nicht ediert, sondern unter
Beschränkung auf die Veröffentlichung weniger Textproben nur beschrieben hat.
Der heutigen Forschung geht es nicht lediglich um die Erschließung neuer
handschriftlich überlieferter Texte. Für sie stellen Liederhandschriften die wichtigsten
Indikatoren für das Studium der Tradierungsprozesse des Liedes und seiner
sozio-kulturellen Schichtung in der frühen Neuzeit dar. An den historischen
Liederhandschriften lassen sich aktuelle Forschungsansätze realisieren, die um
Begriffe wie Variabilität, Umformung, Vermittlung, Tradieren, Rezeption, Aneignung
usw. kreisen. Lebens- und Überlieferungsbedingungen von Liedern im Spiegel ihrer
handschriftlichen Tradierung und im Wechselverhältnis zur gleichzeitigen, durch
den Buchdruck fixierten Parallelüberlieferung sind Fragen, denen sich aktuelle
Liedforschung mehr und mehr zuwendet, indem sie Erkenntnisse aus der
Untersuchung neuzeitlicher Liedtraditionen auf historische Quellenbereiche
anzuwenden versucht.
Von hier aus betrachtet stellen sich uns die bisher bekannten Liederhandschriften
des 16. Jahrhunderts vielfach in neuem Lichte dar. Die von Ludwig Uhland bis zu
Arthur Kopp reichende Forschungsrichtung war eine literaturwissenschaftlich und
literaturästhetisch interessierte Handschriftenkunde und alles andere als eine
volkskundliche Quellenforschung. Infolgedessen dominierte das Interesse an jenen
Handschriftendokumenten, in denen der Forscher sprachlich ‘einwandfreie’ und
formal vollständig tradierte Texte vorfand. Und so ist es kein Wunder, daß die
wichtigste Edition, die Arthur Kopp vorlegte, mit der Heidelberger Handschrift Pal.
343 (Mitte des 16. Jahrhunderts) eine Quelle mit einem unvergleichlich ‘gepflegten’
Traditionszustand betraf. Fast ein Jahrhundert zuvor hatte bereits J o s e p h G ö r r e s
den hohen Wert dieser Quelle erkannt. Spätestens seit Arthur Kopp unterscheidet
die germanistische Handschriftenforschung bezüglich der nachmittelalterlichen
Liedquellen zwischen erstklassigen Handschriften vom Typus der Hs. Pal. 343 und
zweitklassigen Handschriften mit ‘verwilderter’, angeblich großteils unbrauchbarer
Textüberlieferung. Diese Zweiteilung läßt sich unschwer mit einigen Zitaten aus den
Handschriftenstudien von Arthur Kopp unter Beweis stellen. Zu der vom Niederrhein
bzw. aus den Niederlanden stammenden Liederhandschrift aus dem Jahre 1568 (Mgf
752) heißt es beispielsweise: ‘Alle bestandteile jedoch von dieser handschrift sind
in höchst verwahrloster form überliefert und erscheinen meist in so fragwürdiger
gestalt, daß es nur selten verlohnt, sich um den genauen wortlaut zu kümmern, daß
man schwerlich für ein lied diesen Text zur grundlage eines neudrucks wählen darf,
sondern bei der durcharbeitung der handschrift die hauptaufgabe darin sehen wird,
für die lieder andre fundstellen nachzuweisen, woneben dann die fassung dieser
handschrift gelegentlich aushilfsweise in betracht kommen mag’1.
An einer anderen Stelle bezweifelt Kopp sogar den Quellenwert von
Liederhandschriften aus dieser Zeit für mundartkundliche Untersuchungen, wenn er
schreibt:
1
Mgf 752, S. 508. Zur Auflösung der in der Einführung und im Kommentar einheitlich
verwendeten Abkürzungen bzw. Sigel der Handschriften bzw. der Literatur s. das Literaturund
Sigelverzeichnis S. 269-275.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
11
‘Es würde nahe liegen, die Handschrift für die Zwecke mundartlicher Forschung
vorzugsweise geeignet zu schätzen; wenn man aber genauer zusieht, so gewinnt man
die Überzeugung, daß diese verwahrlosten Liederhandschriften, bei denen in
Schreibung und Sprache die denkbar größte Verwilderung, Willkür, Fehlerhaftigkeit
und Buntscheckigkeit herrscht, ganz und gar untauglich sind, als Grundlage für
sprachliche Forschungen irgend welcher Art zu dienen. Birlinger hat sich in dieser
Hinsicht viele, jedoch wohl vergebliche Mühe gemacht, wenn er versuchte, die kleine
Liederhandschrift der Fenchlerin für die Grammatik zu verwerten; größer könnte
der Nutzen von seiner Veröffentlichung sein, wenn er alle Sorgfalt und alle Mühe
lediglich an die literarhistorisch-kritische Behandlung verwandt hätte. Neben sorgfältig
gedruckten Büchern oder schriftlichen Denkmälern amtlichen Ursprungs oder von
bewährten Verfassern können solche von ungebildeten Schreibern um Sold möglichst
rasch ohne jedes Verständnis heruntergeschmierten Liederhandschriften, zumal wenn
es sich dabei nur um volkstümliche, nach mündlicher Überlieferung oder schlechten
Vorlagen aufgezeichnete, schon ohnehin grundverdorbene Fassungen handelt, kaum
außer allenfalls bei dieser oder jener Einzelheit aushilfsweise in Betracht kommen’2.
Dieser Standpunkt Kopps, der von einer starken Mißachtung der Gesetzmäßigkeiten
und Bedingungen von Textvermittlung in oraler Kommunikationssphäre zeugt, kann
heute nicht mehr der unsere sein. Für uns ist der Grad der Variation eines Textes
gegenüber älteren Vorbildern ein Gradmesser für die Intensität des mündlichen
Umlaufs und der daraus zu erschließenden Handhabung von Liedtexten im praktischen
Gebrauch. Nicht jede Abweichung eines Textes aus der Sphäre handschriftlicher
Liedüberlieferung von den bisher bekannten Textzeugen wird demnach automatisch
als Verderbnis gekennzeichnet. Die positiven, kreativen Leistungen beim Umsingungsund Aneignungsprozeß werden heute beim Fassungsvergleich nicht länger geleugnet.
Dazu P. S a p p l e r in seiner Einleitung zur Edition des ‘Königsteiner Liederbuches’
(ca. 1470-1473): ‘Ist das Ergebnis derartiger Veränderungen nicht wesentlich
schlechter als der frühere Zustand, entspricht - anders gesagt - eine Stelle, bei welcher
der Verdacht besteht, sie sei nicht in der ursprünglichen Gestalt überliefert, dem,
was man auf Grund hinreichender Erfahrungen von einem solchen Lied billig fordern
darf, so sollen diese Veränderungen als tragbar gelten und nicht als Verderbnisse
betrachtet werden. Diese Bestimmung hat den Zweck, vor allzu kleinlichem Mißtrauen
zu bewahren und es vor allem zu gestatten, dem Eigenwert der durch absichtliche
oder unabsichtliche Umdichtung entstandenen neuen Fassungen gerecht zu werden’3.
Der sog. ‘schlechte Überlieferungszustand’ einer Liederhandschrift stellt somit
heute keine Abschreckung für den Forscher, sondern vielmehr eine Herausforderung
dar, durch die Analyse des jeweiligen Überlieferungszustandes zu Einsichten in den
Überlieferungsprozeß zu gelangen, dem die Liedtexte wie alle kulturalen
Objektivationen bei ihrer Vermittlung zwischen Individuen oder sozialen Gruppen
unter-
2
3
Mgq 612, S. 503-504.
Sappler S. 9.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
12
lagen. Die Liedforschung macht sich damit Forderungen zu eigen, wie sie
beispielsweise von G ü n t e r W i e g e l m a n n für die europäische Ethnologie
allgemein formuliert worden sind, nämlich ‘die Objekte der Kultur einheitlich auf
Prozesse zurückzuführen, auf Handlungen, auf das Hin und Her der Meinungen, auf
die Realisierung des Kulturellen im Lebensvollzug ... Daraus folgt für die
Forschungspraxis, daß der Schwerpunkt verlagert werden muß auf die Analyse der
Realisierungsprozesse’4. Ältere Liederhandschriften stellen in diesem Sinne
hervorragende Objekte für die volkskundliche Forschungspraxis dar, da sie Einsichten
in Prozesse ermöglichen, die der älteren literatur-ästhetisch orientierten Textforschung
im gleichen Maße nicht möglich waren. In diesen Prozessen fassen wir vor allem
die einzelnen Schreiber als Persönlichkeiten, als Überlieferungsträger in ihren
raumzeitlichen, sozialen, kulturalen, regionalen und sprachlichen Bindungen. Die
hier vorzustellende Darfelder Liederhandschrift gehört in das Spannungsfeld zwischen
Nord und Süd bzw. West und Ost um die Mitte des 16. Jahrhunderts, sie kann uns
als Spiegel dienen für das Aufeinanderprallen verschiedener Kulturströmungen in
den Landschaften Westfalens und des Niederrheins, sie ist ein erregendes Dokument
für die zur zeit ihrer Entstehung in diesen Landschaften sich ereignenden Prozesse
des Vordringens und Austauschs von Sprach- und Kulturelementen.
2. Die Handschrift in der bisherigen Forschung
Der Herausgeber der vorliegenden Edition arbeitet seit Jahren an der Aufgabe, den
von ihm betreuten Gesamtkatalog der älteren deutschen Liedüberlieferungen im
Deutschen Volksliedarchiv zu einem zentralen und umfassenden Dokumentationsund Auskunftsinstrument auszubauen. Im Rahmen der damit verbundenen Arbeiten
zur Erschließung einschlägiger Bestände an Drucken und Handschriften5 vor 1800
wandte sich seine Aufmerksamkeit auch jener Gruppe von hoch- und
mittelniederdeutschen Liederhandschriften der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts zu, die
durch A r t h u r K o p p und P a u l A l p e r s der Forschung zugänglich gemacht
worden waren und die durch Repertoire, Sprachstand und sonstiges Beiwerk starke
innere Bezüge zueinander erkennen lassen. Gemeint sind die Berliner
Liederhandschriften Mgf 752, Mgf 753, Mgq 612 und die Benckhäuser
Liederhandschrift. Im Zusammenhang damit fiel sein Augenmerk bereits in den 60er
Jahren auf eine weitere mittelniederdeutsche Quelle, die sog. Darfelder
Liederhandschrift, benannt nach
4
5
Günter Wiegelmann, Theoretische Konzepte der europäischen Ethnologie. In: Zeitschrift für
Volkskunde 68 (1972) 196-212, hier 207.
Im Zusammenhang mit der Erschließung von Volksliedhandschriften konnte der Verf. bereits
Abhandlungen und Editionen zu Quellenfunden des 17. und 18. Jahrhunderts vorlegen: s.
Rolf Wilh. Brednich. Das Reutlingersche Sammelwerk im Stadtarchiv Überlingen als
volkskundliche Quelle. In: JbfVlf 10 (1965) 42-84; Die Rastatter Liederhandschrift von
1769. In: JbfVlf 13 (1968) 26-58; (gemeinsam mit Wolfgang Suppan): Die Ebermannstädter
Liederhandschrift, geschrieben um 1750 von Frantz Melchior Freytag, Schulrektor zu
Ebermannstadt (Staatsbibl. Bamberg Msc. misc. 58oa), Kulmbach 1972 (Die Plassenburg,
31).
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
13
ihrem jetzigen Aufbewahrungsort im Archiv der Grafen von Droste-Vischering auf
Schloß Darfeld in Westfalen. Die Handschrift war durch eine wissenschaftliche
Beschreibung und Charakterisierung (s. unten) der Forschung bekannt gemacht
worden, die Texte selbst harrten jedoch der Publikation. Wieder einmal hatte sich
bestätigt, was C o n r a d B o r c h l i n g Jahrzehnte zuvor angesichts seiner Erfahrungen
mit mittelniederdeutschen Quellen so formuliert hatte: ‘Wenn auch die
mittelniederdeutsche Litteratur, zumal in ihren poetischen Denkmälern, niemals die
hohe Bedeutung der reicheren mittelhochdeutschen Litteratur erreicht hat, so ist doch
das geringe Maß von Beachtung, das sie noch bis heute überall findet, zu einem
großen Teile nur eine Folge der mangelhaften Ausnutzung des handschriftlichen
mittelniederdeutschen Quellenmaterials’.6.
Die erste Beschreibung der Darfelder Liederhandschrift geht auf den Historiker
L. S c h m i t z - K a l l e n b e r g zurück. Allerdings sah er das Dokument noch mit den
Augen des Historikers, so daß seine knappe Deskription den Wert der Quelle für die
Liedforschung nicht erkennen läßt und überhaupt der Handschrift wenig angemessen
erscheint. Die Hinzuziehung eines Sprach- oder Literaturwissenschaftlers etwa vom
Range eines Conrad Borchling hätte in diesem frühen Stadium nach der Auffindung
der Handschrift zweifellos eine frühere Einführung dieser Quelle in die Liedforschung
begünstigt. Ein solcher Kontakt unterblieb aber, so daß in das Inventar der
nichtstaatlichen Archive des Kreises Coesfeld 1904 nur einige für den Historiker
relevante Daten zu dieser Handschrift Eingang fanden:
‘Archiv der Domherren Droste. Darfeld, Schloß (Droste'sche Archive).
C. Handschriften.
1. in fol. Lederband, Papier, Mitte des 16. Jahrhunderts; auf Vorblatt:
“Kathryna von Bronchorst und Batenborch dochter zu Hónnepel”, reich
verziert; auf den ersten vier Blättern auf jeder Seite 2 Wappen in Farben;
dann folgt eine Ballade von dem unschuldig gestorbenen König Ludwig
von Ungarn: “Frolich, so willen wyr singen...” Unterzeichnet von dem
Verfasser [!] B. v. Brederode; ist Stammbuch mit eigenhändigen
Eintragungen der verschiedensten Adligen usw.
Steht ganz vereinzelt unter den sonstigen Archivalien auf Schloß Darfeld’7.
Nach diesem ersten Hinweis auf Liedüberlieferung (Ballade!) in einer Handschrift
auf Schloß Darfeld vergingen nochmals 23 Jahre, ehe sich neues Interesse diesem
Dokument zuwandte. In das Verdienst der Entdeckung der Darfelder Liederhandschrift
für die Forschung teilen sich der frühere Stadsarchivar von Münster i. W., Dr.
E d u a r d S c h u l t e , und der zunächst in Münster, später in Berlin lehrende
Germanist Professor Dr. A r t h u r H ü b n e r . Der Archivar legte dem Sprach- und
6
7
C. Borchling, Mittelniederdeutsche Handschriften in Norddeutschland und den Niederlanden.
1. Reisebericht. In: Nachrichten von der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu
Göttingen 1 (1899) 79-316, hier 79.
Ludwig Schmitz-Kallenberg (Bearb.), Inventare der Nichtstaatlichen Archive des
Kreises Coesfeld, Münster 1904, S. 119.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Literaturhistoriker, der sich einige Jahre zuvor mit seinem wichtigen Buch über ‘Die
deutschen Geißlerlieder’7a in der Liedforschung profiliert hatte, zu Anfang des Jahres
7a Arthur Hübner, Die deutschen Geißlerlieder. Studien zum geistlichen Volksliede des
Mittelalters, Berlin und Leipzig 1931; vgl. auch ders., Die Lieder der Heimat, Breslau 1926
(Der Heimatforscher, 4).
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
14
1927 einige Abschriften aus der Handschrift vor und reizte damit den Liedforscher
zu näherer Beschäftigung mit der Handschrift an.
Arthur Hübner ließ sich daraufhin auf Vermittlung von Eduard Schulte beim
Besitzer der Handschrift Kopien anfertigen und befaßte sich eine kürzere Zeit mit
der Quelle. Schon am 7. Juni 1927 war Hübner in der Lage, auf der
Pfingstversammlung des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung in Soest einen
fundierten Bericht über ‘Eine neue niederrheinisch-westfälische Liederhandschrift
aus dem 16. Jahrhundert’ vorzulegen. Dieser Bericht erschien zwei Jahre später im
Druck8. Der 11 Seiten umfassende Aufsatz würdigte zum ersten Mal die Darfelder
Liederhandschrift in ihrer wahren Bedeutung für Sprach- und Literaturwissenschaft,
für die Liedforschung und auch ganz allgemein für die Kultur- und Familiengeschichte
des Niederrheins und Westfalens. Mit Hübners Einführung in die Darfelder
Liederhandschrift lag eine die wichtigsten Probleme aufgreifende Darstellung vor.
Die kurze Abhandlung war es, die den Herausgeber zum ersten Mal auf die Darfelder
Handschrift aufmerksam werden ließ. Durch diese konzise Veröffentlichung war ein
nicht unwichtiger Teil der Vorarbeit für die Edition der Handschrift geleistet. Die
Dankbarkeit, die die heutige Liedforschung dem Berliner Gelehrten schuldet, sei mit
der Nennung seines Namens auf dem Titelblatt dieser Ausgabe zum Ausdruck
gebracht. Ergänzend sei erwähnt, daß Arthur Hübner die Darfelder Liederhandschrift
mit dem gleichen Vortrag auch im Kreise der Berliner Volkskunde bekannt machte.
Hübner, der aus Berlin stammte und 1924-1927 in Münster gewirkt hatte, war im
Jahr seiner Beschäftigung mit der Darfelder Liederhandschrift an die Universität
Berlin zurückberufen worden. Am 9. Dezember 1927 berichtete er in einer Sitzung
des Berliner Vereins für Volkskunde über die Handschrift. Der Vortrag wurde von
H e r m a n n K ü g l e r in der Zeitschrift für Volkskunde folgendermaßen
zusammengefaßt:
‘Herr Prof. Dr. Arthur Hübner sprach über eine neuentdeckte
Liederhandschrift, die sich im Besitze des Grafen von Droste-Vischering
zu Darfeld befindet und 1540 von Katharina von Bronchorst und Battenberg
auf Honnepel, Gattin des Balthasar von Brederode, angelegt ist. Sie diente
der Besitzerin zugleich als Stammbuch, und die aus den Jahren 1546-1565
herrührenden, mit vielen Wappenbildern versehenen Eintragungen führen
uns in die Kreise des westfälischen und niederländischen Adels, in denen
sich, wie auch die Sprachmischung zeigt, mehrere Kulturströme treffen.
Die Lieder, über 100 an der Zahl, sind offenbar aus dem Gedächtnis
aufgeschrieben und zeigen ein etwas vornehmeres Niveau als das
bürgerliche Ambraser Liederbuch; neben einigen Landsknechtsliedern
und einer Auslegung des Würfelspiels erscheinen Liebes- und
Gesellschaftslieder aller Art. Persönlichen Reiz bieten die 60 angehängten
z.T. lateinischen und französischen Gedenksprüche’9.
8
9
Hübner I.
Hermann Kügler, Aus den Sitzungsberichten des Vereins für Volkskunde. Sitzung
vom 9. Dezember 1927. In: Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 37/38 (1927/28)
302-303.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Die Liederhandschrift hatte durch die Arbeiten von Arthur Hübner ihre raumzeitliche
Festlegung erfahren, die Bedeutung der darin enthaltenen Textüberlieferungen stand
fortan außer jedem Zweifel, und selbstredend konnten diese Vor-
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
15
berichte keinen Ersatz für eine vollständige kritische Edition darstellen, wie denn
der Autor seinen begeisterten Bericht über die Vielseitigkeit der Handschrift mit den
Worten abschloß: ‘Aber all das sind Dinge, denen sich mit Worten kaum mehr
nachkommen läßt. Wer sich daran erfreuen will, muß zu der Handschrift selber
greifen’10. Da naturgemäß ein solch wertvolles Dokument im Privatbesitz nicht zu
öffentlicher Benutzung freigestellt werden kann, lag der Gedanke an eine vollständige
Ausgabe nahe. Hübner plante denn auch eine wissenschaftliche Edition im Rahmen
der von ihm selbst betreuten Publikationsreihe ‘Deutsche Texte des Mittelalters’ der
Preußischen Akademie der Wissenschaften. Seine zunehmenden Verpflichtungen
an der Berliner Universität ließen ihm zu dieser langwierigen Aufgabe jedoch nicht
ausreichend Zeit. Was er in einem kleinen Beitrag zur 1929 erschienenen Festschrift
für Karl Wagenfeld vorlegen konnte, waren lediglich einige kurze Proben von Liedern
und Sprüchen der Darfelder Handschrift11.
Auf der Suche nach Unterstützung bei dem Vorhaben einer Gesamtedition
interessierte er eine seiner begabtesten Schülerinnen, A d a -E l i s e B e c k m a n n ,
g e b . G r u b e , für die Probleme der älteren deutschen Liedforschung und betraute
sie mit einem Dissertationsthema, das einen Teil der erforderlichen Vorarbeiten
beinhalten sollte. Die Dissertation wurde mit der Promotion am 11. Juli 1941 in
Berlin abgeschlossen. Sie ist der Liedforschung bisher völlig unbekannt geblieben,
da sie infolge der Kriegsereignisse nicht zum Druck gelangen konnte. Erst durch
einen brieflichen Hinweis von Prof. Dr. H a n s N e u m a n n , dem Präsidenten der
Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, erfuhren wir von der Existenz der
Dissertation. Die Autorin hatte nach dem Zweiten Weltkrieg in Zusammenarbeit mit
der Göttinger Akademie den Plan zur Veröffentlichung gefaßt, war jedoch im
September 1968 verstorben, ohne diese Arbeiten zu einem Abschluß bringen zu
können. Ihre sämtlichen Unterlagen sowie eine vollständige Abschrift der Texte der
Liederhandschrift waren ihr im Krieg verloren gegangen. Von ihrer Dissertation
blieb durch einen großen Glücksfall ein einziges Exemplar erhalten. Das Manuskript
der Arbeit war im Jahre 1940 in der Druckerei von C. Schulze in
Gräfenhainichen/Sachsen gesetzt worden. Infolge der unsicheren Verhältnisse
unterblieben jedoch der Korrekturvorgang und der Reindruck. Ein unkorrigiertes
Exemplar der Umbruchkorrektur ist im Besitz von Herrn Dr. B e r n h a r d
B e c k m a n n in Berlin erhalten geblieben. Er stellte es bereitwilligerweise für die
Vorarbeiten an der nunmehr vom jetzigen Herausgeber in die Wege geleiteten Edition
zur Verfügung.
Die Dissertation von A.-E. Beckmann umfaßt 125 Druckseiten. Die Aufgabe der
Verfasserin bestand darin, den Text von 25 Liedern der Handschrift druckfertig
herzustellen, mit kritischem Apparat zu versehen, ferner in einer Einleitung auf
allgemeine Probleme der Handschrift und der Liedforschung einzugehen. Da Berlin
mit den großartigen Handschriftenbeständen seiner Staatsbibliothek ein
außerordentlich günstiger Platz für vergleichende Liedforschungen dieser Art war
und da A.-E. Beckmann mit gutem philologischem Rüstzeug die Aufgabe anpackte,
ist die von ihr er-
10
11
Hübner I, S. 47.
Hübner II.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
16
brachte Leistung als hervorragend zu bezeichnen. Allerdings lassen sich die Kriterien,
nach denen die 25 Liedtexte aus der Handschrift für die Bearbeitung ausgewählt
wurden, heute nicht mehr erkennen. Es hätte wohl noch dreier weiterer Dissertationen
dieser Art bedurft, ehe Arthur Hübner die vollständigen Texte des Darfelder
Liederbuches in kritischer Bearbeitung vorgelegen hätten. Wir haben die uns zur
Verfügung gestellte Dissertation benutzt zur Kollation der 25 Liedtexte, wobei wir
allerdings in zahlreichen Fällen von der Lesung der Verfasserin abweichen mußten,
da sie sich offenbar nur auf zeitbedingt mangelhafte Kopien stützen konnte und nicht
in die Lage versetzt war, ihre Transkriptionen an der Originalhandschrift zu
überprüfen, die sie nie zu Gesicht bekommen hat. Die Kommentare bei A.-E.
Beckmann bestehen großteils aus recht weitausholenden Monographien zu den
untersuchten Liedern, die für die Zwecke der von uns gewählten knappen
Kommentierung nicht brauchbar erschienen. Die einleitende Abhandlung der
Dissertation besitzt ihren Schwerpunkt in der Analyse der verwandtschaftlichen
Beziehungen der Besitzerin des Liederbuches mit den Adelshäusern in
Norddeutschland, den Niederlanden etc. Der hier aufgebrachte Forscherfleiß soll
dadurch Anerkennung finden, daß wir den die sog. Wappenbücher betreffenden Teil
der Arbeit in die Einleitung der vorliegenden Edition übernehmen (s. unten S. 41-45),
die deshalb auch den Namen der Berliner Verfasserin auf dem Titelblatt trägt.
3. Beschreibung der Handschrift
Die Darfelder Liederhandschrift befindet sich im Gräflich Droste zu Vischering'-schen
Archiv auf Schloß Darfeld in Westfalen und hat folgende Signatur: ‘Archiv der
Domherren Droste, C. Handschriften, 1.’ Es handelt sich um einen hochformatigen
Band in Holzdeckeln, an den Seiten abgeschrägt, mit braunem Leder überzogen. Der
Einband hat ein Format von 34 × 20,5 cm. Vorder- und Rückendeckel sind
übereinstimmend mit hochrechteckiger Randeinfassung versehen, gebildet durch ein
ornamentales Band (Rollenstempel) mit der wiederholt auftretenden Jahreszahl 1540.
Ein kleineres, in der Mitte des Deckels befindliches hochrechteckiges Feld wird von
den gleichen Bändern begrenzt und ist mit dem äußeren Band durch mit dem
Stricheisen gezogene Diagonalstriche verbunden. Zwischen den beiden Bändern und
im freien Mittelfeld finden sich weitere Einzelstempel, Stempel mit Rosetten,
Palmetten und Kronenwappen. Die einfachen Messingbeschläge sind noch vorhanden;
von den beiden für das Verschließen des Bandes vorgesehenen Lederriemen ist nur
der obere erhalten, der untere ist abgerissen.
Für die Handschrift ist ein und dasselbe Papier vom Format 32,5 × 20 cm
verwendet worden. Die Bestimmung der Lagen, die nach den Anweisungen von
Kirchner12 vorgenommen wurde, führte zu dem Ergebnis, daß die Darfelder
Liederhandschrift aus 14 Lagen von sehr unterschiedlichem Umfang besteht. Am
häufigsten sind Ternionen (5), Quarternionen und Sexternionen (je 3) verwendet
worden. Die
12
Kirchner S. 14-15.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
17
folgende Formel gibt den Aufbau der Liederhandschrift aus den einzelnen Lagen
(unter Hinweis auf die jeweiligen Blattzahlen in Klammern) an:
2 IV (15) + II (20) + 4 III (43) + IV (51) + (IV - 1) (62) + VI (74) + III
(80) + VI (92) + (X - 3) (109) + II (113).
Daraus ergibt sich eine Blattzahl von 113. Insgesamt 4 Blätter sind durch Herausreißen
verlorengegangen. Da die Eintragungen vielfach nur eine Seite der Handschrift
einnehmen, läßt sich heute nicht mehr entscheiden, ob durch den Verlust dieser Seiten
Textverluste eingetreten sind. Textfragmente wurden durch diese ausgerissenen
Seiten jedenfalls nicht hervorgerufen.
Die Handschrift ist im 20. Jahrhundert am rechten oberen Rand von einem
Bibliothekar mit einer Foliierung versehen worden, die von Bl. 1 ro - 113 ro reicht.
Dabei sind unbeschriebene Blätter mitgezählt worden. Außerdem sind alle
Recto-Seiten der Handschrift oben rechts mit einem kleinen Wappenstempel mit der
Bezeichnung ‘Archiv Darfeld’ versehen worden. Die Spiegelblätter bestehen ebenfalls
aus Papier, das vordere ist mit mehreren Widmungen versehen. Die beiden
Spiegelblätter gehören jeweils zur ersten und letzten Lage. Die Handschrift besitzt
demnach 226 Seiten. Davon sind 146 beschrieben, 80 blieben leer. Der beschriebene
Raum wechselt bei den einzelnen Schreibern sehr stark. Bei der Haupthand auf Bl.
29 ro - 17 ro ist der Schriftspiegel durchschnittlich 24 × 14 cm.
Das einzige Wasserzeichen, das in der Handschrift vorkommt, liegt vielfach im
Falz, läßt sich aber an vielen Stellen auch vollständig erkennen und mühelos
durchzeichnen. Es handelt sich um ein Kronenwasserzeichen mit einem Kreuz als
Bekrönung. Die unter Mithilfe der Forschungsstelle für Papiergeschichte am
Gutenberg-Museum in Mainz vorgenommene Bestimmung des Wasserzeichens
ergab eine Identität mit Typus Nr. 5007 bei C.M. Briquet13. Das zugehörige Papier
wird für folgende Orte nachgewiesen: Mainz 1523, Würzburg, Osnabrück 1532-1533,
Münster 1535, Wolbeck 1541. In dem Findbuch der Stuttgarter Wasserzeichenkartei
von G. Piccard14 wird das gleiche Zeidien in Abt. VIII, Nr. 4, S. 108 nachgewiesen.
Als Herkunftsort des Papiers wird Basel genannt. Nach W. Fr. Tschudin15 kommt
als Erzeuger in Basel um die genannte Zeit am ehesten der Papiermacher Jerk Dyr
[= Dürr] in Frage.
Als Schreibstoff hat durchgehend Tinte in wechselnden Schattierungen Verwendung
gefunden, der Farbton ist meistens schwarzgrau bis schwarz, bei der Haupthand von
Bl. 29 ro - 37 ro hat die Tinte eine leicht bräunliche Färbung. Eine Ausnahme stellt
Bl. 18 vo dar, wo eine späte Schreibprobe aus dem Jahre 1582 mit Bleistift eingetragen
worden ist.
13
14
15
C.M. Briquet, Les Filigranes. Dictionnaire Historique des Marques du Papier, Bd. 2, 2. Aufl.
Leipzig 1923, Nr. 5007.
Gerhard Piccard, Die Kronen-Wasserzeichen. Findbuch I der Wasserzeichenkartei Piccard
im Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Stuttgart 1961 (Veröffentlichungen der Staatlichen
Archiv-verwaltung Baden-Württemberg, Sonderreihe), S. 30, 41, 108.
W. Fr. Tschudin, The Ancient Paper-Mills of Basle and Their Water Marks, Hilversum 1958
(Monumenta chartae papyraceae historiam illustrantia, VIII), S. 214, Nr. 405, S. 228.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Über die verwendeten Schriftarten läßt sich schwer etwas Zusammenfassendes
aussagen. Bei einer Zahl von 55 verschiedenen Händen ist es nahezu
selbstverständlich,
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
18
daß infolge des unterschiedlichen Alters und Bildungsstandes und der verschiedenen
geographischen Herkunft der Schreiber eine recht bunte Vielfalt von Schriften
auftaucht. Die Bastarda, mehr oder weniger zur Kursive neigend, herrscht vor; einige
Eintragungen holländischer Provenienz (z.B. D 17, 18, 41, ferner 79, 80, 83) weichen
vom allgemeinen Bild ab und weisen einen älteren Duktus mit Brechungen ähnlich
wie dem in der gotischen Fraktur des 15. Jahrhunderts auf. Die im Anhang
beigegebenen Faksimileproben sollen einen Eindruck vom Erscheinungsbild der
Handschrift vermitteln.
Der Erhaltungszustand der Handschrift ist allgemein gut zu nennen; es sind nur
wenige Gebrauchsspuren, Fettflecken, Tintenkleckse und Stockflecken usw.
festzustellen. Allerdings ist durch Wurmfraß im Inneren des Bandes einiger Schaden
verursacht worden, besonders auf den Bll. 62-86, wodurch z.T. geringfügige
Buchstabenverluste eingetreten sind.
4. Lokalisierung und Datierung.
Die Besitzerin der Handschrift und der Kreis der Mitarbeiter
Das in den 30er Jahren des 16. Jahrhunderts im oberdeutschen Gebiet, wahrscheinlich
in Basel geschöpfte Papier mit dem Kronenwasserzeichen ist 1540 mit einem
repräsentativen Leder-Renaissanceeinband versehen worden. Es dauerte nochmals
einige Jahre, bis der fertiggestellte Band seiner endgültigen Bestimmung als
Liederbuch zugeführt wurde. Auf dem Titelblatt (s. Abb. 1) nennt sich die Besitzerin
Kathryna von Bronchorst und Batenborch Dochter zu Hónnepel. Sie gehört also
einem Adelsgeschlecht an, über welches Kneschkes Adels-Lexicon folgende Auskunft
erteilt: ‘Bronchorst, Freiherren und Grafen. Altes, niederländisches Freiherren- und
Grafengeschlecht, dessen gleichnamiges Stammschloß nebst Städtchen und Herrschaft
zwischen Zütphen und Duisburg lag. Im 15. Jahrhundert erwarb das Geschlecht auch
die Grafschaft Gronsfeld im Herzogthum Limburg und nannte sich nach derselben...
Der Mannesstamm der die Herrschaften Bronchorst und Gronsfeld inne habenden
Grafen von Bronchorst und Gronsfeld erlosch 1553...16. Die Besitzerin Katharina
gehört allerdings nicht zu dieser Hauptlinie, sondern einer Seitenlinie des Geschlechtes
an, die sich im 14. Jahrhundert abzweigte und mit ihrem Besitz weiter im Süden
beheimatet war. ‘Ihre Glieder erscheinen seit Ende des 14. Jahrhunderts als Herren
zu Batenborg und Anholt: Batenborg an der Maas, noch im Geldrischen, und Anholt
schon auf heute westfälischem Boden gelegen. Der Zweig, der auf Honnepel saß,
führt uns in den nürdlichen Zipfel der Rheinprovinz: im Kreis Rees liegt heute noch
ein Ort namens Empel. Das Glück will, daß sich die Besitzerin des Stammbuches
genealogisch genau ausmachen läßt. Wenn nicht alles täuscht, war diese Katharina
die Tochter des Diedrich, Herrn zu Honnepel, und der Elisabeth von
Limburg-Stirum’17. Leider fanden sich unter den von A. Hübner herangezogenen
16
17
Kneschke Bd. 1, S. 88.
Hübner I, S. 40.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
19
Archivalien keine genauen chronologischen Angaben über das Leben von Katharina,
so daß wir auf Schlüsse und Vermutungen angewiesen sind. Fest steht, daß sie die
älteste der Töchter Diedrichs von Bronckhorst-Battenburg war.
Zur Zeit, als Katharina den Band zum Geschenk erhielt, wird sie wohl noch
unverheiratet gewesen sein. Der Lederband, den sie mit jungen Jahren als Präsent
erhielt, war mit 38 Wappendarstellungen (s. unten) ausgemalt, die restlichen Seiten
waren leer und mußten nun einer Verwendung zugeführt werden. Katharina entschloß
sich zu einer Benutzung des Bandes als Liederbuch. Zu den wichtigsten Erkenntnissen
längerer Beschäftigung mit der Quelle gehört, daß die Besitzerin des Bandes selbst
den Grundstock zu einem Liederbuch gelegt hat, indem sie einen Teil des Raumes
zwischen den beiden Wappenbüchern fortlaufend mit Liedern beschrieb, insgesamt
mit 19 Texten. Diese Einsicht in den Aufbau der Liederhandschrift fehlt bei Hübner
und Beckmann noch, wo die von Bl. 29 ro - 37 ro vertretene Hand für die eines
professionellen Schreibers gehalten wird. Der Schriftvergleich ergibt ferner, daß
auch D 16 (Abb. 5) auf Katharina zurückgeht18. Dieses Lied ist ebenso wie D 40, das
letzte Lied der zusammengehörigen Texte D 22-40, auf das Jahr 1546 datiert. Dieses
Jahr kann demnach als das Datum gelten, an dem die Liederhandschrift durch ihre
Besitzerin angelegt worden ist. Ältere Daten finden sich in der Handschrift nicht abgesehen vom 1540 datierten Rollenstempel auf dem Einband. Katharina beschließt
ihre Eintragungen auf Bl. 37 ro (Abb. 7) mit dem französischen Geständnis perdonne
Jeunnesse, was als Bestätigung dafür aufgefaßt werden kann, daß die Schreiberin
zur Zeit der Niederschrift dieses kleinen Liederrepertoires noch recht jung gewesen
sein wird.
Mit dem Eintrag von Liedtexten war die Richtung angegeben, in der dieser Band
künftig benutzt werden sollte. Die Sammlung bedurfte der Erweiterung. Was dies
betrifft, so hatte das Adelsfräulein auf Hönnepel am Niederrhein eine Eingebung,
die zu ihrer Zeit wohl durchaus noch das Prädikat der Einmaligkeit beanspruchen
kann: Sie bat Verwandte, Freunde und sonstige Besucher des Schlosses um die
Widmung eines Liedtextes. Es ist eine äußerst reizvolle Idee, sich auf diese Art das
Wachsen und Werden eines Liederbuches vorzustellen. Das Endergebnis ist das erste
Liederstammbuch in der deutschen Geschichte. Die Beteiligten waren aufgerufen,
sich statt mit den sonst üblichen Stammbuchversen oder -sprüchen mit einem Liedtext
zu verewigen. Daß sie dieser Aufforderung folgten, aber gleichzeitig das im
traditionellen Stammbuch übliche Formelgut mit Namen, Daten und Zeichnungen
hinterließen, macht die Darfelder Liederhandschrift zu einem in vieler Hinsicht
neuartigen und höchst bemerkenswerten Dokument sowohl für die Liedforschung
als auch für die an Stammbüchern und ähnlichen Familiendokumenten interessierte
Kultur- und Regionalforschung.
Insgesamt 55 verschiedene Hände haben sich bei der Abfassung des Liederbuches
beteiligt, 43 davon haben ihre Namen oder zumindest ihre Initialien genannt,
18
Der Leser kann diese Tatsachen durch den Vergleich der Abb. 1, 5 und 7 selbst nachprüfen.
Ihm wird dabei auch die Vorliebe der Schreiberin für zeichnerische Spielereien auffallen,
ein weiteres untrügliches Indiz dafür, daß alle diese Teile der Hs. den gleidien Urheber haben.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
20
12 Schriften sind ganz ohne jedes zur Aufklärung heranziehbare Detail überliefert19.
Von den 106 Liedern sind 55, also mehr als die Hälfte datiert. Zunächst einmal waren
es die Familienangehörigen selbst, die mit teilweise reichhaltigen Beiträgen
hervortraten. Da ist ihre Schwester Elisabeth (Elsbet oder Elsabet) mit vier Liedern
zwischen 1548 und 1550 (D 12, 19, 21, 46), bei der ebenso wie bei Katharina von
Bronckhorst das zeichnerische Talent in Erscheinung tritt (s. Abb. 6), da sind ferner
die acht Lieder von Kattryn von Bronckhorst und Battenburg, einer Base der
Besitzerin, deren Eintragungen sich auf den Zeitraum von 1546 bis 1558 erstrecken
(D 15, 49, 55, 64, 68, 99, 102 und 106), ferner die Eintragungen weiterer, z.T. nicht
näher zu identifizierender Verwandter wie Anna von B. und B. mit drei Liedern
zwischen 1550 und 1553 (D 43, 52 und 62) usw. Die meisten Verwandten und
Freunde entsprachen der Bitte Katharinas und steuerten Liedtexte bei, wobei man in
vielen Fällen noch heute die Mühe zu verspüren scheint, welche die Umsetzung eines
sonst vielleidit nur in praktischer Musikübung benutzten Liedtextes in die schriftliche
Sphäre dem Betroffenen bereitete. Nur wenige Mitarbeiter begnügten sich mit den
traditionellen Stammbuchversen oder sonstigen persönlichen Widmungen. Der
besondere Charakter des über einen längeren Zeitraum sich hin erstreckenden
allmählichen Entstehungsprozesses der Liederhandschrift bringt es dabei mit sich,
daß die einzelnen Beiträge der Besucher auf Hönnepel im ganzen Liederbuch verstreut
sind. Dabei ist natürlich auch keine chronologische Ordnung eingehalten worden,
so daß die einem Stammbuch angemessene bunte und recht willkürliche Reihenfolge
der Texteintragungen vorherrscht, die man nicht als ‘Unordnung’ mißverstehen sollte.
Trotz der durch die besonderen Entstehungsbedingungen verursachten sehr
zufälligen Anordnung der Beiträge lassen sich das Weiterwachsen der Sammlung
und damit auch die Lebensgeschichte der ‘Sammlerin’ Katharina von B. und B. aus
der Handschrift in Umrissen erkennen. Zunächst einmal weitet sich der Kreis der
Eintragenden über Katharinas engere Verwandtschaft hinaus allmählich aus. Mit
fortschreitenden Jahren - Katharina wird dann das heiratsfähige Alter erreicht haben
- stellen sich Angehörige des niederrheinischen und westfälischen Adels ein und
bringen mit ihren Liedbeiträgen ihre Verehrung für das adlige Fräulein zum Ausdruck.
Es tauchen die Namen von Adelsfamilien aus dem Jülichschen, dem Cleveschen und
dem Bergischen auf: durchweg männliche Angehörige der Buisfelts, Bouchorsts,
Holtorps (1550-53), Meroedes (1565), Schoeler (1558), Schoeten (1552), Smullynch
(1557). Dazu treten Geschlechternamen aus dem westlichen Westfalen wie
Aldenbokum (1550), Hasenkamp, Raesfeld, Westrem. Schließlich sind auch einzelne
Angehörige suddeutscher und österreichischer Adelshäuser wie die beiden Grafen
von Schaumburg (1555/56), Rainer zu Erb (1550) und Ludwig Baron von Polhaim
vertreten. Von letzterem wissen wir zufällig, daß er zur Zeit der Niederschrift seines
Hedes (D 103) im Jahre 1550 ganze 21 Jahre alt gewesen ist. Ähnlich jung dürfen
wir uns auch einen Großteil der anderen Beiträger vorstellen. Sicher
19
Vgl. dazu das ‘Verzeichnis der in der Handschrift enthaltenen Namen (S. 276-278) und die
Ausführungen in den Einzelkommentaren, die jeweils das über die Person des betreffenden
Schreibers Ermittelte ausführen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
21
wird sich auch mancher Werber unter diesen Gästen befunden haben, zumal die
Liedinhalte hier ja eine sehr beredte Sprache führen. Seit dem rund einhundert Jahre
älteren Lochamer-Liederbuch wissen wir um die Bedeutung von Liebesliedtexten
als Ausdruck persönlicher Lebenshaltung. Zeitlich führen die Lieder aus diesem
Kreis von Mitarbeitern am Liederbuch bis gegen das Ende der fünfziger Jahre oder
bereits in die sechziger Jahre.
Inzwischen hatte Katharina von Bronckhorst geheiratet; das Hochzeitsdatum läßt
sich nicht mit Sicherheit angeben. Sie wurde Balthasar von Brederode angetraut,
wodurch eine sehr wichtige dynastische Verbindung mit einem der führenden
Adelsgeschlechter Nordhollands zustandekam. Der Gemahl Katharinas von
Bronckhorst und Battenburg war nach Aussage einer Chronik des 17. Jahrhunderts
‘heer van Bergen by Alcmaer, Houtvester van Hollandt / sterf sonder kinders anno
1576 oudt 60 jaren / hadde getrout Jouffrou Catarina van Bronkhorst van Batenburgh
/ Dochter van Heer van Hunnepel’20. Ihr Gemahl hat sich ebenfalls in der
Liederhandschrift verewigt, und zwar im unmittelbaren Anschluß an den ersten Teil
des Wappenbuches auf Bl. 6ro-vo mit einem historischen Lied in hochdeutscher
Sprache, das er offensichtlich gedruckter Überlieferung entnahm (D 2). Leider hat
er den Text nicht mit einer Jahreszahl versehen, so daß wir keinen festen Anhaltspunkt
für den Zeitpunkt seiner ersten Begegnung mit Katharina anzugeben vermögen. Wie
im Kommentar zu D 2 vermerkt, wird die Eheschließung im Jahre 1569 als vollzogen
bezeugt, so daß sie irgendwann zwischen 1546 und 1569 erfolgt sein muß. Am
ehesten dürfte das Jahr 1565 in Frage kommen, weil sich zu diesem Zeitpunkt die
Eintragungen der neuen holländischen Verwandten Katharinas in der
Liederhandschrift einzustellen beginnen: D 69 aus dem Jahre 1569 stammt von einem
A. von Brederode, auf Bl. 49 vo fügt eine M.v. Brederode eine Widmung zu einem
Lied (D 57), das von M. van Meroede eingetragen ist. Wahrscheinlich handelt es
sich in beiden Fällen um Stiefnichten Balthasars von Brederode21. Eine weitere
Stiefnichte Balthasars, Jenne de Brederode, hatte sich allerdings mit D 7 schon im
Jahre 1551 verewigt, woraus deutlich wird, daß die Beziehungen der Bronckhorsts
zu den Brederodes bereits älteren Datums waren: Diese Jenne de Brederode war
nämlich ebenfalls mit einem Bronckhorst verheiratet, und zwar mit Jodokus von
Bronckhorst und Battenburg, der im Lied D 6 als Joest v.B. und B. figuriert (s. Abb.
3). Dieser Jodokus war der Bruder Katharinas, und er hatte nach dem Tod ihres
Vaters Dietrich seit 1551 die Herrschaft von Hönnepel inne. Aufgrund dieser
doppelten Familienverbindungen konnte Hübner mit Recht von einer
‘Überkreuzheirat’ sprechen22.
Nach der Eheschließung vor oder um 1565 wird Katharina mit ihrem Gemahl nach
Bergen bei Alcmaar in den Norden der Provinz Holland übergesiedelt sein. Die
Handschrift führte sie mit, um gelegentlich weitere Liedbeiträge zu erbitten;
Gelegenheiten dazu scheinen allerdings seltener geworden zu sein, denn in dieser
Zeit finden nur noch relativ wenige Texte Eingang. Sie sind am abweichenden
Schriftbild
20
21
22
Gouthouven, D'Oude Chronijcke ende Historien van Holland, 1636, Bl. 122, zit. nach
Beckmann S. 12.
Beckmann S. 13.
Hübner I, S. 41.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
22
und am niederländischen Sprachstand unschwer auszumachen. Hierzu gehören
beispielsweise D 79, unterzeichnet mit M. Brakel, und D 80 mit den Initialen TVB,
worunter sich höchstwahrscheinlich ein Stiefbruder Balthasars von Brederode,
Theodoricus, verbirgt23. Leider sind beide Texte ohne Datierung, ebenso wie das
Lied D 61, das sich durch das Akrostichon Renesse als von einem Angehörigen eines
bekannten niederländischen Adelsgeschlechtes stammend zu erkennen gibt. Die
Renesse waren wiederum mit der Familie Bronckhorst-Battenburg verwandt (vgl.
Kommentar zu D 1).
Durch den 1576 erfolgten Tod Balthasars von Brederode ist die wohl um 1530
geborene Katharina früh Witwe geworden. Über ihr Schicksal und die weiteren
Geschicke der Handschrift erfahren wir aus den Quellen nichts. Es ist jedoch
anzunehmen, daß das Liederbuch zumindest noch eine Zeitlang in Holland verblieb,
denn in den Jahren von 1582 bis 1586 sind noch einige kurze Eintragungen
offensichtlich niederländischen Ursprungs hinzugekommen: auf Bl. 18 vo unter D
11 eine 1582 datierte Bleistifteintragung mit einem Stammbuchvers in
niederländischer Sprache (unter Verwendung des niederländischen Diphthongs ij),
auf Bl. 49 vo die Widmung eines T.S. von Ybbfendorpt, schließlich auf Bl. 1 vo das
am spätesten zu datierende Stück der ganzen Handschrift überhaupt, ein
niederländischer Text, eingetragen 1586 von Alyt von Bronckhorst und Battenburg,
die als Witwe des Johann von Renesse in Utrecht lebte. Später scheint die Handschrift
nach Hönnepel an den Niederrhein zurückgekehrt zu sein, und es ist nicht
auszuschließen, daß dann, d.h. gegen Ende des 16. Jahrhunderts, nochmals einige
Liedtexte ihren Weg in das Liederbuch gefunden haben. Genaues läßt sich hier nicht
mehr angeben, wie auch der Weg der Handschrift zu ihrem heutigen
Aufbewahrungsort im Archiv der Grafen von Droste-Vischering nicht mehr
nachgezeichnet werden kann.
Die Handschrift müßte eigentlich genau als ‘Liederbuch der Katharina von
Bronckhorst und Battenburg’ bezeichnet werden. Handschriften werden aber
bekanntlich in der Forschung oft nach ihrem heutigen Aufbewahrungsort benannt.
Da sich die Bezeichnung ‘Darfelder Liederhandschrift’ seit Hübner und Beckmann
eingebürgert hat, haben wir es bei dieser Benennung belassen. Bei unserer Datierung
1546-1565 ist, wie ausgeführt, in Rechnung zu stellen, daß noch einige Texte etwas
später hinzugekommen sind.
5. Das Liedgut
Trotz allen Beiwerkes bleiben die in der Darfelder Handschrift enthaltenen
Liedaufzeichnungen das eigentliche Erkenntnisobjekt. Auf die Thematik der Lieder
richtet sich jetzt unser Interesse. Diese Frage verheißt angesichts der nicht alltäglichen
Überlieferungssituation besonderen Aufschluß. Im Unterschied zu anderen
Liederhandschriften der Zeit haben wir hier kein Repertoire vor uns, das von dem
Willen einer einzelnen Persönlichkeit einheitlich bestimmt wird. Hier hat sich kein
planmäßiges Sammeln unter Heranziehung der verschiedenen zu Gebote stehenden
23
Beckmann S. 14.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
23
gedruckten Quellenvorlagen ereignet, sondern hier herrschte mehr oder weniger
Spontaneität bei der Niederschrift vor. Von der Besitzerin des Liederstammbuches
um einen Liedeintrag gebeten, mußte jeder Schreiber ohne große Vorbereitungen
sein Gedächtnis befragen und etwas zu Papier bringen, was man mit Begriffen wie
bevorzugtes Lied, mit Lieblingslied o.ä. umschreiben könnte. Das Lied als Geschenk:
wir wissen um diese Funktion von Gedichten und Liedern seit dem ausgehenden
Mittelalter, und wir kennen den Termin, zu denen Lieder in geschriebener oder
gedruckter Form vorzugsweise gewidmet wurden: den Neujahrstag24. Unsere
Handschrift bietet allerdings außer in D 106 keine feste Handhabe für die Vermutung,
einige Lieder hätten als Neujahrsdedikation gedient.
Die verschiedenen Verwandten, Freunde und Gäste des Adelsfräuleins auf
Hönnepel erhielten damit Gelegenheit, jeder für seine Person von dem Kunde
abzulegen, was sie sich aus dem im Umlauf befindlichen Liedgut angeeignet und
ggf. umgeformt hatten, was sie gedächtnismäßig beherrschten und spontan in eine
schriftliche Form zu bringen imstande waren. Viele Texte erfahren dadurch eine
Verkürzung. Dreistrophige Lieder sind in der Darfelder Liederhandschrift in der
Überzahl. Es ist damit zu rechnen, daß auf diesem Wege weniger modisches
Alltagsgut, sondern vielmehr langlebige Tradition festgehalten wurden. So ist es
zunächst kein Wunder, daß eine relativ hohe Zahl von Doppeleintragungen
zustandegekommen ist, weil sich nicht jeder Schreiber vorher überzeugte, ob das
von ihm auserwählte Lied bereits in den vorausgegangenen Eintragungen vorhanden
war. Gleiches wiederholt sich bei jedem Stammbuch. Für den Liedforscher eröffnet
sich hier die willkommene Gelegenheit des Vergleichs verschiedener Traditionsstufen
eines Liedes auf etwa der gleichen zeitlichen Ebene. Solche Doppeleintragungen in
der Darfelder Liederhandschrift betreffen die Lieder D 9 und 77 Groß leid trage ich
verborgen, D 10 und 63 Möcht ich feinslieb bei dir gesein, D 36 und 94 Weckt auf,
weckt auf, du werder gast, D 42 und 75 Ich muß von hin, schließlich D 53 und 78
Der mond steht in dem höchsten. Bei D 4 und D 68 handelt es sich um die Wiedergabe
von zwei sehr stark selbständigen Varianten des Liedes So will ich doch einen guten
mut haben, deren Zugehörigkeit zum gleichen Typus nicht auf den ersten Blick
sichtbar wird.
Einige Schreiber kamen dem Wunsch nach Widmung eines Liedes nicht ganz
genau entgegen. So ist D 93 kein Lied, sondern - wie die Überschrift Warsagungh
der Worffel oder Doppelstein erkennen läßt - eine Spruchsammlung für das
Orakelspiel mit drei Würfeln. D 105 wird ebensowenig als traditionelles Lied
aufgefaßt werden können, es handelt sich vielmehr um den Versuch einer poetischen
Übertragung des Hoheliedes Salomonis. Mit D 87 ist ein französisches Chanson in
der Sammlung vertreten. Rechnet man die Doppeleintragungen und die zuletzt
erwähnten drei Texte ab, so bleiben immerhin noch 97 Liedtypen übrig, die bei der
nachfolgenden kurzen Analyse in Betracht gezogen werden sollen.
Die Liebe ist das alles beherrschende Thema dieser Liedtexte. Das verwundert
wenig angesichts des im Durchschnitt recht jungen Kreises um die Besitzerin des
24
Arne Holtorf, Neujahrswünsche im Liebesliede des ausgehenden Mittelalters, Göppingen
1973 (Göppinger Arbeiten zur Germanistik, 20) S. 235-314.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
24
Liederbuches. Außerdem bietet die Darfelder Liederhandschrift hier im Grunde das
gleiche Bild wie die meisten anderen privaten Liederhandschriften des ausgehenden
Mittelalters und der frühen Neuzeit. Liebeslieder aller nur denkbaren Schattierungen
und Abtönungen dominieren. Liebesglück und -erfüllung finden hier ebenso ihren
Ausdruck wie - an Zahl noch häufiger - die Liebessehnsucht, die Liebeserwartung,
die Liebeshoffnung, die Enttäuschung über Trennung, Untreue oder Falschheit. Die
meisten dieser Lieder sind Rollenlieder. Besonders zahlreich treten sie erstmals im
sog. Königsteiner Liederbuch (ca. 1470-1473) hervor; S a p p l e r nennt sie
Sehnsuchtsklagen: ‘Ihre Hauptmotive sind Schmerz und Trauer darüber, daß die
Erhörung dem Sänger bisher versagt blieb und er den Gegenstand seiner Neigung
meiden muß; der Preis der vor allen anderen liebenswerten und schönen Frau; die
Beteuerung der eigenen Liebe und Treue, der guten Absichten und der Bereitschaft
zu dienen; dringliche Werbung und Bitte um Gegenliebe; Hoffnung auf den Erfolg
der Werbung; Warnung vor den kleffern, die das Liebesverhältnis durch Aufpassen
stören und durch Verleumdung gefährden, und Kläfferschelte’25.
Die gleichen Aussagen gelten auch für das Liedgut der Darfelder Liederhandschrift,
obgleich die beiden Quellen durch 70 Jahre voneinander getrennt sind und sie keinen
einzigen Liedtypus miteinander teilen. Stil, Thematik und Motivik des Liedgutes in
der Darfelder Handschrift sind im Vergleich zu älteren Quellenschichten gleich
geblieben, so wie auch die dieses Liedgut tragende Gesellschaftsschicht ungefähr
gleich geblieben ist. So ergibt sich beispielsweise auch eine Kontinuität einer
mittelalterlichen Sonderform des Liebesliedes: des Tageliedes. Die Darfelder
Liederhandschrift weist mit D 27, 36/94, 50, 84 und 90 bemerkenswerte Beispiele
auf. Durch D 50 und 90 wird unsere Kenntnis dieser Gattung um zwei hervorragende
Texte bereichert.
Bei diesem Repertoire von Volkslied zu sprechen, verbietet sich von selbst, auch
der nicht sehr präzise Begriff des Gesellschaftsliedes führt hier kaum weiter. Die
Handschrift enthält das Liedgut von Adelskreisen der Mitte des 16. Jahrhunderts,
und wenn man den allgemeinen Begriff des Liedes unbedingt mit einem Epitheton
versehen will, so bietet sich allenfalls der von E r n s t K l u s e n geprägte - allerdings
auf gegenwärtige Verhältnisse gemünzte - Begriff des Gruppenliedes an: das Lied
als ‘dienender Gegenstand’ zur Lebensgestaltung26. Diese Lebensgestaltung der
Gruppe muß im Lichte ihres Liedgutes als stark konservativ bezeichnet werden. Aus
der Fülle des durch neue Medien (Liederbücher, Flugblätter und Flugschriften)
innovierten Repertoires an volksmäßigem Liedgut für laienmäßiges Singen gelangt
nur das in unsere Adelsliederhandschrift, was der noch immer herrschenden
ritterlich-höfischen, im Grunde mittelalterlichen Gesinnung gemäß ist.
Die Unterschiede zwischen ritterlich-höfischer Minneauffassung als hohem
ethischen Wert und dem neuzeitlichen Begriff von Liebe als unbekümmerter
Weltfreude sind jedoch unverkennbar. Wa l t r a u t S t e p h a n 27 hat den
Auffassungswandel
25
26
27
Sappler S. 5.
Ernst Klusen, Das Gruppenlied als Gegenstand. In: JbfVlf 12 (1967) 21-41, hier 22.
Waltraut Stephan, Die Haltung Freier Mut und das ältere Volkslied. Studien zum Wandel
vom ritterlich-höfischen zum bürgerlichen Mittelalter, Würzburg-Aumühle 1938.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
25
vom mittelalterlichen Minnesang zum nachmittelalterlichen Liebeslied am Übergang
vom ‘hohen’ zum ‘freien’ Mut interpretiert. Die Formel vom freien Mut begegnet
in unserer Handschrift ebenfalls an mehreren Stellen, z.T. abgewandelt (s. Glossar
und Motivverzeichnis). Die alten Denkformeln, die noch immer um Begriffe wie
buole, triuwe, dienst, minne, êre, nîder und kleffer kreisen, sie erscheinen in immer
neuen Verkleidungen, zu Formeln erstarrt, zum Teil sogar mißverstanden und
sinnentleert, jedenfalls als Ausdruck einer neuen, ungebundeneren Haltung, und es
scheint, als ob die Adelskreise, die in unserer Handschrift als die Träger dieser
Traditionen erscheinen, welche letztlich noch in das Ambraser Liederbuch von 1582
und in das Niederdeutsche Liederbuch von ca. 1600 hineinreichen, sich mit diesem
Liedgut in besonderem Maße identifizierten und darin eine Objektivierung ihrer
kulturalen Wertvorstellungen erblickten. Liebe, Liebesleid, Liebessehnsucht,
Liebesklage müßten demzufolge genau wie im Mittelalter immer noch die Leitwörter
jener jugendlichen Generation nach 1550 gewesen sein. Daß mit diesen Liedern aber
im Grunde eine Scheinwelt aufgebaut wurde, die wenig Bezüge zu der Realität
aufweist und eigentlich kompensatorische Funktionen besitzt, dürfte klar sein.
Übrigens scheint uns hier die Analogie zum Schlagerbetrieb unserer heutigen Zeit
recht naheliegend, in dem die Liebe mit allen ihren Filiationen (Sehnsucht, Heimweh,
Abschied und Wiedersehen) thematisch ganz ähnlich dominant ist:
‘Der Schlager wird hier zum Reflektor und Regulator (individuell)
beunruhigten oder gestörten Affekthaushalts mit solcher Ausschließlichkeit,
daß Liebe und deren Defizienzzustände alle anderen Bereiche menschlichen
Lebens und Alltags ausblenden: symptomatischer als das, was wieder und
wieder im deutschen Schlager zur Sprache kommt, seine Traumasyle,
Niemandsländer und Gegenwirklichkeiten, ist jenes, was in ihm ausgespart
bleibt, was für ihn nicht existiert...’28.
Möglicherweise würde uns auch erst eine Analyse des im Adelsliederbuch
Ausgesparten, ein Vergleich solcher konkreten, zeitlich und räumlich festlegbaren
Sammlungen mit der Gesamtüberlieferung der Zeit zu Einsichten in den
Affekthaushalt der Träger solchen Repertoires führen. Da wir uns aber in bezug auf
die Inhaltanalyse von historischen Lieddokumenten noch auf sehr schwankendem
Boden bewegen, sei eine solche Interpretation des ständisch gebundenen Liebesliedes
im Gesamtzusammenhang auf eine spätere Gelegenheit vertagt. Uns kann es in dieser
kurzen einführenden Charakteristik nur darum gehen, zu zeigen, in welchem
thematischen Kontext die Liebeslieddichtungen stehen, d.h. welche weiteren Themen
begegnen. Diese vermögen etwas mehr als das vielfach in Konventionen erstarrte,
unrealistische Liebeslied Aufschlüsse zu geben über Lebensauffassungen und
Einstellungen der in unserem Liederbuch vertretenen Individuen.
Es ist hier also von den relativ wenigen Stücken zu sprechen, die sich nicht in das
Schema der sonst vorherrschenden Liebesgeständnisse und Liebesklagen einordnen
lassen. Als erster bricht Balthasar von Brederode, der spätere Gemahl Katharinas
von Bronckhorst und Battenburg, aus dem Zwang der Konvention aus und trägt als
28
Günther Mahal, Der Wundertraum vom Liebesglück. Vorläufiges zum deutschen
Schlager nach 1945. In: Zeitschrift für Volkskunde 71 (1974) 64-78, hier 70.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
26
D 2 ein historisches Ereignislied auf den unglücklichen Tod des Königs Ludwig in
der Schlacht bei Mohacz im Jahre 1526 ein, das er offensichtlich aus einer gedruckten
oder geschriebenen Quelle geschöpft hat. Die Erinnerung an ein noch weiter
zurückliegendes politisches Ereignis bewahrt ein zweites Lied, das als D 86 von
nicht identifizierter Hand beigesteuert wurde: das Lied von ‘Fräulein von Britannien’,
d.i. Anna von der Bretagne, mit der der französische König Karl VIII. 1491 die Ehe
erzwang. - In D 26 liegt ein Soldaten- oder Landsknechtslied vor, das ebenfalls nicht
ganz zur Liebesthematik der Umgebung passen will. - Als weiteres Lied mit
Zeitbezügen - in diesem Falle aktuelleren - ist D 102 zu nennen, ein 1553 von
Frauenhand eingetragener Text, der für die Sache des in der Schlacht bei Mühlbach
im Schmalkaldischen Kriege 1546 unterlegenen und in Gefangenschaft geratenen
Kurfürsten von Sachsen Partei ergreift. Von daher mag ein vorsichtiger Schluß auf
die Zuneigung der Familie Bronckhorst-Battenburg zur Sache der Reformation
gerechtfertigt sein.
Das Auftauchen einiger geistlicher Lieder in der Darfelder Liederhandschrift
verweist in die gleiche Richtung, denn es handelt sich durchgehend um Liedgut, das
vom Geistesgut der Reformation geprägt ist. Bei D 85 Ich habe mein sache zu gott
gestelt führt sogar eine direkte Brücke zur evangelischen Gesangbuchtradition. In
den beiden von Katharina von Bronckhorst um 1546 eingetragenen Stücken D 33
und 34 mit identischem Ton fassen wir einen kleinen Zipfel niederländischer
geistlicher Lieddichtung der Reformation. - Dazu treten eine Reihe von Texten, die
man als Zeitlieder bezeichnen könnte, weil sie in irgendeiner Weise auf die
Zeitumstände eingehen und Stellung beziehen: D 30 ist das bekannte Klagelied
Georgs von Frundsberg über die Wandelbarkeit der Hofgunst, D 96 ist ein
Vermahnlied mit ernsten Tönen über Geldsucht und fehlende Frömmigkeit. Auch D
1 schließlich, das zeitlich letzte Lied unserer Handschrift (1586), ist ein Klagelied
mit religiösen Motiven, einer Witwe wohl durchaus auch angemessen. An dieser
Schreiberin Alyt von Bronckhorst und Battenburg läßt sich übrigens nochmals die
enge Verbindung dieser Familie zur Reformation in den Niederlanden schlaglichtartig
aufzeigen. Wie im Kommentar ausgeführt, war Alyt die Witwe des seeländischen
Adligen Johann von Renesse (1506-1553). Aus Ferwerdas ‘Wapenboek’ (2,1
Genealogie von Renesse, 11. Generation) können wir einige Einzelheiten zum Leben
dieser Schreiberin (= Adelheid v.B. u. B.) entnehmen. Die Familie Renesse, in die
sie eingeheiratet hatte, stellte im 16. Jahrhundert mehrere Blutzeugen für die Sache
der Reformation, und nach dem Tod ihres Mannes wurde Adelheid ebenfalls in die
Auseinandersetzungen um die neue Lehre hineingezogen. Sie floh vor dem
königlichen spanischen Statthalter Herzog Alba außer Landes, weil zy de leeraars
van den Hervormden Godsdienst geherbergt en hunne leererden dikwils bygewoond
hadt. Ihre Güter wurden 1568 konfisziert, und erst 1577 durfte sie mit ihrem Sohn
Johann von Renesse, der nach dem Tod seines Vaters der Führer der calvinistischen
Bestrebungen in den Niederlanden geworden war, nach Utrecht zurückkehren, wo
vermutlich später auch der Text D 1 niedergeschrieben wurde29.
29
Beckmann S. 14-15.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
27
Im Zeitalter der Gegenreformation ist der Zweig der Familie von
Bronckhorst-Battenburg-Anholt wieder zum Katholizismus zurückgekehrt. Am 11.
Oktober 1630 stirbt in Freiburg i. Br. mit Graf Hans Jacob von Bronckhorst zu Anholt,
Freiherrn zu Battenburg ein Angehöriger dieser Familie, der es unter den Habsburgern
als Oberster Feldmarschall und Landvogt im vorderösterreichischen Ober-Elsaß zu
hohen Ehren gebracht hatte30.
Die Zahl der Unicate in unserer Handschrift beträgt 28. Bisher ohne
Parallelüberlieferung sind folgende Lieder: D 3, 5-9, 12, 19, 34, 37, 41, 43, 45, 50-52,
55, 61, 80, 82, 90, 92, 95, 99, 101, 104 und 106. Auch das französische Chanson (D
87), das gereimte Losbüchlein (D 93) und die Paraphrase des Hoheliedes (D 105)
können als Unicate gelten, so daß deren Zahl auf 31 anwächst. Verglichen mit 97
(bzw. 100) Liedtypen bedeutet das ein Verhältnis von Bekanntem zu Unbekanntem
von ungefähr 2:1. Bei H ü b n e r war die Zahl der nichtidentifizierten Lieder im Jahre
1927 mit ca. 40 noch wesentlich höher31. Aber es wäre verfehlt, den Wert der neuen
Handschrift ausschließlich an den Unicaten zu messen, zumal dieselben nicht in allen
Fällen literarisch wertvolle neue Texte darstellen. Genau so wesentlich, vielleicht
sogar noch bedeutsamer ist es, was die Darfelder Liederhandschrift an Informationen
zur Ergänzung unseres Kenntnisstandes in Bezug auf die Überlieferungsgeschichte
anderer Lieder des 15. und 16. Jahrhunderts beizubringen vermag. Die Bedeutung
der hier neu vorgelegten Texte ist jeweils in den Einzelkommentarenverzeichnet.
Wir können hier darauf verweisen und uns auf die Zusammenfassung beschränken,
daß in vielen Einzelfällen die Darfelder Fassungen die Überlieferungsgeschichte von
Liedern um bedeutsame Textzeugen erweitern. Vielfach bietet unsere
Liederhandschrift Paralleltexte zu bisher als Unica geltenden Handschriftenfassungen
(z.B.D 56, 60, 67, 100) oder zu bisher nur in gedruckter Sphäre bekannten Liedtypen
(z.B.D 26, 103). In anderen Fällen stellen die Aufzeichnungen in D Früh- und
Erstbelege zu bisher für jünger gehaltenen Liedmodellen dar (z.B.D 30, 79) oder
weiten eine bisher schmale Traditionsbasis um einen wesentlichen Beleg (z.B.D 44,
59, 70, 84, 86) usw. Und selbst wenn die Darfelder Liederhandschrift eine neue
Fassung zu einem reich bezeugten Typus bietet, so weicht diese neue Fassung in
vielen Fällen von der älteren Tradition ab, weil viele Texte durch die unverkennbare
Einwirkung von Vermittlungsprozessen umgeformt und abgewandelt erscheinen.
‘In diesem hohen Grade von Zeisungenheit liegt für den Volksliedforscher
vielleicht der reizvollste Zug des Denkmals. Es will ja bedacht sein, daß
gedruckte Sammlungen wie das Ambraser Liederbuch Wert darauf legen
mußten, möglichst lesbare, verständliche Liedertexte zu bieten... Die
Hände, die unser Stammbuch schrieben, waren viel unbehinderter; ihnen
fehlten literarische Absichten. Das gibt, wenigstens in den Augen des
Volksliedforschers, dem Stammbuch einen Vorsprung gegenüber irgendwie
literarisch orientierten Sammlungen’32.
30
31
32
Die Leichenpredigt hielt ein Freiburger Jesuit, s. Maximilian Eisenreich, Christ-Ritterliche
That vnd Tugenden / So in der Leichpredig deß Hoch- und Wolgeborenen Herrn / Herrn
Hannß Jacob / Grafen von Bronckhorst zu Anholt/... vorgehalten worden, Freiburg i. Br.
1631.
Hübner I, S. 47: ‘Immerhin fehlen mir vorläufig noch für an die 40 Lieder die Gegenstücke,
aber diese Zahl wird sich bei weiterer Umschau wohl noch verringern’.
Hübner I, S. 47f.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
28
6. Die Darfelder Liederhandschrift im Umkreis anderer Liedquellen
ihrer Zeit
Die Darfelder Liederhandschrift ist das Ergebnis der Mitarbeit von 55 Schreibern,
und entsprechend der Vielfalt von Beiträgen weist unsere Handschrift vielerlei
Beziehungen zu den sonstigen Quellen handschriftlicher und gedruckter
Liedüberlieferung des 16. Jahrhunderts auf. Die verschiedenen Kulturströmungen
haben ihren Niederschlag in diesem Dokument gefunden, oberdeutscher Einfluß ist
darin ebenso zu fassen wie der westliche Einfluß aus den Niederlanden und auch aus
Frankreich. Am Niederrhein imd in Westfalen strömten zur Zeit der Entstehung
unserer Liedhandschrift Texte aus vielen Gegenden Deutschlands zusammen. Und
gerade in diesen Landschaften entstanden in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts
eine Fülle von Liederhandschriften, die wir als Spiegel dieser Kulturströmungen
ansehen und als eine eng zusammengehörige Gruppe von Dokumenten zur Geschichte
des Liedes und seiner Traditionsprozesse begreifen können. Durch die Darfelder
Liederhandschrift wird diese Gruppe von niederdeutschen Sammelhandschriften um
die bisher früheste und zugleich wertvollste bereichert, denn sie führt nicht nur genau
in den Schnittpunkt der Kulturstromungen Nord-Süd bzw. Ost-West, sondern sie
bietet durch die Vielseitigkeit der Texteintragungen, durch ihre Sprüche, Wappen,
Zeichnungen, Namen und Devisen zugleich den lebendigsten Eindruck aus dem
Raum und der Zeit, der sie angehört. Gemeinsames Kennzeichen dieser Gruppe von
Liederhandschriften ist es, daß sie ländlichen Adelskreisen entstammen und daß vor
allem weibliche Angehörige dieses Junkertums für die Bewahrung des Liedgutes
aristokratischer Prägung Sorge getragen haben. ‘Den alten Schlössern entstammen
die meisten und besten Liedersammlungen’33. Zu den Adelsliederhandschriften treten
einige weitere Sammlungen aus stadtbürgerlichen und studentischen Kreisen, während
wir bei einigen wenigen Quellen des 16. Jahrhunderts keine soziale Zuweisung
vorzunehmen vermögen. Eine Zusammenstellung der Quellen haben S t e p h a n 34
und neuerdings H o l t o r f 35 sowie S u p p a n 36 vorgenommen.
Als das früheste Beispiel einer handschriftlichen Liedersammlung aus dem
niederrheinischen Raum ist die sog. Zütphener Liederhandschrift aus dem Jahre 1537
in der Weimarer Landesbibliothek anzusehen, die zunächst überwiegend
niederländisches Liedgut enthielt, bevor sie von ‘Hanns aus Kolstege 1540 ferandertt’
wurde, indem er eine Reihe hochdeutscher Texte hinzufügte. Mit dieser frühen
Handschrift teilt die Darfelder Handschrift sieben Texte: Nr. 6 = D 29; Nr. 10 - D
17; Nr. 12 = D 18; Nr. 25 = D 25; Nr. 26 = D 22; Nr. 27 = D 65; Nr. 29 = D 30.
Ebenfalls in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts und an den Niederrhein gehört
die Liederhandschrift der Katharina von Hatzfeld, früher wegen einer Widmung
33
34
35
36
Arthur Kopp, Über ältere deutsche Liedersammlungen. In: AfdStdnSprLit 121 (1908) 263.
Stephan (s. Anm. 27) S. 145-151.
Holtorf (s. Anm. 24) S. 366-370.
Wolfgang Suppan, Deutsches Liedleben zwischen Renaissance und Barock, Tutzing 1973
(Mainzer Studien zur Musikwissenschaft, 4) S. 55-61. Sein Urteil: ‘Gemeinsam ist den von
privaten Interessen geprägten Liederhandschriften die Konzeptionslosigkeit’ (S. 56) ist
vielleicht insgesamt etwas zu pauschal, trifft aber für die Darfelder Ldhs. durchaus zu.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
29
fälschlich als das Liederbuch der Herzogin Amalia von Cleve bezeichnet. Von den
33 Liedern sind ein Teil geistliche; unter den weltlichen registrieren wir fünf
Konkordanzen zum Darfelder Liederbuch: Nr. 8 = D 84; Nr. 17 = D 46; Nr. 22a =
D 20; Nr. 25 = D 31; Nr. 27 = D 54.
Über einen längeren Zeitraum hin erstreckt sich ähnlich wie bei D die Entstehung
von Langebeks Quarthandschrift (København, Ny kgl. Saml. 816,4o) am Hofe des
dänischen Königs Friedrich II. In diese von E. K r o m a n als ‘Hofherrenhandschrift’
bezeichnete dänische Quelle sind beginnend mit dem Jahre 1570 auch 70 deutsche
Liedtexte eingeschrieben worden, die sich zu den Texten von D wie folgt verhalten
(7 Konkordanzen): Nr. 94 = D 89; Nr. 122 = D 20; Nr. 148/151 = D 42/75; Nr. 116
= D 66; Nr. 99 = D 52; Nr. 129 = D 25; Nr. 136 = D 22. Langebeks Handschrift ist
wie das Liederbuch des Fräuleins von Bronckhorst ein ausgesprochenes
Liederstammbuch (s. unten Kap. 8).
In das deutsch-niederländische Grenzgebiet gehört aufgrund des sprachlichen
Befunds die Berliner Liederhandschrift vom Jahre 1568 (Mgf 752), die von A.
K o p p beschrieben wurde. Sie enthält auf 78 Blättern 126 vollständige Lieder und
ein Fragment. Darunter befindet sich mit insgesamt 25 Konkordanzen eine hohe Zahl
von Paralleltexten, so daß die Handschrift Mgf 752 neben der von 1575 (s. unten)
und der aus einer anderen Landschaft stammenden oberdeutschen Handschrift Pal.
343 in Bezug auf das Repertoire als am nächsten verwandt bezeichnet werden kann:
Nr. 1 = D 57; Nr. 4 = D 48; Nr. 5 = D 21; Nr. 7 = D 24; Nr. 9 = D 13; Nr. 14 = D
22; Nr. 16 = D 46; Nr. 17 = D 68; Nr. 18/20 = D 81; Nr. 21 = D 66; Nr. 22 = D 65;
Nr. 23 = D 62; Nr. 30 = D 25; Nr. 31 = D 15; Nr. 39/93 - D 60; Nr. 37 = D 98; Nr.
44 = D 67; Nr. 47/52 = D 18; Nr. 58 = D 28; Nr. 70 = D 42/75; Nr. 73 = D 38; Nr.
108 = D 52; Nr. 113 = D 86; Nr. 122 = D 35; Nr. 125 = D 63.
Die noch unveröffentlichte Liederhandschrift der Brüder von Helmstorff 1569/75
(Berlin, Mgq 402) enthält im dritten Teil eine Sammlung von 44 Liebes- und
Gesellschaftsliedern, worunter sich auch sieben Textkonkordanzen zum Darfelder
Liederbuch befinden: III, Nr. 2 = D 46; Nr. 7 = D 30; Nr. 17 = D 42/75; Nr. 19 = D
81; Nr. 25 = D 16; Nr. 29 = D 21; Nr. 35 = D 89.
Die Benckhäuser Liederhandschrift im Besitz der Baronin von der Busche-Münch
in Göttingen wurde 1573-1588 in Benckhausen/Westfalen von einer Anna Lüning
als Liederstammbuch angelegt. Die 125 Bll. enthalten 44 Lieder, darunter 14 Unicate.
Außer einigen Stammbuchversen erweisen sich fünf Lieder als mit D identisch, bei
einem sechsten Lied muß die Frage der Identität offen bleiben: Nr. 1 = D 14; Nr. 11
= D 46; Nr. 18 = D 96; Nr. 23 = D 44; Nr. 25 = D 28. Nr. 10 könnte zu D 9 gehören,
was nur durch einen Textvergleich zu erhellen wäre. Die Texte dieser Handschrift
sind jedoch bisher größtenteils unpubliziert.
Die zeitlich nächste Quelle ist die ebenfalls von A r t h u r K o p p beschriebene
Niederrheinische Liederhandschrift von 1574 (Berlin, Mgq 612). Das aus
Studentenkreisen stammende Dokument enthält im ersten Teil 69 mit peinlicher
Sorgfalt registrierte Liedtexte, denen sich im zweiten Teil ein Stammbuch anschließt;
das neben Sinnsprüchen, Anfangsbuchstaben usw. nochmals 7 Liedeintragungen
auf-
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
30
weist. Der erste Teil ist um 1576 abgeschlossen worden. Zu den darin überlieferten
Texten können wir in 10 Fällen Konkordanzen aus der Darfelder Liederhandschrift
namhaft macben: Nr. 3 = D 59; Nr. 6 = D 53/78; Nr. 17 = D 38; Nr. 22 = D 21; Nr.
24 = D 48; Nr. 42 = D 20; Nr. 46 = D 71; Nr. 52 = D 16; Nr. 59 = D 70; Nr. 63 = D
57.
Die Osnabrückische Liederhandschrift (Berlin, Mgf 753) wurde 1575 begonnen
und ist nach Ausweis von A. K o p p etwa 1577 abgeschlossen worden. ‘Den Stifter
und wahrscheinlich in derselben Person auch den Schreiber dieser Liedersammlung
wird man, wie noch öfters, auf einem Landedelsitz suchen müssen, und zwar im
Nordwesten... Alle Geschlechternamen, die vorkommen, weisen in die Gegenden
von Oldenburg über Osnabrück nach Westfalen’37. Nicht weniger als 31 der 150
Lieder von Mgf 753 weisen eine Parallele in D auf: Nr. 5 = D 30; Nr. 8 = D 46; Nr.
9 = D 25; Nr. 11 = D 96; Nr. 13 = D 44; Nr. 16 = D 76; Nr. 19 = D 62; Nr. 20 = D
52; Nr. 23 = D 23; Nr. 24 = D 102; Nr. 26 = D 65; Nr. 29 = D 22; Nr. 30 = D 83;
Nr. 37 = D 21; Nr. 38 = D 28; Nr. 40 = D 81; Nr. 41 = D 71; Nr. 42 = D 32; Nr. 43
= D 16; Nr. 61 = D 10/63; Nr. 70 = D 74; Nr. 71 = D 48; Nr. 77 = D 20; Nr. 92 = D
38; Nr. 94 = D 66; Nr. 97 = D 54; Nr. 98 = D 4/68; Nr. 103 = D 57; Nr. 105 = D 15;
Nr. 129 = D 31; Nr. 148 = D 88.
P a u l S t ö t z n e r hat eine Musikalienhandschrift der Zwickauer
Ratsschulbibliothek, Mappe Nr. 103, beschrieben. Erhalten ist das Tenorheft zu vierund fünfstimmigen Gesängen, darunter 54 deutschen Liedern aus dem letzten Drittel
des 16. Jahrhunderts. An Konkordanzen zu D sind drei zu verzeichnen: Nr. 22 = D
103; Nr. 27 = D 66; Nr. 39 = D 52.
Aus dem Nachlaß von Karl Schulte Kemminghausen stammt die erstmals 1838
von F.J. M o n e beschriebene Quarthandschrift von 1579 aus einem aufgehobenen
westfälischen Nonnenkloster, die lange Zeit als verschollen galt38. Sie teilt mit der
Darfelder Handschrift den Charakter des Liederstammbuches und weist fünf
Textparallelen zu ihr auf. (Bei der Numerierung der Lieder folgen wir nicht Mone,
da dieser die Texte aus der Handschrift zusammen mit anderen Texten des 16.
Jahrhunderts veröffentlichte und eine eigene Numerierung benutzte): Nr. 5 = D 85;
Nr. 11 = D 96; Nr. 14 = D 46; Nr. 15 = D 32; Nr. 21 = D 76. Nr. 26 hat einige Motive
mit D 49 gemeinsam.
Zu der früher in der Fürstlich Stolbergischen Bibliothek zu Wernigerode
befindlichen Liederhandschrift des Grafen Hans Gerhard von Manderscheid aus
dem letzten Drittel des 16. Jahrhunderts liegt nur ein knappes Incipitregister von
J o h a n n e s B o l t e vor. Die aus der Eifel stammende Adelshandschrift enthält 84
Liedtexte; sie gilt als verschollen. Aufgrund der von Bolte mitgeteilten Initien lassen
sich in 21 Fällen Konkordanzen mit unserer Handschrift anführen: Nr. 8 = D 57; Nr
10 = D 67; Nr. 14 = D 62; Nr. 16 = D 15; Nr. 18/83 = D 96; Nr. 39 = D 29; Nr. 41
= D 64; Nr. 44 = D 53/78; Nr. 45 = D 18; Nr. 46 = D 48; Nr. 47 = D 22; Nr. 48 = D
25; Nr. 53 = D 20; Nr. 54 = D 81; Nr. 55 = D 23; Nr. 57 = D 16; Nr. 62 = D 101;
Nr. 65 = D 56; Nr. 69 = D 33; Nr. 73 = D 85; Nr. 81 = D 102.
37
38
Kopp (s. Anm. 33) S. 261-262.
z.B. Holtorf (s. Anm. 24) S. 370.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
31
In der Darmstädter Liederhandschrift von 1587, geschrieben von Arnoldus Krouft
dictus Creudener, dem Sohn des Kölner Bürgermeisters Henrich Krufft gen. Crüdener,
die von A r t h u r K o p p in einem kurzen Aufsatz 1905 als besonderes Musterbeispiel
für Nachlässigkeit und Verwilderung angeführt wurde, stehen neben mehreren
identischen Stammbuchsprüchen zwei mit D übereinstimmende Liedtexte: Bl. 86 ro
= D 38; Bl. 133 vo = D 17.
Die Brüsseler Liederhandschrift steht am Ende dieser langen Reihe verwandter
Quellen aus dem niederdeutschen Raum. Dem von R o b e r t P r i e b s c h
beschriebenen Dokument gehören u.a. fünf Liedtexte an, die sich als Textparallelen
zu Liedern der Darfelder Handschrift erweisen: Bl. 77 ro/95 ro = D 38; Bl. 115 ro =
D 17; Bl. 118 ro = D 25; Bl. 119 ro = D 18; Bl. 119 vo = D 29.
Die herangezogenen Quellen aus dem Zeitraum zwischen ca. 1540 und 1600
erweisen den Raum auf der Grenze zwischen hoch- und niederdeutschem Sprachgebiet
und in der unmittelbaren Nachbarschaft zu den Niederlanden als ein Hauptgebiet
nachhöfischer Liedkultur in der frühen Neuzeit. Im Zentrum der Begegnung mehrerer
Kulturströmungen entstand am Niederrhein und im westlichen Westfalen ein
Umschlagplatz für Liedtexte, die sich vor allem auf mündlichen Wegen
weiterpflanzten und in den zahlreichen stammbuchähnlichen Sammelhandschriften
dieser Zeit ihren Niederschlag fanden. Es war weitgehend literarisches Wandergut,
das sich aber von den gedruckten Vorlagen losgelöst hatte und frei umgestaltet und
variiert in das Repertoire liederfreundlicher ländlicher Adelskreise aufgenommen
werden konnte.
Der Rezeptionsweg der einzelnen Texte in unserer Quelle ist jedoch von
unterschiedlicher Länge. Nicht alle der 106 Lieder können pauschal zu diesen frei
verfügbaren und von schriftlichen Vorbildern losgelösten Überlieferungen
hinzugerechnet werden. Zwar lassen viele Fassungen aufgrund fortgeschrittener
Auflösung des Form- und Sinnzusammenhanges einen voraufgegangenen
Vermittlungsprozeß von längerer Dauer unschwer erkennen, aber dafür stehen andere
Liedtexte in D ihren Quellen noch sehr viel näher und verdeutlichen die Möglichkeit
unmittelbarer Abhängigkeit von gedruckten Vorlagen. Daß dabei die in Form von
Flugblättern verbreiteten Einzeldrucke mit Liedtexten als Vorbilder kaum in Frage
kommen, überrascht etwas. In sehr wenigen Fällen können wir in den Kommentaren
eine direkte Abhängigkeit unserer niederrheinisch-westfälischen Texte von populären
Kleindrucken unter Beweis stellen (z.B. bei D 103), woraus zu schließen ist, daß die
sog. Flugblatt-Literatur auf das Liedgut der hier untersuchten Adelskreise offenbar
keinen direkten Einfluß ausgeübt hat. Hier unterscheiden sich die Adelshandschriften
stark von den handschriftlichen Liedersammlungen stadtbürgerlicher Kreise der Zeit,
in denen die Einflüsse der gedruckten Liederheftchen mit Händen zu greifen sind,
z.B. in dem Skizzenbuch des Augsburger Webers Simprecht Kröll (1516) oder in
der Augsburger Sammelhandschrift des Valentin Holl (1525). Dasselbe gilt wohl
auch für die Heidelberger Handschrift Pal. 343 aus der Mitte des 16. Jahrhunderts.
Die Beeinflussung und Befruchtung der mündlichen Liedtraditionen dieser Adelskreise
scheint durch andere ‘Medien’ verursacht worden zu sein. Hier kommen wohl die
frühen weltlichen Liederbücher des 16. Jahrhunderts in Frage, die einen deutlichen
Niederschlag in der Darfelder Liederhandschrift hinterlassen haben.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
32
Das Repertoire des ältesten Liederbuches aus der vorreformatorischen Periode des
deutschen Renaissanceliedes, die Sammlung von Arnt von Aich (Köln um 1510),
spiegelt sich in sechs Texten der mehr als eine Generation jüngeren niederdeutschen
Handschrift. In der Vorliebe einiger Schreiber für das in kunstvollen Strophenformen
gebaute Liedgut für höhere Gesellschaftskreise erkennen wir den unübersehbaren
aristokratisch zu nennenden Grundzug der Handschrift, der auch dazu geführt hat,
daß derbe oder gar obszöne Texte, die in der zeitgenössischen Flugschriftenliteratur
so reichhaltig vertreten sind39, hier so gut wie ausgeschaltet blieben. Konkordanzen
von Arnt von Aich zu D bestehen bei folgenden Liedern: Nr. 2 = D 46; Nr. 13 = D
91; Nr. 18 = D 11; Nr. 21 = D 89; Nr. 24 = D 97; Nr. 42 = D 66. In allen diesen
Fällen ist die Abhängigkeit sehr eng, so daß hier literarische Vermittlung über wenige
Zwischenstufen vorliegen dürfte.
Ähnliche innovatorische Anstöße dürften auch von späteren gedruckten
Liedersammlungen ausgegangen sein. Mit den Gassenhawern und Reutterliedlin
(o.O.u.J.) aus der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts teilt unsere Liederhandschrift z.B.
ebenfalls fünf Texte: Nr. 6 = D 38; Nr. 21 = D 65; Nr. 26 = D 22; Nr. 29 = D 46; Nr.
41 = D 25. Aber hier handelt es sich um verbreitetes Liedgut der Zeit, das unserer
Handschrift genauso gut aus anderen gedruckten Sammlungen zugeflossen sein
könnte. Hier wären noch die Bergreihen von 1531 mit drei Folgen von 1533 bis 1537
zu nennen, denen unsere Handschrift auf direktem Wege zumindest zwei Stücke (D
2 und D 26) verdankt. Auch der Einfluß von Georg Forsters Frischen Teutschen
Liedlein von 1539-1556 in unserer Handschrift ist ganz offenkundig.
Die vorwiegend hochdeutsch geprägten Texte dieser und anderer Liederbücher
sind im Zuge der in den Rheinlanden herrschenden allgemeinen Kulturströmungen
dieser Zeit auf schriftlichem Wege an den Niederrhein und nach den Niederlanden
gelangt. Ein Sammelbecken für das aus verschiedenen Kanälen zusammenströmende
Liedgut war dort das Antwerpener Liederbuch vom Jahre 1544, dessen Anteil an
hochdeuschem Liedgut von Johannes Koepp auf ein Sechstel des Gesamtumfanges
berechnet worden ist. Von der Wirkungsgeschichte dieser Sammlung von 221 Texten
verschiedensten Inhalts in alphabetischer Anordnung wissen wir bisher wenig. Da
dieses Buch schon im Jahre 1546 wegen seines teilweise freizügigen Inhalts von der
Universität Leuven indiziert wurde und den danach einsetzenden Verfolgungen und
Beschlagnahmungen der Sammlung nur ein einziges zufälliges Exemplar in der
Bibliothek von Wolfenbüttel entging, hat man sich bisher über seinen Einfluß auf
die zeitgenössische Liedtradition kein genaues Bild machen können.
Mit der Darfelder Handschrift sind wir in der Lage, bei der Klärung dieser Frage
wichtige neue Erkenntnisse beizusteuern. Katharina von Bronckhorst vollendete den
Grundstock ihrer Sammlung im gleichen Jahr, als das Antwerpener Liederbuch aus
dem Verkehr gezogen wurde. Die Abfassung dieses Teils ihrer Handschrift fällt
demnach mit der kurzen Periode der Wirkung des in Antwerpen gedruckten Buches
zusammen. Das Repertoire Katharinas läßt deutlich werden, daß sie sich der Zug-
39
vgl. Rolf Wilh. Brednich, Schwankballade. In: Handbuch des Volksliedes Bd. 1, München
1973, S. 157-203; Erotisches Lied. Ebda. S. 575-615.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
33
kraft dieses bedeutenden Mittlers von neuen Texten nicht entziehen konnte. Der
statistische Befund vermittelt zahlenmäßig folgendes Bild: Nr. 36/212 = D 40; Nr.
74 = D 17; Nr. 72 = D 27; Nr. 102 = D 31; Nr. 114 = D 18; Nr. 115 = D 73; Nr. 161
= D 36/94; Nr. 205 = D 24. Zu diesen acht Vollkonkordanzen tritt eine weitere
Strophenkonkordanz bei Nr. 103 - D 20. Kehren wir dieses Verzeichnis von
Konkordanzen um, so ergibt sich, daß von den 20 Liedern Katharinas von Bronckhorst
(Nr. 16, 22-40) allein 5, also genau ein Viertel, unmittelbar oder mittelbar auf das
Antwerpener Liederbuch zurückgehen. Die Lieder D 24 und D 27 sind fast
wortwörtlich aus dem Liederbuch abgeschrieben, wobei die leichten sprachlichen
Veränderungen auf das Konto der Schreiberin gehen könnten, von der anzunehmen
sein wird, daß ihr ein Exemplar des Antwerpener Liederbuches vorlag. Diese
Vermutung verdichtet sich zur Gewißheit angesichts des Textes D 31, in dem
Katharina so eng der Vorlage (Nr. 102) folgt, daß sie sogar die offenkundigen
Verderbnisse dieser Fassung wortgetreu übernimmt. Wieder ein anderes Bild bietet
D 36, wo Katharinas Abschrift offensichtlich durch Diktat vermittelt wurde und sich
in ihren Text daher einige Hörfehler eingeschlichen haben (s. den Kommentar zu D
36). Ein aufschlußreiches Beispiel für eine vom Antwerpener Liederbuch unabhängige
Texttradition liefert zur gleichen Zeit D 94 mit einer vollständiger erhaltenen Fassung
des ursprünglich hochdeutschen Tageliedes. Der Text D 40 von Katharinas Hand
gehört zwar zu einem im Antwerpener Liederbuch vertretenen Liedtypus, aber es
besteht keine direkte Abhängigkeit, so daß das Repertoire der Besitzerin unseres
Liederbuches insgesamt gesehen die verschiedenen Ebenen vor Augen führt, auf
denen sich die Tradierung von Texten - ausgehend von einer genau zu
identifizierenden Quelle - vollzieht: Der Einfluß der gedruckten Quelle ist
offenkundig, aber neben und parallel zu ihr kursieren die gleichen Lieder in
unabhängigen Versionen. Wir sehen daraus, wie Liedersammlungen dieser Art ihre
Wirkung dem Umstand verdanken, daß ihre Herausgeber das Ohr am Puls der Zeit
hatten und dem Publikum genau das anboten, was es ohnehin schon kannte bzw.
benötigte. Die gedruckte Liedersammlung stützt und begleitet die orale Tradition
von Liedern; sie ist damals noch keinesfalls in der Lage gewesen, dieselbe ganz zu
vertreten oder gar zu verdrängen. Als Beweis können auch die übrigen Konkordanzen
von D mit dem Antwerpener Liederbuch (D 17, 18) dienen. Es besteht keine
Abhängigkeit, sondern hier haben beide Quellen Teil an einer am Niederrhein und
in den Niederlanden beheimateten regionalen Überlieferung, während das historische
Ereignislied D 73 einen gegenüber dem Antwerpener Liederbuch sprachlich
überlegenen Text repräsentiert.
Werfen wir noch einen kurzen Blick auf die weitere Entwicklung bis zum Ende
des 16. Jahrhunderts, so erkennen wir noch in späteren Liederbüchern die Tendenz
der Kompilatoren, das Repertoire ihrer Sammlungen zu einem gewissen Teil dem
älteren, oft schon Generationen alten Liedgut vorzubehalten, so daß viele Lieder
dieser Bücher ähnlich wie in den älteren Vorgängern noch immer auch für Adelskreise
als Identifikationsobjekte in Frage kamen. So läßt sich vielleicht die Kontinuität des
Repertoires bis hin zum Niederdeutschen Liederbuch von ca. 1600 (Uhland - de
Bouck) erklären, das genau wie das Ambraser Liederbuch von 1582
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
34
und die damit eng verwandten Sammlungen aus Erfurt, Köln und Berlin noch
zahlreiche Konkordanzen zu D aufweisen. Wir beschränken die folgenden Angaben
auf die Nachweise zum Niederdeutschen Liederbuch: Nr. 1 = D 81; Nr. 3 = D 78;
Nr. 10 = D 66; Nr. 24 = D 25; Nr. 46 = D 38; Nr. 57 = D 84; Nr. 58 = D 20; Nr. 62
= D 54; Nr. 71 = D 65; Nr. 74 = D 22; Nr. 80 = D 46.
7. Die Sprache
Wir haben bisher die sprachliche Seite der Texte dieser Liederhandschrift aus unseren
Untersuchungen ausgeklammert. Bei einer Darstellung aller Aspekte der Quelle darf
jedoch die Sprache nicht übergangen werden, so schwierig dieses Gebiet auch
erscheinen mag. Es war schon von den Schwierigkeiten die Rede, ältere
Liederhandschriften als Quelle historischer Dialektforschung heranzuziehen. Diese
Schwierigkeiten rühren vor allem daher, daß sich der Überlieferungsträger in seinen
Liedtexten nicht unmittelbar in der Umgangssprache oder in der Mundart ausspricht,
sondern daß ihm die Texte auf verschiedenen Wegen vermittelt werden und er dadurch
zum Glied einer Kette wird, bei der es oft nur mit Mühe auszumachen ist, worin der
individuelle Anteil einer historischen ‘Gewährsperson’ jeweils besteht, was aus der
vorangehenden Textgeschichte und was aus gesprochener Sprache abzuleiten sein
wird. Hinzu kommt bei der Darfelder Liederhandschrift wie bei vielen anderen im
vorigen Abschnitt aufgeführten nordwestdeutschen Sammelhandschriften der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts das Problem der Sprachmischung. Die genannten Quellen
entstammen einem Gebiet, das sich als Grenzzone zwischen hoch- und niederdeutscher
Schriftsprache und Mundart in einer Periode der allgemeinen sprachlichen
Unsicherheit und des Übergangs befand. Einflüsse aus dem Hochdeutschen, dem
ripuarischen Mitteldeutschen des Kölner Raumes, dem Niederdeutschen, dem
Niederländischen und der bodenständigen niederfränkischen Mundart überschneiden
und verbinden sich in dem Liederbuch zu einem Dokument, das sprachlich deshalb
keinesfalls als einheitliches Ganzes, sondern gerade als Ausdruck des Ringens
verschiedener Kulturkomplexe aufgefaßt werden kann. Räumlich gesehen sind es
der Kulturraum Köln, die Niederlande und der (hoch-) deutsche Kulturraum, die
über diesen Zeitraum hinaus auf das Niederfränkische (Geldrisch-Klevische)
einwirken.
Unsere Aufgabe kann nicht darin bestehen, alle hier entstehenden Fragen einer
Lösung zuzuführen. Allein schon Raumgründe verbieten es, diese Erörterungen zu
einer ausführlichen Grammatik der Sprachen imseres Dokuments ausufern zu lassen.
Was geleistet werden kann, besteht vor allem darin, einen Einblick zu geben in die
Schichtung des Liederbuches durch die Aufschlüsselung der verschiedenen
sprachlichen Einflußsphären. Richten wir unseren Blick zunächst auf die Teile der
Handschrift, in denen sich die Schreiber mit rein hochdeutschen Stücken verewigten.
Der hochdeutsche Einfluß auf unsere Liederhandschrift ist insgesamt ganz
unverkennbar und wurde im voranstehenden Abschnitt bei der Erwähnung der
hochdeutschen Liederbücher, die als Quellen für D in Frage kommen, bereits gestreift.
Das literari-
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
35
sche Übergewicht des hochdeutschen Liedes war zu allen Zeiten viel zu stark, als
daß sich eine Liedersammlung mit dem Anspruch auf ein repräsentatives Repertoire
dem Einfluß dieses Liedgutes hätte entziehen können. Nun ist aber auffällig und
bedarf starker Betonung, daß das hochdeutsche nachhöfische Liebeslied keinesfalls
unverandert und buchstabengetreu in die Darfelder Sammelhandschrift Eingang
findet, sondern weitgehende sprachliche Anpassung an die am Niederrhein und in
Westfalen damals herrschenden Schreibgewohnheiten erfährt. So sind die
hochdeutschen Stücke in unserer Handschrift nicht allzu häufig. Sie gehen vielfach
auf direkte Vermittlung von Schreibern aus hochdeutschem Sprachgebiet oder auf
direkte hd. Quellen zurück (s. D 42, 103; 2, 54, 58, 85, 91, 104). Aber auch aus der
Feder von Angehörigen der Familie Bronckhorst-Battenburg, bei denen eine
ursprüngliche Bindung an die niederfränkische Mundart vorausgesetzt werden darf,
fließen mitunter rein hochdeutsche Stücke wie D 43 (von Anna von Bronckhorst)
ein. Sogar bei der holländischen Schreiberin M. van Merode (D 57) taucht in einem
Fall ein hochdeutsches Stück auf.
Gegenüber diesem hochdeutschen Anteil von 10 Texten fallen die niederdeutschen
Lieder unserer Handschrift besonders deswegen stark ins Gewicht, weil sich darunter
nicht weniger als 12 bisher unbekannte Stücke befinden. Von insgesamt 14
niederdeutschen Liedern in D sind also 12 Unicate. Hier liegt der bedeutendste
Gewinn der Darfelder Handschrift für die niederdeutsche Liedforschung, und
gleichzeitig tragen diese wertvollen Liedtexte zu der Erkenntnis bei, daß der
niederdeutsche Raum im 16. Jahrhundert einen eigenen Liederschatz besaß, der
größer ist als bisher angenommen und der den von Uhland und von Alpers
veröffentlichten Corpus weit übertrifft, wenn erst einmal alle niederdeutschen
Handschriften systematisch auf ihre Beiträge zur Erweiterung des
Überlieferungsstandes ausgewertet sind. Bis dahin scheint noch ein weiter Weg. Der
Herausgeber der vorliegenden Edition wäre besonders froh, wenn seinem Beispiel
folgend die Arbeit an den Quellen wieder intensiver betrieben würde. Hier folgt ein
Überblick über die niederdeutschen Stücke unserer Handschrift, wobei niederdeutsch
nicht im heute üblichen Sinne aufzufassen ist, sondern die niederfränkische Sprache
der Herkunftslandschaft des Liederbuches bezeichnet:
D 9/77 Grois leith drege idt forborgen; D 13 (Abb. 4) Myn seyn haeff ych
aen eym gelacht; D 19 (Abb. 6) Truwe ogen myn; D 39 Ich weet noch eyn;
D 45 Der werlt untruwe ys mannych folt; D 55 Myn leyff und ych wyr synt
gescheden; D 56 Ich habe gesadth in minen sin; D 82 Ych hadt ennen
gueden frundt; D 84 Der morgen stern der hait sich auff gedrungen; D
90 Durch dummen sin; D 99 Ffrou Ffenuys wyl mydi morden; D 106 Das
soette nyen yar.
Aus der Entstehungsgeschichte der Handschrift lassen sich die niederländischen
Einflüsse relativ mühelos erklären. Aber die dynastischen Verbindungen des Hauses
von Bronckhorst-Battenburg mit den niederländischen Familien der Brederode und
Renesse sind allein nicht als Erklärung für das Vorhandensein niederländischen
Liedgutes in unserer Handschrift ausreichend, Der Kulturströmung von Süd nach
Nord, mit der oberdeutsches Gut an den Niederrhein und in die Niederlande getragen
wurde, entsprach seit dem ausgehenden Mittelalter in Malerei, Baukunst und
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
36
nicht zuletzt in Musik40 eine kulturelle Gegenströmung, in deren Gefolge auch
niederländische Lyrik nach Niederdeutschland und den Rhein aufwärts gelangte. Ein
frühes Zeugnis für die Übernahme eines mittelniederländischen Liedes in eine
oberdeutsche Liederhandschrift ist Ein vrouleen edel von natüren im
Lochamer-Liederbuch Nr. 18. Dieser ‘Import’ läßt sich nach Chr. Petzsch41 mit den
seit dem 14. Jahrhundert bestehenden engen Handelsverbindungen zwischen Nürnberg
und Flandern erklären. Beckmann (S. 9) hat darauf hingewiesen, daß auch der Ander
theil von Forsters Liedlein (1540) mit einem niederländischen Lied Es sout ein
Meiskin halen win42 beginnt und daß in der gleichen Ausgabe noch zwei
Einleitungsstrophen niederländischer Rederijkergedichte folgen: Nr. 26 Ich weet ein
Vrauken amoreus und Nr. 27 Ich seg adiu wy twe wy moeten scheiden43, die einer
frühen Auflage des Antwerpener Liederbuches zu entstammen scheinen. Auch in
die Heidelberger Hs. Pal. 343 hat unter Nr. 160 ein niederländischer Text in zerrütteter
Form Eingang gefunden: Ich het mir ein stetigkh lifikin.
Insgesamt zählen wir 17 Texte niederländischer Abstammung in unserer
Handschrift, die im folgenden aufgeführt werden sollen:
D 1 Lyden is myn beste cleet; D 17 De wynter ys verganen; D 18 Myn
senkens synt my tortagen; D 24 Ryck Got, wie sail ich klagen; D 27 Het
viel eyns kolen douwe; D 31 Ich byn umb eynre frouwe wille; D 33 Ghen
besser freudt up erden niet en is; D 34 Ghen Boeser ding up erden niet en
is; D 35 Gheyn beter freudt up erden niet en is; D 36 Waeckt up, waeckt
up, du warde gast; D 37 Wie kompt dat by; D 40 (Abb. 7) Eyn Venus
dierken had ich uytherkoren; D 41 Ffreys unde ffreylych wyll ych myth
halden; D 61 Reyn Edel ioffrau fyn; D 69 En allen mijn jonck leven; D 79
O Kuepedo al met die liefde stralen; D 80 Al om een joncfroukens wille.
In diesem Verzeichnis sind auch die aus dem Antwerpener Liederbuch geschöpften
Texte (D 24, 27, 31 und 36) sowie einige niederländische Übersetzungen ursprünglich
hochdeutcher Lieder wie D 31, 34, 35 und 36 enthalten. Besonders auffällig ist die
Häufung niederländischer Texte bei der Besitzerin der Liederhandschrift, dem Fräulein
von Bronckhorst. Neun der von ihr eingetragenen 20 Liedtexte stammen aus den
Niederlanden.
Durch das hier gehandhabte Auswahlverfahren zur sprachlichen Schichtung der
106 überlieferten Texte haben wir 10 hochdeutsche, 13 niederfränkische und 17
niederländische Texte aussondern können, zu denen noch der französische Liedbeleg
D 87 zu zahlen wäre. Der verbleibende Rest von 64 Texten, somit also die Hauptmasse
der Lieder unserer Quelle, bleibt für die Rubrik der sog. Mischsprache übrig. Die
Darfelder Handschrift teilt diese Sprachmischung von ripuarischen und
niederfränkischen Bestandteilen mit vielen anderen Handschriften dieser Periode;
ja auch schon in älteren Dokumenten um die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert
liegen reichlich
40
41
42
43
vgl. Helmuth Osthoff, Die Niederländer und das deutsdie Lied (1400-1640), Neudruck
Tutzing 1967.
Christoph Petzsch, Das Lochamer-Liederbuch. Studien 1967 (Münchener Texte und
Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters, 19), S. 68, Anm. 39.
Forster-Marriage S. 83 und 226.
Forster-Marriage S. 90-91, 231-232.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
37
Textzeugnisse für diesen Prozeß der Sprachmischung vor. Wir können die Ebstorfer
Liederhandschrift aus einem Benediktinerinnenkloster in der Lüneburger Heide
heranziehen, deren geistliche Lieder und Sprüche zwischen 1490 und 1520 eingetragen
wurden. Die Frage nach der Ursache der dort erstmals an Liedzeugnissen in größerem
Maße in Erscheinung tretenden Sprachmengung beantwortet E d w a r d S c h r ö d e r
so:
‘Die Frage: ob nach einer Vorlage? oder Niederschrift aus dem Gedächtnis?
muß für jedes der... Stücke einzeln gestellt werden, wenn auch nur für
wenige sich die Antwort der letzteren Entstehung zuneigen mag. Auf die
Sprachmischung, die der Feder des Schreibers unmittelbar entstammt, ist
bei älteren Denkmälern hundertfach hingewiesen worden, auf die oft noch
rücksichtslosere, welche das unsichere Gedächtnis des naiven Menschen
vollzieht, hat man bisher fast nur bei dem modernen Volkslied geachtet’44.
Auf den gleichen Vorgang der Sprachmischung in Liedtexten hat P a u l A l p e r s
bei der Benckhäuser Liederhandschrift von 1573-1588 aufmerksam gemacht: ‘Die
Sprache der Handschrift (ist) ein hoch-niederdeutsches Gemisch, ein “Missingsch”,
wie wir es in den meisten in Norddeutschland geschriebenen Liederbüchern des 16.
und 17. Jahrhunderts finden: die Schreiber, deren Muttersprache das Niederdeutsche
ist, versuchen Hochdeutsch zu schreiben; das Niederdeutsche lugt aber an allen Ecken
hervor, bei dem einen Schreiber mehr, bei dem anderen weniger’45.
Ein drittes Zeugnis sei zum Beweis dafür angeführt, daß das Phänomen der
Sprachmischung keineswegs auf das Darfelder Liederbuch beschränkt ist. Wir
entnehmen es der Beschreibung der Quarthandschrift von 1579 von F r . J. M o n e ,
der sich seinerseits auf die Mitteilungen des Frhrn. W. v o n H a x t h a u s e n , des
vormaligen Besitzers der Handschrift, stützen konnte: ‘Fast alles hochdeutsch, man
sieht schon den Andrang des Hochdeutschen, das in geschriebenen und gedruckten
Sachen schon das Niederdeutsche verdrängt. Im Umgange und Gespräch war dieses
selbst in den vornehmsten Ständen bis zur jetzigen Generation nicht verschwunden
und hat sich in einigen Familien erhalten. Ganz rein niederdeutsch ist kein einziges
Lied, wenigstens in der Orthographie, überall kommen Spuren der vordringenden
Büchersprache vor, welche zwar nicht gesprochen wurde, beim Schreiben aber von
selbst durch den Unterricht und die Gelehrten (Licentiaten etc.) nach und nach
hervortreten mußte...’46.
Für die genannten Quellen genau wie für unsere Liederhandschrift gilt die
grundlegende Erkenntnis, daß die Liedüberlieferungen der Zeit Teil hatten an den
allgemeinen sprachlichen Entwicklungen und Strömungen, ja mehr noch, daß uns
in ihnen eine Quellenschicht von hohem Aussagewert zur Verfügung steht, die von
der historischen Sprachforschung bisher nicht oder aber nur am Rande ausgewertet
wurde. Darauf hatte schon H ü b n e r 1927 in seinem Vortrag zur Darfelder
Handschrift hingewiesen, wir wollen seine Sätze dazu wiederholen: ‘Wenn man die
44
45
46
Edward Schröder, Die Ebstorfer Liederhandschrift. In: JbdVfndSprf 15 (1889) 1-32,
hier 5.
P. Alpers in NdZsfVk 1 (1923) 109.
Fr. J. Mone in Anz. f.d. Kde. d. teutsch. Vorzeit 7 (1838) Sp. 72-73.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
38
“monstrose” Mischsprache47 nun aber betrachtet im Lichte jenes Ringens zweier
Kulturkomplexe, wie es sich dort am Niederrhein, im Cleverland und seinen
Nachbargebieten einmal abgespielt hat, dann gewinnen gerade diese Texte das größte
Interesse...; für die historische Unterbauung dieser wertvollen dialektologischen
Erkenntnisse [von Th. Frings] steckt in der Darfelder Handschrift (wie auch in ihren
Verwandten) ein Material, das die rheinische Mundartenforschung noch nutzen
muß’48.
In der Sprachgeschichte sind bisher vor allem Urkunden zur Untersuchung der
sprachlichen Prozesse herangezogen worden. So kennen wir heute die Entwicklung
der Kanzlei- und Amtssprachen recht genau, aber was ihre Aufnahme in die
gesprochene Sprache betrifft, so findet man in der einschlägigen Literatur nur
allgemeine und wenig befriedigende Aussagen. So heißt es z.B. bei T. S o d m a n n
in einer neueren Darstellung über den Untergang des Mittelniederdeutschen als
Schriftsprache: ‘Zunächst gingen die Kanzleien voran, aber die Aufnahme des
Hochdeutschen geschah nicht nur durch sie oder die oberen Schichten, sondern wurde
von allen Bevölkerungsschichten vorgenommen’49. Ähnlich urteilt A. L a s c h , das
von Süden andringende Hochdeutsche sei mündlich von allen Bevölkerungsschichten
aufgenommen worden, habe sich ‘vorgeschoben im Austausch, im persönlichen
Verkehr, allmählich die Umgangssprache immer mehr gewinnend’50. Mit den
Liedtexten unserer Handschrift erhalten wir - so will es uns scheinen - einen Einblick
in den differenzierten Ablauf dieses in Umrissen bekannten, aber in seinen
Auswirkungen auf das einzelne Individuum noch reichlich unerforschten Prozesses.
Unsere Liedtexte stehen der gesprochenen Sprache zweifellos näher als die
Amtssprache der Urkunden, und so konnte schon Hübner über den Quellenwert der
Handschrift urteilen: ‘Damit bietet sich in der Darfelder Handschrift und ihren
Genossen eine Quellenschicht dar, die die Urkunden nicht nur ergänzt, sondern
vielleicht an Wert übertrifft. Wir lernen uns ja allmählich befreien von der Vorstellung,
als wenn Urkunden die treuesten Zeugen landschaftlicher Sprache wären: Urkunden
sind meist von berufsmäßigen Schreibern geschrieben, und wo berufsmäßige Schreiber
sind, ist immer auch Schreibtradition. In unserem Stammbuch haben wir weithin
eine viel rohere, aber auch unbefangenere Form der Aufzeichnung: darin liegt sein
Wert für die Sprachgeschichte’51.
47
48
49
50
51
Ein Ausdruck von Paul Alpers, Niederdeutsche und niederländische Volksdichtung in ihren
Beziehungen zueinander. In: NdZsfVk 5 (1927) 14-42, hier 15: “Begreiflicherweise war
dieser Verkehr am regsten am Niederrhein und in Westfalen, und so gleichen sich denn fast
alle von dort stammenden Liederbücher des 15. Jahrhunderts darin, daß sie in einer
monströsen, aus Hochdeutschem, Niederdeutschem und Niederländischem gemischten
Spradie geschrieben sind und daß sie auffallend viele Lieder mit den Niederländern gemeinsam
haben” (Hervorhebung von mir).
Hübner I, S. 42-43.
Timothy Sodmann, Der Untergang des Mittelniederdeutschen als Schriftsprache. In:
Niederdeutsch. Sprache und Literatur. Eine Einführung, hrsg. von Jan Goossens, Bd. 1:
Sprache, Neumünster 1973, S. 116-129, hier 117.
Agathe Lasch, Vom Werden und Wesen des Mittelniederdeutschen. In: JbdVfndSprf 51
(1925) 55-76, hier 74.
Hübner I, S. 43-44.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
39
Stellen wir nun die konkrete Frage, welche sprachlichen Neuerungen es waren, die
durch das an eine bestimmte Gesellschaftsschicht gebundene Liedgut transportiert
wurden, so fällt an unseren 64 Texten in Mischmundart, von denen die weitaus größte
Zahl oberdeutsche literarische Traditionen repräsentiert, vor allem der Umstand auf,
daß es einzelne Leitformen und -wörter sind, die die sprachlichen Neuerungen über
die Sprachgrenze hinaus weitertragen: Es sind die lautverschobenen Formen der
Pronomina ich, mich, sich, ferner Wörter mit der Ableitungssilbe -lich, die zunächst
in einem niederfränkischen Text als auffällig erscheinen müssen. Aber die Texte der
Darfelder Handschrift vollziehen hier nur eine Erscheinung mit, die nach Frings52
bereits im 14./15. Jahrhundert einsetzt und die dazu geführt hat, daß diejenige Linie
des sog. rheinischen Fächers, die Ürdinger Linie, die ik und ich scheidet, am weitesten
nach Norden ausgreift. Es scheint, als ob ganz bestimmte verschobene Formen im
Zusammenhang von Liedtexten für die Überlieferungsträger die Funktion des
‘sprachlichen Mehrwerts’ erfüllten und daß sie sich an diese moderne Aussprache
bestimmter Leitformen gewöhnt hatten. Dazu gehört sicher ich, dazu gehört aber
zweifellos ein zweites hochdeutsches Leitwort, nämlich hertz. Mit diesem Wort
dringt die Verschiebung von t zu tz in das niederfränkische Gebiet vor, und es konnte
nicht ausbleiben, daß auch benachbarte Wörter mit auslautendem t von dieser
Bewegung ergriffen wurden. Ähnliche Entwiddungen ließen sich an einer Reihe
weiterer Leitwörter wie kleffer (Verschiebung p > ff), zit (Verschiebung t > tz) usw.
aufzeigen. Wir wollen einer längst fälligen sprachgeschichtlichen Auswertung der
Darfelder Handschrift und ihrer Verwandten hier nicht vorgreifen, dürfen aber mit
Hübner53 hier die Vermutung aussprechen, daß das hochdeutsche Lied bei der
Ausbreitung hochdeutscher Wortformen eine bedeutsame Rolle gespielt hat, auf die
man in der künftigen Forschungsarbeit vielleicht etwas mehr achten sollte.
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß sich die Mischsprache des Niederrheins
lautverschobenen Formen gegenüber positiv verhält, unter Bevorzugung gewisser
Modeund Leitwörter, wie sie in den Liedtexten auftauchen. Demgegenüber ist noch
kaum Neigung zur Übernahme diphthongierter Formen zu erkennen, ja in sonst
hochdeutschen Texten wird die Diphthongierung in unserer Handschrift vielfach
sogar wieder rückgängig gemacht. Dieser Befund deckt sich mit der Tatsache, daß
die Linien der neuhochdeutschen Diphthongierung nicht so weit nach Norden reichen
wie die nördlichsten Linien der Lautverschiebung, sondern sidi zum Teil im Süden
des Kölner Raumes fixiert haben. In einem mit Kollegen T. S o d m a n (Münster)
geführten Briefwechsel faßt er seinen Eindruck von der Liederhandschrift in einer
Abwandlung des obenerwähnten Alpers'schen Satzes zusammen: die Schreiber, deren
Muttersprache das Niederfränkische ist, versuchen Hochdeutsch oder zumindest
ripuarisches Mitteldeutsch zu schreiben; das Niederfränkische lugt aber an allen
Ecken
52
53
Theodor Frings, Studien zur Dialektgeographie des Niederrheins zwischen Düsseldorf und
Aachen, Marburg 1913 (Deutsche Dialektgeographie, 5); ders., Rheinische Sprachgeschichte,
Essen 1922 (Geschichte des Rheinlandes von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart, 2) S.
257.
Hübner I, S. 42.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
40
hervor. Herrn S o d m a n n und Herrn P e t e r s vom Germanistischen Institut der
Universität Münster darf ich an dieser Stelle für kritische Durchsicht der Bemerkungen
zur Sprache des Darfelder Liederbuches herzlich danken.
Der Überblick über die sprachliche Schichtung des Darfelder Liederbuches bliebe
unvollständig, erwähnten wir nicht den Einfluß des französischen Sprachelements,
das sich in diesem Dokument zum ersten Mal deutlich bemerkbar macht. Dieses
Vordringen französischer Sprache findet zunächst einmal darin seine Erklärung, daß
in der Ahnenreihe der Bronckhorsts und Battenburgs auch französische Verwandte
auftauchen (s. im folgenden Kapitel die Ausführungen B e c k m a n n s zu den
Wappentafeln). Aber auch Angehörige anderer Familien bedienen sich französischer
Deviser oder Schreibersprüche, und ein J. Belhem trägt sogar ein fünfstrophiges
französisches Liebeslied ein (D 87). Da wir in diesen Texten der Handschrift
aufschlußreiche Frühzeugnisse für eine Welle zu entdecken glauben, die im 17. und
18. Jahrhundert die deutschsprachigen Liederhandschriften teilweise regelrecht
überschwemmt hat, scheint uns eine Zusammenstellung der betreffenden Zeugnisse
in D nicht ganz sinnlos. Der gesamte Fragenkomplex der französischen Einflüsse in
den älteren deutschen Liedquellen verdiente im Zusammenhang behandelt zu werden.
Bl. 1 ro
Motto von Katharina von Bronckhorst
und Battenburg: Je vis en esperance.
Bl. 11 ro
Motto von Tryna von Battenburg: Seul je
suis.
Bl. 15 ro
Französische Namensform Jenne (=
Johanna) de Brederode + französ. Motto.
Bl. 22 ro
Motto von S.v. Holtorp.
Bl. 24 ro
(Abb. 5) pensez sur moy.
Bl. 37 ro
(Abb. 7) perdonne Jeunnesse.
Bl. 46 ro
Franz. Motto.
Bl. 46 vo
En dieu mon esperance.
Bl. 56 ro
Französ. Stammbuchvers.
Bl. 80 vo
2 franz. Stammbuchverse.
Bl. 81 vo
Franz. Stammbuchvers.
Bl. 99 vo
Französ. Motto.
Auf Bl. 23 ro und 110 vo finden sich auch lateinische Sprüche bzw. Devisen.
Ein abschließendes Wort muß noch der Orthographie unserer Handschrift gewidmet
werden, die vor allem dem Anfänger gewisse Schwierigkeiten bereitet. Das
uneinheitliche und zum Teil verwirrende Bild bei der Schreibung der Vokale findet
aber seine Erklärung darin, daß nach der damaligen Schreibpraxis die Länge durch
nachgeschriebene Vokale zum Ausdruck gebracht wurde. In der Darfelder Handschrift
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
herrscht das Verfahren vor, die langen Vokale durch einen nachgeschriebenen Vokal
von verschiedener Qualität zu bezeichnen. Am häufigsten findet e Verwendung: ae,
oe, ue, dann auch i bzw. y: ai (ay), ei (ey) oi (oy), ai (ay) und seltener u: ou. Im
Anlaut vertritt s oftmals sch (z.B.D 17), da beide Laute einander nahestanden. Die
in der Handschrift vorkommenden Abkürzungen (besonders Nasalstrich für -m, -n,
-me) sind in der Edition aufgelöst worden.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
41
8. Die Darfelder Liederhandschrift als Liederstammbuch:
Wappenbuch - Devisen - Schreibverse - Zeichnungen
Im Voranstehenden ist die Darfelder Handschrift bereits verschiedentlich als
Stammbuch bzw. als Liederstammbuch bezeichnet worden. Da wir mit diesem Begriff
die eigentliche Gebrauchsbestimmung der Handschrift fassen, gilt es im folgenden,
diese Funktion unter Einbeziehung des verschiedenen bildlichen und sprachlichen
Beiwerkes der Handschrift noch etwas genauer zu umreißen. Wir hörten, daß der
Band keineswegs unbeschrieben war, als er dem jungen Adelsfräulein auf Hönnepel
zum Geschenk gemacht wurde. Vielmehr war eine Anzahl von Blättern, jeweils im
vorderen und hinteren Teil des Bandes, mit kolorierten Wappentafeln ausgemalt.
Auf Bl. 2 ro - 5 ro zunächst 14 Wappen auf 7 Seiten, auf Bl. 57 vo - 63 ro nochmals
24 Wappen auf 12 Seiten. Diesen Wappentafeln kam zweifellos die Aufgabe zu, der
Besitzerin Katharina von Bronckhorst und Battenburg die weitläufigen
verwandtschaftlichen Beziehungen ihrer Familie zur mitteleuropäischen Adelswelt
vor Augen zu führen. Der Band war somit ursprünglich als ein Stammenbuch angelegt,
was terminologisch etwas anderes darstellt als das im Wortlaut ähnliche ‘Stammbuch’.
‘Im 15. und 16. Jahrhundert, zur Zeit der Renaissance, entwickelte sich... das
Stammenbuch - das Wappenbuch als familiengeschichtliche Quelle, wie es uns vor
allem auch in den süddeutschen Reichsstädten beim Patriziat begegnet. Das
Stammenbuch befaßte sich mit der Abfolge eines Geschlechtes von einem
gemeinsamen Ahnen; es war also eine Stammtafel, keine Ahnentafel. Weit im 16.
Jahrhundert, ja bis ins 17. Jahrhundert ist die Stammtafel noch ein geistiges Produkt
des Mittelalters, ein Fundament des Ständestaates...’54. Das Stamm- oder
Geschlechterbuch diente während des Mittelalters vor allem dem Nachweis der
Turnierfähigkeit. Das Wappenbuch Katharinas ist bereits eine spielerisch anmutende
Spätform, Ausdruck des Selbstbewußtseins und des Repräsentationsbedürfnisses der
adligen Familie von Bronckhorst-Battenburg.
Mit diesem Teil unserer Liederhandschrift befaßt sich ein Hauptteil der Dissertation
von A.-E. B e c k m a n n . Die von ihr unternommenen genealogischen Forschungen
liegen zugegebenermaßen etwas abseits der Interessen des Herausgebers. Sie dürften
jedoch für die niederrheinisch-westfälische Adelsgeschichte von einigem Interesse
sein, weshalb wir die Ergebnisse Beckmanns, die der Forschung bisher nicht
zugänglich waren, hier leicht gekürzt wiedergeben.
‘Die einzelnen Wappentafeln sind mit den Namen der betreffenden
Adelsgeschlechter versehen; ihre Folge scheint mit einer Ausnahme
willkürlich zu sein, so daß die genealogischen Hintergründe für den
heutigen Betrachter nicht immer ganz durchsichtig werden. Bl. 2 ro enthält
die Wappen der Familien Wyckede55 und Lickervelle56, Bl. 2 vo [Abb. 2]
54
55
56
Albert Haemmerle, Wappen - Stammenbuch - Stammbuch. In: Stammbücher - Illustrierte
Manuskripte - Autographen. Auktionskatalog Hartung und Karl, München 1973, S. 5-6, hier
5.
Das Wappen des märkischen Rittergeschlechtes Wickede bringt Spießen Tafel 333
(vgl dazu Sp. 131b).
Comtes van Lichtervelde; zum Wappen vgl. Rietstap 2, 65 und Rolland 4, Pl. LXI.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
42
Alpen57 und Culenburch, Bl. 3 ro Wylich58 und Bourgonge59, Bl. 3 vo
Botzeler60 und Mailly61, Bl. 4 ro Hessen62 und Harchies63, Bl. 4 vo Sollenhardt
und Lauisuile, Bl. 5 ro Bentem64 und Bure65.
Am Eingang der zweiten Reihe sind die Familienwappen der Besitzerin
verewigt: der Zweig Bronckhorst-Battenburg und Anholt führte den
quadrierten Schild mit dem Bronckhorster Löwen und den vier
Tuchmacherscheren, eingeschlossen in ein Andreaskreuz (wegen der
Grafschaft Battenburg), dazu als Herzschild die Anholter Säule. Das
Wappen der gräflichen Besitzung Gronsfeld ist auf derselben Seite (Bl.
57 vo) abgebildet: drei rote Kugeln auf goldenem Grund (vgl. Fahne III,
S. 12, Spießen Tafel 51 und 62). Ihnen folgen die Wappen der Familien
Gemmen und Oyppenn (auf Bl. 58 ro); Alpen und Culenburch (Bl. 58 vo)66;
Butzler67; Bentem68 (Bl. 59 ro); Wickede69, Holt (Bl. 59 vo)70; Ovelacker71,
Knypraedt72 (Bl. 60 ro); Wilich73, Sollenhardt74 (Bl. 60 vo); Hessen75,
Grastorp76 (Bl. 61 ro). Die letzten acht Abbildungen unterscheiden sich
57
58
59
60
61
62
63
64
65
Über die ehemals kurkölnische Adelsfamilie Alpen vgl. Fahne I, Bd. 1, S. 6.
Der Stammsitz der Familie Wilich lag nach Spießen (Sp. 132a) bei Wesel; das Wappen
erscheint dort auf Tafel 334.
Über das Wappen der Nouveaux ducs de Bourgogne vgl. Rietstap 1, 271 und die
Abbildung bei Rolland 1, Pl. CCXCI.
Das Geschlecht derer von Boetselaar war aus dem Herzogtum Cleve nach den
Niederlanden ausgewandert, vgl. Ferwerda 2,2.
Französisches Adelsgeschlecht aus der Picardie. Nach der Abbildung des Wappens
handelt es sich um die Seitenlinie Mailly-Nedon, vgl. Rietstap 2, 132 und Rolland 4,
Pl. CXXI.
Wappen und Stammtafel der Cleveschen Familie Hessen bei Fahne II, 217,.
Grafengeschlecht aus Flandern, vgl. Rietstap 1, 887 und Rolland 3, Pl. CXLVII.
Das Wappen der Grafen und späteren Fürsten Bentheim ist veröffentlicht bei Fahne
II, S. 37, vgl. auch Spießen Tafel 28.
Die Wappentafel des holländischen Zweiges der ursprünglich westfälischen Familie
Büren beschreibt Fahne II, S. 83. In der Darfelder Hs. erscheinen die brennenden
Pechfackeln an der Helmzierde.
66
Dieselben Wappenbilder wie auf Bl. 2 vo (Alpen, Culenburch).
67
= Bl. 3 vo oben, Wappen der Familie Botzeler.
68
= Bl. 5 ro oben (Bentem).
69
= Bl. 2 ro oben (Wyckede).
Nach Spießen Sp. 72b saßen die Edlen von Holte im Osnabrückischen, doch wird es
sich kaum um dieses westfälische Geschlecht handeln, da die Wappentafel (Nr. 173
bei Spießen) von der der Darfelder verschieden ist. Rietstap weist das Haus Holt nach
Holland, vgl. 1, 887. Die entsprechende Abbildung des Wappens findet sich bei Rolland
4, Pl. CCXVI.
Das Geschlecht Ovelacker gehörte zum Uradel der Grafschaft Mark, vgl. Spießen Sp.
97a, Wappentafel 238; dazu Fahne II, S. 312.
Die Kniprode waren kölnische Vasallen; vgl. das Wappen bei Fahne I, Bd. 1, 227.
70
71
72
73
= Bl. 3 ro oben (Wylich).
74
= Bl. 4 vo oben (Sollenhardt).
75
= Bl. 4 ro oben (Hessen).
‘Garstorp Westphalie’ nach Rietstap 1, 745. Zur Abbildung des (etwas abweichenden)
Wappens vgl. Rolland 3, Pl. XVIII.
76
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
von den vorhergehenden durch genauere genealogische Bestimmungen:
Bl. 61 vo enthält die Wappen der Noyelle, dazu den Vermerk ‘du coste
paternelle’ und der Culemburch (vgl. dazu Bl. 2 vo unten, 58 vo unten)
mit der Erläuterung ‘du coste maternelle’. Bl. 62 ro die Wappenschilde
der Lickervelle ‘du coste paternelle’ (vgl. dasselbe Wappen auf Bl. 2 ro
unten) und der Bourgongne (= Bl. 3 ro unten) ‘du coste maternelle’; Bl.
62 vo die von Mailly (= Bl. 3 vo unten) ‘du coste paternelle’ und von Bure
(= Bl. 5 ro unten) ‘du coste maternelle’. Auf Bl. 63 ro endlich finden sich
noch einmal die Wappen der Harchies (= Bl. 4 ro unten) ‘du coste
paternelle’ und Lauisuille (= Bl. 4 vo unten) ‘du coste maternelle’.
Wie schon die Namen andeuten, gehören die zuletzt genannten
Adelsgeschlechter einem rein französisch-niederländischen Zweig der
Familie Bronckhorst-Battenburg an. Genaue
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
43
genealogische Feststellungen sind mit erheblichen Schwierigkeiten
verknüpft, da die Überlieferung für den älteren Adel dieser Länder zum
Teil abseits liegt, zum Teil ziemlich lückenhaft ist. Der Name Noyelle
taucht einmal in der Familiengeschichte Katharinas auf: ein Vetter ihres
Vaters, ebenfalls ein Dietrich von Bronckhorst-Battenburg, Sohn von
Giselbert, heiratete Elisabeth-Margarethe von Noyelle, Tochter von Gislar.
Diese Eheverbindung spielt noch weiter in unsere Handschrift hinein, denn
Elisabeth, beider Tochter, wird mit Johann von Raesfeld zu Ostendorf
vermählt, demselben J. von Raisfelt, der die Lieder 74-78 auf Bl. 80 vo 82 ro in D einzeichnete. Nach der Angabe der Wappentafel auf Bl. 61 vo
stammt Elisabeth-Margarethe mütterlicherseits aus dem alten
niederländischen Grafengeschlecht der Culenburg, deren Wappen dreimal
in der Handschrift abgeschildert ist77. Gislar, der Schwiegervater Dietrichs,
gehörte der Linie Noyelle-Artois an, demselben Zweig der Familie, aus
dem später die Grafen von Croix und Marle sowie die Marquis von
Lisbourg hervorgegangen sind (vgl. die Beschreibung des Wappens bei
Rietstap 2, 329 und die genau mit der Darfelder Handschrift
übereinstimmende Wiedergabe bei Rolland 4, CCXCVIII). Ob die
verwandtschaftlichen Beziehungen zu den übrigen südniederländischen
und französischen Adelsfamilien, den Genter Grafen von Lichtervelde,
den Nouveaux ducs de Bourgogne, den Grafen Mailly aus der Picardie
und dem flandrischen Grafengeschlecht Harchies de Vlamertinghe usw.
ausschließlich auf diese eine Verbindung zurückgehen, läßt sich nach dem
Stammbaum bei Joh. Hübner (Genealogische Tabellen 2. Teil, Leipzig
1727, Tafel 444 ‘Bronckhorst’ und Fahne III, Tafel II) nicht entscheiden,
da keiner von diesen Namen dort genannt wird. Hingegen besteht die
Verwandtschaft mit dem niederländischen Geschlecht von Culenburg
schon seit der Mitte des 15. Jahrhunderts. 1450 vermählte sich Katharinas
Urgroßvater, Henrik von Bronckhorst zu Battenburg, mit Catharina von
Alpen, einer Erbtochter, deren Vater, Johann von Alpen, Herr auf
Hönnepel, sich in zweiter Ehe mit Catharina von Bronckhorst-Battenburg,
einer Schwester Henriks, 1470 verheiratete. Da er der letzte seines
Geschlechts war, fiel die Herrschaft Hönnepel nach seinem Tode an die
Familie Bronckhorst. Weil nun die Häuser Alpen und Culenburg durch
die Eheschließung eines gewissen Ecbert von Alpen, der derselben Zeit
angehörte, mit Mettildis, Tochter des Dynasten von Culenburg, eng
verschwägert waren, hat es durchaus seine Berechtigung, wenn in dem
Stammbuch der ‘Tochter von Hönnepel’ zwei Blätter die Wappen von
Alpen und Culenburg tragen (Bl. 2 vo und 58 vo); auch die Namen
Boetselaar und Garstorp (= Grastorp), deren Wappen in der Handschrift
erscheinen (jene auf Bl. 3 vo und 59 ro oben, diese auf Bl. 61 ro unten),
77
vgl. Kneschke 2, 375, dazu Rietstap 1, 495: Van Culembourg, Pays d'Utrecht,
Beschreibung des Wappens. Die dazugehörige Abbildung liefert Rolland 2, Pl. CLXI.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
sind in der Ahnenliste des kölnischen Geschlechtes von Alpen vertreten78.
Von den übrigen sind die Wappenbilder besonders erwähnenswert, aus
denen sich nähere und nächste Beziehungen zu Katharinas Familie ergeben:
die erste Abbildung auf Bl. 2 ro (= Bl. 59 vo oben) zeigt das Wappen der
Familie Wickede, Besitzer der Herrschaft Moiland im Cleveschen. Anna
von Wickede, Erbin zu Moiland, war die Schwiegermutter der oben
erwähnten Elisabeth-Margarethe von Noyelle, ihr Mann, Giselbert von
Bronckhorst zu Battenburg und Anholt (bei Fahne III, 204 heißt er
irrtümlich Dietrich) wurde 1542 mit Moiland belehnt, starb schon im Jahr
1549. Er war ein Vetter von Katharinas Großvater Diedrich von
Bronckhorst, Herr auf Groensfeld und Rimburg79.
Auf der übernächsten Seite (Bl. 3 ro = Bl. 60 vo oben) steht an erster Stelle
das Wappen derer von Wilich, einer Seitenlinie der Herren von Steinhaus.
Gertrud von Wilich war die
78
79
vgl. Fahne I, Bd. 1, 6. Das Haus Boetselaar stammte ursprünglich aus Cleve, hatte sich
aber schon früh in den Niederlanden angesiedelt, vgl. Ferwerda 2, 2. Die drei goldenen
Wolfsangeln in den Wappen der Darfelder Handschrift gelten als das Abzeichen des
deutschen Zweiges dieser Familie, vgl. Rolland 1, Pl. CCXL.
Eine genaue Beschreibung des Wappens, so wie es der Wiedergabe in D entspricht,
gibt Fahne III, 204: quergeteilter Schild, unten Silber, oben in Rot eine goldene Cleve,
als Helmzier eine rote und eine goldene Schalmei, dazwischen wieder die goldene
Cleve.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
44
Großmutter Katharinas, die Mutter ihres Vaters und Gemahlin Dietrichs
von Bronckhorst-Battenburg (gest. 1506 oder 1508). Sie lebte von
1484-1523. Das Freiherrn-, später Grafengeschlecht von Wilich stammte
vom Niederrhein und führte einen roten Sparren mit eingeschlossenem
roten Ring im silbernen Feld80.
Auf Bl. 5 ro oben und Bl. 59 ro unten ist das Wappen der westfälischen
Grafen Bentheim abgebildet (vgl. Fahne I, Bd. 2,7 und die Stammtafel der
Fürsten Bentheim-Steinfurt und Bentheim-Tecklenburg ebda. 156/57).
Die Verwandtschaft der Familie Bronckhorst-Battenburg mit dem heute
noch existierenden Fürstenhaus Bentheim geht bis ins 15. Jahrhundert
zurück; zu dieser Zeit hatten verschiedentlich Eheschließungen zwischen
den beiden Geschlechtern stattgefunden; um die Jahrhundertwende
vermählte sich Jakob von Bronckhorst, Herr zu Battenburg und Anholt,
ein Großonkel Katharinas, der seit 1505 spanischer Gouverneur von
Gelderland war, mit Agnes, Gräfin von Bentheim. Der Sohn ihres Bruders,
Arnold, Graf von Bentheim, Steinfurt und Herr zu Wevelinghofen, trat
1544 zum Protestantismus über und heiratete in zweiter Ehe Walburga,
Gräfin von Brederode, eine jüngere Schwester Balthasars von Brederode.
So reichen die verwandtschaftlichen Beziehungen beider Häuser bis in
die jüngste Vergangenheit des Darfelder Liederbuches hinein. Allerdings
findet sich der Name Bentem unter denen, die sich persönlich in die
Handschrift eingetragen haben, nicht.
Dafür ist ein anderes Geschlecht, dessen Wappenbilder in der Ahnenreihe
von verwandtschaftlicher Verbundenheit Zeugnis ablegen, auch selbst in
dem Stammbuch vertreten: als Schreiberin des Liedes 98 nennt sich
Elysabeth van Boeren, eine Schwägerin Katherinas. Sie war die Gemahlin
ihres Bruders Dietrich und eine Angehörige des berühmten Hauses
Egmont-Büren, das in den Freiheitskämpfen der Niederlande eine so
tragische Rolle gespielt hat. Die beiden Wappenbilder der niederländischen
Familie Büren auf Bl. 5 ro und 62 vo (roter Schild mit gezinntem goldenem
Querbalken, als Helmzier zwei brennende Pechfackeln) sind jedoch
wahrscheinlich schon auf Grund einer älteren Verbindung mit diesem
Hause in die Handschrift aufgenommen worden; leider lassen sich genauere
Angaben darüber in den Stammbäumen der einzelnen Familien nicht
auffinden81.
80
81
Joh. Hübner (Tabelle 444) und nach ihm Fahne III, Tafel II nennen Gertrud von Wisch
an dieser Stelle. Der Irrtum beruht entweder auf einem mechanischen Versehen
(Druckfehler bei Hübner?) oder auf Verwechslung mit der Borculoer-Linie der Grafen
Bronckhorst-Battenburg, in die einige Angehörige der Familie Wisch hineingeheiratet
haben. - Zur Abstammung Gertruds von Wilich vgl. Fahne III, 223.
Die Vermählung Gisberts, Grafen von Bronckhorst zu Borculo mit Elisabeth von
Egmont lag vor der Ehe Adelheids von Culenburg, Erbin von Büren, mit dem Grafen
Egmont, durch die Name und Besitz der Grafschaft Büren an dieses Geschlecht kam.
Vgl. dazu den Stammbaum der niederländischen Büren bei Gaspar Scioppius, Stemma
illustrissimae familiae Bvrensis, 1629, der aber nur die männlichen Mitglieder der
Familie aufzählt. Die Darfelder Handschrift weist bei Büren selber ausdrücklich auf
die französische Linie in der Ahnenreihe Katharinas hin, denn sie schreibt auf Bl. 62
vo ‘Mailly; du coste paternelle. Bure: du coste maternelle’. Das ausführliche
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Bis in das späte 14. Jahrhundert geht die Verwandtschaft der Herren von
Bronckhorst-Battenburg mit dem westfälischen Geschlecht Gemen zurück,
dessen Wappen auf Bl. 58 ro abgemalt ist. Gisbert von Bronckhorst, Herr
auf Battenburg, heiratete 1390 Elsa-Margaretha von Gemen, die ihm die
Besitzung Anholt als Erbgut in die Ehe brachte. Ein Jahr später vermählte
sich ein weibliches Mitglied der Familie Bronckhorst, Katharina, mit dem
Brudersohn der Anholter Erbin, Heinrich von Gemen. Die Herrschaft
Gemen selbst ist noch insofern bedeutungsvoll für die jüngere Generation
der Bronckhorsts geworden, als sie die letzte Zufluchtsstätte Heinrichs
von Brederode, des berühmten Geusenkämpfers, bildete, auf der er dann
auch im Jahr 1568 gestorben ist. Seine jüngere Schwester Johanna - sie
hat sich in der Handschrift mit dem Lied Nr. 7 und dem Namenszug Jenne
de Brederode eingetragen - aber war die Gemahlin von Katharinas ältestem
Bruder Jodocus, Herrn auf Hönnepel;
Generationenverzeichnis in Ferwerdas Wapenboek 2, 1 nennt den Namen Mailly bei
dem Hause Egmont-Büren nicht.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
45
ihr Bruder hatte sie, da er kinderlos starb, zur Alleinerbin aller seiner Güter
eingesetzt, doch konnte sie die Erbschaft nicht antreten, solange Herzog
Alba in den Niederlanden herrschte. Sie starb 1573 (Ferwerda 2,2); erst
drei Jahre später; nach dem Genter Friedensschluß, wurden alle
konfiszierten Güter wieder freigegeben, so daß wenigstens ihre eigene
Tochter, Katharinas Nichte Gertrud, die im Jahre 1590 unvermählt starb,
in den Besitz der Herrschaften Vianen, Ameide und Hönnepel gelangte
(Hönnepel ubernahm sie von ihrem Vater Jodokus; vgl. Gouthoeven,
D'Oude Chronijcke en Historien van Holland [1636], Bl. 123). Gemen
selbst gehörte damals nicht mehr dem Hause, dessen Stammschloß es
einmal gewesen war, sondern hatte am Ausgang des 15. Jahrhunderts
durch Heirat der Erbtochter Cordula den Besitz gewechselt; es kam an die
Grafen von Holstein-Schaumburg, in deren Händen es sich noch zur Zeit
der Abfassung des Stammbuches befand. Die Enkel jener Cordula von
Gemen waren es, die anno 1555 und 1556 die Lieder Nr. 3, Nr. 8 und Nr.
72 in die Handschrift einzeichneten82.
Verwandtschaftliche Fäden, die sich zwischen dem Geschlecht derer von
Bronckhorst und den Familien Oyppenn, Holt, Ovelacker, Knypradt,
Sollenhard und Hessen hin und her gesponnen haben, sind heute nicht
mehr aufzuspüren. Das Wappen der Hessen - in Rot ein goldener
Herzschild, begleitet von drei goldenen Schellen - gibt Fahne II auf S. 217
wieder (Otto von Hessen war in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts
Erbhofmeister von Cleve). Die Wappentafel der kurkölnischen Vasallen
Kniprode weicht in der Anordnung bei Fahne I, Bd. 1,227 hinsichtlich der
drei silbernen Tauben etwas von der Darfelder Wiedergabe ab. Zu den
Häusern Ovelacker und Holt vgl. oben Anm. 70 und 71.
In der langen Reihe von Wappenbildern, deren Anlage der kunstvollen,
reichgeschmückten Ausführung nach sorgfältig durchdacht war, fehlt jede
Beziehung auf das gräfliche Haus Brederode, dem die Besitzerin der
Handschrift seit ihrer Heirat mit Balthasar von Brederode angehörte. Diese
Tatsache ist darum besonders erwähnenswert, weil sie die Schlußfolgerung
unterstützt, daß Katharina ihre Liedersammlung als junges Mädchen
begonnen und, wie die verschiedenen Eintragungen unter dem Namen
Brederode beweisen, später in der Ehe fortgeführt hat83. Für die Handschrift
selbst ist diese Feststellung von großer Wichtigkeit: zeigt sie doch, daß
der lokale Untergrund, auf dem sie erwachsen ist, sich im Laufe ihrer
Entstehung verschoben hat; er wechselte von dem niederrheinischen
Grenzgebiet, in dem die ‘Dochter zu Hönnepel’ groß geworden war,
hinüber zu der rein niederländischen Landschaft Nordhollands, in die
Balthasar von Brederode als Herr auf Bergen seine junge Frau führte’84.
82
83
84
Das Wappen der Herren von Gemen findet sich bei Fahne II, 168; die Stammtafel, aus
der die alte Verwandtschaft mit den Bronckhorsts deutlich wird, ist auf S. 174
abgedruckt.
vgl. Hübner I, S. 41.
Beckmann S. 18-24.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Es bleibt nunmehr noch unsere Aufgabe, abschließend darzustellen, wie aus dem
ursprünglichen Wappen- und Stammenbuch der Katharina von Bronckhorst und
Battenburg nach 1546 allmählich ein Liederstammbuch wurde. Die Idee lag zwar
nahe, zumal man sich seit dem späten Mittelalter Lieder, besonders Liebeslieder, in
geschriebener oder gedruckter Form zum Jahreswechsel zu dedizieren pflegte. Aber
nach all dem, was wir aus der Geschichte des Stammbuches wissen, darf Katharina
von Bronckhorst auf Hönnepel als die erste Besitzerin eines solchen
Liederstammbuches gelten.
Das Stammbuch mit persönlichen Widmungen von Verwandten und Freunden
entsteht im 16. Jahrhundert als Zeichen der Emanzipation der Persönlichkeit, und es
ist vorzugsweise von jungen Leuten, besonders von Studenten gepflegt worden. Von
Adelskreisen ausgehend, hat diese Sitte noch im gleichen Jahrhundert auch in
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
46
bürgerlichen Kreisen Einzug gehalten85. Es war üblich, sich mit seinem Namen, Stand
und Geburtsort, mit Devisen, Sinnsprüchen, Wappen oder sonstigen Zeichnungen
zu verewigen86. Westfalen nimmt in der Geschichte des deutschen Stammbuches
einen besonderen Rang ein, da hier viele Frühzeugnisse, insbesondere aus dem Besitz
adliger Damen, bekannt geworden sind. A.M. H i l d e b r a n d t bespricht in seinen
‘Stammbuchblättern des norddeutschen Adels’ (21884) die drei westfälischen
Stammbücher von Leonhard von Wersabe, Franz von Domstorff und Johanna
Elisabeth von Hake (1620-1628), zwei weitere sind bei J. L ü t t e k e n erwähnt: das
Stammbuch der adligen Damen E. von Bevern (1571 ff.) und Gertrud von Bevern
(1579 ff.)87. Am bekanntesten jedoch dürfte das westfälische Stammbuch von
Katharina von Canstein (1578-1619) sein, das 1593 begonnen und nach dem Tode
der Besitzerin bis 1672 weitergeführt worden ist. Es enthält 117 Porträts und
verzeichnet 150 Namen von Angehörigen westfälischer und hessischer
Adelsgeschlechter88. Einer von 1712 bis zur Gegenwart reichenden Sammlung von
Stammbüchern und Poesiealben hat G e r t r u d A n g e r m a n n im Rahmen der
vorliegenden Schriftenreihe eine umfassende Monographie gewidmet89.
Gegenüber dem Stammbuch stellt das mit der Darfelder Handschrift erstmals in
Erscheinung tretende Liederstammbuch eine Neuerung dar. In den Eintragungen der
frühen Stammbücher herrschte ursprünglich die Individualität vor. Der Einschreibende
war aufgefordert, etwas für seine Person Bezeichnendes zu hinterlassen, er wählte
zumeist seinen Wahlspruch (Devise oder Motto), da diese Sentenzen nicht als
Gemeingut, sondern als persönlicher Besitz betrachtet wurden. Das Motto war oft
mit einem Wappen gekoppelt und über das Wappen an die Familie des Betreffenden.
Diese Wahlsprüche waren vielfach so bekannt, daß der ins Stammbuch Eintragende
auf den vollen Wortlaut verzichten und sich mit Abkürzungen begnügen konnte.
Solche Buchstabenfolgen tauchen auch in der Darfelder Handschrift auf Schritt und
Tritt auf. Diese für den damaligen insider selbstverständlichen Bestandteile geben
uns heutigen outsidern manche Rätsel auf. Meist ‘spotten sie jeder Bemühung, sie
zu entziffern’90, nur in seltenen Fällen konnte bei kürzeren Folgen, teilweise auch
unter Heranziehung der entsprechenden Nachschlagewerke91, der Sinn erhellt werden:
85
86
87
88
89
90
91
Alfred Fiedler, Vom Stammbuch zum Poesiealbum. Eine volkskundliche Studie, Weimar
1960 (Kleine Beiträge zur Volkskunstforschung, 7), S. 13.
Keil S. 13.
Johannes Lütteken, Stammbücher des westfälischen Adels. In: Westfälisches Adelsblatt.
Monatsblatt der vereinigten westfälischen Adelsarchive 4 (1927) Nr. 5-6, S. 175: ‘Die
Eintragungen bestehen selten aus kurzen Gedenksprüchen, meist aus langen strophisch
gegliederten Liebes- und Scherzgedichten. Neben zeichnerischen und malerischen [!]
Stümpereien finden sich Bilder von Künstlerhand. Die Sprache ist meist neuhochdeutsch,
selten plattdeutsch.’
Ludwig Rohling, Das Stammbuch der Katharina von Canstein. In: Westfalen 19 (1934),
213-218.
Gertrud Angermann, Stammbücher und Poesiealben als Spiegel ihrer Zeit nach Quellen des
18.-20. Jahrhunderts aus Minden-Ravensberg, Münster 1971 (Schriften der Volkskundlichen
Kommission des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, 20); S. 10, Anm. 10 wird auch die
Ldhs. von Katharina von Bronckhorst erwähnt.
Hildebrandt S. VIII.
Außer Hildebrandt vor allem Dielitz, Löbe und Ragotzky.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
47
z.B.
D 43, 52 und 62
ABDE
=
Anfang bedenk das
Ende
Löbe S. 107,
Ragotzky S. 389.
D 103 GVA
=
Gott vertrau allein
Ragotzky S. 405.
D 16, 48 WGW
=
Wie Gott will
Dielitz S. 376, Löbe
S. 77, 155.
Der religiöse Grundcharakter dieser zum Bekenntnishaften neigenden Sprüche ist
offenkundig. Eine große Zahl weiterer Buchstabenfolgen der Darfelder Handschrift
harrt noch der Entschlüsselung. In diesen Liedunterschriften oder in den sonstigen
Widmungen auf dem vorderen Spiegelblatt und einigen Blättern im Innern ohne
zugehörigen Liedeintrag (z.B. Bl. 22 ro, 40 vo, 49 vo, 51 vo) gibt sich unsere
Handschrift am ehesten wie ein Stammbuch.
Die Verbindung aber zwischen einem Stammbuch und einem Liederbuch ist
durchaus neu und originell. K o n r a d A m e l n , der im Nachwort seiner
Faksimileausgabe des Lochamer-Liederbuches 1925 diese Quelle noch als ‘eine Art
Liederstammbuch einer jungen Dame’ (S. 14) bezeichnet hatte, ist in der
Faksimile-Neuausgabe von 1972 (S. 9) aufgrund der Ausführungen von Chr.
P e t z s c h 92 von dieser Meinung abgerückt, so daß die Darfelder Liederhandschrift
die Priorität für sich beanspruchen darf. Das Neue an einem Stammbuch dieser Art
ist vor allem darin zu sehen, daß der um einen Eintrag Gebetene nun nicht mehr nur
Persönliches, Individuelles niederschreibt, sondern von ihm gedächtnismäßig
Tradiertes, intersubjektiv Vermitteltes festhält. So wird das Liederstammbuch, soweit
die Texte nicht aus schriftlicher Quelle kopiert werden, zum wichtigen frühen Zeugnis
für aktiven Liedbesitz, für die Aneignung von kollektivem Liedgut durch das
Individuum und die dabei vor sich gehenden Veränderungsprozesse, wie sie bisher
weitgehend nur an neueren Liedaufzeichnungen erforscht wurden93.
Als Liederstammbuch ist die Darfelder Handschrift wohl das erste seiner Art, aber
es ist keineswegs das einzige geblieben. Es scheint, als ob unsere Handschrift am
Anfang einer Modewelle steht, in deren Gefolge in der zweiten Hälfte des 16.
Jahrhunderts - wiederum im Nordwesten des deutschen Sprachgebietes - eine lange
Reihe ähnlicher Quellen zutage treten, die als Vergleichsbeispiele für diese neue
Überlieferungsform des ‘Liedes im Stammbuch’ angeführt werden sollen. Zunachst
ist hier das Liederbuch der Katharina von Hatzfeld zu nennen. Die Besitzerin war
die Gemahlin Werners von Hochsteden, der 1532-1558 Hofmeister des Herzogs von
92
93
Petzsch (s. Anm. 41), S. 69-111.
z.B. von John Meier, Kunstlieder im Volksmunde. Materialien und Untersuchungen, Halle
a.S. 1906. Neudruck mit einem Nachwort von Rolf Wilh. Brednich, Hildesheim und New
York 1976; Hermann Strobach, Variabilität. Gesetzmäßigkeiten und Bedingungen. In: JbfVlf
11 (1966) 1-9; Dietmar Sauermann, Historische Volkslieder des 18. und 19. Jahrhunderts,
Münster 1968 (Schriften der Volkskundlichen Kommission des Landschaftsverbandes
Westfalen-Lippe, 18), S. 53-69 u.a.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Jülich war. In diese Zeit fällt auch die Eintragung der Herzogin Amalia von
Cleve-Jülich-Berg in dieses Liederbuch, was zu der falschen Annahme geführt hatte,
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
48
Amalia sei die Eigentümerin der Handschrift gewesen. K a r l S c h u m a c h e r 94 hat
die Dinge richtiggestellt und vermerkt, daß das mit Amalias Unterschrift versehene
Lied nichts anderes war als ‘eine erbetene spende der herzogin zu dem stammbuch
einer freundin oder hofdame’.
Was sich hier nur mit einem einzelnen Liedtext ankündigt, setzt sich in einer etwas
späteren Handschrift verstärkt fort: Die Benckhäuser Liederhandschrift von 1573-1588
galt bisher als das früheste Zeugnis eines Liederstammbuches, worauf P. A l p e r s
bereits mit Nachdruck hingewiesen hatte: ‘Unsere Liederhandschrift stellt ein
S t a m m b u c h dar, in das 34 Freunde und Freundinnen der Besitzerin [Anna Lüning]
Lieder und Sprüche mit ihriem Namen eintrugen. Es treten viele bekannte Namen
aus dem niederdeutschen, besonders westfälischen Adel auf’95. Die zur gleichen Zeit
in Westfalen entstandene Quarthandschrift von 1579 geht ebenfalls nicht auf eine
Schreiberpersönlichkeit zurück. In ihre Abfassung teilen sich mehrere Personen:
dem Hauptschreiber Everwinus Droste haben Schreiber wie Anna von Kerckrinck,
v. Heyden, I.V. Twickel u.a. ihre Lieder gewidmet, wobei vor allem das Beiwerk,
bestehend aus Zeichnungen, Sprüchen usw. auf den Charakter als Stammbuch
hindeutet. Zwei Abbildungen aus dieser auch räumlich eng zu D gehörenden Quelle
sollen die typologische Verwandtschaft vor Augen führen.
Fig. 1 Quarthandschrift 1579, S. 2
94
95
ZsfdPh 45 (1913) 493-495.
NdZsfVk 1 (1923) 108.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Fig. 2 Quarthandschrift 1579, S. 62
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
49
In bezug auf die weiteren Liederstammbücher des 16. Jahrhunderts können wir uns
kürzer fassen, zumal sie in der Forschung bekannt sind. Hier wäre vor allem die von
A r t h u r K o p p ausgewertete Niederrheinische Liederhandschrift Mgq 612 von
1574 zu nennen, deren zweiter Teil stammbuchartige Liedeintragungen aus Adelsund Studentenkreisen enthält. Als Liederstammbuch ist auch die oberdeutsche
Liederhandschrift des Freiherrn von Reiffenberg von 1589-1600 zu bezeichnen, in
die sich adlige Damen und Herren außer mit Liedern auch mit Namen, Sinnsprüchen
und Abkürzungen verewigt haben, ‘Liebhabern solcher Spielereien erwünschten
Stoff zur Enträtselung bietend’96. Endlich ist Langebeks Quarthandschrift zu nennen,
die vom Erscheinungsbild her gesehen starke Übereinstimmungen mit D erkennen
läßt.
Ein kurzes Wort muß auch noch dem Spruchgut der Darfelder Handschrift
gewidmet werden. Ein Großteil der von Katharinas Freunden und Verwandten
gewidmeten Lieder schließt mit einem Reim oder Spruch ab, bei manchen
Eintragungen häufen sich diese Nachschriften sogar zu ganzen Sammlungen (vgl.
z.B. D 14, 17, 45, 81). Auch in diesem Zug erkennen wir eine neue Entwicklung in
der Liedüberlieferung des 16. Jahrhunderts: die Affinität zum Spruchgut, die dann
etwa beim Liederbuch P. v.d. Aelst dazu geführt hat, daß ein großer Prozentsatz der
Liedtexte mit einem nachgestellten Vers versehen ist. Diese Mode dringt schon
vorher in die populären Flugblatteindrucke ein. Es scheint allerdings nicht so zu sein,
als ob bestimmte Schreiberverse mit entsprechenden Liedern eine feste Verbindung
eingegangen wären. Jedenfalls konnte kein Fall dieser Art in den Konkordanzen
ausfindig gemacht werden.
Die Annahme allerdings, in dem Spruchgut äußere sich der jeweilige Schreiber
in seiner Individualität, erweist sich in der Mehrzahl der Fälle als unzutreffend.
Ähnlich, ja vielleicht noch stärker als das Liedgut scheint die Spruchdichtung von
der Vermittlung durch gedruckte Quellen abhängig zu sein, so daß sich viele der
Schreiberverse als abgeleitet identifizieren ließen. Dabei spielt das sog.
Niederdeutsche Reimbüchlein des 16. Jahrhunderts eine besondere Rolle, weshalb
wir den Kommentar von W. S e e l m a n n zu dieser wichtigen Spruchsammlung hier
wiedergeben:
‘Zu keiner Zeit jedoch, weder vorher noch nachher, hat die Verbreitung
der Sprüche solche Dimensionen angenommen als im sechzehnten
Jahrhundert. Keine Dichtungsart, weder Drama noch Lied noch Volksbuch,
konnte damals, was Verbreitung und Volkstümlichkeit betrifft, mit der
Spruchdichtung wetteifern. Literaturgeschichte und Bibliographie lehren,
wie zu jener Zeit Werke, deren wesentlicher Inhalt aus Sprüchen bestand,
in schnell aufeinanderfolgenden Nachdrücken und Bearbeitungen sich
über Deutschland verbreiten, aber mehr als sie lassen die monumentalen
Überbleibsel die Freude jener Zeit am Spruche erkennen. In Rat- und
Wohnhaus, in Kirche und Taverne bedeckten Bild und Spruch die Wände.
Auf den Glocken auf den Türmen, den Geschützen auf den Wällen, den
Krügen und Tellern, auf den Gesimsen, auf den Rändern der Bücher,
überall, wo es nur anging, brachte man längere oder kürzere Sprüche an.
96
A. Kopp in AfdStdnSprLit 105 (1900) 271.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Es schien, als wenn jede Stadt eine gnomische Anthologie, jedes Haus ein
Blatt in derselben zu sein sich bestrebte’97.
97
Seelmann S. VI.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
50
In die Reihe der Quellen zum Spruchgut fügt sich somit auch unsere Liederhandschrift
mit manchen bekannten, aber auch einigen neuen und originellen Sprüchen an97a.
Allerdings ist in unserer Handschrift der sonst in Stammbüchern häufigere Fall,
daß bereits vorhandene Eintragungen ergänzt oder abgeändert werden, nur an einer
Stelle zu vermerken: s. Bl. 56 ro (zu D 61), wo in dem französischen Vers femme
zweimal durch homme ersetzt ist (wohl von Frauenhand). Ein launiges Gegenstück
dazu vermerkt K e i l aus einem Stammbuch Jena 1759, wo im ursprünglichen Eintrag
Non est mortale quod opto das Wort mortale durch morale ersetzt wurde98.
Eine abschließende Bemerkung wollen wir den Zeichnungen unserer Handschrift
widmen, die zwar an keiner Stelle den Rang von Kunstwerken erreichen, aber doch
mit den Eindruck verstärken, daß es sich bei diesem Liederbuch um ein von jungen,
unbekümmerten und lebensfrohen Menschen zusammengestelltes Dokument handelt.
Entsprechend häufig kommen auch Zeichnungen mit verschiedenen Liebessymbolen
vor. Bl. 16 vo hat Graf E. von Holstein-Schaumburg seinen Liedeintrag mit einer
kleinen Zeichnung abgeschlossen: verschlungene Hände, darunter an einem Band
ein Herz mit einer Säge; ähnlich bei Katharina (Abb. 7). Besonders häufig taucht an
Strophen- und Liedenden in allen möglichen Variationen der Knoten oder
Liebesknoten (laqueus amoris, vinculum Veneris, nld. minnestrick99) auf (s. Abb. 3,
4, 6), der aufgrund seiner angeblichen magischen Wirkungen u.a. von Liebenden
verwendet wurde, aber auch aus anderen magischen Praktiken als Hexenknoten usw.
bekannt ist100. An weiteren Zeichnungen sind noch zwei Narrendarstellungen (Abb.
5, 9), mehrere Narrenkappen (Bl. 27 ro, Bl. 38 vo), ein trinkender Ritter (Bl. 95 vo)
und eine Blumenvase (Bl. 98 ro) zu erwähnen. Dazu treten unter vielen Liedern
Kronen, Bordüren und sonstige Ornamente, bei denen sich besonders die weiblichen
Mitarbeiter der Handschrift hervorgetan haben.
97a Auf die volkskundliche Bedeutung der Schreibeipoesie macht neuerdings aufmerksam: Bruno
Schier, Schreiberverse - Stiefkinder der kulturhistorisch-volkskundlichen Forschung. In:
Bohemia, Jahrbuch des Collegium Carolinum 14 (Wien 1973) 95-109 (= Festschrift Karl
Bosl).
98 Keil S. 26
99 Verwijs-Verdam 4, 1632; vgl. DWb. 6, 950.
100 Karl Meisen, Liebespfänder in mittelalterlicher und neuerer Zeit. In: Rhein Jb. f. Vk. 4 (1953)
142-204, hier 200-201; HdA 2, 1114-1120 s.v. Faden; 3, 1281 s.v. Haar; 5, 16-23 s.v. Knoten.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
51
Die Texte der Darfelder Liederhandschrift
Vorbemerkung
Für den Editionsteil der vorliegenden Ausgabe hat sich der Herausgeber die
Editionsrichtlinien der ‘Deutschen Texte des Mittelalters’ zu eigen gemacht: A.
Hübner, Grundsätze für die Herausgabe und Anweisungen zur Druckeinrichtung der
Deutschen Texte des Mittelalters. Neue Fassung. In: Deutsche Texte des Mittelalters,
hrsg. von der Preußischen Akademie der Wissenschaften Bd. 38, Berlin 1934, S.
V-IX. Bei diesem Verfahren ergeben sich folgende Abweichungen vom Wortlaut
der Handschrift: Verse werden abgesetzt, orthographische Eigentümlichkeiten werden
nicht peinlich kopiert, sondern gemildert. So steht v und j nur für den Konsonanten,
u und i nur für den Vokal. Abkürzungen werden aufgelöst, offensichtliche
Schreibfehler der Handschrift werden gebessert. Die Eingriffe des Herausgebers in
den Text sowie alle Zusätze sind durch Kursivsatz kenntlich gemacht. Die Texte
wurden mit einer modernen Interpunktion versehen. Vor direkten Reden steht
Doppelpunkt, die Reden sind in einfache Häkchen ′ ′ eingeschlossen. Eigennamen
werden abweichend vom Wortlaut der Handschrift groß geschrieben. Die
Wortabteilung der Handschrift wird exakt beibehalten. Die Nachschriften zu den
Liedern werden von den Liedtexten durch drei Sternchen abgetrennt und einen
Schriftgrad kleiner gesetzt. Die Liedtexte wurden mit einer römischen Strophen- und
einer arabischen Zeilenzählung versehen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
52
+
WGW
+
Gott helff myr myt ffrouden zo dyr,
dich numer zo verlasen,
es kom dan eyn ander zo masen.
Spiegelblatt Vorderes
· S · AR · S ·
· A · Ubrecht
Gott helff myr
myt ffreuden zo dyr,
dych numer zu verlasen,
kumpt daen en ander zu kuesen.
1556
G·W·B
R. v. Densternawen
+
Kathryna Von Bronchorst und Batenborch Dochter zu Hönnepel
Je vis an esperance
Titelblatt Bl. 1 ro
+
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
53
Nr. 1 aant.
I.
Lyden is myn beste cleet,+
En mantel met lyden is my bereet,
die is gefort met verdryet;
och Godt helpt my, ick en cans versclytten nyet.
Bl. 1 vo
+
II.
5 Is lyden froo soe truer ick selden,
et folget my altyt nae aen allen eynden.
die is gefort met verdryet;
helpt my Godt, ick en can den mantel versclytten nyet.
III.
Ick sye en merck alle dage,
10 dat ick1 tot lyden en verdryet bun geboren.
en solde ick dan nyet altyt heben lyden2 en verdryeet,
soe solde ick eewych syn verlaren.
IV.
Soe wyl ick al myn hop en trost
setten alleen op den alder mogensten Godt,
15 die my now of nomer verlaten sal
soe fern ick fast blyf by godes wort.
***
Alyt van Bronckhorst wnde Batenborch is mynen naem, wedue salyge Ian van
Renesse, yn synen leefen heer van Wuolfen en van Wylp. den achten dach yn augustus
salt dryen dartych iaer wesen, dat syn syel van syn lycham scheyden. ick hop hy rust
by godt.
Bl. 2 ro - 5 ro
1. Teil des Wappenbuches
Bl. 2 ro
Oben: Wyckede
Unten: Lickervelde
Oben: Alpen
Bl. 2 vo
Unten: Culenburch
Oben: Wylich.
Bl. 3 ro
Unten: Bourgongne
Oben: Botzeler
Bl. 3 vo
Unten: MAILLY
1
2
Hs.: danach bun gestrichen.
Hs.: heben en.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Bl. 4 ro
Oben: Hessen
Unten: Harchies
Bl. 4 vo
Oben: Sollenhardt
Unten: Lauisvile
Bl. 5 ro
Oben: Bentem
Unten: Bure
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
54
Nr. 2 aant.
+
I.
Frolich so willen wyr singen
wol hewt zu diser frist
wol von dem ku nnig aus Ungern,
der unschuldich gestorben ist.
5 Er war bey zweyntzig jaren
Ein ku nnig im Ungerlandt,
Er war von Edlem stamme,
ku nnig Ludwig war sein name,
Ein ku nnig in Ungern und Behemer landt.
Bl. 6 ro
+
II.
10 Ihm war1 kurtzlich verheyrat
ein Junckfrewlein was hoichgeboren
Von keyserlichem stamme,
Das thet den Ungeren zorn.
Man saumet sich nit lange,
15 man furet sie in das landt;
Das gab man sie zusamen,
Maria was yr namen,
yr lob sthet weyt erkant.
III.
Die zwey lebten in frewden
20 Bis in das funffte iar
In freuntschafft und in Eeren,
das thet den Ungeren zorn.
Die Behem und die Teutschen,
die fiengen vil kurtzweil an,
25 Das wolten die Ungern nit leyden,
wolten ihren ku nnig vertreiben,
sye halffn yhm kurtzlich aus dem landt.
IV. Eyner heyst der Janus Weyda,
der was dem ku nnig gram;
30 Dem Turcken thet er schreiben
solt ihm hulff vnd beystandt thuon,
Dem kunnig zu vertreiben,
yhm helffen unter die kron;
darnach wolt er yhm geben
35 bey allem seinen leben
Den Tribut wol aus dem landt.
1
Hs.: vor war ein k durchstrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
55
V.
Der Turck saumet sich nit lange,
er zog wol in das feldt;
met hundert mal tausent mannen
40 kam er in das Ungerlandt.
Kriechisch Weyssenburg wart ubergeben,
Stadt, schlosser und die Landt,
Die bisschoff und prelaten
haben yren kunnig verraten,
45 Ist ymmer und ewig ein schandt.
VI.
Es gehet gegen dissem summer,
gegen diser summer zeit,
Die pu chsen hort man prummen
ym Ungerlandt so wyt.
50 Stet, schlosser warn eingenommen,
darzu Petro Woradey;
das wolten die Ungern rechen,
wolten mit den Turcken fechten,
sye waren frolich bey dem weyn.
VII.
55 Die Ungeren saumpten sich nit lange+
sie zogen wol in das feldt;
Ein wagenburg thetten schliessen,
auffschlugen sie yre gezelt,
dy machten einen hauffen,
60 yren kunnig zu foderst daran;
yren kunnig theten sie verkauffen,
er mocht yhn nit entlauffen,
kunnig Ludwig der junge ku ne man.
Bl. 6 vo
+
VIII.
Die schlacht, die was verloren,
65 einer heist der Thumer Paul,
Der Turck hat yhm geschoren
ein plat ist nit zu smal.
graeff Jorg der wardt sein innen2,
Ders kunigs oberster war,
70 aus dem feldt thet er entrinnen,
in der Thonau thet er swimmen,
also empfieng er sein lon.
in gottes gewalt haff ich es gestalt,
Got hat gefuecht das myr genuecht.
B. v. Brederode
2
Hs.: danach gestrichen in der Thonau thet er swimmen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
56
Nr. 3 aant.
+
I.
Nidt besser werdt mich auff erden
redt ich zu alder stundt,
mocht mich ewr trost gewerden,
trwe mocht mich werden kundt,
5 das ich in hertes liebes arme
in froden moecht gesin,
nidt besser geschege mich arme
den junge hertze1 min.
Bl. 8 ro
+
II.
Anfanck in grosser liebe
10 hadt mir min hertz dorchwont
dorch Adamenes ribbe allenne
gelich we de sterne in orient.
se luchtet we de sunne
medt oren roter mundt,
15 dorch frode unnd gewanne
lach se zu alder stundt.
III.
Se is min trost auff erden,
de alder hogeste kron,
de ich medt trwe mene
20 for ander juncfroellin schon.
se kan woll freude machgen,
de ich zu denen plach
hofflich in allen saken
forwar ich sagen draff.
IV.
25 Stost mych myn schatz allene,
du alder hogeste kron,
Schaffdt alles din schones geberre,
myn ogen senn dir gerne,
myn hertz van froden erschriket
30 van ich dich an gesee,
myn gemoedt van froden erquickedt
van ich gedenck an dich.
+
V.
In Hoffung don ich leben
unnd truwe allene zu gudt,
35 din trost werdt myr blegen
und anseen myn grosse noedt,
1
Bl. 8 vo
+
e ubter Tintenfleck erschlossen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
57
das ich im hertzen dragen
woll dorch den willen2 din,
das liedt moes ich stedes dragen
40 woll dorch den hollf unnd schin.
VI.
All lene ich dir vertrwe
hertz aller liebste myn,
Schon lieb, du sallest das3 nidt geloven
das ich eyn ander myn,
45 allene durch falschen tzungen4
bin ich verlogen gantz,
das lied moes ich stedes tragen5
verwar ich sagen draff.
VII.
Na den regen kummedt eyn sunnen schin,
50 dar um ich swygen will,
schaffedt alles de hertz aller lebeste my,
dar um ich de rede kortzen will,
allene van falschen tzungen,
de myr groß liden machedt,
55 sy dir fynes medtlin gesungen
zu dussendt guder nacht.
1555
***
NABDEK
Joest Grave zu Schawenburch
He seedt an de das lest ich bin full gewest.
Umrißzeichnung einer linken Hand in natürlicher+
Größe mit einem Ring am Zeigefinger.
Dazu unten rechts der Eintrag:
Bl. 10 vo
+
Dit byn ich wol bekant
es yst meyn eigne hant,
Diderich van Brunchorst und Batenborch
byn ich gnant.
2
3
4
5
Hs.: danach sin gestrichen.
Hs.: d mit Schnörkel versehen.
Hs.: tzuen.
danach wohl gestrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
58
Nr. 4 aant.
+
I.
Noechtans wyll ick een goede moet haven
end wyltzs umb nymantzs nycht tarffen,
myn varre wyeb wyl mir nycht vergaen.
ich dryeff sy soe goeder maessen,
5 dyes mych vergoent, das nymantzs nycht schaet
des maech mir myn waill geven,
En soe veret alle myn troren da hen,
na regen schynt myre dye soenne.
Bl. 11 ro
+
II.
Hoeret mych der eyn und der ander nycht,
10 dare naech vraege ich nycht sere;
Alles was ich nymantzs nyet
en bedrych troest & tot
enych eren myn ryem,
der heyst: ‘ich aechtes nycht’,
15 das sprech ich gans onverborgen
En saech oech ytzs gans anetlych:
um mych draeff nymantzs nycht sorgen.
III.
Sorrycht eynder omb mych, hy sorrycht omb sus,
hy lyest syn sorge wael bliven,
20 want ich en wyl nycht dan goede moet haven
tyt end wyel soe gedriven.
myn schones lyeff, hoer rader moent
verdriven mych trorens ut dem hertzen,
En soe veert alle myn troren da hen,
25 na regen schynt myre dye sonne.
***
Dye umb veel heeft ut unrau
Ende furt sine erbeyt dan ar...
Dyne swyget styl und wesse to vreden
Ende kyese een andre in dyr stede.
Seul je suis
Tryna van Batenborch byn ich genandt
und haef geladen eyne große FRACHT.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
59
Nr. 5 aant.
I.
Seben yar ist ein lanchge zeidt,+
dar in sint ffeil deir dachge,
dar in das geluchke herumer geidt,
das moes ich armer klachgen.
5 da ich mich hab so lanchg verplicht
zu denen einer cleinen,
ich ffrucht sey weirt min achten nich,
ein ander weirt sey fforen hemen.
Bl. 12 vo
+
II.
Wey well ich hais ffrou Ffenis soen,
10 es ist doech verloren,
ein naren kap min bester loen,
ein kap mit zveyen oren;
zva schellen groes dar an gehenchkt
weirt mir erst rech zu gemessen,
15 min truer dinst blipt gans unerkant,
min truen dinst weirt vergessen.
III.
So geschidt es uff und ffeil mer,
der dachg ffeint man gar selten,
der seinen dinst verkouffen will
20 und er doech nich woll wilt gelten;
es ist doech alles min eichgen scholt,
ich will min bas don bevaren,
dan das ich einem frollen holt
wolt denen seben yaren.
UAV
AvH
Nr. 6 aant.
I.
Ich scheiden mit leidt,+
all uff min eydt,
von hertzen geschach mir nu soe leidt,
daß ich moeiß laessen die leiffste min,
5 die zue mir sprach:
‘ade, ich faer dar hin’.
daß selffste wordt gifft mir groeß moet
und doet mich foell zue leiden,
daß ich nit en kan
Bl. 14 vo
+
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
60
10 uff Gadeß gewan
mit suchten und weinnen.
II.
Daß gifft mir luist,
bruist an bruist,
mundlin an mundlin mocht ruirren,
15 und wer eß all die kleffer leidt,
die dar oeir zonghen doint roeirren;
sy machgen gar leidt
daß hertze myn,
wan ich an ir gedenken,
20 ir weisser gruint,
oer falsscher munt,
die konnen foill loesser zuuenken.
III.
Noch waiß ich eynner,
der nemantz en weiß,
25 und wer eß all der kleffer leidt;
wen ich se angesein
so erfroeidt se mir,
wie troeirich, daß ich von ir scheidt.
se hat hertz moet und all myn syn,
30 se geleifft mich boeven all,
ir mundlin roet,
daß se mir boet,
se geleifft mich oeiß der maessen woell.
IV.
Se iß soewaer,
35 freiß und klaer,
sy gheit recht allß eyn uff erden;
dar zue hat se zwey bruin oeiglin klaer,
die luichten wie eyn steirn.
sy kan woll syngen,
40 dar zue spreingen,
sy kan woll frouden machghen;
dar leifft gein man,
der mach offt kan
ir loeff zue hoigh oeiß sprechgen.
***
Wer haet gedult
Joest von Bronchorst und von Batenborgh
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
61
Nr. 7 aant.
I.
Haertz lyebste zartz, haelt1 vaest om hertz+
ond doet als ich dich betrauwe.
ich sceyde von dich, noch behalstu mich
myn hartz myt ganser trauwen.
5 dat weiss vorvaer, du scoenste claer,
und haldet vast gelove,
du scoenste alleyn, daer en leef sych geyn,
die du myn dich afft can roeuen.
Bl. 15 ro
+
II.
Ich had dyn trauwe gans wyt erkant,
10 das ich dich wel moes loeven.
myn hertz dat is myt lyeffden verbrant
myt dynen vruntlygen woerden.
verneemt myn syn, myn troesterin2,
ich wyl die doch noemmer begeven;
15 doet mych gelyech wye ych dych,
soe werd ich in frouden leven.
III.
Gesel, du sals in freuden syn,
geyn leit en sulstu haeffen,
myn hertz dat is myt ganssen wyllen dyn,
20 geyn lyver soe en wil ich haeffen.
so ver du mych behaltz myn eer,
myt getrauwen dynst in stediger hoet,
und du sulst syn dye alder lyeffste myn,
ich koer dich voer des keyssers goet.
***
1551
Vr gedult is goet te dragen
daerom en syt ghy nyt te beclagen
Jenne de Brederode
Wer trouwe en geloef vint,
die en seilt nit mit alle wynt.
1
2
Hs.: haeltz (t > z verbessert?)
Hs.: troester.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
62
Nr. 8 aant.
+
I.
‘Gyff trost du sartze frawe,
merck an de noett dayr ich in bynn,
du rrich deynst unnd alle truwe,
de ich have stedes erzeygett dych.
5 du lycht mych yn mynem synne,
wyltu mych oych hebenn dayr au s,
durrich leydtt most ich verswyndenn,
wo ich se nycht kann gewynnenn
er gunst unnd er genade.’
Bl. 16 ro
+
II.
10 ‘O Knabe, soltt ich verlerenn
myn schone, myn zucht,
myn frolych gescheyr
unnd scholtt mych zu dych kerenn?
ich bydtt solches wes nychtt vonn mych begerenn;
15 dayr umme du gyrest so ser
mach habenn geynnen bestantt.
ydt wer myn trave ler,
wyss do doch vonn mych kerenn,
dyn byddenn yst ganz umme su nst.’
III.
20 ‘Dyne leybe thuett mych bezwyngenn,
das ich schonn hartt moss byttenn dych,
nach dyr myn hertz thuett ryngenn,
wyltu schon schartt erbarmenn dych?
er ich woltt krenckenn dynn er,
25 er woltt ich mych wellenn den doett,
myn hertz ich dych thoee schenkenn,
dayr wyltu fyns medelynn angedenkenn,
hylff mych us dysser noett!’
IV.
‘Etliche synt schonn vonn redenn
30 unnd forenn eynenn zuchtlichenn schynn
myt usserlychenn redenn,
de doch gayr gans fals ynwendych synnt.
se thoenn gayr fruntlych schertzenn
us orem falschenn hertzenn,
35 se dragen grosse lydenn unnd smertzenn,
se habenn dych all ym hertzenn
unnd honych yn orem mundtt.’
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
63
V.
‘Lass ab vann solcher waenn,+
hertz aller leybste reynn unnd schartt,
40 mach mych myn trubsall enych.
schonn weybliches byldtt
vonn hochster ardtt,
du schalst an mych sporenn
geyn weyle, das lobe du mych.
45 leyb gutt wollt ich verlerenn,
er ich woltt krencken dyn er,
er ich swechenn dych.’
Bl. 16 vo
+
VI.
‘Erhorett hab ich dych knabe,
hyr um schaff dych eynen fryschenn moett,
50 geselle wyltt nych verzagenn,
dyn sache sall werdenn gutt.
uffh dynn wortt wyll ich bawen,
nym wayr, ich haves gewagett.’
‘ich dancke dych, sarte ju nckfrawen,
55 kum her du meyn heyll unnd trost,
meyn leydtt hayst du erjagett.
***
A. 1556
BEEE
(jeweils durch Kleeblätter getrennt)
Er: grave zu Holstenn unnd Schowenborch
Enych unnd elende byn ich,
dem das erbarmett der trost mych.
Danach eine kleine Zeichnung:
Zwei ineinander verschlungene Hände,
darunter ein von einer Säge durchschnittenes Herz.
Nr. 9 aant.
I.
Grois leith drege ich forborgen+
al in den jungen hertzen min:
de mir tho gaer de levesthe was,
de isth mir nach kein fienth.
Bl. 17 vo
+
II.
5 Einen eith haeth er mich geswaren,
Er wolth mich der lebesthe sin,
sin sele haeth er forlaren
wo er das anders meinth.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
64
III.
Ich sach ennn nechten spade
10 vor einer doren sthaen,
ich dorsthe en nicht tho sprechen,
ich sach en gaer fronthlich ann.
IV.
Ich boeth em einen frisschen morgen,
das was em gaer dune tho;
15 darbi konde ich es gedencken
das em ein ander de lebesthe was.
Nr. 10 aant.
I.
Fins leff moichte ich bi dir sin,
nicht mer wolde ich begeren,
das brengeth frowde in dem hertzen min.
wilth mir das nicht geweren
5 heimlich unde stille?
Isth gantz min wille;
das wolsthu mir tzo sagen.
II.
Fins leff, wi mach das sin
so gaer in dinen hertzen,
10 das du mich zo gaer ferlazen haesth?
laz aff van sollichen schertzen1,
manch nacht und stundt2
du haesth forwunth
min hertz mith Venis pil dorchschathen.
III.
15 Fins leb nu holth dich rechth,
laeth du den hunth nicht hincken,
schlüs uff das hertze3 din,
laes mich daruth nicht sincken;
halth vasth an mir,
20 als ich an dir,
so wereth unser beide leibe ewich duren.
E
A
K
Wer weith wi lange
Der lebesthe wille gesche in alle.
Thrw und enich ist min sin,
das brengeth mich folle gemackes in.
1
2
3
Hs.: swetzen.
Hs.: nacht stundt.
Hs.: hertz.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
65
Nr. 11 aant.
I.
Wye du nun wilth so will ych auch+
nach allen dinen willen,
zu denen dir ist mir gantz leib
und duth mich nichtes fordrethen.
5 was du mich haesth thrwe ich dir laisth
derweil ich lebe auff Erden
lebede ich furwar
noch thusenth jaer,
nichtz lebers sol mich werdenn.
Bl. 18 vo
+
II.
10 Holthtzelig und schoen isth leib gesthalth,
dins gelich hab nie gesen,
dar durch du mich mith sthrengem gewalth
mus ich warlich vereichen
so sirlich und creffthichlich
15 in diner leibe haesth gehangen,
des sich min hertz
leith pein und smertz,
das macht seinlich verlangen.
III.
Des gemoeths und willens bin ich gantz
20 und mach mirs neimandth laiden,
ob ich schoin hethte ferlaren de schantz,
das du von mir thedesth schaiden,
mich dan will ich Ewicklich
in lieb nith thun verkeren,
25 doech hoff ich je
du siesth die,
die mir mein frewd thu meren.
***
Aller Menschen sin und moeth
ringeth noich er und thethlichem guith,
Wan das ist forworben,
gar balde darnach gesthorben.
Im Anschluß an die Nachschrift zu Lied Nr. 11 findet sich auf Bl. 18 vo in Zierschrift
eine 1582 datierte Bleistifteintragung, die stark verblaßt und daher nur noch teilweise
zu entziffern ist:
Mercke en Melde
wasschen op wijden velde.
Pluckt Mercke en laet Melde staen,
Soe zijt ghij altijt wel ent faen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
66
Nr. 12 aant.
+
I.
Alles leidt mych scheiden kreinck,
brengt mer ein heimlych lyden,
wan ich an syn truwe gedenck,
dei ich so swerlych moeß myden.
5 gans an schuldt ungeffal mych duldt,
dei mych eitz brengt an scheiden,
durch myn hertz steitz streifft und weifft,
hofft ungefall wurdt sych weinden
und mych an rou
10 in steidiger truw
inn syn truren sendenn.
Bl. 21 vo
+
II.
Frundt, ich ffar in lydes graff,
myt suichten swer an massen,
noch troist er mych, sprach: hoffnug haff,
15 ich wyl dych nit verlassen.
holdt dyn bescheidt umb leyff noch umb leidt,
wyl ich dych nu aff kerenn,
des ich geinßlych in hoffung bein,
du wyls dyn hertz nit krencken
20 und mych an row
inn steidiger truw
in din hertz doein seincken.
III.
Helff godt, schych mer genadt und zyt,
das ich bey dem muicht wunnen
25 bei dem, dei mer in hertzen leidh,
myns hertzen frouedt ein kronnen.
zytlych nit mer ich eitz beger
van dir zu haffen
so vor myn hertz und allen smertz
30 verswunden weir mer myn lyden
haylff godt schyck
mit genade und geluick
zu samen uns beiden.
1550
G o d t B a v e n a l Elsbet van Bronckhorst und Battenborch
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
67
Auf dem sonst leeren Bl. 22 ro ist unten eingetragen:
15
*
53
18
Coeur quy desyr na Repoys
S. v. Holtorp
Nr. 13 aant.
I.
Myn seyn haeff ych aen eym gelacht,+
hey eys soe schoen gebeldt;
yn duchden eys syn hertz1 ffermert,
wye al syn wesen fermelt:
5 wye eyn robyn
yn golde ffyn
mucht sych syn mundelyn rueren,
soe wer myn yungez hertz
aen allen lyden end smartz,
10 des nou (?) alzyt mueyz trueren.
Bl. 22 vo
+
II.
Ich mach syn hertz eyn dyenmant,
war vynt men syns gelychgen?
off erden eys geyn ffreyer heylt,
yn allen desem rychgen
15 mucht ych sonder dem doeyt
myns hertzen bloet
genaed aen eym erlangen,
soe wer myn yunges hertz
aen allen lyden en smartz,
20 des nou alzyt moez trueren.
III.
Eyn hertz treckt wye eyn sebel steyn
ut suyden, westen, noerden2,
hy leyt mych aen dem hertzen myn,
hy wel myn yongez hertz moerden.
25 helpt geluyck end raeyt
mynch nyt en fferlaet,
1
2
anstelle des Wortes in der Hs. Zeichnung.
Hs.: oerden.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
68
ffuel suchten wel mych dulden.
och we myn yongez hertz1,
des moez doch lyden smartz,
30 yn dynder lyffden sterven.
***
K
B
V
Dye mych benyden ende nyt en geven,
dye moten mych lyden end lasen mych leven.
Yn lyffden steyl end onffermeten,
vergonen broeyt wert ful geten.
Nymant to spyt,
dan dye dat benyt.
Nr. 14 aant.
+
I.
Geyn leyb on leydt
swer ichs eyn eydt
yst nye erfundenn worden.
Dye lyeb ist blyndt,
5 gar nichts besynt,
und macht eynen sweren orden.
kompst du dar yn,
du leydts groiss peyn
und darffst das nyemant klagen.
10 Du krenckst dich sehr
und machst dyr swer,
deyn hertz mocht dyr vertzagen.
Bl. 23 ro
+
II.
Leyb hayt keyn maiss,
bryngt neydt und haiss
15 und macht vyll swern gedancken.
Geyt ehr von ir,
er meynt gar schyr
er werd zu eyner andern wancken.
Dergleichen er thut
1
anstelle des Wortes in der Hs. Zeichnung.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
69
20 yn seynem muydt
so sehr sey meyndt yn trauwen;
er suydt yr nach
ym ist gar gach,
groiss lyeb thut sich verneuwen.
III.
25 Lyeb bryngt lyedt
nach grosser freud
wer sych daryn thuit geben;
vor lieb und gunst
ist gar geyn kunst
30 und brengt manchen umb sein leben.
Der sich spar
yn sorgen swar
dye leibde zu uberwynden,
ehr hat geyn rhu
35 spayt noch fru,
vor leyd mecht ehr verswyndenn.
***
Lyeb ist farne hab,
hyeudt lyeb, morgen schabab.
Leybde wyl nit verborgen seyn,
das lehrt uns der Ovidius feyn.
Quis enim celaverit ignem,
lumine qui semper prodititur ipse suo.
1554
G
O
Wen gedanken jonfferen druncken machden,
Man solt sy selden nuchtern rachen.
D. Hal
Nr. 15 aant.
Ich byns verwondt yn yamers noet+
wan ych gedynck an scheyden pyn
dat ych mos myden or myndellyn roedt:
O godt, we kan ych ffroulych syn
5 das ych so gar den unfall han?
Bl. 23 vo
+
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
70
was ich anffang1, des weder weyndt,
dar om mot ych yn trureyn stan,
ych suycht und klag, ych byn es elleynt.
II.
Zo troust had ych myn uyserwelt
10 eyn truysten yn den mych gewelt,
nu koumpt ungelyck und weder wendt
und steylt myn gans zo rouycken.
ungeffal, ungetrowen kruyt,
vas zeyet tu mych von dysen welt,
15 dastu mych berouffth myns huegste schatz
den ych zen ffroude had uyserwelt?
III.
Myn schatz2, myn trousth, myn zouverlas
verlaß mych nyt, das bedt ych dych,
ych geff dyn gans des heyrtzen myn,
20 vor echgen ych mych zo dyr versprech;
wan ych weder leyb noch dyner begert,
dar an solt tu keyn zvyvell han,
gepryt sal syn dyn wyblych eer
yn aller werlet wan ych mych kyr.
1546
Godt ffyges zo besten
K[tryn] Battenborch
Nr. 16 aant.
ODMAHD
+
I.
Myr ys eyn fyns bruns medelyngh
gevallen yn mynnen syn
och got, mocht ych oer dynner syn
myn troren weer gans daher;
5 so dach noch nacht haeff ychs geen rou
das macht oer wol gestalt
ychn weys nyet wy ychs mych halden sal
myn schoens lyeff macht mych alt.
1
2
Bl. 24 ro
+
Hs.: anffan.
Hs.: schuatz.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
71
II.
Dem medelyngh ych myn1 trou versprycht
10 tzo der eren unde anders nycht
dan al was vrom unde eerlych ys
daer na ych mych stets nach rycht.
solt all myn trou verlaren syn
krenckt2 myr hertz, syn ent moet
15 ych haeffs sy solt ervaren schyr
myn sach solt werden guet.
III.
Dem3 medelyngh ych geern dynnen wold
wan ychs myt vogen kund
doch schaffs nu der nyder4 vul
20 das mych nyet wyrt vergunt;
blyefft doch stets by myr, as ych by dyr
bys ych5 her weder om kom
beschert geluck en geet nyet hynder sych
adde yr schoen ont vrom
25 bys6 ych her wederum kom.
***
W
Zeichnung: Männerkopf im W
Profil mit Narrenkappe als
Ausschmükkung des
Buchstabens
G
1546
Pensez sur moy.
Myns Lieffs moet Ich ontberen,
Tontberen van hoir doet mich schryen;
Schreyen moit Tharte dor dit begeren,
Idt begeren doit mich viel lydens lyden.
5 Lyden by tyden, is mich eyn verblyden:
Verblyden doet hoepen mer duchten beven:
Beven moet ich wol fantasien,
Fantasie doet mich die mutse duß weven:
Ich haip, sy sal mich niet begeven.
H
O
A
B
1
2
3
4
5
6
Hs.: Das m. mych myt.
Hs.: krencken.
Hs.: Das.
Hs.: danach vus durchstrichen.
ych fehlt in der Hs.
Hs.: by.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
72
Nr. 17 aant.
+
I.
De wynter ys verganen,
ych sent des meyes tyt,
ych sent de lovver hangen,
de bleymckens1 sprytten dar uyt.
5 so ffern an groner2 heyden
dar ys so genoechelych3 to syn,
dar senget ffrou nachtegallen
so menge walt ffougelyn4.
Bl. 24 vo
+
II.
Wy wollen de mey gan haven
10 reycht meyen5 yn dat walt,
und sencken mynen leyff den trouen,
de myn hertz om ffangen hat;
unde sechen6: ‘leyff wylt komen?
gat ffor7 myn ffynster stan
15 unde ffant des mey eyn blomen,
de dar ys son gedan’.
III.
Unde do de syverlyche8
de klagen hadde gehort,
sy stont so tryuelychen9,
20 so hant sprach sy eyn wort:
‘ych heb des meys unffangen
myt groter er wehrdychheyt’,
hey droch sy an or wangen10,
was dat gen danck ber heyt?
IV.
25 He nam sy op syn trowen
al yn syn ermken11 blanck,
de wechter op der moren
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
Hs.: bleyckens.
Hs.: goner.
Hs.: genelych.
Hs.: walt ffovlyn.
Hs.: meysen.
Hs.: schen.
Hs.: for yn.
Hs.: syverlycher.
Hs.: tryver lychen.
Hs.: mangen.
Hs.: erken.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
73
hoff op eyn12 leyt un sanck:
‘un ys dar emant yn,
30 de mach wal to hus wert gan;
ych sen den dach op drenen,
he ys so son gedan’.
V.
‘Och wechter op der moren,+
we bedreves du my so ser!
35 ych leych yn sveren13 troren14,
yn ymerlychen15 smert,
du qelt myn hert so seren,
dat ych van der seyden mot,
dat klach ych got den heren,
40 wo we dat har seyden dot.’
Bl. 25 ro
+
VI.
Adde myn rowsen blomen,
nu16 moet ych van u seyden,
und wan17 ych weder komen,
wy send uns neymer mer18.
45 und ych mot van u seyden,
dat dot myn hert so we,
un wan ych weder keyren,
wy send uns neymer mer19.
***
Yn trouen styl und unffermetten,
vergonen brot wert ffel getten.
Meynger benyt dat he sycht,
noch mot he lyden, dat et geschyt.
Ych betrou yn godt alleyn,
der mynsen trost yst kleyn.
12
13
14
15
16
17
18
19
Hs.: eyy.
Hs.: svren.
Hs.: tryen.
Hs.: yererlyche.
Hs.: un.
Hs.: neyr.
Hs.: wer.
Hs.: wer.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
74
Nr. 18 aant.
+
I.
Myn senkens synt my tortagen
un tortagen om eyn de alder leyfste1 myn.
sy doit myn pyn2 un dollen,
sy stat so ffast yn mynem sen,
5 och mecht sy my geberen
ya als ych hap sy sal,
ya als ych hap sy sal,
so wolde ych neymer trower
nemer trevern, nemer truren
10 ende altyt even ffreylych syn.
Bl. 25 vo
+
II.
Sy stat yn myn behagen,
de my deck sechten deyt,
haven alde gen de leyffen
spant sy et hert van my.
15 de kron ffrow Fleyunes,
u dener wyl ych wesen
se sucht u dener dem elmen sey
en wylt my net verlatten,
en verlatten en verlatten
20 en allen syt ey den alder leyfste3 myn.
Nr. 19 aant.
1550
+
I.
Truwe ogen myn
war ys dein schein,
dei ych haff usser karen
zu grossen leidt?
5 hertz sein vergeidt,
haff ych sy nu verlaren?
des han ich ruwe,
soe gar untruwe
und haffen der genaden;
10 dar um er dry
nu wendet ffry,
ich en wes uich nycht mer zu raden.
1
2
3
Bl 26 vo
+
Hs.: leyste.
Hs.: danach har, het o.ä. gestrichen.
Hs.: leyste.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
75
II.
Mych armes hertz
myt grossen smeirtz
15 der ogen ych mych beklagen.
ein angeblyck
sandt mer den streick,
dar ych ellender yn dragen.
woldt ych erfflein,
20 sey woldt des sein,
er seindt kan ych nycht wenden;
dar um er dry
nun wendet ffry,
es engandt uich nych rech zu henden.
III.
25 Hertz sein ein geseicht,
dyt kordt gedeich
myn truwen wyl ych er schencken.
kompdt deich des mer,
soe huedt dych dar ver,
30 yn sulker not gedencke dar an,
dar er yn seidt
zu dyser tzyt,
dat lyck numer mer werdt verwonenn;
dar um er dry
35 nu wendet ffry,
er en hadt es nycht reicht begonenn.
Godt Baven al
***
Elsabet van Bronckhorst und Battenborch
Nr. 20 aant.
I.
Ich hade mich underwunden,+
wolte denen der leffsten min.
es schnit mir deiffe wunden
woll inn dem junge hertze min;
5 ach gott, ich mocht ir dienen,
ir stede diener sein,
unnd wan ich ir gefelle,
ir eigen wollt ich sein.
II.
Ich bin wol zu ir gekomen,
10 verschwunden war mir mein rede;
Bl. 27 ro
+
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
76
ich ward zu einen stummen
als ich es vernommen hat.
ich dorffte nit um ir werffen,
das war mein1 eygen schuld;
15 viel lieber wolt ich sterben
er ich verlore ir2 truw und hult.
III.
Wie sall ich auch darin3 schicken,
wie sall ich es greyffen an?
ich hab so gantz kein gelücke,
20 ich bin ein elendich man.
feins leff, das nim zu hertzen
die kumer unnd grosse not,
ich leve inn grossen schmertzen,
viel lieber wer mir der tod.
IV.
25 Sie gaff mir dar denn segen
mitt einem freuntlichen kuß;
sie sprach: gott müsse deiner plegen,
sie druckte mich an ire burst.
deweil ich habe das leben,
30 rede ich zu diser stund,
will ich dich nitt ubergeben,
das schafft dein roder mundt.
V.
Diß lied4 ist unnß gesungen
auß trawrigen5 widermott,
35 vngefal thuet mich vertrungen,
ich hoff es sall werden gutt.
ich will der zeitt verbeden,
darzu derselbigen stunden
auff diser henefarde,
40 so spar dich gott gesunth.
1550
A.S.S.R.I.
D. v. Aldenbokum
1
2
3
4
5
Hs.: mein aus anderem Wort (iney o.ä.) korrigiert.
Hs.: danach ey o.ä. gestrichen.
Hs.: darim.
Hs.: danach ein Buchstabe (h, ß?) gestrichen.
Hs.: trawigen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
77
Nr. 21 aant.
1550
I.
Nach wyllen din+
mych1 dir allein
in truwen zu erzeigen;
ffur al off Erden
5 bestu mer werdt
und geib mych dir ffur eigen,
gans in din plicht
der zuversycht
lass dir min deinst geffallen;
10 dan geloub ffur war,
an ffrauwen schar
leibstu mer baven allen.
Bl. 28 vo
+
II.
Bei dinner gestalt
wuns ich aff baldt
15 zu sein in Leib und Erhen;
so hedt myn hertz
ffrudt lust und scheirtz,
Ryech leib und truw zu meren.
und alle verzug
20 hailff radt und scheick
bedruff doech nychs besorgen;
wan das geluick kam,
das ich dir nam,
werdt syn bei mer verborgen.
III.
25 Leiff Bei dir
war alltzyt mer
fur aller frudt off erden,
gar off der stundt
dar in dir den kundt
30 myns hertzen gheim mucht werden,
dan eitz und Ee
nach a b c
leib mer der bouck stab sagen,
dan din laob sach
35 und dar sy uff sprach,
es wer baldt verschlagen.
Godt Baven al
Elsbet van Bronckhorst und Battenborch
1
Hs.: nych.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
78
Nr. 22 aant.
+
I.
Zart schoin Jonckfrouw
Gedenck unt schuw
Wie mich dyn lyff
mit stedig yff
5 Hertzlich seer duet krencken.
Ghyen row haff ich
so lang bis ich
dyn ogelyn fyn
mit lichten schyn
10 früntlich gegen mir sien wencken.
Sy haven mich
gans eynichtlich,
Lieff haven sich mich besessen;
Hertz lieff schouw an,
15 wes ich dir gan,
dyner kan ich niet vergessen.
Bl. 29 ro
+
II.
Darumb ich sprech:
dyn trouwe niet brech,
Du haist gewalt
20 In sulcher gestalt
hast mach mit mir zu schaffenn;
Schoin froem unnd werdt
syn dyn geberd,
Du haist das lob
25 gans mitten proeb,
an dir ist niet zu straffenn.
Her widder werdt,
myn hertz begert
In freudt und schertz der gelichen
30 ich dir vertrouw
schart schoin Joffrow,
van dir will ich niet wichen.
III.
Dyn Roeder mondt
zu aller stundt
35 mich seer anfecht,
myn hertz dat decht
weis mit dir mocht schertzen.
myn schoine ehr,
vorwaer geloifft mir,
40 Du gelovest mir
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
79
in diesen fall
vur anderen in mynnen hertzen,
wen du haist mich
ganz hertzlich lieff,
45 mit dyner zucht durchgangen,
Ja dusent maill
In eynen dach
draich ich na dir verlangen.
Nr. 23 aant.
Eyn Annder
I.
Ich arm Bruyns Medelyn ich beklagesß mich seer
das mich sunst ist geschiet:
dat ich die alderliffste myn
so lang niet hain gesien,
5 die mich die tyt unnd wil verdrifft,
ghien liever lieff up erden.
alz ich gedenck recht wie het hem gaet,
myn hertz in dusent freuden staet,
Ich kan niet froelich wesen.
II.
10 Ryck Got, geff mynen buelen geluck,
Want hy is in fremde landen,
Got bewair hem synes stoltzen lieff
vor laster unnd oik vor schande.
so willen wy altyt dancken Got
15 van nu tot allen tyden,
noch is der kna so wail gemoet,
vor hem so koer ick niet des keysers guet,
hy is die lieffste up erden.
III.
Hy toch dair hyn, es war mir leeit,+
20 myn hertz lieff uyßerkoren;
In synen druck was ick gekliet,
des ginck hy hienen faren.
syn orloff dat duet my brengen pyn
unnd mackt myn hertz in trouren,
25 hy genoecht my seer, ick geffs ihm eehr,
myn trost unnd myn toverlaet
verget mich niet im hertzen.
Bl. 29 vo
+
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
80
Nr. 24 aant.
Eyn Ander
I.
Ryck Got, wie sall ich klagen
Myn druck unnd myn verdriet?
hier en is niemantz ten dagen,
die mynre bistant oeck biet.
5 Des liedt myn hertzen rouwen
und dairto groite pyn,
Lieff, dede ick u untrouwe,
so waren die schulden myn.
II.
Eyns Jairs ston ich int hertze
10 van u reyn frouwelick graen,
nu lyd ick pyn unnd smerte,
umb dat ick byn uythgedain.
van rouwe myn oegen liecken
unnd lyden swaer verdriet;
15 ick sie, ick byn versteken,
ick weiß die oirsaick niet.
III.
Niet trouwe lieff wilt hoiren
altoes na frienden raet?
Ick ben dair niet to geboren
20 om te koemen in sulcken staet.
myn guet is to kleyne
na u reyn magdelyn fyn,
Dus leit myn hertz in weyne,
umb dat ick umbt guet ballinck moet syn.
IV.
25 Och1 goet, gyh duet mich qwellen
und lyde groite pyn,
ick ben nu eyn to vele,
daer ick wilckom plach to syn.
dus gan ick achter lande
30 alz eyn man disperait;
lieff, dit dunckt mich wesen schande,
dat goet vor die lieffde gaet.
V.
Wat dinck heb ick bedreven
tegen u reyn maegdlyn guet,
1
in das anlautende große O ist ein Gesicht eingezeichnet.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
81
35 dat ghy my wilt begeven
unnd werpt under die voit?
des moet myn hertz trouren
ennde lide pyne groet;
sol dit noch lange duren,
40 ick wair mich voell liever doet.
VI.
All byn ick bedrogen+
mit u, reyn Maeglin kuen,
unnd valselick belogen,
het kompt by uwer daet.
45 spraeck ich se na uwer eeren?
segt mych reyn megtlyn fyn.
anders dan deugt unnd ere,
off ghy moeget u selven doin.
Bl. 30 ro
+
VII.
Then hadt my niet gespeten,
50 aldt leedt dat ghy my doet,
hadt ghy mich niet verweten,
dat ick was te kleyn van goit.
dair umb dat ick sall mincken
als nu die trouwe van dyn,
55 ick salder noch eyns umb dencken
alst u vorgeten sall syn.
VIII.
Orloff, reyn creature,
eyns was die lieffste myn,
meynt ghy dat ick sall truren
60 alst moet gescheyden syn?
neen, ick bloeme verheven,
van u nem ick den keer,
all hebt ghy my nu begeven,
schoin lieff, men vynter meer!
Nr. 25 aant.
Eynn Ander
I.
Ungenaid beger ich niet van hoir,
hoip oick dat mir
die wirdt to gemeten.
Wat moeglick is, byn ick bereit
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
82
5 in lieff unnd leit
haer numeer zu vergessen.
Myn leven lanck
nem ick zu danck,
dat sich die zart
10 van edeler ardt
alz jetzundt ie
unnd anders niet
begert dan hoir
unnd hoirrer eren waill anstait.
II.
15 Erentrick unnd werdt is sy genandt
unnd waill bekant
eyn kroin wifflicher guede.
hoir datum steit alleyn dair in
from frolick syn
20 uyth adelichen gemoide.
verborgen is,
wiewoll argelist
syn up der baen,
verdrist moit hain
25 na sulcker sweer
dat allet mit geseer
wirt to gericht
alz mynn unnd mynen hoepenn geschiet.
III.
Wair Boures art zu hoff regiert,
30 erfonden werdet
guet regiment gar selden.
dair durch der adel moet werden veracht,
alz ick betracht,
moit ick dat nu unntgelden.
35 In diesen fall
het kundt nu waill
verkeren sich,
wiewoll dat ich
byn geslagen uyß
40 dair aff niemantz weet int huiß.
het is der klepper scholt,
in hoern dienst hain ich gedolt.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
83
Nr. 26 aant.
Eynn Annder
I.
Ich hain myn hertz in freden gestelt,+
Ich han mir eyn hubs medlin außerwelt,
by oir woll ich gern blyven.
der unfall swair by synen endt
5 gar ritterlich biß up eyn tzyt
eer begert mich zu verdriven.
Bl. 30 vo
+
II.
Im landt so1 loiffen wy hyn unnd heer,
die reische falt mich voil to swair,
dat byn ick onnen worden.
10 Ich hain mich mennige reiß versocht,
myn harniß is myn beste ploich,
dair in laiß ich mich fynden.
III.
Men gaff mir eyn2 kertz in myner hant,
eyn lange spieß is sy genant,
15 die is mir even gerechte;
dairmit loep ich den boure durch das hauß,
wan er mich dan will jagen dairauß,
mit ihm so will ich dan vechten.
IV.
Nochtans so will ich niet versagen,
20 Ich trouw mich eyn halff haick zu dragen
alleyn inden selvige orden;
dair mit so soep ick up die but,
zu lest betalt icht mit der huit,
myn deel mach mich waill werden.
V.
25 Mit der klocken dar men mich zum graven luyt,
die is overtogen mit kalverhuyt,
die duet so fer erklingen;
unnd wan men up der klocken sleet, allerm schreit,
so isses dan wall vechtens tyt,
30 eyn trom is sy genennet.
1
2
Hs.: zu
danach h durchstrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
84
VI.
Die uns dit nuwe lietgen irstmaill sanck,
eyn from erlich lantzkneecht is hy genannt,
hy haet es seer waell gesungen;
er singt uns dat, er singt uns mehr,
35 uyth Franckrich syn sy koemen heer
mit pippen unnd mit3 trommen.
Nr. 27 aant.
Eynn Annder
I.
Het viel eyns kolen douwe
Tot eynre finsteren in,
Tot eynner hupscher frouwen,
+
gefangen int | hertze myn.
5 ‘o liefflick umbfangen,
Staet up unnd laet mich in!
na u staet myn verlangen,
by u so will ick syn.’
Bl. 31 vo
+
II.
Das meglin was behende,
10 sy liet den knaben in
so heymelick up eyn einde
all in eyn kamerlyn.
dair lagen die twee byden andern,
die wile wais hair niet lanck.
15 die wachter up der tynnen laich,
hy hieff up unnd hy sanck.
III.
Swiget, wachter, stille!
Ick will u geven loen.
my druckt eyn frowelyck1 belde,
20 des ich ghien rouw en hain.
Sy leit in mynre hertzen,
Sy brecket2 mynen syn,
By hair will ich blyven,
sy is die lieffste myn.
3
1
2
fehlt in der Hs.
Hs.: frowelyn.
Hs.: brecken.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
85
IV.
25 ‘By haer so will ich blyven,
by hair so byn ich gern.
Sy hefft twee falcken augen,
sy is myn Morgen steer;
sy hefft twee witte wangen
30 unnd eynnen roden mondt,
ons here Got wilse behuede
in allen3 deugden gesunt.
V.
‘All vor myns vaders Hove
dair stain twee bloemkens fyn:
35 die eyn dracht noeten,
die ander guede nagelkins.
die noten syn soe soete,
die nagelen und die syn guet,
die will ich die lieffste geven
40 tot eynen fryen frißchen moet.’
Nr. 28 aant.
Eyn Ander
I.
Ach Lieff mit leidt
wie hastu dyn bescheit
klechlich in kurtzer gespeell uff mich!
Ich hedt gemeindt
5 were steetz vereindt,
das lieff niet soll verwandelen sich.
nu hat ungeluck
gebruickt syn sverin duck,
genomen hyn,
10 myn syn
dairumb bedreubt ist hart,
mich reudt die zart
wyfflicher ardt,
die fast schoin jung liefflich unnd froim.
II.
15 Elendt du hast+
mich streng gefast
In senen unnd verlangen groet,
dat alle myn freidt
zu ruggen leit
3
Bl. 31 vo
+
Hs.: aller
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
86
20 unnd ste on alle trost gans bloiß.
was fing ich an
verwiester man?
weiß nicht wel end
elendt
25 ich koem ietz waer ich woll
ist ungefel
steet myn gesell,
schaifft die schon jung lieblich unnd froim.
III.
Senliches leidt
30 is ietz myn weidt,
erfreuwet is myr myns hertzen lust.
was hilfft mich dat
ich by oir was
unnd soll nu syn al freudt umb sunst!
35 Gar smertzlich
muiß lyden ich
betreubter man.
ich kan
nicht umbwenden zu freudt,
40 geyns trost mich geidt,
siedt dat ich meydt
die hoich schoin jung liefflich unnd froim.
Nr. 29 aant.
Eyn Annder
I.
Ich armes kuitzelyn kleyne,
myn gedancken syn mennichfolt.
over nacht flieg ich alleyne
all durch das groinen walt.
II.
5 Van den nast byn ich gedrongen
van mennige voegell geschrie,
die alden mit den jongen,
hair stem is menniger ley.
III.
Der nast is mir untwichenn
10 dair ich up zu rusten plaich
die loever syn affgeriessen
des claig ich nacht unnd dach.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
87
IV.
Ich flieg den walt oll omme
up mennige naste swig,
15 ich fant frucht menniger ley,
der smaich was ungelich.
V.
Wir tzwey1 wir moissen scheyden,
adde myn liever nast,
Sunst flieg ich over die heyde
20 recht wie eyn frembder gast.
VI.
Vair hyn2 dat dich Got geleide,+
myn lieves kuytzelynn,
du machs mich scheydenn sweere
unnd krenckes des hertze myn.
Bl. 32 ro
+
Nr. 30 aant.
Eyn Ander
I.
Myn1 flies unnd myn gemoit
hain ich niet gespairt,
altyt gewaert
den heren myn
5 zu dem besten syn,
mir schickt dair in,
genaidt unnd gunst verhoirt,
des heren gemoidt
das wendt sich aff.
II.
10 Var hyn unnd heer,
unnd wes ich kan
zu koiffen ain
der orter tzyt,
na oirren strit,
15 es is dan spit
dat duet mir angst:
myn trouwen dienst
die blieff dir unbekant.
1
2
1
Hs.: tzey.
Hs.: hy.
in die Majuskel M ist eine Narrenfratze eingezeichnet.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
88
III.
Wenich danck und loen
20 dair von ich breng,
men achtet gering,
es is vurwair
vergessen gaer;
groiß noet und gefar
25 ich bestanden hain,
wat freudt sal ich
dair haven van?
Nr. 31 aant.
Eyn Ander
I.
Ich byn umb eynre frouwe wille
gereden so mennige dach.
nu segt mich, schoin Jonckfrouwe,
wie haidt ir uch bedacht?
5 Och wildy by mich blyven
unnd dat segget mich by der zyt,
ick sall unnd moet van hinnen.
- Ja schoin is myn lieff my en lust ghyen ander wyff.
II.
10 Lust u ghien ander wyfflin,
so wende dich her zu mir.
so seggen ouch alle die wyve
dat ich die lieffste sy.
die eer will ich behouden1
15 tot die alderlieffste myn
en slaipen by schoine wyve.
- Ja schoin is myn lieff dair slaipt ghyen annder by.
+
III.
Hy nam die suverlicke
20 al by der witter handt;
hy leydese also ferre
All over eyn smale pat
al vor haer kamer finster,
dair lach die macht unnd sliep.
1
Bl. 32 vo
+
Hs. behonden.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
89
25 die wachter up hoger tynnen:
- Jo schoin is myn lieff my en lust ghyen ander lieff.
IV.
Is dair ymantz verborgen?
dat segt nu ter tyt,
30 dat hem die nyders niet en verspieden,
die by der lieffster zyt.
ick sie die morgenstere
unnd der dach sprayt darby.
ich hoire die vogelkens singen,
35 - Ja schoin is myn lieff dairto die nachtegale.
V.
Laet singen dat sy willen,
ten isser noch niet dach.
so moetse Got bewaren
40 dair ick to nacht by lach.
Sy hefft twe falcken ougen,
dairto eynnen hupschen krans,
so moet ick van hair scheyden,
- Ja schoin is myn lieff 45 got sparse lang gesunt.
VI.
Hiermede heb ick gekosen,
hedt is mich van hertzen leyt.
ick heb umb uwent wille
gereden so mennige dach.
50 Schoin lieff, laet u gedencken
end die trouwe die ich u gaff
unnd laet twee ougen up my wencken:
- Jaa schoin is myn lieff2 Adieu ick scheyde van hier.
Eynnde
2
Hs.: danach my gestrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
90
Nr. 32 aant.
Eyn Ander
I.
Untlovet is der walde
gegen diesen wynter kaldt,
beroefft werdt ich so balde,
myns schones lieff mackt mich alt;
5 das ich die schoinst moiß myden
die mich gefallen duet,
+
brengt mich in | heymelich lyden,
dairzu eynen swairen moit.
Bl. 33 ro
+
II.
Hertz lieff, laiß dich niet affen,
10 der falsche kleffer sint vele;
halt dich gegen mir rechtschaffen;
trouwlich ich dir loenen will,
heut dich vur falsche zungen,
dairauff sy woll bedacht,
15 des sie dir zu lieff gesungen
zu hondert duysent gueder nacht.
III.
Wat leitz du mir zu letzen,
du schoenes bruns meglin?
eyn hertz waill sunder smertzen,
20 gheyn liever dan eyn.
dair mit will ich van hynnen,
waill durch das groine wait,
dair findt men mengerleye
so mennich bloemkenn blouw.
Nr. 33 aant.
Eyn Ander
I.
Ghen besser freudt up erden niet en is
dan der van hertzen zu frieden is
unnd dienet Got den hernn
unnd laiß die werlt die werlt syn1,
5 want alle dingen vergencklich syn
behalve Got alleyne.
1
Hs.: danach gestrichen: behalve Got alleyne.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
91
II.
Die freudt der werlt en mach niet stain,
die schoinheit der menschen die moiß vergain
in also kurtzer stunden.
10 Dairumb bidt ich lieff heer gefft mich respit
also zu leven in dieser tzyt,
das ich mach genaidt erwerve.
III.
Ir junge hertzen, ir havet uren willen,
ir drincket unnd klincket unnd machet gaiet seer.
15 Gar kurtzlich moist ir sterven,
den bitteren doet gaer niemant en spairt,
die helle auch alle zit open staet,
huet dich dair in zu koemen.
IV.
Wer sich zu goede keren will+
20 sall tzitlich beginnen, so geyt ihm waill,
unnd hueden sich vur sunden.
Eer ihm der duvel der wech vurghe,
das ihm gheyn schaide dayr ihn en geschie,
wie uns der wyse man lerret.
Bl. 33 vo
+
V.
25 Die Jeuget laiß niet bedregen dich,
es is am leven niet secherlichz;
der doet hengt an din verschen
wair du hyn ghiest, wair du hyn steist,
hy folgt dich na und niet verliest,
30 mit dir wirt er nicht schertzen.
VI.
Du siest jung, edel, arm off rick,
die wormen werden fressen dich,
dairzu bistu geboren.
du boiß mit Got vereynighe dich
35 Dwill du hyr levestee up artrich,
so machstu froelich sterven.
VII.
Die werlt lust mach helffen niet,
brengt pyn die nummer vergeyt,
dairna weit dich zu richten.
40 folgt mynen raet, es duet dir staet,
huet das es niet werdt zu spaedt,
so machstu ewelich freuwen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
92
VIII.
Der wech zur helle ist gaer wit,
der pat zur himmel ist2 niet breit,
45 Such das du niet irrest.
wiltu mit christo eyn erve syn,
so moistu hier geduldich sy
unnd mitlyden dragen.
XI.
Die guede dagen ouch di du hier suist
50 verfueren dich zu der duvels kuch,
dair in so moistu braeden.
Nym up dyn halz, wie christus sagt,
dyn Crutze, folg ihm unnd niet versach,
so kompstu zu genadenn.
+
X.
55 Wiltu des eyn exempel hain,
gedenck des evagelischen Ricken man
unnd Lazarus des armen.
der eyn van ellendt in Abrahams schoit,
der ander in die helsche gloit
60 na waillust is gefarren.
Bl. 34 ro
+
XI.
Dairumb lais dir niet syn eyn spot,
Lais faren die werlt, keer dich zu Got,
schick dir mit ernst zu sterven,
dat du na diesen Jamerdael
65 mogest koemen zu den himelschen sael
by Got und syn uytherkoren.
XII.
O Richer Christ van Himmelrich,
sie an dyn schaiffen gnedichlich
unnd lais doch niet verderven,
70 die du mit dynen bloet gewonnen haest,
vur uns zu dynes vaders rast,
das bidden wir dich allen.
XIII.
Der uns dat Christlich leidtlin irstmail sanck,
eyn Christ lieffhaver is er genant,
75 er hait idt mit andacht gesungen.
der liefheer der barmhertzich is
wil uns verlenen vergiffenis
van unsen sunden allen.
2
Hs.: danach gar gestrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
93
Nr. 34 aant.
Eynn Ander up die vurge wyse
I.
Ghen Boeser ding up erden niet en is
dan eygen nuttze unnd falsche list,
is ietz gemeyn up erden.
das hait der falsche Judas gedain,
5 der hait das Hantwerck gevangen an
Syn Junger syn im Lande.
II.
Judas hertz das leugendt niet,
Er gaff eyn raet unnd meyndes niet,
Den armen solman geven,
10 das ander salve versturtzet was,
Syn hertz was ydell nyt unnd haeß,
Judas is noch up erden.
III.
Falschen raedt unnd verradery,
Judas werck spuert man dairby,
15 Ach we der gemeynder Landen,
die mit sulchen raet umbfangen syn;+
des beklacht sich mennich mueder kindt,
verraden is ietz gheyn schande.
Bl. 34 vo
+
IV.
Judas bekandt sich, das was zu spaedt,
20 das er synen herren verraden haet:
der duvel hait ihm besessen,
das er mit nichten erkennen moch
synes heren trouw innd fruntliche doucht,
selffz hangen wais syn beste!
V.
25 Erschrecklich is unnd groite pyn
eynnen jederen, der eyn christen will syn
unnd kan dan niet betrachten
die groisse sundt unnd missethait,
die Got der heer verhalden hait,
30 hier unnd dairmit zu vergeven.
VI.
Das ist, der synnen herren verrait
unnd goetlicher wairheit wederstait,
nutzer waer er niet geboeren!
das was des falschen Judas that,
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
94
35 der an Gotz barmherticheit1 verzwivelt hait,
Ewich is er verloren!
VII.
Das neme zu hertze eyn jeder Christ,
der seynem herrn verbonden is:
huet sich vur sulchen sachen
40 und sie synnen heren getrouw innd holt,
so will Got vergeven sundt unnd scholt,
zalich will er ihm machen.
VIII.
der das nuwes lietgen hait gedicht,
er ist durch den doep mit Christo verplicht,
45 Er verhoefft niet meynedich zu werden
Alz der falsche Judas mit synre thaet,
der synnen herren verrayden hait,
Er will getrouwer synnen heren syn. A M E N
Nr. 35 aant.
Eyn Annder up Die selvige wyse
+
I.
Gheyn beter freudt up erden niet en is,
dan jegelick bye synnen buelen is,
by synnen buell alleyne.
so mach hy reden wat hy will:
5 mer wat hy in synem herten drecht,
dat gefft hy mych to kennen.
Bl. 35 ro
+
II.
Ich hadt eyn frundtgen, dat is wair,
dry weken myn eyn halff Jair;
sy woldt gestedich wesen.
10 sy waes mich gestadich in gueder waer.
mugt ich eyn kurtzwil by oir wesen,
myn hertz waer gans genesen.
III.
Myn lieffken hefft twee armkens wyt,
dairto twe borstekens sint onbesmet,
15 dairto twee schoin bruin ougen.
dairto hefft sy eynnen lachende mont:
mocht ick hair kussen, ich wair gesunt,
myn hertz weer gantz genesen.
1
der an Gotz barm ist über einen ausradierten anderen Text geschrieben
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
95
IV.
Die uns dit niuwe lietlin sanck,
20 eyn frommer lansknech was hy genant,
hy hevet seer waill gesungen.
hy hevet gesungen, hy singet niet meer
unnd all van schoiner frouwen Eeer
spit alle qwadt nyders tongen.
Nr. 36 aant.
Eyn Ander
I.
‘Waeckt up, waeckt up, du warde gast,
die valke ist up der stange;
hy kerdt hem seer nades dages licht,
dairna stait syn verlangen.
5 dairumb ich u1 in trouwe roede:
die morgens sterre inden hiemel staet;
siet, dat u niet en werde to spaede,
keerdt u schoin van dannen!’
II.
‘Neen, Wather, neen, laet u geschal,
10 waddens | helpt u dat schimppen?+
Gy brengt unß beyde in groet ungefall,
Het kan u luttel gehelpen,
dat ghy verstoirt den lieffsten gast,
hy kompt hier haren selden.
15 Ten is noch niet so na den dach,
ghy sullet noch mißgelden!’
Bl. 35 vo
+
III.
‘Neen, Frouw, neen, west nie so fell
doer genen swerten wolcken
My dunckt ich sie eyn sterre klair
20 al doer die wolcken koemen stolcken.’
‘off ick dairin bedrogen ben,
dair geff ich mich in schuldich;
den dach en is niet so na darby,
ghy slaept noch wail eyn ure off drye
25 laet my in uwer hulpen.’
IV.
Die gast, die gast die sy verkoos,
haers herten eyn tabernakel,
1
v aus in verbessert.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
96
in herter lieffde haers herten begert,
sy brant recht alz eyn fackell.
30 haer dunck eyn ure eyn jairlanck duren;
sy en heves ghyn verdriet.
Sy speelde by hartz hertzen begeren,
tot dat die lichte morgensterre
qwaem anden hiemel schynen.
V.
35 Dat frouwken in haer bedde lach
mit haer sne witte wangen,
hair roide mont, haer bruyn ougen upslach,
haer herte is so bange.
vor dy nyders tongen is sy seer versacht,
40 den dach kompt angestrecken,
hy spranck daer lustelick doer den2 clee,
dat scheyden doet beyden wee
und stridt boven alle valcken.
Nr. 37 aant.
Eynn Annder
+
I.
Wie koempt dat by, schoin lieff, laet mich dat weten,
dat ghy niet meer
umb my myn trouwen dienst hebt vergeten?
Bl. 36 ro
+
II.
Dat hefft gedain u amareuse maniren.
5 hilff mich auß der noet,
schoin bloemken roit,
ick bemynde u boven myn leven:
oir mondlin roet,
oir oigkes klair,
10 die doen myn hertzgen sveven.
III.
Addieu accort, wat hebt ghy nu bedreven
mit u borstgens bloet,
recht alz eyn kloit,
die doen myn hertz sveven!
15 helpt mich auß der noet
schoin bloimkens roit,
ich beminde u boven myn leven.
2
Hs.: und.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
97
Nr. 38 aant.
Eyn Ander
I.
Liefflich hait sich versellet
myn hertz in kurtzer frist
na eynre die mich gefellet,
Got weiß woll wer sy is.
5 sy gelievet mich gans ynentlich,
die ausser welt unnd reyn,
Got weis wol wer sy is.
II.
Ich gelichse eynnem engel,
die ausserwelt unnd reyn:
10 Hair hairlin kruiß gell gestrenget,
ir mundelin roet robyn,
ir wendelyn roet, schoen rose farwe roet,
zwey bruyn ogelyn klair,
die dragt sy uppenbair.
III.
15 All umb des megedelin guede
hain ich sy mich außerwelt;
sy erfreudt mich myn gemoide;
mynen dienst han ich oir gesworen,
oir stediger diener woll ich syen
20 unnd blyven oir underdain
so lang ich es leven han.
Nr. 39 aant.
Eyn Ander
I.
Ich weet noch eyn:+
sy iß so waell gedain,
die wolde ich also gern
tot eynnen fruntgen hain.
5 sy is gar dugentlich
unnd dairto so rechte gestadich,
wair findt men oirs gelick?
Bl. 36 vo
+
II.
Lest mail doe ich fruntgen by oir was,
wo fruntlich wortgens mer
10 dy sy tot mich spraick!
Ich nams auch all in danck;
sy sacht sy soll mich wael gestadich blyven
unnd doens mich genen wanck.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
98
III.
En woldy mich gestadich blyven,
15 schoin lieff, dat were die alderhoichste wunß van my.
Ick beger von hoir niet meer1,
dat ghy mich gestadich wollet blyven,
waer ick mych henen keer.
IV.
Die valsche kleffer tonge,
20 der fintmen also vele;
sy hebben mich benommen
so mennich guet auent speel
unnd myn waillusticheit:
ick sall noch inden lieffste arme slaipen
25 und werdt den kleffer leidt.
V.
Unnd weren alle die kleffers tongen doet,
so solde hen verfreuwen so mennich mundelin roet.
ich wyns ihm alle myn leidt;
ich sall die lieffste wall gestadich blyven,
30 waer ich mich hyn kere.
Nr. 40 aant.
Eyn Annder
I.
Eyn Venus dierken had ich uytherkoren,
ghyen liever weit ich ter werlt ront.
umb oirentwill is dat ich freudt erboeren
int anschouw van myns lieffkens lachende mondt.
5 oir kelke wit unnd oir boirstgens ront,
die maken mich seer froelich van synnen.
+
II.
Ghien schoiner is noet van moeder geboren1,
tis recht dat ich myn lieffke bemyn.
oir hairken is goldroet, goldroet van koloire,
10 twee oigkens stoin int amareus so snel;
hoir wangkens sint roet van naturen,
idt is myn lieffke, dat merck ick woll,
blyde van geiste und niet Robel,
my dunck, idt is myn affgoetinne.
1
1
Bl. 37 ro
+
Hs.: meer doppelt geschrieben.
Hs.: gebren.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
99
III.
15 Gefassoneer is sy alz eyn manige,
tis recht dat ick myn lieffke bemynne.
dairto hefft sy eyn hoetmodige curasy,
dairto hefft sy eynnen firren ganck,
van dry off vieren bedrifft sy
20 van myn hartge rasie
ich en hoirde van myn dage noit beter sanck.
want sy bedrifft mit hoirren amareusen klanck,
my dunck sy is myn affgoetinne.
Gefassoneer is sy alz eyn manige,
25 tis recht dat ick myn lieffke bemyn.
1546
TR
perdonne
Jeunnesse
Batenborch
Zeichnung: Herz mit den Initialen TR und Krone von zwei Pfeilen durchbohrt und
von Säge zerschnitten. Darunter:
WWSHDDGBVSM
myt ganser stedycheyt
Nr. 41 aant.
I.
Ffreys unde ffreylych wyll yck mych halden,+
truyren1 en mach my batten nyt,
spyt al de geyn de mych benyden,
om oren wyl en lat ych es nyt;
5 al van ser hey, wych hey, wych ho,
sech ych den leyste, so wyr ych ffrow2.
Bl. 37 vo
+
II.
Ych wet eyn pertten myt ffalben manen,
dat ych so gern to ruyden blach,
dat sleyfft eyn andert op der banen,
10 gott geff dem leyste ffol goden dach!
al ffan ser hey, whych hey, wych ho,
seych ych den leyste, so wer ych ffrow.
III.
Nymes en sal van anderen klappen,
he sal sych soelver3 erst wal beseyn,
15 un yst er ffor mals wat er ffaren,
1
2
3
Hs.: truyen.
Hs.: ffrowz.
Hs.: svelver.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
100
dat mach er namals wal geschen;
al van ser hey, wych hey, wych ho,
seych ych den leysten, so wer ych ffrow.
IV.
Wy wyllen nyt meyr van den ovol gan seyngen;
20 et donck my so ffrasen ffogel syn,
er wynck my an myt den wyt van synen ogen,
myt den hertzen en ment er es nyt;
al van ser hey, wych hey, wych ho,
sech ych den leysten, so wyr ych ffrow.
Nr. 42 aant.
+
I.
Ich mueß von hin, darumb ich bin,
hertzliebste mein, in schwerer pein,
darzue in großen schmertzen;
Wan ichs bedracht bei tag unnd nacht
5 dein schone zier, freid lust unnd begier,
darzue dein freundlichs schertzen,
So will mein hertz vor leid unnd schmertz
in rechter lieb vor lait zergan.
furwar ich sag, das ich mein tag
10 auff erden kain lieber gewann,
schaiden ist bitter dan der enntzian.
Bl. 38 ro
+
II.
Hertzlieb dein fart die reut mich hart,
das ich nit mag kain stund im tag
frolich kan sein on laide.
15 wie sol hin fur geschehen mir
ellendem weib, das ich dein leib
verlassen mueß durch schaiden?
So bitt ich dich ganntz hertziglich,
laß mich dir hertzlieb bevelgen sein.
20 treulich dich bitt, mein nit vergiß,
behalt mir ein stetl im hertzen dein,
schaiden ist uber alle pein.
III.
Hertzlieb unnd wert, mich reut auff erdt
kain mensch dann du, das ich dich nu
25 und muoß mich dein verwegen.
ich bevilch mich dir yetzundt hinfür,
desgleich will ich gott bitten fur dich,
der lieb gott well dein phlegen.
So ist di zeit yetz khomen mit lait,
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
101
30 das ich dich hertzlieb mueß verlan;
beut mir dein mundt zu dißer stundt,
so mag uns baiden nit werden baß,
schaiden macht unns die eiglein naß.
15. 12. 50
MHZG
Os: Rainer zu Erb
Nr. 43 aant.
I.
Blaw blomen auff der heyden,+
ich bid, vergiß nicht mein,
unnd seind wir beyde gescheiden,
mein hertz sall bey dir seyn
5 biß an mein lebens ende.
ich will mich vann dir wennden,
ach scheiden, du brengst1 mir pein.
Bl. 38 vo
+
II.
Verlangen thut mich krencken
unnd brengt mir schweren mudt
10 wann ich ann sie gedencke
verwandelt sie mein bludt2
darumb das ich sie muß meiden
brengt mir heimlich leidenn
ich hoff eß sall werden gudt.
III.
15 Woll auff gluck mitt frewden
und ker dich wederumb,
unnd seind wir beyde gescheiden,
wie bald ich wiederumb komm3!
denn kleffer all zu neyde,
20 dem deuffel all zu leyde,
Gluck4 ker dych wederumb!
1551
ABDE
Anna v. Bronkhorst u. Battenborcht
1
2
3
4
1 Hs.: brenst.
Hs.: blaidt.
Hs.: koinn.
Hs.: Gluch.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
102
Nr. 44 aant.
+
I.
Keyn leyb1 aen leyt wyrt funden,
das byn ich worden inn;
myn freud is myr verswunden,
krenckt myr hertz mot und syn,
5 schafft myr eyn sweres lyden,
das ich drag dach und nacht.
ach got wy we dot scheyden,
gschach myr nye so leyd,
wy wol ich2 es neymant clage!
Bl. 39 ro
+
II.
10. Ach gluck, las dych erbarmen
myn clag und swere pyn,
verlas mych nycht, mych armen3,
do myr dyner hulff und schyn.
myn hertz das ist verwundt
15 dorch iren zart mundlyn rot,
myn Fenus flamen entzundet,
myt lyebe so gar dorchgrundet,
hylff myr uys solcher4 not!
III.
Trostlycher hort uff allen,
20 dyn schon geber und tzyr5
thut myr so wal gefallen,
daer na steyt al myn verlangen,
ir falcken oglyn klare,
de geben lechten schyn;
25 recht golt farbe ist ir hare,
ir wenglyn rot wys gefleckt,
ir mundlyn glych dem robyn.
IV.
An ir ist nycht vorgessen,
se yst van edler aert;
30 ir schon ist nycht zu ermessen
so lyeblych und zo zart.
solt ich ir lob recht sagen
- wy wol ych es nycht en vermach -
1
2
3
4
5
Hs.: leyd.
Hs.: ich aus ick verbessert.
Hs.: aemen.
vorher Schreibfehler socl durchstrichen.
vorher ty gestrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
103
ich endes in keynem6 dage;
35 hertz leyb vormerck de clage,
de ich im hertzen drag.
V.
Recht lyebe und truwe
fyndestu altzyt by myr,
nycht mer tu ich begeren
40 aen allen falsch van dyr.
off ich nycht byn dyns glychen
an gewalt und grossen pracht,
wyl nycht7 drum van dyr wychen,
ich mochte gnad erreychen,
45 myn hertz dych prysen thut.
VI.
Ich erman dych aen de stunde,
do ich dych erstmals ersach;
dyr ist ouch noch wal kunde
in eren alle sache.
50 ich byt last also blyven,
holt stetzs by dem alten gesetz,
las mych darum nycht8 verdryven,
off ich nycht stedes kann blyven
by dyr myn hogester schatz.
VII.
55 Nycht9 las mych hertz lyeff nycht setzen
myn hoffunge gar um sunst,
do mych dynes leyts ergetzen,
stel nycht van myr dynen gunst!
als ich dyr do vertruwen,
60 du bruyckest an myr keyn lyst;
es soll dych nycht geruwen,
gluck das mocht sych naygen
tzo dyr in kortzer fryst.
VIII.
Anders saltu mych nycht sparen
65 dan gerecht mynen worden gelych,
las dych doch nycht verforen,
blyff stet, nycht van myr wych;
glych tzucht und eren jegen myr,
6
7
8
9
vorher keye durchstrichen.
vorher mych durchstrichen.
vorher vy durchstrichen.
Hs.: Mycht.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
104
70 gans fruntlych myt myr redest,
myn hertz in frouden ertzeygest
als ich lest waer by dyr.
+
IX.
Adde, myn kayserynne,
myns hertzen eyn hogester kron!
75 ich moys itzunt van hynnen,
myt layde ich van dyr schayd.
schenk dyr dys leyt tzo der letze,
das myn hertz alderliebest war,
darume myn hertze lyt smertze,
80 ich en kan dyner nych vergetzen
und levede ich schon dusent jayr.
Bl. 39 vo
+
X.
Bewar dych got vor lyed
und spar dych lange gesunt;
wy wol ich itzunt schayde,
85 doch blyvet myn hertz al stunt
ach by dyr in stedyger truwen
und gan dyr guts vor allen.
wyl mych10 van dyr nycht keren,
send dyr manych seufften11 swere
90 all dage wal dusent mal.
***
F.F.W.
Dyt leyt ys geschreven,
de kunst is in de fedder gebleven.
De truwe wyl faen,
de moet werlych snelle wynde haen.
v. Westrem
1552
+
G.d. Bouchorst
Bl. 40 vo
+
Veel te loven ende luttel gheven
doet die sot in vroyschden leven.
10
11
mych über durchgestrichenes ich geschrieben.
gleiches Wort vorher nach Schreibfehler durchstrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
105
Nr. 45 aant.
I.
Der werlt untruwe ys mannych folt,+
des byn yck wys geworden.
och we dem genen, den dat awer get,
syn hertte dat lycht yn soergen,
5 un dat ys myner truheyt schult;
het yck des1 ken gedult,
untru hedde mych ermordet2.
Bl. 41 ro
+
II.
Gros untru yck bewunden3 han,
dat wyl yck dy wal sagen,
10 va enen metlyn ys huppes und fyn,
un de heft my bedragen;
wul untru ys er hertte gekledet,
un wat se myr saget,
dat fynde yck gar erlagen.
III.
15 Yck mende er herte wer als dat myn
getru yn erem lyve;
des wert myn walssche frunt dar hen,
er hat enen anderen lewer.
des let se myr yn truren stan
20 unde hat myr gesat
al up der narren schylt.
***
ESAG
De de welt also ut er kuset,
darmede he gades hulde worluset:
wan et dan get an en scheden,
so syn se worlaren alle beyde.
L. Hasenkamp
Yck wyl syn frolyck yn4 eren,
desen kan my numans wor keren.
1
2
3
4
Hs.: kes.
Hs.: ermardet.
Hs.: bewuden.
fehlt in Hs.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
106
Nr. 46 aant.
+
I.
Eitz scheiden du breinges mych swer,
krenckes mych gar trurenlych,
das ich nu und mueß van ein,
de usserweldt erfreywet mych.
5 in schympt und auch1 yn schertzen
hadt sy2 mych myn hertz durch wondt;
das werden ich kranich van hertzenn,
wann ych gedenck der weder ffardt.
Bl. 42 vo
+
II.
Ungeval durch deinen nytz
10 haidt sulx klaich erdach,
das mach das kleffers neit,
das scheiden werdt vollenbracht.
dar umb haff ych groß leiden
und ist myr lankwyllych,
15 das3 ich dych fyns leiff moß myden,
ungeval das klaich ich dir!
III.
Kumpt myr myn troist zu stur,
gedenck das scheidenn swer,
wyl kortzwyl wyrdt mych dur
20 so ich van heinden moß schyr.
myt leidt so moß ych scheiden,
nach blyf das hertz by dyr:
geluich keirt dich myt frouden,
hoelf unß zu sammen kommen schyr.
Got Baven al Elsbet van Bronckhorst und Battenborch
Nr. 47 aant.
+
I.
Uis argen wan
geheve iches an,
ein frowelin thobeclagen.
ich suichte und clage,
5 das ich min dage
nicht toures have forloren!
1
2
3
Bl. 43 ro
+
Hs.: aich.
Hs.: y verkleckst; darübergeschrieben: er.
Hs.: davor hyt.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
107
des clage ich ser
wi lange wi mer:
das ich de schone moeth miden1
10 brengeth mir ein hemelich2 liden;
hertz leff, des clage ich dir,
darum heleff mir!
II.
Helleff mich hertzleff
uis sollicher noith,
15 geff mir hertz leff
din thruen raith!
des cumpth mir fill,
das ich nicht will;
das cumpth mir her,
20 das ich nicht beger.
und qweme er,
den ich beger,
ich bins elende
und gantz unwerdth,
25 follich sich urne kerth;
van grosen zorn3 so mois ich stherven.
III.
Gründeth mine wordth,
junckfrowellin tzardth,
de wile ich dir mois miden!
30 claich sun und main,
claich loiff und gras,
claich alles was das den hemell4 besluisth,
claich roslin fin,
claich kleine wilth fogelin,
35 claich blomelin uff der heiden,
claich oich de brune waltgemoith,
oich richer godth
wy we mir scheiden doith!
***
Selden sein und lange thzo beiden
sall mir nümer doen scheiden.
1
2
3
4
Hs.: d aus th korrigiert.
Hs.: zuerst hemelichen, dabb en gestrichen.
zorn unsicher.
Hs.: danach heinell.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
108
Nr. 48 aant.
+
I.
Ein fruntlich auchen wyncken
bringt1 lust minß hertzen begert,
als ich dan de leiffste gedencke,
wo gern ich by yr wer!
5 sey hat ein fruntlych weßen,
das hat betswonchen das junche2 hertze min;
auch mocht ich by3 yr weße,
sey gefelt mir we lancher we meir.
Bl. 43 vo
+
II.
Acht nit uff falche4 zunchen5,
10 de di lich zu don machen;
laß mir din fruntschaiff schowen,
hertz lyeff, we es weßen mach.
syn wyr beit gescheiden,
versdu uffer grun heyden,
15 stedich will ich na dir beiden,
der gelichen do wieder zu myr!
III.
Kein junfraw kan mich ehr fruwen,
ich binß ganß trurenlich;
de tru vur zyden hat beseissen,
20 ich nit weiß eiß neman zu klaichen,
ich sein der untru zu vill.
allein moß ich es draichen,
mein junchen hertzen6 klaechen,
ich sein, es yß verloren spyll.
***
1550
WGW
S. v. Holtorp
Het ich mynen willen,
so wir ich vil zu stylle.
1
2
3
4
5
6
g aus h verbessert.
Hs.: juche.
Hs.: by doppelt.
Hs.: fralche.
Hs.: ßunchen.
Hs: dahinter dklichen durchstrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
109
Nr. 49 aant.
I.
Elleyndt hadt mych omffangen+
dye tyt so mannych ffolt,
na eyner drach ych verlangen
myt smeyrtz ych des verdolt.
5 das macht alleyn syn losen Wort,
dar myt haedt eyr mych das heyrtz bettort1!
marck goder geseyl, wadt ffalsen leyffde doet,
dat brenckt myr myn heyrtz yn sveren noedt.
Bl. 44 ro
+
II.
Leygen und dryegen yst um gemeyn,
10 wer das geloyfft wyl
er spryckt duyck ya und meyndes nyt,
er yst alleyr boscheyt2 ffol.
er pypes mych suydt, er machges myr godt
gelyck we men dye kleynen waldt ffoegellyn doeyt:
15 wanneyr man sy geffangen hadt,
so slet men sy der doet.
III.
Och spoytlychger yommer,
wye breynchdt er mych dar heyr!
heydt ych syn untrow3 vor hyn gewost,
20 dye leyffde hyedt lan eyn ende.
wys wyl ych langer ffrowen mych?
er hadt doch eyn ander leyver dan mych!
ych hadt dat wordt eyn ander,
dye daet4 myn saeden, weyrde ych das gewar.
***
1550
Godt ffychyes zo besten
Kattryn van Battenborch
1
2
3
4
Hs.: beffort.
Hs.: loscheyt.
Hs.: danach te gestrichen.
Hs.: danach mych gestrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
110
Nr. 50 aant.
+
I.
Saturnus kaldt
ist manichvald,
doch frouwet mich syn geleste;
auch, dusent ach,
5 myn engemach
woll sich das foigen tom besten.
hilff und giff raidt
wie es mich ergait
mois ich din hulp vormiden
10 als Gameret
vorlangen dede
na Pellicain, dem swartzen wive.
Bl. 44 vo
+
II.
Die wandels fry,
frouw Etami,
15 durch synnen und vorlangen,
er truw se gans
na Graneflans,
desgelichen byn ich gemeinet
und noch vyl mher
20 vor all zu dir,
mach mir nith leve wirden1.
in lever gyr
kum her zu mir,
Jupiter will uns das leidt vordriven.
III.
25 Ach Mars mit grimmen
sege ich dinen schyn
durch das firmament erblicken.
vor2 dinen tornnen
hed ich erkoren
30 ein frundlich ermelinstrecken.
an werder brust
mit gantzer lust
kom mir myn leidt vorgestrewen3:
Arabbel zart
1
2
3
Z. 18-21 identisch mit Z. 42-45.
Hs.: vorth.
Hs.: vorgestregken.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
111
35 van hoyer arth
Marggrave Wilhelm4 dede erfreuwenn.
IV5.
Do6 Deiller floir
mit wie Amoir
in levede sich hait voreinet,
40 do was ehr hertz
inn hoyer schertz,
desgelichen bin ich gemeinet
und noch vyll mher
vor all zu dir,
45 mach mir nith levers werden.
der7 Sonnen gelytz
mit hießer hitz
berenndt mich nith8 so heis uff erden.
V9.
Ach Venus frouw
50 din anneschouw
lais din schin lange resten;
vor dage und wile
uff mich nith ile
dorch das hemelsch geleste.
55 der leveden bundt
ist dir kundt10
darumb lais mich in freuden
....11 und willen
als Secundil
60 dede Ferefees, dem stolzen12 heidenn.
VI13.
Origal
mit syner quail
moist Agelye miden;
vor solcher noid
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
Hs.: wilhlem.
Str. IV = St. VI der Hs.
Hs.: Der
Hs.: den.
fehlt in der Hs.
Str. V = St. IV der Hs.
Zeile fehlt in der Hs.
im Text der Hs. keine Lücke.
fehlt in der Hs.
Str. VI = Str. V der Hs.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
112
65 wehr mir de doit14
ja beßer wyll zu liden,
dan ich mit leide
van hinnen scheide
von myner schoinen Amien,
70 gedench an mich
als ich an dich:
Mercurius will uns mher ffryen.
VII.
Ach wie der Maint
hait sich vullendet
75 hen na durch all die zeichen,
die vier Element15
heben sich gewendt,
de dach de kumpt her reichen.
myner frouden oirth
80 is gans vorstoirt
in jamer und elende:
Segunie leidt
was wytt und breitt
all na Sinatulander ende16.
***
Seldenn sehen, lang zu beidenn
sall mir nummer doin scheidenn.
14
15
16
Hs.: danach wer mir der doit wiederholt.
vier Element < firmament?
fehlt in der Hs.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
113
Nr. 51 aant.
I.
Och buyller, du buyst eyn armer dyr,+
eyn merteller dyr uff erden!
des naychs so bedryfft er affen spuyl,
er fuyrt eyn kattuysser leven,
5 und de ganssen naicht heyff er aver braycht
myt suychten und myt wennen;
und umb doyt we
der hagell und snye:
er haypt, syn leyff
10 sal umb noych werden.
Bl. 45 ro
+
II.
Des morgens wan er froich uff stet
so doyt er sych balde kleyden;
er merck, war syn fyns leyff1 hynne gayt,
dat er sy moicht beschuwen.
15 en so suyt er dar eyn ander bey er stan,
eyn worde kan er nyt spreghen.
er gayt fort dan
end suyt sy ovel an,
umb dunck syn hertz sol brechgen,
20 enwart kan er nyt sprechhen.
III.
Och buyller, ghy syt eyn2 unwert gayst,
er wolt geyrn fruntschap myt mir magen
und heb hertz noych syn tho dyr,
mych maych wal anders geworden.
25 fair hyn, fair hyn, er syt eyn untvert gayst,
eyn merteller uff erden!
war ghy uych kyrt aff
men dynner nyt3 enbegert
aff dyr geyn trost
30 en maych geboren.
1549
E.V. Battenborch
Wat mer godt gan,
weder dem kan gein man.
Godt Baven al
1
2
3
Hs.: danach tho gestrichen.
Hs.: danach armer gestrichen.
Hs.: nyt doppelt.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
114
Nr. 52 aant.
+
I.
Schoin Bin ich neit,
myn hoigester hordt,
deß laiß mych neit engelden.
wie ych eim doin
5 haib ich kein row,
myn hertz wirt froe gar selden,
in adlicher zuicht
mit fleisßer bedt
erfrow mych myn jonger1 hertze.
Bl. 45 vo
+
II.
10 Beclaich dich neit zu hardt
myn schones leib,
dyn komer will ich wenden!
Brent dyr dyn hertz
in rechter leib,
15 so laiß mich uiß mynem Ellende.
myn verlangen daß steidt nach dyr,
in rechter Beger
lust mych mit dyr zo schertzen.
III.
Schoin Jonffreulin ffyn
20 ist daß dyn wyll,
so erfrew du mych van grondt mynes hertzen!
heimlich und styll
legst myr in mynen syn,
adde ich moyst van dan;
25 dyn hertz ich in mynem hertzen hain
und don stetz ain dych gedenckenn.
***
ABDE
Anna leff van Bronckhorst unnd Bateborch
1
Hs.: joger.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
115
Nr. 53 aant.
I.
Dye maeyn steyt yn dem hüchsten,+
dye soen haeyt sych onderdaen;
myn ffyens lyeff leyt dar yn nüeden,
hergot wye mach es oem gaen?
5 des regent end sneyt der kalder weynt,
off ych myn ffyens lyeff suchte,
ych wost nyt, waer ych om ffünd.
Bl. 46 ro
+
II.
Myn ffynes lyeff wol mych leren,
woe ych mych halden soel
10 yn tochten end och yn eyren,
ffyens lyeff, daz weytz du wael.
ych weytz wal wez hemlychger ffruntschaff dueyt,
des berümt sych mennyger syns boelen
yn dye lenghdt schuyt oem geyn goeyt.
III.
15 Vyns lyeff, ych wol dych bydden,
waer eyr u geselschaff haeyt,
dat eyr myr myt süchten wolt gedyncken,
der werrelt eys ffol aergelyst.
gedynckt aen mych met eyn kleynnen waen,
20 als dan wel ych uff dych waerden,
eyr büst myn hüchste kroeyn!
IV.
Vyns lyeff, ych wol dych klagen
myn elend end yamer groeyz;
al wyl haeff ychs nyt aen dem dagen
25 wü spaer wch got doch gesont.
hadde1 zue ffüel goeder nacht,
dat sey dyer ffynes medelyngh gesongen,
om dynent wellen erdacht.
DAL
Ych betrou yn got allen,
der mynssen trost eys klen.
CVB
1561
espor mai abriese
C. v. Bronckhorst unde Batenborch
1
Hs.: hadde ist doppelt geschrieben.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
116
Nr. 54 aant.
+
I.
‘Wach uff mein hertz,
vernim mein wort
und mirck was ich dir sage:
mein hertz stehet
5 nach deiner güdt,
Junckffraw laist mich nicht verzagen!
Ich stell nach dir
al mein beger,
das gleub du mir,
10 der trew laeß mir geniessen.’
Bl. 46 vo
+
II.
‘Dein stoltzer leib
zu mir verschreib,
schleuß mir all uff dein hertze;
schleuß mich darin
15 hertz liebeste mein,
es ist mir gar ghein schertzen.
dich ich an meinem hertzen drag
...............1
nicht abenlain,
20 der trew laß mir geniessen.’
III.
‘Junger Knab,
dein bedt laß ab,
du bist mir vill zu wilde!
wannher ich nhu dedt
25 nach deiner bedt,
mich furcht, es blieb nicht stille.
ich danck dir vast,
du werder gast
der trowen dein,
30 die dur gerst vonn hertzen.’
IV.
‘Mein freuntlichs hertz
nhu laß die wordt2,
du krenckest mir mein hertze;
wannher ich gedenck
35 der grossen liebte,
die ich dir gan van hertzen,
1
2
in der Hs. keine Lücke.
danach in der Hs. gestrichen: es ist mir ghar ghein schertzen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
117
das wordt auß bracht,
des war mir leidt,
uff meinen eidt,
40 das ich dich junckfrowelein soldt meiden3.
V.
‘Junger Knab4,
nhu züch dich ab,
schlaeff hin on allen sorgen;
ghein heimeliche liebte
45 du nicht enspar
biß an den hellen morgen.’
auß hertzen beger
spranck he zu ihr
zu der liebsten sein
50 her dede sei ghar fruntlich umbfangen.
1558
En dieu mon esperance.
F. v. Schöler
Niemantz en vergeß des seinen,
wannher es feldt, ich gedenck des minen.
Nr. 55 aant.
I.
Myn leyff und ych wyr synt gescheden,+
och vye ser bedroff ych myr!
ych dorff nyt eyn wortgen to om sprechgen,
dye kleyffer melde mych.
Bl. 47 ro
+
II.
5 Sey warden mych myt dem ochgen,
recht off ych wer eyn dyff,
mer noch taug en sollen sey et nyt wetten
ya wye dar ys myn leyff.
III.
Dan ych myt dem ochgen wencken,
10 dat yst der leyffste nyt mer;
dar ych nacht und dach an dencken,
dat yst der leyffste myn.
3
4
Hs.: melden.
Hs.: danach dein durchstrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
118
IV.
Gespel wal, leyffer gespielle,
nu geyff mych goden rat:
15 sal ych myn leyff dar om moeten myden
off sy mych werden quit?
V.
Sy klaffen wat sy wyllen,
dat acht ych werlych nyt;
ych wyl om nu noch nomer mer verlatten
20 ych haff om ffolte leyff.
1558
HCVB
Keyn leyffer dan dych,
dat wes gott und ych.
Nr. 56 aant.
+
I.
Ich habe gesadth in minen sin
ein fin wacker meddelin.
ich willse lathen faren,
ich kanse nicht lenger bewaren:
5 adde, se far darhein,
Bl. 47 vo
+
II.
In anderth halven dage
schaffth se der fronthschoffth foill.
wath batheth, das ich foll clage?
se heldeth for ein sage,
10 edth duncketh er sin guidth spill.
III.
Will gy wethen, wy se heth?
unthruwe is se genanth.
unthruwe kanse mir schencken
se ledth den hundth wall hincken,
15 das isth mir wall bekandth.
IV.
Moichte maniger van unthruwe stherven,
so wer min frondth wall doeth;
se will nach nicht stherven,
se will sich nicht ferderven,
20 se heffth oich nach kein noith.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
119
V.
Min frondth is gaer sthede
gelich ein wedderhane.
off eth er ein ander bede,
misslich wadt se woll dede;
25 sse stheidth uff losen waen.
VI.
Ich sthae in mines frondes sin,
dath dureth thwe uren lanck;
sso sprechse: frondth far henne
du bist uith minen sinne.
30 so habe ich minen danck.
VII.
So will se fan mir scheidenn,
daer sla der duvell tho.
der duvel moethe se geleden,
ich will nicht lenger nach se beiden:
35 adde, se far dar hein.
***
Numentz eigen will ich sin,
dan der hertz allerlebesthen min.
Nr. 57 aant.
I.
Ich zwiech und ich moeß dencken,+
hartz alderliffste mein,
groeß ellend doet mich krencken,
van dir kan ich niet sein.
5 due wolles her tzo mich koemen
und sprechen mir fruntlich tzue;
due haest mein joncges hertz umfangen,
herts, moet und alle mein sin.
Bl. 48 ro
+
II.
Es kan und maech niet anders sien:
10 ghein liffer als du mir bist;
die cleffer doent ons melden,
das due mir so fruntlich bist.
mit dir tzo doen und tzo laessen,
und was sich1 tzo der ehren2 gehoert;
15 due bist feines liff mein eigen,
mein eigen auff desser erd.
1
2
das Wort ist in der Hs. zwischen was und tzo eingeflickt.
davor Schreibfehler (erhen o.ä.) durchstrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
120
III.
Laeß mir der truewen gemessen,
die due mir verheissen hat,
es wird dir numer geruewen,
20 das red ich dir vurwaer.
ich geb mich dir vuer eigen,
das gelaub due mich vuerwaer;
ich weis ghein liffer off erden,
die ich vuer dir wold haen.
***
Ghein liffer dan dich,
das weis got und ich.
1565
Geluck Erwaert M. van Meroede
LL
Hoeffen Erhelt,
bis mir geluck velt.
LL
Auf dem gleichen Blatt neben dieser Widmung von anderer Hand ist in
Langsrichtung eingetragen:
MBG
M. v Brederoeden
Alle mynen aenfanck
heft einen guoten ganck.
+
1553
Bl. 51 vo
+
In werhoelenheit saltu leven
vnd nemaynß zu kennen geven
wee din sachgen synt gestailt,
zo en hait sy der kleffer keyn gewailt.
Roin vain Buisfelt
Von anderer Hand:
Frundtlych und styll
is meyn besunder wyll.
wuste menger mynen synn,
ick1 wer wolle liver als1 ick bynn.
1
1
ick und als sind stark verkleckst und nur undeutlich zu lesen.
ick und als sind stark verkleckst und nur undeutlich zu lesen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
121
Nr. 58 aant.
1556
I.
Nu gruiß dich godt,+
du muintlyn rodt,
erst heb ich an
zu senghenn schonn,
5 zu die myn staidt:
last dir der gekleffer geswetz nit verfoeren,
scheidt nit van mir,
hertz muidt und senn stedt gans zu dir.
Bl. 52 vo
+
II.
Inn dysser zit soll sein,
10 du ffrunden myn,
dar1 durch myn hertz
muis lyden smertz.
in suilgen ffall
ein ffraulich zarth,
15 seppressen stam,
laiwendel zwich,
last din brun oigelin uff mir scheinen.
III.
Ei du Zevyir Baltzum
und wolgedan,
20 du meeiran,
du gefelst mir schon,
gezeirt mit flys,
or Bemelin wiß,
or muintlyn rodt,
25 or oigelin klar,
dei luichten als ein karbunkellstein.
1
dar über der Zeile mit Auslassungszeichen nachgetragen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
122
Nr. 59 aant.
+
I.
Och bither lides1 liden
wy geithes mir so swar,
grois leib mois ich miden,
haeth nemanth min kein achth?
5 sinth das ich habe forlaren
de allerlebesthe min,
forwar das doeth mir tzoren,
ich hadt mirs uiserkoren,
de mir de lebesthe verth dahein.
Bl. 53 ro
+
II.
10 Mith kumer und mith leide
mois ich mich van dir scheiden;
das moicht uis grunde seins hertzen
erbarmen einen wilden heiden.
du schone, min boele, das bidt ich,
15 das du forgesthtt nicht mir,
so wal maches mir
nicht leit, gedenck dar an
wy ich in dem alter gan.
III.
Und hedt ich geluck und eine wunsche,
20 nichth mer sulth ich begeren;
so beger ich nicht wedder gelth nach guidt,
wan ein fronthlich tzu dir keren.
so maches leider nicht sin,
je groser leib, je groser pin, ja pin.
25 wulth godt das ich se nicht sach,
se macht mir leidt und ungemach.
***
EBA (unter Krone)
Frembde und Elende bin ich,
wen das erbarmeth, der throste mich.
1
Wort undeutlich geschrieben und verkleckst.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
123
Nr. 60 aant.
Anno 1554
I.
Off ich vorgessen liden,+
das whet nhu woll de zyt,
min hertz in rasten keren,
daz sich voll troren licht.
5 Ich weiß ez niemmalz zu clagen,
ich sehen der untreuwen viell;
allein moiß ich ez dragen,
myn hertz will mich vorzagen,
ich sehen vorlaren spill.
Bl. 54 ro
+
II.
10 Wiewoll ich freude beger,
ich bin bedroivet gar;
myn leiff will my begeven,
des byn ich worden gewair.
de fruntschup von mir stetten
15 de be my plaich ze doin,
daz mach sen noch wyll rouwen,
de elende moiß ich bouwen,
eth wil doch nith anders syn.
III.
Nhu hin, ich moiß es liden,
20 ich moiß nu van ehm laen;
eth stehen gein truw up erden,
das sage ich vorwaer.
in truwen will ich vorharren
beß in dat ende myn,
25 es mocht noch beßer werden,
de sich vor liden kunde.
***
Von anderer Hand:
Dar mach gein schwert1 schneiden so speer,
dan de beniedet eins andern Eher.
1
Hs.: schwert über durchstrichenes zungh eingetragen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
124
Nr. 61 aant.
+
I.
Reyn Edel joffrau fyn,
sal ic u langer derven,
in dees elende syn
in alzoe grote pyn?
5 van druc zoe moet ic sterven!
Bl. 55 vo
+
II.
Eerst doen ic u oyt sach,
wort ic met lyeft bevangen.
O laes, o we, o wach,
dat ic u oyt aensach,
10 te groot is myn verlangen.
III.
Noch waerts myns hartzen lust,
mocht ic u lyef aenschauwen,
blyven met u in rust,
myn lyden waer geblust,
15 O schoen boven alle vrauen!
IV.
En is dat nyet iamer groot,
dat ic u lyef moet myden,
bliven in deser noot
en lyden totter doot?
20 ic en cans nyet lange lyden.
V.
Sal ic dus langer syn
en geenen troost verwerven,
soe barst dat harte myn,
dies sul di oorsaec syn
25 van myn elendich sterven.
VI.
Soe en is geen armer man
op eerden oyt gebooren
die moeder y gewan;
sal ic dus sterven dan?
30 ewich blyf ic verlooren!
+
VII.
Elc die dit singen hoort,
die will sich wel versinnen
al eer hy wordt verstoort,
in lyefde heel versmoort.
35 daer hy genen troost en can gewynnen.
Bl. 56 ro
+
***
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
125
Jamais femme fit du bien
jamais lievre prend un chien;
quant ung lievre prend ung chien,
c'est grand avonture.
Quandt ung femme fit du bien,
c'est contre nature.
Die Anfangsbuchstaben der Strophen sind in der Hs. freigestellt; sie ergeben das
Akrostichon RENESSE.
Im Schreibvers Z. 1 und 5 ist von anderer Hand zweimal das Wort femme
durchstrichen und durch homme ersetzt.
Bl. 57 vo - 63 ro
2. Teil des Wappenbuches
Bl. 57 vo
Oben: Brunckhorst, Battenburch und
Anholst
Unten: Grunßfeldt
Bl. 58 ro
Oben: Gemmen
Unten: Oyppenn
Bl. 58 vo
Oben: Alpen
Unten: Culenburch
Bl. 59 ro
Oben: Butzler
Unten: Bentem
Bl. 59 vo
Oben: Wickede
Unten: Holt
Bl. 60 ro
Oben: Ovelacker
Unten: Knypraedt
Bl. 60 vo
Oben: Wilich
Unten: Sollenhardt
Bl. 61 ro
Oben: Hessen
Unten: Grastorp
Bl. 61 vo
Oben: Noyelle.
Du coste paternelle
Unten: Culemborch
Du coste maternelle
Bl. 62 ro
Oben: Lickervelde
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Du coste paternelle
Unten: Bourgongne
Du coste maternelle
Bl. 62 vo
Oben: Mailly
Du coste paternelle
Unten: Bure
Du coste maternelle
Bl. 63 ro
Oben: Harchies
Du coste paternelle
Unten: Lauisuille.
Du coste maternelle.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
126
Nr. 62 aant.
1553
ABDE
+
I.
Ker weder geluck mit freudenn
unnd jaegth all unngevall vann myr.
ich saell unnd ich moiß scheiden,
doch blyvet daß jonnge hertz bye dyr,
5 bye dyr alleyne off dieser erdenn;
wie waell is dir eynn annder beschert,
dar umb ist myr myn hertz beswert.
Bl. 64 vo
+
II.
Mynn hertz dregt groiß verlanngen
nach eyner, de mir so waell gefelt.
10 helff godt mocht ich sye erlanngen!
unnd ich mocht wettenn oer freundtlich gestalt,
de mir gheinen schaden brecht.
och Alderlyeffste, nu doit mich recht,
doe kannst mich helffen uiß groißer erlenndt.
III.
15 Wye bistu sonnst gantz verschrecket,
deß lydt hertzlyeff nicht schaedenn dyr.
wie weit, wie eß godt macht schicken,
daß wye eyn kleine tyt bie ein anndern synn
in lyff und spill unnd deß woll still.
20 gy sydt my de lieffste uff dieser erden,
du kannst mir helffen unnd ghein man meher.
IV.
Myn hertz lydt groiße twenkung
nach eyner, de myr nicht werden en mach;
se hefft myn hertz umbfanngen,
25 deß lydt my jonnghs hertz groißen smertz.
se zagett, es zagett nacht unnd dacht,
wan daß nicht annders werdenn enn mach,
so ker doch godt myn sin daraff.
A[nna] v. Bronkhorst unnd Battenborcht
Das Lied ist auf dem Kopf stehend eingetragen
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
127
Nr. 63 aant.
I.
Moecht ick feinneß Lieff bey dyr gesein,+
nicht meyr wuld ick eß bogeren,
dat brecht groit freude dem herten mein.
wuldeß du myck das geweren
5 heymlick und still?
dat wer mein wyll;
wuldts du myck dat to saegen?
Bl. 66 vo
+
II.
Och feynneß Lieff, loiß eß nit geschein
so gar in deynnem herten,
10 dat du myck oein alle true verlaten doiß?
laet off von sulcken scherten!
mackt tit, mackt stunt,
du hast verwundt
mein hert moyt Phenus pheyll durchschotten.
III.
15 Hert eynnigeß Lieff geholt dick woll,
lait du den hundt nicht hyncken
und schlut myck in dat hert dein,
leit myck dor ut nicht syncken;
haelt fest an myck,
20 alß ick an dyck,
uisser baider leiffde schall ewiglick weren.
***
HGAMAIAD
Wy. von Rertzrurtt (?)
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
128
Nr. 64 aant.
+
I.
Ich had myr eyn gerdellyn gebowedt
van ffyollen eyn gellen kley,
das gerlyn yst myr untffraren,
das doet myr myn yongens heyrtzen so we.
eyn kruytken wye langer we lyever,
5 das yst myr untfraren myt eyn sonen scheyn,
eyn blomken verget nyt myn.
Bl. 67 ro
+
II.
Das blomken das ych mennen,
das yst van solker art,
10 das yst van doeyhden reynen
und ffordt eyn gans mondelyn sartz.
dar to twe ffalken ochgellyn klar,
ya wan ych dynck op scheyden,
so ffeylt mych truren weder zo.
III.
15 Och godt, we we doet scheyden,
heyfft myr myn heyrtz dorchwont;
brenget myr eyn hemlych leyden,
truren to aller stont.
der stonde der kompt myr al so ffol,
20 myn heyrtz leydt hemlych leyden,
we wal ych seynchge und ffrrolych byn.
IV.
Konde ych nu das vergetten
als manger och wal doet,
so wolde ych ffouyren eyn ffrolych leyven
25 und haffen eynen goden moedt.
das kan ych nu leyder nyt gedon,
ya wan ych gedynck op scheyden,
so ffeylt mych truyren weder zo.
V.
Och gott, we yst myn bol so wylt.
30 so manger das men yn dem ffelden ffynt,
O we der grotten ellenden.
sso wet ych yn duyzchgen1 landen nyt eyn,
der mych so rechten wal gffellet.
1553
GFZB
K[atryn] v. Battenborch2
1
2
das z ist nachträglich darübergeschrieben.
neben dem Schreibernamen Federprobe: frolich.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
129
Nr. 65 aant.
I.
Van edler arth+
eyn ffrouwlyn zartz
bystu eyn kroyn
der ych mych hayn
5 ergeven gayr,
geloves my vorwayr;
das hertz yn myr
krencketh sych nach dyr,
darumb begher1
10 ych uff dyn ehr:
helff myr, ych habe keyn troyst nycht mher.
Bl. 67 vo
+
II.
Wye ych ehr doy,
have ych keyn rouw
das macheth ehr gestaldt
15 der my mydth gewaldt
gefanghen haydt;
hertzleyff2, gyff raydt
und das ych mych
tzo dych vorplycht
20 yn hoffnung vuyll
ych werden wyll,
ßeytz myr hertzleyff eyn gnedych tzyll!
III.
Syndth du der byst
teghen dyr keyn lyst
25 nycht breycken schall,
das weystu wall
ayn allen schertz,
wyll dych meyn hertz
yn truwhen ßeyn,
30 darumb ych dych
keyn stunth und dach
verlayße und klayghe
auß rechter stedygher leve
ych dyner nycht vorgeßen mach.
1555
MHZG
1
2
Hs.: bogher.
tz nachträglich überschrieben.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
130
Nr. 66 aant.
+
I.
Ich schelle myn horn in yammerdal,
myn froit ys myr verswunden1;
ich hebe gejaget, en aff gelan,
den wylt lop nocht vor den hunden.
5 gen fryer wylt in dussem felt
als ich hebbe ut vor koren.
Bl. 68 ro
+
II.
Gen edel wylt ich yagen kan,
das hebbe ich duck vor nemen,
wy wol dat ich hal up yegeres ban
10 un myn geluck komt selden,
undt yagen fry, myt horenes gesrey,
es macht myr nycht entrennen.
III.
Fro hen myn wylt in waldes lust,
ich wyl nycht lenger den schrecken,
15 ehe yagen na dynen snewytten brust,
en ander moyt dy wecken.
macht ich nycht hafen en hochwylt schon,
so layt ich myr benogen
an hassen flesch, nycht mer ges,
20 dat kan myr nycht bedregenn2.
***
Ych hebbe geyagett,
dat myr behagett,
ych wolde nych van aldes wyltibs kor
nycht gan vor de dor.
1
2
Hs.: vorswnden.
Hs.: kedregenn.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
131
Nr. 67 aant.
I.
Mach ich ungefall erwerden nicht,+
tzo aller fristh
muith alle tzith hertz, moeth unde sin
min hertz in groithen thrurenn unde elende sin,
5 uff erden isth kein grother pin.
Bl. 69 vo
+
II.
Reicht will de tzidt bedencken doenn,
das schafeth de hoigesthe kroin,
de ich tho den frowedenn have uiterwelth
undth alle min forthruen
10 an godth undt er gesthelleth.
III.
Hertz eniges leiff, din stholtzer lif,
min tzo forsicht,
wenth mir min smertze undth sware klage;
ich erwonse alle tzidth ein gelucklichen daich,
15 errethte mich balde, er ich fortzage.
IV.
An er ich gein falsheith spur;
er ich forluir er leib unde gunsth
uith hertzenn grunth,
dath wer minen hertzen beku merth so ser,
20 ich kans forgethenn nu offth numer mer.
Nachschrift in Form eines Kryptogramms.
Nr. 68 aant.
I.
Synge ych nyt wal, das yst myr leydt,+
van heyrtzen dyedt ych das beginen1,
und wer noch mynen syngen nyt en ffracht,
dyr machges ffol leyver unt beren.
5 das2 safft allyn myn suser gesaenck,
dar zo myn leyfflych schallen,
myn wys yst mangen ovel to danck,
doet om nycht wal geffallen.
Bl. 70 ro
+
II.
Gelych wal wylles eynen goden moedt haffen,
10 van nemant wyllen zo lasen,
myn godyen mot wylles mych nyt vergan,
1
2
Hs.: geyinen.
Hs.: danach ff gestrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
132
ych dry ves zo goder masen,
myn ryem der heyst: ych achtes nyt,
deyn schryff ych gar affen baren;
15 dar to yst dat myn alde wys:
vor my darff keyn kleyffrer nyt sorgen.
III.
Och sorgen, du duyst dem heyrtzen wye
und kreynckt myr myn gemoeden,
myn naren3 wys wylles myr nyt vergan,
20 ych dryves zo goder masen.
das mych erffrout und keyner nit enschat,
das mos man myr woll gonen,
dar myt ffeyrt al myn truyren dar heyr,
ych suyngen geyr wan ych es konen.
N.V.M.H.
Godt ffyges zo beysten Kattryn v. Battenborch
Nr. 69 aant.
+
I.
En allen mijn1 jonck leven
heb ick mij seer verheven
om eender eedel jonfroue
seer eedel onde schoen.
5 wat was dacz met bedreven,
al war sij mij gegeven,
want wij sijn seer van eenen doen,
in mijn hartecke spant sij die kron;
sij is van leden alsoe schoen,
10 seer suver van persoen.
Bl. 71 ro
+
II.
Mockt ick noch eens verwerven
haer trou tot minder eerver,
en sij sede mij, dat waer mij een jolyt.
mocht ick die lieste derwen,
3
1
Hs.: raren.
Hs.: mij.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
133
15 van rou so sol ick sterven,
want daer ister fueel, diet ons beniedt,
mocht ick eens sijn met haer secreet,
ick song2 een liet al met eyolyt
alle nijders tot eenen spijdt.
III.
20 Sij seht, sij sol mijn trouwen,
ten sol mij niet berouven,
en sij beloefdent mij op eenen morgen stont.
aen haer wil ick mij houven
en laten ander frouven
25 en kussen mij schon lievecken
vor haren rode mont;
haer ochckens klar, haer boerstkens ront,
haer geel krues haer uns op den3 gront
mack mijn jonck hartecken gesont.
IV.
30 Princesse mij lief gepresen,
mockt ick u dienaer wesen,
mockt ick soete lievecken,
dat waer een medesijn.
ghij sijt mijn uet ghelesen,
35 geen liever heb ick op eerden want ghij,
sult altijt die alderlieste sijn,
geelt, sulver ende perlen fijn
ten sal ten joensten dagen niet sijn
quietschellijn verfruet dat hartecken van mijn.
1565
G.W.A.
A. v. Brederoden
2
3
Hs.: son.
Wurmloch, nur d lesbar.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
134
Nr. 70 aant.
+
I.
Des mych erfrout, des moeyt woul leyd,
des wyl ick mich niet erren laen;
wan yck varstaen syn gonst un gler,
so blyef ych op der alder ban
5 recht wye ycht sold,
do merck ucht wael
deucht hender sych,
recht wye sto mich
vertrowwet hat, so fyntstu mycht.
Bl. 72 vo
+
II.
10 Hy gelyoeft my wye langer wye mer,
das yck yn synner dynst mach syn;
das woer waer, das ych nyt spare
yn dynem dynst, herztlyeefste myn.
das werder gelt
15 gyeft myr dyn mylt,
der doechden laest,
dor du wol haest,
mak mych doch dynner lyeefft gen fremder gast.
III.
Der gelycken doe ych myn ffroelych belt
20 yn dyner lyeeft gans un verkert,
toe dyennen har bun ych voer un na
toe dynnen dych yn alle faer;
vor andre al
lyeefstu mych,
25 soe leet nych nyt daer an,
wes my dye nyder werguan,
als ych myn frunt yn travwen han.
***
Llaet svemmen en flyetten al in die gment (?),
die myn gheluck hebben worgennt.
ISESI
D Vd
D. van Schoeten
15 A 52
Enghebonde best. Davit van Schoeten
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
135
Nr. 71 aant.
I.
Soe wuyns ych oer eyn gude nacht+
bey oer ych was alleyne,
wye freuntlych das sy soe myr sprach.
‘wyer tve wyr müssen scheyden;
5 ych enscheyd mych wydt,
godt weys dye syt,
weder kommen brenck ons froeuden’.
Bl. 73 ro
+
II.
Dye ruter aver dye heyden reedt,
hy smet syn roeslyn omme:
10 ‘hyr aen gedenck my fynes lyeff
und kyrt dyn rede nycht omme;
godt geefft geluck
und nummer soe ruck,
ghy synt myn herstsen eyn kroene’.
III.
15 Dat fruntlyn up der tynnen trat,
hy hoeff sich aen soe weynen:
‘hyr aen gedenck myn fynes lyeff
und laet my nyet alleyne.
kyrt weder om bald,
20 myn haepen unt haelt,
loest myr ut svaren trouren’.
IV.
Dess lestmaell doe ych by oem wass,
fruntlych myt oem soe schertsen,
wye fruntlych dat hy soe myr sprach:
25 ‘nu wylt ons godt behueden
voer schemp und scherst,
och scheyden brenckt smerst,
du bust myn herstsen eyn kroene’.
***
Woest mennygher mynen Syn
ych waer lyver dan ych byn.
G. Smullych bun ych genant.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
136
Nr. 72 aant.
+
I.
Fynes leyff, ich moss dych lassenn,
unnd far dayr hynn myne strassen,
so fernn en fromde landtt.
des moss dych godtt bewarenn1,
5 vor allenn unfall sparenn,
byss ich baldtt wydder kum zu dyr.
Bl. 77 ro
+
II.
Ich haltenn vor geynenn frommenn,
wylcher mych meynn feynes leyff haytt genamen2,
ich weyss es ym geynenn danck.
10 des drap ich aver de heyde,
vonn dych, hertz leyff, ich nu scheyde,
dencke aber duck unnd offt dayr an.
III.
Fynes leyff, du schalst nycht wenenn3
um dynem bolenn allene,
15 scholst habenn eynen fryschenn moett.
ich wyll4 dych nychtt aver gebenn
de wyll ich have das leven,
unnd aver keme ich des keysers goett.
IV.
So helff mych godt unnd sunt Anna!
20 dayr mytt far ich vonn dannenn,
godtt wyll unser geledes mann synn
yn allenn unsenn dyngenn,
das uns nycht myslynge,
godt beware de leybste meyn!
***
Enych unnd Elende byn ich,
Dem das erbarmet, de trost mych.
BDE
Zeichnung: zwei verschlungene Hände
E. gra. zu Sdtouwenborch
1
2
3
4
Hs.: bvarenn.
Hs.: genanen.
Hs.: wenenm.
wyll fehlt in der Hs.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
137
Nr. 73 aant.
I.
Zu Eren wyl wyr syngen+
und loben das ruymsche rich
van keysser Maxmylliane,
war fint man synes glich,
5 van syner keysserlichen magestait
un we he syner vertruyter bruyt
in Betangen geschreffen hait.
Bl. 79 vo
+
II.
Den breyff hait sey vernamen,
de edell Jonckfrwy zairt.
10 ‘un wer myt mych wyel ryden,
de mach sich auff de fart,
un ich wyl ryden in Duytze lant
nach mynen edlen heren,
he ist mych unbekant’.
III.
15 De Junck fruy sais auyff mit eren.
sy wolt reyssen in Duytze landt
myt zuycht unt auch myt eren,
grois leidt kam ir an handt
van eynen kuyneinck auys Franckrich;
20 durch syn lant wolt sey spatzeren,
de Jonckfraw was duyggentleich.
IV.
Sey reydt ewenych forbaß,
der kunyneinck begegent ir dair.
van weynen worden ir de ouygen roidt,
25 sye wardt erschracken gair.
he sprach: ‘got grueysse uch Junckfruy zart,
got geffe uch eynen guytten dach.
zu der ehe mois ich uch haffen,
dar ist geyn schynpff nycht ayn,
V.
30 Zu der ehe wyl ich uch haffen+
zu speyt dem ruymeßchen reich’.
sy sprach: ‘das wel got nu afft nuymer meyr!
ir habt eyn elich weyb,
das hab ich eyn kuyneyick uis Oisterich,
35 war fyndt man seynes gleich’.
Bl. 80 ro
+
VI.
‘Myn wyb un ist nycht alt gnoich,
sy geit in ir seffendte jair;
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
138
sy wairt mych gegen mynen wellen geffen,
das red ich affen bair.
40 sy ist eyn Jonckfrawe auyff dessen dach,
se wart mych zu versprachen
in der wegen dar sey lachg.
VII.
Der pabst der nymdt das gelt van meir,
scheydt mych van mynen weyb
45 un gebt uns beyde zusamen
zvy seyl unt eynen leyb’.
sy sprach: ‘her got, wer ich dar fan,
we gern wolt ich behaltten
des ruymssen keyssers son!’
VIII.
50 He taste sy an myt handen,
myt syner sneweysen handt,
he leyd sey al so balde
dar he das betlin fandt.
Dar lagen de zwey de gantze nacht,
55 bys dat junckfruylin uis Pretagen
zu eynem fruykyn wardt.
+
IX.
Sy weynet dachg, sy weynet nacht,
se weyndt al om ir erre.
de gewaldt wyl kasten so mangen man,
60 der sich darom mois sterffen;
keyne scholdt hait he dar an.
got eyr de duytze ruyter un geffe in eyn frolich jar,
sye seyn dem heren durch syn lant1
gar himelich un affen bair.
Bl. 80 vo
+
Nr. 74 aant.
I.
Ich have so lange gestanden
in sorgen allso groiß;
ich mende, du werst meiner vergessen,
du haddes nit mer uff mir gedacht.
II.
5 Wie soll ich deiner vergessen
mein geluick und thofersicht?
dewill ich have deß lebben
will ich gedencken ahin dir.
1
Hs.: lalt.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
139
III.
Do ich sie lestemaell kuisde
10 fruntlich ahin ire bruist,
dae fandt ich frude und wonder
nha meinen hertzen luist.
IV.
Mein hertz will ich uff sluten,
das soll dein luist garden sein,
15 daer in salstu gain spatzeren
hertzleiff nha dem willen dein.
V.
Sie quam daer her getredden
gelich der pauwen aerth,
voin golde haidt sie eyn krone
20 uff ehre golde kruiß haer.
VI.
Och goedt, nhu doe uff sluten
das truwe hertz mein,
daer uet mach sei erkennen,
das mir kein lever sei.
VII.
25 Och Venus, du hast versloissen
das junge hertze meyn,
das ich voin dir moiß scheiden,
das brengt meyn hertz in pein.
VIII.
Und scheide ich mit dem live,
30 so blifft das hertz bie dier,
alle tzeit will ich deiner gedencken
bie deiner adelicher sir.
IX.
Das leidt hain ich dir gesungen
tho dussent guider nacht,
35 speit aller kleffer tzungen
sie dier leidt erdacht.
***
Mieux vault la mort
que amere vie et ung
repos eternel que langeur
perseverante.
Espoir me renfoert
vertu vault mieux que madame richesse.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
140
Nr. 75 aant.
+
I.
Ich moiß voin hin, daer umme ich bien,
hertz leveste meyn, in sware pein,
daer tho mit groißen smertzen;
wen ich betracht1 bie dage und nacht
5 er schone tzeirt, lust und beger,
daer tho ehr fruntlich schertzen,
.....
in rechte leve und trou fergain.
fer waer ich sage, das ich meym dage
10 uff erden kein lever gewain,
scheiden ist bitter dain entzian.
Bl. 81 ro
+
II.
Guider gesell, dein heimenfaert krenckt mich hardt
das ich nit mach kein stundt ahm dach
nit frolich sein foer lieden.
15 wie soll foer geschehen mir2,
meyn elendes wiff, so ich dien lift,
verleisen moiß durch scheiden?
so bidt ich3 dich gaer4 fleißentlich,
laiß mir dier altzeit bevallen sein.
20 fergette meiner nit, das bit ich dich,
holt myr in steddeger leve ym hertzen dein,
scheiden ist aver alle pein.
III.
Junck frovelin werdt, mich rouvet uff erden
sunst nichtes dan du, so ich mir nhu
25 das ich mich deiner so gar och moiß erwegen.
so befelle ich mir dir die tzeit hen for,
ym gelichen ich will bidden voer dich,
Godt will dier alletzeit plegen.
eß de tzeit gekommen mit leidt,
30 das ich dier, feines leff, moiß verlain;
buit mir dein trou tho disser stundt,
sus mach es nimmer werden beß,
scheiden brenget mir groiß hertz leidt.
1
2
3
4
erstes t aus d verbessert.
fehlt in der Handschrift.
am Rand zweites ich gestrichen.
Hs.: danach fleiß, laiß gestrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
141
IV.
Och wiffliches bilt, du dugentschaeff und mildt,
35 wie haistu mich so ellendichlich
ueß dinen hertzen geschaessen!
so hoiff ich doch, du werdest mich nach,
du eddele kron5, nit langer lain
liggen in6 solchen smertzen,
40 gefangen sein ist sware pein;
darumb klage ich dier meyn groiße noit,
fill swarer ist tho disser tzeit frist
das ich7 etzundes voin henen moiß8,
will lever doerre mich der bitter doit.
***
Wilt felt und hunde
teit stede und stunde,
macht mannigen vidman,
wie ich recht erfunden hain.
Nr. 76 aant.
I.
Se haidt meine hertze getraiffen,+
die reine ist woll gmoit,
uff ehr will ich haiffen,
idt sall woll werden guidt;
5 se gelevet mich die reine
im jungen hertzen mein,
se isset und dei ich meine,
er egen will ich sein.
Bl. 81 vo
+
II.
Uff ehr will ich setzen
10 hertz, moit und alle meyne synn,
ich kain ehr nit vergessen,
och mochte ich bie ehr sein;
Sedichlich bie ehr tho bliven,
Numer voin ehr tho lain,
15 mein ungefall soll sich wenden,
mein trouren wolde ich lain.
5
6
7
8
davor Schreibfehler (korn o.ä.) gestrichen.
danach pein durchstrichen.
danach Schreibfehler (etzun o.ä.) gestrichen.
danach scheiden gestrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
142
III.
Der mich das dede vergunen,
das werre mich werlich laeth,
das redde ich bie meyner trowen
20 und swere eß uff meyne Eth:
das mir voin alle meyne dage
ehr denst nhu verdroiß,
das moiß ich1 armer klagen,
meyn unfall ist tzu groidt.
IV.
25 Der haiffeninge der ich leve,
der have ich mir offt ernert,
woll sie mir kein troist geven,
so bien ich balde vertzert,
bie alle meyne frouden2 uff erden
30 daer bie have ich gein deill,
Noch wunsche ich der hertze alderleveste
geluck und alles heill.
***
Amoir du femme vin friant
foint l'homme perdere, le sans tut riant.
Nr. 77 aant.
I.
Groiß lieb drage ich verborgen
yn meyn jungen hertz:
die mych for jaer de leveste war,
der ist mich nach1 nit lidt.
II.
5 Ich sach sie nachte spade
uff einer kammer stain,
Ich dorste er nit tho sprechen,
ich saech sie gaer fruntlich ahin.
1
2
1
ich fehlt in der Hs.
Hs.: davor dage gestrichen.
nach mich ein Wort (ich o. ä) verkleckst und durchstrichen, darübergeschrieben: nach.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
143
III.
Ich boet ehr einen frischen morgen,
10 daer ehr anders bie....2,
daer bie kain ich woll mercken:
eyn ander moiß ehr die leveste sein.
IV.
Eyn etht haidt sie mich geswaren,
ich solde ehr die leveste sein,
15 Ehr3 seyle solt sein verlaren,
waer sey mir mit leve nit mende.
V.
Bruen swarth will ich sie kleiden,
die hertz alderleveste meyn,
wain ehr will ich nit scheiden,
20 sie saell mych die leveste sein.
VI.
Due salls och nit geloben,
wath falsche gesellen sagen;
die Engster ist ahin geboren:
sie leth ehr huppen nit.
VII.
25 Nach will ich meyn haffen stellen+
allein in goddes gewalt;
wanner ich bie sei mach kommen,
die wech felt mir nit tho lanck.
Bl. 82 ro
+
***
Wilt ist meyn synn,
hoich ist meyn moit,
klein ist meyn guidt;
van dem ich nit en hain,
der moiß mich wall
mit fredden lahin.
2
3
der Hs. nach ist die Zeile vollständig.
danach ehr durchstrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
144
Nr. 78 aant.
I.
Der mane steidt am hoichgsten,
die sunne haidt sich neder gethan;
Mein feins leiff lich yn node,
helff Godt wie mages ehr gaein.
5 Eß weiet so manger kalder wint,
helff Godt mochte ich sei troisten
im Ellendt daer ich sei finndth.
II.
Mein feines leiff wolt mich leren1
wie ich mich halten sollt
10 in tuch und ehren2,
in ehren bin ich sey alletzeit holt.
und waiß ich ehr voer fruntschoiff habe gethain,
manger berimpt sich seines boelen
in das ende doit ehme kein gewinne.
III.
15 Hertzleiff ich doe dich bitten:
wain3 du bie denn luden bist,
so redde voin mir mit tuchten,
- dei welt ist vul argelist und redde voin mir mit geinem worde.
20 Erst will ich die leiff haven,
du bist meyn hert eyn troist.
IV.
Hertzleiff ich doe dich bidden,
gedenck alletheit ahin mir;
in Rechter stediglich trouwe
25 will ich vergetten nit dein.
gedencke ahin mir, wie ich ahin dier;
so drage ich kein zwivell:
du gedenckest ahin stund ahin mich.
Johain voin Raisfelt
[Nr. 74-78]
1
2
3
fehlt in der Hs.
Hs.: ehr.
Hs.: danach ich gestrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
145
Nr. 79 aant.
I.
O Kuepedo godt al met die liefde stralen:+
u scerp ghescut brenct myn in liden svaren.
ich ben versot
op een soe cuisen smalen,
5 die met myn spot.
Bl. 88 ro
+
II.
Als ick aensach haer lieffelicke eeimase,
nacht en de dach siep ick in haer koraese;
des ick voermach,
klack ick uver haer,
10 die mijnen sonder voerdrach.
III.
Venus bestier docht myn die bel wan sprecken,
der liefde wier heeft syn in myn onsteken,
die liefte rosier
en mach ick syen nach sprecken,
15 tijs asijer.
IV.
Tijs groet verdriet die liefte moeten derven,
die trouve biet en ghen kan ververven;
dat syder dus vliet
sel myn wen rou doen sterven
20 en mer geschit.
V.
Had de solaes had1 de prinsese scone,
ick was te duaes te vrien u perssone.
die is den kaeb
dat ick myn solve hone
25 op dit relaes.
Alle dinck syn wyl.
W. Brakel
1
danach verschriebenes v.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
146
Nr. 80 aant.
+
I.
Al om een joncfroukens wille
lydt ic groot ongerief,
zy laedt my int gechende,
want sy en acht my nidt.
5 Venus heeft my geraden
al tot die joffrouwe choon,
dat ic die liefde sou zade,
druck laet zy my der loer en.
ic en hadts hair niet toebetrout,
10 die choone rooder mondt,
die liefde is in hair verkoudt,
des lydt myn heert duerwont.
Bl. 88 vo
+
II.
Soe choone roeskens wasschen,
choen lyef, als hier verghaen;
15 wilt ghy op my niet achten,
choon lief, tiss al gedaen1.
orlof princesse verheve:
hier met neem ic en keer,
al heeff zy my nu begheven,
20 choon lief, men vuindt daer meer!
Godt ist bekendt
TVB
Nr. 81 aant.
+
I.
Ich haefs gewacht, frys unfersacht,
in rechter lyef untrouwen;
ych byd halt fast, wye du mych haest
geret, des wert sych immer nycht gerouven.
5 du weist allen myn eyghen syn,
daer up sy bedacht, gans wayl betracht,
das du solt syn
stest dye herst alderlyeffste myn1.
1
1
Bl. 89 ro
+
Hs.: danach princesse gestrichen.
fehlt in der Hs.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
147
II.
Es yst gaer fyn und waer sul syn,
10 dye sych gans troulych meyn,
den et sy och dan in lyef off leyt,
in saechen syn groes und kleynen
verdraghen wolt, recht wye och das syn solt;
denck steyst daer an, laes nyet daer van,
15 bewyst das wayl,
ich meyns kar goet, das weyst du fyn medelyn wol.
III.
Ich haep es al und versyes mych ghaer,
du wert myner nyet verlaessen;
des gelychen ich mych soe dych feplycht
20 und doen alsyt dermasen,
alleynnych godt wal dorch den doet:
soe scheydt ich nyet van dyr, des geloeft gans sekerlych!
das doet keyn noet,
soe dusent gueder nach bewaer ych dych fyns medelyn goet.
***
1554
Eyn ys eyn kleyn getal,
Eyn ys my dye wert al.
G. Smullynch
Es wart ny edeler schazt gefonden
Dan eyn getrou herst soe aller stonden.
Ich wyl frolych syn in eren,
Das en kan mych nymans ferkyren1.
Dye dye werlt also ut vekuset,
daer mede he2 gades hulp verluset,
want dan get aen eyn scheyden,
soe syn se folaren alle beyde.
1
2
Hs.: fkyre.
Hs.: danach he ò.ä. durchstrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
148
Nr. 82 aant.
+
I.
Ych hadt ennen gueden frundt
uyt gaenssen gueden herssen,
der macht mych fro unde1 kaen
mych wael throerren styllen.
Bl. 90 vo
+
II.
5 Un of daer yemmens wer,
der mych des werguenden:
wadt leyegt daer aen
waen he des nyet kyerren en kuenden?
III.
Un haeffen ych daen dye schaenssen
10 nyedt reycht getraeffen,
soe wyelych stellen myn truerren
yn ennen haeffen.
IV.
Ys haeffen nyedt besser
daen een evych scheyden?
15 der mych gefeldt,
den kaen mych nyemmens verleyden!
V.
Nu waelhen soeen besten
wyellen wyers fueygen,
der mych gelyeft
20 daer aen sael mey genueygen.
***
Chrystyna Duden byen ych genandt,
des syn ych wael bekaent;
ych wyl haeppen un harden,
dat nyedt en ys, dat mach noch werden.
Nr. 83 aant.
+
I.
Myn groyß unghefall, myn sverlich bedrueff1,
des wyll ych lyden wyllentlich;
des woel geluck2 ys stedich by mich
und all myn saechen niet betsser en syn.
1
1
2
Bl. 91 ro
+
Hs.: danach h durchstrichen.
Hs.: bedrueff.
Hs.: geluch.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
149
5 wye weets waer van
ych sulx hadt,
das all myn anslach geets tze ruck3?
Eyn selyghe tzyt
mich weder om ghyeff,
10 das mir ghenomen hadts groedt ongeluck.
II.
Was hylfft das ich mir seer bedrueff
om saecken, der ich nicht ghewerden en kan
und all myn ghemuets yn truoren stell,
Mych seer bekrencht mych yongen man?
15 der gysteren dacht
und doch nyet werden4 enmach
also syn oech die saechen myn;
nyet meer ich haen
dan mir god gan
20 daer om lais ich mirs trueren5 staen.
III.
Cato der wyes mich leren dodt,
das ich myn sorch med fruden menghen sall,
daer tzo6 haeff ich noch gueden moet,
soe weert myn saech noch fryss und goet.
25 der wyesen leer
ych folghen wyll
und all myn truren leggen da heer,
men vynt7 daer noch vill meer
van sullighen wee,
30 met der ghelyken wordt ichs wys.
***
Sarpe dystelen stechen seer,
nydders tonghen noch veel meer.
noch wollt ich liever en dysteln baden,
dan met nyders tongen syn beladen.
3
4
5
6
7
Hs.: rued.
Hs.: werden an.
Hs.: mir strueren.
Hs.: tzo verbessert; danach f durchstrichen.
Hs.: wynt.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
150
Nr. 84 aant.
+
I.
Der morgen stern der hait sich auff gedrungen,
Wie haitt unß das kleine waltvogelein gesungen
woll uber bergh und uber tall,
mitt frauden singet uns die liebe fraunachtigalle.
Bl. 94 ro
+
II.
5 Mit freuden singt unß der wechter an der zynnen:
‘weck auff den heren mit seinem gesinde,
weck auff, es ist an der Zeitt,
behalt ewr ehre und fristett dem edelen heren sein lieb!’
III.
Der edle here waer entslaeffen susse.
10 daß freulein waer jungk, sie weckett denn heren mit guite,
sie kust ihnn auff sein rotter mundt
uber eine kleine weile woll uber die dusent stundt.
IV.
Das freulein saß an der zynnen und dacht inn ihrem sinne,
wie sie denn edelenn herenn brechte vann hynnen.
15 sie schlang vann sydenn eynen schnoir,
damitt sie denn edelen heren woll uber mauren leiß.
V.
Sie ließ ihne nider in eynem seiden stricke,
sie gab ihm so veill der fruntlichen angeblicke:
‘farhin, farhin, mein feines lieb,
20 farhin daß dich der1 liebe godt behute!’
VI.
‘Farhin, farhin, und das dich godt behute,
mein feines lieb, du machest mich scheidens moette;
du haist mir hertzs, leib und synne genomen,
wan der liebe godt will, so mustu woll widderumb kommen.’
***
O her, bescher mir ein,
die dir und mir
und sunst keinen anderen mein.
E. E. E.
1
der fehlt in der Hs.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
151
Nr. 85 aant.
I.
Ich habe mein sache zu gott gestelt,+
der wirtzs woll machen wies ihme gefelt,
dem doe ich mich bevelen,
mein lieb und seel, mein ehr und gutt,
5 das erhelt gott stetz in seiner huett
hier und dortt zu dem ewigen leben.
Bl. 95 vo
+
II.
Waß alle welt verlassen hait,
das erhelt gott stetz in seiner gnadt
wan es iheme geliebt so wendet,
10 ich bevell mich in den willen sein,
er wirdt mich alse der vatter mein,
ich bevell mich zu seinen henden.
III.
O du mein lieber heer und gott,
erhalte mich stetz bei deinem gebott,
15 widder deine worde nith zustreven,
du kanst mich helfen auß aller noitt,
das mir zu lieb und seel ist guit,
das kanst du mir her gott woll geben.
IV.
O Jesu Christ mein hogester zeir,
20 nym du das ungelucke von mir
auff dieser welt abwenden,
sterck meinen glauben1 durch deine gnadt,
behutt mich, her, vor leidt und schand,
beschere mir, her, einen seligen ende.
V.
25 Wer unß dies lietlein newe gesang,
ein armer sunder ist ers genanth,
gott wirdt ihn nith verlaessen,
wer sein vertrauwen stelt auff gott den hern,
dem werth sein ungelucke nith zu sweer,
30 gott weiß woll zeit und maessen.
***
In Banderole geschrieben:
O godt mein heer,
bewaer mein lieb, seel und ehr,
ich beger nith mher.
Darunter befindet sich eine Zeichnung: Edelmann in höfischer Kleidung mit Halskette,
einem Schwert zur Linken und in der Rechten einen Becher haltend.
1
Hs.: danach doppeltes durch gestrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
152
Nr. 86 aant.
+
I.
Ick rydt myck eyn maill spatzerenn
vuir eynen groinen walt,
da huyrdt ick fuyglyn syngen,
de jongen undt auych die altten,
5 sy songen mydt heller steme,
ire wysse wair manychfaldt.
ich rydt mych ewenych fuyrbas,
ach fuyrbas in den waldt,
by eyn bruynlyn das wair kaldt
10 dar fandt ich eyne sytzen,
ach we truyreich das sy was!
ich boit ir gar fruntlich myne grois,
sie dancket mych myt zuychten,
we wal geffeyl myr dais!
Bl. 96 vo
+
II.
15 Ich sprach: ‘junckfrwy,
wair om trwyrt ir so seyr?’
sy sprach: ‘ich hab verlairen,
ich uyber kome das nu afft nuymer meyr;
ich hadt myr eynen falcken uyfferzagen
20 fyl lenger dan zuy gantzer jair,
nu ist he myr entflogenn.’
‘Schoyn frawe laist den falcken flegen,
wer wys wat im entbrycht!’
sy sprach: ‘ich hab im nychts gedain.
25 dat komt van fromder lyst;
es wandt eyn ouylle gantz nach dar by,
haidt mych mynen falcken veryaget
myt eyren bouyssen geschrey.’
III.
De ouyll de hafft genestet
30 wal dar der falcke saiß,
de ouylle war ires muydes fry,
auyff den falcken droich sy eyren haidt.
der falck de det sych svengen,
he swenget syn fluygel zu ruykh,
35 dar an gedencket ir wyltfuygleyn kleyn,
das syn der ouyllen ire tuyck.
IV.
Ich sach sy her spatzerenn
nach ires hertzen lost,
van adell wal gezeyret,
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
153
40 ich druyck sy an myn brost;
un qweym sy dan vuyr myn schlaiffkammerlyn,
eyn fedterlyn muyst sy myr lassen,+
helt ich sy dan nycht ghair.
junck fruy, solt ich uch raden,
45 das mych geraden duycht:
das ir den falcken leyssen varen
un bewarttenn vir wybliche zuycht.
das swebet keyn falcke so hoich,
he mois wyder zu der erden;
50 gedenck, du wonderschoyne,
was dyr dar uis kan werden.
Bl. 97 ro
+
Darunter eine 1550 datierte Zeichnung: Links ein Affe, darunter geschrieben: ych
haff. Rechts ein Narrenkopf mit einer Eule davor. Das Ganze umgeben von einer
Astranke, deren obere Ausläufer drei Herzen durchbohren, darüber eine Krone. Im
Inneren eine Geheimschrift, die mit den gleichen Zeichen arbeitet wie die auf Bl. 69
vo, Nachschrift zu Lied Nr. 67. Sie konnte bisher nicht entziffert werden.
Nr. 87 aant.
I.
‘Le premier jour que je te vyee,+
fleur de haut prys,
et jetant suer toy ma fye
d'amours1 fuy pryns.’
Bl. 97 vo
+
II.
5 ‘Elaes amy, a la meme huere
t'amoy oussy,
et t'aymeray tant que vive,
faict doncques ainsy!’
III.
‘Et de chansier “je” n'ay nulle envie,
10 dire le puis,
lon m'otera plus tost la fyee
c'onte je suis.’
IV.
‘Et d'autre ne vex en se monde,
dire le puis,
15 en abyment selle comfonde,
qui changerra.’
1
danach das gleiche Wort durchstrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
154
V.
‘Sy tu veux tonck estre estyme,
donne a torment
que j'eay pour t'avoir tant aymee,
20 alygement.’
15 H 62
CEZ
J. B e l h e m
(Versuch einer Transkiption in heutiges Französisch)
I. (Er)
‘Le premier jour que je t'ai vu.
fleur de haut pris,
et jetant sur toi ma foi
d'amour fus pris.’
II. (Sie)
5 ‘Hélas ami, à la même heure
t'aimais aussi,
et t'aimerai tant que (je) vive,
fais donc ainsi!’
III. (Er)
‘Et de changer j'ai nul envie,
10 je peux le dire,
l'on m'otera plutôt la foi
qu'honté je suis.’
IV. (Sie?)
‘Et d'autre ne veux en ce monde,
je peux le dire,
15 en abîment celle confonde,
qui changera.’
V. (Er)
‘Si tu veux donc être estimée,
donne à tourment
que j'ai pour t'avoir tant aimé
20 allègement.’
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
155
Nr. 88 aant.
I.
Ich byn daer tho gebaren,+
das ich kain gelucke sall hainn,
ich hadde ein uiß erkaren,
die moße ich faeren lainn.
5 das doit mir an mynem hertzen so wee,
ich ligge in groissen sorgen,
ich en sehe ir nymmer mehe.
Bl. 98 ro
+
II.
Mych rauwet mein junges leben,
das ich en jhe gesach;
10 ich hatte mich zu im gegeven,
die mir die lieffste was.
Er sede, hey wolde mir nith verlaten,
ich solde in seinem hertzen
altzit ein stedelein hain.
III.
15 Och scheiden, bitter scheiden,
och scheiden, du doest wee!
so geschach mir nie so leide,
ich beger kein ander lieff mehr,
vyll lieber weer mir die bitter doit.
20 Ich kam van alle mein dage,
nye in so grosser noit.
***
Hoffen ist leidens troist
Deiner unvergessenn1
I.R.
1
Diese Zeile steht in einem Spruchband. Rechts daneben ist eine Blumenvase mit einer Blume
darin gezeichnet.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
156
Nr. 89 aant.
+
5
10
15
20
I.
Ach huilff mich leidt und sinlich klagh!
min tagh
hab ich kein rast,
so vast
myn hertz
mit schmertz
thuit ringen,
dringen
nach verlorner freud.
wiewoll ich besorg es sy ummb sunsth
myn gunsth
dien ich je trage,
doch mach
ich nicht
mit icht
vorlaßen,
haßen
in ummb lieb und leidtt.
ich arme Metz
setz stetz
myn syn in groiße gfair;
zwair gair
enbrindt,
rindt
Bl. 99 ro
+
25 diße treuw
neuw
uis edeler arth;
hairt wairt
mir nie so whie:
30 ghe, sthee,
schlaff oder wach,
gemach
hab ich nicht;
ficht, dicht
35 wie ich
mich
haltt,
bald
zu erwerbenn,
40 erben
sein gnad;
mein schaidt
und schwer
wehr
45 nach dich
frundlich
zu smucken,
trucken
an mein brusth,
50 als etwan wair
deines hertzen lust.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
II.
Mein kleghlich bidt dich reitzenn soll,
wiewoll
myn schoin ist klein,
55 doch kein
mit zyr
doit mir1
geleichen,
weichen
60 mois se myner kunst.
schoin nimpt vom kleinen whee ein endt,
behendt
geschwindt freud unnd moith2,
dan doit
65 de treuw
nach reuw
sich wenden,
lenden
aus der liebdenn brunsth.
1
2
doit mir wurde von gleicher Hand später eingefügt.
Hs.: danach durchstrichen: und ßen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
157
70 O Zyr, gunst bedracht3,
lacht, wachtt
und liebtt, uibt sta rke unnd krafft
schafft
strafft
75 und treibtt,
pliebt
unverzagt,
wacht
als ungeffell;
80 schnell, gesell,
dasselbe bedench,
lench, sengk
din hertzliges gyr
schyr
85 her an mich,
sprich: ich
byn dyn;
mein
bluit
90 woeet,
will ergetzen,
setzen
dich aus pein,
lais siehnn
95 dyn klagh,
fragh
wieter nith,
bidt
ich dich eins,
100 myn hoigster hoirtt,
din woirtt
bedoirt
myn ßen,
ich brin
105 jetz teglich
kleglich
ubermais,
in truwen ich dich nummer vorlaiß.
III.
All deinst ann mir findst ungespart,
110 kein fairt
mich nie beschwertt,
wie hert
se ist;
du bist
115 der Erhen
mheren
kan wieblicher zucht.
ich elend metz dich bidt ummb eins,
sunst keins
120 ich itzt beger:
gewehr
das ich
moge dich
3
d aus t verbessert.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
in freuden
125 wieden
in der liebe frucht.
gunnest du mir das,
baes wher
mir nhie dwyle ich liebtt,
130 strebt+
und faht
nacht
dach unnd stund,
grund
135 diner4 lieb zu hain;
ain wain
ich nummer plüeb,
schrieb, treib
ain underlais,
140 das
hilfft mich klein;
kein wehen
noch klagh
mach
145 mir
jetz verkeren dis ellend;
gesell, wend
4
Bl. 99 vo
+
Hs.: diuer.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
158
dich ummb,
kum,
150 jage unnd eill
dwyle
ich byn
in
lebens fristh,
155 sunst ist
kein list
der mich
an dich
mach stercken;
160 mercken
ich das kann myn hertz dich aller Erhenn gann.
***
Niemantz es vorgeß des synenn,
wen es gfeltt, ich gedenck der mynen.
Tout veint à point quy peutt attendre.
Nr. 90 aant.
+
I.
Durch dummen syn
hoich ann ein zyn
ein wechter tradt
ime niemants en badt,
5 ehr reiff den dach geswinde.
Bl. 100 roa
+
So hart uffweckt,
das sich erschreckt
durch synen schal
gants overall
10 all das hoffgesynden.
II.
Ehr bleiß ein horn.
das nam vor zorn
van edler arth
ein freuwlin zartt,
15 se qwam herfur getreden.
Und se sprack: ‘Nar,
was ist din geblarr,
das du mich vorschreckst,
so hart ufweckst,
20 wehr hait dich das gebeden?
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
159
III.
‘O werde fraw,
ich hoir uren dreuw
in groißer unhuldt,
ich hains kein schuldt,
25 want ich doin sein besten.
Off imants wher
vorborgenn hier,
der gern vor daghe
werhe durch den hagen,
30 der moist niht lange reisten.
IV.
‘Darumb laißet stain,
uwer boiße wain,
wan ich nith byn
in solchenn syn,
35 das ich ure rast wolde stoiren.
Ich roiff an knecht,
megede und mann,
den myn her gifft loin,
geldt1, kleder und schoen,
40 de tzu2 der arbeidt gehoiren.
V.
‘De wannen, sacken,
bruwen und backen,
komen und faren
mit wagen und karen
45 und uch de spiße bereiden;
Bynden stroe,
melchen de koe,
syen milch,
es ist auch pillich,
50 das se nith lenger bieden.’
VI.
‘Ich wegkt den schmidt,+
der koek geit midt,
de mollener
hoit auch mheer,
55 ich roif lude in den hoiffen.
1
2
Bl. 100 ro b
+
gelt ist nachträglich über der Zeile zwischen loin und kleder eingefügt.
tzu aus de verbessert.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
160
De ferkens knecht
steidt uff mit recht
und bereide der spiße
na irer wiße
60 und ledt sie weder loiffen.
VII.
‘Foirt hacken, bicken,
dorn und sticken,
pleschen, weschen,
komende dorschen
65 und faren in den acker.
Portener, scheper,
schroder und lepper,
melchen, kernen
des haues dernen
70 ich maiche se all gar wacker.
VIII.
‘Ente und genße
und ander gedenße,
hennen und hanen
werhen oivel daran,
75 se vordorven mher dann halff.
Brickt men uren slaift,
off mir nit straifft;
das wirck blifft stain
halff ungedain,
80 es hindert koen und kalff.’
IX.
‘Wee dem nu sy,
laiß ich darby’
das freulin sprach,
‘myn ungemach
85 kan ich nith vorgeßen.
Wan nith sulte syn
de wach, hen, dyn,
darzu ich acht
kuem halves nacht:
90 ein schalch hait dich beseßenn.
X.
‘Du snoides wicht,
such an ein licht
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
161
und mir dan saigh
wie na dem dage
95 in dußer stunde mach weßen.’
‘O freulin zart,
seit nith so hardt,
laist mich ure gunst,
in sulcher kunst
100 hab ich gar klein geleßen.
XI.
‘Ir wiset mich
an das himelrich,
das ich besehen
so wie dar sthee3
105 der sterne loiff regeret.
Astronomy+
woint mir nith by,
in solchen boichen
kan ich nith soichen,
110 ich hains nith gelerett.
Bl. 100 vo a
+
XII.
‘Wie der gebuir
ist myn natuir,
wen der gein slaiff en hait
in der dage rait,
115 sein ouge sein nith zugezwungen,
Also was mir,
do ich reiff hyr,
doch hait wall
frauw Nachtegal
120 vyl mhe dan eins gesungen.’
XIII.
Das freulin sprach schnell:
‘woll henn gesell,
ich legh mich weder
slaffen neder;
125 nith mhee doit mich erschrecken!’
3
sthee der nachträglich über der Zeile zwischen der und sterne eingefügt. Abschreibfehler:
Antizipation von sterne!
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
162
‘Ja frauw, gait hin,
das ist der syn,
ahn uir gemach
biß an den dach,
130 ir fyndt eine warme decken.’
XIV.
Das froulin hoirt wall
des wechters schall,
daruff se sweigh
und hemlich sleech
135 to irem werden gaste,
Bes an syn arm,
der was warm;
vorth an syn brust
nach hertzen lust
140 druckt ehr das frewlyn faste.
XV.
Sich hoiff ein scheiden
twischen den bieden,
der kleglicher wort
ich nith en hoirt,
145 daruff kan ich nith dichten.
Der gast bleif neith,
doch lanckzam scheide
hen durch de feste,
das ime geluste,
150 de dach begunde ihm zuoiverluchten.
XVI.
Darhen ehr tradt
des hasen patt,
so ehr es beste konde,
das ehm die hunde
155 nith ahn sullen bellen.
Der wechter groff
sagh vor dem hoff
den frombden man,
ehr fenck ahn
160 und rief mit luider keillenn:
+
XVII.
‘Weirde jo, weirde jo!’
de frauw lieff zo:
Bl. 100 vo b
+
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
163
‘doistu nu recht,
du dummer knecht,
165 roiffstu so an der zynnen?
Ich sage dir hen:
dein roiffen laiß sein!
vorwair, dar geit
ein vochß gemeet,
170 he slichtt na einer hynnen.
XVIII.
‘Kanstu nit swigen?
was fiende sollen stigen
by lichtem dagen
durch unsen hagen?
175 ein voß suichett dar sein weide.’
‘Ja frauw, das ist wair,
ich hain diß jair
den voß gespoirt
und hain gehoirt,
180 ich reiff ehm doch nue zu liede.
XIX.
‘Hedt ir es gesacht,
so wher myn wacht
durch uwer woirt
lang uffgehoirt,
185 so woldt ich syn so behende.
Nhu weis ich doch
des voßes loch,
war mhen ehn spisett;
ure hulde mich wiset,
190 ich weiß idoch das ende.
XX.
‘Mich ducht nicht qwait
ein hoinder vaigtt
den heren myn,
wan er4 mocht synn
195 sunst lang vann huiß gereden.
Wente der voß ist loiß
van listen grois,
4
Hs.: es.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
164
he soickt der wederfairt
nach syner arth,
200 slichet gernne na alden seden.’
XXI.
‘Swych, dummer man,
de hoinder han
gern snavel wiede;
es thuit nith liede
205 den hern dyn sunder wißen.
Der voß nith doit
noch schaden noch liedt;
ehr is gewient
als ehme gezempt,
210 was sold dyn heer dann mißenn?’
+
XXII.
‘Ja frauw, das laiß
ich darby stainn,
ich merck uwer rede
und doen uwer beede,
Bl. 101 ro a
+
215 gefrunde laißet uns doch bliven.
Was uch Gott gan,
das nembt fort an,
wiste ich eur hertz
in enige schmertz,
220 ich hulff es uch gernne vordriven.’
XXIII.
De frauw erhoirt
des wechters woirtt,
sie was gar froe
und sprach alßo:
225 ‘sustu mehe ahn der muiren
Den voß allein,
merck ahn wenn ich meine,
myt truwen dein
vorsteur meldens pein
230 und helff myr zum besten stuiren!’
XXIV.
Der wechter sprach:
‘frauw, der sach
gheloivet mir vorwair
all uirhe begere
235 helff ich zum besten fuigen.’
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
165
Wer5 dis gedicht
an6 zwivell spricht,
roirt ehr mit luist
an seins boilen brust,
240 ehm sold vyll beß genoigen.
Nr. 91 aant.
I.
Aus hertzenn grundt+
bin ichs vorwundtt
nach dir, myn B;
dir isth kundt ehe
5 die swere pein,
das hertze myn
vorsencket tieff;
Ach B, ich reiff
zu dir mein gnad;
10 mags habenn stadt,
wend sendlich1 smertz,
frundligs hertz,
helff mir zu dir
mit freude unnd smertz.
Bl. 101 vo
+
II.
15 Fur all uff erd
mein hertz din gerd
zu lieb und wunne:
gluck myr des gunne
zum neuwen Jar,
20 wenn du mich gar
umbfangen haist
das ich kain rast
oin dich mach hain,
Ach B, nym an
25 mein frundlich Bidtt
durch liebe sidt,
ich hoff du thutzs
abslagenn nith.
5
6
1
fehlt in der Hs.
Hs.: unnd.
Hs.: danach raidt durchstrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
166
III.
Mynn holtzeligs bildtt,
30 Biß nith so wildt,
ertzeigh doch dich
ein klein frundlich
gene mir mit lieb,
mich nith betreub,
35 myn hertzigs B,
laiß mich vorsthee
dyner lieb ein grundt!
zu diser stundt
gein dir nith spair,
40 glaub mir vorwair,
unnd liebt ich
hundert dusent Jar.
Nr. 92 aant.
Ein anders
I.
‘Ain zwivel gar
bistu vorwair
de schoinste in dem Ryke,
men findt din gelyck
5 nith in disser1 werlt,
de mir so gefeltt
zu aller stundt;
din roter Mundt
gyfft lechten schin
10 wie ein Robyn,
ich bidt: laiss2 mich
deiner synn.
II.
‘Zart einige frucht,
ich bidt: din zucht
15 durch all dyn ehr
nith von mir keer;
schoins lieff gedench daran
wie ich mich hain
erbaden hoich,
1
2
Hs.: dusser, das u aber mit i-Punkt versehen, daher wohl Schreibfehler für i.
Hs.: danach D durchstrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
167
20 mein syn steidt noch
als he stund
du weist woll woe.
myn einigs lieff,
alles was du begerest
25 das ist Ja.’
III.
‘Hertz lieffster gesell,
geloiff mir,
ich heb gehoirt din wort,
du blivest mir hardt
30 unnd blivest stede
na myner bede,
im hertzen salstu stedich synn
all myn zuversichtt.
geloiff, mir geschuitt
35 kein ander nicht,
dwile das myn hertz zusprecktt.’
***
Wat acht ich vf der sunnen schijn,
Wol mir der Main gnedich synn.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
168
Nr. 93 aant.
+
Warsagungh der Worffell oder Doppelstein.
Bl. 102 ro
+
6-6-6
[1.]
Du solt werdenn der Reichste under alle dinen frunden,
wiewoll es dir wienich gunnen,
es sall dir noch zum gluck slain,
darumb laiß dyn troren stain.
5-5-5
[2.]
Din hertz entfength seer
in groißen liefften schwer,
und will dir das nith vorgain,
so wirstu noch groißenn unfall hain.
4-4-4
[3.]
Das ist nith in diner gwalt,
dar du woll nit faren salt,
dar isth noch vorborgen,
darumb laiß stain dynn sorgenn.
3-3-3
[4.]
Dir stain etzliche nach diner Erhen,
daran soltu dich nith keren,
se wolten dich gernne zu schandenn brengen,
wen du es inne wollest gehengen.
2-2-2
[5.]
Du hast uisgeworffenn ein Netz,
das will dich schinden wie ein Metz,
dan du bist von manigen synnen,
manicherley hantwerck wiltu begynnen.
1-1-1
[6.]
Du lebest zu groißem ungemach,
umb ein harte sach,
dair dir hin hertz nach steit,
laiß aff es isth dir unbereidt,
uff das dir nith werde liedt.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
169
6-5-5
[7.]
Du bist swairmutich von hertzen,
das bringt dir vyle schmertzen,
laiß diner sachen einen lichten syn,
es kompt doch wair es hynn will.
6 - 4 - 4+
Bl. 102 vo
+
[8.]
Du solt in der Ehe haben groiß gluck und wirdicheitt,
wiewoll es etzlichen luden wirth liedt,
es wirth ehn nith erlingen,
darnach se thuin ringen.
6-3-3
[9.]
Du solt din troeren laißen stain,
so wirstu noch groiß gluck hain
und freud habenn durch wieden muidt,
des hilff dir Godt froe unnd spaidt.
6-2-2
[10.]
Bis vroelich und wolgemoit,
dir isth vorkomen zeligh guit,
du wirst einen frundt uberkomen,
darnach dein hertz hait groißen fromen.
6-1-1
[11.]
Du tragest yn dinem hertzen vorborgen
vyll Narrischer sorgen,
woll umb ein sach,
die dir nith wolt uiß dem synne mach.
5-6-6
[12.]
Ich sage dir neuwe mher,
dich anfest groiße eher,
von frowen und heren
sall dir noch groiß gluck werdenn.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
170
5-4-4
[13.]
Du bist zum gluck geboren,
dogent hastu uißerkoren,
dir sal noch groiß gluck zufallen,
dyn gemaill wirt dir din hertz zurspalten,
du wirst by ime synn behaltenn.
5-3-3
[14.]
Ich weiß von dir kein qwaid,
du bist dinen frunden vyll zu guit,
werstu se loiß wie sie,
dir mecht vyll beßer guidt vonn inen gescheinn.
5-2-2
[15.]
Ein ander hait weß du begerest,
wie noide du des enberest,
keer anders wohin dinen synn,
sunst hastu klein gewin.
+
5-1-1
Bl. 103 ro
+
[16.]
Bis woll zufrieden und wollgemeith,
all din anslegh sullen noch werden guith,
du solt alle dinen liedt vorkemen,
das soltu gewislich vornemmen.
4-6-6
[17.]
Dar du langh nach hast gestanden,
das wirstu noch zum gluck erlangen,
und volgt dir dyn wille also,
se swych stille unnd sy froe.
4-5-5
[18.]
Du werest gern reich,
darumb wagestu es lichtlich,
wiltu dich des nith begeben,
so wirstu kurtzenn dyn leben.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
171
4-3-3
[19.]
Ich sage dir in truwen,
es wirth dich noch woll rouwen,
dastu etzligen leuten frundlich bist,
die dir kein truwe haben
noch ffruntschaft bewyst.
4-3-3
[20.]
Du wirst dyn lebent unnutzlichen zubringen
mit arbied und sorgen,
das nith blivet vorborgen,
das ist dyn eigen scholt,
dastu niemants hoeren wolth.
4-1-1
[21.]
Du kanst woll swigen und helen,
darumb mach man dir woll bevelen,
mit gantzer truw aine wanck,
des eigestu wairlich danck.
3-6-6
[22.]
Du hoirst gern von der liefsten sagen,
darinn hastu dyn guit behagen,
und bist darby gar unstete.
off dir schoin wher dyn lieff im hertzen,
so lebestu doch in smertzen.
3-5-5
[23.]
Man ist dir seer unholt,
des moistu haben gedult,
das ist dyn schult,
es wirt dich noch komen zum besten,
wannher er ist am lesten.
3 - 4 - 4+
Bl. 103 vo
+
[24.]
Du solt Goth deinenn,
unnd denn mit truwen meinen,
und vorlaißen alle dine geckheit,
ader du kumpst kurtz in groiß hertze leidt.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
172
3-2-2
[25.]
Du hast ein hertz1,
das lebet in leifte und schmertz,
wiltu das mit truwen herden,
so wirdt dir noch vyll gelucke werden.
3-1-1
[26.]
Du hast in dinen synnen,
und meinst dir soll erlingen,
und bist selten froe
geloub mir fry,
es wirth dir seltenn kommen zu.
2-6-6
[27.]
Du gloubest einer seher,
das laiß dir syn eyn nyemheer,
und laiß es dir nith zu hertzen gain,
dan leifheitt wirt dar volgen nha.
2-5-5
[28.]
Einer sach bistu von Gott begerenn,
deselb laiß achter wegenn,
dann Godt weiß deine zelicheitt,
dem biß alzyt bereitt.
2-4-4
[29.]
Du haist einen loißen syn,
der einer fluicht uiß der ander in,
geiner kan so behende werden,
der es mit dir kann geherdenn.
2-3-3
[30.]
Du kanst mit dinen loißen kallen,
dye lude betregen alle,
das se dich leif von hertzen gewinnen,
wie wienich truw se ann dyr fyndenn.
1
anstelle des Wortes in der Hs. eine kleine Zeichnung: Von zwei Pfeilen durchbohrtes Herz.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
173
2-1-1
[31.]
Du wilth ser hoge vlogenn,
das wirt dir noch betrogen,
dar holfft nith andre2 legenn,
blyff tusschen bergh und daill,
so wirstu haben guith geffall.
1 - 6 - 6+
Bl. 104 ro
+
[32.]
Dein druck unnd lieden,
will bald ein ende haben,
vortruw Godt allein,
der wirt bald gnad geben,
so manichvalt, als blomlyn im Walth.
1-5-5
[33.]
Du hast einen trorigen moidt,
sust werstu woll von hertzen guit,
alle de dich darumb willen schelten,
gibstu gehoir gar selten.
1-4-4
[34.]
Du bist kurtz in ein troricheit komen,
das hastu woll vornommen,
de dir nith wol bekommen isth,
laiß darvan, volge diner frunde Raidt,
ader du wirst komen zu spaidt.
1-3-3
[35.]
Dein lieb gelichet einem duiffhuiß,
der einer flugt in der ander uiß,
wiltu dißen nith affstain,
so wirstu mit der bulschafft gein gluck hain.
1-2-2
[36.]
Dir ist itzt woll mit etzligen sachen,
die dir weinich fruntschaft machen,
und zu letsten groißen weder moit,
Gott wirt es jegen dir vorgelten mit guit.
2
undeutlich, da an den Seitenrand geschrieben.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
174
6-5-4
[37.]
Du hast vonn dinenn frunden groißen schaden,
dar du schwair mit bist beladen,
du darffst woll guden raidt,
bidde Godt froe und spaidt.
3-6-4
[38.]
Du machst woll leben sunder sorgen,
dir ist noch ser vorborgenn,
dar du woll nit faren saltt,
es steitt noch in eines anderen gwaltt.
3-2-6
[39.]
Ich sage dir von hertzen zu,
du magst woll syn froe,
du hast in dynen synnen,
dar dir woll mit werth gelingen.
+
2-6-4
Bl. 104 vo
+
[40.]
Du hast der leute ein großen oiverlouf,
das machett dein hoge moidt,
enth3 holt dy des by ziten doch,
ader du wirst betrogen noch.
1-6-4
[41.]
Wiltu diner geckheitt nith flehen,
so wirt dir nith vyll guits geschein,
laiß se achter wegen,
so wirth dir noch vyll glucks bejegen.
1-3-2
[42.]
Du bist in des scheffers hend,
und verest in das elend,
dair foirt dich hen dyn dummer moidt,
der doit dich selten guitt.
3
unsicher, da an den Seitenrand geschrieben.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
175
1-4-2
[43.]
Dyn schoinheitt und gebeer,
wirdt dir in groißen smertzen brengen,
wie du etzlichen nach irem willen
willt gehengen.
1-6-2
[44.]
Dair kummer hait dich dazu gebracht,
das man nith vyll uff dich achtt,
wiltu dein oivermoidt nith begeben,
so wirstu im elend leben.
1-6-5
[45.]
Du bist mit sorgen ser begain,
es wirt dir noch zum gluck slain,
dein unfall wirdt sich nyder slain,
und dein unglucke mit freuden anfangen.
1-4-5
[46.]
Du bist loiß und licht,
was du redest meinestu nycht,
sich zu sie wirth dich noch betreigen,
dair wirt nith an helffen dyn legen.
1-5-3
[47.]
Gluck und heill
wirdt dir noch werden zutheill,
du wirst sehr reich,
dazu gehalten gantz erbarlich.
1-3-4
[48.]
Du kanst mit dinen loissen swancken
der luide hertze krencken,
das se moißen ßen dir gewagen,
dannoch werden se zu letst betragen.
6 - 5 - 3+
Bl. 105 ro
+
[49.]
Mit schonen woirdten bistu betragen,
de dir sinth alle vorgelaigen,
de dir alle syn zu gesacht
und keiner im hertzen bedacht.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
176
3-6-5
[50.]
Du solt arbieten ser
und gewinnen guit und Ehr,
se sollen noch dinenthalber werden bedrevet,
de dir haben gedreuwet.
3-4-5
[51.]
Du wirst getruw, schoin und hubsch daby,
und eynen groißen moit,
und hoffest zubekomen groiß guit,
wiltu das nith vorlaßen,
se gecken se mit dir uff der straßen.
2-5-3
[52.]
Din synne syn also gethan
dastu mit eitelheit bist begain,
wiltu dich davan keren,
so kumpstu noch zu groißem gluck und Ehren.
1-6-3
[53.]
Du sparest dyn guit gegen dynen mundt,
du moist ein weinich milder werden,
sunst werstu es nith kunnen geherden.
2-4-3
[54.]
Du tragest in dinem hertzen zorn,
der sticht dich scherrfer dan ein Dorn,
es ist nith recht dastu begerst,
dynes guitz du offt darmit enberest.
5 - 4 - 24
[55.]
Truw und innich
sinth by dir nith,
loigen und boisheitt5
syn alzyt by dir bereidt.
***
Dusse Kurtzwyle hait also ein ende
Godt wold unns sein gnade sendenn.
4
5
Hs.: 6-4-2, was aber falsch ist, da diese Kombination oben bereits unter Nr. [40] vorkommt.
Hs.: loisheitt.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
177
Nr. 94 aant.
I.
‘Weck up, weck up den werden gast,+
der falck zwengt sich up der stangen!
ehr swengt sich na des dages gelast,
darna hait er vorlangen.
5 darumb ich dich in truwen raide,
dat du mich ein weinch horest:
de morgensterne am hemel staidt,
schaff, das eth nit werde zuspaidt,
eher er van dannen kerett.’
Bl. 105 vo
+
II.
10 ‘Schoin wechter, schoin, vormydt den schall,
wat hilfft dir dyn schimffen?
du deist uns bieden groiß ungevall,
es mach dir nith gelingen,
das du vorschreckst den werden gast,
15 he kumpt doch lieder selden.
es isth doch nith des dages glast,
du bringest uns bieden in oiverlast,
du machts es noch entgelten.’
III.
‘Schoin frouwe, schoin fraw, sidt nith so swill,
20 durch eine zwartze wolchen
mich duchte ich sege eine sterne so hell,
darnach der dach qwam stolchen;
off ich darin bedraigen byn,
des geve ich my in schulden,
25 es ist docht nith der dach so nach herby,
ir synt noch woll einer stunde fry,
spairt mich in uren hulden.’
IV.
Dem gast dem gast sy dat vorkuindt,
eres hertzen Tabernakel,
30 in heißer lieb ehr hertz entsuindt
und flammet recht wie ein fackell.
se meinet de stundt eyn Jar soll duiren,
se heds kein vordreißen,
se plegte nach erhes hertzen beger,
35 beß das de lechte morgenstern
qwam an den hemel schießen.
V.
Des nam des nam der weehter acht,
der Dauw fell uf den anger,
der fagel stemme mit soihte kraft
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
178
40 erhalet in dem hagen.
als bald der wechter das vorhoirt,
he moist se aver warnen,
van Jamer reiff he uf ein oirt:
‘ô wie es ist auch werlich moirth,
45 ich moiße oiber warnnen.
VI.
‘Hoir lieffster, hoir, was ich dir doin kundt,
mir zampt nith lenger zuswigen,
laiß af und brich der liebden bund,
der dach der kumpt her stigen;
50 uiß orienten nimpt he den keer,
luchtet hoich aiver alle de zynnen.
Ô werdes wyff, schoin dyner eher,
wiltu folgen myner leher,
so schaff den gast von dannen!’
VII.
55 Als bald als bald se das vorhoirt,
sie erschrack in heldes arme,
van jamer sanck se uf ein orth:
‘ach Godt, O laiß dich erbarmen!
mit gewrungen henden ich dir klach
60 und bidt dich innichlichen,
mach es gesyn, vorhalt den dach,
ich frucht das ich genslich vorzaich,
werdt he uns alhye erslychen.
+
VIII.
Do ward, do ward der edel kna ff
65 durch wundt bes in syn hertz,
doch troist er sich im ungemach
und sprach: ‘lais ab dyn smertze,
ob ich mich mit dem lyffe scheide,
myn hertz sall by dyr bliven
70 genslich vorbunden by mynene Eyde,
das es sich nummer van dir scheide,
de zyt mit dir zuvor driven.’
Bl. 106 ro
+
IX.
‘Din troist, din troist, dine gude woird
durchsniden mir myne geleder,
75 doch bidde ich dich, myn hogster orth,
fuige dich doch balde herweder
und sluith mir in dines hertzen schryn,
ich bidt dich innichlichen,
und sluith mir in dines hertzen schryn,
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
179
80 sint ich nit lenger mach by dir syn,
so doe mir ein Breiflin schriven.’
X.
‘Myn heill, myn heill, myn uffenthalt,
was mir din duigent lertt,
des hestu gants und gar gwalt;
85 zu dir myn hertze kerett
und gewunnet noch nummer freude of moidt.
ja sold ich dich begeven:
ich werde gewundt in jamers noidt,
so weher mir doch der bitter doidt
90 vyll beßer dan das leben!
XI.
‘Gnad fraw, gnad fraw, ich fair darhen.
der schepper aller dinge,
der erhalt uch in der gnaden syn
und das uch nith mislinge,
95 bewair lyff feill ehr und guith
vor allem ungevalle.’
‘laiß dich der reiße nith werden schwer
und frauve dich der weder keer,
du scheider guide geselle.
XII.
100 ‘Scheid hen, scheid hen, ich wunsch dir heil.
der scheffer aller dinge,
der erhalt uch yn der gnaden syn
und under synem scherme,
Ja wair du in dem lande ferest,
105 godt mois diner alzyt plegen,
vor kummer und oich vor liedt bewair,
und uch gsunt her weder spair.’
So gaff sie ehme die segenn.
XIII.
Das freulin in dem bedde saß,
110 mit lichtenklaren oigen,
ire lichten wangen woirden naß,
mit mannigen heißen tranen:
‘Ach Got, wannher sall ich ehn sehen,
den strick baven allen falcken?’
115 lustlich spranck ehr durch den klee,
ehr bieder scheiden das dede wehe,
dermit der dach qwam walcken.
***
Heimlich vorswiggen unnd ganntz woll bedacht
haidt mannige sache zum guden ende gebracht.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
180
Nr. 95 aant.
+
I.
Sich sindt myn hertz mit smertz
nach dir, myn wunderschoine fruchtt;
ich hab kein rasth, so vast
hett mich allein
5 dyn wyblich zuchtt.
ich weis kein zytt,
de mich erfreuwtt,
synt ich dich hertz lieb moiß myden,
hertz allerliebste myn,
10 wende mich de pyn,
myn hertz kein moye erlidenn.
Bl. 106 vo
+
II.
Darumb bidt ich dich: troist mich,
nym hen grois leidt und sware klaigh,
wen du der bisth, der fristh,
15 de es mir all
woll endenn mach
in solchenn sachenn,
das liden myn
uff erdenn kein freude mach styllenn
20 wenn du allein,
myn einigs E!
gyb frundlich dar dynenn willenn.
III.
Ich beger uff erdenn nith mherr
dann mynes schoines lieb;
25 der adenn dyn, darnach myn
gemoitt steitz weyett,
dan ich will gantz din eigenn synn
bis uf das ende myn.
von mir nith wend,
30 du bist de schoine uff erden;
mit Zucht unnd mit wieße
geb ich dir denn preiß,
laiß es dir hertzallerliebste wolgefallenn.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
181
Nr. 96 aant.
I.
Frolich und fry,+
tuchtich daby,
swich und lydt,
all bosheit mydt,
5 weß still unnd ffrom,
sich dich woll ummb:
de welt ist geschwindt
nach eher und gelimff,
viel dusent list
10 sith Adams kyndt oiven isth.
Bl. 107 vo
+
II.
Veill guidt und gelt
triumpheirt de welt,
wher das nith hait,
der foiret nergent gein stadt.
15 recht wie du wilt
recht is de gesell,
der werlde pracht
hefft alles macht,
fromicheit und eher
20 wert itzt gar wenicht geacht mheer.
III.
Hoffnungh ich drage,
idt kumpt de dagh
und bringet de tidt,
dat bieder ley
25 fromicheit und eher
werd geldenn mheer
als es ist geschein;
aver dusent Jaren
in alle wegen do due
30 dyne1 Ere bewaren!
1
davor über Schnörkel Buchstabe R eingetragen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
182
Nr. 97 aant.
Ein anders
I.
Cupido hait in mir erdacht
einen ellenden minschen zu machen,
ehr ist inn acht und oiver achtt,
gantz segelois aller sachenn.
5 der armer Mann, was gheen im ahnn
do ehr was ledich gewoirdenn,
das ehr sich gaff uf sulcher achtt
weder inn Venus ordenn?
II.
Es ist ein angebornne wiße,
10 der swerlich wirdt verlaißenn,
und felt ein Esell uptem Iße,
he schuwett derselbigenn straiße
noch vyll mher. der sold vleein,
der denn schadenn hait genommen,
15 dwile ehr doch bisher unnd noch
nicht mher zugnaden mach komenn.
III.
Darumb ehm gunsth ertzeigenn werdtt
ist anders nith ermeßen,
dan das ehm vorwytz woennenn by
20 unnd haitt synn hertz beseßenn,
mit wankelm moidtt. des nith vor gaidtt
will ufgenommen wirden,
dann Builschafft kann gein gemeinschafft hain,
mackett scheydens vyll uf erdenn.
Nr. 98 aant.
+
I.
Nye noch nimmer roiet sych myns gemoet,
des toedt und woet
by dir zu syn:
dar hen al myn
5 gedenck ych stedt;
mych troest er goit
mot trowen mych
dar gegen sych,
dye1 weyl ych leb myn dynst voor dych.
1
Bl. 107 vo
+
Hs.: danach wye gestrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
183
II.
10 Noch beger ych lyebers nycht of Erde,
dan das mych werd
dyn genaede zu theyl,
geliech es voel
wan dart zu2 quaem,
15 ych das vornem
der wonen by,
stedt um ych sy,
see wer myn hertz verlanges ffry.
III.
Numer mer gen loen ych sus beger
20 dan mych3 sie
dyn4 lyebe nycht eendt,
ych bydt dych: nycht wendt
dyn genaede van myr,
ych up dyr gans
25 underdan,
dan du und5 derffs geyn swyffel han,
ych wyl dych baven al dye werlt lyeb han.
Een voer al unde dye getrow Elysabet van Boeren
Nr. 99 aant.
I.
Ffrou Ffeynuys wyl mych morden,+
das redych ych affenbar,
edt yst nu anders gewarden,
dan et was aver eyn yar:
5 mynen bol haff ych verlaren,
ych1 byns es gewarden quyt,
dem ych had uysverkaren
vor al dye werelt wyt.
2
3
4
5
1
Bl. 108 ro
+
Hs.: danach qyem gestrichen.
Hs.: davor das und danach und gestrichen.
Hs.: danach gewerd zu gestrichen.
Hs.: nach und unleserliches Wort gestrichen.
Hs.: danach byns gestrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
184
II.
Eyst dat myn ungeluychen,
10 et en yst nyt als et plach:
hey kyst to mych dem roechgen
dyr mych so gernen sach;
ych haffes wol vernomen,
ych byn om eyn unwert gast,
15 syn leyfft solde mych bekomen
gelych dem honde das gras.
III.
Gemoetten hey mych up dyr strassen,
ych quem dar gan off stan,
hey kanes wal gelaffen,
20 eyn wort spreckt eyr mych nyt an.
ych wyl om weder om schenken
al wan dem selve dranck,
syn leyffdt wyl nyt gelden,
und leyffden ych noch so lanck.
IV.
25 Nu wallan, ych las om ffaron
und dynck op om nyt doch
eyst myr noch wat heyls gebaren,
wer weys noch myn gelock?
yst myr wat heyls gebaren,
30 et sal noch werden godt,
ych mende, ych hed verloren,
myn schat yst noch nyt grott.
1553
***
Men sechge, wat men wyl,
ungebonden dat yst wyel.
GFZB
CVB
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
185
Nr. 100 aant.
I.
Ich lyde und myde, ist nith myn wille,+
in einer stylle,
das bringet mynem hertzen swere pyn;
darummb kome ich in Venus noidt
5 ach werhe ich doitt,
synt ich by dir nicht mach gesynn!
dan all myn freude
bringet myr ersth wehe,
die ich by dir gesellet hain,
10 hyrumb ich mich
uiswendichlich,
jegen niemantz nith dar mercken lain,
laiß1 dyr myn elende zu hertzenn gain.
Bl. 108 vo
+
II.
Vann dage zu dage werth mier erst wehe
15 warh ich henn keer,
sehe ich nicht mherr an dynn gstallt;
freud und moidtt is gar darhen,
elend ich byn,
uis groißer sorge so werde ich aldtt;
20 das machet de flucht
nach dyner zuchtt,
de du, myn schatz, gefangenn hast;
all myn beger
stell ich zu dyr,
25 ja dach of nacht hab ich gein rouw,
myn hertz lydett noth, giff raid dazu.
III.
Heimlich ich klagh bis uf myn ende
sich nummer wende,
in stediger truw steitt steides by dy,
30 all myn beger fynt ich entzundt,
myn hertz brendt
inwendich in mynes hertzen grundt,
fyll ellendiger zytt,
helff myr uiß noidt,
35 myn hertz alzyt an dir gdencktt,
ich beger nicht mheer;
du blivest myr stede
in truwen stede bis uf myn ende,
bis ich en sehe blyve ich ellende.
1
Hs.: danach myr gestrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
186
Nr. 101 aant.
+
I.
Dye lyeffste den ych ut fferkoer,
dye eys mych lyeff ende wert;
trou ende holt wel ych om syn,
want myn haertz geyn lyver en begert.
5 hy eys dye lyefst, weyt dat voerwaer,
wan ych nyt by om syn en mach,
eyn dach donckt mych syn eyn yaer.
Bl. 109 ro
+
II.
Hy eys mych als soe lyeff ende wert,
och mocht ych by om syn!
10 ffaen mych heyt hy zu panden
hertz, moeyt end al myn seyn.
hy eys dye lyeffste, weyt dat ffuerwaer,
wan ych nyt bey om syn en mach,
eyn dach dunckt mych syn eyn yar.
III.
15 Des wel ych mych genuegen laen,
wes des dat beter woert,
eyt mucht sych noch alsoe gefallen,
ych word myt om fferselt.
dye tyt laes ych mych fferdryssen nyt:
20 heyt he mych van goeder hertzen lyeff,
so ffergyt hy mych werlych nyet.
IV.
Dye ons des nyen lytken ssanck,
seyr wael gesongen haeyt,
hy heyt dat al soe wael gedycht,
25 om synes bolen weyl;
daer om drycht hy grau, weyt ende roeyt,
eyn breasselyngh1 van perlen
dreycht myn lyeff op synen hoeyt.
1551
D
A
C
L
B
V
1
a unsicher, da Wurmloch.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
187
Nr. 102 aant.
1553
I.
Och gott mych dot verlangen+
na eyner dye leycht geffangen
dem edellen heyren myn,
das ych om so mos myden
5 brenget myr eyn hemlych leyden,
dar to myn heyrtzen eyn zweren pyn.
Bl. 109 vo
+
II.
Her leycht yns keysers heynden,
och gott hey kondes wal wenden
und geyffven dem keysser dem mot,
10 dat es sych wyl bedyncken,
war heyr kornet dyssen geschenken
und geyffven dem fforsten wer syn goedt.
III.
Hedt eyr sych wes vorsprachgen,
das wyr genoch geffrachgen,
15 lanedt, lyyde synt om verderfft,
dem fforsten hyn wech geffuyret,
syn heyrtzen dar myt verstouyret,
dem Cor yst om genamen aff.
IV.
Ich haff es sal sych wenden,
20 das sport men an allen enden;
dem payys syn ffalssen rat,
dem keysser dar myt verheyztet,
Duyztlant dar myt verleyztet,
das klage ych dych her gott ffrou und spaed.
V.
25 Hyr myt wyl ych es beschleyßen.
ych haff, ych salleß genysen,
myn roffen ys to1 gott,
und helff uns crystuys allen,
na dynem gottelyche geffallen,
30 so2 heylff uns heyt uyt dysser not.
- Myn haffven zo gott -
C
B
V
1
2
t aus h verbessert.
Hs.: danach verschriebenes heyff gestrichen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
188
Nr. 103 aant.
+
I.
Ich het mir vir genumen
zu dinen stetigkhlich,
ein ander hat mich verdrungen,
das selbig pekhrenckht mich.
5 pedrybt ist mir mein hertze,
daz ich mus faren lan,
sie gen in gurtzen Pein.
wan umb ein andern man.
Bl. 110 ro
+
II.
Es ist der freyle sitten,
10 daz sie unstedig sein,
sie lassen sie nicht lang pitten,
sie gen in gurtzen Pein.
so einer thuet gefallen,
gein threu sie sechen an;
15 du pest mir der libst ob allen,
und redens aus falschen gwan.
III.
Ich bin ir nit allaine,
daz acht ich nid glein,
zwen hundt an eine pene
20 pedragen sie steten ein
mit greinen und mit muren,
es mag nit anders sein:
sie mus mir aus dem hertze
und nimer mer dar ein.
1550
GVA
Ludwig waro [= baron] de Polhaim Lup
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
189
Nr. 104 aant.
1553+
Ein dantzlied
Bl. 110 vo
+
I.
Nun willen wyr alle fro lich syn
in ehren.
Wyr willen fro lich, fruntlich syn,
Singen, sprungen, hei wuchhei,
5 in zucht und ehren.
II.
Nichst bessers wust der Salomon
in Ehren,
dan fro lich syn und stetz wol thun.
Singet, springet, hei juchhei,
10 in zucht und Ehren.
III.
Dis wil euch geschunken han
in ehren.
Las uns nit langer stille sthan,
Singet, springet, etc...
Alacriter & iuste
FFF v. F
Nr. 105 aant.
Das hohe lied1 des allerweisten Ku nigs Solomonis+
van wort zu wort uff die weis des gesangs gestelt:
Ich habs gewacht
Darin die h. kirche oder glaubege siel iren brutgam
Christum (nach langen suchen betroffen) mit
großer liebe angreifft und spricht:
Bl. 111 ro
+
Cap. 1
I.
Nu2 Er lang mir her sein mu ntlin rot,
Lieblicher sein dein bru ste,
vil uber wein, und salbe gut,
Ruchen sie allersuste
5 Gleich usgegossen salb rucht fein.
So su s dein nam ist. Die metlin
Darumb dich hant geliebet.
1
2
verbessert aus: lieder.
Nu in der Hs. am Rand nachgetragen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
190
II.
Zihe mich zu dir, so lauffen wir
In geruche deiner salben.
10 Der Ku ng in sein gemach mich fu rt,
In dir wir allenthalben
Fro werden und nachtrachtend sein,
Mer deiner liebe dan dem wein,
Dich lieben die gerechten.
III.
15 Jerusalemische to chtren gar,
Brun bin ich, aber schone,
Gelych den hu tten zu Cedar,
Die tapet Solomone.
Anschouwet nit, das ich bin brun,
20 wan mich entferbet hat die Sonn,
drumb dorfft ir mich nit lastren.
+
VI.
Dan myner mutter so ne al
hant weder mich gestritten
und mich gesetz (nach irem g'fal)
25 Im wyngart, den zu hütten.
Mein wyngart hab ich nit verwart;
zeig mir, den liebt mein sele zart,
Wa du zu weiden farest.
Bl. 111 vo
+
V.
Mein hertzfrund zeig mir, wa dein schlaff
30 zu mittag wurt gehalten,
Daz ich nach deiner gesellen schaff
Nit irre ungestalte,
Dan dyn gesellen dich lieben nit.
Dan reitzen mich zu andre sit
35 + und sprechenn: hie ist Christus.
+
Mat. XXIIII
Der Brutgam
VI.
Du scho nest weib, kendstu nit dich?
folg deiner schaff fußtritten
wend dyne geitzlin fleissiglich
fast by der hirten hu tten.
40 Hertzlieb ich dich vergleichet hon
Meinem reisigen zuge schon
An Pharaonis wa gen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
191
VII.
Dein wangen seind gezierd und schon
Geleich ein ryn turdeldube.
45 Dein halß man wol vergleichen kan
by eym halßband und schrube.
Ich wil dir samt den fru nden myn
Bereyden guldne spangen fyn,
Geziert met silvren po cklin3.
Die Brut
VIII.
50 Do im bed4 ist der Ku nig myn,
Myn Nardus ruchet schone.
Myn frund ist eyns Mirrhen buslin,
wurt zwuschen mein bru st wonen.
Er ist mir von Cypren druiff+
55 (Welchs gesmack ist in dem meisten loff),
Von Wengarden zu Engaddi.
Bl. 112 ro
+
Der Brutgam
IX.
Sihe du bist schone, myn frundin,
In dugend bistu schone.
Dyn ougen gleich den duben syn
60 Eynfeldig unde frone.
Die Brut
X.
Sihe myn frunt, du bist schon, lieblich;
Mit Blumen ists unß Bet zugricht,
unß taffelwerck syn Cedren,
Und unsre belck5 Cypressen.
End des ersten cap.6
3
4
5
6
von gleicher Hand an den Rand klein danebengeschrieben: to pflin.
in der Hs. ist ein Wort unleserlich gemacht und mit Korrekturzeichen am Rand in bed
verbessert.
danach sind durchgestrichen, am Rand Korrekturzeichen.
Schluß fehlt; die Eintragung unterbleibt. Das Fragment endet auf der Rekto-Seite oben.
Textverlust ist demnach nicht eingetreten.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
192
Nr. 106 aant.
+
I.
Das soette nyen yar,
das uns verganen yst,
das hefft dey alderleste wal vernomen:
wer geyn geloych nyt haffven en sal,
5 dyr yst so ffrow gekomen.
Bl. 112 vo
+
II.
Ich mende es wer eyn eichel bom,
so ffast nu yst hey al so los van synen;
nu suydt he mych aver dem nachen an,
war myt haff ych es verscholledt?
III.
10 So sedt hy mych ffor
eyn korff ffol schonner worde;
dye beste warden dar uyt gelessen,
so leyff als om yst off mer werden mach
byn ych ffor hyn gewesset.
IV.
15 Das ryden und yachgen,
das nachtz ze allen dagen,
das haff ych nyt versessen;
mer wan men den hont offhangen wyl,
so hefft hy vandt gebrat getten.
CVB
15
53
Ych wylles verbeyden.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
193
Einzelkommentare
Vorbemerkung
Im folgenden Kommentarteil werden die Liedtexte und Beischriften gemäß ihrer
Reihenfolge in der Handschrift einzeln kommentiert. Diese Erläuterungen folgen
keinem starren Schema, sondern setzen analog der wissenschaftlichen Bedeutung
der einzelnen Texte bestimmte Akzente. Im allgemeinen stehen Bemerkungen über
die Person des Schreibers voran, es folgen ggf. Angaben über auffällige
Charakteristika der betreffenden Niederschrift in paläographischer oder sprachlicher
Hinsicht. Im Mittelpunkt jedes Kommentars steht die Bestimmung des neuen
Textzeugen im Rahmen der bisher bekannten Überlieferung. Wenn nur wenige
Parallelzeugnisse vorliegen, werden dieselben in extenso herangezogen. Übersteigt
die Überlieferung etwa die Zahl 10, so begnügt sich der Kommentar mit
zusammenfassenden Hinweisen auf Alter und Verbreitung der Konkordanzen. Eine
vollständige Kollation auch weniger Textparallelen lag nicht im Interesse des
Herausgebers. Unter ‘Lesarten’ werden nur Hinweise auf charakteristische Varianten
verzeichnet, wobei der zum Vergleich herangezogene Text stets möglichst aus der
zeitlichen oder räumlichen Nähe der Darfelder Liederhandschrift gewählt wurde.
Anmerkungen zur Textgestalt und Worterklärungen folgen. Den Schluß bilden
vergleichende Hinweise zu den Nachschriften und Schreiberversen. Doppelt
eingetragene Liedtexte werden nur einmal kommentiert, und zwar unter der Nummer
ihres ersten Auftretens in der Handschrift; an der zweiten Stelle steht im Kommentar
lediglich ein Verweis. Häufiger herangezogene Literatur wird abgekürzt zitiert. Zur
Auflösung der Abkürzungen siehe das nach den Kommentaren beigegebene
Verzeichnis der Literatur und Sigel.
Nr. 1
Daß die Reihenfolge von Liedern in einem Liederstammbuch nicht der
chronologischen Ordnung folgt, wird schon mit dem Blick auf das Lied Nr. 1 deutlich.
Die Schreiberin war Adelheid, die älteste Tochter des Gisbert von
Bronckhorst-Battenburg und der Anna von Wickede. Ihr Mann, Johann von Renesse,
Herr von Amelisweerd, Wulven und Wilp, lebte von 1506 bis 1553, die Schreiberin
gibt seinen Todestag mit 8. August an. Seine Witwe hat ihn nach ihren eigenen
Angaben um 33 Jahre überlebt, so daß sich daraus das Eintragungsjahr 1586 ergibt.
Die erste Eintragung erweist sich somit als die am spätesten datierte Aufzeichnung
der Handschrift.
Es handelt sich dabei nicht eigentlich um ein Lied, sondern um eine lose
Aneinanderreihung von Versen und Sprüchen, die auch im anderen Zusammenhang
nachzuweisen sind. Zumindest I und II gehen schon auf das 15. Jahrhundert zurück.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
194
Überlieferung
1. Berlin, Mgq 185 (Niederländisches geistliches Liederbuch aus dem 15. Jh.) Bl.
40: Lyden is myn naeste cleet / een mantel van lieden is my bereyt / sy is gevoedert
mit verdriet / och ja leyder ic en kanse verslyten niet / eer ic coem wt deser werlt
verdriet amen.
2. Berliner Ldhs. 1568, Schreiberspruch nach Nr. 49: Leidenn und meiden, is mein
beste cleidt / ein mantell von druck is mir bereitt / unnd is gefodertt mitt verdreitt /
noch woll ich lieber inn ellendt leben / dan meinenn bulen ubergebenn.
3. Liederbuch der Catharina Tirs Nr. 35 (ca. 1588): Ick genck my durch den grunen
woldt, Str. 8: Och lyden du bist myn negeste cleet / eiyne mantel van lyden is my
bereidt / sie is gevodert myt verdreit / ick kan sie io verslyten nicht / den se und ho.
Vgl. Hölscher, Münsterland S. 75.
4. Niederländische Handschrift aus der 2. H. des 16. Jh., Randspruch: lyden is
mijn daghelic cleet / eenen mantel van zurghen is my bereet / al mijn cleet is verdriet
/ och ic en cans verslyten niet. Vgl. Maatschappij der Vlaemsche Bibliophilen 2. Ser.
Nr, 7, S. 330.
5. Brüsseler Hs. Ms. II 144, Bl. 70 vo (16. Jh.): Lyden is myn naeste kleyt / eynen
mantell is my van druck bereit / hy is gefoedert mit verdriet / Help Got, ick en verslytes
nyet. Vgl. Priebsch, ZfdPh 38 (1906) S. 453.
6. Etwas weiter entfernt steht ein Spruch in der gleichen Handschrift Bl. 59 vo:
Lyden is dat peste goit / dat got synen kynderen doit / Lyden is der wech des rycks
onß heren / salich syn sy dye hem wael hantyren. Priebsch, ZfdPh 38 (1906) S. 446,
In I, 1 hat D ebenso die Berliner Ldhs. von 1568 einen aus dem Holländischen
stammenden Ausdruck nicht verstanden und verändert, so daß aus het naeste cleet
= het hemd (Verwijs-Verdam 3, 1502) myn beste cleet wurde. II ist offensichtlich
unvollständig, da Z. 7-8 aus I übernommen wurden. Für III und IV liegen keine
Paralleltexte vor.
Nr. 2
Dieses nach dem ersten Teil des Wappenbuches eingetragene hochdeutsche Lied ist
mit B.v. Brederode unterzeichnet. Dahinter verbirgt sich nach dem Nachweis von
Hübner I, S. 40 f., Anm. 2, Balthasar von Brederode, der spätere Gatte der Besitzerin
des Liederbuches, Katharina. In den umfangreichen Privatkorrespondenzen der
Herren bzw. Grafen von Bronckhorst, Battenburg und Anholt aus dem 15.-17.
Jahrhundert im fürstl. Salmschen Archiv zu Anholt i.W. hat sich auch ein Brief
Balthasars von Brederode an seine Gemahlin Katharina von Bronckhorst vom 14.
April 1569 erhalten, und ein Schriftvergleich ergab eine Identität der Hände. Wir
können annehmen, daß z.Z. der Niederschrift dieses Liedes Balthasar mit Katharina
noch nicht verheiratet war; vielleicht waren es Verlobte.
Balthasar hat nicht, wie man eigentlich von einem Verlobten erwarten dürfte, ein
Liebeslied eingetragen, sondern ein historisches Lied. Es erinnert an die denkwürdige
Schlacht der Ungarn gegen die Türken bei Mohacz am 29. August 1526, bei der das
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
ungarische Heer vernichtend geschlagen wurde und König Ludwig ertrank. Balthasar
v.B. hat das Lied zweifellos nicht aus: dem Gedächtnis aufgezeichnet,
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
195
sondern aus einer schriftlichen Quelle geschöpft. Unser Text stimmt nahezu
wortwörtlich zu verschiedenen Fassungen, die im zweiten Viertel des 16. Jhs. durch
Flugschriftendrucke und durch Liederbücher verbreitet Vmrden, vor allem zum 1.
Teil der Bergreihen, Zwickau: Wolfgang Meierpeck 1531, Nr. 56.
Überlieferung
Die Verbreitung des Liedes findet sich zusammengestellt bei Liliencron 3, Nr. 403
a und umfassender bei Heilfurth, Bergreihen 1, Nr. 56, S. 260-261.
Die zweizeilige Nachschrift, Brederodes Devise, war wörtlich auch diejenige des
Herzogs Heinrich des J. von Braunschweig-Wolfenbüttel; sie findet sich z.B. auf
einem Taler von 1524-1567, siehe: AfdStdnSprL 57, 37. Seitenformen dazu bietet
in großer Zahl das Niederdeutsche Reimbüchlein aus dem 16. Jh., siehe Seelmann
S. XIV, 9, 68 und 71. Die Kurzfassung der Devise ‘Gottes Fügen mein Vergnügen’
o.ä. ist im 16. und 17. Jh. sehr verbreitet, siehe Radowitz S. 58, H.v. Fallersleben,
Findlinge 1, S. 434, Nr. 4, und Loewe S. 7 und 46.
Nr. 3
Zu diesem im unmittelbaren Anschluß an den ersten Teil des Wappenbuches von
Jost Graf von Schauenburg eingetragenen Liebeslied kennen wir bisher keine
Textparallele. Der Schreiber bekennt in der Nachschrift, daß er das Lied im Zustand
der Trunkenheit eingetragen hat. Der Augenschein mit einigen Tintenklecksen und
Verschreibungen scheint diese Aussage zu bestätigen. Allerdings sind die zahlreichen
Korrumpierungen des Textes wohl nicht erst auf Versehen bei dieser Niederschrift
im Stammbuch der Katharina von Bronckhorst zurückzuführen, sondern scheinen
vorangegangener Überlieferung zuzuschreiben sein. Trotz verschiedener Verderbnisse
ist die Struktur des zugrundeliegenden Liedes mit traditionellen Motiven des
spätmittelalterlichen Minneliedes noch recht klar erkennbar. Es sei vor allem auf das
Motiv der ‘falschen Zungen’ in Z. 45 und 53 hingewiesen, sodann auf die Vorstellung
vom durchbohrten Herzen in Z. 10, bei der regelmäßig das Wort dorchwont o.ä.
auftritt; vgl. die Lieder D Nr. 46, Z. 6, D Nr. 64, Z. 17, D Nr. 80, Z. 12, D Nr. 94, Z.
65. Vgl. auch Ms. II 144 Brüssel (16. Jhdt.) Bl. 77 vo-78 ro:
... so bald dorwont / mans Hertzen gront
weer ich mit oer / in vrou Venus spuel.
R. Priebsch, ZfdPh 38 (1906) S. 460.
Auf den Schreiber fällt durch eine kurze Notiz in Spangenbergs ‘Chronik der
Grafen zu Holstein, Schaumburg, Sternberg und Gemen’, Stadthagen 1614, liber V,
cap. 44, S. 281 f. ein bezeichnendes Licht: ‘Dieser Graff Jobst der 2. ist Graff Jobsten
des I. Achter Sohn gewesen / der von jugent auff zu kriegen lust gehabt / wie er den
auch / da er zu seinen Jahren kommen / sich in großer herren vnd Potentaten
Kriegsbestallung eingelassen vnd sich zu jeder zeit tapfer gehalten / vnnd den Feinden
den Kopff gebotten / aber bey solchen kriegen weinig Vortheil sondern vielmehr
großen schaden gehabt vnd erlitten.’
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Vgl. auch D 8.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
196
Nr. 4
Das Lied ist ein Musterbeispiel für die Umgestaltung eines Liedmodells durch die
persönliche Handhabung im Repertoire einer konkreten Überlieferungsträgerin (Tryna
von Battenberg). Sie benutzt Erinnerungsbruchstücke und Fetzen dieses Modelles,
macht es für ihre eigenen Bedürfnisse zurecht und entstellt den Ausgangspunkt
beinahe bis zur Unkenntlichkeit. Zugrunde liegt ein dreistrophiges Lied zu 8 Zeilen,
das uns erst aus späteren Quellen bekannt ist: 1. Mgf 752 (1568) Nr. 17. 2. Mgf 753
(1575), Nr. 98. - 3. Ldb. Ambr. (1582), Nr. 26. Der neue Beleg in D macht
wahrscheinlich, daß das hinter dem Text in Umrissen erkennbare Liedmodell schon
älter ist. Ohne die Parallelen aus späterer Überlieferung bliebe unser Text nahezu
unverständlich. Dies wird schon durch eine Gegenüberstellung einer Strophe aus
dem Ldb. Ambr. (Nr. 26, Str. I) deutlich, deren Aussage in Strophe I/II von D
eingeflossen ist:
D, Zeile
So wil ich doch einen guten mut haben, 1
und wil umb niemands willen lassen,
2
Mein narren wil mir nit vergehn,
3
ich treibs zu rechter massen,
4
Mein reim der heist icht acht sein nicht, 13/14
den führ ich gantz verborgen,
15
dazu ist das mein altes gedicht,
16
für mich darff niemand sorgen
17
Die Aussage des ursprünglichen Textes ist die Darlegung einer Lebensauffassung,
die besagt, daß der Dichter sorgenfrei sein eigenes, wenn auch manchmal etwas
närrisches Leben fristen will, ohne sich um den Beifall der Menge zu kümmern. Über
diese Aussage hat sich in D eine andere gelegt und dadurch die Textüberlieferung
weitgehend in Unordnung gebracht: der gute Mut und die Zuversicht erwachsen hier
aus der Liebe zum varren wyeb (Z. 3), zum schonen lyeff (Z. 22).
Die beiden Nachschriften sind recht schwer zu entziffern und anderwärts bisher
nicht zu belegen.
Worterklärung
noechtans = dennoch, Schiller-Lübben 3, 192 f. Vgl. auch das Liedincipit in der
Quarths. 1579, Bl. 42, Nr. 17. Wiewoll daß ich Elend bin nochtans hab ich einen
stedigen sin.
Vgl. auch Kommentar zu D 68.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Nr. 5
Eingetragen von einer nicht zu identifizierenden Hand, die im übrigen Msk. sonst
nicht vertreten ist. Das Lied, eine Klage um den sieben Jahre lang währenden
erfolglosen Dienst um eine Dame, ist nicht nur dem Inhalt nach, sondern auch durch
seine Dreistrophigkeit typisch für unsere Hs. Die Motivik des Liedes verweist auf
das
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
197
spätma. Minnelied, und auch formale Aspekte der Überlieferung (teilweise Zerstörung
des Kreuzreimes, Störungen im Metrum) deuten darauf hin, daß es sich um ein älteres
Lied handeln dürfte. Sprachlich gesehen liegt eine fast ausnahmslos hd. Überlieferung
vor, in der jedoch einige unverschobene bzw. nichtdiphthongierte Formen (Z. 5
verplicht; Z. 11 u.ö. min; Z. 15 blipt) an eine ältere Traditionsstufe anknüpfen könnten.
Str. 2 bewahrt formal den Bestand des unbekannten Originals noch am besten. Das
hier behandelte Motiv des zum Narren gehaltenen Werbers ist in der Hs. auf Bl. 24
ro von anderer Hand zeichnerisch gestaltet worden (vgl. Abb. 4). Die Frist von sieben
Jahren als Zeit der Bewährung ist auch im späteren Volkslied noch häufig anzutreffen
(vgl. die ‘Liebesprobe’, E.-B, 67), allerdings sind dort bezeichnenderweise die
Verhältnisse umgedreht: das Mädchen hat 7 Jahre auf den Mann zu harren.
Nr. 6
Dieses Lied ist der Beitrag von Jodokus (= Joest) von Bronckhorst und Battenberg,
des Bruders von Katharina, der ebenfalls ein Glied der Familie v. Brederode geheiratet
hatte, nämlich Johanna, eine Nichte von Balthasar v.B. (s. Hübner I, S. 41). Die
äußerlich mit reicher Liebessymbolik (Liebesknoten, pfeildurchbohrte Herzen, s.
Abb. 3) ausgestattete hübsche Niederschrift kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß
das mitgeteilte Lied - durchgehend in hd. Lautung - inhaltlich und sprachlich in
keiner so gut erhaltenen Form auf uns gekommen ist. Einige Mängel der Überlieferung
sind unverkennbar: Str. I schildert eine Abschiedssituation, während Str. II
unvermittelt Liebesfreuden beschreibt und Str. III-IV in einen Frauenpreis münden.
Hier scheint also einiges durcheinander geraten zu sein; vielleitht sind zwei ähnlich
gebaute Lieder miteinander vermischt worden. Für die Unsicherheit der Überlieferung
sprechen z.B. auch die ungeschickte Wiederholung der Z. 15/25 und die Auslassung
eines Wortes (engel?) in Z. 36. Vorlagen für das Lied bzw. seine Einzelbestandteile
sind unbekannt, so daß wir D 6 zu den Unica der Hs. rechnen müssen. Hier zeigt
sich wiederum, daß der Bestand nachma. Lieder mit Liebesthematik bisher keineswegs
vollständig erfaßt ist und Entdeckungen noch immer möglich sind.
Worterklärungen
10 uff Gadeß gewan = in Gottes Land (zu Gewann, s. DWb. 4, 1, 3, Sp. 5322); 20
gruint = Haut; 22 = (ihr Mund) beherrscht viele lose Schwänke; 30 boeven = über,
vor.
Nr. 7
Das Liebeslied ist in einer dem 16. Jh. geläufigen Strophenform abgefaßt, kann
allerdings in dieser Form nur in der Darfelder Hs. nachgewiesen werden. Das Original
hatte zweifellos hd. Sprachgestalt und ist in dieser Niederschrift in der für viele Teil
der Hs. charakteristischen Art ndt. überformt worden, und zwar eben
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
198
nur zum Teil, so daß im ndt. Text hd. Leitformen stehenblieben, unter denen wie so
oft das Wort hertz besondere Beachtung verdient (Z. 1, 4, 11, 19). Als Schreiberin
gibt sich Jenne von Brederode zu erkennen, d.i. Johanna v.B., die Schwägerin von
Katharina von Bronckhorst, eine Stiefnichte Balthasars von Brederode, verheiratet
mit Jodocus von Bronckhorst, Katharinas ältestem Bruder, Herrn auf Hönnepel. Der
Bruder Johannas hatte sie, da er kinderlos starb, zur Alleinerbin seiner Güter
eingesetzt, doch konnte sie die in den Niederlanden gelegene Herrschaft Gemen (s.
das Wappettbuch in der Darfelder Hs., Bl. 58 ro) nicht antreten, solange Herzog Alba,
der diese Güter konfiziert hatte, in den Niederlanden herrschte. Die Schreiberin starb
1573 (Ferwerda, Wapenboek 2,2).
Nr. 8
Bei diesem Lied handelt es sich om eines der wertvollsten neuen Lieder der Hs.
Unterzeichnet ist es von einem Grafen zu Holstein und Schaumburg, wobei nicht
mit letzter Sicherheit auszumachen ist, ob die Schrift mit derjenigen des Grafen Jost
von H.u. Sch. (D 3) identisch ist. Die beiden Eintragungen liegen nur ein Jahr
auseinander; vielleicht sind die starken Unterschiede in der Schrift bei D 3 tatsächlich
auf Trunkenheit des Schreibers zurückzuführen. Das uns hier erstmalig überlieferte
Dialoglied ist besonders bemerkenswert für die Tradierung von Wortschatz und
Formelgut spätma. Minnedichtung, die aber hier in neue Zusammenhänge mit
veränderter Aussage eingebunden werden. Die besungene Dame bleibt hier nicht
das Ziel aussichtsloser Werbung, sondern der Minnedienst erweist sich am Ende als
erfolgreich, der Werbende findet Gehör. Der Spannungsbogen, den die 6 Strophen
des Liedes bis zum glücklichen Ausgang in Rede und Wechselrede beschreiben, ist
sehr gut durchgehalten und löst sich in der zweigeteilten Schlußstrophe. Das Lied
ist hd. Ursprungs: es finden sich keine unverschobenen Formen, jedoch ist die nhd.
Diphthongierung nur teilweise durchgeführt. Die Entstehung des Liedes ist um einige
Jahrzehnte zurückzudatieren; Reimbindung und Metrum haben durch den
Tradierungsprozeß gewisse Einbußen erfahren (vor allem Str. II), aber der
Sinnzusammenhang ist durchgehend bewahrt.
NS: Der Schreibervers findet sich wie viele andere dieser Hs. im Nd. Reimbüchlein
d. 16. Jhs. (ed. Seelmann, S. 69 f.) und könnte von dorther übernommen sein. Er tritt
gleichzeitig und später auch in anderen Liederhss. auf: Brussel, Ms II 144, Bl. 73 ro
als NS zu einem Tagelied, vgl. R. Priebsh in ZfdPh 38 (1906) S. 456; Ldhs. Petrus
Fabricius Nr. 25, vgl. J. Bolte in Alem. 77 (1889) S. 256.
Worterklärungen
7 verswyndenn = sterben; 12 gescheyr, ob zu Gescher - Geschrei, Lärm, Getümmel,
DWb. 4, 1, 2, Sp. 3855. f.?; 31 usserlychenn reden = heuchlerische Reden; 40 =
befreie mich von meiner Trauer.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
199
Nr. 9, 77
Zwei Aufzeichnungen einer Liebesklage in volkstümlicher vierzeiliger Strophenform,
die zwar einem gemeinsamen Typus zugehören, sich aber durch einen (längeren?)
Traditionsprozeß schon erkennbar voneinander entfernt haben.
Zu D 9: Es ist die erste Eintragung eines Schreibers, der mit insgesamt sieben
Liedern in der Hs. vertreten ist (Nrr. 9, 10, 11, 47, 56, 59, 67), seine Identität aber
nicht zu erkennen gibt und auch keine Datierung vornimmt. Bei den Texten Nr. 10
und 59 läßt er seine Zugehörigkeit zum Adel aber eindeutig dadurch erkennen, daß
er seine Initialen EBA (Name oder Devise?) mit einer Krone versieht. Die Schrift
ist eine zur Flüchtigkeit und vielen Wortverbindungen neigende Kursive (z.B. Z. 2:
alinden); diese Verbindungen wurden in der Edition um einer besseren Lesbarkeit
willen nicht beibehalten. Den Text von D 9 druckt A. Hübner in Volkstum und
Heimat 1929, S. 177.
D Nr. 77: Eingetragen von Johain von Raisfelt, dem wir außerdem die Lieder Nr.
74-76 und 78 verdanken.
Parallelen zu diesem Liedtypus sind bisher nicht zu ermitteln gewesen. Ein ähnlich
klingender Liedanfang Groß lieb hat mich umfangen (z.B. in der Hs. Mgq 612 [1574],
Nr. 71) hat mit unseren Texten nichts zu tun. Möglicherweise enthält die Benckhäuser
Ldhs. der Anna Lüning von 1573-1588, Nr. 10 eine Konkordanz, aber leider hat P.
Alpers, NdZfVk 1 (1923) S. 111 nur das Incipit des dreistrophigen Liedes mitgeteilt:
Groß leyt drage ych forborgen
das my tho dem hertzen geyt...
Der Vergleich der beiden in D überlieferten Texte gibt willkommenen Einblick in
die Unbefangenheit und Selbstverständlichkeit, mit der die in der damaligen
Lebenssphäre populären Lieder gehandhabt, weitergegeben und an die jeweilige
persönliche Situation angepaßt wurden: in D 9 ist der Text ihr in den Mund gelegt,
in D 77 ihm. Auch sonst unterscheiden sich die beiden Lieder beträchtlich: die
Reihenfolge der Strophen wechselt, D 9 kermt nur vier Strophen, die mit den Strophen
I, IV, II und III von D 77 korrespondieren. In den letzten drei Strophen steht D 77
allein, ohne daß man von einer unorganischen Aufschwellung durch Wanderstrophen
reden müßte. Der eigentliche Gedankengang kommt in der kürzeren Form D 9 schärfer
heraus, indem sie mit der Schilderung der letzten Begegnung schließt; die längere
Fassung dagegen endet mit einem hoffnungsvollen Ausblick auf die Zukunft. Ob
der vieroder siebenstrophigen Fassung die zeitliche Priorität zukommt, ist kaum zu
entscheiden. Die längere entspricht mehr der etwa auch im heutigen Schlager noch
häufig anzutreffenden zeitlos-konventionellen Haltung des Liebenden, der trotz aller
Enttäuschungen die Hoffnung auf ein glückliches Ende nicht fahren lassen will. Die
kürzere steht sicherlich unter dem Einfluß der nd. Liederdichtung der Zeit, der
durchweg ein mehr realistisdies Gepräge anhaftet (vgl. dazu die in diesem Geist
geschaffenen Texte D 45, 56, 103).
Der Schreibervers bei D 77, ein Priamel, steht ähnlich im Nd. Reimbüchlein d.
16. Jhs. Bl. 28 (ed. W. Seelmann, S. 7):
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
200
Ick bin, de ick bin,
Wilde is min sin,
Groth is min modt,
Kleen is min gudt.
Su nder geldt bin ick de best,
So mo th he ode sin, de dith lest.
Eine Variante auch als NS zu Lied Nr. 68 der Hs. Mgf 752 (1568), vgl. A. Kopp in
ZfdPh 35 (1903) S. 523.
Worterklärungen
D 9: 4 nach = noch; fienth = Feind; 14 dune = eigtl. aufgeschwollen, auch betrunken,
s. Schiller-Lübben 1,596. Die Zeile soil vielleicht bedeuten: das hat ihn sehr verwirrt
gemacht.
D 77: 23 engster, eigtl. zu angster = Trinkgefäß (Schiller-Lübben 1, 665), hier
aber wohl in der Bedeutung von Elster.
24 sprw., s. Wander 1, 809, Nr. 2,4; Röhrich 1, 236.
Nr. 10, 63
Wieder überliefert die Hs. zwei sprachlich voneinander abweichende, aber typologisch
zueinandergehörige Fassungen eines Liebesliedes. D 10 stammt vom gleichen
unbekannten Schreiber wie die Nrr. 9, 11, 47, 56, 59 und 67; D 63 ist die undatierte
Niederschrift eines Schreibers mit einem nur mangelhaft zu dechiffrierenden Namen.
Die beiden Aufzeichnungen haben nur eine näher verwandte Textparallele
aufzuweisen, und zwar in der Berliner Hs. Mgf 752 (1568) Nr. 125, vgl. A. Kopp in
ZfdPh 35 (1903) S. 530; allerdings weicht dort die Strophenform insofern ab, als das
siebenzeilige Strophenschema zu einem zehnzeiligen erweitert wurde, indent in der
ersten und dritten Zeile des Abgesangs der Vers in zwei Hälften zerlegt und die
Versform damit einem bekannten und weitverbreiteten Strophengebilde angeglichen
wurde. Das Lied ist zweifellos auf hd. Boden entstanden, hat aber offensichtlich am
Niederrhein in dieser typisch dreistrophigen Kurzform besondere Verbreitung
gefunden.
Eine weitere zu erwähnende Liedparallele weist lediglich Übereinstimmungen zu
Str. I von D 10 und 63 auf. Es handelt sich um ein vierstrophiges Lied mit reicherer
und älterer Überlieferung, die sich entsprechend den beiden in D vertretenen
Textincipits wiederum in zwei Äste teilen läßt. Dem Eingang in D 10 entsprechen
die Fassungen der Hs. Val. Holl von 1525, Bl. 123 vo, der Flugschriften Berl. Yd
7850 und Ye 43, der Berl. Hs. Mgq 612 (1574) Nr. 12 und Nr. 61 und des Ldb. Ambr.
1582, Nr. 135, wobei nur die Anrede zwischen Feins lieb (Holl), Schöns lieb
(Flugschr., Mgq 612, Nr. 61, Ldb. Ambr.) und Hertzlieb (Mgq 612, Nr. 12) schwankt.
Der anderen durch den Eingang von D 63 gekennzeichneten Überlieferungsrichtung
gehört der Text im Ldb. Ambr. 1582, Nr. 154 an.
Die Vorstellung vom pfeildurchbohrten Herzen in Z. 14 unseres Liedes begegnet
in der ganzen Hs. häufig, u.a. auch als Zeichnung auf Bl. 37 ro; siehe auch s.v.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
201
dorchwont im Glossar und andere Liederhss. der Zeit, z.B. Pal. 343, Nr. 164, Str.
IV: mit Venus pfeil durchschoßen / das junge Herze mein.
Z. 16 Die Verwendung der derben Redensart macht deutlich, wie sich das
Vokabular des höfischen Minneliedes allmählich mit volkssprachlichen Vorstellungen
zu vermischen beginnt. Die gleiche Redensart begegnet auch in D 56, Z. 14. Ihre
Entstehung und Bedeutung (= jemanden betrügen, unzuverlässig sein) können aus
einem ndl. Sprichwort bei Verwijs - Verdam 3, 558 erschlossen werden: an der honde
hincken ende koopluyden sweren sal sich niemant keren (weil nämlich eins so falsch
wie das andere ist). In ‘Schöne künstlyke Werldspröke’, o.O.u.J. [16. Jh.], Bl. 5 ro
findet sich die Redensart in folgendem Kontext: Frouwen de des Nachts up der
Straten gahn / Und dat Vöfftinck [Rosenkranz] umme den Vinger schlan / Und de
veel dantzen und drincken / de lathen den Hundt gerne hincken. Zur weiteren
Verbreitung siehe Schiller-Lübben 2, 334, Wander 2, 882, Nr. 1448 und Röhrich 1,
448.
Worterklärung
NS zu D 10: folle gemackes = vollkommene Ruhe, Bequemlichkeit, s. Schiller-Lübben
2, 50 f.
Nr. 11
Bei diesem Lied handelt es sich um eine bisher noch nicht bezeugte Spiegelung des
Liedes Nr. 18 Wie du nu wilt bei Arnt von Aich (um 1510), s. Ausgabe von E.
Bernoulli - H.J. Moser, Kassel 1930, S. 40.
Wichtige L e s a r t e n gegenüber der Vorlage:
3 leib [gach; 4 fordrethen [befilen, gleicher Sinn, aber Verlust des Reimes!; 5
haesth [heist; 10 [Holdselig dein ist leib gstalt (?); 13 [machst elend gar vergehen;
14 sirlich [sicherlich; 15 gehangen [gfangen.
Worterklärung
21 schantz = Chance.
Zur Nachschrift liegen mir keine Konkordanzen vor. Zu weiteren Liedern von
dieser Hand s. die Nrr. 9-10, 47, 56, 59 und 67.
Bl. 18 vo Mercke en Melde
Die im Vergleich zu den übrigen Teilen der Hs. späte Eintragung dieses
Stammbuchspruches korrespondiert wie so vieles andere Spruchgut der Sammlung
mit einem nahezu identischen Spruch des ‘Nd. Reimbüchleins’ a.d. 16. Jh. (ed. W.
Seelmann, S. 72).
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Weitere Belege: H.v. Fallersleben, Findlinge Bd. 1, 1860, S. 456, Nr. 177
(Stammbuch a.d. 16. Jh.); Hildebrandt S. 418 (Stammbuch 1602); bei Hildebrandt
S. 484 aus einem Stammbuch von 1689 in folgender hd. Form:
Es wachsen zwen Kreutter Im Felde,
Die heisen Mercken und Melden.
Pflücke Mercken und laß Melden stehn,
so wirstu Daß gantze landt durchgehn.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
202
Nr. 12
Liebesklage, zu der bisher keine Textparallele auffindbar war. Schreiberin ist Elsbet,
die jüngere Schwester der Besitzerin des Liederstammbuches. Dem auch mit
zeichnerischem Talent (vgl. Abb. 6) ausgestatteten Adelsfräulein verdanken wir
außerdem noch die Nrr. 19, 21 und 46. Elsbet huldigt in ihren übrigen Eintragungen
wie auch hier der Mode des ‘höfischen’ Minneliedes und der Liebesklage. Inhaltlich
und vom verwendeten Wortschatz her stellt sich dieses Lied zu D 46 und mehreren
anderen Liedern unserer Hs.; auch andere Hss. der Zeit wie Pal. 343 (vgl. z.B. Nr.
91) wären als inhaltliche Parallelen heranzuziehen. Formal liegt eine im 16. Jh.
häufiger anzutreffende Strophenform mit einem Wechsel von Langzeilen und
binnengereimten Kurzzeilen und folgendem Reimschema vor: a b a b c/c d e/e d f/f
d. Das gleiche Schema (ohne die beiden letzten Kurz- und die abschließende
Langzeile) ist verwendet in Pal. 343, Nr. 132 und 157. Die nur noch unzureichende
Verwirklichung dieses Modells in unserer konkreten Aufzeichnung von 1550 rückt
das Entstehungsdatum des unbekannten Liedtypus um einige Jahre oder gar Jahrzehnte
in die 1. Hälfte des 16. Jhs. hinauf.
Worterklärungen
5 ungeffal = Unglück; 7 weifft, zu weifen = sich drehen, verdrehen; 13 süchten Leiden, Schmerzen.
Nr. 13
Zusammen mit den Texten D 53, 101 und 103 von einem unbekannten Mitglied der
Familie Bronckhorst und Battenburg mit den Initialien KVB eingetragen. Die einzige
bekannte Textparallele zu der vorliegenden Liebesklage steht in der ebenfalls vom
Niederrhein stammenden Berl. Hs. Mgf 752 (1568), Nr. 9, vgl. den Abdruck des
Textes bei A. Kopp in ZfdPh 35 (1903) S. 511. Die beiden Fassungen sind in der
Substanz gleich, zeigen aber in Einzelheiten manche Unterschiede, wobei die ältere
Fassung D 13 bereits stärkere Abnutzungserscheinungen aufweist als der Text von
1568. Ähnlich wie beim Vergleich zwischen D 9 und 77 fällt hier die Verfügbarkeit
der Liedaussage für die Geschlechter auf. D 13 ist an einen Mann, Mgf 752, Nr. 9
an eine Frau gerichtet, so daß sich hinter der Initiale K unter den drei Nachschriften
zu D 13 eine Frau verbergen dürfte. Entsprechend weicht das Textincipit in Mgf 752
ab:
Myn syn hab ich an ir gelechtt,
sie ist ganz woll gebildet...
Einige verderbte Stellen in D 13 lassen sich aufgrund der Konkordanz an das
‘Original’ annähern: Z. 3 ffermert [gewrachtt; Z. 21 sebel stein [siegelstein; Z. 27
dulden [verderben.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
NS 1: Hd. Parallelen zu dem Stammbuchvers s. bei Hildebrandt S. 223 und bei G.
Fr. Konrich, Aus nd. Stammbüchern, in: Niedersachsen 9 (1903/4) S. 196: Es müssen
mich leiden / So mich beneiden; / Auch lassen leben / So mihr nichts geben (1625).
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
203
NS 2: Der gleiche Vers auch als NS zu D 17. Parallele im Nd. Reimbüchlein (ed.
Seelmann, S. 66): In frou den der boelschap unvormeten / vorgu nt broet wert ock
wol gegeten.
Nr. 14
Ein Schreiber namens D. Hal trägt 1554 das dreistrophige Liebeslied und mehrere
Stammbuchverse in die Hs. ein. Bei dem Lied handelt es sich um ein aus
zeitgenössischer Überlieferung nicht ganz unbekanntes Stück mit folgender bisher
bezeugter Verbreitung:
1. Pal. 343, Nr. 80. - 2. Benckhäuser Ldhs. 1573-1588, Nr. 1 und 9, s.P. Alpers in
NdZ-Vk 1 (1923) S. 110. - 3. Flugschr. Berl. Yd 9570. - 4. Flugschr. Zwickau XXX,
V, 20, 33. - 5. Flugschr. U.B. Frankfurt/a. M., Auct. germ. L 521, St. 79. - 6.
Uhland-de Bouck Nr. 50; vgl. A. Kopp in JbdVfndSprf 26 (1900) S. 23 (jeweils 3
Str.). Eine Strophe in der Berl. Hs. Mgq 612 (1574), Nr. 12.
Unsere Hs. scheint zu dieser Textüberlieferung wenn nicht die älteste, so doch die
sprachlich am besten erhaltene Fassung beitragen zu können. D 14 ist eines der rein
hd. Stücke und korrespondiert im Wortlaut sehr genau mit Pal. 343 und den übrigen
Fassungen, die sich nicht sehr weit voneinander entfernt haben, da die Überlieferung
durch das Dazwischentreten von Flugschriftendrucken unverkennbar eine
Stabilisierung erfahren hat. Die Verläßlichkeit unseres Textes läßt sich an der
abschließenden Z. 36 zeigen, die mit dem Verbum verswyndenn = sterben das bessere
Reimwort gegenüber 1 (vor leidt möcht im geschwinden) aufzuweisen hat, während
die anderen Texte den Reim aufgeben und durch sterben ersetzen. Eine für viele
Texte von D charakteristische Umbiegung der Aussage auf die eigene Situation des
Schreibers hin ist in Z. 17 zu beobachten, wo im Unterschied zu den Konkordanzen
er für sie eintritt.
NS 1: Der Reim steht ganz ähnlich in den bei Ballhorn in Lübeck erschienenen
‘Künstliken Werldtspröken’ Bl. 25, Nr. 49 (vgl. Seelmann, Nd. Reimbüchlein S.
XX): Boelschap ys ein varende Have/Hu den leef, Morgen ave. Dreizeilig verwendet
ihn die Ldhs. Ottilia Fenchlerin als NS zu Lied Nr. 1, vgl. Alem. 1 (1873) S. 9;
Nachweise zur weiteren Verbreitung erbringt A. Kopp in Alem. 44 (1917) S. 69.
NS 2: Es handelt sich um Übersetzung und Zitat einer Stelle aus Ovids ‘Heroidas’
XVI, 7-8, vgl. Hans Walther, Carmina medii aevi posterioris latina II/4: Proverbia
sententiaeque latinitatis medii aevi. Lateinische Sprichwörter und Sehtenzen des
Mittelalters Teil 4, Göttingen 1966, S. 377, Nr. 68 a.
Worterklärungen
23 ym ist gar gach = es verlangt ihn sehr; NS 4 rachen = antreffen.
Nr. 15
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Dies ist die früheste Eintragung von Kattryn von Battenburg, einer Namensvetterin
und Base der Besitzerin des Stammbuches. Bis 1558 hat die Schreiberin weitere
sieben Seiten der Hs. mit ebenso vielen Liedern gefüllt (Nr. 49, 55, 64, 68,
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
204
69, 102, 106). Alle Niederschriften sind mit großer Sorgfalt vorgenommen, mit
ornamentalem Schmuck verziert, datiert und mit dem Namen bzw. dem Monogramm
CVB und einer Devise versehen. Die unter diesem Lied anzutreffende Devise kehrt
auch nach D 49 und D 68 wieder, nach D 99 abgekürzt als GFZB. Nach Löbe S. 106
war es u.a. gleichzeitig die Devise von Mechtildis, Gräfin zu Mansfeld (1570-1625).
Die Überlieferung der unter D 15 mitgeteilten Liebesklage ist auf einen kleinen
Kreis von Hss. aus der 2. H.d. 16. Jh. beschränkt; Drucke sind nicht bekannt
geworden. Die Darfelder Hs. bietet jetzt den frühesten Text. Weiter sind belegt: 1.
Pal. 343, Nr. 48. - 2. Mgf 752 (1568) Nr. 31, vgl. A. Kopp in ZfdPh 35 (1903) S.
515, Abdruck bei Ko pp, Pal. 343, S. 52. - 3. Mgq 753 (1575) Nr. 105, vgl. A. Kopp
in AfdStdnSprL 111 (1903) S. 272, Abdruck bei Kopp, Pal. 343, S. 52 (alle 3:8). Sämtliche vier überlieferten Texte des von Abschied, Liebesschmerz und Treue mehr
konventionell als originell singenden Liedes stimmen der Substanz nach weitgehend
überein. Die hd. Herkunft von D 15, auch wenn vereinzelte Formen nd. Lautung
angeglichen scheinen (3 dat und auch die zahlreichen Formen, in denen die
Diphthongierung rückgängig gemacht wurde) ist noch klar zu erkennen. Die
charakteristischen Lesarten von D 15 zu Pal. 343, der D am nächsten steht, seien
festgehalten: 10 truysten [trosterin; 12 [und schlegt mir alles zu ruckhe; 13 kruyt
[gast; 17 trousth [kindt; 21 [das ich will leben noch deinem beger; 23 gepryt [Mgf
752: geprist.
Nr. 16
Der zeitlich frühe und vom Äußerlichen her gesehen (s. Abb. 5) sehr originelle Beitrag
aus der Feder Katharinas von B. und B. vermittelt ein Lied mit einer im 16. Jh. recht
bemerkenswerten Überlieferungsgeschichte, die wir in aller Kürze nachzeichnen
wollen. Den ältesten Nachweis für die Existenz des Liedes erhalten wir aus Westfalen:
In der Ebstorfer Ldhs. von 1490-1520 (vgl. E. Schröder, Sdr. aus JbdVfndSprf 15,
1890, S. 4) findet sich als Anhang ein loses Doppelblatt mit einem nd. Text, der eine
stark zerrüttete Fassung des Liedes Nr. 94 im Nd. Ldb. (Uhland - de Bouck) darstellt:
Falsker thungen rotter munt, wo hastu mede bedrogen. In der 4. Str. taucht der
Eingang unseres Liedes vom braunen Mägdelein auf: meck ys eyn fyn bruns medelyn
gefallen/de belevet meck vor allen. Haben wir es hier noch mit einer unorganischen,
assoziativen Einfügung zu tun (Schröder a.a. O.S. 29), so vermag ein zweiter Text
bereits mehr auszusagen; er stammt aus einer westfälischen Hs. des frühen 16. Jhs.
(UB Münster, Ms. 331) und umfaßt drei Strophen, abgedruckt in Pfeiffers ‘Germania’
18 (1873) S. 295:
myr ist eyn fynes mechtelyn
gevallen in mynen syn
war ich im lande ware (l. vare)
myn herte steit zo em hen
ich denke der lange wyl an
desz ist eyn fynes mechtelyn
myn hertz em gudesz gan.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
205
Die beiden nächsten Strophen haben mit D 16 nichts mehr gemein. Ein weiteres
Zeugnis für die Wandlungsfähigkeit dieses Liedmodells und für die Verwurzelung
in nd. Überlieferungssphäre liefert uns die Berl. Flugschr. Ye 476 (o.O.u. J.):
mir is ein fin bruns medelin
gefallen in minen sin
wolt gott und möchte ick bi er sin
min trorent för darhen
noch gefelt se mir im hertzen wol
vor andern frouwlin fin
er mündlin is recht so ein röslin rot
se frouwet dat junge herze min.
Dieses im mündlichen Umlauf befindliche variantenreiche Lied gerät um die Mitte
des 16 Jhs. unter den Einfluß der Tenor-Komponisten (Rhaw, Forster u.a.), der Text
erhält jetzt ein wohlabgewogenes Versmaß, eine Glättung der metrischen Form, reine
Reime und wird durch die Einführung stilistischer Elemente aus dem Bereich der
Gesellschaftsdichtung von Grund auf verändert, so daß das Lied von da an - von
einer volkstümlichen Schicht in eine anspruchsvollere Gattung hinübergewechselt
und quasi zum Gegenstand früher ‘Liedpflege’ geworden - nur noch in genormter
Gestalt überliefert wird. Auch D 16 macht davon keine Ausnahme. Das Nebeneinander
von formelhaften Elementen der Volksdichtung und ‘höfischen’ Floskeln ist aber
noch erkennbar und kann an einigen Beispielen nachgewiesen werden.
Z. 13 Gerippformel, vgl. Uhland - de Bouck Nr. 25, Str. I moth denn myn tru w
/ so gantz vorlahren syn.
Z. 16. vgl. Daur S. 63.
Z. 23 vgl. Ldb. Ambr. Nr. 13, Str. IV, Z. 23: beschert Gott glück es geht nimmer
zu rück (vgl. Wander 1, 1731). Höfische Formeln sind dagegen Z. 3 dynner, Z. 17
dynnen, Z. 18 myt vogen = mit Fug; Z. 19 nyder.
Variantenverzeichnisse zu dem nach 1550 häufig belegten Lied s. bei Kopp, Pal.
343, Nr. 168; Kopp in JbdVfndSprf 26 (1900) S. 15 zu Nd. Ldb Nr. 22; Kopp in
AfdStdnSprL 111 (1903) S. 27 zu Mgf 753, Nr. 43 und bei Forster-Marriage S. 253.
NS: Nach dem Lied sollte offenbar das Motto WGW (= Wie Gott will) eingetragen
werden, originellerweise ist das G jedoch durch eine Zeichnung ersetzt, die das zu
erwartende G (gouch = Narr) vertritt; zum Motto s. D 48, Löbe S. 77, 155 und Dielitz
S. 376. Der ndl. Schreibvers ist nach der Kettentechnik der Rederijker-Poesie gebaut;
Parallelen dazu waren bisher nicht aufzufinden.
Z. 6: Zu dem Ausdruck de mutse weven = verliebt machen (?) vgl. Taal- en
Letterbode 5 (1874) S. 289-290, 295-296.
Nr. 17
Das Tagelied mit dem schönen Natureingang ist wie Nr. 18 und 41 von unbekannter
Hand ohne Datierung zu der Hs. beigesteuert worden. Es gehört zu den Stücken ndl.
Herkunft, und dementsprechend hat dieses Lied im ndl. Sprachgebiet eine reiche
Ü b e r l i e f e r u n g aufzuweisen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
206
1. Zütphener Hs. 1537, Nr. 10; vgl. E. Marriage Minkoff, in: Tijdschr. 38 (1919) S.
90. Abdruck: Weim. Jb. 1 (1854) S. 112-114; Hoffmann, Ndl. geistl. Ldr. Nr. 63; v.
Duyse Nr. 73; Böhme, Altd. Ldb. Nr. 114; Erk-Böhme Nr. 393b. - 2. Antwerpener
Ldb. 1544, Nr. 74, Str. II-III (= D 17, Str. I-II). - 3. Hanauer Hs., abgedr. im Anzeiger
f.d. Kunde d. deutschen Vorzeit N.F. 17 (1870) Sp. 242, Kalff S. 287-289. - 4.
Darmstädter Hs. des Arnold Kraft von Crüdener 1584, Bl. 133-134, s.A. Kopp in
ZfdPh 37 (1905) S. 514. - 5. Amsterdamer Ldb. 1589, Bl. 63, abgedruckt in Tijdschr.
10 (1891) S. 179 und bei Adolf Thoma, Uhlands Volksliedsammlung, Stuttgart 1929,
S. 105-106. - 6. Brüsseler Hs. Ms. II, 144, Ende 16. Jh., Bl. 115 vo; im Auszug
mitgeteilt von R. Priebsch in ZfdPh 39 (1907) S. 173. - 7. Einblattdruck
Universitätsbibliothek Gent: Een Nieu Mey-Lied[ken] || Op de Wijse || Alsoo't
begint...; vgl. Kalff S. 289 f. - 8. Zwei Strophen (I und V) liegen in hd. Übersetzung
vor als III. und IV. Str. eines 12stroph. Liedes ‘Entlaubet ist uns der walde’ in einer
Liedflugschrift der Staatsbibliothek Berlin, Yd 9672 (Nürnberg: Fr. Gutknecht).
Der Anfang dieses Liedes steht seinem Wortschatz nach ganz in der Tradition der
Naturschilderung. Laub, Bäume, Nachtigall und Waldvögelein, Heide und Tal sind
seit den Tagen des Minnesangs fester Bestandteil der dt. Lieddichtung geblieben.
Die ndl. Lyrik übernahm unter dt. Einfluß neben Wesen und Begriff des Minnesangs
auch die poetischen Darstellungsmittel dieser Gattung, wenn sie auch nicht so überaus
häufig Verwendung fanden wie im hd. Lied. Als Gegenstück zu dem Natureingang
des Liedes (vgl. zum Terminus Barbara von Wulffen, Der Natureingang im Minnesang
und frühem Volkslied, München 1963) wäre etwa auf. Str. III von Nr. 25 des Antw.
Ldb. von 1544 zu verweisen: Daer na coemt ons die lieven tijt / so spruyten ons die
bloemkens / si springen wt so menigerley / coel is den mey / ic hoore den nachtegael
singen / van minnen.
Die Einführung der Gestalt des Wächters in V. 27/28 ist in dieser Form im Tagelied
formelhaft geworden, vgl. auch D Nr. 27, Z. 15/16.
Z. 31/32 lies: ic sie den dach op dringen / al door die wolcken claer; vgl. Antw.
Ldb. Nr. 132, V., 1-2: ic sie den lichten dach / al door die wolcken dringen.
Str. VI ist stark zerrüttet. Einen besseren Text überliefert die Zütph. Hs.:
Adde min aller liefste,
adde schon blomken fin,
adde schon rosse blome,
dar moett gescheiden sien;
hentt datt ich weder kome,
die liefste soltt ghy sien,
datt hartt inn mienen lieve,
datt hertt jo altytt dienn.
Zu den Nachschriften:
Z. 1/2 ähnlich auch als NS zu Nr. 13
Z. 3/4 bisher nicht nachweisbar
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
207
Z. 5/6 als Stammbuchspruch häufiger bezeugt, vgl. Paul Alpers in NdZfVk 1 (1923)
S. 112 (NS zu Lied Nr. 30 der Benckhäuser Ldhs. von 1573); A. Kopp, in ZfdPh 37
(1905) S. 511 (Beischrift zu Bl. 26 ro der Darmstädter Hs. Nr. 1213 von 1587); H.v.
Fallersleben, Findlinge Bd. 1, Leipzig 1860, S. 435, Nr. 13 (aus einem Stammbuch
der Weimarer Bibl.). - Vgl. auch die NS zu Nr. 53.
Worterklärungen
3 lovver = Laub; 6 genoechelych = angenehm; 9 haven = holen; 22 er wehrdychheyt
= Ehrerbietung.
Nr. 18
Von gleicher Hand wie Nr. 17 und 41 ohne Name und Datierung eingetragen. Es
handelt sich um zu zwei Strophen zusammengestellte ursprünglich in dieser Form
nicht zusammengehörige Bestandteile einer Liebesklage mit folgender Überlieferung:
1. Zütphener Ldhs. 1537, Nr. 12. - 2. Antw. Ldb. 1544, Nr. 114; vgl. die Neuausgabe
1972, Nr. 56 (Kommentar) = van Duyse 1, Nr. 151. - 3. Ldhs. Mgf 752 (1568) Nr.
47; s.A. Kopp in ZfdPh 35 (1903) S. 517; vgl. Nr. 52, ebda. S. 518 f. - 4. Ldhs.
Manderscheid (ca. 1575-1600) Nr. 45, s.J. Bolte in JbfVlf 3 (1932) S. 150. - 5.
Brüsseler Ldhs. MS II, 144 (Ende 16. Jh.), Bl. 119 ro, s.R. Priebsch in ZfdPh 39
(1907) S. 175. - 6. Aemst. Ldb. 1589, Nr. 119.
Unserer Aufzeichnung in D am nächsten steht 2. Der Vergleich mit dem Wortlaut
des Antw. Ldb. zeigt, daß einzelne Zeilen der Vorlage in willkürlicher Anordnung
zu zwei neuen Strophengebilden vereint wurden, die doch noch einiges von der
Aussage des zugrundeliegenden Originals zum Ausdruck bringen. Das zeigt die
Verfügbarund Austauschbarkeit der ‘Versatzstücke’ des frühneuzeitlichen
Minneliedes.
D
I, 1
2
Mijn sinnekens zijn mi
doortoghen
I, 1
2
2
Van een schoon joncfrou
fijn
3
3
si doet mi pijne dooghen
II, 11
II, 14
si staet in mijn behagen
12
24
di mi dick suchten doet
13
12
want boven alle wijven
14
13
spant si int herte der
minnen croon
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
18
V, 44
ende wilt mi niet
verjaghen.
Die im Antw. Ldb. und auch in den übrigen Quellen anzutreffende Wiederholung
der 6. Zeile jeder Strophe ist vor allem in Strophe I von D 18 äußerst ungeschickt
nachgeahmt worden.
Worterklärungen
1 tortagen = durchzogen, beeinflußt; 3 dollen (od. dogen) = Leiden, s.
Verwijs-Verdam 2,275; 5 geberen, zu mndl. gewaren = gewähren; 10 even = so; 11
behagen = Wohlbehagen; 12 die mir großes Leid zufügt; 17 Sinn fraglich.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
208
Nr. 19
Der zweite Eintrag Elsabets von Bronckhorst und Battenburg (s. auch die Nrr. 12,
21 und 46) zeigt wiederum das Talent der Schreiberin, ihre Texte in einer
kalligraphisch recht ansprechenden Form niederzulegen (vgl. Abb. 6). Auf sorgfältige
sprachliche Überlieferung wird dabei offenbar weniger Wert gelegt, so daß dieser
Text, abgesehen von der üblichen Mischung von hd. und nd. Bestandteilen, in einer
stellenweise stark verdunkelten Form vorliegt. Es handelt sich um eine sonst nicht
bezeugte Liebesklage, so daß auch nicht die Möglichkeit zu Gebote steht, durch die
Heranziehung von Parallelen den Sinn zu erhellen.
Worterklärungen
2 war = wo; 5 vergeidt, zu vergehen = zugrundegehen, vergehen; 7 ruwe, l. nuwe;
10 der Sinn ist: ihre Treue wendet sich von ihm ab; 17 streick = Strick; 21 seindt =
Sinne? 26 gedeich = Gedicht.
Nr. 20
Das von dem westfälischen Adligen D. von Aldenbokum in hd. Lautform eingetragene
fünfstrophige Lied vom ungeschickten Liebhaber weist im 16. Jh. eine reiche
Überlieferung auf, die wir nachfolgend in chronologischer Reihung zusammenstellen,
weil dies bisher vollständig noch nicht erfolgt ist: 1. Fl. Bl. Berl. Yd 7801.32 (nach
1500); Brednich, Liedpublizistik 2, Nr. 450. - 2. Flugschr. Berl. Yd 7821.34
(Nürnberg: K. Hergotin, um 1530), danach E.-B. Nr. 431. - 3. Flugschr. Berl. Yd
9552 (Nürnberg, 1. H. 16. Jh.). - 4. Antw. Ldb. 1544, Nr. 103, Str. I. - 5. Ldhs. der
Katharina von Hatzfeld (vor 1560?), Nr. 22a, Abdruck bei J. Bolte, ZfdPh 22 (1890)
S. 421 f. - 6. Langebeks Kvarthandskrift (Ldb. von Karen Gyldenstierne, 1567-1580),
Nr. 122, Abdruck bei E. Kroman in Acta Scandinavica 6 (1931/32) S. 262, Abb. 17.
- 7. Mgq 612 (1574), Nr. 42. - 8. Mgf 753 (1575), Nr. 77, vgl. A. Kopp, AfdStnSprL
111 (1903) S. 264. - 9. Hs. d. Grafen Manderscheid (um 1580), Nr. 53. - 10. Nd.
Ldb. (Uhland - de Bouck) Nr. 58, vgl. die Nachweise von A. Kopp in JbdVfndSprf
26 (1900) S. 25. - Gleichen Eingang weist ein metrisch und inhaltlich fremdes Lied
Ich het mich vnderwunden / gegen einer die ist hoch gemelt (Bergreihen 1, 1531, Nr.
14) auf.
Wie die Tonangaben zu 1 In der weiß ayn knab het ym für geonmen (!) er wolt
spatzieren gan und zu 3 In dem thon / Ich het mir furgenumen erweisen, wurde das
Lied auf die Weise von D 103 gesungen. Diese Melodiengemeinschaft hat zur Folge
gehabt, daß die beiden Lieder vom Hrsg. des Antw. Ldb. (4) kontaminiert wurden,
so daß zum Vergleich mit D 20 nur die 1. Str. in Frage kommt. Die Str. 2-3 von 4
stellen nur eine Übersetzung der entsprechenden Strophen in D 103 aus dem Hd.
dar. Für D 20 ergibt sich in diesem Falle keine Abhängigkeit vom Antw. Ldb., auch
nicht von den Einzeldrucken 1-3, sondern wiederum schält sich aus der Überlieferung
eine eigenständige Gruppe von Fassungen niederrheinisch-westfälischer Provenienz
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
heraus, zu der wir auch noch die aus Deutschland oder Dänemark stammende, auf
Herzog Johann d.J. von Holstein zurückgehende Fassung in 6 rechnen dürfen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
209
Der überlieferte Text in D ist - auch im Hinblick auf manche charakteristische
Abweichung von der übrigen Tradition, auf die wir nicht näher eingehen können stark formelhaft geprägt (z.B. Z. 3, 5/6, 22, 32). Manche der hier auftretenden Formeln
wiederholen sich auch in anderen Liedern unserer Hs., z.B. Z. 24 = D 75, Z. 44, D
88, Z. 19; Z. 29/30 = D 72, Z. 16/17.
Auffällig ist die Übereinstimmung mancher Teile unseres Liedes mit dem sog.
Rosengartenlied Junckfrewlein, sol ich mit euch gan / in ewern rosen garten
(Bergreihen 1, 1531, Nr. 54), das seit 1524 bezeugt ist: Z. 11 = Bergreihen 54, Str.
VI, 5; Z. 13-16 = Bergreihen 54, Str. III, 5-8; Z. 25/26 = Bergreihen 54, Str. IX, 7/8:
mit irem roten munde / sie mir den segen gab.
Worterklärungen
31 ubergeben = verlassen; 34 trauriger widermott = Mißmut; 35 = Unglück ist über
mich gekommen; 37 verbeden = erwarten.
Nr. 21
Es ist der dritte Liedbeitrag von Elsbet v.B. u.B. (s. Nrr. 12, 19, 46), und wie immer
bei ihren Aufzeichnungen gestaltet die Schreiberin die Seite durch Beigabe
zeichnerischen Zierats (allein 84 Liebesknoten!) zu einem kleinen Kunstwerk.
Weniger Sorgfalt ist allerdings auf die Wiedergabe des dreistrophigen Liedes gelegt,
das nicht nach einer schriftlichen Vorlage, sondern offenbar nach dem Gedächtnis
oder nach Diktat recht unbekümmert niedergeschrieben wurde. Das erlaubt wie an
vielen anderen Stellen der Hs. die Schlußfolgerung, daß es bei der Handhabung und
Weitergabe dieser Texte weniger auf exakte, wortwörtliche Genauigkeit ankam,
sondern auf die Übermittlung des in Wortschatz und Formelgut zum Ausdruck
kommenden emotionellen Gehalts. Das vorliegende Lied entspricht einem im 16.
Jh. in Drucken und Hss. häufig anzutreffenden, verbreiteten Liedtypus, einer
Liebeserklärung, deren Überlieferung von Flugschriften um 1530 über die bekannten
Hss. von 1568, 1574 und 1575 bis zum Ldb. Ambr. und der Slg. von P. v.d. Aelst
1602 reicht. Variantennachweise bei Kopp, Pal. 343, Nr. 81, in ZfdPh 35 (1903) S.
510 und in AfdStdnSprL 111 (1903) S. 24 f. Zum Vergleich ist vor allem Pal. 343,
Nr. 81 heranzuziehen, da hier wie in D 21 die in den sonstigen Quellen meist 8 Strr.
umfassende Überlieferung auf 3 Strr. reduziert wurde, die miteinander
korrespondieren. Die Nennung der charakteristischsten Abweichungen gegenüber
dieser etwa gleichzeitigen Hs. vermag auch zur Klärung des in D oft verdunkelten
Sinnzusammenhanges beizutragen.
2 mych [gib ich mich; 18 [recht lieb und trey zu nheren; 21 [darfs du dich nicht
besorgen; 24 [wolt seyn bey dir verborgen; 28 gar [beger; 36 verschlagen [viere
schlagen. Die Herkunft dieses Gesellschaftsliedes ist sicherlich obd., jedoch zeigen
sich schon mehrere Spuren der sprachlichen Aneignung im Nd.: 7 plicht; 12 baven
[ob; 21 bedruff; 25 Leiff; 33 bouck stab usw.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
210
Nr. 22
Mit diesem Lied beginnt Katharina von Bronckhorst und Battenburg den von ihr
bestrittenen Hauptteil des Liederstammbuches, der von Bl. 29 ro - 37 ro reicht und
die Lieder Nr. 22-40 umfaßt, also 19 Stücke. Das letzte Lied ist 1546 datiert, die
voranstehenden sind also eher noch etwas früher anzusetzen. Die einzelnen Texte
sind fortlaufend hintereinander geschrieben, lediglich durch regelmäßige Zwischentitel
Eyn Ander aufgelockert. So wertvoll dieser Teil im einzelnen sein mag, so entbehrt
er doch etwas des Persönlichen und Originellen. Wir vermissen die Schreiberverse,
Devisen und das sonstige Beiwerk, das die Darfelder Liederhs. in besonderem Maße
auszeichnet und aus dem Kreise der übrigen Hss. der Zeit hervorhebt. In diesem Teil
erinnert die Hs. am ehesten an die anderen nd. Berliner Hss. von 1568 und 1574, in
denen professionelle Schreiber in ermüdender Einförmigkeit Lied für Lied
aneinandergereiht haben. Ist man in solchen Fällen zunächst versucht, an das Wirken
eines berufsmäßigen Kopisten zu denken, so ergibt der Schriftvergleich zwischen
dem Titelblatt und diesem Hauptteil der Hs., daß es sich um die gleiche Hand der
Besitzerin des Stammbuches handelt (vgl. Abb. 1, 5 und 7). Auch der parallele
Gebrauch zweier französischer Devisen auf Bl. 1 ro (Je vis an esperance) und auf
Bl. 37 ro (perdonne Jeunnesse) hätte auf diese Übereinstimmung hinlenken müssen,
die aber auch Hübner I, S. 43, noch nicht erkannt hatte.
Das Repertoire der Schreiberin, und als ein solches werden wir die Versammlung
von 19 Texten bezeichnen dürfen, wird gewissermaßen programmatisch eröffnet
durch eines der berühmtesten Gesellschaftslieder des 16. Jhs.: Zart schoin Jonckfrouw.
Es gehört in die geistige Nähe zweier anderer Lieder, die in mehreren Liederhss. und
-büchern in enger Nachbarschaft zu ihm auftreten: Ungnad beger ich nicht von ihr
(D 25) und Nach willen din (D 21). Diese drei Lieder finden sich häufig in
Flugschriftendrucken vereint und haben deswegen auch ihren Weg an die Spitze des
Ldb. Ambr. gefunden. Die Abhängigkeit mancher Hss. von den Einzeldrucken macht
sich auch in der Rubrizierung dieser Lieder bemerkbar: vgl. Zütphener Ldhs. 1537,
Nr. 25 und 26, Pal. 343 Nr. 63 und 65, Berl. Ldb. von 1582, Nr. 53, 54 und 55.
Die Überlieferung dieses ‘Hofeliedes’ reicht vom Ldb. Peter Schöffer (1513) bis
Chr. Demantius (1608). Ausführliche Variantenlisten verdanken wir, wie so oft, A.
Kopp, s. JbdVfndSprf 26 (1900) S. 29 und ZfdPh 35 (1903) S. 512, die nur
unwesentlich zu erweitern sind, z.B. um zwei frühe Flugblattdrucke, s. Brednich,
Liedpublizistik 2, Nr. 438 und 514. Zusammen mit der Zütphener Ldhs. von 1537,
Nr. 26, und Pal. 343, Nr. 63 und 203, bietet D einen frühen Beleg für die Aneignung
und Weitergabe des Liedes in adliger Lebenssphäre. Dabei nimmt der Text in D im
Vergleich zur gesamten anderen Überlieferung eine Sonderstellung ein, da die Zeilen
17-26 nach vorne gestellt wurden, während sie in allen anderen Varianten in Str. III
als Z. 1-10 figurieren, entsprechend Z. 33-42 als Str. II. Z. 1-10. Auch sonst steht D
für sich. Einige wenige Lesarten aus der Parallelüberlieferung sollen zum Verständnis
des stellenweise schwierigen und mißverstandenen, weil gedächtnismäßig tradierten
und an kein bestimmtes Vorbild fixierten Textes in D beitragen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
211
Z. 7-10: Den ‘richtigen’ Text bieten Schöffer und die von ihm abhängigen Nürnberger
Flugschriften: kein ruw hab ich / so lang bis sich / dein eiglein fein / mit lichtem
schein / gen mir früntlichen wenken. Die Lesart in D (ich... sien) steht vereinzelt, ist
aber sprachlich durchaus sinnvoll; 12 eynichtlich [hertiglich Schöffer; 13 [mit lieb
gentzlich besessen: Flugschr. Ye 8; 17 dairumb [herzlieb alle übrigen Var.; 25 [in
solcher prob alle übr. Var.; 28 [begert mein herz alle übr. Var.; 37 [täglich mit dir
zu schertzen alle übr. Var.; 38-39 alle übr. Var. umgestellt; 45 mich hart und fast
gefangen alle übr. Var.; 46-47 [al weil und stund / aus herzengrund alle übr. Var.
Nr. 23
Katharinas zweiter Liedtext ist ein wenige Jahre zuvor entstandenes Erzeugnis der
Generation von Dichterkomponisten, die mit ihren dem Volkslied nahestehenden
Schöpfungen das Liedleben um die Mitte des 16. Jh. so entscheidend prägten. Mit
dem Text von D verfügen wir jetzt über die früheste Niederschrift des Liedes; sie
zeigt wie D 22 die Einflüsse der gedächtnismäßigen Weitergabe und macht auch die
partielle Adaption des ursprünglich hd. Textes an die zur Zeit der Abfassung am
Niederrhein herrschende Sprachmischung deutlich. Das erstmals bei Forster III (1552)
Nr. 31 gedruckte Lied steht auch in der 1550-55 anzusetzenden Hs. Pal. 343, Nr.
138; Kopp gibt dort auch bibliographische Hinweise zur Verbreitung; vgl. auch
AfdStdnSprL 111 (1903) S. 20 zu Nr. 23.
L e s a r t e n gegenüber Forster: Von den vier Strophen der Vorlage sind in D nur
drei z.T. stark abweichend überliefert; nur Z. 16-18 stammen aus dieser sonst nicht
übernommenen Forster-Strophe. 1 Bruyns [fehlt Forster; 8 freuden [trawren; 12
[bewar sein leyb vor unfal duck (Verlust des Reims!); 21 [in meiner farb ist er
gekleyd; 22 des ginck hy [wo thut er nur; 25 [noch frew ich mich seinr widerfart.
Nr. 24
Daß es sich hier um eine Niederschrift von Katharina von B.u.B. handelt, läßt sich
schon äußerlich an ihrer Neigung erkennen, in die Initialbuchstaben Gesichter
einzuzeichnen; so im Titelblatt (s. Abb. 1) und in Str. IV dieses Liedes. (Auch der
Initialbuchstabe von D 30 ist in Gestalt einer Fratze gezeichnet). Zur Abwechslung
figuriert hier wieder einmal ein Text in rein ndl. Sprachgestalt, was die
Aussichtslosigkeit unterstreicht, vom zufälligen und von den diversen Vorlagen
abhängigen Sprachstand eines Repertoires auf die gesprochene Sprache des betr.
Schreibers schließen zu wollen; vgl. dazu auch A. Kopp in Euphorion 8 (1902) S.
503 f. Es handelt sich hier um ein Lied mit bisher nur schmaler ndl. Überlieferung:
1. Antw. Ldb. 1544, Nr. 205 = v. Duyse 1, Nr. 107. - 2. Hs. BPL 1289,
Rijksuniversiteit Leiden, hs. Nachtrag von Jenneken Verelst zu einer Ausgabe der
Souterliedekens, Antwerpen 1540, Nr. 16; vgl. den Hinweis von P.A. Tiele, Oude
Nederlandsche Liederen, in: Dietsche Warande Deel 8, S. 574, Nr. 16 (schließt sich
eng an 1 an). - 3. Amsterdam. Ldb. 1589, Bl. 140 ro.
Die wichtigsten L e s a r t e n zu 1: 4 [die my oock bystand biet; 16 oirsaick [cause;
40 mich fehlt; 42 Maeglin kuen [maechdelijk saet. Daraus geht hervor, daß
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
212
sich die Fassungen sehr nahe stehen, was wiederum im Gegensatz zu den
voranstehenden Texten auf schriftliche Vermittlung aus dem Antw. Ldb. schließen
läßt (zu weiteren Konkordanzen von D und Antw. Ldb. s. die Einleitung).
Der Anfang des vorliegenden Liedtypus ist wahrscheinlich einem älteren und
weiter verbreiteten Lied nachgebildet: Rijc god wie sal ick claghen / dat heymelijc
lijden mijn; eine ndl. Übersetzung des ursprünglich hd. Stückes (vgl. Ott 1534, Nr.
3) findet sich ebenfalls im Antw. Ldb. unter Nr. 142. Wie stark der Einfluß gewesen
ist, der von diesem Liedeingang ausging, läßt sich noch an einem anderen Beispiel
der Rederijker-Poesie feststellen, nämlich an Antw. Ldb. Nr. 139. Ein weiteres
jüngeres Lied in Hd. teilt ebenfalls mit unserem Lied den Eingang: Reich gott, wem
soll ichs klagen / Und klagen meine not: Mgf 752 (1568) Nr. 7, Mgq 612 (1574) Nr.
43.
Worterklärungen
3 ten dagen sijn = am Tage, vorhanden sein; 4 mynre, unorganisch erweiterte Form
des pron. Dativs mijn, Nebenform zu mi = mir; 10 graen (lat. granum), zum
metaphorischen Gebrauch vgl. Verwijs-Verdam 2, 2093 f.; 13 liecken = leichenblaß
werden; in der hier zu erwartenden Bedeutung nicht belegt, s. Verwijs-Verdam 4,
646; 15 versteken = verstoßen; 9-16 vgl. Antw. Ldb. Nr. 117, Str. IV; 17 Niet, I.
mijn?; der Fehler in diesem Vers durchzieht fast die gesamte bisher bekannte
Überlieferung, die sich auch von daher als eng miteinander verwandt erweist; lediglich
2 liest hier: Maer trouwe lief wilt hooren; 22 na u = im Verhältnis zu Euch (zu dem
Eurigen, Antw. Ldb.); 24 ballinck = Verbannter, Rechtloser, Bösewicht, s.
Verwijs-Verdam 1, 539 f.; 45 = bin ich eurer Ehre zu nahe getreten?; 49 = es hätte
mich nicht getroffen; zu gespeten s. Verwijs-Verdam 7, 1713; 51 verweten, zu mndl.
verwaten = verbannen, verurteilen, ächten, s. Verwijs-Verdam 9, 297 ff.; 53 mincken
= wörtlich verstümmeln, dann übertragen an der Ehre kränken, beschädigen,
benachteiligen; die hier geforderte Bedeutung ‘entbehren müssen’ ist in den
Wörterbüchern nicht gehucht; 61 verheven = erhaben, s. Verwijs-Verdam 8, 1832.
Nr. 25
Ungnad beger ich nicht von ihr gehört gewissermaßen zu den ‘Unverzichtbarkeiten’
einer Sammlung von Gesellschaftsliedern des 16. Jhs., und so ist es geradezu
selbstverständlich, daß die Darfelder Ldhs. diesen Text aufweist, bezeichnenderweise
in der unmittelbaren Nähe von zwei anderen, stets in enger Nachbarschaft miteinander
auftretenden Liedern (s. D 21 und 22). Konkordanzen aufzählen zu wollen würde
bedeuten, einen Tour d'horizon durch sämtliche frühneuzeitlichen Liedquellen seit
der Zütphener Ldhs. von 1537 anzutreten. Variantenzusammenstellung s. bei A.
Kopp in JbdVfndSprf 26 (1900) S. 8, ZfdPh 35 (1903) und AfdStdnSprL 111 (1903)
S. 12. Eine frühe Kontrafaktur von 1527 s. bei Brednich, Liedpublizistik 2, Nr. 118.
Der Vergleich von D 25 mit der Gesamtüberlieferung (repräsentiert durch Pal. 334,
Nr. 65 und Ldb. Ambr. 1582, Nr. 1) ergibt einen bei sprachlicher Selbständigkeit
hohen Grad von Abhängigkeit in der inhaltlichen Substanz.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Die A b w e i c h u n g e n erscheinen als das Ergebnis mündlicher Vermittlung
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
213
und sollen deswegen hier besonders festgehalten werden, zumal sie die Bestätigung
für eine frühe produktive Aneignung des schwierigen und für unsere heutigen Begriffe
auf schriftliche Überlieferungssphäre fixierten Liedtypus darstellen. Der Adaptation
in Adelskreisen kommt allerdings der Inhalt des Beginns von Str. III stark entgegen:
3 nach wirdt fehlt sinngemäß nit Pal. 343 bzw. nimmer Ldb. Ambr.; 8 identisch mit
Pal. 343, während Ldb. Ambr. hier vereinfacht: sag ich dir danck; 13 [erzeigett hatt
Pal. 343; 16 waill [billich Pal. 343 u. Ldb. Ambr.; 40 [kher nit zum hauß Pal. 343;
darff nimmer ins hauß Ldb. Ambr.
Nr. 26
Das hier vorliegende Lied ist nur noch ein zweites Mal überliefert, und zwar im fast
drei Jahrzehnte später erschienenen dritten Teil der ‘Bergreihen’ (Nürnberg: Valentin
Fuhrmann, 1574, Nr. 11), s. Heilfurth, Bergreihen S. 138-140 (Text; der
Kommentarteil spart das Lied aus). Diese Überlieferungssituation, verbunden mit
den zahlreichen Unterschieden der beiden Fassungen, würden eine längere
Untersuchung fast als wünschenswert erscheinen lassen, zumal die Aussage des
Textes stark vom Durchschnitt der meisten anderen Lieder in D abweicht. Aus
Raumgründen und im Hinblick auf einen ausgewogenen Umfang der Kommentare
beschränken wir uns auf wenige Hinweise.
D 26 überliefert uns ein Soldaten- bzw. Landsknechtslied, das im Schema der sog.
Schweifreimstrophe abgefaßt ist und damit rein äußerlich mit einer Reihe ähnlicher
Texte des 16. Jhs. korrespondiert, die ähnliche Themen zum Gegenstand haben
(Schlacht von Pavia, fränk. Bauernkrieg, Klagelied über Kriegsnot usw., s. die
Zusammenstellung bei Böhme, Altd. Ldb. Nr. 389 und 407). Gesungen wurde dieses
Lied wahrscheinlich auf die Weise des protestantischen Liedes Ich hab mein sach
zu Gott gestellt (D 85), wozu Böhme, Altd. Ldb. Nr. 639 einen Tonsatz überliefert.
Den Eingang teilt unser Lied auch mit einem Liebeslied in Pal. 343, Nr. 95 Ich hab
mein herz zue friden gestelt / hab mir ein feins meidlein auserwelt. Diese
Verbindungen und dazu der stark formelhaft geprägte Text von D 26 machen es
wahrscheinlich, daß unser Lied in einen weit größeren Traditionszusammenhang
hineingehört, als ihn die schmale und zufällige Textüberlieferung zu offenbaren
vermag. Lieder dieser Art lebten offensichtlich lange Zeit ohne schriftliche Fixierung,
um nur hie und da in Sammelhss. aufzutauchen und dann für Jahrzehnte oder gar
Jhh. wieder im Dunkel zu verschwinden. Für die Zufälligkeit der Überlieferung
spricht es, daß der Bergreihentext von 1574 zwei Plusstrophen gegenüber D
aufzuweisen hat, für ihre Zähigkeit ist die Tatsache kennzeichnend, daß wir noch
zwei Jhh. später in einem Husarenlied aus dem Siebenjährigen Krieg deutliche
Anklänge an unser Modell vernehmen (Z. 25-29), wenn es dort heißt:
Wir haben ein Glöcklein das lautet so hell
und das ist überzogen mit gelbem Fell,
und wenn man das Glöcklein so lauten hört,
so heißt es: Husaren, auf eure Pferd.
E.-B. Nr. 1317, Str. II (1758)
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
214
Der Ve r g l e i c h mit dem gedruckten Bergreihentext vermag manche Einsicht in
den schon recht weit vorangeschrittenen Umsingungsprozeß des hs. Textes von ca.
1546 zu vermitteln, von dem übrigens auch die Überlieferung von 1574 nicht ganz
verschont geblieben ist. Der im Bergreihentext noch einigermaßen konsequent
durchgeführte Vergleich des Lebenslaufes eines Landsknechtes mit den einzelnen
Stadien der kirchlichen Bestattungssitte (s. Str. IV, 5; V, 1; VII, 1) ist in D stark
entstellt. Das beginnt in Z. 11, die im Text von 1574 noch richtig lautet: Der Harnisch
ist mein letztes Grab tuch. Ein charakteristischer Unterschied wird in Z. 5 erkennbar,
wo in der Wortzahl die ‘höfische’ Haltung der Hs. zum Ausdruck kommt. Weitere
Abweichungen: 9 [Das thu ich woll empfinden; Verlust des Reims in D; 16 boure...
hauß [Wirtes hauß; 20 halff haick [Hacken, mnd. hake = schweres Feuergewehr, s.
Schiller-Lübben 2, 175; 22 but [bewt; 23 sprw., s. Wander 2, 439, Nr. 30; 443, Nr.
157; 28 [Wenn man sie leut vnd Lerman schreit; 35 uyth franckrich [in Vngerland.
Nr. 27
Katharina überliefert hier die Fassung eines Tageliedes, dessen Geschichte sich bis
in das 15. Jh. zurückverfolgen läßt. Am Anfang der Bezeugung steht wie in vielen
anderen Fällen eine geistliche Kontrafaktur, die in den beiden Berliner Hss. Mgq
185 und Mgo 190 aus dem Besitz von H.v. Fallersleben unter dem Incipit Het viel
een hemelsdouwe / op een jonc maechdelijn als Marienlied nachgewiesen ist
(veröffentlicht von H.v. Fallersleben in Horae Belgicae Bd. 10, 1854, S. 54-56, Nr.
23). Die Überschrift von Mgq 185, Nr. 10 stellt den Bezug zu dem parodierten
Tagelied eindeutig her: dit is die wyse / dat viel een coele douwe / tot enne vensteren
in / na eenre. Einen rund 100 Jahre jüngeren ndt. Text der Kontrafraktur liefert
Catherina Tirs in ihrem geistl. Ldb. von 1588, vgl. Hölscher S. 3-5, Nr. 2, und noch
im 19. Jh. konnte das geistl. Lied in Brabant aus dem Volksmund aufgezeichnet
werden (J. Bols, Honderd Oude Vlaamsche Liederen, Namen 1897, Nr. 16). - Im
Gegensatz zu der reich entfalteten Überlieferung der Kontrafraktur ist die Bezeugung
der zugrundeliegenden weltlichen Vorlage eher spärlich zu nennen. Den Beweis für
die Existenz einer hd. Fassung liefert ein Schmeltzel-Quodlibet von 1544 (Eitner 1,
S. 33): Es fiel ein küler taue / zu einem fenster ein. Den vollen ndl. Wortlaut überliefert
das gleichzeitig erschienene Antw. Ldb., Nr. 72 (Abdruck v. Duyse 1, Nr. 64; vgl.
die Neuausgabe des Antw. Ldb. von 1972, I, Nr. 33, II, S. 178 f.) und in einer
abweichenden Fassung Nr. 74 (Abdruck v. Duyse 1, Nr. 65, Uhland Nr. 82). Die in
D bisher vorliegende einzige hs. Fassung scheint in direkter Vermittlung auf Antw.
Ldb. Nr. 72 (A) zurückzugehen. Eine Zusammenstellung der wichtigsten
abweichenden L e s a r t e n der Druckvorlage vermag am besten die Nähe der beiden
Fassungen zu zeigen:
1 eyns [een; 4 hertze [herte; 8 u [dy; 9 meglin [meysken; 13 die [si; 14 wile wais
[wile en was; 16 up unnd hy [op een liet; 19 druckt [dunct; 21 hertzen [herten; 23
ich [ick; 30 unnd [ende; 32 deugden [duecht; 34 bloemkens [boomkens; 35 noeten
[noten mischaten; 37 soet [so soete; 38 und fehlt A; 39 geven [draghen; 40 [frisschen
vrijen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
215
Beide Fassungen erweisen sich, besonders auch im Hinblick auf A 74, als Ergebnis
eines längeren Traditionsprozesses, in dessen Verlauf zahlreiche Formbestandteile
und Wanderstrophen (IV-V) in das Lied hineingeraten sind, während andererseits
wichtige Liedteile verlorengingen. So fehlt in D 27 = A 72 nach Str. II der Inhalt des
Wächterliedes, der in A 74 als Str. VII erhalten ist. A 74 ist aber zu
Vergleichszwecken wiederum nur bedingt heranzuziehen, da hier eine Kontamination
mit dem Mailied Der Winter ist vergangen (vgl. D 17) eingetreten ist. Weiteres zur
Genesis dieses Liedes siehe bei Thoma S. 109 f. im Anschluß an Uhland Nr. 82.
Zum Formelgut in D 27 läßt sich im einzelnen noch folgendes bemerken: Z 1-2
Natureingang, vgl. Wulffen; diese Form ist bei ihr allerdings nicht belegt, da sie das
Antw. Ldb. und damit auch unser Lied nicht herangezogen hat.
Z. 7 vgl. Daur S. 58. Im Antw. Ldb. meist mit der formelhaften Reimbindung: sie
hout myn herte bevanghen / na haer staet myn verlangen Nr. 165, Str. II, Z. 12-13.
Z. 8 vgl. Daur S. 62/64
Z. 9-14 Diese Zeilen variieren eine in dt. und ndl. Balladen und Liebesliedern
häufig vorkommende Szene, vgl. Ldb. Ambr. 1584, Nr. 184, Str. IV; Antw. Ldb. Nr.
97, Str. II; Nr. 102, Str. III u. ö.
Z. 15 vgl. D 17, Z. 27 ff.
Z. 21 vgl. Daur S. 59
Z. 27 vgl. D 31, Z. 41
Z. 28 Den Vergleich der Geliebten mit dem Morgenstern kennt schon Morungen
(M.F. 134, 35), doch erst im 16. Jh. ist das Bild zum formelhaften Gebrauch
abgesunken; vgl. Antw. Ldb. Nr. 75, Str. VIII: Ic en weet van ghenen dage / noch
van geenen manen schijn / ghi zijt mijn morghen sterre / ghi verhuecht dat herte
mijn. Z. 31/32 Ähnlich Antw. Ldb. Nr. 187, Str. IV, Z. 28: God wil v in duechden
sparen u. ö.
Z. 33-40 Zur Verbreitung dieser markanten Wanderstrophe s. z.B. Antw. Ldb. Nr.
97, Str. VIII-IX, E.-B. Nr. 679.
Worterklärungen
1 douwe = Tau; 11 up eyn einde = endlich; 19 druckt = zwingt, bezwingt; 32 in allen
deughen = in allen Ehren; 34 bloemkens = Blümchen, entstellt aus boomkens =
Bäumchen der Vorlage A. Hieraus und aus den oben angeführten Lesarten kann
geschlossen werden, daß die Schreiberin nicht unmittelbar aus A schöpfte, sondern
eine durch Hörfehler entstellte Fassung gedächtnismäßig (oder nach Diktat) festhielt;
35 noeten = Nüsse; 36 nagelkins, mhd. negellîn = Gewürznelken. Muskatnuß und
Näglein haben seit dem MA. im volkstümlichen Liebeszauber ihren festen Platz, vgl.
HdA 6, Sp. 691-692.
Nr. 28
Diese Liebesklage in Katharinas Sammlung ist ein zu Anfang des 16. Jhs. entstandenes
typisches Produkt der deutschen Renaissancelyrik und ist seit Öglin 1512, Nr. 6, in
den meisten bedeutenden Liederbüchern und -hss. bis etwa 1600 vertreten.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
216
Zeitlich und räumlich stehen D 28 folgende hs. Textparallelen am nächsten: Pal. 343,
Nr. 104, vgl. das Variantenverzeichnis von A. Kopp, ebda. S. 113; Berliner Hs. Mgf
752 (1568) Nr. 58, vgl. die Nachweise von A. Kopp in ZfdPh 35 (1903) S. 520;
Berliner Hs. Mgf 753 (1575), Nr. 38, vgl. die Nachweise von A. Kopp in AfdStnSprL
111 (1903) S. 25; Benckhäuser Ldhs. der Anna Lüning 1573-1588; Nr. 25, s.P. Alpers
in NdZfVk 1 (1923) S. 112; vgl. ferner Ldb. Ambr. 1582, Nr. 6; E.-B. 1644 (verdruckt
1444). Die verschiedenen Fassungen entfernen sich in der Regel nicht sehr weit
voneinander, da die Überlieferung der drei vierzehnzeiligen Strophen von Anfang
an durch gedruckte Textfassungen, auch durch Flugschriften (z.B. Yd 9483), gestützt
worden ist. Abweichungen von D gegenüber der hd. Überlieferung gehen zum einen
auf Hörfehler, zum anderen auf die (unvollkommene) Angleichung an die mnd.
Lautform zurück. Beispiele (zum Vergleich wird Pal 343, Nr. 104 herangezogen):
3 in kurtzer gespeel [in kurz gespylt; 13 wyfflicher [weiblicher; 22 verwiester [vor
weiser; 31 erfreuwet [entpfrembdt!
Worterklärungen
8 sverin duck = schwere Tücke; 26 ungefel = Unglück; 29 senliches leid = Liebesleid;
30 weidt = Nahrung, hier: Lebensinhalt.
Nr. 29
Das liebenswürdige Kauzleinlied aus der Feder von Katharina von Bronckhorst
kleidet die Situation des Abschiednehmens von der Geliebten (dem nast) in das
Naturbild vom ruhelos umherfliegenden Käuzlein. Die reiche Überlieferung des
Liedes läßt sich im Grunde auf ein älteres Lied von sieben neunzeiligen Strophen
aus dem frühen 15. Jh. zurückführen, welches J.C. v. Fichart in seinem Frankf. Archiv
Bd. 3 (1815), S. 263-265 abgedruckt hat (vgl. auch Marriage, Forster III, Nr. 4, S.
242). Der alte Text klingt in D nur noch an einigen Stellen des Anfangs durch (Z. 1,
3, 5, 6), während die Fortsetzung stark abweicht. Die Begegnung mit der Nachtigall,
der im älteren Liede der weiteste Raum gewidmet war, ist verlorengegangen. Die
metrische Abhängigkeit von der Vorlage, deren erste vier Zeilen die Grundlage für
die neue Strophe geliefert haben, ist jedoch noch sehr deutlich.
Das Gesellschaftslied des 15. Jhs. unterliegt mannigfachen Wandlungen, ehe es
in hd. Liederbüchern des 16. Jhs. in neuer Form wieder zutagetritt. Es findet sich in
musikalischen Sammlungen, in denen der Text auch aus Raumgründen zusätzliche
Verkürzungen erlitten hat: 1. Grasliedlin (nach 1535), Nr. 28 (1 Str.). - 2. Ott 1544
= Uhland Nr. 14 A (2 Str.). - 3. Forster III, Nr. 4 u. Nr. 64 = Uhland Nr. 14 B u. C,
vgl. Marriage, Forster S. 115 (3 Str.). - 4. Tabulaturbuch von Seb. Ochsenkhun,
Heidelberg 1558, fol 78 vo (4 Str.).
In abwechslungsreicherer Fülle tritt uns das Lied dagegen in der hs. Tradition des
mittel- und niederrheinischen Gebietes entgegen, die als Zeugnis für die mündliche
Weitergabe des Liedes wertvoll ist: 5. Zütphener Ldhs 1537, Nr. 6 (8 Str.), s. Böhme,
Altd. Ldb. Nr. 172. - 6. Hs. des Grafen Manderscheid ca. 1580, Nr. 39 (8 Str.). - 7.
Brüsseler Hs. Ms. II, 144, Bl. 119 vo, abgedruckt von R. Priebsch in
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
217
ZfdPh 39 (1907) S. 175 f. (8 Str.). Nach Priebsch gehört diese Fassung zu den im
späten 16. Jh. nachgetragenen Stücken der Hs. Die Texte 5-7 bilden zusammen mit
D eine eigenständige und geschlossene westdt. Gruppe. Daraus hebt sich die Fassung
D wiederum deshalb heraus, weil hier die Reihenfolge der Strophen durch den
mündlichen Traditionsprozeß besonders gelitten hat. Eigentlich steht nur die
Eingangsstrophe am richtigen Platz, alles andere ist im Vergleich zu 5-7 verschoben.
So ist beispielsweise die zwischen Z. 16 und 17 spürbare inhaltliche Lücke durch
die Vorwegnahme von Z. 5-8 zu erklären. Ganz für sich steht die Änderung, die D
mit der letzten Strophe vornimmt, indem die ursprünglichen Abschiedsworte des
Käuzleins der Geliebten in den Mund gelegt werden.
Worterklärungen
5 gedrongen, von dringen = drängen, gedrängt werden; 9 untwichenn = entwichen,
entflogen; 10 zu rusten plaich = zu ruhen pflegte; 11 loever = Laub, Blätter; 4 hat
hier folgende Zeile: die lable sein all erblichen; 16 smaich = Geschmack.
Nr. 30
Das auf Georg von Frundsberg zurückgehende dreistrophige ‘Klagelied über
Wandelbarkeit der Hofgunst und Wandelbarkeit der Welt’ (so der Titel bei E.-B. Nr.
272) erscheint in D in einem der frühesten hs. Belege. Aus der gleichen Zeit stammen
die Texte in der Zütphener Ldhs. von 1537, Nr. 29, in Pal. 343, Nr. 167 und in Mgq
402 (1569) III, Nr. 7 Ausführliches Variantenverzeichnis von A. Kopp s. in
AfdStdnSprL 111 (1903) S. 9 f. Spuren mündlicher Vermittlung des Textes in D,
verbunden mit der leichten nd. Einfärbung, haben die vorliegende Fassung stark
verändert, z.T. unverständlich werden lassen und in Richtung auf den konventionellen
Gehalt eines gesellschaftlichen Liebesliedes hin umgebildet. Str. II ist in ihrem
ursprünglichen Sinn völlig mißverstanden. Von den zahlreichen A b w e i c h u n g e n
gegenüber Pal. 343, Nr. 167, seien die folgenden zum Textverständnis notwendigen
angeführt:
1 myn gemoit [müe; 6 mir schickt [mich schigken; 7 verhoirt [verhofft; 8 [das
gmüet zue hof; 9 aff [offt; 10 Var [Geet; 11 wes ich kan [wer nit kan; 12 zu [sich; 13
[dem ort, der zeit; 14 oirren [eeren; 15 [mues dannen weit; 16 angst [andt = verdrießt
mich, tut mir leid; 18 dir fehlt in den Parallelen; hier wird die Umbiegung des Liedes
in die eigene Erlebnissphäre besonders deutlich; 21 achtet [wigt mich.
Nr. 31
Ein Liebeslied mit Tageliedelementen, von welchem aus dem 16. Jh. rund 20
Zeugnisse vorliegen. Die Überlieferung beginnt auf hd. Boden mit den ‘Bergreihen’
von 1533, Nr. 44, und reicht bis zum Nd. Ldb. von Uhland - de Bouck (um 1600),
Nr. 36. Variantenverzeichnisse bei Heilfurth, Bergreihen, S. 255 f., und bei A. Kopp
in JbdVfndSprf 26 (1900) S. 18. Unsere Niederschrift stellt den ersten hs.
Niederschlag des Liedes dar; es folgen wenig später Pal. 343, Nr. 141, und 1560 das
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Ldb. der Katharina von Hatzfeld Nr. 25 (dazu J. Bolte in ZfdPh 22 [1890] S. 404)
sowie die
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
218
Berl. Ldhs. Mgf 753 (1575), Nr. 129. Audi das Ldb. Ambr. 1582, Nr. 184, weist den
Text auf. Die wichtigste, weil zeitlich, räumlich und sprachlich am nächsten stehende
Parallele bildet jedoch das Antw. Ldb. 1544, Nr. 102 (vgl. die Neuausgabe 1972,
Bd. 1, Nr. 54, Bd. 2, S. 209 f.). Beide Fassungen bilden innerhalb der
Gesamtüberlieferung eine eigene Gruppe, da sie von letzterer in zwei bedeutsamen
Einzelheiten abweichen: zum einen enthalten sie eine sonst nirgends bezeugte 5.
Strophe, zum anderen folgt die sonst an 3. Stelle zu findende Strophe am Schluß
nach. Eine Melodieangabe in den Souterliedekens von 1540, Ps. 36, zeigt, daß unser
Lied bereits vier Jahre früher in den Niederlanden bekannt war; zur Melodie vgl.
ferner DVldr. 1, Nr. 18, S. 176 ff. (unser Lied teilt mit der Ballade vom ‘Kerenstein’
das Incipit). Das Lied im Antw. Lbd. Nr. 102 ist ganz sicher eine ndl. Bearbeitung
einer hd. Vorlage. D folgt dieser Neubearbeitung Strophe für Strophe; sie hat mit ihr
auch die inhaltlichen Verderbnisse gemeinsam, die der dt. Vorlage wahrscheinlich
noch fehlten. Besonders kennzeichnend sind die Fälle aus der 2. und 5. Strophe. In
Z. 41/42 lautet die Vorlage im Antw. Ldb: Si heeft twee valcken oogen / daer toe
eenen huebscen crans, was D wörtlich übernimmt, wobei nicht nur der traditionelle
Schönheitspreis unterbrochen, sondern auch die nach Z. 45 geforderte Reimbindung
(munt!) aufgegeben wird. Schwerer noch wiegt die Zerstörung der 2. Strophe, die in
der uns vorliegenden Form kaum zu interpretieren ist. Es handelt sich eingangs um
die Antwortstrophe der Dame auf die in St. I enthaltene Werbung. Aber in Z. 16
spricht offensichtlich wieder er, wobei unklar bleibt, wann seine Rede einsetzt. In
den hd. Texten dagegen ist der Sinn dieser Frauenstrophe vollkommen klar. In der
Ldhs. der Katharina von Hatzfeld z.B. lautet der Text hier:
Liefft dyr geyne ander frauwe,
so kere dich her zu mir,
so sagen ouch die luyde,
wie ich die schoynste sy.
dat loff wyll ich behalden
dem allern liefsten myn,
myt frysch fryem gewalde (= Mut, s. DWb. 4, 1, 3, 5034)
- o schones myn lieff dyn eygen wyll ich syn.
Das Mißverstehen des hd. Textes begann wahrscheinlich bei Z. 16, wo mit vrouwen
ein neues Reimwort für behouwen eingesetzt und die Zeile in der Übersetzung völlig
geändert wurde. Dieser Reim geht dann in D zusätzlich noch verloren! Eine weitere
Stelle zeigt die starke Abhängigkeit von D 31 und dem Antw. Ldb.: Z. 23 wird der
ndl. Wortlaut al voor haer camer veinster wörtlich nach D übernommen, obgleich
es sich um ein klares Mißverstehen der hd. Textvorlage handelt, die in Pal. 343 den
richtigen Wortlaut aufweist: wol in ein cämmerlein, was finster. - Die unverkennbaren
hd. Einflüsse in D 31 (z.B. Z. 11) könnten vielleicht darauf zurückzuführen sein, daß
die Schreiberin bei aller Abhängigkeit von der ndl. Vorlage doch stellenweise noch
den hd. Wortlaut eines um 1546 bereits weit verbreiteten Liedes im Gedächtnis hatte.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
219
Hinweise und Worterklärungen
19-20 formelhaft, vgl. Uhland Nr. 106, Str. II usw.; 25 vgl. D 17, Z. 27 ff.; vgl. auch
D 27, Z. 15; 28 vgl. D 17, Z. 29 f.; 30 verspieden = aufspüren, entdecken; 32-33 der
Morgenstern, die Waldvögelein und die Nachtigall treten als Boten des Tages auch
in D 84, Str. I, auf; 38 ten isser = et en is daer; das Antw. Ldb. liest hier: ten is noch
gheen dach; 52 vgl. D 48, Str. I Ein fruntlich auchen wyncken / bringt lust minß
hertzen begert.
Nr. 32
Die Überlieferungsgeschichte dieses Abschiedsliedes beginnt um die Mitte des 15.
Jhs. im berühmten Lochamer-Liederbuch in Nürnberg; darin befindet sich als Nr.
16 ein sechsstrophiges Lied (der Raum für eine weitere Strophe ist offengelassen)
mit dreistimmigem Tonsatz: Der walt hat sich entlawbet / gen disem winter kalt; vgl.
die Ausgabe von Walter Salmen und Christoph Petzsch, Wiesbaden 1972 (Denkmäler
der Tonkunst in Bayern, N.F. Sonderband, 2) S. 49-55. Aus der gleichen Zeit liegen
bereits weltliche (J. Fichard, Frankf. Arch. 3 [1815] S. 280-282, Nr. 53) und geistliche
(München, Cgm 4702, Bl. 5 ff.; P. Alpers, Wienhäuser Ldb., in: JbdVfndSprf 69/70
[1943/47] S. 34, Nr. 45) Kontrafakturen vor. Die Brücke zum 16. Jh. wird durch ein
Flugblatt von ca. 1520 gebildet: Brednich, Liedpublizistik 2, Nr. 411, Abb. 63 (8
Str.). In einem etwas später anzusetzenden Flugschriftendruck Berl. Yd 9672 ist
dieses im Ganzen recht einheitliche Modell durch Aufnahme von Strophen aus dem
Mailied (= D 17) und sonstigem Wandergut auf 12 Strr. aufgeschwellt worden.
Nach 1530 taucht dann eine auf drei Strr. verkürzte Fassung auf, von der unser
Text in D abhängig ist. Die Reihenfolge der beiden Schlußstrophen in D ist vertauscht.
Die neue Redaktion teilt mit dem älteren Text die 1. Str. und sonstige sprachlichen
Gemeinsamkeiten. Sie liegt u.a. in folgenden Quellen vor: Hans Gerle 1532, Nr. 6;
Gassenhawer und Reuterliedlein 1535, Nr. 1, gedruckt bei Böhme, Altd. Ldb. Nr.
257; Schöffer-Apiarius ca. 1536, Nr. 42; Ott 1544, Nr. 54-55; Forster, Liedlein I,
1539, Nr. 61, gedruckt bei Böhme, Altd. Ldb. Nr. 258; weitere Varianten verzeichnen
Marriage, Forster S. 215 f. und Kopp, Pal. 343, S. 128. Die verkürzende Bearbeitung
ist demnach in den Kreisen der Dichterkomponisten entstanden; von deren Einflüssen
ist ja auch sonst in unserer Hs. viel zu spüren.
Die Analyse von Str. I soll Einblick in das bei der Bearbeitung obwaltende Prinzip
geben, das im Grunde vom Gesellschaftslied zum schlichten Volkslied geführt hat.
Die Umgruppierung der alten Reimbindung entlaubet / beraubet an den Zeilenanfang
begegnet zuerst in Quellen des 16. Jhs. (z.B. Flugschr. Yd 9672) und wird von den
Bearbeitern übernommen. Dadurch entsteht am Anfang der schwerfällige Viererreim
walde: kalt / balde: alt. Für die Reimänderung im Abgesang ist wahrscheinlich ein
sprachliches Mißverständnis ausschlaggebend. Das Lochamer-Ldb. liest hier:
Das ich so lang muß meiden,
die mir gefallen ist,
das schafft der kleffer neide,
darzu ir arger list.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
220
Die Bearbeiter waren offenbar später nicht mehr imstande, die im Mhd. noch ganz
geläufige Konstruktion des Verbums fallen mit dem Dat. der Pers. (= zufallen,
gehören) richtig zu interpretieren, so daß sie zum naheliegenden Ersatz des ist durch
tut griffen (s. Z. 6), was zur Folge hatte, daß auch in Z. 8 ein neuer Reim mut gefunden
werden mußte.
Str. II hat nur noch schwache Anklänge an ältere Textfassungen, während bei Str.
III die Beziehung zu den frühen Texten wieder deutlicher wird. Zu Z. 17-20 ist der
Wortlaut des Lochamer-Ldb. Str. VI, Z. 41-44 zu vgl.:
Hoffnung ist mein pester gewin!
was lest du mir ze letz? (= zum Abschied, als Abschiedsgeschenk)
also schaidt sich mein herz von dir,
wes wilt du mich ergetzen?
Die ausgefallenen echten Bestandteile der 2. Hälfte von Str. III werden in D durch
bekanntes Formelgut ersetzt; zu Z. 22 vgl. D 29, Z. 4; zu Z. 23 D 29, Z. 15.
Nr. 33
Das Lied, das Katharina hier ihrer Sammlung einverleibt hat, gehört seiner Aussage
nach eng zur folgenden Nr. 34, mit der es auch die gemeinsame Singweise hat. In
diesen beiden Stücken wird ausnahmsweise einmal ein geistlicher Ton angeschlagen.
Hier lebt das Repertoire des niederrheinischen Adelskreises offensichtlich nicht aus
dem Liedgut und der Motivik des spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen höfischen
Minneliedes, sondern hier findet reformatorischer Geist seinen Ausdruck in einem
von tiefem Ernst getragenen Lied, das ein Indiz dafür darstellt, daß der Kreis um die
Schreiberin Katharina von Bronckhorst konfessionell der neuen Lehre zuneigte. In
dem Lied kommen Vorstellungen aus dem Umkreis des Totentanzes ebenso zum
Tragen wie biblische Motive des NT. Der Anfang von Str. VIII verwendet die
Antithese vom breiten und schmalen Weg, der später im Andachtsbild seine graphisch
einprägsame Gestaltung gefunden hat (s. dazu u.a. Martin Scharfe, Evangelische
Andachtsbilder, Stuttgart 1968, S. 263-270). Das Auftreten vieler Wörter nld. Herkunft
läßt eine Vermittlung des Liedes von ndl. Gebiet her wahrscheinlich werden.
Aufschlußreich ist es, daß dieses offensichtlich auf ndl. Boden entstandene Lied die
Erweiterung eines vorreformatorischen geistlichen Liedes darstellt, das mit fünf
Strophen im Liederbuch der Anna von Köln (um 1500) als Nr. 35 belegt ist (s. die
Edition von W. Salmen und J. Koepp, Düsseldorf 1954 = Denkmäler rheinischer
Musik, Bd. 4, S. 23). In ndl. und reformierter Traditionssphäre findet sich das gleiche
Lied mit acht Strophen in dem ndl. Liederbuch Een deuoot ende profitelyck boecxken,
Antwerpen 1539, Ausgabe von D.F. Scheurleer, 's-Gravenhage 1889, S. 79, Nr. LVII;
die zugehörige Melodie steht auch in den Souterliedekens, Antwerpen 1540, Ps. 48.
Vgl. auch Ldhs. Manderscheid ca. 1580, Nr. 69.
Worterklärungen
6 behalve = außer; 10 respit, ndl. respijt = Aufschub, Frist; 14 gaiet, von frz. gaîté
= Fröhlichkeit; 77 vergiffenis = Vergebung, Verzeihung.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
221
Nr. 34
Dieser mnd. Text ndl. Herkunft ist in der Haltung dem voranstehenden Lied eng
benachbart, zumal es in seiner Strophenform abgefaßt ist und als Initialparodie zu
ihm aufgefaßt werden kann. Im Gegensatz zu Nr. 33 kennen wir hierzu keine älteren
Textparallelen, und nach frdl. Auskunft des NVA (Fred Matter) ist es auch aus
späterer Überlieferung bisher nicht bekannt geworden. Zu anderen Liedern auf Judas
vgl. Wackernagel, KL 2, Nr. 615-616; Liliencron, Leben S. LII, 227.
Zu dem Motiv in Z. 33 vgl. Heinz Rölleke, Da wär es besser nicht geboren! Ein
Xenion Goethes und seine Vorformen in der Volks- und Hochliteratur, in: ZfdA 103
(1974) S. 62-72.
Worterklärungen
9-10 sind in ihrer Aussage unklar. In der Lit. zu den Überlieferungen über Judas (vgl.
A. Wrede in HdA 4 [1931/32] Sp. 800-808) ist ein entsprechender Rat des Apostels
nicht belegt; 10 versturtzet, von mndl. verstorten = ausgießen; 29 verhalden, von
mndl. verhalen, im Sinne von vergeben; 44 doep = Taufe.
Nr. 35
Durch das Auftauchen dieser Variante eines Liebesliedes in D wird unser Wissen
um die Überlieferungsgeschichte dieses Liedtypus beträchtlich erweitert. Die bisherige
schmale Bezeugung stellt sich wie folgt dar: 1. Berl. Mgf 752 (1568) Nr. 122, vgl.
A. Kopp in ZfdPh 35 (1903) S. 530 (7:6). - 2. Ldb. Ambr. 1582, Nr. 42 = Berl. Ldb.
1582, Nr. 176, danach Uhland Nr. 60, Goedeke-Tittmann Nr. 5 und E.-B. Nr. 401,
vgl. 402 (7:6). - 3. Nd. Ldb. Uhland - de Bouck (um 1600) Nr. 31, vgl. A. Kopp in
JbdVfndSprf 26 (1900) S. 17 (7:6). Den Text von D 35 druckt Hübner II, S. 178.
Zum einen rückt durch den Beleg in D die Erstbezeugung des Liedes von 1568
auf ca. 1546 hinauf. Zum anderen begegnet uns hier eine durch den Einfluß
mündlicher Vermittlung stark abweichende Fassung. Kennzeichen des
Tradierungsprozesses ist die starke Auflösung des ursprünglich durch die
Schweifreimstrophe gegebenen Reimschemas a a b c c b. Außerdem sind von den 7
Strophen von 1-3 (3 ist übrigens nur eine der üblichen mechanischen Umsetzungen
von 2 ins Nd.) in D nur vier (= 1, 2, 4, 7) erhalten.
L e s a r t e n zum Ldb. Ambr.: 1 beter [grösser; 2 buelen [allerliebsten; 4 hy will [jm
gebrüst; 5 drecht [gelüst; 6 [freundlich thun sie anschauwen; 7 freundtgen [bulen;
8 [drey viertel lenger denn ein jar; 9 [ich dorffts niemand sagen; der Rest der 2. Str.
weicht völlig ab; 13-18 diese Str. hat nur ganz schwache Anklänge an 2 und ist ganz
selbständig; 20 frommer lansknecht [freyer knab; 22 [Er geht zu Lünenburg aus und
ein; 24 [er bleibt wohl unverdrungen.
Worterklärungen
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
8 myn = minder, weniger; 14 borsteken = Brüstlein; onbesmet = ohne Makel; 24 =
trotz aller bösen Neider Zungen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
222
Nr. 36 und 94
Diese beiden Lieder sind für die Geschichte des Antw. Ldb. von 1544 und seiner
Wirkungen hochbedeutsam. Wir wissen vom Erfolg dieser Liedersammlung, die
zweischen 1534 und 1544 drei Auflagen erlebte, von der uns aber lediglich die dritte
in einem einzigen Exemplar in Wolfenbüttel erhalten geblieben ist (s. Neuausgabe
1972 Bd. 2, S. XI). Schon 1546 verfiel das Lb. dem Verdikt der katholischen
Universität Leuven, es wurde aus dem Handel gezogen, die in Umlauf befindlichen
Exemplare z.T. konfisziert (vgl. a.a. O.S. XXVIII). Trotzdem zeichnet sich der Erfolg
der Liederslg. noch sehr nachdrücklich in den zeitgenössischen Hss. ab. Die Darfelder
Ldhs., die insgesamt einen reichen Niederschlag von Liedern aus dem Antw. Ldb.
(A) verzeichnet, weist unter D 36 und 94 zwei bemerkenswerte Zeugnisse von ganz
unterschiedlicher Aussagekraft auf.
D 36: Die Aufzeichnung von Katharina von Bronckhorst von ca. 1546 ist unmittelbar
abhängig von A 161. Bei Johannes Koepp, Untersuchungen über das A. vom Jahre
1544, Antwerpen 1927, wird dieses Lied nicht behandelt; in der kommentierten
Neuausgabe von 1972 ist es ebenfalls nicht vertreten, da es keine
Melodieüberlieferung besitzt. Koepp a.a. O.S. 58 rechnet es zu den Liedern hd.
Herkunft. Dies wird zutreffen, denn manche fehlenden Reime lassen sich durch
Rückübersetzung ins Hd. rekonstruieren: z.B. 1/3 und 13/15 gast: g(e)last; 17/19
fell: hell; 31 verdrießen: schießen; Weiteres s. zu D 94. Das 6strophige Tagelied D
36 erweist sich als eine ziemlich wortgetreue Rezeption des Textes in A 161. Die
Kopie kam aber offensichtlich nicht durch direkte Abschrift aus der Quelle zustande,
sondern wohl durch Diktat, woraus sich zahlreiche Abweichungen in der Schreibweise
einiger Wörter, ferner Hörfehler und auch manche Textverbesserungen erklären
lassen. Ein kurzes Verzeichnis der L e s a r t e n vermag dies zu verdeutlichen (D wird
zuerst genannt): 2 stange [stranghen; 8 schoin [schoon lief; 10 waddens [wat dinghe;
14 haren [lacen; 28 herter [heeter; 32 by hartz hertzen [beyde haers herten; 34
schynen [schieten.
Wie viele Lieder in A wirkt auch dieses Stück keineswegs wie aus einem Guß,
sondern läßt Spuren vorangegangener Traditionsstufen erkennen. Die neunzeilige
Strophe mit dem Reimband ababcdccd ist in Str. I und II um eine Zeile gekürzt, auch
sonst vielfach verderbt.
D 94: Diese Fassung liefert uns die bisher unbekannte vollständige Vorlage für das
in A 161 = D 36 nur fragmentarisch überlieferte Tagelied. Es ist zusammen mit den
Texten Nr. 90-93, 95-97 und 99 von unbekannter Hand ohne Datierung gegen Ende
der Hs. eingetragen worden. Wir dürfen es als einen Glücksumstand betrachten, daß
unsere Hs. hier die bisher unbekannte Vollform des Tageliedes bewahrt hat. Allerdings
wäre es unzutreffend, D 94 als mit der gesuchten Vorlage für A 161 identisch zu
bezeichnen, aber diese 13strophige Aufzeichnung stellt doch mehr als einen Ersatz
dafür dar. Zumindest inhaltlich läßt sich die vollständige Überlieferung des in A 161
= D 36 nur verkürzt erhaltenen Modells jetzt überblicken. Die 8 Plusstrophen zeigen,
daß das Lied keineswegs ohne die Abschiedszeremonie war,
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
223
die man in D 36 nach Str. IV vermißt. Hier setzt D 94 mit einer epischen und einer
weiteren Wächterstrophe ein (V und Vl), worauf die Frau in Str. VII die Warnung
an ihren Besucher weitergibt. Diesem wird sodann in drei Strophen ausführlich
Gelegenheit gegeben, seinen Abschiedsschmerz zu artikulieren und der Frau die
Treue zu bekunden (Str. VIII, X und XI), worauf auch sie ihn um baldige Rückkehr
und um ein Brieflein (!!) bittet, um ihm schließlich den Reisesegen zu erteilen (Str.
IX und XII). Erst dann steht wie in D 36 die beiden Fassungen gemeinsame
Schlußstrophe folgerichtig am Ende.
Vom Metrischen her betrachtet ist D 94 intakter als D 36: die neunzeilige Strophe
ist durchgehend bewahrt, ebenso der Reimverband. Deutlich wird auch die parallele
Konstruktion der Strophen mit der Wiederholung der beiden Einleitungswörter.
Sprachlich gesehen ist die ursprüngliche Zugehörigkeit des Liedes zum Hd.
unverkennbar, nd. Lautformen sind wie bei zahlreichen anderen Liedern der Darfelder
Hs. modische Überformung und Zugeständnis an die am Niederrhein damals
herrschende Sprachmischung und Schreibgewohnheit (z.B. nachgeschriebenes i).
Genausowenig läßt sich aber verkennen, daß auch der Text von D 94 durch orale
Tradierung durchgegangen und durch sie geprägt worden ist. Einige wenige Hinweise
zu D 94, auch im Vergleich zu D 36, sollen genügen: 2 zwengt sich, offenbar
Antizipation von 3 swengt sich; 10 und 19 schoin vielleicht Mißverständnis für die
gemäß D 36 eher zu erwartende Negation?; 28/30 der hd. Reim verkündt: entzündt
gibt dieser Stelle einen weitaus besseren Sinn als in der hier stark verderbten Fassung
D 36; 88 vgl. das Incipit von D 15; 89/90 vgl. D 20, Z. 24; D 24, Z. 40 u.ö.; 109-117
besonders anschaulich wird die Qualität der Überlieferung von D 94 im Vergleich
der Schluästrophen; in A ergibt der Abgesang keinen Sinn, und erst die völlig intakte
Fassung D 94, Str. XIII läßt den Weg erahnen, auf dem dieser Nonsens (der Tag
springt lustig durch den Klee!) zustande kam. - Alles in allem ist D 94 eine der
schönsten Entdeckungen in D und auäerdem ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie
verschiedene Schichten einer Textüberlieferung innerhalb einer und derselben Hs.
voneinander abgehoben werden können.
Worterklärungen
D 36:
10 waddens = von mnl. watdan, wattenne = was; 13 verstoirt = stört; 20 stolcken
(= D 94, 22 stolchen) = stampfen, Verwijs-Verdam 7, 2195 f.
D 94:
17 oiverlast = schwere Bedrängnis, Sorgen; 19 swill, zu mnld. swellich = grob?,
Verwijs-Verdam 7, 2521; 22 stolchen (siehe D 36, Z. 20); 27 = wendet mir auch
weiterhin eure Güte zu; 39 soihte kraft, zu mnld. soete = süße Kraft; 40 = erscholl
im Garten; 62 = ich fürchte, daß ich gänzlich verzage; 63 erslychen = antreffen,
überraschen; 113 wannher, mnd. wannêr = wann; 114 = den strick baven allen falcken
= den besten aller Falken?; zum übertragenen Gebrauch von strick s. Verwijs-Verdam
7, 2313; 117 walcken, sehr ‘gesuchter’ Reim; die hier geforderte Bedeutung (Verbum
für das Herannahen des Tages) ist naturgemäß in den Wörterbüchern nicht gebucht.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
224
Nr. 37
Da Katharina von B. das vorangegangene Lied D 36 unmittelbar aus dem Antw.
Ldb. geschöpft hatte, liegt auch bei diesem Stück die Vermutung gleichen Ursprungs
nahe, zumal mehrere franz. Modewörter auf den Stil der holl. Rederijker-Poesie
verweisen, die in dieser Quelle von 1544 reich vertreten ist. Die Vermutung bestätigt
sich allerdings nicht, denn nur die drei ersten Zeilen haben im Antw. Ldb. Nr. 64
eine Entsprechung, der Rest weicht ab und stellt allgemein verfügbares und in der
Wiederholung leicht abgewandeltes Formelgut des Gesellschaftsliedes im 16. Jh.
und seiner betonten Hinwendung zur Liebesklage dar. Wenn nicht das ganze Gebilde,
so ließen sich doch seine einzelnen Teile im Antw. Ldb. und in anderen Quellen der
Zeit leicht nachweisen. Ob diese Formelsammlung tatsächlich ein sangbares Lied
ausmacht, muß zweifelhaft bleiben. Nur in Str. II und III zeichnet sich eine Art
metrisches Gerüst ab.
Worterklärungen
8,18 bemynde = liebte; 11,15 doen sveven = unsicher machen, s. Verwijs-Verdam 7,
2548; 12 bedreven, von mnld. bedriven = machen, tun; 13 = mit eurer Brüste Blüte;
14 kloit, von mnld. kloot, hier: Ball, Kugel.
Nr. 38
Dieses Stück gehört zu den bekanntesten Liebesliedern des 16. Jhs. Die gedruckten
Liederbücher seit den Bergreihen von 1531 halfen bei der Verbreitung ebenso wie
populare Flugschriftendrucke; in kaum einer hs. Quelle aus diesem Zeitraum fehlt
es. Verbreitungsnachweise s. bei A. Kopp, JbdVfndSprf 26 (1900) S. 21 (im Anschluß
an Uhland - de Bouck Nr. 46), ZsfdPh 35 (1903) S. 523 (im Anschluß an Mgf 752
von 1568, Nr. 73) und AfdStdnSprLit 111 (1903) S. 269 f. (im Anschluß an Mgf
753 von 1575, Nr. 92). Die zahlreichen Parallelüberlieferungen weisen in der Regel
vier Strophen auf, während D unter Aufgabe der Strophe ‘Mit Venus pfeil
durchschossen...’ auf die in unserer Hs. häufig anzutreffende Dreistrophigkeit
reduziert ist. Da sich das Lied aus traditionellem Formelgut zusammensetzt, ist es
nicht zu verwundern, daß innerhalb der Überlieferung des Liedes, sowohl was die
Zeilen, als auch was die Strophen angeht, manche Umstellungen erfolgt sind. Auch
D 38 verfährt mit diesen Bausteinen sehr frei. Manche Verderbnisse lassen sich im
Blick auf die Konkordanzen erhellen: Z. 7 ist in D eine ungeschickte Wiederholung
von Z. 4, die Bergreihen von 1531 bieten statt dessen: mit treuen ich sie mein; Z. 10
[Pal. 343, Nr. 164, Str. 3,3: ir haar mit goltfarb gsprenget; Z. 12-14 sind stark
umgeformt und in der Parallelüberlieferung ohne Gegenstück; Z. 15 liest Pal. 343,
Nr. 164, Str. 2,1 besser: Fur alles mein gemüete...
Nr. 39
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Das vorletzte Lied von Katharinas Hand ist sowohl sprachlich als auch inhaltlich in
starker Zerrüttung auf uns gekommen. Parallelen sind bisher unbekannt, so daß
vorläufig keine Möglichkeit besteht, den vorliegenden Traditionsbestand etwa durch
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
225
eine frühere Überlieferungsstufe vergleichend zu erhellen. In Str. I/III und IV/V ist
der Wechsel zweier verschiedener 7- bzw. 5 zeiliger Strophenformen mit folgendem
Reimband zu erkennen: ababcwc + aabwb. Str. II stellt metrisch, nicht jedoch
inhaltlich ein fremdes Element dar, das aus einem anderen Lied assoziativ
herübergenommen sein könnte. Der Anfang dieser Str. begegnet ähnlich in D 71,
Str. IV. Die in der vorletzten Zeile fast jeder Strophe auftretende Wendung gestadich
blyven ist das eigentliche Leitmotiv des Liedes. Der ndt. Sprachstand ist wiederum
auffällig durch hd. Leitformen wie ich (aber auch ick in Z. 18 und 24!), mich usw.
unterbrochen.
Worterklärungen
22 avent speel, mhd. âbent-spil, Spiel am Abend; 23 waillusticheit, zu wollust =
Freude, Lust, Vergnügen.
Nr. 40
Katharina von B. beschließt ihre Eintragungen mit einem ndl. Liebeslied aus der
Sphäre der holländischen Rederijker-Poesie. Die Stileigenheiten derselben werden
u.a. am französischen Einfluß im Wortschatz deutlich. Es handelt sich bei diesem
Lied um einen Lobpreis einer Geliebten, der vollkommene, fast überirdische
Eigenschaften beigelegt werden. Das Vorbild zu diesem Lied steht im Antw. Ldb.
von 1544 (A). Es ist dort als Nr. 36 und als Nr. 212, also zweimal vertreten; jedoch
unterscheiden sich die beiden Fassungen nur durch orthographische Einzelheiten, so
daß wir uns beim Vergleich auf A 36 (Neuausgabe 1972: Nr. 18) beschränken können.
Das Original weist fünf 8 zeilige Strophen auf. Von den 40 Versen des Vorbildes
wurden in D nur 25 adaptiert, z.T. in veränderter Reihenfolge und mit manchen
Mißverständnissen, was eindeutig auf mündliche Vermittlung des Textes schließen
läßt. Trotz der Verderbnisse stellt D 40 wiederum ein wichtiges Zeugnis für die
Rezeption von Liedgut zwei Jahre nach dem Erscheinen des Antw. Ldb. dar. Die
ersten 13 Verse stimmen mit Z. 1-13 von A etwa überein, ab Z. 14 erfolgen in A
manche Umstellungen, die sich am besten durch eine Zeilenkonkordanz klären lassen:
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
226
Worterklärungen
1 Venus dierken = Schatz, Liebste; 3 freudt erboeren = Freude empfinden; 4 int
anschouw van = angesichts [A: aensien; 5 kelke = Hals; 8 tis recht = es ist richtig,
zu Recht. Diese Zeile bezeichnet im Original den an jedem Strophenende auftretenden
Refrain, vgl. Z. 16; 10 [A: twee oochskens ter amoreusheyt snel = zwei Augen
verursachen schnelle Verliebtheit; 13 [A: sedich van gheest ende niet rebel =
freundlichen Sinnes und nicht widerstrebend; 15 gefassoneer, von frz. façonnée =
geformt; manige, mißverstanden aus ymagie (A), Bild; 17 hoetmotige curasy =
hochmütiger Sinn (frz. courage); 18 eynnen firren ganck = einen stolzen Gang,
Schritt; 19/20 ist völlig verhört aus dem Wortlaut von A: int triumpheeren bedrijft
si ragie, der auch im Ndl. nicht ganz einfach zu übersetzen ist. Die Hrsg. der
Neuausgabe des Antw. Ldb. von 1972 übersetzen triumpheren mit plezier maken,
bedrijft si ragie mit is zij gewèldig = gewaltig, ungestüm; 22 mit hoirren amareusen
klanck [A: met haren voys gheclanc = mit ihrer Stimme Klang.
Nr. 41
Das Lied gehört zu den insgesamt 13 Texten ndl. Herkunft in unserer Hs. Es ist von
gleicher (unbekannter) Hand wie die Texte Nr. 17 und 18 geschrieben.
Parallelüberlieferung zu den vier Strophen ist, auch nach freundlicher Auskunft des
NVA, nicht nachweisbar, auch nicht zum Refrain. Allerdings muß das Lied sehr viel
älter sein, da schon aus dem 15. Jh. eine geistliche Kontrafaktur vorliegt. Sie findet
sich in der ndl. geistlichen Liederhs. Mgq 185, Nr. 46, bei Hoffmann von Fallersleben,
Ndl. geistl. Lieder des XV. Jhs., Leipzig 1854 (Horae Belgicae, 10) S. 170-171, Nr.
83. Von den sechs Strophen der Umdichtung kommen nur die erste (= D Nr. 41, 1-3)
und die zweite (= D Nr. 41, 13-14) für den Vergleich in Frage. Die übrigen Zeilen
stehen in beiden Texten für sich.
I.
Wi willen ons blide ende vrolic maken,
truren en mach ons baten niet,
al om te spiten die ons haten
ende om te vermeren haer verdriet
niet mer van dus, niet mer van so,
saghe ic heer Jesus, so waer ic vro.
II.
Niemant en sal van den anderen quaet clappen,
hi en heeft hem selven wel besien
wat hier voormaels is ghevallen
ende wat hier namaels mach geschien.
niet meer van dus, niet meer van so,
saghe ic heer Jesus, so waer ic vro.
Worterklärungen
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
3 spyt, von ndl. ten spijt = trotz; 7 ich weiß ein Pferd mit falber (= heller) Mähne; 9
op der banen sleyffen = auf dem Platz, Weg umherführen; 13 klappen,
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
227
zu kläffen = Übles nachreden, verleumden; 15 er ffaren, wohl mißerstanden oder
verhört aus ghevallen, vgl. die Kontrafaktur II, 3; 19 ovol gan, wahrscheinlich ovolgan
= Übelgönner, Neider; vgl. den der Bildung und Bedeutung nach ähnlichen mndl.
Begriff ovelgonne, mndl. ovelgunne bei Verwijs-Verdam 5, 2059 und Schiller-Lübben
3, 248; 20 ffrasen ffogel = frass en ffogel = gefräßiger Vogel, Raubvogel.
Nr. 42 und 75
Ähnlich wie bei D 9/77, 10/63, 36/94 und 53/78 liegen hier wiederum zwei
Eintragungen des gleichen Liedes vor. Ich muß von hin ist einmal von Rainer zu Erb,
zum anderen von Johann von Raisfelt beigesteuert worden. Zwischen den beiden
Aufzeichnungen dürften mehrere Jahrzehnte liegen: Nr. 42 ist 1550 niedergeschrieben,
Nr. 75 (zusammen mit den Liedern 74, 76-78) erst gegen Ende des Jhs. nach der
vermuteten Rückkehr der Hs. aus den Niederlanden an den Niederrhein. Nr. 42 gehört
zu den rein hd. Texten der Hs., Nr. 75 zeigt ndt. Einflüsse innerhalb einer auch hier
klar erkennbaren hd. Grundüberlieferung, die mit vier Strophen vollständiger bewahrt
ist als in D 42. In Str. I von Nr. 75 ist der Ausfall zweier Halbzeilen zu vermerken.
Im übrigen stehen beide Fassungen der weiteren Überlieferung des Liedes sehr nahe,
die sich nach unserer Kenntnis derzeit so darstellt:
1. Pal. 343, Nr. 161 (4 Str.). - 2. Mgf 752 (1568), Nr. 70 (3 Str.). - 3. Mgq 402
(1569) III, Nr. 17 (4 Str.). - 4. Flugschr. Nürnberg, Val. Neuber. SB Berlin, Ye 16;
Vatik. Bibl. Rom, Pal. VI. 54. 83 (4 Str.). - 5. Flugschr. Speyer, Anastasius Noldt,
1548; s. ZsfVk 22 (1912) S. 279, Nr. 2 (4 Str.). - 6. Ldb. Ambr. 1582, Nr. 166.
Variantennachweise bei A. Kopp, ZfdPh 35 (1903) S. 523.
Nr. 43
Dieses Lied gehört zusammen mit Nr. 52 und 62 zu den Eintragungen einer nicht
näher zu identifizierenden Verwandten Katharinas mit Namen Anna von B. und B.
Dieser Name taucht auch in der hs. Privatkorrespondenz der Herren bzw. Grafen
von Bronckhorst, Battenburg und Anholt aus dem 15.-17. Jh. im Fürstl.
Salm-Salmschen Archiv zu Anholt i.W. auf (vgl. Hübner I, S. 40 f., Anm. 2). Annas
Eintragungen erfolgten in dieser Reihenfolge: Nr. 52 (1550), Nr. 43 (1551) und Nr.
62 (1553); sie sind außer durch stark betonte Strophen-Initialbuchstaben auch an der
Devise A B D E zu erkennen. Letztere ist wahrscheinlich aufzulösen als Anfang
bedenk das Ende. Es war auch die Devise von Bruno II., Graf von Mansfeld
(1545-1615), s. Löbe S. 107; die gleiche Auflösung auch bei Ragotzky S. 389.
Das hd. Lied in drei regelmäßig gebauten, gut erhaltenen siebenzeiligen Strophen
und dem Natureingang ist Unicat. Allenfalls zu einigen Zeilen ergeben sich
Konkordanzen, nicht jedoch zu dem ganzen Lied. Z. 8 ist das Initium eines sonst
völlig abweichenden Liebesliedes im Lochamer-Ldb. Nr. 35. Die Zeilen 12/13 mit
der traditionellen Reimbindung meiden: leiden begegnen im gleichzeitigen und
späteren Liebeslied häufig.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
228
Nr. 44
Die Niederschrift dieses von Liebesleid und Frauenlob singenden Liedes durch einen
Angehörigen der Adelsfamilie von Westrem verweist in das westliche Westfalen.
Der zehnstrophige Text ist als Ergänzung unserer bisherigen Kenntnis der Geschichte
des Liedes willkommen. Es liegen nicht sehr viele gedruckte Fassungen vor, außerdem
ist das Lied bisher in einer so vollständigen Fassung noch nicht aufgetaucht:
1. Pal. 343, Nr. 165 (7 Str.). - 2. Berl. Hs. Mgf 753 (1575), Nr. 13; Abdruck des
Textes bei A. Kopp, AfdStdnSprLit 111 (1903) S. 14 f. (7 Str.). - 3. Benckhäuser
Ldhs. der Anna Lüning (1573-1588), Nr. 23, s.P. Alpers in NdZsfVk 1 (1923) S.
112 (4 Str.). - 4. v.d. Aelst 1602, S. 146, Nr. 156, Neudruck 1912, Nr. 157 (6 Str.).
Der Vergleich mit der zeitlich nahestehenden Niederschrift in Pal. 343 (1) aus der
gleichen Zeit offenbart eine Übereinstimmung der ersten sechs Strophen und darin
kaum ins Gewicht fallende Abweichungen. Schriftliche Vermittlung des Textes ist
naheliegend, worauf auch einige nachträglich verbesserte Abschreibeversehen
hindeuten. Eine gedruckte Vorlage ist jedoch bisher nicht bekannt. Nur an einigen
Stellen bewahrt Pal. 343 den besseren Text, weil D 44 durch geringfügige Änderungen
z. . den Reim verloren hat.
L e s a r t e n von 1: 6 dach und nacht [nacht und tag; 20 [deine schöne weis und zier;
22 verlangen [begir; 26 gefleckt [clare; 37 truwe [treuw inn ehren; 42 pracht [guet;
51 holt [wol. Str. VII ist identisch mit Str. VII in 2. Str. VIII und IX in D stehen für
sich. Str. X korrespondiert mit Str. VI in 4. - Bedeutsam ist das Lied in unserer Hs.
deshalb, weil es das Akrostichon KATARINA B aufweist. 1 hat nur KATRIN, in 2
ist das Akrostichon verwischt. D erweist sich somit eindeutig als Widmung an die
Besitzerin des Liederstammbuches, Str. X könnte als Neudichtung von Westrems
betrachtet werden. Sprachlich fällt bei D 44 auf, daß für die Niederschrift so gut wie
keine unverschobenen Formen Verwendung fanden (vgl. höchstens Z. 60 bruyckest),
sondern der hd. Sprachstand dominiert, jedoch treten viele nichtdiphthongierte Formen
an Stellen auf, an denen 1 die diphthongierte Schreibung bevorzugt: z.B. 13 dyner
hulff und schyn [dein hilf und schein u. ö. Daß der Schreiber jedoch ndt. sprach und
sich bei der Abschrift des Liebesliedes in fremdem Milieu bewegte, erkennen wir
deutlich an den ndt. Schreiberversen, zu denen ich keine Parallelen beizubringen
vermag.
Worterklärungen
77 tzo der letze = zum Abschied; NS 2: faen = fangen; wynde = Windhunde.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
229
Nr. 45
Wie die voranstehende Eintragung gehört auch vorliegender Text - hier aufgrund
der Namensnennung L. Hasenkamp - in das westliche Westfalen. Das 3strophige
Lied ist zu den ndt. Unica der Hs. zu zählen. Auffällig ist der mehr pessimistische
Grundton, wie er oft in ndt. Lieddichtungen der Zeit begegnet. Das Lied dürfte älter
sein, setzt man voraus, daß die Reimbindung ursprünglich dem klassischen Mnd.
entsprach. Demnach wären die Reime in Z. 3 in dolt, in Z. 8 in byn zu konjizieren.
In Z. 12/13 wäre der Reim mit ursprünglichem geklêt: sêt anzusetzen (s. Lasch, Mnd.
Gr. § 126, Anm. 1).
NS 1: Der fromme Schreibervers begegnet sinngleich auch bei D 81. Eine weitere
Parallele veröffentlichte R. Priebsch, ZsfdPh 38 (1906) S. 446 aus der Ldhs. Brüssel,
Ms. II, 144, Bl. 59 vo (16. Jh.):
Dye in deser werelt yet verkuyst,
daer hy got mede verluist,
alst dan comt up eyn scheyden,
so verluist hy se alle beyden.
NS 2: Hier handelt es sich um einen oft bezeugten Sinnspruch, der auch dem Initium
des Tanzliedes D 104 zugrundeliegt. Parallelen finden sich bei H.v. Fallersleben,
Findlinge 1, S. 461, Nr. 218 (aus einem Stammbuch der Bibl. Weimar) und bei Keil
S. 63, Nr. 93 (Stammbuch Coburg 1597).
Nr. 46
Katharinas jüngerer Schwester Elsbet v.B. u.B. verdanken wir neben den 1550
eingetragenen Texten D 12, 19 und 21 auch diesen, bereits 1548 niedergeschriebenen
Text eines dreistrophigen Abschiedsliedes. Dasselbe ist im 16. Jhd., beginnend mit
dem Ldb. des Arnt von Aich (um 1510), Nr. 2, sehr oft gedruckt und aufgezeichnet
worden. Quellenübersichten von A. Kopp: Pal. 343, Nr. 137; ZsfdPh 35 (1903) S.
512 (Mgf 752, 1568, Nr. 16); AfdStdnSprLit 111 (1903) S. 11 f. (Mgf 753, 1575,
Nr. 8); JbdVfndSprf 26 (1900) S. 31 (Uhland - de Bouck Nr. 80). Zeitlich und
räumlich nahestehende Parallelen finden sich in der Quarths. von 1579, Nr. 14, s.
F.J. Mone in Anz. f.d. Kde. d. teutsch. Vorzeit 7 (1838) S. 78 f., Nr. 19, und in der
Benckhäuser Ldhs. von 1573-1588, Nr. 11, s.P. Alpers in NdZsfVk 1 (1923) S. 111.
Der Text in D ist recht mangelhaft bewahrt, die Reime vielfach zerstört, ohne daß
das Lied dadurch allerdings völlig sinnlos geworden wäre. Der Schreiber vermag
die ursprüngliche Aussage auch in der veränderten Gestalt noch zum Ausdruck zu
bringen, und auch formal überliefert er - z.B. durch die Wahl einer neuen
Reimbindung in Z. 18/20 - das Modell noch relativ intakt. Zum Verständnis der
eingetretenen Wandlungen empfiehlt sich ein Vergleich mit einer älteren Quelle.
Wir wählen die älteste Fassung bei Arnt von Aich, Nr. 2: 1 [Jetz scheiden bringt mir
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
230
schwer; 3 van ein [von der; 6 [hat sie mein gmut bewart; 9 nytz [neit; 11 [und schickt
die klegliche zeit; 14 myr lankwyllych [langwilig mir; 18 [bedenck doch scheidens
end; 19 wyl [vil; 20 [so ich von hinnen lend; 23 [gluck bringt die zeit mit freuden.
Worterklärungen
8 weder ffardt = Widerwärtigkeit, ungünstiger Verlauf, DWb. 14, 1, 2, 971; 14
lankwyllych = im Sinne von ‘traurig’, DWb. 6, 185; 17 zu stur = zu gute, zu statten
kommen, DWb. 10, 2, 2589.
Nr. 47
Dieser Text gehört zu den Eintragungen des unbekannten Schreibers der Lieder D
9, 10, 11, 56, 59 und 67. Hier auf Bl. 43 ro steuert er ein Lied bei, das wir aus der
Überlieferung des 16. Jhs. recht gut kennen. An seiner Verbreitung waren
Liedersammlungen (Forster V, 12; Ldb. Ambr. 1582, Nr. 162) ebenso beteiligt wie
Flugschriftendrucke (Berlin, Ye 71; Basel, Sar. 151, 46). Hinweise auf die weitere
Überlieferung finden sich bei A. Kopp, Pal. 343, Nr. 103 und in Alemannia 44 (1917)
S. 91 im Anschluß an die Ldhs. Ottilia Fenchlerin, Straßburg 1592, Nr. 43. Neben
drei Strophen (wie in D) tauchen auch vierstrophige (Pal. 343) und fünfstrophige
Fassungen (Ldb. Ambr.) auf. Die von Böhme (E.-B. Nr. 1647) als ‘Hofelied’
bezeichnete Liebesklage erscheint in D erstmals in einer teilweisen Umsetzung ins
Mnd. mit der üblichen Beimischung hd. Leitformen (ich, hertz). Der neue Text folgt
den übrigen Fassungen keineswegs sklavisch; Neubildungen sind zu registrieren in
Z. 21/22, wo Pal. 343, Nr. 103, Z. 19/20 liest: es kombt nit her / das ich beger. Ob
die ndt. Fassung aus musikalischer Übung erwachsen oder als rein literarische
Adaptation zu betrachten ist, muß wie immer offen bleiben, jedoch spricht die
Füllungsfreiheit eigentlich gegen eine aus musikalischer Aufführung hervorgegangene
Rezeption des Liedes.
NS: Der gleiche Schreibervers taucht auch nach D 50 von anderer Hand auf.
Worterklärungen
25 follich = vielleicht; 37 waltgemoith = Wohlgemut, Name mehrerer Pflanzen, am
häufigsten für origanum vulgare (DWb. 14, 2, 1138).
Nr. 48
Ein Angehöriger des niederrhein. Adelsgeschlechtes von Holtorp (Vorname S) hat
1550 dieses Lied (dazu 1553 auf Bl. 22 ro den französischen Sinnspruch Coer quy
desyr na Repoys) eingetragen. Seine Devise W G W (= Wie Gott will, s. D 16, Löbe
S. 77, 155 und Dielitz S. 376) umgibt er mit zahlreichen sog. ‘Liebesknoten’.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Das hübsche, hier ganz nach dem Gehör niedergeschriebene hd. Liebeslied ist
zwischen 1550 und 1602 in den Quellen nicht selten vertreten. Nach unserer
derzeitigen Kenntnis hat die Variantenliste folgende Gestalt: 1. Pal. 343, Nr. 121
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
231
(4 Str.). - 2. Berl. Ldhs. Mgf 752, 1568, Nr. 4, s.A. Kopp in ZsfdPh 35 (1903) S. 510
(3 Str.). - 3. Berl. Ldhs. Mgq 612, 1574, Nr. 24, s.A. Kopp in Euphorion 9 (1902) S.
25 (7 Str.). - 4.-5. Berl. Ldhs. Mgf 753, 1575, Nr. 71 (4 Str.) und Nr. 124 (4 Str.),
s.A. Kopp in AfdStdnSprLit 111 (1903) S. 263. - 6. Ldhs. Manderscheid 1575-1600,
Nr. 46, s.J. Bolte in JbfVlf 3 (1932) S. 150 (5 Str.). - 7.-8. Ldb. Ambr. 1582, Nr. 94
(7 Str.) und Nr. 156 (7 Str.). - 9. Ldhs. Ottilia Fenchlerin 1592, Nr. 48, s.A. Birlinger
in Alemannia 1 (1873) S. 54 und A. Kopp in Alemannia 44 (1917) S. 93 (4 Str.). 10. v.d. Aelst 1602, S. 143, Nr. 152 (7 Str.).
Die Abweichungen in D 48 gegenüber der sonstigen Überlieferung sind in diesem
Falle beträchtlich. Die im allgemeinen 9zeilige Strophe ist auf acht Zeilen verkürzt,
die Reimbindung (ursprünglich ababwcddc) stark gelockert. Eine Reihe von
Wendungen ist in den Konkordanzen ganz ohne Parallele. Inhaltlich ist durch die
starken Eingriffe zumindest in Str. III gegenüber den Parallelen ein Bruch eingetreten.
Der Übergang vom Liebesgeständnis zur Liebesklage erfolgt zu unvermittelt. Der
beispielsweise in 1, Z. 30/31 ausgedrückte Gedanke
dem ich vormals pflag zu getrauwen
der hat betrogen mich
ist in D 48 ausgefallen, so daß dieser Text nicht mehr ganz intakt wirkt.
NS: Der Schreibervers besitzt eine Parallele im Nd. Reimbüchlein des 16. Jhs., Bl.
28, Z. 2081/82 (s. Seelmann S. 71):
Ach hedde ick minen willen
So weer ick gudt tho stillen.
Nr. 49
Die Schreiberin Kattryn von Battenborch, eine Base der gleichnamigen Besitzerin
des Stammbuches, war mit 8 Liedern über 12 Jahre am Zustandekommen der
Sammlung wesentlich beteiligt. Sie überliefert uns hier bei ihrem Besuch auf Hönnepel
im Jahre 1550 drei Strophen einer Liebesklage, die ihrem Ursprung nach noch dem
15. Jh. angehört. Im Ldb. des Hartmann Schedel, München ca. 1461-65 (Cgm 810,
Bl. 154), steht eine 13strophige Fassung; 12 Strophen sind gedruckt bei K. Frommann,
Das Münchener Ldb., in: ZsfdPh 15 (1883) S. 117-119 (daraus drei Strophen mit
einer Melodie aus einer Kontrafraktur in der Dresdener Ldhs. Cod. 53 wiederholt
bei E.-B. Nr. 463). Vom Weiterleben des Liedes im 16. Jh. zeugte bisher nur eine
dreistrophige Fassung im Ldb. des Adrian van Velen 1583, Nr. 37 (mir nicht
zugänglich). Sonst beweisen nur noch eine Reihe geistlicher Kontrafrakturen die
einstige Bekanntheit des weltlichen Liedes, das so selten aufgezeichnet wurde: vgl.
H. Knaust, Gassenhawer, Frankfurt a.M. 1571, Nr. 38, Hennig Nr. 50 und 156 usw.
- Lochamer-Ldb. Nr. 5 Ellend du hast mich umbfangen ist ein anderes Lied.
D 49 in der üblichen Mischmundart und verwilderter Schreibweise bewahrt in den
ersten beiden Strophen den Bestand der Strophen I und III bei Schedel einschließlich
der ursprünglichen Reimbildung recht getreu. Der Binnenreim in Z. 7 des
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
232
Originals ist aufgegeben. Allerdings ist die Zielrichtung des Liedes umgedreht worden:
aus einem Lied eines Manne wurde in D ein Lied, das einer Frau in den Mund gelegt
ist. Die dritte Strophe in D mischt Bestandteile aus verschiedenen Strophen von Cgm
810, wobei sich folgendes Bild ergibt:
D 49, Str. III
1
Cgm 810
V, 1
2
V, 2
3
XIII, 3
4
XIII, 4
5
-
6
V, 6
7
-
8
Zur Devise Kattryns vgl. D 15
Lesarten:
2 [so gar on al meyn schuld; 5 syn losen wort [ire suze wort; 6 bettort [verfurt; 7
[manch geselle gut ein frau behut; 11 [si spricht wol ya vnd meinet neyn; 13 [man
pfeift yn suß und macht yn gut; 17 [Jomerlicher jamer.
Worterklärungen
23 ych hadt = ich hasse; 24 saeden = Schaden. - Anderes findet durch die Lesarten
seine Erklärung.
Nr. 50
Der unbekannte Schreiber mit einer schwach nach links gerichteten Hand und
charakteristischen Initialbuchstaben, der gegen Ende des Ldb. neun undatierte Texte
beigetragen hat (Nr. 90-97, 100), beginnt seine Mitarbeit im Jahre 1555 mit einem
Lied, das zu den Unica der Hs. gerechnet werden muß. Die sieben Strophen folgen
- wie schon der Eingang nahelegt - dem Schema der sieben Planeten. Inhaltlich liegt
ein Tagelied vor. Durch den Vermittlungsprozeß des Liedes bis zu seinem
Niederschlag in dieser Hs. hat die Reihenfolge der Strophen allerdings offensichtlich
Änderungen erfahren. Die volle Wirkunl des Tageliedes wird erst wieder
zurückgewonnen, wenn wir die Strophen entgegen der Reihenfolge in D nach der
üblichen Abfolge des ptolemäischen Sphärensystems umstellen: Saturn = Str. I;
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Jupiter = Str. II; Mars = Str. III; Sonne = Str. IV, in der Hs. Str. VI; Venus = Str. V,
in der Hs. Str. IV; Merkur = Str. VI, in der Hs. Str. V; Mond = Str. VII. Diese
Umstellung ist in unserer Edition vollzogen. Hübner I, S. 46, Anm. 1, hatte zuerst
auf dieses Lied aufmerksam gemacht, das wegen seiner ‘meistersingerischen
Künstlichkeit’ von der Masse der anderen Liedtexte absticht. Er wies auf die Parallele
in der Ldhs. Pal. 343, Nr. 154 Ich weis kein zeit die mich erfreuwt hin, das ebenfalls
den Planetenumlauf mit bekannten Gestalten der mhd. Epik in Verbindung setzt. Ein
weiteres Lied von den siben Planeten (Flugschr. Berlin Yd 9655, Nürnberg: Fr.
Gutknecht mit dem Initium Jovis sein macht, die selb veracht) beschränkt sich auf
die Aufzählung der Gestirne.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
233
Anmerkungen und Worterklärungen
1 Zur Ansicht über die Kälte (kaldt, subst.) des Planeten Saturn vgl. HdA 7, 113-117
und 290, wo der Planet in einem mnd. Vierzeiler als alt, kalt, lelic unde onreyne
bezeichnet wird; 3 gelest = Glanz; 4 lies ach, dusent ach; 5 engemach =
Unannehmlichkeit, Leid; 10/12 Gamerat und Pellicain = Guhmuret und Belacane
aus dem Parzival, Buch 1; 14 dede, lies: tet; 14. frouw Etami = Itonje, die Enkelin
der Königin Arnive aus Parzival, Buch 12; 17 Graneflans = König Gramoflanz, der
Gegner Gawans, der Geliebte Itonjes, Parzival Buch 13/14; 24 Jupiter gehört zu den
glückbringenden Planeten, vgl. HdA 7, 135-138. Er wird in den Liedern Ach Jupiter
hetst du Gewalt des Adam von Fulda (Ldb. des Arnt von Aich Nr. 38) und Ich armer
Poß bin gantz verirrt (Ldb. Ambr. 1582, Nr. 18) um Hilfe angerufen; 25/26 lies grim
(: schîn?). Zum unheilbringenden Mars s. HdA 7, 290. Ein Lied bei Forster I, 50,
beginnt: Mars dein gefert ist hert; 34/36 = Arabele (später Gybure getauft) und
Markgraf Willehalm; 37/38 = Dulciflur und Wigamur aus dem späthöf. Roman
Wigamur; 49 ff. Venus (d.i. der Morgenstern) wird hier ganz im Stile des Tageliedes
als Weckruferin der Liebenden angesprochen; vgl. D 84, D 94, Z. 60-61; 59/60 =
Feirefiz und Secundille, Parcival Buch 15; 61 Origal ist zweifellos verderbt und
wohl zu konjizieren als O wie Rial, wobei der parallele Anfang von Str. VII als Stütze
heranzuziehen ist. Rial war der Deckname Wilhelms von Österreich, der erst nach
langer mühevoller Fahrt durch die Heidenschaft mit Aglye, seiner Jugendgeliebten,
wieder vereinigt wurde; 72 ffryen = helfen, unterstützen; 73/74 lies mant: volant;
zum Mond als letztem Planeten s. HdA 7, 261-262; 76 vier Element, lies firmament?;
82/84 = Sigune und Schionatulander, Parzival Buch 3.
NS: siehe D 47.
Nr. 51
1549 von einem (einer?) nicht näher zu identifizierenden Verwandten E. von
Batenborch beigesteuert, der (die) genau wie Elsbet v.B. das ndt. Motto der Familie
Bronckhorst Got Baven al gebraucht (vgl. D 19, 21, 46). Das Lied ist bisher nicht
nachweisbar. Es dürfte schon einige Jahrzehnte älter sein, da es nach Form und Inhalt
Zeichen starker Umformung erkennen läßt. Audi die im Lied zum Ausdruck
kommende Haltung ist nicht mehr einheitlich; du und er wechseln schon in Str. I
unvermittelt. Die Strophenform scheint besser erhalten als die Reimbindung. Nur
ein glücklicher Umstand kann hier weiterhelfen, das an vielen Stellen dunkle Lied
zu erhellen.
Worterklärungen
1 buyler, mhd. buolaere = Geliebter, Liebhaber; 2 merteller, zu Merzeller = Händler,
oder zu Marterer, Märtyrer?; 3. Affenspiel treiben, sprw., s. Wander 1, 39, DWb. 1,
184; 4 ein Kartäuserleben führen, sprw., für ‘ein entbehrungsreiches Leben führen’
s. Wander 2, 1149, DWb. 5, 243; 6 suchten = Seufzen; 20 en wart = ein Wort; 21
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
unwert gayst = unliebsamer Gast, häufig in frühnd. Dichtung, s. DWb. 11, 3, 2188;
vgl. auch D 99, Z. 14; 22 magen, lies maken.
NS: Nicht zu belegen.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
234
Nr. 52
Auf die Schreiberin Anna von B. und B. gehen außerdem die Lieder D 43, 52 und
62 zurück. Hier handelt es sich um ein Dialoglied, das durch den Traditionsprozeß
stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Das Strophengerippe ist noch erkennbar,
aber an den verderbten Reimbindungen ist der hohe Grad von Zerrüttung abzulesen,
der sich auch im Inhaltlichen wiederholt: Der Klage in Str. I folgt die Beschwichtigung
durch die Frau in Str. II. - Str. III müßte nun folgerichtig die Vereinigung des Paares
bringen, aber hier nimmt das Lied in Z. 24 mit der unerwarteten Abschiedsformel
eine neue Richtung. Konkordanzen zur Wiederherstellung des ursprünglichen
Wortlautes sind bisher nicht bekannt. Ein im 16. Jh. häufig belegtes Loblied auf die
heimliche Liebe teilt mit unserem Lied nur die ersten beiden Zeilen; es ist
beispielsweise zu finden in der Berl. Ldhs. Mgf 752, 1568, Nr. 108 (Nachweis von
A. Kopp in ZsfdPh 35, 1903, S. 528), in der Berl. Ldhs. Mgf 753, 1575, Nr. 20
(Nachweis von A. Kopp in AfdStdnSprLit 111, 1903, S. 19) und im Ldb. Ambr.
1582, Nr. 181.
Zur Devise s. Kommentar zu D 43.
Nr. 53 und 78
Wenn wir bei D 13 hinter dem Schreiber mit den Initialen CVB (D 13: KVB) eine
weibliche Person vermuteten, so bestätigt sich das beim Blick auf das Lied D 53
nicht. Es richtet sich deutlich an ein medelyngh (Z. 27). Das mit einem
charakteristischen Natureingang einsetzende Lied hat durch Johan von Raisfelt als
D 78 noch ein zweites Mai Eingang in unsere Hs. gefunden. Beide eng miteinander
verwandten, aber doch selbständigen 4strophigen Fassungen stellen den Oikotyp zu
einem Lied dar, das im 16. Jh. mehrfach gedruckt worden ist. Zu unserem Oikotyp
gehört noch eine Fassung von 5 Strophen in der Berl. Ldhs. Mgq 612 von 1574, Nr.
6; Abdruck des ebenfalls vom Niederrhein stammenden Textes bei A. Kopp,
Euphorion 8 (1901) S. 515 mit weiteren Nachweisen. Jeder der drei Fassungen kommt
eigenes Gewicht zu; es ist schwer, einer den Vorzug einzuräumen. Jede bewahrt auf
ihre Art wesentliche Teile des Liedes und verdeutlicht die innerhalb eines Typus
mögliche sprachliche und gedankliche Variationsbreite. Da vielfach Versatzstücke
an die Stelle des ursprünglichen Wortlautes getreten sind, hat sich eine sprunghafte,
oft unlogische Gedankenfolge eingestellt, die typisch für das von Konventionen
beherrschte späthöfische Minnelied ist. Die verbreitetere Grundform des Liedes
besteht aus vier Strophen und stimmt mit dem Oikotypus nur in der ersten und in
den vier ersten Zeilen der zweiten Strophe überein, nimmt dann aber eine andere
Richtung. Belege hierzu seit Forster 3, Nr. 19 (1552) bis zu Uhland - de Bouck Nr.
3, vgl. die Nachweise von A. Kopp in JbdVfndSprf 26 (1900) S. 9-10, ferner Uhland
Nr. 86, Böhme, Altdt. Ldb. Nr. 263 und E.-B. Nr. 748 (sämtlich nach Forster).
Wichtigere L e s a r t e n von Mgq 612: 12-14 [Wer einen stedigen Boelen hatt, /
Die lieb in der maessen, / Das er kan abelon; 22-28 [Herzlieb, ich wolte dich bitten,
/ Du wolles meiner vergessen nicht, / Schleus mich vff dein herze, / Schleus
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
235
mich herz lieb dar in, / Vergis meiner nicht, das bitte ich dich, / So will ich dich
wederumb lieb habn / Bis vf das ende mein. Mgq 612 hat als Str. V eine
Erzählerstrophe, die weder in D 53 noch in D 78 zu finden ist.
NS zu D 53: vgl. Kommentar zu D 17.
Das französische Motto ist zu lesen als ‘Espoir m'a apprivoisée’ (Hoffnung hat
mich gezähmt).
Nr. 54
Dieser Eintrag von 1558 gehört bezüglich der Entstehungsgeschichte des
Liederstammbuches zu den spätesten, er beweist aber u. U., daß die Hs. bis gegen
Ende der 50er Jahre am unteren Niederrhein verblieb, ehe Katharina als Ehefrau
Balthasars nach Bergen bei Alkmaar in Nordholland ging: der Schreiber F.v. Schöler
gehört dem Geschlecht der Scholeer an, das auf Mettmann im nördlichen Teil der
Rheinprovinz saß. - Der Sprachstand des von ihm gewidmeten Liedes ist hd., wodurch
die Richtung angedeutet ist, aus der dieses Lied an den Niederrhein gelangte. Auch
die übrige Überlieferung spielt sich im wesentlichen auf hd. Boden ab (mit Ausnahme
der späten ndt. Adaptation im Nd. Ldb., s. Uhland - de Bouck Nr. 62 und die betr.
Nachweise von A. Kopp, JbdVfndsprf 26, 1900, S. 26). Die wohl früheste Quelle
für das Lied stellt ein Folioblatt ohne nähere Angaben nach 1500 dar (Yd 7801. 67,
s. Brednich, Liedpublizistik 2, Nr. 501, 9:9). Danach handelt es sich um ein Dialoglied
mit einer Werbung eines Mannes um eine zunächst widerstrebende Frau, die ihn
schließlich einläßt und die Nacht mit ihm verbringt. Durch den Einfluß von
Tageliedelementen und manche andere Umformungen hat dieses Lied später mehrere
oikotypische Formen entwickelt. Eine derselben nimmt von Flugschriftendrucken
um 1530 und den Bergreihen von 1531 ihren Ausgang und reicht bis zum Ldb. Ambr.
1582, Nr. 202 und v.d. Aelst Nr. 151 (vgl. die Nachweise bei Heilfurth-Seemann S.
247). Eine abweichende oikotypische Form geht von Forster III (1549) Nr. 6 aus
und reicht über das Ldb. der Katharina von Hatzfeld Nr. 26 (2. H. 16. Jhs., s.J. Bolte
in ZsfdPh 22, 1890, S. 404, Nachweise!) bis zum Ldb. Ambr. 1582, Nr. 23 und zu
Uhland - de Bouck Nr. 62 (verkürzt auf drei Strophen). D 54 bewahrt Strophen aus
beiden Oikotypen, wobei sich folgendes Bild ergibt:
D
I
Bergreihen I, 29a
Str. I
II
Bergreihen I, 29a
Str. II + V
III
Bergreihen I, 29a
Str. III
IV
~ Forster III, 6
Str. IV
V
Bergreihen I, 29a
Str. V.
Wichtigere L e s a r t e n (Konkordanzen gemäß obigem Schema): 1 hertz [hort; 4
stehet [Bergr. schwebt; Forster wüt; 12 zu [du; 16 [vnd wend mir meinen schmertzen;
26 [ich fürcht, du schweigst nicht stille; 30 [die du mir ganst von hertzen; 31 [O fraw
mein hort; 44/45 [kein freundlich bith / sol sparen dich.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
236
Das französische Motto En Dieu mon esperance auch eingetragen 1628 in das
Stammbuch der Johanna Elisabeth Hake zu Schevendorf u. Bökel (Westfalen),
mitgeteilt von J. Graf von Oeynhausen in der Zs. d. hist. Ver. f. Niedersachsen Jg.
1872, S. 215.
NS: Der gleiche Schreibervers auch nach D 89.
Nr. 55
Unter den acht Liedern, die Kattryn von Batenborch zwischen 1546 und 1558 zur
Hs. beiträgt, ist dieses das späteste. Die Schrift, die Vorliebe zur Ausfüllung der
letzten Zeile jeder Strophe mit ‘Liebesknoten’ und das Monogramm HCVB unter
Krone machen die Zuordnung eindeutig. Auch der sprachliche Befund verweist auf
die in den übrigen Liedern Kattryns vorherrschende Mischmundart. Auffällig ist,
daß die Schreiberin uns unter ihren Eintragungen mit insgesamt drei Liedern eine
relativ hohe Zahl von Unicaten überliefert. Hier liegt die Vermutung nahe, daß die
betr. Stücke (D 55, 99 und 106) die Schreiberin selbst zur Verfasserin haben. Das
vorliegende Lied in einer einfachen 4zeiligen Strophenform könnte so u.U. Ausdruck
eines persönlichen Problems in Liebesdingen sein, zumal sich die Verfasserin in Str.
IV bei ihrem gespielen (ihrer Base?) Rat holt. Die Unklarheiten in Str. II (warden,
taug?) würden allerdings wiederum mehr für die Vermitteltheit des Textes sprechen.
NS: Der gleiche Spruch auch nach D 57. Er ist in Ldhss. des 16. Jhs. häufig
anzutreffen: z.B. als NS zu den Liedern Nr. 36, 46 und 95 der Berl. Ldhs. Mgf 752
(1568), s.A. Kopp in ZsfdPh 35 (1903) S. 516; Darmstädter Hs. Nr. 1213 von 1587,
Bl. 84 vo, s.A. Kopp in ZsfdPh 37 (1905) S. 512; Westfäl. Quarths. 1579, S. 38, Nr.
14.
Nr. 56
Von einem unbekannten Schreiber, der auch die Texte D 9-11, 47, 59 und 67
hinterließ. In D 59 nennt er seine Initialen EBA oder EKA? Bei seinen
Niederschriften, besonders aber bei D 59, fällt auf, daß der Schreiber zahlreiche
Wörter miteinander verbindet. Diese oft willkürlichen Ligaturen sind von uns
größtenteils wieder rückgängig gemacht worden, um das Verständnis des Textes
nicht unnötig zu erschweren. Das Lied lag bisher in einer einzigen, teilweise
zerrütteten Fassung in der Ldhs. des Grafen Manderscheid Nr. 65 vor, s. den Abdruck
des Textes durch Joh. Bolte in JbfVlf 3 (1932) S. 154. Der Strophenbestand stimmt
überein, hat jedoch in M eine andere Reihenfolge: I, VI, II, V, III, IV, VII.
Wichtigere L e s a r t e n : 8 [waß hilffft, daß ich lange clage; 19 [vnkraut kan nit
verderbenn; 27 thwe [drei; 30 [vnnd hast doch kleinen danck.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
237
Anmerkungen und Worterklärungen
Für den ndt. Ursprung des Liedes sprechen Wortformen wie bathen (Z. 8), misslich
(Z. 24) = wer weiß, es ist zweifelhaft, und ure (Z. 27) = Stunde. 7 foill = viel; 14 den
Hund hinken lassen = falsch sein, sprw., verbreitet im Ndt., s. Schiller-Lübben 2,
334, Wander 2, 882, Nr. 1448; vgl. auch D 10, Z. 16; 21/22 beständig wie ein
Wetterhahn, sprw., s. Wander 1, 337, 5, 218; 31/32 vgl. Antw. Ldb. Nr. 103, Str. IV,
1-2 mijn lief die wil wandelen / daer slae den hencker toe; 34 beiden = warten.
Abdruck des Textes von D 56 bei Hübner II, S. 177-178.
NS: Eine Parallele ist nicht nachweisbar.
Nr. 57
Zu einem Zeitpunkt, als sich das bereits mit zahlreichen Texten beschriebene
Liederstammbuch im nördlichen Teil der Niederlande befand, trug sich 1565
M(argriet?) van Meroede, eine Stiefnichte Balthasars von Brederode, des Gatten
Katharinas, in die Hs. ein. Auf die gleiche Seite, quer zur NS, zeichnet sich zudem
noch eine weitere Stiefnichte Balthasars, M(argriete?) van Brederoden, mit ihrem
Namen, ihrem Motto und einem Wahlspruch ein. Die Schreiberin des Liedes wählt
allerdings einen hd. Text. Er ist aus drei zeitgenössischen Ldhss. aus Norddeutschland
und vom Niederrhein bekannt: 1. Mgf. 752, 1568, Nr. 1 (5 Str.), s.A. Kopp, in ZsfdPh
35 (1903) S. 509. - 2. Mgq 612, 1574, Nr. 63, (4 Str.), s.A. Kopp in Euphorion 9
(1902) S. 305. - 3. Mgf 753, 1575, Nr. 103 (3 Str.), s.A. Kopp in AfdStdnSprLit 111
(1903) S. 272. Unser Text korrespondiert am engsten mit 2, weshalb wir uns beim
folgenden Ve r g l e i c h der L e s a r t e n auf diese Fassung beschränken. D 57 folgt
Str. I-III von 2. 4 [Wahn ich nicht bey euch mag sein; 13 [Noch will ich bey dir thuen
und laessen; 16 [Kein mahn uns das verziert (lies: verkehrt); 17 [Feins lieb halt mir
die traue; 22/24 [In rechter stedicheit / Du geliebst mir bouen allen / Bouen allen
Jungling rein.
Zur NS Ghein liffer dan dich... s. Kommentar zu D 55.
Nr. 58
Die Hand, die 1556 dieses dreistrophige, mit preziösen Vergleichen ausgestattete
Liebeslied einträgt, ist in dem Stammbuch sonst nicht vertreten und - da ohne nähere
Angaben - nicht zu identifizieren. Das Lied ist aus gedruckter Sphäre bekannt: 1.
Flugschr. Berl. Yd 7850.5, Nürnberg: Val. Fuhrmann (5 Str.). - 2. Flugschr. Berl.
Ye 43, Nürnberg: Val. Newber (5 Str.). - 3. Ldb. Ambr. 1582, Nr. 208 (5 Str.). Einige
Varianten gegenüber 3 seien zur Veranschaulichung der Änderungen im mündlichen
Überlieferungsprozeß, die in D zu einer starken Umwandlung des Textes führten,
hier mitgeteilt. D 58 folgt Str. I, II und III/V von 3: 5 [von dir mein schatz; 9/10 Zu
dieser freud / zu seiner zeit; [13 zu dieser fahrt; 15/16 der feyelstam/lavendelzweig;
21 [du schöner basiliam; 23 [dein ärmlein weis.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
238
Ein anderes Lied bei Uhland - de Bouck Nr. 147, H.v. Fallersleben, Ges. Ldr., Nr.
157 hat mit D 58 nur die beiden Eingangszeilen gemeinsam.
Nr. 59
Vom unbekannten Schreiber der Lieder Nr. 9-11, 47, 56 und 67 eingetragen. Seine
Identität verbirgt er hier unter den Initialen EBA (EKA?) und einer Krone, so daß
seine adlige Abkunft als sicher gelten kann. Das von ihm gewidmete Lied handelt
von einem Liebenden, der über den Verlust seiner Angebeteten klagt und sich nichts
sehnlicher als eine Rückkehr zu ihr wünscht. Inhalt, Form und Sprache sind gegenüber
dem zugrundeliegenden hd. Liedtypus vielfach verändert und entstellt. Es sind vier
z.T. stark abweichende vierstrophige Parallelfassungen nachweisbar. 1. Pal. 343, Nr.
91 Ach du heimliches leiden. - 2. Mgq 612 (1574), Nr. 3, s.A. Kopp in Euphorion 8
(1901) 513. - 3. Flugschr. Berlin Yd 7850.2 (Augsburg: Michael Manger, o.J. [ca.
1570-1603]): Zehen Scho ner Lieder. Das sibent: O du vil heymlichs leyden. - 4.
Lieder Bu chlin Köln, bey Henrich Nettessem [um 1580], Nr. 211. Mit der
Übernahme dieses hd. Liedes ins Mnd. war offenbar ein Rückgängigmachen
diphthongierter Formen verbunden, lautverschobene Formen blieben erhalten (ich,
das, uiserkoren, hertzen usw.)
NS: Einen ähnlichen Schreibervers vgl. bei D 8.
Nr. 60
Von unbekannter Hand 1554 gewidmet; die Schrift taucht sonst in der Hs. nicht auf.
Das Lied - ein Monolog eines Sängers über die verlorene Geliebte - ist stark verderbt.
Es besitzt eine einzige Parallele in der etwas späteren Berl. Ldhs. Mgf 752 (1568),
Nr. 39 Mocht ich vergessen lerhenn / das wehr woll an der zeitt (3:9), s.A. Kopp in
ZsfdPh 35 (1903) S. 516. Die Einleitungsstrophe ist auch Teil eines anderen Liedes
(Weß sall ich mich ernerrenn) geworden, das sich als Nr. 93 in der gleichen Hs. Mgf
752 findet (Kopp S. 526, Str. V). Es hat weitergelebt bis zu v.d. Aelst 1602, Nr. 163,
wo die betr. Strophe folgenden hd. Wortlaut hat, der zum Vergleich herangezogen
sei (Str. V):
Möcht ich vergessen lehren,
daß dünckt mich mehr dan zeit,
mein hertz in raste kehren,
daß jetzt viel hochmuts leid.
ich weiß es niemandts zu klagen,
ich sehe der vntrawen so viel,
ellend wil ich verdragen,
kein andern wil ich sagen,
ich sehen ein verlohren spiel.
Vgl. auch D 48, Str. III, Z. 20-24.
NS (von anderer Hand): Nicht nachweisbar.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
239
Nr. 61
Das Lied gehört zu den Unica der Hs. Durch das Akrostichon seiner Strophenanfänge
ergibt sich der Hinweis, daß dieses Lied von einem Angehörigen des bekannten ndl.
Adelsgeschlechtes der Renesse stammt, das mit dem Haus Bronckhorst-Battenburg
durch verwandtschaftliche Beziehung verbunden war. Die im Gegensatz zu vielen
anderen Stücken der Hs. sprachlich einwandfreie Wiedergabe des ndl. Textes spricht
vielleicht für eine eigenhändige Eintragung des Verfassers (oder eines geübten
Schreibers). Das Lied kann als Zeugnis dafür herangezogen werden, daß man in der
2. Hälfte des 16. Jhs. Lieder mit Minnethematik nicht nur weitertradierte, sondern
durchaus aus dem im Umlauf befindlichen Gedanken- und Formelgut neu zu gestalten
wußte. Das Ergebnis wirkt matt, manieristisch und abgegriffen, die übertriebenen
Liebesbeteuerungen weitgehend unglaubwürdig. Sprachlich fällt mitten in ndl.
Umgebung wieder die hd. Lautform hartze in Z. 11 auf.
Worterklärungen
2 derven = entbehren; 5 druc = Not, Bedrängnis; 6, 9, 27 oyt, ndl. ooit = je, jemals;
8 o laes, zu mndl. alaes, Verwijs-Verdam 1, 329, Ausruf; o wach = desgl., s.
Verwijs-Verdam 9, 1491; 13 rust = Ruhe, Frieden; 14 geblust, von mndl. bloten =
befreien; 19 totter doot = bis zum Tod.
Nr. 62
Anna von Bronckhorst und Battenborch, der wir auch noch die Texte D 43 und 52
verdanken, verewigt sich hier mit einem vierstrophigen Lied, das 1552 eingetragen
wurde, als das Ldb. versehentlich umgekehrt zum Schreiben bereitlag (ob man von
da aus Folgerungen auf rauschende Feste auf Hönnepel ziehen darf, bleibt angesichts
der recht sorgfältigen Eintragung Annas zweifelhaft). Die vier Strophen gehören zu
einem Liedtypus, den uns das 16. Jh. in Liederbüchern, Einzeldrucken und Hss.
häufig überliefert. Die Tradition setzt mit Peter Schöffers Liederbuch, Mainz 1513,
Nr. 51 ein, reicht über die Reutterliedlin von 1535, Nr. 27, die Bergreihen von 1537,
Nr. 55, Forster 3, 1549, Nr. 25, bis zum Ldb. Ambr. 1582, Nr. 35. In der 2.
Jahrhunderthälfte gesellen sich Belege in Hss. hinzu: Pal. 343, Nr. 163; Mgf 752
(1568), Nr. 23, Mgf 753 (1575), Nr. 19. Nachweise erbringen u.a. Forster-Marriage
S. 246 f., A. Kopp in ZsfdPh 35 (1903) S. 513 f. und Heilfurth-Seemann S. 260. Alle
die genannten Quellen tradieren eine dreistrophige Form, von der unser Lied durch
zahlreiche individuelle Abweichungen und eine außerhalb der Tradition stehende
Zusatzstrophe absticht.
Worterklärungen
11 wettenn = wissen; diese Stelle hat in der sonstigen Überlieferung keine Parallele.
Pal. 343, Nr. 163, Str. II, 3-5 hat hier folgenden besseren Wortlaut: ach Got, möcht
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
ichs erlangen / das ich ir weiblich gstallt / möcht sehen ein cleine zeit; 15 verschrecket,
in der Paralleltradition verstricket; 16 lydt = laß; 22 twenkung = Bedrängnis.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
240
Das Motto ABDE ist wie oben bei D 43 und 52 wohl als Anfang bedenk das Ende
aufzulösen.
Nr. 63
siehe Nr. 10
Nr. 64
Kattryn von Battenborch, die Base der Besitzerin des Ldb., hat von insgesamt acht
mitgeteilten Liedern vier im Jahre 1553 niedergeschrieben: D 99, 102, 106 und das
vorliegende. Es gehört zu einer im 16. Jh. bisher nur sechsmal vollständig belegten
Liebesklage mit dem Normaleingang Ach Gott, wie weh tut scheiden. Kattryn weicht
in der Strophenfolge von der sonstigen öberlieferung ab und erweist sich auch durch
die Hinzufügung einer Strophe aus einem anderen Liedtypus als selbständig (Str.
V). Die Überlieferung des Liedes stellt sich nach unserer Kenntnis wie folgt dar:
1. *Ldb des Johannes Heer von Glarus, hrsg. von Arnold Geering und Hans
Trümpy, Basel 1967, Nr. 21 (4 Str., eingetragen 1510). - 2. Forster 3 (1549) Nr. 17
(5 Str.). Danach Wdh. 1,206, Uhland Nr. 67, Liliencron, Leben Nr. 124,
Goedeke-Tittmann Nr. 72, Böhme, Altd. Ldb. Nr. 263, E.-B. Nr. 746 usw. - 3.
Flugschr. Berl. Yd 9661 (Nürnberg, Fr. Gutknecht) (4 Str.). - 4. Flugschr. Vatikan
Pal. VI. 54. 26 (Nürnberg, Val. Newber) (4 Str.). - 5. Pal. 343, Nr. 100 (4 Str.). - 6.
Ldhs. Manderscheid (ca. 1575-1600) Nr. 41, s.J. Bolte in JbfVlf 3 (1932) S. 150 (4
Str.). - Weitere Nachweise bei Forster-Marriage S. 244.
Lesarten:
Zum Vergleich wird 2 herangezogen, da D dieser Fassung am nächsten steht. Den
vier Strophen von D entsprechen bei Forster Str. II, III, I und V. 5 [ist mir erfrorn
bey sonnenschein; 9 solker [edler; 12-14 in D selbständig; 17 [so drab ich vber d
heyden; 22 [Solt ich meins bulns erwegen; 25 goden [falschen.
Str. V gehört - wie schon die Strophenform erkennen läßt - ursprünglich nicht zu
unserem Lied. Sie ist herübergenommen vom Beginn des Liedes Ach Gott, wie ist
mein boll so wilt, das u.a. belegt ist in der Berl. Ldhs. Mgf 752, 1568, Nr. 57, vgl.
A. Kopp in ZsfdPh 35 (1903) S. 519-520, im Antw. Ldb. 1544, Nr. 138, Mel. bei
Böhme, Altd. Ldb. Nr. 423. Wahrscheinlich ergab sich aus dem Incipit von Str. III
die Assoziation zu dieser Kontamination.
Worterklärungen
2 ffyolen = Veilchen; 3 untffraren = erfroren; 10 doeyhden = duchden, Tugend.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Nr. 65
1555 von einem unbekannten Schreiber in einer bemerkenswerten Schrift mit betonten
Unterlängen gewidmet. Die Hand ist nur auf diesem Blatt vertreten. Das Liebeslied
weist im 16. Jh. eine reiche Überlieferung auf, die wir hier nicht voll-
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
241
ständig aufzulisten brauchen. Variantenverzeichnisse bieten Marriage S. 211 f. im
Anschluß an Forster 1, 1539, Nr. 35 und A. Kopp, ZsfdPh 35 (1903) S. 513 im
Anschluß an Mgf 752, 1568, Nr. 22, AfdStdnSprLit 111 (1903) S. 21 im Anschluß
an Mgf 753, 1575, Nr. 26 und JbdVfndSprf 26 (1900) S. 28 f. im Anschluß an
Uhlandde Bouck Nr. 71. Die Überlieferung setzt bei P. Schöffers Liederbuch von
1513, Nr. 7, ein; in die Nähe unserer Fassung gehören die Belege in der Zütphener
Ldhs. von 1537, Nr. 27, und in Pal. 343, Nr. 187. Das ursprünglich hd. Lied ist
schwach ndt. überformt worden (ergeven, have, hertzleyff, vorplycht, teghen, breycken,
leve usw.). Im übrigen herrscht weitgehende Übereinstimmung mit der sonstigen
Tradition, repräsentiert z.B. durch Pal. 343, vor.
Va r i a n t e n im Vergleich zu Pal. 343, Nr. 187: 10 [uff all mein ehr; 19 vorplycht
[versich; 23/24 Seit du die bist / gen der mich glüst; 25 breycken [brauchen; 32 [vor
laid und clag.
NS: Die Devise MHZG = Mein Hoffen (meine Hoffnung) zu Gott auch bei D 42,
ausgeschrieben bei D 102. Der Schreiber fügt der Devise noch die Zahl 8 und das
Wörtchen zo bei, was als Acht zo gelesen und als weiteres Motto verstanden werden
könnte.
Nr. 66
Die ungewandte und stellenweise verkleckste Schrift stammt sicherlich von einer
älteren, wahrscheinlich männlichen Person her und kommt in der Hs. sonst nicht
mehr vor. Textlich liegt wieder eines der zahlreichen Lieder hd. Ursprungs vor, das
durch seine Übernahme in den niederrheinisch-westfälischen Sprachraum eine der
zeitgenössischen Sprachentwicklung gemäße unvollständige Umformung ins Ndt.
erfährt. Mit dem Ldb. von Arnt von Aich Nr. 42 tritt dieses Lied in die musikalische
Tradition des 16. Jhs. ein und ist seitdem häufig bezeugt. Es gilt gemeinhin als
Jagdund Liebeslied des Herzogs Ulrich von Württemberg, was sich jedoch nicht mit
Sicherheit nachweisen läßt. Die Volksliededitoren des 19. Jhs., vom Wdh. 1, 162
über Uhland Nr. 179 bis zu Böhme, Altd. Ldb. Nr. 443 haben sich das Lied nicht
entgehen lassen. Hs. Parallelfassungen des 16. Jhs. zu D liegen z.B. vor in Mgf 752,
1568, Nr. 21, Mgf 753, 1575, Nr. 94 (s. die weiterführenden Nachweise in den
Hs.-Beschreibungen von A. Kopp). Eine vollständige Umsetzung ins Ndt. bei
Uhland-de Bouck Nr. 10 mit quellenkundlichen Hinweisen von A. Kopp in
JbdVfndSprf 26 (1900) S. 12. Der Ve r g l e i c h mit der Fassung bei A. von Aich
fällt nicht unbedingt zugunsten unseres Textes aus. D 66 teilt mit der
Parallelüberlieferung manche Verderbnisse, kann aber doch als Zeugnis für die
lebendige und natürlich auch Mißverständnissen unterworfene Aneignung eines
‘gehandhabten’ Liedes gelten. Die Reihenfolge der Strophen in der Quelle von 1510
ist I, III, II. Nur Str. III in D 66 ist mit 8 Zeilen vollständig überliefert, in Str. I und
II fehlen jeweils zwei Verse. 1 in yammerdal [in jamers ton; 3 en aff gelan [on
abelon; 8 des muß ich oft entgelten; 9 [Noch halt ich stets auf jegers ban; 19 nycht
mer ges [nit mer ich heisch.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
242
NS: Der Schreibervers geht wie in vielen anderen Fällen auf die sog. Werldtspröke
des 16. Jhs. zurück. Auf Bl. 30 ro, Z. 2272-2275 hat die vollständige Form des
Spruches folgenden ndt. Wortlaut:
Ick hebbe gejaget, dat mi behaget,
Godt hefft gevöget, dat mi genöget.
Hedde ick alles wildes kör,
Ick jagede men, dat ick hebbe vör.
(Seelmann S. 77)
Worterklärungen
8 duck = stark, sehr; 9 ich hal = ich halte mich; 13 Fro hen = fahr hin; 20 bedregenn
= betrügen.
NS: 2 kor = hier; Beschluß, Bestimmung.
Nr. 67
Vom Schreiber der Lieder Nr. 9-11, 47, 56 und 59, der seine Identität nicht offenbart
und hier zusätzlich durch eine Geheimschrift am Ende des Textes Rätsel aufgibt (s.
Abb. 8). Typologisch handelt es sich um die gleiche Verschlüsselungspraxis wie bei
D 86 (vgl. Abb. 9); trotz intensiver Bemühung ist es - auch im Verein mit
Hs.-Spezialisten - nicht gelungen, hinter den Sinn der Zeilen zu kommen. Das
vierstrophige Lied mit recht unregelmäßiger Strophenform und verderbtem
Reimverband a a b w b hat zweifellos eine Vorgeschichte, über die wir jedoch nur
mangelhaft unterrichtet sind. Das einzige Parallelzeugnis, in ebenso schlechtem
Zustand, enthält die Berl. Ldhs. Mgf 752 (1568), Nr. 44 mit 9 ungleichmäßigen
Strophen, s.A. Kopp in ZsfdPh 33 (1903) S. 517. Auf ndt. Ursprung könnte (wie bei
D 56) der Reim sin: pin (Z. 3/5) hindeuten. Ein von J. Bolte nachgewiesener
7strophiger Text in der Ldhs. Manderscheid von ca. 1580, Nr. 10, ist leider nicht
mehr zugänglich.
Worterklärung:
1 erwerden, lies erweren, so Mgf 752.
Nr. 68
Wieder eine der optisch so überaus ansprechenden, fast kalligraphischen Eintragungen
Kattryns von Battenborch. Der hier durch sie überlieferte Liedtypus ist als D 4 schon
einmal in unserer Hs. vertreten. Während dort aber das Modell vielfach entstellt und
überarbeitet erscheint, spiegelt sich in dieser dreistrophigen Fassung das bisher nur
sehr selten aufzufindende Lied in einer besseren, wiewohl ebenfalls selbständigen
und individuell veränderten Variante. Verzeichnis der Überlieferung s. im Kommentar
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
zu D 4. Die wesentlichsten Ä n d e r u n g e n werden im Vergleich zu Ldb. Ambr.
1582, Nr. 26 deutlich; die Reihenfolge der Strophen ist dort II, III, I:
3 [Und wer nach meinem singen hört; 9 Gelych wal wylles [So wil ich doch; 11 myn
godyen mot [Mein narren; 14 [den führ ich gantz verborgen (also eine Ver-
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
243
kehrung der ursprünglichen Aussage ins Gegenteil, ohne daß das Lied wesentlich
darunter leidet!); 16 keyn kleyffrer [niemand; 20 [ich treib es in rechter güte; 21
[Was niemand schad und mich erfrewt; 24 [ich singe wol, wenn ich was kündte.
Das M o t t o NVMH ist in der Literatur nicht bezeugt.
Nr. 69
Das Lied ist erst 1565, also spät, in der Handschrift eingetragen. Unterzeichnet ist
es mit A.v. Brederoden, dessen Devise G.W.A. in der Literatur nicht nachzuweisen
ist und vielleicht ‘Gott weiß alles’ bedeutet. Möglicherweise handelt es sich um einen
Bruder Balthasars von Brederode, also um einen Schwager der Besitzerin des
Stammbuches. Jedenfalls läßt die Sprachform des Liedes den Schluß zu, daß es auf
holländischem Boden niedergeschrieben worden ist. Wiederum haben wir einen
Erstbeleg zu einem Lied vor uns, das erst später aus holländischer und dann auch
aus hochdeutscher Überlieferung dokumentiert ist.
A.N i e d e r l ä n d i s c h e Ü b e r l i e f e r u n g :AemstelredamsAmoreusLietboeck,
Amsterdam: H.J. Muller, 1589, S. 6-7 (D I = I; D II = VI; D III = III; D IV = VII).
B. H o c h d e u t s c h e Ü b e r l i e f e r u n g : 1. Ldb. Ambr. 1582, Nr. 105 und Nr.
247; Berliner Ldb. 1582, Nr. 44 (jeweils 4 Str.). 2. v.d. Aelst 1602, Nr. 135 (4 Str.).
Die hochdeutsche Überlieferung des Liedes ist zweifellos durch Übersetzung aus
einer vierstrophigen niederländischen Fassung erwachsen, die D näherstand als dem
Aemstelredams Lietboeck.
Worterklärungen
12 haer trou tot minder eerver = mißverstanden aus: haer trou tot eener [mijner]
erven (Aemst. Lietboeck VI / Z. 52); 13 jolyt, von frz. joli, hier: Freude, Vergnügen;
16-19 sind unklar und schwierig; gewissen Aufschluß über die zugrunde liegende
Aussage vermittelt der Wortlaut des Aemst. Lietboeck Str. VII / Z. 56-59:
Want daer zijn soo veele die my om haer bevrijt
Mocht ick eens zijn met haer int strijt
Ick songhe een Liet, wie dat bespijt
Wat is daer aen misseyt.
16 weil es viele gibt, die uns darum beneiden; 18 eyolyt (?); 39 quietschellijn, von
mnld. kwijtschelding = Begnadigung. In der Parallelüberlieferung ist das Wort in
dieser Form nicht vorhanden.
Nr. 70
Ähnlich wie bei D 83 (s.d.) wurde hier offenbar von einem Niederländer (aus der
Familie v. Schoeten) ein ursprünglich hd. Lied eingetragen, dessen Sinn der Schreiber
nur teilweise verstehen konnte. Wir kennen zu dem Lied bisher nur zwei Parallelen
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
244
in Ldhss. aus etwa der gleichen Zeit: Von ca. 1550 die obd. Fassung in Pal. 343, Nr.
14, von 1574 der ebenfalls hd. Beleg in Mgq 612, Nr. 59, abgedruckt von A. Kopp
in Euphorion 9 (1902) S. 301. Diese beiden wie D dreistrophigen Paralleltexte sind
in stark zerrütteter Form überliefert, so daß A. Kopp, Pal. 343, S. 21 zu dem Ergebnis
gekommen war: ‘Dies Lied in erträgliche Form zu bringen, erscheint fast unmöglich,
solange nicht andere Hilfsmittel bekannt werden.’ Ein solches ‘Hilfsmittel’ stellt
unser Text D 70 nur mit Einschränkung dar, da er selbst vielfache Spuren der
Zerstörung an sich trägt. Immerhin ist die Strophenform hier relativ besser zu
erkennen, und es bestätigt sich Kopps Vermutung, daß es sich um eine neunzeilige
Strophe mit dem Schema ababccddd und vier- bzw. zweihebigen Versen handele,
wobei die vierhebigen z.T. noch durch Binnenreim in zwei Kurzzeilen gegliedert
sind (Z. 1, 12, 13, 20, 21).
L e s a r t e n von Pal. 343 (P) und Mgq 612 (M) (Reihenfolge der Strophen II und III
dort vertauscht):
1 [Schonnes lieb, das mich erfreuwet, das muette vil leut (P); Des ich mich erfrew,
das muedt viel leudt (M); 3 varstaen [sehen (M); gler [liebe (P), ehr (M); 6 ucht
[mich (P, M); 7 [gedenkg an mich (P), denk hinder dich (M); 9 vertrowwet [suchest
(P), gelassn hast (M); 10 Hy geloeft my [Mir gliebt auch sehr (M); 11 syner dynst
[deiner liebe (P); 14 [das weder gilt (M); 15 [mit deiner huid (P); 20 [mit deiner lieb
bleibt unverkehrt (M); 25/27 [mir leidt gar nichts daran / wer mirs vergan / die weil
ich dich, herz lieb, zu gnaden han (P). Fazit aus dieser kuriosen
Überlieferungssituation: aus drei Fassungen ließe sich jetzt so etwas wie eine
Ausgangsform des Liedes zusammenstellen!
NS: Parallelen hierzu sind bisher nicht bekannt geworden.
Nr. 71
Dieser Text geht zusammen mit D 81 auf einen Schreiber zurück, der sich G. Smullych
(D 81 Smullynch) nennt. Die beiden Eintragungen weichen in der Schrift etwas
voneinander ab; D 81 ist 1554 niedergeschrieben, D 71 ist undatiert und eher früher
anzusetzen. Der Name erscheint nicht bei Fahne, doch sind Mitglieder einer Familie
Schmülling oder Smülling im Preußischen Adelslexikon des Frh. von Ledebur 2,
389 am Niederrhein bis 1664 nachgewiesen. Die Familie stand mit dem Hause
Bronckhorst-Battenburg in verwandtschaftlichen Beziehungen: Jutta, die jüngere
Schwester von Katharinas Vater Dietrich, war gemäß dem Stammbaum des
Salm-Salmschen Archivs mit einem Wolter Smüllinck verheiratet. Der Familienname
existiert heute noch in Westfalen, vgl. die volkskundliche Veröffentlichung von W.
Schmülling, Hausinschriften in Westfalen und ihre Abhängigkeit vom Baugefüge,
Münster 1951.
G. Smülling steuert hier ein Liebeslied bei, das zur damaligen Zeit wohl gerade
Popularität gewann, nachdem es Georg Forster zum ersten Mal in den 5. Teil seiner
‘Liedlein’ aufgenommen hatte (1556, Nr. 19, vgl. die Verbreitungshinweise bei
Forster-Marriage S. 261 f.). Seine Beliebtheit hielt bis ins 17. Jh. hinein an. Noch
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
245
Nicolai nahm es 1778 als Nr. 6 in seinen Almanach auf. In den meisten wichtigen
Ldhss. und Liederbüchern des 16. Jhs. ist es vertreten (z.B. Pal. 343, Nr. 20, Ldb.
Ambr. 1582, Nr. 13 usw.). Aus der übrigen, nicht sehr variantenreichen Tradition
sticht unsere Fassung in D wiederum - wie so oft - durch einen höheren Grad an
Abnutzung hervor. Hörfehler, Strophenumstellungen usw. lassen den heutigen Leser
der Hs. den Prozeß des Tradierens lebhafter nachempfinden als beim Studium mancher
intakten, aber im Grunde auch sterileren Quelle der gleichen Zeit.
Va r i a n t e n : Zum Vergleich wird Forster 5, Nr. 19 herangezogen. Die Strophen
II und IV haben in D ihren Platz getauscht, eine abschließende Verfasserstrophe ist
in D nicht enthalten. 3 [Ein trawrig wort...!; 5 [Ich scheid mit leid; 9 smet [warff;
12/13 [Beschertes glück / geht selten zrück; 20 [mein auffenthalt; 22 by oem [bey
jr.
Die NS war anderwärts nicht zu ermitteln.
Nr. 72
Ein Beitrag eines Grafen E. von (Holstein-) Schaumburg, der auch Lied Nr. 8
beisteuerte. Als identisch erweist sich die Schrift durch die in beiden Fällen
beigegebene Zeichnung verschlungener Hände. Während das i.J. 1555 eingetragene
Lied D 8 das Motto des Grafen mit BEEE (Bedeutung?) verschlüsselt, wird die hier
anzutreffende Kombination BDE als Bedenk das Ende zu entziffern sein (so auch
im Stammbuch des Wilhelm von Hodenberg 1596, s. Zs. d. hist. Ver. f. Niedersachsen
Jg. 1872, S. 213; vgl. auch D 43, 52 und 62). Das Abschiedslied stellt einen weiteren
Beleg für die volksmäßige Umgestaltung des Liedes Innsbruck ich muß dich lassen
von Heinrich Isaac dar. Zu diesem Subtypus lagen bisher nur zwei Versionen vor:
ein fünfstrophiger Text im Heidelberger Codex Nr. 139, der die alten Eingangszeilen
bewahrt hat, und in einem Einzeldruck des Sarasinschen Sammelbandes der UB
Basel, Sar. 151, Nr. 21. Inc.: Straßburg ich muß dich lassen, ebenfalls 5 Str. Weitere
Umdichtungen sind nachgewiesen bei Forster-Marriage S. 212 (zu Forster I, 1539,
Nr. 36) und bei Max Meier, Das Liederbuch Ludwig Iselins, Basel 1913, S. 96 f.
(mit Abdruck der Varianten des Textes Basel, Sar. 151).
Aus der geographischen Verbreitung der Belege wird eine Wanderung des Liedes
rheinabwärts wahrscheinlich. Bei diesem Lied künnen wir diese Vermutung auch
durch die Person des Schreibers absichern. Es handelt sich dabei aller
Wahrscheinlichkeit nach um einen jüngeren Bruder von Jost Graf von
Schaumburg-Holstein (s. D 3), der als Statthalter des Herzogs Christoph von
Württemberg zu Hornburg (heute Hornberg im Schwarzwald) residierte. In der
Chronik des Geschlechtes ist er als Ernst II. bekannt (s. M. Cyr. Spangenberg, Chronik
der Grafen zu Holstein-Schaumburg, Sternberg und Gehmen, Stadthagen 1614, Tl.
V, Cap. 44, S. 282). Dieser Graf brachte also wohl das obd. Lied an den Niederrhein.
Was die drei Fassungen zu einer Einheit verbindet, ist die gemeinsame zusätzliche
Schlußstrophe, die offensichtlich aus der Sphäre des geistlichen Liedes entlehnt ist.
Tatsächlich kennen wir ein 11strophiges liedlin von sanndt Anna vnd Joachim, jn
dem thon jnspruck
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
246
ich muß dich lassen, das im Schlußteil die Errettung englischer Seeleute aus
Wassersnot schildert und mit einem Anruf an die hl. Anna ähnlich dem in Str. IV
von D 72 schließt:
mit freüd kamendß von dannen
so lobent all sand annen
das sy got für vnns bitt.
(Wackernagel, Kirchenlied 2, Nr. 1260, nach Münchener Hs. 808, 1505).
Mit dem Einfluß der Melodie als Bindeglied zwischen zwei sonst fremden Textstücken
ist in diesem Fall also stark zu rechnen.
Anmerkungen:
10/11 s. Forster 2, Nr. 18: ach Got wie we thut scheiden / ... / so trab ich vber die
heiden (vgl. auch D 29, Z. 17-18, D 48, Z. 13-14). Str. III ist aus gängigem Formelgut
aufgebaut, das auch sonst unserer Hs. nicht fremd ist; zu Z. 16/17 vgl. D 20, Z. 29/31;
zu Z. 18 vgl. D 7, Z. 24, D 23, Z. 17. Z. 21 ist eine verbreitete Abschiedsformel, vgl.
DWb. 4, 1, 2, 3003.
NS: Der gleiche Schreibervers erscheint auch bei D 8.
Nr. 73
Vom Schreiber des Liedes D 86, der auf Bl. 97 ro seine Identität hinter einer bisher
nicht entzifferten Geheimschrift verbirgt (s. Abb. 9). Das historische Lied nimmt im
Rahmen unserer Handschrift eine Sonderstellung ein; der Eintrag bereichert unsere
Kenntnis von der Überlieferungsgeschichte des Liedes um ein weiteres, wenn auch
wiederum spätes Textzeugnis. Es hält die Erinnerung an ein historisches Ereignis
des Jahres 1491 fest. Damals erzwang der französische König Karl VIII. die Ehe mit
der Herzogin Anna von der Bretagne, die bereits dem deutschen Kaiser Maximilian
angetraut war. Zugleich schickte Karl VIII. die ihm seit 1483 verlobte Tochter
Maximilians, Margarete, zu ihrem Vater zurück. Diese Vorgänge hatten kriegerische
Verwicklungen zwischen Frankreich und Deutschland zur Folge und fanden auch in
der Reim- und Liedpublizistik der Zeit starken Widerhall (s. Liliencron Nr. 179).
Ein Lied aus diesem Umkreis ist bis ins 17. Jh. hinein mündlich und schriftlich
weitertradiert worden: Das ‘Fräulein von Britannien’, ein wohl noch im ausgehenden
15. Jh. entstandenes Ereignislied, das die Vorgänge im Stil der Volksballade auf den
dramatischen Konflikt der Begegnung zwischen Anna und dem französischen König
reduziert.
Überlieferung:
1. Antw. Ldb. 1544, Nr. 115, Neuausgabe I, Nr. 57, II, S. 213 f., danach Liliencron
Nr. 180 A und van Duyse Nr. 415. - 2. Flugschr. UB Basel, Sar. 151.58 (Straßburg,
2. H. 16. Jh.). - 3. Flugschr. ZB Zürich, KK 1552.66 (Basel: Joh. Schröter, 1613),
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
danach Liliencron Nr. 180 B, Uhland Nr. 173, Böhme, Altd. Ldb. Nr. 378 und E.-B.
Nr. 251.
Die neuaufgefundene Fassung in D ist selbständig und weicht von dem zeitlich
und räumlich am nächsten stehenden, ebenfalls 9strophigen Text 1 vielfach ab. Zu-
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
247
meist hat D den besseren Wortlaut. Der Eingang in D steht ganz allein. 1 hat Met
luste willen wi singhen, 3 Nun wöll wir aber singen. Weitere wesentliche L e s a r t e n
gegenüber 1: 4 [Gheboren uut Oostenrijck; 5 [die edel coninck, den edelen staet; 7
Betangen [Britanien; 17 eren [beven; 18 an handt [daer van; 19 van eynen [Dat
dede; 22 ewenych forbaß [een weynich voort; 31 [den roomschen coninck te lee; 37
seffentte [neghen; in Wirklichkeit war Margarete 1491 elf Jahre alt; Str. VIII von D
fehlt in der bisher bekannten Überlieferung des Liedes; sie gehört zweifellos zum
Grundbestand des Liedes, stellt somit eine wesentliche Bereicherung seiner
Überlieferungsgeschichte dar und läßt durch ihre Formelhaftigkeit zugleich die Nähe
des Liedes zum spätma. Balladenstil erkennen. 59 de gewalt [Mer dat; 63 [Si trocken
al door des conincx lant; die Schlußstrophe in D ist zerrüttet, da sie den Inhalt dreier
Strophen von 1 (Str. VII bis IX) miteinander kombiniert. Z. 62-64 sind Reste einer
in 1 vollständig erhaltenen Erzählerstrophe.
Literatur:
Johannes Koepp, Untersuchungen über das Antw. Ldb. vom Jahre 1544, Antwerpen
1929, S. 162-165; Willy Krogmann, Vom Fräulein aus Britannien. Anna v.d. Bretagne
im deutschen Lied, Halle a.S. 1940 (Schriftenreihe der ‘Dt. Ges. f. kelt. Studien’, 7);
R.W. Brednich, Fräulein von Britannien, in: Verf. Lex. d. dt. Lit. des MA (in Vorb.).
Nr. 74
Die Lieder Nr. 74-77 auf Bl. 80 vo-82 ro stammen von Johann von Raisfeld. Die
Texte sind etwas lieblos fortlaufend ohne Zwischenraum eingetragen, die Niederschrift
scheint erst später, vielleicht gegen Ende des 16. Jhs. vorgenommen worden zu sein,
als die Hs. zu ihrem ursprünglichen Aufbewahrungsort zurückgekehrt war. - Mit D
74 liegt eine neue Aufzeichnung zu einem Liebeslied vor, dessen Tradition mit obd.
Flugschriftendrucken einsetzt (Ye 57, Nürnberg: Val. Newber, usw.), die dann in
das Ldb. Ambr. 1582, Nr. 90 eingeht. Als ältester Hs.-Beleg gilt die Fassung in der
Berl. Ldhs. Mgf. 753, 1575, Nr. 70, vgl. die Nachweise von A. Kopp im
AfdStdnSprLit 111 (1903) S. 262 f. In das 17. Jh. führt der Beleg im Jaufener Ldb.
aus Tirol, s. M.Frh. von Waldberg in Neue Heidelberger Jbb. 3 (1893) S. 270. Die
gesamte Parallelüberlieferung weist 13 vierzeilige Strophen auf, nur neun davon sind
in unser Liederstammbuch eingegangen: im Vergleich mit dem Ldb. Ambr. sind es:
I, II, IV, VII, VIII, XI und XIII. Str. VI von D 74 steht für sich. Auch wenn D in
einer Adelshs. überliefert ist, sind einige Veränderungen in Richtung auf eine gröbere,
realistischere Aussage nicht zu verkennen. Wir vergleichen mit dem Ldb. Ambr.:
9/10 [Da ich sie erst erkandte / truckt sie an meine Brust; 14 [zu einem rosengertelein;
18 [nach aller jungfrewlein art.
Nr. 75
siehe Nr. 42
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
248
Nr. 76
Zu diesem vierstrophigen Lied liegt eine bis ins 15. Jh. zurückreichende
Parallel-überlieferung vor: 1. Cgm 379, Bl. 119 vo-120 ro (Nr. 74), 6 Str., Überschrift
‘wolckenstainer’. Abdruck: J. Bolte, Ein Augsburger Ldb. vom Jahre 1454, in:
Alemannia 18 (1890) S. 203-204, Nr. 48; Karl Kurt Klein, Die Lieder Oswalds von
Wolkenstein, Tübingen 1962 (ATB, 55), S. 316-317, Nr. 128; A. Kopp in
AfdStdnSprLit 111 (1903) S. 17. Kommentar und Überlieferungsverzeichnis bei
Klaus Jürgen Seidel, Der Cgm 379 der Bayer. Staatsbibl. und das ‘Augsburger
Liederbuch’ von 1454, Diss. München, Augsburg 1972, S. 482-497. - 2. Fichardsche
Ldhs., Mitte 15. Jh., Abdruck von J.C. von Fichard in Frankfurtisches Archiv für
ältere deutsche Litteratur und Geschichte 3 (1815) S. 272, Nr. XLVIII. - 3. Pal. 343,
Nr. 184. - 4. Quarths. 1579, S. 49-50, Nr. 21, nichtdiplomatischer Textabdruck von
F.J. Mone in Anz. f.d. Kde. d. teutsch. Vorzeit 7 (1838) Sp. 83. - 5. Mgf 753, 1575,
Nr. 16, Abdruck bei A. Kopp in AfdStdnSprLit 111 (1903) S. 16 und Pal. 343, S.
203.
Drei der vier Strophen von D 76 gehen der Substanz nach auf die älteste
Niederschrift (1) zurück, deren Zuweisung an Oswald von Wolkenstein fraglich
bleiben muß (s. Seidel S. 490-492): Str. I (= 1, Str. I), Str. III (= 1, Str. IV), Str. IV
(= 1, (Str. VI). Wichtigere L e s a r t e n : 2 [die schön, die wolgemuot; 5 [so frey ich
mich der rainen; 22 [ir liebe nie verkoß; 24 [vnd wer mein vnmuot groß; 30 [dar an
hat sy ein tail.
Der französische Schreibervers ist etwa folgendermaßen zu übersetzen: Frauenliebe
und köstlicher Wein machen, daß der Mann sein Leben unbekümmert hingibt.
Nr. 77
siehe Nr. 9
Nr. 78
siehe Nr. 53
Nr. 79
Dieses typische Produkt der niederländischen Rederijkerpoesie ist von einem
Angehörigen der niederländischen Adelsfamilie Brakel in der für die niederländischen
Beiträge in D charakteristischen altertümlichen Schrift eingetragen, und zwar
wahrscheinlich im dritten Viertel des 16. Jhs., als die Hs. mit ihrer Besitzerin infolge
der Heirat von Katharina mit Balthasar von Brederode nach Nordholland gekommen
war. Es handelt sich wiederum um einen Erstbeleg zu einem Lied, das in den
Niederlanden selbst erst aus späteren (gedruckten) Quellen überliefert ist: 1. Nieu
Amstelredams Lied-boeck, Amsterdam: Barendt Adriansz, 1591 (Exp. Univ.-Bibl.
Gent, BL 70992) S. 52-53. 2. Nieu Groot Amstelredams Liedt-boeck 1605, S. 112.
Der Text in D weist bereits eine Reihe von Verderbnissen und Mißverständnissen
auf, so daß die Entstehung des Liedes vor oder in der Mitte des 16. Jhs. datiert werden
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
kann. Da der Text von D stellenweise überhaupt nur durch die späteren
Druckfassungen verständlich wird, drucken wir die Fassung aus 1 zum Vergleich
ab:
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
249
Op de wijse Alst begint.
I. (= D I)
Cupido God, deur uwe minne stralen:
U scherp ghebodt doet my in liefden dwalen.
Ick ben versodt
Op een bruyn smaechdelijn smalen,
5 Die met my spodt.
II. (= D III)
Venus bestier vint ick seer dubbelt van treken,
Der minnen vier heeft sy in my ontsteken,
Die liefste Rosier
Ic machse sie[n] noch spreken[n],
10 t'is groot dangier.
III. (= D IV)
T'is groot verdriet, de Liefste moet ick derven,
Die trouwe biet en niet en can verwerven;
Om dat sy u liet
Moet ic van rouwe sterven
15 Int meer geschiet.
IV.
Haer soet samblant was my een medecijne,
Seer triumphant Plach ick by haer te zijne.
Die liefste playsant
laet my in groote pijne
20 Aen mijn verstant.
V. (= D II)
Als ic aensach haer vriendelijcke ymagie,
Nacht en dach schiep ick in haer coragie;
Dies ic wel mach
clagen om haer vysagie
25 Sonder verdrach.
VI.
Sonder confoort laet sy my nu in weyne
Dus wy accoort hielden int ghemeyne;
Dus roep ick moort
Over mijn lief alleyne,
30 die my verstoort.
VII. (= D V)
Adieu eylaes, Adieu Princesse schoone,
Ick was te d'waes Te vrijen u persoone.
Dies ick nu raes,
Dat ick my selven soo hoone
35 op dit relaes.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
250
Worterklärungen
2 ghescut = Geschoß; 3 versot = versessen; 4 cuisen smal = kleiner Kuß; 6 eeimase
= frz. image; 7 siep ick in haer koraese = schöpfe ich durch sie Mut; 10 sonder
voerdrach = unverweilt, sogleich; 11 Von der Macht Venus' deucht mich die Glocke
zu sprechen (!); 12 wier = Feuer; onsteken = entzündet; 13 rosier = Rose; 15 asijer
= mißverstanden aus frz. danger (?); 21 Had de = ade; solaes = Trost; 22 duaes =
töricht, dumm; 25 relaes = Vorgang, Bericht.
Nr. 80
Diese bisher nicht nachzuweisende Liebesklage ist vielleicht von einem Angehörigen
der Familie Brederode, jedenfalls aber auf ndl. Boden in die Handschrift eingetragen
worden. Der Sinn dieses Textes ist stellenweise nur mit großer Mühe zu erschließen;
schon rein äußerlich offenbart sich in der Überlieferung zweier ganz unterschiedlicher
Strophen die Zerrüttung des zugrundeliegenden Liedes. Die Zeilen 13-20 sind
ungefähr identisch mit D 24, Str. VIII und aus diesem Liedtypus entlehnt. Die
Herkunft der 1. Strophe muß vorerst offen bleiben.
Worterklärungen
2 ongerief = Leid, Pein; 3 gechende, von mndl. gescent = Schande, s. Verwijs-Verdam
2, 1598; 7 zade, von mndl. saden = zufriedenstellen; 8 der loer en = der Dummköpfe
einer, zu dem Schimpfwort loer s. Verwijs-Verdam 4, 709; 11 verkoudt, zu mndl.
vercouden = erkalten; 17 verheve, zu mndl. verheven = hochmütig; 18 hiermit wende
ich mich (von dir) weg; 19 begheven = aufgeben, verlassen.
Nr. 81
Zum Schreiber dieses Liedes s. die Ausführungen zu D 71. Das dreistrophige
Liebeslied von 1554 gehört zu einem dem 16. Jh. geläufigen Liedmodell, das in
Einzeldrucken (z.B. Yd 9946) ebenso erscheint wie in gedruckten Liederbüchern
(Ldb. Ambr. 1582, Nr. 14, Uhland - de Bouck Nr. 1). Melodie bei Forster 1, 1539,
Nr. 16, Böhme, Altd. Ldb. Nr. 203 und E.-B. Nr. 496. Räumlich und zeitlich
nahestehende Zeugnisse in Ldhss. sind: Mgf 752, 1568, Nr. 18 und 20; Mgq 402,
1569, III, Nr. 19; Mgf 753, 1575, Nr. 40. Variantenverzeichnisse liefern u.a.
Forster-Marriage S. 208 f.u. A. Kopp in AfdStdnSprLit 111 (1903) S. 25. Die gesamte
Überlieferung dieses stark von schriftlicher Vermittlung abhängigen Liedes gehört
dicht zusammen, und so erweist sich auch D 81 z.B. im Vergleich zu Forster 1, Nr.
16 als nur geringfügig abweichend. Die wichtigsten L e s a r t e n seien verzeichnet,
da sie gleichzeitig die bei der mündlichen Weitergabe mißverstandenen Stellen
erklären helfen: 5 [Ich wil allein dein eygen sein; 9/11 [Es ist gar fein wo jr zwey
sein / dies recht vnd trewlich meinen / Die sich alzeyt; 13 wolt [wol; 22 [mich bringen
von dir glaub sicher mir; 23 [vnd sunst kein not.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
251
NS 2: Eine vierzeilige Form findet sich als NS zu Nr. 10 der Quarths. von 1579:
Glück, Gunst und Geldt / Fheylet mannychem yn dießer weldt; / Eß yst der bester
Schaitz der jhe wart gefunden / Eyn getruwer Freundt zu allen stunden. In der
zweizeiligen Form ebda. als NS zu Nr. 2, ferner bei H.v. Fallersleben, Findlinge 1,
S. 444, Nr. 84.
NS 3-4: s. D 45.
Nr. 82
Das fünfstrophige Lied in einer volksliedhaft-schlichten Strophenform gehört zu den
ndt. Unica der Hs. Ein Indiz dafür ist der Reim Z. 10/12 getraeffen: haeffen, dem im
Ndt. ein gedropen: hopen entsprechen würde. Z. 2: zur Wiederherstellung des Reimes
lies: wyllen statt herssen. - Im Schreibervers gibt sich die Schreiberin Chrystyna
Duden zu erkennen. Die beiden Teile dieses Spruches sind im 16. Jh. recht geläufig.
Zu Teil 1 vgl. Paul Alpers, Stammbuchsprüche aus der Benckhäuser Ldhs. von 1579,
in: NdZsfVk 7 (1929) S. 18, Nr. 21:
Anna von der Lei bin ych genandt,
mein geluke steitt yn godes handt,
de kan es keren vnd wenden.
Zu Teil 2 vgl. Ldhs. Brüssel, Ms II, 144, Bl. 64 ro (16. Jh.), s.R. Priebsch in ZsfdPh
38 (1906) S. 452:
Ich was lieff dat is geleden
ende byn genesen mer niet te vreden
noch wille ich hopen ende haren,
dat nyet en is dat maech gewerden.
Vgl. ferner Zütphener Ldhs. 1537, Weimarer Jb. 1 (1854) S. 129.
Nr. 83
Das Lied ist in einer äußerst flüchtigen, zur Kursive neigenden Hand eingeschrieben,
die zu den schwierigsten der gesamten Hs. gehört. Die Verständnisschwierigkeiten
werden noch durch den Umstand erhöht, daß die Niederschrift eines ursprünglich
hd. Liedes offenbar durch einen ndl. Schreiber erfolgte, der nur geringe dt. Kenntnisse
besessen haben kann. Der dreistrophige Text liegt bisher in den folgenden drei Quellen
vor: 1. Peter Schöffers Ldb. 1513, S. 60 a, 3 Str., Inc.: Ob mich gros unfal schwerlich
triebt: dultiglich. - 2. Forster 3, 1549, Nr. 48, 3 Str., Inc.: Ob mich wohl vnfal
schwerlich truckt. - 3. Berl. Ldhs. Mgf 753, 1575, Nr. 30, s.A. Kopp, AfdStdnSprLit
111 (1903) S. 22. Der stark veäanderte Text ist an vielen Stellen ohne die Grundlage
des dt. Textes nicht verständlich, so daß wir denselben zum Vergleich im Wortlaut
abdrucken:
I.
Ob mich gros unfal schwerlich triebt
das wil ich leiden dultiglich
Villeicht sich glück schir gein mir iebt
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
das al mein sach thuon bessern sich
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
252
5 Wer weis von wann
ich solichs han
das al mein anschleg gen zuo rück
Ein selig zeit
mir wider geit
10 das mir hat gnomen ungelück.
II.
Was hülfft das ich mich fast bekrenck
umb sach die ich nit wenden kann
Dar umb mein hertz in trawren senck
und ser betrüb mich armen man.
15 Der gestrig dag
nit wider mag
also ist auch den sachen mein
Was got mir gan
nit mer ich han
20 darumb las ich mein trawren sein.
III.
Catho der weis mich lernen thuot
mein sorg mit freid vermengen sol
Und haben einen freien muot
so wirt mein hertz gesundheit vol
25 Dem gütiglich
wil volgen ich
und all mein trawren legen hin
ir sein noch mer
in solcher ser
30 mit den ich glückes warten bin.
Anmerkungen:
1 bedrueff, ndl. bedroef = Betrübnis, Sorge; Z. 12 = um Dinge, derer ich nicht
teilhaftig werden kann; Z. 21 vgl. Pal. 343, Nr. 145, Str. VII: Cato thuet vns
beschreiben / mit seiner scharpfen lisst, / ich sollt mein laid vermengen / mit freud
zue diser frist... Der deutsche Cato war eines der bekanntesten Moralbücher des MAs.
und erschien 1496 in einer neuen Übersetzung Sebastian Brants.
NS: Der Schreibervers besitzt wiederum eine ndt. Parallele in den Werldtspröken
des 16. Jhs., Bl. 13, Z. 899-902:
Distel und dörne steken seer,
Averst valsche tungen noch vel mehr,
Noch wold ick lever in distel und dörne baden,
Alse mit valschen tungen sin beladen.
(Seelmann S. 32)
In der ‘Normalform’ taucht der Spruch in zahlreichen Ldhss. und Stammbüchern
des 16. und 17. Jhs. auf. Wir geben ein Verzeichnis, das keinerlei Anspruch auf
Vollständigkeit erheben kann:
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
253
Zütphener Ldhs. 1537, s. Weimar. Jb. 1 (1854) S. 130 f. - Benckhäuser Ldhs.
1573-1588, s.P. Alpers in NdZsfVk 1 (1923) S. 108. - Keil S. 56, Nr. 45, Löbe S.
210 (Stammbuch G.J. Reich, 1615, Wahlspruch des Herzogs August zu Sachsen). Hildebrandt S. 486 (Stammbuch J.F. Spiegl 1619). - H.v. Fallersleben, Findlinge 1,
S. 451, Nr. 138 (Stammbuch Weimar). - M. Töppen in Altpreuß. Monatschrift N.F.
9 (1872) S. 531, Nr. 101 (Stammbuch 1629). - Spruch auf Wandkachel aus
Holzgerlingen (Wttbg. 1795), Karlsruhe, Bad. Landesmuseum. - Seit dem Ende des
16. Jhs. wird der Vierzeiler auch in manche Volkslieder eingegliedert. Vgl. Ldhs.
O. Fenchlerin, Straßburg 1592, Schlußstrophe von Lied 88. - Johann Knöfelius, Neue
teutsche Lieder mit fünff Stimmen, Discant, o.O. 1581, Nr. 21. - Wdh. 3, 17, Str. 3.
- E.-B. Nr. 557 a, Str. III. - Ebda. Nr. 720, Str. II. - L. Pinck, Verklingende Weisen
Bd. 2, Heidelberg 1928, Nr. 77, Str. IV. Die erste Hälfte ist in Westfalen noch als
Spottreim bezeugt, s.L. Bielefeld, Das Münsterland im Volksmunde, in:
Heimat-Blätter 1 (Dülmen 1925) S. 22. Zur weiteren Verbreitung s. ferner noch A.
Kopp in Euphorion 9 (1902) S. 301 f. und in Alemannia 44 (1917) S. 89.
Nr. 84
Das großartige Tagelied Der Morgenstern hat sich aufgedrungen war schon im 15.
Jh. bekannt. Das Glogauer Ldb. von ca. 1480 enthält eine entsprechende Textmarke,
s. Eitner 2, S. 173 f., und Heribert Ringmann (Hrsg.), Das Glogauer Ldb. Tl. 1, Kassel
1936 (Das Erbe dt. Musik, I. Reichsdenkmale, 4, 1) S. 8, Nr. 6. Die spätere
Überlieferung des Liedes im 16. Jh. hat sich im wesentlichen auf ndt. Sprachgebiet
abgespielt, so daß Alpers, Nd. Vldr. S. 201, einen nd. Ursprung des Liedes vermutet
hat. Ü b e r l i e f e r u n g : 1. Flugschr. Dre schöne Lede,.. Dat Ander, De Morgenstern
hefft sich vpgedrungen. o.O.u.J. (Hamburg: J. Wickradt, ca. 1560), Weller, Annalen
1, 213, Nr. 60, nach Lappenberg S. 111. Druck heute nicht mehr aufzufinden. - 2.
Ldhs. der Katharina Hatzfeld, 16. Jh., Nr. 8, s. Joh. Bolte in ZsfdPh 22 (1890) S.
401, Robert Priebsch, Dt. Hss. in England Bd. 1, Erlangen 1896, S. 106, Nr. VIII (9
Str.). Danach Uhland Nr. 79 B. - 3. Uhland - de Bouck Nr. 57, danach Uhland Nr.
79 A, Böhme, Altd. Ldb. Nr. 108, E.-B. Nr. 808, Alpers, Nd. Vldr. Nr. 34. Angesichts
der Spärlichkeit bisheriger Überlieferung stellt D 84 einen wichtigen neuen
Textzeugen dar. Sprachlich weist die neue Fassung ähnlich wie die Hatzfeldsche
eine Mischung von nördlichen und südlichen Elementen auf. Die Reime sind
vollständig ins Hd. umgesetzt; erst beim Rückschluß auf die ursprünglichen
Reimverhältnisse läßt sich ein weiterer Beweis für die ndt. Genesis des Liedes
gewinnen. Wichtig hierfür ist Str. III, Z. 9/10 susse: guite, was ndt. söte ergibt. Der
Reim in Z. 15/16 von D ist zerstört, der Wortlaut der Zeilen verderbt. Im Rückgriff
auf 3 ergibt sich hier der wohl echte Wortlaut: ein schneewitt beddelaken se toreth
/ damit se den helt aver de müren leth. So wird D 84 zusammen mit den beiden
anderen Textzeugen zur ndt. Form eines Tageliedes gehören, das wir noch der 1.
Hälfte des 15. Jhs. zuordnen dürfen.
Zur Vervollständigung der Überlieferungssituation gehören auch noch die
Kontrafakturen des Liedes im 16. Jh., die ebenfalls von der Popularität des Modells
Zeugnis
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
254
ablegen. Eine den Wortlaut des weltlichen Tagesliedes sehr eng paraphrasierende
geistliche Umdichtung steht in den ‘Musae Sioniae’ des Mich. Praetorius Theil VI
(1609), Nr. 194 (Text stammt von Daniel Rumpius, 1587), eine etwas frühere bei
Johann Koler, Andere hundert: Christlicher Haußgesenge, Nürnberg 1570, s.
Wackernagel, Kirchenlied 3, Nr. 797. Ein weiteres geistliches Lied Ain tagweiß von
der liebhabenden seel zuo Gott jrem gemahel... (Wackernagel, Kirchenlied 3, Nr.
543) verweist durch seine Tonangabe ebenfalls auf unser Tagelied.
Anmerkungen und Lesarten:
2 wie haitt, lies: wie schon haitt; [schön (3), wie lude, wie lude (2); 11 rotter mundt
ist Kompositum, vgl. Lasch, Mnd. Gramm. § 388, Anm. 2; 12 [hier ist 2 vorzuziehen:
jn eyner kortzer wylen.
Nr. 85
Vom gleichen Schreiber wie D 84/88. Der Text dieses geistlichen Liedes wirkt unter
den späthöfischen Minneliedern, -klagen und Tageweisen etwas wie ein Fremdkörper.
Er stellt aber ein wichtiges Indiz für die protestantische Haltung des Kreises um
Katharina von Bronckhorst und Battenburg dar (vgl. auch oben die Bemerkungen
im Kommentar zu D 26). Das Lied eines bisher nicht bekannten Verfassers findet in
der 2. H. des 16. Jhs. zunächst in Flugschriftendrucken Verbreitung: z.B. Wackernagel,
Kirchenlied 3, Nr. 1242 (nach Flugschr. 1554), Brit. Mus. 11522. df. 54 (1572), ebda.
11522 df. 34 (o. J.), ehe es in die evangel. Gesangbuchtradition mündet: H. Knaust,
Gassenhawer, Frankfurt a.M. 1571, Nr. 37, Dresdner Gesangbuch 1593, vgl. Böhme,
Altd. Ldb. Nr. 639. Die hs. Tradition läuft parallel und erhält jetzt durch D 85 ein
zusätzliches, frühes Zeugnis. Weitere frühe Hs.-Fassungen aus Westfalen bieten
Hölscher Nr. 58 und die Quarths. 1579, s. F.J. Mone in Anz. f.d. Kde. d. teutsch.
Vorzeit 7 (1838) Sp. 75. Vgl. weiter Pal. 343, Nr. 7, 94 und die Nachweise von A.
Kopp zu Nr. 7, S. 7.
D bewahrt von dem sechsstrophigen Grundtypus nur 5 Strophen, zwischen Str. II
und III ist eine Str. ausgefallen. Zum Vergleich ziehen wir Hölscher Nr. 57 heran.
Die Übereinstimmungen mit dieser u.a. Parallelfassungen sind, abgesehen von
wenigen Varianten, sehr groß.
Lesarten:
7 verlassen hait ([vorloren acht; 8 gnadt [macht; 12 [uns voren zum saligen ende;
20 [laiß mich kein gelück noch ungelück von dir; so auch Pal. 343 Nr. 7; diese Lesart
wäre D vorzuziehen; 23 leidt [sund.
Nr. 86
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Vom gleichen Schreiber wie D 73. Die Geheimschrift am Ende dieses Liedes (s.
Abb. 9) ist noch nicht enträtselt. Eine ähnliche Narrenzeichnung enthält Langebeks
Quarths. Bl. 97 ro, s. Kroman S. 243. Der Motivbestand des Liedes läßt ohne
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
255
weiteres erkennen, daß es sich um einen Text ma. Ursprungs handeln muß. Derselbe
ist bisher nur in zwei hd., zeitlich recht weit voneinander entfernten Fassungen
bezeugt. Schon von daher muß der in Mischmundart abgefaßten Redaktion in D eine
hohe Bedeutsamkeit zukommen. Die älteste bekannte Fassung steht in dem 1471
abgeschlossenen Ldb. der Augsburger Nonne Clara Hätzlerin, Nr. 41, 7:7, ababcwc.
Der zweite Beleg ist in einer Flugschrift der Staatsbibl. Berlin Ye 470 enthalten: Ein
scho n new Lied || Ich Ritt mir auß ku rtzweilen durch einen gru nen Wald...
Gedruckt zu Nürnberg / durch Fridrich Gutknecht, o.J. (1. H. 16. Jh.). Abdruck: L.
Röhrich - R.W. Brednich, Deutsche Volkslieder Bd. 2, Düsseldorf 1967, Nr. 35 d,
S. 338-339: 11:3-5, ababb. Vom letzteren Druck existiert eine andere Auflage,
vermutlich gedruckt bei Val. Newber in Nürnberg um 1550, mit anderer
Zeileneinteilung, aber identischem Wortlaut 6:7, ababbcwc, Wiedergabe im Vergleich
mit der Fassung der Hätzlerin bei John Meier, Kunstlieder im Volksmunde, Halle
a.S. 1906, S. XXXVIII-XXXIX. J. Meier wollte durch die Gegenüberstellung ‘die
Weiterbildung des Liedes und das Antreten fremder Elemente’ demonstrieren. Die
gleichen Erscheinungen ließen sich auch an der neuaufgefundenen Fassung D 86
aufzeigen. Die ursprüngliche Stropheneinteilung ist darin aufgegeben, der Text zu
umfangreichen Strophengebilden von 8 bis 15 Versen aufgeschwellt worden. Inhaltlich
haben besonders Str. I und IV durch Anfügung von Formelgut solche Erweiterungen
erfahren, wie sich leicht bei einem Vergleich mit Str. I der spätma. Fassung erkennen
läßt:
Ich raitt ains tags spaciern
Für ainen grönen waldt;
Ich vand mit reicher ziere
Ain fräwlin wolgestalt.
Ich grüsset da das fräwlin zart;
Sy dancket mir mit züchten,
Gar haiß sy wainen wardt.
(Hätzlerin Nr. 41, Str. I).
Z. 3-9 von D 86 müssen als formelhafte Erweiterungen gelten, ebenso wie Z. 37-43,
48-51 von Str. IV. Die Zusätze in Str. I stammen aus dem Lied Ich ginck mit lust
durch einen waldt, z.B. Mgq 612, 1568, Nr. 11, A. Kopp in Euphorion 8 (1901) S.
519. Nur Str. II-III kommen dem Wortlaut des zugrundeliegenden Liedes nahe, wobei
sich aber sehr starke Abweichungen in der sprachlichen Realisierung ergeben. Hierfür
nur einige wenige Beispiele: 18 [Ich überwind es nymmer mer; 24 [sy sprach: er tett
mich triegen; 27 [In hat ain Eyl veriaget; 31/32 [Der valck was seins gemütes frey.
/ Er truog der Eylen haß; 35/36 [Die vogel hassen die eylen / Mit irem vil valschen
duck. Aus diesen Hinweisen geht hervor, daß die ursprüngliche Bedeutung des ganzen
Bildes (Falke = Geliebter; Eule = Nebenbuhlerin) dem Schreiber in D nicht mehr
voll bewußt war und daß die einzelnen Elemente des ma. Falkenliedes hier nur noch
als Leerformel gehandhabt werden, so wie es auch die spielerische Ausgestaltung
des Motivs auf Bl. 95 ro (s. Abb. 9) erkennen läßt.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
256
Nr. 87
Angesichts der bedeutenden Rolle, die das französische Sprachelement in vielen
Teilen der Darfelder Ldhs. spielt und auf die Hübner I, S. 44-45 schon hingewiesen
hatte (vgl. Bl. 1 ro; 11 ro; 15 ro; 22 ro; 24 ro; 37 ro; 46 ro; 56 ro; 80 ro; 81 vo; 97 vo; 99
vo), ist es keineswegs verwunderlich, daß auch ein ganzer Liedeintrag in französischer
Sprache seinen Weg in die Hs. gefunden hat. Die vorliegende Quelle ist ein frühes
und bezeichnendes Beispiel für das Vordringen französischen Sprachgutes in adligen
Kreisen der Mitte des 16. Jhs. Die Brücke bilden vor allem Spruchgut und Devisen.
Die Darfelder Ldhs. nimmt hier aufgrund ihrer familiengeschichtlichen Sonderstellung
und der starken Orientierung des Kreises um Katharina von Bronckhorst-Battenburg
nach dem Westen eine Entwicklung vorweg, die sich in den deutschen Stammbüchern
erst einige Jahrzehnte später deutlicher abzeichnet.
Der Liedeintrag Nr. 87 ist, verglichen mit der Masse des übrigen Liedgutes, relativ
spät: er stammt von 1562 und geht auf einen Schreiber J. Belhem zurück. Er ist bisher
nicht identifiziert. Ein adliges Geschlecht mit dem Namen Belheim ist für Straßburg
im Elsaß bezeugt: s. Rietstap 2, 1196, und Rolland 1, Bl. CLXVI. Das Lied ist als
Wechselgesang angelegt, jedoch bleibt die Zuweisung ab der 4. Str. ungewiß. Von
hier an liegt auch stärkere Verderbnis als im Vorangegangenen vor. Beispiel: Z. 14
ist nach Ausweis des Reimwortes verderbt, vermutlich unter assoziativer Einwirkung
von Z. 10.
Nr. 88
Drei Strophen einer Liebesklage, von einer Hand eingetragen, die auch oben bei D
84 und 85 auftaucht. Folgende weiteren Varianten aus dem 16. Jh. sind bekannt: 1.
Fl. Bl. Berl. Yd 7801.8 (nach 1500), s. Brednich, Liedpublizistik Nr. 406 (5:7 mit
Wiederholung der beiden letzten Zeilen). Abschrift von Frhr. v. Meusebach in der
Hs. Mgq 708, Nr. 5. - 2. Flugschr. Zwickau XXX.V. 20.26 (Erfurt: Zum Schwartzen
Horn, 1529) (7:7). - 3. Flugschr. UB Basel, Sar. 151.37 (Bern: Sam. Apiarius) (7:7).
- 4. Pal. 343, Nr. 18 (7:7). - 5. Berl. Ldhs. Mgf 753 (1575), Nr. 148, s.A. Kopp in
AfdStdnSprLit 112 (1904) S. 7 f. (6:7).
D 88 bewahrt von den sieben Strophen der übrigen Tradition nur einen Teil,
denselben jedoch in einem sprachlich guten Zustand. Einige Einflüsse des Ndt. auf
das ursprünglich hd. Lied sind evident (tho, verlaten, gegeven etc.). Ein Unterschied
zu den Konkordanzen besteht darin, daß das Lied in unserer Hs. einer Frau in den
Mund gelegt ist, jedoch ist diese Umgestaltung offensichtlich nur unvollkommen
durchgeführt (4 die, 7 ir, 11 die!). Die drei Strophen von D entsprechen Str. I, III
und II der übrigen Tradition.
Die beiden NS waren sonst nicht nachweisbar.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
257
Nr. 89
Dieses berühmte Liebeslied, das seit dem Anfang des 16. Jhs. - beginnend mit Arnt
von Aich (Nr. 21) - in kaum einer Quelle zum Gesellschaftslied der frühen Neuzeit
fehlt, ist auf der Vorder- und Rückseite eines Blattes der Darfelder Ldhs. von einer
unruhigen, stark verschnörkelten, zu willkürlichen Akzentuierungen neigenden Hand
eingetragen worden, die sonst in D nicht in Erscheinung tritt. Verbreitungshinweise
zu dem Lied der Renaissancezeit s. bei Kopp, Pal. 343, Nr. 99, Forster-Marriage S.
262 zu Forster V, 1556, Nr. 22 und Brednich, Liedpublizistik 2, Nr. 403.
Die äußerliche Anordnung unserer Druckfassung orientiert sich am Vorbild von
Pal. 343, Nr. 99, so daß wir uns auch bei der Zusammenstellung einiger
Te x t v a r i a n t e n auf diese mit D sprachlich und inhaltlich stark übereinstimmende
Textparallele beziehen: 7/8 [thuet tringen / ringen; nach Z. 44 fehlt in D: noch ein
scherz; / herz / liebster gesell, / stell / wieder her, / ich beger / nit mer / dan dich...;
60 kunst [gunst; 72 uibt stärcke [eylt, sterkht; 118 metz [meyd; 146 dis ellend fehlt
Pal.
Literatur:
Leopold Schmidt, Ein altdt. Gesellschaftslied auf einem Wiener Bildnis von 1524,
in: Jb. d. österr. Volksliedwerkes 7 (1958) S. 16-21, 2 Abb.
NS: Zum dt. Schreibervers s. oben zu D 54.
Das französische Motto taucht nach Hildebrandt S. 108, 185 u.ö. in
Adelsstammbüchern des 17. Jhs. in Deutschland häufiger auf.
Nr. 90
Dieses bisher unbekannte Tagelied gehört zu den am besten überlieferten und
wertvollsten Stücken der ganzen Handschrift. Es ist in einer äußerst sorgfältigen
Niederschrift zweispaltig in das Stammbuch eingetragen und wurde zweifellos aus
literarisch-schriftlicher Überlieferungssphäre dorthin übernommen. Die geringen
Unstimmigkeiten im Text sind offensichtlich Abschreibfehler und zweifellos nicht
durch mündliche Übermittlung entstanden. Außer den in den Anmerkungen genannten
geringfügigen Defekten des Textes wären noch zu erwähnen: V. 36 lies: ich roiff
knecht an; der Reim in V. 206/207 wäre zu rekonstruieren als deit: leit; V. 211: der
Reim erfordert lain. Reimbindung und Wortwahl (s. bes. V. 41, 56, 63, 67, 68, 192)
deuten auf ndt. Herkunft des Liedes, das aber andererseits unverkennbar den Einfluß
des hd. Tageliedstiles verrät: er ist vor allem in den traditionellen Tageliedstrophen
mit dem Ruf des Wächters, mit dem Beisammensein der Liebenden und ihrem
Abschied bei Tagesanbruch sichtbar. Was dieses ndt. Gedicht von der hd.
Tagelieddichtung deutlich abhebt, sind die realistischen Teile, in denen der Wächter
seine Funktionen am Beginn eines Tageslaufes auf einem großen Gutshof plastisch
beschreibt. Als äußerst gelungen muten auch jene Teile des Liedes an, in denen die
Frau in dramatischer Wechselrede den voreiligen Wächter auf ihre Seite bringt und
er mit Verständnis und Humor (s. Str. XIX) auf ihre Wünsche einzugehen
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
258
verspricht. Die Schlußstrophe läßt erkennen, daß dieser Text nicht als sangbares
Lied, sondern als zum Lesen oder Vorlesen bestimmtes Gedicht aufzufassen ist;
diese Strophe stellt eine Umdichtung einer im geistlichen Lied häufigen Schlußformel
dar (vgl. E.-B. 3, Nr. 2062, Str. 7; Nr. 2118, Str. 13; Nr. 2119, Str. 13). Die
Strophenform dieses Textes geht auf die Schweifreimstrophe mit dem Aufbau vvk:
vvk zurück, jedoch sind die Zeilen mit voller Kadenz durch den Reim aneinander
gebunden, so daß kurze zweitaktige Zeilen und zwei selbständige Strophenhälften
entstanden, die der Schreiber bei der Niederschrift auch optisch durch einen Einschnitt
voneinander abhob. In unserer Edition verkörpert jeweils ein Halbstrophenpaar
zusammengenommen die metrische Grundform des Gedichtes (V. 1-10 usw.).
Anmerkungen:
Z. 87 hen = mnd. henne ‘Narr’. Vgl. V. 166 ich sage dir hen / den roiffen laiß sein.
s. Schiller-Lübben 2, 240-241. Z. 147-149: Die Verse sind schwierig. feste f. =
firmamentum? Das würde folgenden Sinn ergeben: Langsam verzog sich durch das
Firmament das, wonach der Gast Verlangen trug (nämlich die Nacht). Z. 151-152
den Hasenpfad gehen = fliehen, s. Röhrich 1, 391.
Nr. 91
Der Charakter unserer Hs. als adliges Lieder- und Stammbuch wird angesichts solcher
Lieder wie dem vorliegenden besonders deutlich. Der Text zeugt ähnlich wie D 11
und D 97 vom Fortleben der Musiktradition der Renaissance bis nach der Mitte des
16. Jhs. - D 91 geht in direkter Linie auf das Ldb. des Arnt von Aich (um 1510)
zurück und bewahrt den Text von Nr. 13 beinahe wortwörtlich. Hier wird
offensichtlich eine schriftliche Vorlage kopiert - worauf auch die mitkopierten Virgeln
hindeuten -, aber wiederum nicht sklavisch, denn stellenweise weicht der Schreiber
vom hd. Wortlaut ab, indem er nichtdiphthongierten Formen den Vorzug gibt (myn,
uff, din, dusent etc.). In der Heidelberger Hs. Pal. 343, Nr. 23 liegt ein weiteres
Zeugnis für das Weiterleben des Textes in einer Ldhs. um 1550 vor.
Die A b w e i c h u n g e n in D 91 von Arnt von Aich Nr. 13 sind geringfügig: 9 mein
[um; 14 smertz [schertz; 41 liebt [lebt.
Nr. 92
Der produktive Schreiber, der gegen Ende der Hs. zehn wertvolle Liedtexte
beigesteuert hat, besaß eine unverkennbare Vorliebe für älteres Gesellschaftsliedgut
aus dem Anfang des Jhs. Auch vom Schrifttyp her zu schließen haben wir uns unter
diesem Schreiber keine ganz junge Person vorzustellen. Eine Parallele zu diesem
dreistrophigen Lied war bisher nicht aufzufinden. Inhaltlich handelt es sich um die
mit einer Lobpreisung beginnende Werbung eines Mannes um eine Frau, auf die die
Angesprochene unter der Bedingung seiner stetigen Treue (Z. 30) eingeht. Bis
einschließlich Z. 20 scheint sich das unbekannte Liedmodell gut erhalten zu haben,
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
259
aber dann setzen Verderbnisse ein, die besonders Str. III stark verändert haben, wie
sich an dem nur noch mangelhaften Reimband leicht erkennen läßt. Mit dem Lied
Nr. 25 in Peter Schöffers Ldb. (Mainz 1513) hat dieses Unicat nur die Incipitzeile
gemeinsam: On zwifel gar / gib ich mich dir für eygen / Kein dienst ich spar / mit
früntlichem erzeigen...
NS: Der Schreiberspruch bietet ein neuerliches Beispiel für die Abhängigkeit der
Stammbuch-Spruchdichtung in D von schriftlichen Vorlagen: die Vollform des
Spruches findet sich wiederum in den ‘Werldtspröken’ Bl. 17, Z. 1273-1276:
Ich fru chte nicht des Manes schin,
So mi wil de Su nne gnedich sin.
Wol o verst ane Su nne jo moth sin,
De nimpt vor gnadt des Manes schin.
(Seelmann S. 44)
Nr. 93
Bei diesem umfangreichsten Stück der Handschrift handelt es sich, wie schon die
Überschrift erkennen läßt, nicht um ein Lied, sondern um eine Folge von 55
vierzeiligen Sprüchen. Sie dienten als Wahrsagetexte zum Würfelspiel. Jedem Spruch
vorangestellt ist eine kleine Zeichnung mit den verschiedenen Augen dreier Würfel.
Bei drei Würfeln sind 56 Zahlenkombinationen möglich. Die vorliegende Sammlung
von Orakeltexten weist daher einen Spruch zu wenig auf. Texte dieser Art werden
in der Forschung als Losbücher bezeichnet. Bei Joh. Bolte, Zur Geschichte der
Losbücher, Anhang zu: Georg Wickrams Werke Bd. 4, Tübingen 1903 (BLV, 230)
S. 256-350 findet sich folgende Definition: ‘Unter Losbüchern verstehen wir eine
Sammlung von prosaischen oder metrischen Orakelsprüchen, aus denen der
wißbegierige Frager einen zu gewinnen vermag, indem er ein nicht von seiner
Berechnung abhängiges, sondern dem geheimnisvollen Walten des Zufalls
unterworfenes Instrument in Bewegung setzt’ (S. 276 f.). Die zugrundeliegenden
Vorstellungen sind orientalischer Herkunft. Glücksbriefhändler mit dem Glückstopf
traf man noch bis zum Zweiten Weltkrieg auf Jahrmärkten. Die seit dem 14. Jh.
einsetzenden deutschen Losbuchtexte können nach Bolte in drei Kategorien eingeteilt
werden: 1. Losbücher, die den ernsten Anspruch erheben, gläubigen Fragern die
Zukunft zu enthüllen, 2. solche, die nur ein scherzhaftes Spiel daraus machen, 3.
moralisierende Abwandlungen der zweiten Art. Unser Losbuch gehört der zweiten
Kategorie an, tendiert aber durch die fast in jedem Spruch vorhandene Lehre auch
zur dritten Gruppe. Es ist ein Losbuch für Liebende, in Denkvorstellungen und
Wortschatz dem Milieu angepaßt, dem das Liederstammbuch seine Entstehung
verdankt. Es will dem Ratsuchenden nicht nur einen Blick in die Zukunft eröffnen,
sondern hält auch praktische Verhaltensregeln und Ratschläge für eine sinnvolle
Gestaltung des Lebens bereit.
Als typologisches Vorbild, auch was die graphische Darstellung vor jedem Spruch
anbetrifft, kommt das bei Marx Ayrer in Bamberg 1483 gedruckte ‘Losbüchlein für
Liebende’ in Frage. Eine direkte Vorlage für die in D enthaltenen 55 Sprüche ist
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
260
bisher nicht aufgefunden worden; vgl. auch Joh. Bolte, Zur Geschichte der
Punktierund Losbücher, in: Jahrb. f. hist. Vkde. 1 (Berlin 1925) S. 185-214; Sotzmann,
Die Loosbücher des Mittelalters, in: Serapeum 11 (1850) S. 49-62, 65-89; 12 (1851)
S. 305-316, 321-332, 337-342. Die vorliegende Niederschrift zeigt mehrere Merkmale
des Tradierungsvorganges: Zerstörung der Reimverhältnisse in zahlreichen Nummern,
häufige Erweiterung zum Fünfzeiler, Auslassen der Zahlenkombination 5-2-1.
Nr. 94
siehe Nr. 36
Nr. 95
Ein unbekanntes Lied einer unbekannten Hand, so daß die Kommentierung
entsprechend kurz ausfallen kann. Die Möglichkeit, daß der Schreiber als Verf. in
Frage kommt, ist wie bei D 92 auszuschließen, da der Text Spuren eines
Traditionsprozesses nicht verleugnet. Das ursprünglich hd. Lied weist eine zweiteilige
Strophenform auf: Der erste Teil besteht aus zwei Langzeilen, die durch Binnenreim
in zwei Kurzzeilen von unterschiedlicher Länge gegliedert sind, danach folgt jeweils
ein reimloser Vers. An diesen Vierzeiler schließt sich eine siebenzeilige Strophenhälfte
mit dem Schema aawbcch an. Die offensichtlichen Mängel in Str. III sind ein Indikator
für die Vermitteltheit des Textes. Abkürzungen für die Anfangsbuchstaben der
Geliebten sind im nachhöfischen Minnelied überaus häufig; zahlreiche Beispiele
bietet die Hs. Pal. 343, z.B. Nr. 23 (P), Nr. 24 (E), Nr. 25 (P), Nr. 26 (E), Nr. 27 (W),
Nr. 35 (N), Nr. 147 (A), Nr. 180 (S), Nr. 182 (R) usw.
Anmerkungen und Worterklärungen:
1 sindt = sehnt; 11 moye, zu mnd. moie, moge = Kummer, s. Schiller-Lübben 3, 110;
26 weyett, zu mnd. weien, weigen = wehen; das poetische Bild, das diesen Versen
zugrundeliegt, wäre etwa so zu interpretieren: Ich begehre auf Erden nichts mehr...
als deine Nähe, auf die sich meine Sinne eingestellt haben.
Nr. 96
Dieses Lied schlägt ausnahmsweise ernstere Töne an: Geld regiert die Welt! Lieder
ähnlicher Tendenz finden sich im 1. Teil der Hs. aus der Feder Katharinas von B.
und B. (vgl. z.B. D 33 und 34). Der Text ist nicht unbekannt, sondern gehört zu
seinem im 16. Jh. verbreiteten Typus, der u.a. zahlreiche Kompositionen erfahren
hat: z.B. durch Finck, Schöne außerlesene Lieder (1536), Nr. 42, Franck, Fasc. Quodl.
I, O. di Lasso, Etliche außerleßne... Liedlein, Nr. 18, I. de Vento III, Nr. 11 usw.,
vgl. H. Osthoff, Die Niederländer u.d. dt. Lied (1400-1640), Tutzing 1967, S. 485.
Auch in den bekanntesten Liederbüchern ist der Text vertreten: Ldb. Ambr. 1582,
Nr. 124, Uhland - de Bouck Nr. 16 und 107, vgl. die Nachweise von A. Kopp
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
261
in JbdVfndSprf 26 (1900) S. 13 und 37. Die hs. Rezeption des Liedes ist vor allem
in Niederdeutschland erfolgt: Benckhäuser Ldhs. 1573, Nr. 18, s.P. Alpers in NdZsfVk
1 (1923) S. 112; Mgf 753, 1575, Nr. 11, s.A. Kopp in AfdStdnSprLit 111 (1903) S.
13; Ldhs. d. Grafen Manderscheid, ca. 1575-1600, Nr. 18, s.J. Bolte in JbfVlf 3
(1932) S. 149; Quarths. 1579, Nr. 11, s. F.J. Mone in Anz. f.d. Kde. d. teutsch. Vorzeit
7 (1838) Sp. 78.
Der Traditionsstand von D 96 ist im allgemeinen gut. Der Text weist keine
Diphthongierung und zwei unverschobene Formen (22 idt, 23 tidt) auf. Einige
L e s a r t e n aus dem Ndt. Ldb. seien mitgeteilt, soweit D stärker abweichenden Text
bietet: 8 [in allen Ehren Blindt; 10 [dryff Adams kindt ist des Reims wegen
vorzuziehen; 14 foiret [vindt; 15-18 hier bietet die Quarths. 1579 aus Westfalen den
besseren Text: sie wher du wollest / nycht geldt, nycht gesell, / luegh, drugh, pomp,
pracht / haist alle macht; 24 [Quarths. 1579: daß biederleut; Nd. Ldb.: fra me
Lu dt; hier bewahrt D den Text besser; 29 [in allen dingen.
Nr. 97
Der unbekannte Schreiber schließt seinen umfangreichen Beitrag zur Hs. mit einem
weiteren Renaissancelied, das wir wie D 11 und D 91 in direkter Linie auf die
Liederbücher aus der Zeit vor der Reformation zurückführen können. Das vorliegende
Lied findet sich in den Liedersammlungen Arnt von Aich (um 1510), Nr. 24, und
Oeglin (1512), Nr. 5, und ist von da in mehrere Musikhss. übernommen worden,
z.B. in das Ldb. des Johannes Heer von Glarus Nr. 38 (s. die Edition von A. Geering
und H. Trümpy, Basel 1967, S. 64-65, und die Nachweise S. 165). Der dreistrophige
Text in D tradiert das Liedmodell noch intakt, nur einige Stellen verraten Einflüsse
des Traditionsprozesses auf den Text. Einige Reime sind zerstört. Die im ndt.
Sprachgebiet eingetretene Umformung hat sich auf die Veränderung relativ weniger
Formen beschränkt (3 oiver, 7 gaff, 11 uptem Iße, 24 macket usw.).
Lesarten
(im Vergleich mit Arnt von Aich Nr. 24): 1 [Cupido hat ihm je erdacht; unsere
Lesung folgt Öglin und J. Heer und ist vorzuziehen; 4 segelois [zweiflos; Heer:
wißlos; 7 uf sulcher achtt [auß sichrer hab (= aus sicherem Hafen); 8 inn Venus [in
liebes; 10 der [die; 12 schuwett [scheucht; Heer: schüchet; 13 der sold vleein [solt
flihen der; 17 ertzeigen werdtt [verzigen sei (= Vergebung sei ihm versagt); 21 vor
gaidtt [vergut (= für gut).
Nr. 98
Wiederum scheint hier ein Lied in unserer Hs. auf, das in die deutsche Lieddichtung
der Renaissancezeit hineinverweist (vgl. D 11, 91, 97). Die schriftliche Überlieferung
dieses Liedes beginnt im Ldb. des Arnt von Aich (ca. 1510), Nr. 3, sie reicht über
die ‘56 Lieder’ (o.O.u.J.), Nr. 36 zu den ‘Gassenhawerlin und Reutterliedlin’
(Frankfurt: Christian Egenolf, 1535), Nr. 30. Handschriftliche Rezeption ist spärlich
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
und beschränkt sich auf zwei Fassungen mit Melodien im St. Galler Cod. 463, Nr.
49
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
262
und 160 und einen Text in der Berl. Ldhs. Mgf 752 (1568), Nr. 37, vgl. A. Kopp in
ZsfdPh 35 (1903) S. 516. Eine geistliche Kontrafaktur ist enthalten in H. Knausts
‘Gassenhawern’ (Frankfurt a. M.: Christian Egenolf, 1571), Nr. II: Nie noch nimmer
/ Christlich verendert / durch D.H.K. NJe noch nimmer / so ruht mir mein gmu t /
mein geist der wu t...
Wie in vielen anderen Fällen weist der Text in D vielfache Verderbnisse aufgrund
von Hörfehlern, Mißverständnissen usw. auf. Ein Abdruck des ‘Originals’ bei A.
von Aich Nr. 3 verdeutlicht am besten den weiten Weg, den der Text bis zu seinem
Niederschlag in der Darfelder Ldhs. zurückgelegt hat:
I.
Nie noch nimmer so rut mein gmut,
ich tob und wut
bei dir zu sein:
dahin all mein
5 gedenck ich setz,
troest und ergetz
mit treuen mich
dar gegen dich,
die weil ich leb mein treu versich.
II.
10 Noch wunsch ich liebers nit auf erd,
dann das mir werd
dein gnad zuteil,
und gluck sein heil
uns darzu geb,
15 das ich erleb,
dir wonen bei,
stets um dich sei,
damit ich werd verlanges frei.
III.
Nimmer kein lon ich sunst beger
20 um weges fer
dein lieb nit end,
ich bitt nit wend
dein grus von mir,
wann ich ie dir
25 bin undertan
biß zweifels ân:
ich wil dich fur all welt lieb han.
Nr. 99
Dieses bisher nicht nachweisbare Lied gehört zu den Eintragungen Kattryns von
Batenborch, einer Base von Katharina, der das Liederstammbuch gehörte; s. ferner
D 49, 55, 64, 68, 102 und 106. Obwohl das Lied klare Einflüsse hd. Lautung zeigt
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
263
(vor allem durch das häufige ych), so wird es sich - wie z.B. die Reime quyt: wyt,
plach: sach, godt: grott verraten - um ein ursprünglich ndt. Lied handeln, zu dem
uns entsprechende Konkordanzen bisher fehlen. Nach Form und Inhalt ist diese Klage
des Mädchens um den verlorenen Buhlen gut überliefert, und sie bewegt sich durch
ihre Motivik (s. bes. Str. III) auch etwas außerhalb der sonst im Minnelied üblichen
stereotypen Konventionen.
Worterklärungen
11 = er wendet mir den Rücken zu; 15/16 sprw., s. Wander 1, 308, Nr. *10; 27/29
heyls gebaren = Erfolg, Glück beschieden.
Nr. 100
Der unbekannte Hauptschreiber des 2. Teils überliefert hier eine dreistrophige
Liebesklage, die ndt. Überformung eines bisher nur aus der Hs. Pal. 343, Nr. 158
bekannten hd. Textes, der mit D weitgehende Übereinstimmungen zeigt.
Lesarten:
1 [Ich leyd und meyd, ist nit mein will; dieser charakteristische Unterschied zwischen
beiden Fassungen durchzieht den ganzen Text von D: das jambische Versmaß ist
durch Erweiterung um einen Innentakt zum Daktylus erweitert, was in der
musikalischen Aufführung seine Ursache haben könnte. 8 wehe [laid; 9 [die ich
bißher gesehen han; 11 [so wonigclich; 16 an [dan; 19 sorge [clag; 30 fynt [bin.
Nr. 101
Eingeschrieben von der gleichen Hand wie D 13 (= Abb. 4) und D 53 (gleiches Motto
DAL) von einem Mitglied der Familie von Bronckhorst und Battenburg. Das Lied
ist eines der ndt. Unicate der Hs. Eine Frau bekennt darin ihre Liebe zu ihrem
Auserwählten und bedauert jeden Tag, den sie nicht bei ihm verbringen kann. Der
Glaube an seine Treue läßt sie auch eine längere Trennung überstehen. Eine
formelhafte Erzählerstrophe beschließt diesen Text, an dessen achtzeiliger
Strophenform auffällt, daß die Reimzeilen jeweils durch Waisenzeilen voneinander
getrennt sind. Inhaltlich scheint lediglich in der zweiten Hälfte von Str. II etwas in
Unordnung geraten zu sein, da hier die zweite Hälfte von Str. I wieder aufgenommen
wird. Sprachlich stellen wiederum Formen wie ych und haertz Indikatoren für das
Vordringen des Hd. in den nfr. Sprachraum dar. Die Ldhs. Manderscheid enthält als
Nr. 62 den 4strophigen Text Die ich mich userkoren habe / die ist mir gantz leib und
werdt, da diese Hs. jedoch verschollen ist, steht der Text zu Vergleichszwecken nicht
zur Verfügung.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Worterklärungen
1 fferkoer = auserwählte; 10 zu panden = zum Pfand; 18 fferselt = zum Verb. versellen
= verbinden, vereinigen, DWb. 12, 1, 1271 f.; 21 ffergyt = vergißt; 27 breasselyngh,
zu Pressel, Preßlein = Band, Braseletten = Armreif, s. DWb. 7, 2104 f.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
264
Nr. 102
Lieder mit zeitgeschichtlichen Bezügen sind in unserer Hs. nicht eben häufig
anzutreffen (s. D 2 aus dem ungarischen Krieg und D 73, das ‘Fräulein von
Britannien’). Um so bemerkenswerter erscheint es uns, daß Kattryn von Batenborch
(die sich unter den Initialen CVB am Ende verbirgt) 1553 ein historisches Ereignislied
beisteuert, das sich auf den Schmalkaldischen Krieg von 1547 bezieht. Dazu liegt
bisher nur folgende meist gedruckte Te x t ü b e r l i e f e r u n g vor:
1. Flugschr. Wolfenbüttel 1548, danach Liliencron 4, Nr. 563 A, Wackernagel,
Kirchenlied 3, Nr. 1187. - 2. Flugschr. Wolfenbüttel 1549, danach Liliencron 4, Nr.
563 B. - 3. Flugschr. im Besitz von A. von Arnim, 3 Str. daraus im Wdh, 2, 111,
vollständig bei O.L.B. Wolff, Sammlung hist. Vldr. und Gedichte, Stuttgart und
Tübingen 1830, S. 606-607. - 4. Flugschr. UB Frankfurt a. M., Auct. germ. L 522.30
(o. O., 1551). - 5. Flugschr. Berl. Ye 3581 (Straßburg, Thiebolt Berger [1552]). - 6.
Flugschr. Vatik. Pal. V. 1452.5 (Straßburg, Jacob Frölich, o. J.). - 7. Pal. 343, Nr.
62. - 8. Mgf 753, 1575, Nr. 24, s.A. Kopp in AfdStdnSprLit 111 (1903) S. 21. - 9.
Ldhs. Manderscheid (ca. 1575-1600), Nr. 81, s.J. Bolte in JbfVlf 3 (1932) S. 151.
Das Lied schließt an die Niederlage der protestantischen Seite am 24. März 1547
und an die Gefangennahme des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen an. Es geht
auf den Verfasser Peter Watzdorf zurück und ist der Kurfürstin Sibylle in den Mund
gelegt. Die protestantische Haltung des Liedes läßt wichtige Rückschlüsse auf die
Einstellung der Schreiberin und der Besitzerin des Stammbuches zu, von denen
anzunehmen ist, daß sie der neuen Glaubenslehre zuneigten. Der Wortlaut von Str.
I läßt allerdings einige Zweifel aufkommen, ob die politischen Implikationen des
Liedes der Schreiberin voll bewußt sind: der Gefangene ist unverkennbar als
weibliches Wesen aufgefaßt! Auch sonst zeigt der Text viele Spuren mündlicher
Vermittlung, die am besten durch einen Ve r g l e i c h mit 1 aufgezeigt werden
können: 2 [nach dem der jetzt gefangen; 3 [dem liebsten fürsten mein; 11 [woher
kompt dieses zenken; 13 [Ob er was hett verbrochen; 14 geffrachgen [gerochen; 17
[mein herz damit gerühret; 30 [uns ledig machen aller not.
Worterklärungen:
18 Cor = Kurwürde; 21 pavys = Papst.
NS: Das gleiche Motto abgekürzt auch bei D 42 und 65.
Nr. 103
Der Schreiber dieses Liedes ist durch die Unterschrift als Ludwig Baron von Polhaim
zu identifizieren. Für den Zusatz Lup weiß ich keine Erklärung. Dem Namen nach
gehört der Schreiber zu dem berühmten österreichischen Adelsgeschlecht der
Pohlheim. In Hohenecks ‘Historischer Beschreibung der Löbl. Herren Ständen deß
Ertz-Herzogthumbs Oesterreich ob der Enß’ (2. Theil, 1732, S. 97 f.) wird tatsächlich
ein ‘Ludwig II., Herr zu Polheimb und Liechteneck’ erwähnt, zugleich erfahren
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
265
wir aus dieser Quelle, daß Ludwig in jungen Jahren ‘Obrister Stallmeister’ des
Herzogs Wilhelm von Jülich war und 1566 mit Kaiser Maximilian II. am
Türkenfeldzug teilnahm. Sein Geburtsdatum wird mit 13. Oktober 1529 angegeben,
so daß er zur Zeit der Niederschrift des Liedes i.J. 1550 erst 21 Jahre alt gewesen
sein kann. Dies ist ein wichtiges Indiz dafür, daß wir uns den Kreis um die Besitzerin
des Liederstammbuches teilweise als recht jung vorzustellen haben werden.
Entsprechend der Herkunft des Schreibers ist der Sprachstand des Liedes rein hd.
Die Überlieferung des Liedes von der Unstetigkeit der Frau ist im 16. Jh. bisher fast
ausschließlich auf die gedruckte Sphäre beschränkt geblieben. Wir kennen den Text
aus Flugblättern (Brednich, Liedpublizistik 2, Nr. 451), Flugschriften (LB Weimar,
14, 6:60e.53.2, Nürnberg: Kunegund Hergotin) und Liederbüchern (Gassenhawerlin
und Reutterliedlin, Frankfurt 1535, Nr. 14, danach E.-B. Nr. 430; Ldb. Ambras 1582,
Nr. 32). Bisher ist nur ein hs. Beleg (1 Str. mit Mel.) bekannt geworden, s. Paul
Stötzner, Ein geschr. Ldb. d. 16. Jhs., in: Euphorion 2, 1895, S. 296, Nr. 22. D 103
bietet den ersten Textzeugen für eine vollständige Rezeption einer dreistrophigen
Fassung. Der Text schließt sich eng an die gedruckte Überlieferung an. Z. 12 ist in
der übrigen Tradition in der Lesung unsicher. Die Flugblätter und Flugschriften
verzeichnen hier: sie geben kurze zil, Gassenhawerlin: sie gehn in kürtze rein (!),
Ldb. Ambr. sie geben einen kurzen bescheid. Z. 19/20 sind sprw., vgl. Wander 2,
878, Röhrich 1, 447.
Zur Melodiengemeinschaft mit dem Lied Ich hatte mich unterwunden und den
daraus resultierenden Kontaminationen s. oben im Kommentar zu D 20.
Nr. 104
Von allen Liedern der Hs. weist das 1553 von unbekannter Hand eingetragene Lied
D 104 die größte Nähe zum Volksliedstil der damaligen Zeit auf, und da dieses
Liedgut nur selten Eingang in gedruckte Liederbücher (Ausnahme: G. Forster Bd. 3
und 5!), Flugschriften und Hss. fand, verwundert es nicht, daß dazu Parallelen nicht
nachweisbar sind. Nicht auszuschließen ist, daß der Schreiber das Lied im
‘Volksliedton’ selbst verfaßte und bei einem entsprechenden fröhlichen Anlaß dem
Adelsfräulein auf Hönnepel dedizierte (s. Str. III).
Abdruck des Textes bei Hübner II, S. 177.
Nr. 105
An vorletzter Stelle hat sich eine unbekannte Hand mit einem Text verewigt, an dem
eine zweite zeitgenössische Hand leichte Korrekturen vornimmt. Wie aus dem Titel
hervorgeht, handelt es sich um eine Übersetzung des 1. Kapitels des Hohenliedes,
van wort zu wort, d.h. die Vorlage mehr paraphrasierend als übersetzend. - Das
Interesse an diesem rätselhaften alttestamentlichen Text ist zu allen Zeiten im
Christentum wach gewesen, besonders jedoch im 12. Jh., als es zu einem wahren
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
266
Höhepunkt von Hohelied-Exegesen in verschiedenen Sprachen kam. Ohly schließt
seine Übersicht über die älteren Textzeugnisse - entstanden als Vorstudie zur
Untersuchung des St. Trudperter Hohenliedes - mit dem Jahre 1200 ab. ‘Die Fülle
des handschriftlichen unerschlossenen Materials ist so groß, daß seine Einbeziehung
über eine, die Forschungslücken sichtbar machende Erwähnung... hinaus sich verbot’
(S. 3). Zu solchen unerschlossenen hs. Materialien gehören auch die zahllosen
Eindeutschungsversuche, von denen unsere Hs. ein Bruchstück bietet. Bei der
Entstehung nach 1550 mag der Umstand eine Rolle gespielt haben, daß sich Luthers
Hoheliedkommentar diesem Buch gegenüber stark ablehnend verhielt, so daß dieser
Text wegen seines erotischen Gehaltes auch für weltliche Funktionen wieder verfügbar
geworden war. Wie wäre es anders zu erklären, daß diese Hohelied-Paraphrase mitten
unter schmachtenden Liebesliedern auftaucht?
Die Sprache unseres Textes ist hd., doch lassen sich allenthalben
nichtdiphthongierte Formen feststellen. Da diese Formen z.T. auch reimbildend
waren (19/20 brun: Sonn; 57/59 frundin: syn), ist eine Entstehung in einem Gebiet
anzusetzen, in dem bereits die Lautverschiebung, nicht jedoch die nhd.
Diphthongierung stattgefunden hatte. Diese Voraussetzung trifft auf das Gebiet des
nördlichen Niederrheins für die 2. H.d. 16. Jhs. zu.
Der Text ist - mit Ausnahme der beiden letzten Gesätze - strophisch angelegt,
offenbar sangbar und durch die Melodieangabe auch als Lied erkennbar. Der
angegebene Ton Ich habs gewacht ist der Beginn des berühmten Huttenschen
Bekenntnisliedes von 1521 (Uhland Nr. 350, Brednich, Liedpublizistik 2, Nr. 252,
Abb. 50), sein Metrum paßt allerdings nicht zu der siebenzeiligen Strophe unseres
Textes.
Literatur:
Hartmut Schmökel, Heilige Hochzeit und Hohes Lied, Wiesbaden 1956
(Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes, XXXII, 1). - Friedrich Ohly,
Hohelied-Studien. Grundzüge einer Geschichte der Hoheliedauslegung des
Abendlandes bis um 1200, Wiesbaden 1958 (Schriften der wiss. Ges. a.d. Joh.
Wolfg.-Goethe-Universität Frankfurt a.M. Geisteswiss. Reihe, 1).
Nr. 106
Kattryn von Battenburg steht mit ihrer Eintragung am Schluß der Hs., allerdings ist
es zeitlich gesehen nicht ihr letzter Eintrag (Nr. 55: 1558!), woraus wie bei D 1
hervorgeht, daß der Aufeinanderfolge der Texte in der Hs. nicht unbedingt eine
chronologische Reihung entspricht. Der Sinn des vorliegenden Liedes ist ebenso wie
die äußere Form stark in Unordnung geraten und dadurch verdunkelt, so daß der
Text eher wie eine lose Folge von Einfällen und Metaphern als ein durchdachtes
Liedganzes wirkt. Es ist vielleicht notwendig, auf den persönlichen Einschlag
hinzuweisen und den Text als den Versuch zur Artikulation einer Art von Bekenntnis
zu verstehen: am Jahresende hält ein Mädchen Rückschau und erkennt, daß es bei
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
seinem Liebsten verspielt hat. Parallelen hierzu sind weder im Ndt. noch im Ndl.
bekannt geworden (frdl. Auskunft von Fred Matter, NVA). Bei Arne Holtorf (Neu-
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
267
jahrswünsche im Liebesliede des ausgehenden Mittelalters, Göppingen 1973) wird
das Lied nicht registriert. - Ihrer Vorliebe für kurze Nachschriften entsprechend (s.
Nr. 15, 49, 55, 68, 99, 102) hat die Schreiberin dem Lied eine Zeile nachgestellt, die
vollständiger im Ndt. Reimbüchlein (Seelmann S. 83) a.d. 16. Jh. verbucht ist:
Ich wil des wol vorbeiden,
vel beter is hapen den scheiden.
Worterklärungen
1 soette = angenehm, lieblich; 4 geloych, zu gelove = Glaube, Vertrauen; 7 er ist nun
so sehr von Sinnen; 17 versessen, zu versetten = sich widersetzen; 18-19 sprw., s.
Wander 2, 869-871; Nr. 1167, 1204, 1205; Bedeutung: Ein Vorwand ist leicht
gefunden.
NS: verbeyden = abwarten.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
269
Literatur= und Sigelverzeichnis
v.d. Aelst 1602
P. v.d. Aelst, Blumm und Außbund
Allerhandt Außerlesener Weltlicher,
Züchtiger Lieder und Rheymen, Deventer
1602. Neudruck hrsg. von Ernst
Schulte-Strathaus, München 1912.
[NB: Lied Nr. 25 der Originalausgabe ist
nicht numeriert. Im Neudruck sind daher
die diesem Lied folgenden Nrr. um eine
Nr. erhöht].
AfdStdnSprLit
Archiv für das Studium der neuen
Sprachen und Literaturen.
Alpers, Nd. Vldr.
Paul Alpers, Alte niederdeutsche
Volkslieder mit ihren Weisen, 2. Aufl.
Münster 1960.
Paul Alpers, Stammbuchsprüche aus der
Benckhäuser Liederhandschrift von 1573.
In: NdZsfVk 7 (1929) 17-18.
Antw. Ldb.
Antwerpener Liederbuch vom Jahre 1544,
hrsg. von Hoffmann von Fallersleben,
Hannover 1855 (Horae Belgicae, 11). Het Antwerps Liedboek. 87 melodieën
op teksten uit ‘Een Schoon
Liedekens-Boeck’ van 1544 uitgegeven
door K. Vellekoop en H.
Wagenaar-Nolthenius met medewerking
van W.P. Gerritsen en A.C.
Hemmes-Hoogstadt, 2 Bde., Amsterdam
1972 (zit.: Neuausgabe). Vgl. Johannes
Koepp, Untersuchungen über das
Antwerpener Liederbuch vom Jahre 1544,
Diss. Hamburg, Antwerpen 1927.
Arnt von Aich
Das Liederbuch des Arnt von Aich (Köln
um 1510). Erste Partitur-Ausgabe der 75
vierstimmigen Tonsätze von Eduard
Bernoulli und Hans Joachim Moser,
Kassel 1930.
Beckmann
Ada-Elise Beckmann, geb. Grube, Die
Darfelder Liederhandschrift.
Untersuchungen und Texte zu einer
niederrheinischwestfälischen
Liederhandschrift des 16. Jahrhunderts,
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Diss. phil. Berlin 1941 (Verz. d.
Univ.-Schriften 1944, Nr. 1067).
Benckhäuser Ldhs.
Paul Alpers, Die Benckhäuser
Liederhandschrift von 1573 bis 1588. In:
NdZsfVk 1 (1923) 108-113. [Geschrieben
von Anna Lüning 1573-1588].
Böhme, Altd. Ldb.
Franz Magnus Böhme, Altdeutsches
Liederbuch, Leipzig 1877.
Brednich, Liedpublizistik
Rolf Wilh. Brednich, Die Liedpublizistik
im Flugblatt des 15. bis 17. Jahrhunderts,
2 Bde. Baden-Baden 1974-1975
(Bibliotheca Bibliographica Aureliana,
55, 60).
Brüssel, Ms II 144
Brüsseler Ldhs. Bibliothèque Royale de
Belgique, geschrieben 15./16. Jahrhundert
mit Nachträgen des 17. Jahrhunderts.
Beschrieben von R. Priebsch, Aus
deutschen Handschriften der Königlichen
Bibliothek zu Brüssel. In: ZsfdPh 38
(1906) 301-333, 436-467; 39 (1907)
156-179. Kopie: DVA M 107.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
270
D
Darfelder Liederhandschrift.
Darmstädter Ldhs. 1587
Arthur Kopp, Die Darmstädter
Handschrift Nr. 1213. In: ZsfdPh 37
(1905) 509-515. [Ldhs. des Arnoldus
Krouft gen. Creudener, Köln].
Daur
Albert Daur, Das alte deutsche Volkslied
nach seinen festen Ausdrucksformeln
betrachtet, Leipzig 1909.
Dielitz
J. Dielitz, Die Wahl- und Denksprüche,
Feldgeschreie, Losungen, Schlacht- und
Volksrufe, besonders des Mittelalters und
der Neuzeit, alphabetisch geordnet und
erläutert, Frankfurt a.M. 1884.
v. Duyse
Fl. van Duyse, Het oude Nederlandsche
Lied, 3 Bde. 's-Gravenhage und
Antwerpen 1903-1908.
DVA
Deutsches Volksliedarchiv, Freiburg i.
Br.
DVldr.
Deutsche Volkslieder mit ihren Melodien,
hrsg. vom Deutschen Volksliedarchiv.
Balladen Bd. 1-6, Berlin und Freiburg i.
Br. 1935-1974.
DWb.
Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches
Wörterbuch, 16 Bde. Leipzig 1854-1954.
E.-B.
Ludwig Erk - Franz Magnus Böhme,
Deutscher Liederhort, 3 Bde. Leipzig
1893-1894.
Eitner
Robert Eitner, Das deutsche Lied des XV.
und XVI. Jahrhunderts in Wort, Melodie
und mehrstimmigem Tonsatz, 2 Bde.
Berlin 1876-1880.
Fahne I
Anton Fahne, Geschichte der Kölnischen,
Jülichschen und Bergischen Geschlechter,
2 Tle. Köln und Bonn 1848-1853.
Fahne II
Anton Fahne, Geschichte der
westphälischen Geschlechter, Köln 1858.
Fahne III
Anton Fahne, Die Herren und Freiherren
von Hövel, Köln 1860.
H. v. Fallersleben Findlinge
Hoffmann von Fallersleben, Findlinge
Bd. 1 Leipzig 1860.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
H. v. Fallersleben Ges. Ldr.
Hoffmann von Fallersleben, Die
deutschen Gesellschaftslieder des 16. und
17. Jahrhunderts, 2. Aufl. Leipzig 1860.
H. v. Fallersleben Ndl. Vldr.
Hoffmann von Fallersleben,
Niederländische Volkslieder, 2. Ausg.
Hannover 1856 (Horae Belgicae, 2).
Ferwerda
Abraham Ferwerda, Adelyk een
Aanzienelyk Wapenbok van de Zeven
Provincien, 2 Bde. Leuwarden
1760-1773.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
271
Forster-Marriage
Georg Forsters Frische Teutsche Liedlein
in fünf Teilen, hrsg. von M. Elizabeth
Marriage, Halle a.S. 1903 (Neudrucke
deutscher Literaturwerke des XVI. und
XVII. Jahrhunderts, 203 bis 206).
Goedeke-Tittmann
Karl Goedeke - Julius Tittmann,
Liederbuch aus dem 16. Jahrhundert, 2.
Aufl. Leipzig 1881 (Dt. Dichter des 16.
Jahrhunderts, 1).
Hätzlerin
Liederbuch der Clara Hätzlerin, hrsg. von
Carl Haltaus, Quedlinburg und Leipzig
1840, Neuausgabe von Hanns Fischer,
Berlin 1966.
HdA
Handwörterbuch des deutschen
Aberglaubens, hrsg. von Hanns
Bächtold-Stäubli, 10 Bde. Berlin u.
Leipzig 1927-1942.
Heilfurth, Bergreihen
Bergreihen. Eine Liedersammlung des
16. Jahrhunderts mit drei Folgen. Hrsg.
von Gerhard Heilfurth, Erich Seemann,
Hinrich Siuts, Gerhard Wolf, Tübingen
1959 (Mitteldeutsche Forschungen, 16).
Hennig
Kurt Hennig, Die geistliche Kontrafaktur
im Jahrhundert der Reformation, Diss.
Halle a.S. 1909.
Hildebrandt
Ad. M. Hildebrandt, Stammbuch-Blätter
des norddeutschen Adels. Aus
Stammbüchern des 16. und 17.
Jahrhunderts gesammelte wortgetreue
Copieen der Inschriften und genaue
Beschreibungen der Wappen. Ein Beitrag
zur Adels- und Culturgeschichte, 2. Aufl.
Berlin 1884.
Hölscher
B. Hölscher, Niederdeutsche geistliche
Lieder und Sprüche aus dem
Münsterlande. Nach Handschriften aus
dem XV. und XVI. Jahrhundert, Berlin
1854.
Hübner I
Arthur Hübner, Eine
niederrheinsch-westfälische
Liederhandschrift aus dem 16.
Jahrhundert. In: JbdVfndSprf 53 1927
(ersch. 1929) 39-49. Wiederabdruck in
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
A. Hübner, Kleine Schriften zur
deutschen Philologie (Berlin 1940)
156-165.
Hübner II
Arthur Hübner, Aus der Darfelder
Liederhandschrift. In: Volkstum und
Heimat. Karl Wagenfeld zum 60.
Geburtstag (Münster i.W. 1929) 176-179,
351.
JbdVfndSprf
Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche
Sprachforschung.
JbfVlf
Jahrbuch für Volksliedforschung
Kalff
G. Kalff, Het Lied in de Middeleeuwen,
Leiden 1884, Neudruck Arnhem 1972.
Keil
Robert und Richard Keil, Die deutschen
Stammbücher des 16. bis 19.
Jahrhunderts, Berlin 1893.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
272
Kirchner
Joachim Kirchner, Germanistische
Handschriftenpraxis, 2. Aufl. München
1967.
Kneschke
Ernst Heinrich Kneschke, Neues
allgemeines Deutsches Adels-Lexicon, 9
Bde. Leipzig 1859-1870.
Arthur Kopp, Über ältere deutsche
Liedersammlungen. In: AfdStdnSprLit
121 (1908) 241-279.
Langebeks Quarths.
Erik Kroman, Eine adelige
Liederhandschrift vom Hofe Friedrichs
II. In: Acta Scandinavica 6 (1931/32)
215-296. Vgl. Joh. Bolte, Deutsche
Lieder in Dänemark. Ein Beitrag zur
vergleichenden Literaturgeschichte, in:
Sitzungsberichte der Preuß. Akademie
der Wissenschaften, phil.-hist. Kl. 20
(Berlin 1927) 180-205, s.S. 190-192
[1562-1584 von verschiedenen Händen
beschrieben, 101 dänische und 70
deutsche Lieder].
Lasch, Mnd. Gr.
Agathe Lasch, Mittelniederdeutsche
Grammatik, Halle a.S. 1914, Neudruck
Tübingen 1974 (Sammlung kurzer
Grammatiken germanischer Dialekte, 9).
Lasch-Borchling
Agathe Lasch und Conrad Borchling,
Mittelniederdeutsches Handwörterbuch.
Fortgeführt von Gerhard Cordes. Bd. 1
ff., Hamburg und Neumünster 1933 ff.
Ldb. Ambras 1582
Das Ambraser Liederbuch vom Jahre
1582. Hrsg. von Joseph Bergmann,
Stuttgart 1845, Neudruck Hildesheim
1962.
Ldb. Anna v. Köln
Liederbuch der Anna von Köln (um
1500). Eingeleitet und hrsg. von Walter
Salmen und Johannes Koepp, Düsseldorf
1954 (Denkmäler rheinischer Musik, 4).
Ldb. Heer v. Glarus
Das Liederbuch des Johannes Heer von
Glarus. Ein Musikheft aus der Zeit des
Humanismus (Codex 462 der
Stiftsbibliothek St. Gallen), hrsg. von
Arnold Geering und Hans Trümpy, Basel
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
1967 (Schweizerische Musikdenkmäler,
5).
Ldb. Peter Schöffer
Liederbuch des Peter Schöffer, Mainz
1513. Faksimiledruck, München o. J.
Ldhs. Iselin
Max Meier, Das Liederbuch Ludwig
Iselins, Diss. Basel 1913 [117 Ldr., obd.,
1525-1575].
Ldhs. Katharina v. Hatzfeld
Johannes Bolte, Liederhandschriften des
16. Jahrhunderts. Das Liederbuch der
Herzogin Amalia von Cleve. In: ZsfdPh
22 (1890) 397-426. Vgl. Karl
Schumacher, Das sog. ‘Liederbuch der
Herzogin Amalia von Cleve-Jülich-Berg’.
In: ZsfdPh 45 (1913) 493-495 [Berlin,
Mgq 1480, Kopie DVA M fol 3]
Ldhs. Manderscheid
Johannes Bolte, Die Liederhandschrift
des Grafen Hans Gerhard von
Manderscheid. In: JbfVlf 3 (1932)
148-154 [84 Ldr. letztes Viertel 16. Jh.
Die Hs. ist verschollen].
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
273
Ldb. Ottilia Fenchlerin
Anton Birlinger, Straßburgisches
Liederbuch 1592. In: Alemannia 1 (1873)
1-59, 224. Arthur Kopp, Die Straßburger
Liederhandschrift vom Jahre 1592. In:
Alemannia 44 (1917) 65-93.
Ldhs. Reiffenberg
[Fréderic Auguste Ferdinand Thomas]
Baron de Reiffenberg, Nouveaux
souvenirs d'Allemagne. Pèlerinage à
Munich tom 1, Bruxelles et Leipzig 1843
[hd., 1588-1600]. Vgl. Arthur Kopp, Die
Liedersammlung des Frh. Friedrich von
Reiffenberg (1588). In: AfdStdnSprLit
105 (1900) 265-295.
Liliencron
Rochus Frh. von Liliencron, Die
historischen Volkslieder der Deutschen
vom 13. bis 16. Jahrhundert, 4 Bde. und
Registerband, Leipzig 1865-1869,
Neudruck Hildesheim 1966.
Liliencron, Leben
Rochus Frh. von Liliencron, Deutsches
Leben im Volkslied um 1530, Stuttgart
(1884), Neudruck Hildesheim 1966
(Deutsche National-Literatur, 13).
Lochamer-Ldb.
Lochamer-Liederbuch und das
Fundamentum organisandi von Conrad
Paumann. Faksimile-Nachdruck hrsg. von
Konrad Ameln, Kassel 1972. - Das
Lochamer-Liederbuch. Einführung und
Bearbeitung der Melodien von Walter
Salmen. Einleitung und Bearbeitung der
Texte von Christoph Petzsch, Wiesbaden
1972 (Denkmäler der Tonkunst in
Bayern, N.F. Sonderband 2).
Löbe
Max Löbe, Wahlsprüche, Devisen und
Sinnsprüche deutscher
Fürstengeschlechter des XVI. und XVII.
Jahrhunderts, Leipzig 1883.
Mgf 752
Arthur Kopp, Die Liederhandschrift vom
Jahre 1568. In: ZsfdPh 35 (1903) 507-532
[126 Ldr., Ndrh. und Ndlde.].
Mgf 753
Arthur Kopp, Die Osnabrückische
Liederhandschrift vom Jahre 1575. In:
AfdStdnSprLit 111 (1903) 1-28, 257-274;
112 (1904) 1-24.
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Mgq 402
Berliner Liederhandschrift der Brüder
von Helmstorff 1569/ 1575
(unveröffentlicht).
Mgq 612
Arthur Kopp, Die niederrheinische
Liederhandschrift. In: Euphorion 8 (1901)
499-528; 9 (1902) 21-42, 280-310,
621-637 [74 Texte, dazu Sprüche etc.].
NdZsfVk
Niederdeutsche Zeitschrift für
Volkskunde.
NS
Nachschrift (Schreibervers).
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
274
NVA
Nederlands Volkslied Archief,
Amsterdam.
Graf Julius von Oeynhausen, Inschriften
Niedersächsischer Edelleute im
Stammbuche des Wilhelm von
Hodenberg. In: Zs. d. hist. Ver. f.
Niedersachsen Jg. 1872 (Hannover 1873)
206-215.
Graf Julius von Oeynhausen, Aus dem
Stammbuche der Johanna Elisabeth Hake
zu Schevendorf und Bökel. In: Zs. d. hist.
Ver. f. Niedersachsen Jg. 1872 (Hannover
1873) 215-217.
Pal. 343
Arthur Kopp, Volks- und
Gesellschaftslieder des XV. und XVI.
Jahrhunderts. I. Die Lieder der
Heidelberger Handschrift Pal. 343, Berlin
1905 (Deutsche Texte des Mittelalters,
5) [204 Texte, obd., um 1550-1555].
Quarths. 1579
Quarthandschrift aus einem aufgehobenen
westfälischen Nonnenkloster, 1579.
Nachlaß K. Schulte Kemminghausen,
Münster i.W. Zuerst beschrieben von J.F.
Mone, Teutsche Volkslieder. In: Anz. f.d.
Kde. d. teutsch. Vorzeit 7 (1838) Sp. 72
bis 87 Kopie: DVA M 108.
Ragotzky
Pastor Ragotzky, Sinnsprüche aus
Stammbüchern von 1550 bis 1650. In:
Vierteljahrsschrift für Wappen-, Siegelund Familienkunde 27 (1899) 388-429.
Rietstap
Johannes Baptist Rietstap, Armorial
général, précédé d'un dictionnaire des
termes de Blason, 2. Aufl., Paris, Den
Haag und Berlin 1903-1954.
Röhrich
Lutz Röhrich, Lexikon der
sprichwörtlichen Redensarten, 2 Bde.,
Freiburg i. Br. 1973.
Rolland
Henri Rolland, Planches de l'armorial
général (s. Rietstap), Tl. 4-7, Paris etc.
1933-1954.
Sappler
Paul Sappler, Das Königsteiner
Liederbuch Ms. germ. qu. 719 Berlin,
München 1970 (Münchener Texte und
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Untersuchungen zur deutschen Literatur
des Mittelalters, 29).
Schiller-Lübben
Karl Schiller - August Lübben,
Mittelniederdeutsches Wörterbuch, 6
Bde., Bremen 1875-1881.
Seelmann
Wilhelm Seelmann, Niederdeutsches
Reimbüchlein. Eine Spruchsammlung des
16. Jahrhunderts, Norden und Leipzig
1885 (Drucke d. VfndSprf., 2).
Spiessen
Max von Spiessen, Wappenbuch des
westfälischen Adels, 2 Bde., Görlitz
1903.
Stötzner
Paul Stötzner, Ein geschriebenes
Liederbuch des 16. Jahrhunderts. In:
Euphorion 2 (1895) 294-304 [Leipziger
Studentenliederbuch, letztes Drittel 16.
Jhs., darin 54 deutsche Lieder mit
Melodien].
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
275
Thoma
Adolf Thoma, Uhlands
Volksliedersammlung, Stuttgart 1929
(Tübinger germanistische Arbeiten, 10).
Uhland
Ludwig Uhland, Alte hoch- und
niederdeutsche Volkslieder, 2 Bde.
Stuttgart und Tübingen 1844-1845,
Neudruck Hildesheim 1968.
Uhland- de Bouck
Niederdeutsche Volkslieder. Gesammelt
und hrsg. vom Vereine für niederdeutsche
Sprachforschung I: Die niederdeutschen
Liederbücher von Uhland und de Bouck,
Hamburg 1883. Vgl. dazu Arthur Kopp,
Die niederdeutschen Lieder des 16.
Jahrhunderts. In: JbdVfndSprf 26 (1900)
1-55.
Verwijs-Verdam
E. Verwijs - J. Verdam,
Middelnederlandsch Woordenboek, 9
Bde. 's-Gravenhage 1885-1929.
Wackernagel, Kirchenlied
Philipp Wackernagel, Das deutsche
Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu
Anfang des XVII. Jahrhunderts, 5 Bde.
Leipzig 1864-1877.
Wander
Karl Friedrich Wilhelm Wander,
Deutsches Sprichwörter-Lexikon, 5 Bde.
Leipzig 1867-1880.
Weller, Annalen
Emil Weller, Annalen der Poetischen
National-Literatur der Deutschen im XVI.
und XVII. Jahrhundert, 2 Bde. Freiburg
i. Br. 1862-1864.
Werldtspröke
Schöne ku nstlyke Werldtsprüke /
darinne aller Stende / Natur vnde
Egenschop affgemahlet syn. o.O.u.J. 43
Bll. 8o. Expl. UB Göttingen, 8o Poet.
germ. I, 5917.
Wulffen
Barbara von Wulffen, Der Natureingang
in Minnesang und frühem Volkslied,
München 1963.
ZsfdPh
Zeitschrift für deutsche Phililogie
Zütphener Ldhs.
Hoffmann von Fallersleben, Weimarische
Liederhandschrift vom Jahre 1537. In:
Weimarisches Jahrbuch für deutsche
Sprache, Litteratur und Kunst 1 (1854)
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
101-132. - Elizabeth Marriage-Minkoff,
Unveröffentlichtes aus der Weimarer
Liederhandschrift vom Jahre 1537. In:
Tijdschrift voor Nederlandsche Taal- en
Letterkunde 38 (1919) 81-112 [Kopie der
Hs.: DVA M 33].
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
277
Verzeichnis der Namen in der Handschrift
Aldenbokum, D. v.
20
Alpen
Wappenbuch I, Bl. 2 vo oben
Wappenbuch II, Bl. 58 vo unten
B., T.v. (= Brederode, Th. v.?)
80
Battenburg, E. v.
51
Battenburg, Tryna v.
4
Belhem, J.
87
Bentem
Wappenbuch I, Bl. 5 ro oben
Wappenbuch II, Bl. 59 ro unten
Boeren, Elysabet van
98
Botzeler (Butzler)
Wappenbuch I, Bl. 3 vo oben
Wappenbuch II, Bl. 59 ro oben
Bouchhorst, D.
Widmung Bl. 40 vo
Bourgongne
Wappenbuch I, Bl. 3 ro unten
Wappenbuch II, Bl. 62 ro unten
Brakel, M.
79
Brederode, A. v.
69
Brederode, B.v. (Balthasar)
2
Brederode, Jenne v.
7
Brederode, M.v.
Widmung Bl. 48 ro
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Bronckhorst und Battenburg, Alyt v.
1
Bronckhorst und Battenburg, Anna v.
43, 52, 62
Bronckhorst und Battenburg, Diderich v. Widmung Bl. 10 vo
Bronckhorst und Battenburg, Elsbet
(Elsabet) v.
12, 19, 21, 46
Bronckhorst und Battenburg, Joest v.
6
Bronckhorst und Battenburg, K. v.
13, 53, 101
Bronckhorst und Battenburg, Katharina 16, 22-40
v. (Besitzerin)
Bronckhorst und Battenburg, Kattryn
(Base)
15, 49, 55, 64, 68, 99, 102, 106
Bronckhorst, Battenburg und Anholt
Wappenbuch II, Bl. 57 vo oben
Buisfelt, R. v.
Widmung Bl. 51 vo
Bure
Wappenbuch I, Bl. 5 ro
Wappenbuch II, Bl. 62 vo unten
Culenburch
Wappenburg I, Bl. 2 vo unten
Wappenbuch II, Bl. 58 vo unten
Wappenbuch II, Bl. 61 vo unten
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
278
Densternawen, R. v.
Widmung auf Vorderdeckel
Duden, Chrystyna
82
Erb, Rainer zu
42
F., F.F.F. v. (?)
104
Gemmen
Wappenbuch II, Bl. 58 ro oben
Grastorp
Wappenbuch II, Bl. 61 ro unten
Grunßfeld
Wappenbuch II, Bl. 57 vo unten
H., A. v.
5
Hal, D.
14
Harchies
Wappenbuch I, Bl. 4 ro unten
Wappenbuch II, Bl. 63 ro oben
Hasenkamp, L.
45
Hessen
Wappenbuch I, Bl. 4 ro oben
Wappenbuch II, Bl. 61 ro oben
Holstein und Schauenburg, E. Graf
8, 72
s. auch
Schauenburg
Holt
Wappenbuch II, Bl. 59 vo unten
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Holtorp, S. v.
Widmung Bl. 22 ro; 48
Knypraede
Wappenbuch II, Bl. 60 ro unten
Lauisuile
Wappenbuch I, Bl. 4 vo unten
Wappenbuch II, Bl. 63 ro unten
Lickervelle
Wappenbuch I, Bl. 2 ro unten
Wappenbuch II, Bl. 62 ro oben
Mailly
Wappenbuch I, Bl. 3 vo unten
Wappenbuch II, Bl. 62 vo oben
Meroede, M. van
57
Noyelle
Wappenbuch II, Bl. 61 vo oben
Ovelacker
Wappenbuch II, Bl. 60 ro oben
Oyppenn
Wappenbuch II, Bl. 58 ro unten
Polhaim, Ludwig de
103
R., I.
84, 85, 88
Raisfelt, Johein v.
74-78
Renesse
Akrostichon bei Nr. 61
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
279
Rertzrurtt, Wy. v. (?)
63
Schauenburg, Joest Graf zu
3
Schöler, F. v.
54
Schoeten, Davit v.
70
Smully(n)ch, G.
71, 81
Sollenhardt
Wappenbuch I, Bl. 4 vo oben
Wappenbuch II, Bl. 60 vo unten
Ubrecht, A.
Widmung auf Vorsatzblatt
Westrem, v.
44
Wyckede
Wappenbuch I, Bl. 2 ro oben
Wappenbuch II, Bl. 59 vo oben
Wylich
Wappenbuch I, Bl. 3 ro oben
Wappenbuch II, Bl. 60 vo oben
Ybbfendorpt, T.S. v.
Widmung Bl. 49 vo
Unbekannte Schreiber (in Klammern Zahl der Lieder)
I
(10)
50, 90-97, 100
II
(7)
9, 10, 11, 47, 56, 59, 67
III
(3)
17, 18, 41
IV
(3)
84, 85, 88
V
(2)
73, 86
VI
(1)
58
VII
(1)
60
VIII
(1)
65
IX
(1)
66
X
(1)
83
XI
(1)
89
XII
(1)
105
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
281
Verzeichnis der Liedanfänge
Lied-Nr.
Ach s. auch Och
Ach du heimliches leiden s. Och hither
lides liden
Ach huilff mich leidt und sinlich klagh: 89
tag
Ach Lieff mit leidt: bescheit
28
Ain zwivel gar: vorwair
92
Al om een joncfroukens wille: gertzende 80
Alles leidt mych scheiden kreinck:
gedenck
12
Aus s. auch Uis
Aus hertzenn grundt: vorwundtt
91
Blaw blomen auff der heyden: gescheiden 43
Cupido hait in mir erdacht: achtt
97
Das soette nyen yar: yst
106
De wynter ys verganen: hangen
17
Dennoch s. Noechtans
Der mane steidt am hoichgsten: node
78
Der morgen stern der hait sich auff
gedrungen: gesungen
84
Der werlt untruwe ys mannych folt: get 45
Des mych erfrout, des moeyt woul leyd: 70
gler
Du solt werdenn der Reichste under alle 93
dinen frunden: gunnen
Durch dummen syn: zyn
90
Dye lyeffste den ych ut fferkoer: syn
101
Dye maeyn steyt yn dem hüchsten:
nüeden
53
Ein fruntlich auchen wyncken: gedencke 48
Eitz scheiden du breinges mych swer: ein 46
Elleyndt hadt mych omffangen: verlangen 49
En allen mijn jonck leven: verheven
69
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Entlaubet s. Untlovet
Es s. Het
Eyn Venus dierken had ich uytherkoren: 40
erboeren
Ffreys unde ffreylych wyll yck mych
halden: benyden
41
Ffrou Ffeynuys wyl mych morden:
gewarden
99
Fins leff moichte ich bi dir sin: min
10
Frolich so willen wyr singen: Ungern
2
Frolich und fry: daby
96
Fynes leyff, ich moss dych lassenn:
strassenn
72
Geyn leyb on leydt: eydt
14
Ghen besser freudt up erden niet en is: is 33
Ghen Boeser ding up erden niet en is: list 34
Gheyn beter freudt up erden niet en is: is 35
Grois leith drege ich forborgen: was
9
Groiß lieb drage ich verborgen: war
77
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
282
Gyff trost du sartze frawe: truwe
8
Haertz lyebste zartz: hertz
7
Het viel eyns kolen douwe: frouwen
27
Ich s. auch Ych
Ich arm Bruyns Medelyn ick beklagesß 23
mich seer: myn
Ich armes kuitzelyn kleyne: alleyne
29
Ich byn daer tho gebaren: erkaren
88
Ich byn umb eynre frouwe wille:
Jonckfrouwe
31
Ich byns verwondt yn yamers noet: roedt 15
Ich habe gesadth in minen sin: meddelin 56
Ich habe mein sache zu gott gestelt: gefelt 85
Ich had myr eyn gerdellyn gebowedt:
untffraren
64
Ich hade mich underwunden: wunden
20
Ich haefs gewacht: unfersacht
81
Ich hain myn hertz in freden gestelt:
außerwelt
26
Ich have so lange gestanden: vergessen 74
Ich het mir vir genumen: verdrungen
103
Ich lyde und myde, ist nith myn wille:
stylle
100
Ich moiß voin hin: bien
75
Ich mueß von hin: bin
42
Ich scheiden mit leidt: eydt
6
Ich schelle myn horn in yammerdal: gelan 66
Ich weet noch eyn: gedain
39
Ich zwiech und ich moeß dencken:
krencken
37
Ick rydt myck eyn maill spatzerenn:
syngen
86
In s. En
Jetzt s. Eitz
Kein s. Ghen, Gheyn, Geyn
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Ker weder geluck mit freudenn: scheiden 62
Keyn leyb aen leyt wyrt funden:
verswunden
44
Le premier jour que je te vyee: fye
87
Liefflich hait sich versellet: gefellet
38
Lyden is myn beste cleet: bereet
1
Mach ich ungefall erwerden nicht: fristh 67
Moecht ick feinneß Lieff bey dyr gesein: 63
mein
Myn flies unnd myn gemoit hain ich niet 30
gespairt: gewaert
Myn groys unghefall, myn sverlich
bedrueff: wyllentlich
83
Myn leyff und ych wyr synt gescheden: 55
sprechgen
Myn senkens synt my tortagen: dollen
18
Myn seyn haeff ych aen eym gelacht:
ffermert
13
Myr ys eyn fyns bruns medelyngh: syn
16
Nach wyllen din: allein
21
Nidt besser werdt mich auff erden:
gewerden
3
Noechtans wyll ich een goede moet
haven: vergaen
4
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
283
Nu Er lang mir her sein mu ntlin rot: gut
105
Nu gruiß dich godt: rodt
58
Nun willen wyr alle fro lich syn in Ehren: syn
104
Nye noch nimmer roiet sych myns gemoest: syn
98
O du vil heimlichs leiden s. Och bither lides liden
O Kuepedo godt al met die liefde stralen: svaren
79
Och bither lides liden: miden
59
Och buyller, du buyst eyn armer dyr: spuyl
51
Och godt, we we doet scheyden: leyden s. Ich had myr 64
eyn gerdellyn gebowedt
Och gott mych dot verlangen: geffangen
102
Off ich vorgessen liden: keren
60
Ohne s. Ain
Reyn Edel joffrau fyn: syn
61
Ryck Got, wie sall ich klagen: dagen
24
Saturnus kaldt: manichvald
50
Schoin Bin ich neit: doin
52
Se haidt meine hertze getraiffen: haiffen
76
Seben yar ist ein lanchge zeidt: geidt
5
Sich sindt myn hertz: smertz
95
So will ich doch einen guten Mut haben
s. Noechtens wyll ich een
goede moet haven
s. Synge ich nyt wal
Soe wuyns ych oer eyn gude nacht: sprach
71
Synge ych nyt wal das yst myr leydt: ffracht
68
Truwe ogen myn: schein
19
Uis argen wan: an
47
Ungenaid beger ich niet van hoir: mir
25
Untlovet is der walde: balde
32
Van edler arth: zartz
65
Wach uff mein hertz: wort
54
Waeckt up, waeckt up, du warde gast: licht
36
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Weck up, weck up den werden gast: gelast
94
Wie koempt dat by schoin lieff, laet mich dat weten:
vergeten
37
Wye du nun wilth so will ich auch: leib
11
Ych hadt ennen gueden frundt: kaen
82
Zart schoin Jonckfrouw: schuw
22
Zu Eren wyl wyr syngen: Maxmylliane
73
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
285
Glossar und Motivverzeichnis
Die Wortbelege aus den Liedtexten sind kursiv gedruckt. Zur Erleichterung der
Auffindbarkeit wurden die Lemmata etwas modernisiert, z.B. sind
Konsonantenhäufungen nicht berücksichtigt, nachgeschriebene Vokale wurden
weggelassen. Hinweise auf den Inhalt der Lieder (Themen, Motive usw.) erscheinen
in Antiqua. Häufig vorkommende Liedmotive wie Liebe, Abschied, Liebesklage,
Untreue usw. wurden nicht berücksichtigt. Die fett gedruckte Zahl verweist auf die
Liednummer, die zweite auf die jeweilige Zeilenzahl. Strophen sind mit römischen
Zahlen bezeichnet.
abend speel 39, 22
abgöttin 40, 14, 23
Abrahams Schoß 33, 58
Absage an den Minnedienst 5
ach wär ich tot 100, 5
Ade, Adieu 31, 54; 37, 11; 44, 73; 52, 24; 53, 26; 56, 5; 79, 21
adlige zucht 52, 7
adliges gemüt 25, 20, 32
affen 32, 9
affenspiel 51, 3
allerm 26, 28
amoureus 40, 10, 22
amoureuse manieren 37, 4
anetlych 4, 16
Anna, hl. 72, 19
arglist 53, 18; 78, 18
ballinck 24, 24
batten 41, 2; 56, 8
bauer 25, 29; 26, 16
begeven 7, 14; NS 16, 9; 24, 35, 63; 60, 12; 94, 87
behagen 18, 11
behalve 33, 6
beiden 56, 34
bekommen wie dem Hund das Gras 99, 15-16
beschert geluck 16, 23
besser nicht geboren 34, 33
beständig wie ein Wetterhahn 56, 21-22
blaue blume 32, 24; 43, 1
blumen, bloemken 17, 4; 37, 6, 16; 47, 35; 64, 7-8
borsteken 35, 14; 37, 12; 40, 5; 69, 27
braune augen (äuglein) 6, 37; 35, 15; 36, 37; 38, 13; 58, 17
brauns medelyn 16, 1; 23, 1; 32, 18
breasselyngh 101, 27
brennen wie eine Fackel 36, 29
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Brief schreiben 94, 81
buchstabe 21, 33
buele, bueler 23, 10; 35, 2-3; 51, 1, 21; 53, 13; 64, 29; 72, 14; 78, 13; 90, 239;
99, 5; 101, 25
buhlschaft 97, 23
Cato 83, 21
chance 82, 9
courage 40, 17; 79, 7
Cupido 79, 1; 97, 1
derven 61, 2; 69, 14; 79, 16
deutsches land 64, 32; 73, 16; 102, 23
diamant 13, 11
dienen, diener, dienst 3, 22; 5, 6, 15-16, 19, 24; 7, 22; 8, 3; 11, 3; 16, 3, 17; 18,
16; 20, 2, 5-6; 21, 9; 25, 42; 30, 17; 37, 3; 38, 18-19; 69, 31; 70, 11, 13, 21, 22;
76, 22; 89, 109; 98, 9; 103, 2
disperat 24, 30
disteln NS 83, 1, 3
dorchwont 3, 10; 46, 6; 64, 16; 80, 12; 94, 65
druck 23, 21; 61, 5; 93, 133
duck 28, 8
dune 9, 14
durchschossen 10, 14
edele art 25, 10; 44, 29; 65, 1; 89, 27; 90, 13
edele krone 74, 38
eid 9, 5; 14, 2; 54, 49; 76, 20; 77, 13
eigennutz 34, 2
elend 15, 8; 20, 20; 28, 15, 24; 47, 23; 49, 1; 52, 15; 53, 23; 57, 3; NS 95, 1;
61, 25; 62, 14; 64, 31; 67, 4; NS 72, 1; 78, 7; 89, 146, 93, 176, 186; 100, 13,
18, 39
elend bauen 60, 17
elender mensch 97, 2
elendes weib 42, 16; 75, 16
enych 8, 40; NS 8, 1; NS 10, 3; 22, 12; NS 72, 1
enzian 42, 11
erbeyt NS 4, 2
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
286
Erzählerstrophe 20, V; 26, VI; 33, XIII; 34, VIII; 35, IV; 85, V; 101, IV
Esel auf dem Else 97, 11
Eule verjagt Falken 86, 27-36
falke 36, 2, 43; 86, 19-32, 46, 48; 94, 2, 114
falkenaugen 27, 27; 31, 41; 44, 23; 64, 12
falsche liebe 49, 7
falsche kleffer 32, 10
s. auch kleffer
falsche zungen 3, 45, 53; 32, 13; 48, 9
falscher mund 6, 21
falsches herz 8, 34
farne hab NS 14, 1
fenster 17, 14
man findet mehr von deiner Sorte 24, 64; 80, 20
wo findet man Ihresgleichen? 39, 7
Frau Venus 18, 15; 99, 1
fräulein zart 90, 14
Fräulein von Britannien 73
fremder gast 29, 20; 70, 18
freier helt 13, 13
frischer mut 8, 49; 27, 41; 72, 15
fröhlich in ehren NS 81, 5
Frömmigkeit 96, 19, 25
gach 14, 23
garten 64, 1
geberd 22, 23; 44, 20
geberre 3, 27; 93, 179
geckheit 93, 171
gedeich 19, 26
gedult 25, 42
geistliches Lied 1; 33; 85
gelbes kraushaar 69, 28
s. auch goldenes kraushaar
Geld regiert die Welt 96, II
genoechelych 17, 6
gepryt 15, 23
gespeten 24, 49
gestadich, gestedich 35, 9-10; 39, 6, 12, 14, 17, 29
gewan 6, 10
gewanne 3, 15
Glück kehr dich um 43, 21
goldenes (kraus)haar 40, 9; 44, 25; 69, 28; 74, 20
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
gouch NS 16
graen 24, 10
grüner wald 32, 22
gruint 6, 20
guter mut 4, 1, 20; 64, 25; 68, 9, 11; 83, 23
harnisch 26, 11
den Hasenpfad treten 90, 152
mit der Haut bezahlen 26, 23
heide 17, 5; 29, 19; 43, 1; 47, 35; 48, 14; 71, 8; 72, 10
heimliches leiden 12, 2; 32, 7; 43, 13; 47, 10; 64, 17, 20; 102, 5
henefart 20, 39
hertz myd lyeffden verbrant 7, 11
hey wych hey (Refrain) 41; 104
historisches Lied 2; 73; 102
höchste krone 3, 26; 44, 74; 53, 21; 67, 7
höchster hort 52, 2; 89, 100; 94, 75
hof 25, 29
Hofgunst 30
Hohelied Salomonis 105
hoher mut 93, 168
honych 8, 37
den Hund hinken lassen 10, 16; 56, 14; 63, 16
wenn man den Hund aufhängen will, hat er vom Gebratenen gegessen 106,
18-19
Jagdallegorie 66
Judas 34
kalter wind 78, 5
kalverhuit 26, 26
karfunkelstein 58, 26
ein Kartäuserleben führen 51, 4
käutzlein 29, 1, 22
keer 24, 62
kelke 40, 5
klaffen, klappen 41, 13; 55, 17
klare augen 37, 9; 44, 23; 69, 27; 94, 110
kleffer, klepper 6, 15, 25; 25, 41; 32, 10; 39, 19, 25, 26; 43, 19; 46, 11; 55, 4;
57, 11; 58, 6; 68, 16
klefferzunge 74, 35
klegliche wort 90, 143
krone weiblicher güte 25, 17
kuss 20, 26
küssen 35, 17
lachender mund 35, 16; 40, 4
landsknecht 35, 20
Landsknechtsklage 26
langweilig 46, 14
Lazarus 33, X
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Leid 1, 1, 4; NS 16, 4-5
letze 32, 17; 44, 77
keine Liebe ohne Leid 14; 44
Liebe mit Leid 28
Liebe ist blind 14, 4
Liebe wie ein Taubenhaus 93, 147
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
287
lieber wär ich tot 24, 40; 75, 44; 88, 19
viel lieber wär mir der (bittere) Tod 20, 24; 94, 89
Liebesjagd 66
Liebespfeil 79, 2
s. auch Venuspfeil
die Liebste macht mich alt 16, 8
liecken 24, 13
loer 80, 8
Losbüchlein 93
lose worte 49, 5
loser wan 56, 25
lover 17, 3; 29, 11
lügen und trügen 49, 9
mai 17, 2, 9-10, 15, 21
Mantel von leid 1, 2
meiden 28, 41; 32, 5; 47, 9, 29; 54, 40; 55, 15; 59, 3; 61, 17
melden 55, 4; 57, 11
merke und melde NS 11
merteller 51, 2, 26
mincken 24, 53
moie 95, 11
mond 50, 73; 53, 1; 78, 1; NS 92, 2
morgenstern 27, 28; 31, 32; 36, 6, 33; 84, 1; 94, 7, 35
zur guten Nacht gesungen 3, 55-56; 32, 15-16
nachtigall 17, 7; 31, 36; 84, 4; 90, 119
nagelkin 27, 36
Narrenkappe 5, 11-12; NS 16
narrenschild 45, 21
narrenweise 68, 19
neider 16, 19; 31, 30; 35, 24; 41, 3; NS 60; 69, 19; 70, 26
neiderzungen 35, 24; 36, 39; NS 83, 2, 4
Neujahr 91, 19; 106
nochtans 4, 1; 26, 19
onbesmet 35, 14
ongerief 80, 2
onvermeten NS 13, 4
orden 14, 6
orient 3, 12; 94, 50
orloff 23, 23; 24, 57
overlast 94, 17
ovolgan 41, 19
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
pflicht 21, 7
Planeten 50
rachen NS 14, 8
Refrain 41; 104
nach Regen kommt Sonnenschein 3, 49; 4, 8, 25
respit 33, 10
ritterlich 26, 5
robyn 13, 5; 38, 11; 44, 27; 92, 10
rote wangen 38, 12; 40, 11; 44, 26
roter mund 4, 22; 15, 3; 20, 32; 22, 33; 27, 30; 36, 37; 37, 8; 38, 11; 39, 27; 44,
15, 27; 58, 2, 24; 69, 26; 80, 10; 84, 11; 92, 8; 105, 1
ryck got 23, 10; 24, 1
die Sache soll werden gut 8, 51; 16, 16; 20, 36; 43, 14; 76, 4; 83, 24; 93, 64;
NS 94, 2; 99, 30
Salomon 104, 6
schabab NS 14, 2
scheiden 29, 23; 43, 7; 44, 7; 46, lff.; 42, 11, 22, 33
scheiden bitter dan enzian 42, 11; 75, 11
schellen 5, 13; 66, 1
shimpf und sherz 46, 5; 71, 26
schneeweiße wangen 36, 36
schwerer mut 32, 8; 43, 9
schweres leiden 44, 5
segen 20, 25
senen 28, 17
senlich verlangen 11, 18
senlicher schmerz 91, 11
senliches leid 28, 29
sonne 50, 46; 53, 2; 78, 2; NS 92, 1
stedige liebe 65, 33
stedicheit NS 40
stolchen, stolcken 36, 20; 94, 22
suchten 6, 11; 12, 13; 13, 27; 15, 8; 18, 12; 47, 4; 51, 6
tabernakel 36, 27
Tagelied 17, IV-V; 27; 31; 36; 84; 90; 94
Tanzlied 104
teufel 33, 20, 50; 34, 21; 43, 20; 56, 32-33
Tonangaben 34; 35; 105
tortagen 18, 1-2
toverlaet s. zouverlas
treuer dienst 30, 17
trom 26, 30
trostlicher hort 44, 19
tuchten 13, 3; 27, 32
twenkung 62, 22
übermut 93, 185
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
Undankbarkeit der Herren bei Hofe 30
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
288
ungebonden NS 99, 2
ungefall, unfall 12, 5, 8; 15, 5, 13; 26, 4; 28, 26; 36, 11; 46, 9, 16; 62, 2; 67, 1;
76, 15, 24; 83, 1; 89; 79; 93, 8, 189; 94, 96
ungemach 59, 26
unstedig 103, 10
Untreue der Welt 45
unvermeten NS 17, 1
unwert gast 51, 21, 25; 99, 14
vechten 26, 18, 29
Venus 74, 25; 79, 11; 80, 5; 99, 1
Venuspfeil 10, 14; 63, 14
Venusflammen 44, 16
Venus not 100, 4
Venusorden 97, 8
Venussohn 5, 9
Venusdierken 40, 1
verbeden 20, 37
verblyden NS 16, 5-6
verdriet 1, 3, 9, 10; 24, 2, 14; 36, 31; 79, 16
Verfasserstrophe
s. Erzählerstrophe
Vergänglichkeit aller Dinge 33, 5 ff.
vergiffenis 33, 77
Vergißmeinnicht 64, 7
verheven 80, 17
verlorenes spiel 48, 24; 60, 9
verspieden 31, 30
versteken 24, 15
versturtzen 34, 10
vergeidt 19, 5
verswynden 8, 7; 14, 36
verwund in jammers not 15, 1; 94, 88
verwundetes herz 15, 1; 44, 14
vögel 31, 34
wächter op der moren (zinnen) 17, 27, 33; 27, 15; 31, 25; 84, 5
Wächterstrophe 17, IV; 27, II; 31, IV; 36, I; 84, II; 90, III-IV; 94, I, VI
waldvögelein 17, 8; 47, 34; 49, 14; 84, 2
Wanderstrophe 27, V; 80, II
wankelmut 97, 21
Wankelmütigkeit des Glücks 5, 3
wederfart 46, 8; 90, 198
weifen 12, 7
weiße hand 31, 20
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
weißer arm 35, 13
Welt ist voll Arglist 53, 18
Welt Welt sein lassen 33, 4
wencken 22, 10; 31, 52
werben 20, 13
werder gast 54, 28; 90, 135; 94, 1, 14
widermot 20, 34
Widmungsstrophe 74, IX; 104, III
Wiederkommen bringt uns Freuden 71, 7
winter 32, 2
wollusticheit 39, 23
Würfelorakel 93
wunde 20, 3
zouverlas 15, 17; 23, 26
zufrieden 33, 2
zwei Hunde an einem Bein 103, 19
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
289
Bildtafeln
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
291
Abb. 1 Titelblatt (Bl. 1 ro)
Abb. 9 Lied Nr. 86, Str. IV und Kryptogramm (Bl. 97 ro)
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
292
Abb. 2 Aus dem 1. Teil des Wappenbuches (Bl. 2 vo)
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
293
Abb. 3 Lied Nr. 6 (Bl. 14 vo)
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
294
Abb. 4 Lied Nr. 13 (Bl. 22 vo)
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
295
Abb. 5 Lied Nr. 16 (Bl. 24 ro)
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
296
Abb. 6 Lied Nr. 19 (Bl. 26 vo)
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
297
Abb. 7 Lied Nr. 40, Str. II-III (Bl. 37 ro)
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
298
Abb. 8 Lied Nr. 67 (Bl. 69 vo)
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
299
Abb. 10 Anfang des Losbüchleins Nr. 93 (Bl. 102 ro)
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
300
Abb. 11 Lied Nr. 104 (Bl. 110 vo)
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
301
Abb. 12 Einband der Handschrift (Rückseite)
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565
303
Abb. 1-12: Greve & Brummel, Münster / Archiv für westfälische Volkskunde,
Münster
Katharina van Bronckhorst en Batenborch, Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565

Documents pareils