Gespräch am Jakobsbrunnen

Transcription

Gespräch am Jakobsbrunnen
B i b e l Te x t
Praxisteil
»Sein erstes Zeichen«
die falschen Personen gerichtet werden. Das Wort
an den Bräutigam hat erhebliches Kopfzerbrechen
bereitet. Es klingt wie eine Weinregel, doch eine solche Regel lässt sich in der gesamten Antike nicht belegen. Wenn es reell zuging, galt auch damals die
Regel: Die Qualität des Weins wird gesteigert.
Der Ton der Rede des Speisemeisters liegt auf
dem letzten Satz: „Du hast den guten Wein bis
jetzt aufbewahrt.“ Auch bisher ist bei der Hochzeit kein schlechter Wein getrunken worden.
ren Gäste dem Zeichen Jesu nachgehen. Sie stellen
die entscheidende Frage nicht, woher der Wein ist.
Diesen Anfang der Zeichen wirkte Jesus in
Kana in Galiläa, und er ließ seine Herrlichkeit aufscheinen. Da glaubten seine Jünger an
ihn. (2,11)
Die großartige Tat Jesu war der Anfang der Zeichen, also das erste Zeichen, das Jesus wirkte.
Noch wissen Leserinnen und Leser nichts über
die Funktion und Wirkung der Zeichen. Aus Jesu
Vorbehalt 2,4 können sie entnehmen, dass sie
nicht das Eigentliche sind. Das ereignet sich erst
in der Stunde Jesu.
Nur von den Jüngern wird gesagt, dass sie zum
Glauben kamen. Aber sie glaubten schon vorher
an Jesus (vgl. 1,39.40-42.49f). Überzeugt ein Zeichen nur den, der schon überzeugt ist? Die Diener
jedenfalls kommen nicht zum Glauben. Und die
Mutter Jesu, die eine so große Rolle spielt? Glaubt
sie etwa nicht? Oder hat sie das Zeichen für ihren
Glauben vielleicht gar nicht nötig? Viele Fragen
stellen sich, die den Lesern erst im Verlauf des Johannesevangelium beantwortet werden.
Danach ging er nach Kafarnaum hinab, er
selbst und seine Mutter und seine Brüder und
seine Jünger, aber dort blieben sie nur wenige
Tage. (2,12)
Aber im Vergleich mit dem von Jesus gespendeten war der bisherige nur Essig, er war geringer.
Die Darstellung ist auf dem Höhepunkt angelangt:
Nun ist die Zeit gekommen, den guten Wein zu
empfangen und zu trinken. Das Wort, das an den
Bräutigam gerichtet ist, gilt eigentlich Jesus, dem
wahren Herrn dieser Hochzeit. Mit ihm, mit seiner
Gabe erst ist möglich geworden, was Wein, was
Fest (Hochzeit), was Freude wirklich sein können.
Das Wort des ahnungslosen Speisemeisters ist Demonstration des Wunders und Reaktion der Zeugen zugleich. Es eröffnet die Perspektive, aus der
Jesu Tat gesehen werden soll: Das Trinken des guten Weins ist möglich, wenn Jesu Stunde gekommen ist. Umso erstaunlicher ist, dass weder der
Speisemeister noch der Bräutigam oder die ande-
Der Erzählbogen kommt mit dieser Abschlussbemerkung zu einem Ruhepunkt: In Kafarnaum
bleibt Jesus zunächst einmal, wenn auch nur einige Tage. Der folgende Großabschnitt des Johannesevangeliums wird also eng mit 1,19-2,12 verknüpft: Gleich geht es weiter!
Die Nennung der Brüder Jesu überrascht.
Noch wurden sie nirgends erwähnt. Aber auch
sie müssen Gäste der Hochzeit gewesen sein. Der
Leser fragt sich: Was haben sie von der Tat Jesu
mitbekommen? Kommen auch sie zum Glauben
an Jesus, wie die Mutter und die Jünger? Diese
Fragen bleiben offen; Leserinnen und Leser dürfen gespannt sein, ob sie später irgendwo beantwortet werden ...
1 8 7 _ Gespräch am Jakobsbrunnen oder:
So wird man Jünger/in?
Bibelarbeit für einen Nachmittag
Die Mitte mit einem blauen Tuch und einer Kerze gestalten oder die Brunnenszene von Jesus und der Frau mit biblischen Erzählfiguren darstellen
Einstieg: Lied – Alle meine Quellen entspringen in dir
Auf den Text zugehen
Exkurs Brunnen
Auf vielen Dorf-, Markt- und Stadtplätzen finden sich
Brunnen – heute eher Blickfang, früher wichtiger Ort der
Begegnung und Kommunikationszentrum. In vielen armen Ländern gehen auch heute noch die Frauen zum Brunnen, um das Wasser für den Alltag der Familie zu holen.
Der Brunnen ist ein Ort, der sowohl in der Bibel häufig zu finden ist, der aber auch große symbolische Bedeutung in den Märchen hat. Einige Beispiele aus der Bibel:
D Der ägyptischen Magd Hagar werden von einem Engel Gottes zweimal die Augen geöffnet für einen
Brunnen in der Wüste (vgl. Gen 16,14; 21,19) – notwendende und rettende Begegnungen.
D Ein Streit um Brunnen wird erzählt zwischen den
Hirten Isaaks und den Hirten von Gerar – der lange
Atem Isaaks, der sich nicht abbringen lässt, stets
neue Brunnen zu graben, bringt ihm schließlich den
Respekt des Philisterkönigs Abimelech ein, der dann
einen Vertrag mit ihm schließt (vgl. Gen 26).
D Der Knecht Abrahams sucht und findet Rebekka, die
Frau für Isaak, an einem Brunnen (vgl. Gen 24).
Mose lernt die Töchter Reguëls an einem Brunnen
kennen (vgl. Ex 2,15 ff).
D Im Buch Judit spielt die Besetzung einer Quelle und
eines Brunnens durch die Feinde eine zentrale Rolle
– es geht um Leben oder Tod.
Brunnen birgt in sich eine Tiefe, aus der er mit Wasser
gespeist wird. Sichtbar sind jedoch nur ein Teil des
Brunnenschachtes und die Wasseroberfläche.
D
Dr. Ludger Schenke ist Professor i. R. für Neues Testament an
der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
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Alternative: Die TN werden zu einem stummen Schreibgespräch zum Thema Brunnen eingeladen
Anschließend moderiert L ein kurzes Gespräch über
die Assoziationen und leitet über zu einigen Informationen, in dem die TN auf das Vorkommen von Brunnen in
der Bibel aufmerksam gemacht werden.
Auf einem Plakat steht das Wort BRUNNEN. Die Teilnehmer/innen (TN) werden eingeladen, Assoziationen
dazu auszusprechen – der/die Leiter/in (L) sammelt die
Stichworte.
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Praxisteil
18 7 _ Bibelarbeit für einen Nachmittag
Dem Text Raum geben
Joh 4,1–42 wird mit verteilten Rollen gelesen (Erzähler/in, Jesus, Frau, Jünger, Leute)
Anschließend liest jede/r den Text nochmals für sich
und notiert Verständnisfragen.
L klärt wichtige Hintergrundfragen (sechste Stunde;
Verhältnis von Juden und Samaritern; Berg Garizim;
eventuell auch zur Existenz von Johannesjüngern)
Infos stehen als Download bereit unter:
www.dioezese-linz.at/bibel (Downloads/zur Bibelarbeit/
Arbeitsunterlagen)
Anschließend wird in Kleingruppen zu folgenden Fragen gearbeitet:
D Welche Anreden und Titel werden für Jesus verwendet?
D Versuche, den Gesprächsverlauf zwischen Jesus und
der Frau zu gliedern (Verse 7-26): Worum geht es? Wie
sieht die Kommunikation zwischen den beiden aus?
D Wie verhält sich die Frau im Laufe der Erzählung?
D Vergleiche den Beginn des Textes (Verse 1-4) mit dem
Ende (Verse 39-42) – was könnte die Aussageabsicht
der Erzählung sein?
D Was ist für mich/für uns frohe Botschaft des Textes?
Was spricht mich/uns an diesem Text an?
Variante A: Austausch der Ergebnisse aus den Gruppen im Plenum (keine Gruppenberichte, sondern gemeinsames Sammeln und Ergänzen), wobei mit der Auflistung der Titel auf einem Plakat begonnen wird, um
den fortschreitenden Glaubensprozess auch optisch
wahrnehmen zu können.
L bringt – wenn nötig – noch fehlende Infos, vor allem über die Schwerpunkte und Eigenart des Johannesevangeliums.
Variante B: Sind biblische Erzählfiguren vorhanden,
so kann der Verlauf der Szenen mit diesen nachgestellt
werden. Dazu werden 2 verschiedene Orte mit Tüchern
oder Symbolen gestaltet: das Ortszentrum mit den
Menschen und der Brunnen außerhalb des Ortes, wo
die Begegnung zwischen Jesus und der Frau stattfindet.
Als Gebiete sollten noch Judäa und Galiläa angedeutet
werden (Samarien ist ja Durchgangsort Jesu auf diesem
Weg) und die Situation zu Beginn zur Sprache kommen.
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II
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Es werden jeweils einige Verse des Textes vorgelesen.
Anschließend werden die TN aufgefordert, die Szene
mit den Figuren zu stellen. Dabei werden die TN zuerst
mit den Erzählfiguren vertraut gemacht (Möglichkeiten
der Bewegungen). Gemeinsam werden die Identitäten
der Figuren festgelegt.
Es ist sinnvoll, wenn zuerst ein/e TN die Szene stellt
und die anderen TN danach eingeladen werden, zu ändern, was für sie nicht passt. Wenn es keine einheitliche
Gruppenszene gibt, so werden die verschiedenen möglichen Varianten angesprochen (keine Festlegung und
Präferenzen durch L!).
Als mögliche weitere Arbeit können sich einzelne TN
mit einer der Figuren identifizieren. L lässt dazu eine/n
TN, die/der das möchte, die Figur zeigen, in die sie/er
sich hineinfühlen will, und stellt ihr/ihm dann in dieser
Rolle Fragen, wie z. B.:
D Wer bist du?
D Wie fühlst du dich an diesem Ort?
D Welche Gedanken sind bei dir jetzt gerade da?
D Möchtest du einer der anderen Figuren (aus der
Szene) etwas sagen oder sie etwas fragen?
Diese Art der Arbeit braucht allerdings eine/n L mit Erfahrung in bibliodramatischen Methoden, ansonsten
eher bei der Aufstellung der Szenen bleiben.
Anschließend kommt die nächste Szene in den Blick,
wo die veränderte Situation dann wieder – wie gehabt –
gestellt wird.
Vorschläge, welche Szenen gestellt werden könnten:
D Begegnung Jesu mit der Frau: Verse 4-15 vorlesen
D Jesus spricht vom Leben der Frau und ihre Reaktion:
Weiterlesen der Verse 16-19
D Ein theologisches Gespräch und die Rückkehr der
Jünger: Verse 20-27
D Die Frau läuft zu den Leuten ins Dorf: Verse 28-29
D Jesus kommt ins Dorf, bleibt zwei Tage – viele kommen zum Glauben: Verse 39-42
Abschließend werden die TN aufgefordert, sich zu „entrollen“ (z. B.: TN stehen auf und geben 2–3 Personen die
Hand und stellen sich mit dem eigenen Namen vor; sich
um die eigene Achse drehen, den eigenen Namen laut
aussprechen und die Plätze wechseln lassen).
Reflexionsrunde: Was habe ich (neu) entdeckt? Welche Szene/welche Person ist mir besonders nahegekommen?
Mit dem Text weitergehen
Wenn genügend Zeit ist, wird der eigene Glaubensweg
reflektiert – bei weniger Zeit diesen Punkt auslassen.
Reflexion der persönlichen
Glaubensgeschichte – Einzelarbeit
Als Einstieg wird ein Ausschnitt aus „Der Sprung in den
Brunnen“ von Hubertus Halbfas vorgelesen (Hubertus
Halbfas, Der Sprung in den Brunnen. Eine Gebetsschule,
Verlag Patmos, 1997):
Ein Lehrer erzählte seinem Schüler folgende Geschichte:
Da ging eines Tages ein Knabe zu seinen Brüdern. Er
sagte zu ihnen: „Gebt acht! Ich will, dass wir zusammen
einen merkwürdigen Ort aufsuchen.“
„Wohin willst du uns denn führen?“, fragten die Brüder.
„Ich will euch dahin führen, wo ihr die Wahrheit über
euch selbst erfahren sollt.“
Die Brüder baten ihn: „Lass es doch sein, es lohnt sich
nicht. Danke, wozu sollen wir schon wieder ausziehen?“
Sie wollten nicht gehen. Der Jüngste aber bestand darauf.
Sie gingen lange und noch am selben Tage kamen sie zu
jenem Brunnen. Der Jüngste sagte zum Ältesten: „Ich will
dich anbinden und in den Brunnen hinunterlassen. Schau
dir an, was es dort im Brunnen gibt.“
Der Älteste fing zu weinen an. „Warum willst du mich
in den Brunnen hinunterlassen?“ Er hatte Angst, in den
Brunnen zu gehen. Er bat um Gnade. Der Jüngste sagte zu
ihm: „Bitte nicht um Gnade, wir müssen dorthin!“ Er
band ihm den Strick um und ließ ihn hinunter. Aber kaum
war der Bruder ein paar Klafter tief, fing er an zu schreien
und zu weinen – noch ein bisschen und die Angst zerreißt
ihn. „Ich sterbe, ich sterbe!“ Er war noch nicht einmal ein
Viertel des Brunnens hinunter. Der Knabe zog ihn heraus,
denn er sah, was für ein Mensch das war.
Dann kam der Zweite. Mit ihm war es nicht anders.
Endlich kam die Reihe an den Jüngsten. Er sagte: „Hört
zu! Wie viel ich auch weinen und schreien werde, zieht mich
nicht hoch. Lasst mich hinunter, bis ihr fühlt, dass der Strick
leicht geworden ist.“ Die Brüder fingen ihn zu bitten an: „Du
bist unser Jüngster! Warum willst du von uns gehen?“ Sie
baten, er möge sie doch nicht verlassen, aber er wollte nicht
auf sie hören. Da banden sie ihn und ließen ihn hinunter.
SCHÜLER: Das ist eine schöne Geschichte. Ich möchte
wissen, wie sie weitergeht.
LEHRER: Es ist nicht irgendeine Geschichte, es soll
deine Geschichte werden. Wohin sie führt, musst du selbst
erproben.
SCHÜLER: Aber wo gibt es den Brunnen, in den ich
springen könnte?
LEHRER: Weitab und doch nahe. „Sie gingen lange
und noch am selben Tag kamen sie an“, heißt es. Je weiter
du in die Welt ausschweifst, um so entfernter bist du ihm.
Suchst du bei dir, schaust du über seinen Rand.
SCHÜLER: Dann ist der Brunnen in mir?
LEHRER: Deine eigene Tiefe.
Die TN bekommen jeweils ein Frageblatt und 15–30 Minuten Zeit (je nach Intensität der Gruppe und Dauer
der Veranstaltung), den eigenen Glaubensweg zu bedenken.
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III
Praxisteil
18 7 _ Bibelarbeit für einen Nachmittag
Gedanken und
Informationen zu
Johannes 4,1–42
stehen zum Download
bereit unter:
Wa n n u n d w o i s t d a s J o h a n n e s evangelium entstanden?
Fakten zur Bibel
Bedrängte Gemeinden
Wann und wo das Johannesevangelium entstanden ist, wird
nach wie vor diskutiert. Es gibt allerdings gute Gründe dafür
anzunehmen, dass es gegen Ende des 1. Jahrhunderts in Syrien
geschrieben wurde.
www.dioezeselinz.at/bibel
(unter: Downloads/
zur Bibelarbeit/
Arbeitsunterlagen)
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Mögliche Fragen für die TN:
D Welche Personen fallen mir ein, die meinen Glaubensweg begleitet und entscheidend geprägt haben?
D Wo gab es „Aufbrüche“ in meinem Leben (einschneidende Ereignisse ...)?
D Welche Ereignisse/Lebenssituationen waren eine
Prüfung für meinen Glauben, haben mich zum (Ver-)
Zweifeln, Hinterfragen, ... gebracht?
D Welche Zeiten waren eher von Gottferne geprägt,
welche von Glaubensintensität?
D Welche Ereignisse / Lebenssituationen waren Nahrung für meinen Glauben?
D Was war die schönste oder wichtigste Glaubenserfahrung in meinem Leben?
D Mit wem konnte / kann ich über den Glauben sprechen, mich austauschen?
D Gibt es Orte und Zeiten, wo ich innehalten kann
(„Standortbestimmung“)?
Anschließend werden die TN eingeladen, sich zu zweit
oder zu dritt mit Personen, denen sie vertrauen, auszutauschen (20 Minuten).
Im Plenum wird noch Gelegenheit gegeben, einzelne Beobachtungen (wie z.B. Gemeinsamkeiten im
Glaubensprozess) zur Sprache zu bringen.
Abschluss: Gebet
Gebet wird verteilt und gemeinsam gebetet:
Mein Brunnen bist du.
Der Ort, der den Durst meiner Sehnsucht stillt,
bist du.
Das unauslotbare Rund, dessen Grund ich nie
erahne, bist du.
Der dunkle Schacht, in den ich falle, bist du.
Die Tiefe, aus der ich mit oft zu kurzem Seil
versuche, Wasser zu schöpfen, bist du.
Die ruhende Mitte auf dem Marktplatz des
Lebens bist du.
Der stets unerschöpfliche Geber unfassbaren
Überflusses bist du.
Die fruchtbare Oase in Wüste und Stein bist du.
Die sprudelnde Bewegung in der scheinbaren Ruhe
meines Gartens bist du.
Quell des lebendigen Wassers, aus dem ich lebe,
bist du.
Mein Brunnen, mein Gott.
ange Zeit schien klar zu sein, wo das Johannesevangelium (Joh) entstanden ist: Nach altkirchlicher Tradition handelte es sich bei dem namenlosen „Lieblingsjünger“ des Joh um den Zebedäussohn Johannes. Ihm wurden nicht nur das
Joh, sondern auch die Johannesbriefe (1-3 Joh)
und die Johannesapokalypse (Offb) zugeschrieben. Und da es dort eine frühe Johannestradition
und auch eine Legende vom Tod Mariens gab
(vgl. Joh 19,26f), galt Ephesus lange Zeit als Entstehungsort des Joh.
Nachdem aber klar wurde, dass wir mit drei
verschiedenen Verfasserschaften dieser neutestamentlichen Schriften rechnen müssen und z. B. der
Johannes, der auf Patmos die Offb geschrieben
hatte, nicht der Lieblingsjünger sein konnte, setzte
die Suche nach dem Entstehungsort neu ein.
Direkte Überlieferungen über den Autor und
seine Heimat gab es nicht, also konnte man nur
indirekt aus dem Joh selbst Indizien dafür gewinnen. Auf dieser Suche waren es vor allem
zwei Besonderheiten, die Hinweise auf Zeit und
Ort der Entstehung des Joh geben könnten: die
besondere Sprache des Johannesevangeliums
und der feindliche Umgang mit „den Juden“, v. a.
die Erzählungen vom Synagogenausschluss.
Ein Zirkel von Esoterikern?
Schon immer ist aufgefallen, dass das Joh in gewisser Weise eine Sondersprache pflegt. Das betrifft nicht nur das Sprechen Jesu, das ständig
„Missverständnissen“ ausgesetzt ist, sondern
auch die Erzählsprache des Joh selbst. Diese „Insider-Sprache“ hebt sich stark ab von jeder All-
(Sr. Dominique Leicht)
Ingrid Penner, Bibelwerk Linz
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