Vergleichsstudie von - DOZ

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Vergleichsstudie von - DOZ
AKTUELL
Patrick Schmidt, Dipl.-Ing. (FH), Jena; Petra Zapsky M.S. (USA), Großostheim
Vergleichsstudie von
Kontaktlinsenanpassprogrammen in
theoretischer und praktischer Anwendung
Im Rahmen einer Diplomarbeit an der Fachhochschule Jena in Zusammenarbeit mit CIBA Vision
Seit Jahren gewinnt die Kontaktlinse als
modernes Korrektionsmittel in der Bevölkerung gerade durch Weiterentwicklungen der
Materialien sowie der Pflegesysteme immer
mehr an Bedeutung. Um die KL-Träger optimal zu versorgen und die Drop Out Rate zu
verringern, bedarf es einer fachgerechten Anpassung. Hierfür bieten einige Hersteller dem
Anpasser eine entsprechende Software, welche bei der Auswahl der Kontaktlinse helfen
soll, an. Seit Januar 2005 neu auf dem Markt
ist das multifunktionale Kontaktlinsenanpassprogramm „lens.calculator“ der Firma CIBA
Abb. 2: Screenshot „lens.caculator“ (CIBA VIsion)
Vision. Dieses bietet zusätzlich zu allen üblichen und notwendigen Berechnungen, die für nem Astigmatismus von mindestens -1,75 dpt
eine erfolgreiche Kontaktlinsenanpassung not- wurden in 3 Teststellen (Kontaktlinseninstitut,
wendig sind, eine firmen- und produktunabhän- Augenklinik, Augenoptiker) ermittelt. Mit den
gige Kontaktlinsenberechnung. Ein Vergleich der Anpassdaten wurden zuerst per KL-Programm die
Kontaktlinsenanpasssoftware von CIBA Vision Anpasslinsen bestimmt. Unter Berücksichtigung
mit den Programmen „Orb 2.4“ (MPG&E / Mül- der Stabilisation erfolgte dann die Bestimmung
ler Welt) und „VIP 2002“ (NKL / Bach Optik) war der jeweiligen Rezeptlinsen. Da alle RechenproInhalt der Diplomarbeit.
gramme nach der Anpassphilosophie des jeweiligen Herstellers arbeiten, mussten die berechneten
■ Theoretischer Vergleich der Werte an die Anpassphilosopie des Anpassers
angepasst werden. Somit waren am Ende die
Programme (Studie 1)
berechneten Kontaktlinsen in Basiskurve und
Die genannten Anpassprogramme sollten auf Material identisch mit den tatsächlich abgegebeihre Übereinstimmung mit reellen Anpassungen nen Rezeptlinsen.
überprüft werden. Die Anpassdaten, wie Refraktion und Hornhautradien, sowie die verordneten ■ Ergebnisse des theoretiRezeptlinsen von 20 Kontaktlinsenträgern mit ei-
schen Vergleiches
Abb. 1: Screenshot „Orb 2.4“ (MPG&E)
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Für eine sinnvolle Untersuchung
wurden nur die Anpassfälle verglichen, bei denen die vorgeschlagenen Rückflächengeometrien (z.B.
rotationssymmetrisch, rücktorisch
usw.) der Anpassprogramme mit
den tatsächlich angepassten Geometrien übereinstimmten. Dabei
stellte sich heraus, dass der lens.calculator in 17 Fällen (71%) und das
Programm Orb 2.4 in 19 Fällen
(79%) eine Übereinstimmung mit
der Praxis aufwiesen. Im sphäri-
schen Bereich wiesen der lens.calculator in
41,2% und das Orb 2.4-Programm in 42,7%
der Fälle eine Abweichung bis ±0,25 dpt auf.
Bei den torischen Abweichungen war beim
lens.calculator in 29,4% und beim Programm
Orb 2.4 in 47,4% der verglichenen Fälle ein
Unterschied bis ±0,25 dpt festzustellen. Diese Unterschiede sind dadurch zu erklären,
dass beide Programme als endgültige Kontaktlinse eine bitorische Variante vorschlugen,
während von den Anpassern zuerst mit rükktorischen
Anpass-KL
begonnen
wurde. Wurde bei optimalem Linsensitz mit
einer rein sphärischen Überrefraktion ein
ausreichender Visus erreicht, erfolgte daher keine Änderung an der Linsengeometrie. Der von
den Programmen vorgeschlagene Vordertorus
wurde in den abgegebenen KL mit dem BSG
ausgeglichen. Dies zeigt, dass die Kontaktlinseninteressenten dioptrische Wirkungen akzeptierten, bei denen der Astigmatismus nicht bis ins
Letzte korrigiert wird. Die Abweichungen, der
mit den Programmen berechneten Werte zum
benötigten Korrektionswert des KL-Trägers,
können demnach vernachlässigt werden.
Die Berechnungen der weichen Kontaktlinsen
zeigten keine bemerkenswerten Abweichungen
zur Praxis auf (siehe Abb. 4 und Abb. 5). So lagen
alle Mittelwerte sowohl der sphärischen als auch
der torischen Abweichungen bei ″ 0,25 dpt. Bei
der Achslage gingen die Abweichung bei dem
Abb. 3: Screenshot „VIP 2002“ (NKL)
DOZ 7-2005 KONTAKTLINSE
AKTUELL
■ Ergebnisse des
Anwendervergleichs
Abb. 4: Sphärische und torische Abweichung zwischen
lens.calculator und Praxis bei weichen Kontaktlinsen
Abb. 5: Sphärische und torische Abweichung zwischen Orb 2.4
und Praxis bei weichen Kontaktlinsen
Programm lens.calculator in 77% (10 Fälle) und
bei dem Programm Orb 2.4 in 69% (9 Fälle) bis
maximal 5°. Es zeigten sich auch hier keine
wesentlichen Unterschiede zwischen theoretischer Berechnung und praktischer Anpassung.
Abschließend ist noch zu bemerken, dass ein
Vergleich des Programms VIP 2002 hier nicht
möglich war, da eine Angleichung der Anpassphilosophie nicht vorgenommen werden konnte. Eine Änderung der entsprechenden Kontaktlinsendaten ist im Programm nicht enthalten.
■ Anwendervergleich
(Studie 2)
In dieser Studie wurden Kontaktlinsenberechnungen mit den zur Verfügung stehenden Programmen für 20 Kontaktlinsenanpasser (im folgenden Probanden genannt) simuliert. Jeder
Proband erhielt Angaben zu den notwendigen
Anpassdaten, dem gewünschten Kontaktlinsentyp, Ergebnissen einer möglichen Nachkontrolle
sowie Änderungen der Rezeptlinse. Nachdem
sich die Probanden mit den Programmen vertraut gemacht hatten, sollten sie die entsprechen
Kontaktlinsen berechnen und anhand eines
Fragebogens die verschiedene Programme mit
Hilfe eines Bewertungsschlüssels von 1 (sehr
gut) bis 5 (schlecht) bewerten.
DOZ 7-2005 KONTAKTLINSE
Bezug nehmend auf die Bewertung nach dem Notenschlüssel-System zeigte sich, dass der lens.calculator von den Probanden bevorzugt
wurde. So erhielt dieses Programm
in den Punkten Layout, Handhabung, Programmaufbau, sofortiges
Zurechtfinden im Programm und
Anwendung jeweils die Note „sehr
gut“. Die Unterschiede zu den beiden anderen Programmen waren
bis auf die Frage des Layouts in allen
5 Punkten signifikant. Der Vergleich
der Programme Orb 2.4 und VIP
2002 zeigte, dass sich die Bewertungen der Probanden nur beim Layout
und bei der Gliederung signifikant
unterschieden. Somit ließ sich anhand dieser Auswertung folgende
Reihenfolge hinsichtlich der Anwendung feststellen:
Programm Orb 2.4 kam es sogar bei 13 von 20
Probanden (65%) während der Berechnung zum
Absturz. Der damit verbundene Verlust der bereits eingegebenen Daten, rief nicht selten den
Unmut des Anwenders hervor.
Die Gesamtbeurteilung der Programme durch
die Probanden fiel folgendermaßen aus: 60%
gaben das Programm lens.calculator als ihren
Favoriten an. Mit 25% folgte die Software VIP
2002 mit deutlichem Abstand. Lediglich 15% der
Befragten entschieden sich für das Programm
Orb 2.4 (siehe Abb.6). Somit ist es der Firma
CIBA Vision gelungen, ein Anpassprogramm zu
entwickeln, welches aufgrund der großen Vielfalt
und Vielzahl von Berechnungsmöglichkeiten sowie zahlreichen Neuerungen (z.B. eine Kosten/Nutzenbetrachtung), den Kontaktlinsenanpasser in der praktischen Arbeit unterstützen kann.
Platz 1: CIBA lens.calculator
Platz 2: VIP 2002
Platz 3: Orb 2.4
Zusätzlich sollte jeder Proband
angegeben, was ihm als positiv oder negativ an
den verschiedenen Programmen auffiel. So wurden z.B. die Datenbank sowie die Simulationen
der Hornhauttopographie und des Fluo-Bildes
beim
Programm VIP 2002 als sehr gut empfunden
(14 Nennungen). Allerdings wurde der Nutzen
der Simulationen sehr unterschiedlich beurteilt.
Einige Probanden fanden diese sehr hilfreich, andere sahen darin keinen Nutzen. Neben dem
Fehlen der Simulation und einer integrierten Datenbank war beim Programm von CIBA
Vision das Nichtvorhandensein eines Buttons
zum Leeren der Datenfelder die am häufigsten
negativ genannte Eigenschaft. Ein entsprechender Button wurde in der aktuellen Version, die
seit Januar 2005 erhältlich ist, integriert. Die Stärken des lens.calculators sind die Gliederung und
die Übersichtlichkeit. Weiterhin hob er sich in
Materialvielfalt, Plus- und Minuszylinderschreibweise sowie der Vielzahl der Berechnungsmöglichkeiten von den anderen beiden Programmen
ab. So schränkte z.B. beim Programm VIP 2002
die Auswahl von lediglich drei Materialien die
Nutzung deutlich ein. Auch die Software Orb 2.4
verfügt nur über eine eingeschränkte Materialauswahl. Des weiteren wurde die Absturzgefahr
bei der VIP-Software beim mehrmaligen Aufrufen des Hilfe Menüs als negativ gewertet. Beim
Abb. 6: Favorisiertes Anpassprogramm der Probanden
■ Zusammenfassung
Die in der Diplomarbeit durchgeführten
beiden Studien ergaben, dass der Einsatz von
Anpassprogrammen die Arbeit des Kontaktlinsenspezialisten vereinfachen kann. Dabei sind
eine gute Gliederung, eine einfache Handhabung bei stabiler Software, sowie eine gute
Übersichtlichkeit für die meisten Anwender sehr
wichtig. Alle getesteten Programme können in
Hinblick auf die Berechnungen zur Unterstützung der Kontaktlinsenanpassung herangezogen werden. Der jeweilige Nutzer sollte jedoch
bedenken, dass jede Software ihre Grenzen hat.
So können die Programme Aspekte, wie eine
nicht zwingend notwendige Vollkorrektion bei
Menschen mit geringem Visus, nicht berücksichtigen. Alle Programme können als Berechnungshilfe herangezogen werden, ersetzen den
Kontaktlinsenspezialisten jedoch nicht.
Kontaktadressen der Autoren:
Patrick Schmidt, Dipl.-Ing. (FH),
Eiweideweg 35, 99976 Lengefeld
Petra Zapsky M.S. (USA)
CIBA Vision Vertriebs GmbH
Bauhofstraße 16, 63762 Großostheim
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