Organisation der Schule als Managementaufgabe
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Organisation der Schule als Managementaufgabe
Ergebnisbericht zur Untersuchung »Organisation der Schule als Managementaufgabe« Eine Online-Befragung zur Arbeitssituation von Berliner Schulleiterinnen und Schulleitern von Dezember 2008 bis Januar 2009 Konzeption und Durchführung der Untersuchung: Prof. Dr. Felicitas Thiel Katja Thillmann, M.A. Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie Arbeitsbereich Schulpädagogik/Schulentwicklungsforschung Arnimallee 10 14195 Berlin Inhalt I. Zum Untersuchungsgegenstand ................................................................................3 II. Durchführung der Befragung....................................................................................3 III. Darstellungsform der Ergebnisse..............................................................................4 IV. Beschreibung der Stichprobe ....................................................................................5 V. Zentrale Befunde.......................................................................................................6 1. Arbeitssituation von Schulleiterinnen und Schulleitern ...........................................6 2. Gestaltungsspielräume und Restriktionen ................................................................9 3. Führung und Personalentwicklung.........................................................................11 4. Schulentwicklung und Organisationsstrukturen.....................................................13 5. Kooperation, Kommunikation, Abstimmung in Konferenzen ...............................22 6. Konsens und Kohärenz im Kollegium ...................................................................25 VI. Zusammenfassung ..................................................................................................27 Literatur...........................................................................................................................29 2 I. Zum Untersuchungsgegenstand Mit der Einführung des neuen Schulgesetzes 2004 hat sich für Berliner Schulen vieles verändert. Die Ausweitung schulischer Gestaltungsspielräume auf der einen Seite und die erhöhte Ergebnisverantwortung auf der anderen Seite stellen Schulen vor neue Herausforderungen. Aufgaben wie die Schulprogrammarbeit, dienstliche Beurteilungen oder die interne Evaluation erweitern seither das traditionelle Aufgabenspektrum von Lehrkräften und Schulleitungen. Der Schulleitung kommt in dieser Entwicklung eine Schlüsselrolle zu. Sie trägt die Gesamtverantwortung für die Schule und hat zugleich auf die kooperative Bearbeitung neuer Aufgaben hinzuwirken. Darüber, wie Schulleiterinnen und Schulleiter mit diesen neuen Management-Aufgaben umgehen, ist bisher jedoch wenig bekannt. Um die spezifische Arbeitssituation der Berliner Schulleitungen abzubilden, hat der Arbeitsbereich Schulpädagogik/Schulentwicklungsforschung der Freien Universität Berlin eine Online-Befragung der Berliner Schulleitungen durchgeführt. Dabei ging es neben Fragen des Schulmanagements und der Schulentwicklung auch um die persönliche Wahrnehmung der neuen Arbeitssituation durch die Schulleiterinnen und Schulleiter: o Wie werden die neuen Gestaltungsspielräume für die Arbeit an Ihrer Schule bewertet? o Wie lassen sich die Anforderungen mit den verfügbaren Ressourcen bewältigen? o Welche Belastungen sind mit der Bewältigung der neuen Aufgaben verbunden? II. Durchführung der Befragung Anfang Dezember 2008 wurden alle Berliner allgemeinbildenden Schulen (in öffentlicher und freier Trägerschaft) sowie alle öffentlichen beruflichen Schulen und Oberstufenzentren per E-Mail angeschrieben. Die Kontaktdaten wurden dem Online- 3 Verzeichnis der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung Berlin entnommen.1 Die Zahl der angeschriebenen Schulen beläuft sich auf 759.2 Eine erste Erinnerungsmail wurde Anfang Januar 2009 verschickt, ein letzter Aufruf erfolgte vier Tage vor Schließung der Befragung. Der Befragungszeitraum erstreckte sich vom 4. Dezember 2008 bis 30. Januar 2009. Die Teilnahme an der Befragung war freiwillig. Die Auswertung erfolgte anonym und lässt weder Rückschlüsse auf Personen noch auf bestimmte Schulen zu. Das Vorgehen wurde mit der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung abgestimmt. Die Mobilisierung zur Teilnahme wurde unterstützt durch den Interessenverband Berliner Schulleiter (IBS), die Vereinigung der Oberstudiendirektoren des Landes Berlins (VOB), die Vereinigung der Berliner Schulleiterinnen und Schulleiter (VBS) sowie durch die Vereinigung der Leitungen Berufsbildender Schulen in Berlin (BBB), die die Befragung in einem Anschreiben an ihre Mitglieder bzw. durch Informationen auf ihrer jeweiligen Homepage bekannt machten. III. Darstellungsform der Ergebnisse Die wichtigsten Ergebnisse des vorliegenden Berichtes werden durch Balkendiagramme veranschaulicht. Dabei werden entweder die (meist prozentualen) Häufigkeiten der jeweiligen Antworten oder aber deren Mittelwerte wiedergegeben. Für eine übersichtliche Darstellung wurden sämtliche achtstufigen Antwortskalen aus dem Fragebogen für den Bericht in eine vierstufige Skala (in der Regel mit den Bezeichnungen trifft zu - trifft eher zu - trifft eher nicht zu - trifft nicht zu) umkodiert. Für die Prozentangaben im Fließtext wurden jeweils die Werte der oberen bzw. der unteren beiden Kategorien zusammengefasst, sodass sich die Angaben als eine tendenzielle Zustimmung bzw. Ablehnung der Aussagen interpretieren lassen. 1 Bezugsadresse: http://www.berlin.de/sen/bildung/schulverzeichnis_und_portraets/anwendung/, letzter Zugriff: 25.11.2008. 2 Einzelne Schulen konnten per E-Mail nicht erreicht werden und wurden per Fax über die Befragung informiert. 4 IV. Beschreibung der Stichprobe Die gewonnene Stichprobe beträgt N=236. Damit konnte ein Rücklauf von 31,1 Prozent erzielt werden. In der Stichprobe sind Realschulen mit 3,4 Prozent unterrepräsentiert (Gesamtanteil an Berliner Schulen: 6,6 Prozent), berufliche Schulen und Oberstufenzentren hingegen sind mit 14,4 Prozent überrepräsentiert (Gesamtanteil an Berliner Schulen: 7,5 Prozent). Hinsichtlich der anderen Schultypen lässt sich von einer weitgehend repräsentativen Verteilung sprechen. Verschoben ist auch das Verhältnis von öffentlichen Schulen und Schulen in freier Trägerschaft. So stellen öffentliche Schulen 97 Prozent der Stichprobe (Gesamtanteil an den Berliner Schulen: 89,3 Prozent). Es haben sich sowohl Schulleitungen sehr kleiner als auch sehr großer Schulen (Anzahl der Lehrkräfte: min=6, max=290) an der Befragung beteiligt. Entsprechend groß ist auch die Spannweite hinsichtlich der Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler (min=41, max=6500). In 52 Prozent der Schulen liegt der Anteil an Schülerinnen und Schülern nicht-deutscher Herkunftssprache bei unter 25 Prozent, bei knapp 12 Prozent der Schulen zwischen 75 Prozent und 100 Prozent. Die befragten Schulleiterinnen und Schulleiter sind im Durchschnitt 54 Jahre alt (min=36, max=64), die größte Altersgruppe (knapp 41 Prozent) liegt zwischen 55 und 59 Jahren. Das Geschlechterverhältnis innerhalb der Befragtenstichprobe liegt bei 55 Prozent (männlich) zu 45 Prozent (weiblich). Abb. 1: Alter der Schulleitungen 50 Prozent 40 30 20 10 0 jünger als 40 40-44 45-49 50-54 5 55-59 60 und älter V. Zentrale Befunde 1. Arbeitssituation von Schulleiterinnen und Schulleitern Die befragten Schulleiterinnen und Schulleiter sind im Durchschnitt acht Jahre in ihrer Funktion tätig, vor der Übernahme der Schulleitungsfunktion haben sie durchschnittlich 18 Jahre unterrichtet. Knapp 48 Prozent waren an der gleichen Schule als Lehrerin/Lehrer tätig. Damit sind 52 Prozent extern in die Schulleitungsfunktion berufen worden. Die Mehrheit der Schulleiterinnen und Schulleiter (67 Prozent) hat spezielle Aus- oder Fortbildungen für die Schulleitungstätigkeit absolviert. Diese reichen von ein- bis zweitägigen Fortbildungen über Fortbildungsreihen des LISUM oder IBS bis hin zu ein- bis zweijährigen Masterstudiengängen. Inhaltlich umfassen die Aus- und Fortbildungen folgende Themen: Kommunikation, Personalführung, Zeitmanagement, Evaluation, Schulprogramm, Konfliktmanagement, Moderation von Konferenzen, Teamstrukturen, Haushaltsrecht, Schulrecht, Dienstrecht etc. Dennoch wird von den Schulleiterinnen und Schulleitern in verschiedenen Bereichen weiterer Qualifikationsbedarf abgemeldet. Stärkster Qualifikationsbedarf zeigt sich hinsichtlich neuer Aufgaben, wie Schulentwicklung, Öffentlichkeitsarbeit und Personalführung. Vergleichsweise wenige Schulleiterinnen und Schulleiter sehen Qualifikationsbedarf hinsichtlich der Unterrichtsorganisation sowie der Laufbahn- und Lernberatung. Es zeigt sich also, dass vor allem hinsichtlich der neuen Aufgaben Qualifikationsbedarf besteht. 6 Abb. 2: Qualifikationsbedarf 100% 80% 60% 40% 20% Ve rw al tu ng Pe rs on al Un fü hr te rri un ch g ts or ga ni sa tio Sc n hu le nt wi ck Ö lu Ko ffe ng nt nf lic er hk en ei zle ts itu ar be ng it un La d -g uf es ba ta hn ltu -u ng nd Le rn be ra tu ng 0% kein Bedarf mäßiger Bedarf starker Bedarf Wie gestaltet sich die konkrete Arbeitssituation der Berliner Schulleitungen? Die befragten Schulleiterinnen und Schulleiter unterrichten im Durchschnitt neun Stunden wöchentlich, wobei die Angaben hier stark variieren (min=0, max=23). Schulleitungen größerer Schulen, wie etwa Oberstufenzentren, haben in der Regel weniger Unterrichtsverpflichtung als die Schulleitungen kleinerer Schulen. Hinsichtlich ihrer außerunterrichtlichen Tätigkeiten zeigt sich, dass Verwaltungsaufgaben mit Abstand am meisten Zeit in Anspruch nehmen (im Durchschnitt ca. 13 Stunden), gefolgt von Aufgaben der Personalführung (durchschnittlich ca. 8 Stunden). Für Aufgaben der Schulentwicklung werden durchschnittlich pro Woche 5,3 Stunden aufgewendet. Insgesamt ergibt sich nach Einschätzung der Schulleiterinnen und Schulleiter eine wöchentliche Gesamtarbeitzeit von 52 Stunden. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit den Befunden internationaler Untersuchungen, wonach Deutschland im Hinblick auf die Arbeitszeit von Schulleitungen im Vergleich mit anderen europäischen Ländern an der Spitze liegt (vgl. Bos et al. 2007).3 3 Im IGLU-Ländervergleich 2006 liegt England mit etwas über 50 Zeitstunden an der Spitze, Deutschland liegt mit knapp 50 Arbeitsstunden auf Rang 5 (von 12). Die geringste wöchentliche Arbeitzeit wenden die Schulleitungen in Italien auf (etwas über 30 Stunden). 7 Abb. 3: Durchschnittlich wöchentlich aufgewendete Stunden für verschiedene Aufgaben Verw altungsaufgaben Personlaführung Unterrichtsorganisation Schulentw icklung Öffentlichkeitsarbeit Konferenzen Elterngespräche Schülergespräche 0 2 4 6 8 10 12 14 16 Stunden pro Woche Insgesamt zeigt sich deutlich, dass die Berliner Schulleitungen unter einem hohen zeitlichen Belastungsdruck stehen. 88 Prozent geben an, in der Regel nicht ausreichend Zeit zu haben, um alle täglichen Aufgaben sachgerecht zu erfüllen. Ebenfalls 88 Prozent stimmen der Aussage zu, wöchentlich Überstunden zu machen. Knapp 82 Prozent nehmen sich oft am Wochenende Arbeit mit nach Hause. Entsprechend wenig Zeit bleibt den Befragten für Aufgaben der Schul- bzw. Qualitätsentwicklung (87,5 Prozent) und der Personalentwicklung (85,2). Trotz der hohen Arbeitsbelastung sind die meisten Schulleiterinnen und Schulleiter (81 Prozent) jedoch im Allgemeinen zufrieden mit ihrer Arbeit. 8 Abb. 4: Zeitliche Belastung Ich habe in der Regel ausreichend Zeit, um alle täglichen Aufgaben sachgerecht zu erfüllen. Ich muss w öchentlich Überstunden machen, um alle Aufgaben sachgerecht zu erfüllen. Ich nehme mir oft am Wochenende Arbeit mit nach Hause. Für Aufgaben w ie Schulentw icklung und Qualitätsentw icklung habe ich zu w enig Zeit. Für eine w irksame Personalentw icklung bleibt mir einfach zu w enig Zeit. 0% 20% trifft zu 40% trifft eher zu 60% trifft eher nicht zu 80% 100% trifft nicht zu 2. Gestaltungsspielräume und Restriktionen Die mit dem Schulgesetz 2004 vorgenommene Erweiterung schulischer Gestaltungsspielräume wird fast durchgehend positiv bewertet. Die größten Vorteile werden in der Erweiterung der finanziellen Gestaltungsspielräume gesehen (Abb. 5). Die bestehenden Gestaltungsspielräume werden jedoch insgesamt bei weitem nicht als ausreichend beurteilt. So geben 68 Prozent der Schulleitungen an, sich in ihrer Rolle als Schulleiterin/Schulleiter durch staatliche Vorgaben eingeschränkt zu fühlen, 72 Prozent sind der Meinung, nicht über ausreichende Entscheidungskompetenzen zur sachgerechten Erfüllung ihrer Aufgaben zu verfügen (Abb. 6). 9 Abb. 5: Beurteilung der Erweiterung schulischer Gestaltungsspielräume Finanzielle Gestaltungsspielräume Personelle Gestaltungsspielräume Pädagogische Gestaltungsspielräume 0% 20% Vorteile 40% 60% eher Vorteile 80% eher Nachteile Nachteile 60% 80% 100% Abb. 6: Gestaltungsspielräume und Restriktionen Durch staatliche Vorgaben werde ich in meiner Rolle als Schulleiterin stark eingeschränkt. Ich verfüge nicht über ausreichende Gestaltungsspielräume, um die mir gestellten Aufgaben sachgerecht zu erfüllen. 0% 20% trifft zu 40% trifft eher zu 10 trifft eher nicht zu trifft nicht zu 100% Die Schulaufsicht wird insgesamt eher ambivalent beurteilt: Zwar fühlen sich 52 Prozent aller befragten Schulleitungen von der Schulaufsicht unterstützt, zugleich wird aber viel Veränderungsbedarf in der schulaufsichtlichen Praxis gesehen. Folgende Punkte werden besonders häufig genannt: o Mehr Unterstützung und Beratung o Finanzielle und personelle Besserstellung o Weniger Kontrolle o Weniger Bürokratie, schnelleres Arbeiten o Größere Transparenz (z.B. bei der Personalplanung) o Schulaufsicht in der jetzigen Rolle überflüssig (Forderung nach Neudefinition) o Mehr Gestaltungsspielraum, mehr Vertrauen in die Schulleitungen 3. Führung und Personalentwicklung Mit der eingangs beschriebenen Schlüsselrolle der Schulleitung sind neue Führungsanforderungen verbunden. Die befragten Schulleiterinnen und Schulleiter schätzen sich selbst diesbezüglich sehr positiv ein. Die höchsten Werte werden für Aussagen zur mitarbeiterbezogenen Führungsorientierung erreicht, doch auch die durchschnittlichen Einschätzungen hinsichtlich einer unterrichtsbezogenen bzw. strukturellen Führungsorientierung liegen weit über dem theoretischen Mittelwert. Die befragten Schulleitungen scheinen also wichtige Voraussetzungen zur erfolgreichen Führung und Entwicklung ihrer Schule zu erfüllen: Insbesondere der Mitarbeiterorientierung kommt nach dem Ansatz der transformationalen Führung eine herausragende Bedeutung zu. Danach gelingt Veränderung unter anderem durch Förderung der Lehrkräfte und Potenzialentwicklung (vgl. Dubs 2005, S. 165). Doch auch der strukturellen Führung kommt eine wichtige Rolle für das Entwicklungspotenzial der Schule zu, wenn es etwa um die Etablierung von Verantwortlichkeiten geht. Die unterrichtsbezogene Führung gilt nach Erkenntnissen der Schuleffektivitätsforschung insgesamt als Merkmal, wonach sich gute von schlechten Schulen unterscheiden lassen (vgl. Purkey & Smith 1991). 11 Abb. 7: Führungsorientierung 8 7 6 5 Mittelw ert 4 theoretischer Mittelw ert 3 2 1 Strukturelle Führungsorientierung Unterrichtsbezogene Führungsorientierung Mitarbeiterbezogene Führungsorientierung Gerade im Hinblick auf die unterrichtsbezogene Führung heben Bonsen et al. (2002, S. 73ff.) die Bedeutung von Unterrichtsbesuchen und des direkten unterrichtsbezogenen Feedbacks hervor. Im Rahmen der in Berlin gesetzlich vorgeschriebenen dienstlichen Beurteilungen sind Unterrichtsbesuche unerlässlich. Die Ergebnisse zeigen, dass Unterrichtsbesuche bei den befragten Schulleitungen einen hohen Stellenwert genießen. Ein Großteil (73 Prozent) gibt an, Unterrichtsbesuche auch außerhalb der dienstlichen Beurteilungen durchzuführen. Fast alle Schulleiterinnen und Schulleiter (98 Prozent) verbinden Unterrichtsbesuche mit anschließenden Reflexionsgesprächen, knapp ein Drittel (31 Prozent) mit schriftlichen Zielvereinbarungen. An 31 Prozent der Schulen finden auch unangemeldete Unterrichtsbesuche statt. Von der Möglichkeit, Unterrichtsbesuche z.B. an die stellvertretende Schulleitung oder an Fachbereichsleiter zu delegieren, machen nur 13 Prozent der befragten Schulleiterinnen und Schulleiter regelmäßig Gebrauch. 12 Abb. 8: Praxis der Unterrichtsbesuche Ich delegiere Unterrichtsbesuche regelmäßig. Ich verbinde Unterrichtsbesuche mit anschließenden Reflexionsgesprächen. Ich verbinde Unterrichtsbesuche mit schriftlichen Zielvereinbarungen. Unterrichtsbesuche sind an unserer Schule immer angemeldet. Ich führe auch außerhalb der dienstlichen Beurteilungen Unterrichtsbesuche durch. 0% 20% 40% ja 60% 80% 100% nein 4. Schulentwicklung und Organisationsstrukturen Nach § 74 des Schulgesetzes für Berlin kann sich jede Schule eine erweiterte Schulleitung geben. 62 Prozent der Schulleitungen geben an, an ihrer Schule eine erweiterte Schulleitung eingerichtet zu haben, wobei dies in kleineren Schulen (mit bis zu 20 Lehrkräften) vergleichsweise selten (in 36 Prozent) der Fall ist. Je nach Schulgröße umfassen die erweiterten Schulleitungen 2 bis 26 Mitglieder. Erweiterte Schulleitungen mit 10 und mehr Mitgliedern stellen jedoch eher die Ausnahme dar (8,2 Prozent) und sind, wie vermutet, vergleichsweise häufig in großen Schulen (Oberstufenzentren, berufliche Schulen) zu finden. Mehrheitlich haben die erweiterten Schulleitungen zwischen vier und sechs Mitglieder (63 Prozent). 13 Abb. 9: Anzahl der Mitglieder der erweiterten Schulleitungen 25 20 Prozent 15 10 5 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 12 13 14 18 20 26 Anzahl der Mitglieder Die Notwendigkeit zum Aufbau neuer Organisationsstrukturen ergibt sich vor allem aus der gemeinsamen Aufgabe der Schulentwicklung. Zwar sind alle Schulen durch die verordnete Schulprogrammarbeit verpflichtet, schuleigene Entwicklungsvorhaben zu realisieren, doch trotzdem engagieren sich Schulen in unterschiedlichem Maße im Bereich Schulentwicklung. Knapp 75 Prozent der Schulleitungen beschreiben ihre Schule im Hinblick auf Schulentwicklung als aktiv, in etwa einem Viertel der Schulen hingegen scheint Schulentwicklung eine eher untergeordnete Rolle zu spielen. Getragen wird die Schulentwicklungsarbeit mehrheitlich von bis zu einem Drittel der Lehrkräfte. Ein Viertel der befragten Schulleiterinnen und Schulleiter gibt an, an ihrer Schule spezielle Anreizsysteme für die Übernahme von Aufgaben der Schulentwicklung eingeführt zu haben. Bei der gegenwärtigen Rechtslage handelt es sich hierbei vorwiegend um weiche Anreize in Form der persönlichen Wertschätzung (z.B. durch öffentliches Lob in Konferenzen, Loburkunde oder Feiern). Einige Schulleitungen schaffen aber auch Anreize durch Ermäßigungsstunden oder durch Berücksichtigung von Wünschen in der Stundenplangestaltung. 14 Abb. 10: Aktivitätsgrad der Schule im Hinblick auf Schulentwicklung 50 40 Prozent 30 20 10 0 wenig aktiv … … sehr aktiv Abb. 11: Anteil der in der Schulentwicklung aktiven Lehrkräfte 30 25 Prozent 20 15 10 5 0 bis 10 11-20 21-30 31-40 41-50 51-60 Prozent des Kollegiums 15 61-70 71-80 81-90 91-100 Im Rahmen der Schulentwicklung fallen häufig spontan Aufgaben an, für die es keine festen Zuständigkeiten gibt. Hinsichtlich der Verteilung dieser Aufgaben fällt zunächst auf, dass der Schulleitung hierbei eine wichtige Rolle zukommt. 85 Prozent stimmen der Aussage nicht zu, dass sie sich aus der Aufgabenverteilung heraushalten können. 66 Prozent weisen ihren Kolleginnen und Kollegen gezielt Aufgaben zu. Von einer „Anordnung von Aufgaben“ sprechen allerdings nur 36 Prozent der Schulleitungen. Immerhin 27 Prozent der befragten Schulleiterinnen und Schulleiter geben an, Aufgaben lieber selbst zu erledigen, als sie Kolleginnen oder Kollegen zuzuteilen. So stimmen 21 Prozent der Aussage zu, die schriftliche Ausarbeitung des Schulprogramms größtenteils selbst übernommen zu haben. Abb. 12: Aufgabenverteilung im Kollegium Anfallende Aufgaben w eise ich den Kolleginnen und Kollegen gezielt zu. Aus der Verteilung von Aufgaben der Schulentw icklung kann ich mich w eitgehend heraushalten. Ich ordne in der Regel an, durch w en w elche Aufgaben bearbeitet w erden sollen. Bevor ich Aufgaben zuteilen muss, versuche ich lieber, sie selbst zu erledigen. 0% trifft zu trifft eher zu 20% trifft eher nicht zu 40% 60% 80% 100% trifft nicht zu An den meisten Schulen wurden auch feste Zuständigkeiten für Aufgaben der Schulentwicklung eingerichtet. So gibt es an 92 Prozent der Schulen Evaluationsverantwortliche, an 82 Prozent eine Steuergruppe. An etwa der Hälfte (51 Prozent) der Schulen wurden Verantwortliche für fachübergreifende Curricula benannt. Eher selten sind Beauftragte für Fortbildungen (35 Prozent) bzw. für Öffentlichkeitsarbeit (38 Prozent). Zur Bearbeitung schulischer Entwicklungsvorhaben etwa im Rahmen der Schulprogramm16 arbeit wurden an den meisten Schulen (82 Prozent) außerdem feste Arbeitsgruppen eingerichtet. Abb. 13: Fest etablierte Zuständigkeiten 100 Prozent 80 60 40 20 0 it be nd ife re rg be hü ac rf fü ar ts ei hk li c nt ffe rÖ fü te ag ftr au Be he ic rtl wo nt ra ve ns tio ua al Ev te ag ftr au be gs un il d r tb Fo he e e nein c tl i or w nt ra Ve p up gr er eu St ja ur C a ul ri c Doch schulische Steuergruppen können sich in ihrer Zusammensetzung, Funktion und Arbeitsweise stark unterscheiden (vgl. Berkemeyer & Holtappels 2007). Dies zeigen auch die Angaben der befragten Schulleitungen. So wird von Steuergruppengrößen zwischen 2 und 27 Mitgliedern berichtet, der Großteil der Steuergruppen (71 Prozent) hat jedoch zwischen 5 und 8 Mitglieder (siehe Abb. 14). In den meisten Steuergruppen sind die Schulleitungen (90 Prozent), in etwa zwei Drittel aller Steuergruppen (64 Prozent) die stellvertretenden Schulleitungen vertreten. Mitglieder der erweiterten Schulleitung beteiligen sich in knapp der Hälfte (48 Prozent) aller Steuergruppen, andere Lehrkräfte sind in 89 Prozent der Steuergruppen vertreten. Seltener vertreten sind Eltern (29 Prozent) und Schüler (14 Prozent). Eine wichtige Rol- 17 le spielen auch „sonstige Mitglieder“ (26 Prozent), worunter größtenteils Erzieher und Sozialpädagogen genannt werden. Abb. 14: Anzahl der Steuergruppenmitglieder 30 25 Prozent 20 15 10 5 0 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 14 15 20 25 27 Anzahl der Mitglieder Formal werden die Mitglieder der Steuergruppe von der Gesamtkonferenz, Gesamtschüler- und Gesamtelternvertretung gewählt und von der Schulkonferenz bestätigt (vgl. Nilshon & Schminder 2003). Von Interesse ist allerdings vielmehr der informelle Prozess der Konstitution. Immerhin 34 Prozent der Steuergruppen haben sich aus eigener Initiative formiert, 25 Prozent aller Steuergruppen wurden von der Schulleitung zusammengestellt. Die offenen Antworten lassen darauf schließen, dass sich die meisten Steuergruppen auf Zuruf oder Aushandlung in der Gesamtkonferenz gebildet haben. In einigen Fällen wurde von verschiedenen Fachbereichen, -konferenzen oder Teams je ein Mitglied benannt. Für die Akzeptanz der Steuergruppe im Kollegium spielt die Kommunikation eine wichtige Rolle. Die meisten Steuergruppen (92 Prozent) nutzen die Konferenzen, um das Kollegium regelmäßig über ihre Arbeit zu informieren. Knapp die Hälfte aller Steuergruppen (43 Prozent) informiert das Kollegium auf schriftlichem Wege (z.B. Informationsbretter, Lehrerbriefe), 39 Prozent berichten ihren Kolleginnen und Kollegen auf 18 informellem Wege (z.B. auf dem Gang) über ihre Arbeit. Eine nicht unerhebliche Rolle für die Kommunikation der Steuergruppe mit dem Kollegium spielt auch die elektronische Kommunikation (Intranet, virtuelles Klassenzimmer, E-Mail). Abb. 15: Mitglieder der Steuergruppe 100 Prozent 80 60 40 20 So ns tig e er Sc hü l te rn El M itg lie de rd er Le hr kr äf te ng er w. Sc hu lle it u ng .S St el lv Sc hu l le i ch ul le itu tu ng 0 Außerdem wurde nach der Rolle der Steuergruppen im Kollegium gefragt. Hierbei zeichnet sich ab, dass Steuergruppen weniger eine aktive Organisations- bzw. Koordinationsrolle im Kollegium, etwa durch Organisation von Arbeitsgruppenbildung oder durch Aufgabenzuweisung, einnehmen4, sondern anfallende Aufgaben der Schulentwicklung tendenziell eher selbst übernehmen. Eine besonders wichtige Funktion wird in der Vorbereitung von Abstimmungsvorlagen gesehen. Sie sorgen aber auch für den Informationsfluss im Kollegium und werden in der Regel von dem Kollegium unterstützt. 4 Der Wert bezieht sich auf die Skala „Koordination“ (α = .81), die aus sechs Items gebildet wurde. 19 Abb. 16: Rolle der Steuergruppe im Kollegium 8 7 6 5 4 3 2 ni m m tv or w ie ge nd ei w ne ei or st m ga de od ni n si er Ko e ie rt ve re l l di eg rs nd e en uc e A ht rb R g ol ,d ei ez le ts ie as gr lt ei Ko up A n u ll e pe fg gi de ab nb u en le ild m gi un m zu er ög g tr im l ic eg hs K el ol tw m le äß en gi or ig um ig üb ga A zu er uf ni ni ga si b er m el be td m as n td te en an ie n I nf di m ka o e ei rm nn K s te ol at au n le io fa ge Au ns kt n fg flu iv ab ss e e U i n nn nt s er er el st ha bs üt t lb zu ve de n rg g r Sc ib im tA hu K be rb ol le ve re le ei gi rn i te ts u a et tV m uf z tA trä or zä la hl ge rb ge en ei im ts n gr zu K up ol rA l eg pe bs iu n tim m un m d un In g iti at in iv de en n G re m ie n vo r 1 Mittelwert theoretischer Mittelwert Die Schulprogrammarbeit, das zentrale Instrument der Schulentwicklung, wird insgesamt eher positiv bewertet. 75 Prozent der Schulleiterinnen und Schulleiter stimmen der Aussage zu, dass die Verständigung auf gemeinsame Ziele für die Unterrichtsarbeit der einzelnen Lehrkräfte enorm wichtig ist. Als nicht zutreffend hingegen wird von den meisten Schulleitungen (86 Prozent) die Aussage bewertet, die Gestaltungsmöglichkeiten der Lehrkräfte in Bezug auf ihren Unterricht würden durch die Schulprogrammarbeit eingeschränkt (siehe Abb. 17). Insgesamt fällt auf, dass es einen positiven Zusammenhang zwischen der Existenz einer Steuergruppe und der Bewertung des Schulprogramms durch die Schulleitungen gibt. Inwieweit sich dieser Befund als Kausalzusammenhang interpretieren lässt, d.h. ob die Einrichtung von Steuergruppen einen direkten Einfluss auf die Qualität von Schulprogrammen hat, kann auf der vorliegenden Datenbasis nicht geklärt werden.5 5 Zum Zusammenhang von Steuergruppen und der Schulprogrammarbeit vgl. auch Holtappels & Müller 2002. 20 Abb. 17: Beurteilung der Schulprogrammarbeit Das Nachdenken über gemeinsame pädagogische Ziele hat den Unterricht der einzelnen Lehrkräfte verändert. Wir nutzen die Schulprogrammarbeit, um regelmäßig zu überprüfen, ob w ir unsere gemeinsamen Ziele erreichen. Die Schulprogrammarbeit hat w ichtige Impulse für unsere Schule gegeben. Für die Schul- und Unterrichtsentw icklung an unserer Schule spielt das Schulprogramm eine untergeordnete Rolle. Die Verständigung auf gemeinsame Ziele ist für die Unterrichtsarbeit der einzelnen Lehrkräfte enorm w ichtig. Die Gestaltungsmöglichkeiten der einzelnen Lehrkräfte in Bezug auf ihren Unterricht sind durch das Schulprogramm eingeschränkt. Das Schulprogramm stellt für uns das zentrale Instrument dar, um schulische Entw icklungsmaßnahmen systematisch zu planen. 0% trifft zu trifft eher zu 20% trifft eher nicht zu 40% 60% 80% 100% trifft nicht zu Hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung der Schulprogramme kommt man zu dem folgenden Ergebnis: Die Schulprogramme beinhalten zum großen Teil mittelfristige Entwicklungsziele, schulinterne Konzepte und Schritte zur Evaluation. Eine vergleichsweise geringe Rolle spielt die Fortbildungsplanung als Inhalt von Schulprogrammen. 21 Abb. 18: Inhalte der Schulprogramme 8 7 6 5 4 3 2 Ar b m s pr og ra m g zu rE va lu at io ei ts pl a n de s Sc hu l il d un gs pl an un Ze it hs te n fü rd Fo r tb ie nä c ic kl un g En tw st ig e el fr i Sc h rit te in te rn e A M i tt st ru its rb e sz ie le n hr e fa -V er un d kt ur en ul in sc h fü r e Sc hu l Mittelwert theoretischer Mittelwert Sc h ul in te r ne K Fa ch ü on ze pt be r gr ei fe nd e U nt e te rn e rri A ch t rb ei sk on ze pt ts fe ld er e 1 5. Kooperation, Kommunikation, Abstimmung in Konferenzen Mit der Lehrerkooperation ist in der Schuleffektivitätsforschung die Erwartung verbunden, „als kollektive schulische Praxis die Kohärenz und Konsistenz individuellen Lehrerhandelns über Klassen- und Fachgrenzen hinweg zu erhöhen und darüber die Lernergebnisse von Schülerinnen und Schülern zu verbessern“ (Steinert u.a. 2006). Doch Kooperation ist nicht gleich Kooperation. Verschiedene Kooperationsformen werden nach Einschätzung der Schulleiterinnen und Schulleiter in den Kollegien sehr unterschiedlich stark praktiziert. Über 90 Prozent aller Schulleitungen geben an, dass viele oder alle Lehrkräfte ihrer Schule regelmäßig Unterrichtsmaterial austauschen. Gemeinsame Unterrichtsentwicklung in Fachgruppen/Klassenteams bzw. die Durchführung gemeinsamer Unterrichtsprojekte wird nach Einschätzung der Schulleitungen in knapp 80 Prozent aller Schulen regelmäßig von der Mehrheit des Kollegiums praktiziert. An 43 Prozent aller Schulen unterrichtet ein Großteil der Lehrkräfte regelmäßig gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen. Gegenseitige Unterrichtshospitationen hingegen führt in nur 20 Prozent aller Schulen ein Großteil des Kollegiums regelmäßig durch. Dieses Ergebnis deckt sich auch mit den Befunden von Steinert u.a. (ebd.), wonach verschiedene Niveaustufen der Lehrerkooperation unterschieden werden können. Kooperations22 formen, die die Anforderungen der höchsten Niveaustufe erfüllen, wie etwa regelmäßige gegenseitige Unterrichtsbesuche, werden nach Steinert u.a. (ebd.) nur in sehr wenigen Kollegien praktiziert. Abb. 19: Anteil kooperierender Lehrkräfte in unterschiedlichen Bereichen Austausch von Unterrichtsmaterial Gemeinsame Unterrichtsentwicklung in Fachgruppen/Klassenteams Durchführung eines gemeinsamen Unterrichtsprojektes Gemeinsames Unterrichten (z.B. Lehrertandems) Hospitation bei Kolleginnen/Kollegen 0% 20% 40% (fast) alle viele 60% wenige 80% 100% (fast) niemand Vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung von Teams und Projektgruppen für die Bearbeitung verschiedener schulischer Entwicklungsvorhaben spielt für die Integration im Kollegium die Kommunikation zwischen Arbeitsgruppen und dem Gesamtkollegium eine wichtige Rolle. An den meisten Schulen scheint eine gut funktionierende Kommunikation hinsichtlich der Fragen der Schulentwicklung vorzuherrschen. Eine besondere Bedeutung (in 85 Prozent der Schulen) kommt dabei fest institutionalisierten Kommunikationswegen zu. Ein reger persönlicher Austausch findet an 73 Prozent aller Schulen statt. Nur 18 Prozent der Schulleiterinnen und Schulleiter sind der Meinung, dass die Entwicklungsvorhaben an ihrer Schule für das Gesamtkollegium wenig transparent sind. 23 Abb. 20: Kommunikation im Kollegium An unserer Schule findet ein reger persönlicher Austausch zw ischen den aktiven Lehrkräften und dem Gesamtkollegium statt. Wir haben feste Kommunikationsw ege eingeführt, um das Kollegium über die Entw icklungsvorhaben auf dem Laufenden zu halten. Die Entw icklungsvorhaben unserer Schule sind für das Gesamtkollegium w enig transparent. 0% 20% trifft zu 40% trifft eher zu 60% trifft eher nicht zu 80% 100% trifft nicht zu Wie kommen Entscheidungen im Hinblick auf wichtige Fragen der Schulentwicklung zustande? Trotz arbeitsteiliger Vorgehensweise in vielen Bereichen der Schulentwicklung scheint der gemeinsamen Entscheidungsfindung in den Gesamtkonferenzen eine wichtige Rolle zuzukommen. Zwar stimmen die meisten Schulleitungen der Aussage zu, dass sich das Kollegium um effiziente Abstimmungsprozesse bemüht, doch findet bei wichtigen Fragen der Schulentwicklung eine gezielte Entscheidungsvorbereitung durch die Schulleitung oder die Steuergruppe im Vorfeld der Konferenzen vergleichsweise seltener statt als die gemeinsame Meinungsbildung in den Konferenzen. 24 Abb. 21: Abstimmungsprozesse in den Gesamtkonferenzen 8 7 6 5 Mittelw ert 4 theoretischer Mittelw ert 3 2 1 Wir bemühen uns um effiziente Abstimmungsprozesse, auch w enn nicht alle Kolleginnen und Kollegen einer Meinung sind. Wir räumen der Bei w ichtigen Fragen gemeinsamen erarbeiten ich oder die Meinungsbildung in den Steuergruppe in der Regel Konferenzen einen hohen Beschlussvorlagen, über Stellenw ert ein. die in den Konferenzen nur noch abgestimmt w erden muss. Im Hinblick auf viele wichtige Entscheidungen der Schulentwicklung (z.B. über das Schulprogramm) werden von den Gesamtkonferenzen zwar Vorschläge erarbeitet, die Entscheidungen fallen aber in den Schulkonferenzen. Nicht immer münden die Ergebnisse kollektiver Meinungsbildungsprozesse des Gesamtkollegiums auch in entsprechenden Entscheidungen. Doch die befragten Schulleiterinnen und Schulleiter geben an, dass die Beschlüsse der Schulkonferenz an ihrer Schule in der Regel von dem Gesamtkollegium befürwortet werden und dass sie selbst in den Schulkonferenzen in der Regel nicht gegen das Votum des Gesamtkollegiums stimmen. Es scheint also keine großen Differenzen zwischen den Gesamt- und Schulkonferenzen zu geben. 6. Konsens und Kohärenz im Kollegium Insgesamt herrscht nach Angeben der meisten Schulleiterinnen und Schulleiter (88 Prozent) ein gutes soziales Klima im Kollegium. In 84 Prozent aller Schulen gibt es unter den Lehrkräften einen Konsens über die Schulphilosophie, in 86 Prozent ist sich das Kollegium darüber einig, was es erreichen möchte. Auch Meinungsdifferenzen und Konflikte im Kollegium sind vergleichsweise selten (20 Prozent). 25 Abb. 22: Konsens und Kohärenz im Kollegium Unter den Lehrkräften unseres Kollegiums herrscht Konsens über die Schulphilosophie. Unser Kollegium ist sich darüber einig, was unsere Schule erreichen will. Meinungsdifferenzen behindern die Zusammenarbeit in unserem Kollegium. In unserem Kollegium gibt es viele Konflikte. In unserem Kollegium herrscht ein gutes soziales Klima. Einige Kollegen vermeiden es, sich im Lehrerzimmer aufzuhalten. 0% trifft zu trifft eher zu 20% trifft eher nicht zu 26 40% 60% trifft nicht zu 80% 100% VI. Zusammenfassung Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die befragten Schulleiterinnen und Schulleiter einer hohen Arbeitsbelastung ausgesetzt sind. Der überwiegende Teil der Befragten gibt an, sich oft am Wochenende Arbeit mit nach Hause zu nehmen. Die angegebene wöchentliche Arbeitzeit beträgt im Durchschnitt 52 Stunden. Neben unterrichtsbezogenen Tätigkeiten nehmen Verwaltungsaufgaben mit Abstand am meisten Zeit in Anspruch. Für Aufgaben wie Schulentwicklung und Personalentwicklung bleibt den Schulleiterinnen und Schulleitern wenig Zeit. Doch trotz der hohen Arbeitsbelastung sind die meisten Schulleiterinnen und Schulleiter im Allgemeinen zufrieden mit ihrer Arbeit. Sie schätzen ihr Führungsverhalten selbst sehr positiv ein und scheinen insgesamt wichtige Voraussetzungen zur erfolgreichen Führung und Entwicklung ihrer Schule zu erfüllen. Dies zeigt sich auch in ihrer Personalführung: Ein Großteil der befragten Schulleitungen gibt an, Unterrichtsbesuche auch außerhalb der dienstlichen Beurteilungen durchzuführen, fast alle Schulleiterinnen und Schulleiter verbinden Unterrichtsbesuche mit anschließenden Reflexionsgesprächen. Die Schulleitungen übernehmen außerdem eine wichtige Führungsrolle im Hinblick auf die Aufgabenverteilung im Rahmen der Schulentwicklungsarbeit und arbeiten hierbei zum Teil auch mit Anreizsystemen. Doch immerhin 27 Prozent der befragten Schulleiterinnen und Schulleiter geben an, Aufgaben lieber selbst zu erledigen, als sie Kolleginnen oder Kollegen zuzuteilen. Insgesamt wird gerade für die neuen Aufgaben, wie Schulentwicklung, Öffentlichkeitsarbeit und Personalführung, hoher Qualifikationsbedarf angemeldet. Schulentwicklung als kollektive Aufgabe setzt auch den Aufbau klarer Strukturen und Verantwortlichkeiten voraus. An einem Großteil der Schulen wurden bereits feste Zuständigkeiten etabliert. So gibt es an den meisten Schulen Evaluationsverantwortliche und Steuergruppen. Zur Bearbeitung schulischer Entwicklungsvorhaben, etwa im Rahmen der Schulprogrammarbeit, werden an den meisten Schulen außerdem feste Arbeitsgruppen eingerichtet. Insgesamt bewertet jedoch ein Viertel der Schulleitungen ihre Schule als wenig aktiv im Bereich Schulentwicklung. An der Mehrheit der Schulen wird die Schulentwicklungsarbeit nur von einem kleinen Teil des Kollegiums (maximal 30 Prozent) aktiv mitgetragen. 27 Eine zentrale Rolle im Schulentwicklungsprozess kommt den Steuergruppen zu. Ihre wichtigste Funktion ist nach Angaben der Schulleitungen die Vorbereitung von Entscheidungen. Sie tragen damit entscheidend zur Effizienz der Arbeitsabläufe bei. Doch gleichzeitig zeigt sich, dass bei wichtigen Entscheidungen die gemeinsame Meinungsbildung in den Konferenzen eine große Rolle spielt. Die Schulprogrammarbeit kann als das zentrale Instrument der Schulentwicklung beschrieben werden und wird von den Schulleiterinnen und Schulleitern insgesamt eher positiv bewertet. Insbesondere die Verständigung auf gemeinsame pädagogische Ziele im Rahmen der Schulprogrammarbeit wird von vielen Schulleitungen als wichtig erachtet; eine vergleichsweise geringe Rolle spielt die Fortbildungsplanung als Inhalt von Schulprogrammen. Abschließend ist festzuhalten, dass die Erweiterung schulischer Gestaltungsspielräume fast durchgehend positiv bewertet wird, wenngleich die bestehenden Gestaltungsspielräume als noch nicht ausreichend beurteilt werden. Viele Schulleitungen wünschen sich weniger Kontrolle und Bürokratie und mehr Vertrauen von Seiten der Schulaufsicht. Gleichzeitig fühlt sich knapp die Hälfte der Schulleiterinnen und Schulleiter nicht ausreichend unterstützt. Vielfach gefordert wird außerdem eine finanzielle und personelle Besserstellung der Schulen. 28 Literatur Berkemeyer, N. & Holtappels, H.-G. (2007). Arbeitsweise und Wirkungen schulischer Steuergruppen. Empirische Studie zur Steuerung der Schulentwicklungsarbeit im niedersächsischen Projekt „Qualitätsentwicklung in Netzwerken“. In: Berkemeyer, N. (Hrsg.). Schulische Steuergruppen und Change Management. Weinheim u.a.: Juventa, S. 99-138. Bonsen, M., von der Gathen, J., Iglhaut, C. & Pfeiffer, H. (2002). Die Wirksamkeit von Schulleitung: Empirische Annäherungen an ein Gesamtmodell schulischen Leistungshandelns. Weinheim: Juventa. Bos, W., Hornberg, S., Arnold, K.-H., Faust, G., Fried, L., Lankes, E.-M., Schwippert, K. & Valtin, R. (Hrsg.) (2007). IGLU 2006. Lesekompetenzen von Grundschulkindern in Deutschland im internationalen Vergleich. Münster: Waxmann. Dubs, R. (2005). Die Führung einer Schule. Leadership und Management. Stuttgart: Steiner. Holtappels, H.G. & Müller, S. (2002). 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