tacker 11/2015

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tacker 11/2015
Ausgabe
11
2015
dbb jugend magazin für junge leute im öffentlichen dienst
Krisen-Management
Rund um die Uhr.
Weltweit.
8
3
Shell-Jugendstudie:
Generation im
Aufbruch
7
Studium läuft
Ausbildung den
Rang ab
15
11
Flüchtlingsregistrierung der Bundespolizei: An der Grenze
Zoll:
Übernahmezusage
für Auszubildende
Mobilität ist ein Grundbedürfnis – und belastet die Haushaltskasse
erheblich. Exklusiv für die Mitglieder der dbb jugend gibt es jetzt günstige
Autoangebote. Seite 19
20
Filmtipp:
The Diary Of A
Teenage Girl
herausgeber:
dbb jugend
leitartikel
editorial
Teilhabe und Wertschätzung als Kitt für die Zukunft
Leistungs-Gerechtigkeit
nichts Neues, und doch man hat das Gefühl, das
sich nichts ändert.
Wer die Tageszeitungen aufschlägt, wird derzeit
nur mit negativen Schlagzeilen konfrontiert. Hass,
Gewalt, Flucht, Angst – das allmorgendliche Ritual
wird zum „Spießrutenlaufen“, negative Gedanken
prägen das Bild.
Es wird vielerorts nicht besser, wenn wir die Zeitung zuschlagen und an unseren Arbeitsplätzen
ankommen. Der Personalmangel wird deutlich,
und wir spüren ihn im eigenen Arbeitsumfeld,
an der eigenen Arbeitsverdichtung. Die aktuelle Krankheitswelle tut ihr übriges. Auszahlung
von Überstunden? Fehlanzeige! Beförderungen?
Fehlanzeige! Überall ist das Budget knapp und es
wird an allen Ecken und Enden gespart. Sicherlich
ist Geld nicht alles. Aber es hilft. Die Wertschätzung geleisteter Arbeit bemisst sich auch am Kontostand. Immer mehr Beschäftigte leiden unter
schlechten Arbeitsbedingungen und Stress. Immer
mehr Menschen droht Altersarmut, und die Kluft
zwischen arm und reich wächst weiter. All das ist
Tatsache ist, dass sich viele Menschen aktuell
Sorgen um die eigene Zukunft machen. Es bleibt
wenig Zeit, um sich um Andere zu kümmern. Gerechtigkeit spielt dabei eine große Rolle. Gerechtigkeit im Sinne von Teilhabe und Wertschätzung,
dem Kitt für unsere Zukunft, muss ein Leitgedanke
des politischen Handelns sein. Vielleicht lässt sich
dadurch auch der Politikverdrossenheit entgegen
wirken und aktuelle Themen werden wieder interessanter, besonders für junge Menschen. Gerechtigkeit sollte in erster Linie bedeuten, dass sich
jeder Mensch auf seine eigene Weise für unsere
Gesellschaft einbringen kann. Jeder Mensch sollte mit seinen eigenen Begabungen und Vorstellung vom Leben die grundlegende Chance haben,
seine Ziele verwirklichen zu können. Es ist nicht
wichtig, dass jeder von allem gleich viel hat. Gerechtigkeit bedeutet Partizipation am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben. Gerechtigkeit
sollte sich auch daran messen lassen, dass jedes
Kind die gleichen Zugangschancen zur Bildung erhält und wir ein einheitliches Gesundheitssystem
haben, damit jeder die gleiche Hilfe bekommt, die
er benötigt. Arbeit sollte sich lohnen, auch für die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen
Dienstes. Sie leisten Tag für Tag gute und wichtige Arbeit. Auch für sie muss sich Leistung wieder
lohnen, damit sie sorgenfrei in die Zukunft schauen können. Nur eine funktionierende Verwaltung
ermöglicht das geregelte Zusammenleben aller
Menschen in unserem Land. Unabhängig davon,
ob sie hier geboren werden oder Deutschland ihr
Ziel nach einer jahrelangen Flucht ist.
Liv Grolik
Stellvertretende Vorsitzende dbb jugend
2
„Krisen-Management: Rund um
die Uhr. Weltweit.“ Ganz schön
viele „Krisen“ gibt’s dieser Tage
– „Flüchtlingskrise“, „AfghanistanKrise“, „Syrien- und Türkei-Krise“,
„Israel-Krise“; scheinbar überall
liegt Einiges im Argen. t@cker
berichtet von Menschen, die Krisen „managen“, „handlen“, dafür
sorgen, dass möglichst viele sicher
und unversehrt durch die Krise
kommen. Das sind zum Beispiel die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
im Krisenstab des Auswärtigen
Amtes (t@cker-story). Das sind
auch die Kolleginnen und Kollegen
von Bundespolizei und Zoll, die
im bayerischen Rosenheim seit
Monaten an vorderster Front in
Sachen Flüchtlingsaufnahme und
-registrierung stehen und sich
trotz schwierigster Rahmenbedingungen für alle Beteiligten für
ein einigermaßen geordnetes und
würdiges Verfahren einsetzen
(t@cker-special). Auch in Sachen
Stimmung droht vielen gerade
in der beginnenden „dunklen
Jahreszeit“ eine Krise – der HerbstBlues, im schlimmsten Fall eine
Depression. Die t@cker-tipps
verraten, wie man Symptome
richtig deutet, welche Gegen- und
Hilfsmaßnahmen man gegen diese
ganz persönliche Krise ergreifen
kann. Darüber hinaus gibt es
in der November-Ausgabe des
dbb jugend magazin wie immer
allerlei News und Infos aus den
Reihen von dbb jugend und dbb,
Buch-, Musik- und Filmtipp und
das Gewinnspiel. t@cker macht
Euch krisenfest! In diesem Sinne
viel Spaß beim Lesen und schöne
Herbsttage!
Sandra Kothe
Vorsitzende dbb jugend
ticker
news
Shell-Jugendstudie: Generation im Aufbruch
Öffentlicher Dienst muss noch
attraktiver werden
Mit Blick auf die Ergebnisse der jüngsten Shell-Jugendstudie hat die dbb jugend verstärkte Anstrengungen der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes
für eine Steigerung der Attraktivität dieses Sektors als Arbeitsplatz gefordert.
und häufig genug. Wir brauchen verbesserte Aufstiegsmöglichkeiten vom mittleren in den gehobenen und vom gehobenen in den höheren Dienst.
Dafür müssen auch entsprechend Stellen geschaffen werden“, so Kothe.
„Die junge Generation befindet sich im Aufbruch.
Sie ist anspruchsvoll, will mitgestalten und neue
Horizonte erschließen“, sagte dbb jugend-Vorsitzende Sandra Kothe am 13. Oktober 2015 in
Berlin. Jugendliche hätten heute sowohl hohe
Bildungs- und Berufserwartungen als auch hohe
Ansprüche an ihre Arbeitgeber. Der Beruf solle sicher, aber auch interessant sein. „Und über 90 Prozent meinen, dass Familie und Kinder gegenüber
der Arbeit nicht zu kurz kommen dürfen. Für rund
vier Fünftel der Jugendlichen ist es wichtig, dass
sie ihre Arbeitszeit kurzfristig an ihre Bedürfnisse
anpassen können. Drei Viertel möchten in Teilzeit
arbeiten können, sobald sie Kinder haben. Karriereorientierung steht hinter der Vereinbarkeit von
Arbeit und Privatleben sowie der Planbarkeit von
Berufstätigkeit zurück“, unterstrich Kothe. „Hierauf muss der öffentliche Dienst reagieren und
deutlich nachbessern“, forderte die dbb jugendChefin. „Denn besonders Aufstiegsverfahren und
durchlässige Laufbahnen sind noch nicht flexibel
Befristungsquote überdurchschnittlich hoch
Um dem Sicherheitsbedürfnis des Nachwuchses in
Sachen Arbeitsplatz entgegenzukommen, müssten die öffentlichen Arbeitgeber zudem ihre massive Befristungspraxis aufgeben. „Einer aktuellen
Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt und
Berufsforschung zufolge liegt der Befristungsanteil
der 15-24 Jährigen im öffentlichen Dienst bei 25
Prozent – das ist der höchste Wert aller Altersgruppen“, kritisierte Kothe. „Der Staat sollte die klugen
Köpfe, in die er während der Ausbildung investiert
hat, übernehmen, anstatt sie ziehen zu lassen“,
sagte Kothe und verwies auf die Zollverwaltung als
positives Gegenbeispiel, wo im Rahmen einer Ausbildungsallianz erstmals eine Übernahmezusage
ab einer Ausbildungsnote von mindestens ‚befriedigend‘ zugesagt wurde (siehe dazu t@cker-inside).
Die komplette Shell-Jugendstudie 2015 findet Ihr
hier.
3
Personalräte und JAVen:
Superwahljahr 2016
2016 ist ein „Superwahljahr“:
Beim Bund sowie in den
Ländern Bayern, Berlin, Bremen, Hessen, Niedersachsen,
Nordrhein-Westfalen und
Sachsen werden neue JAVen
und Personalräte gewählt. Zur
Unterstützung der Kolleginnen
und Kollegen vor Ort haben
dbb jugend und dbb wieder
viele hilfreiche Informationen
zusammengestellt – denn
die Vorbereitung und Durchführung der Wahlen ist eine
verantwortungsvolle Aufgabe.
Umfangreiche Vorschriften
und Rechtsprechungen müssen beachtet, Kandidatinnen
und Kandidaten gefunden
werden. Das selbstlose
Engagement der Wahlorganisatoren und Wahlvorstände
unterstützen dbb jugend und
dbb mit diesen Angeboten:
- dbb jugend Publikationen
- Personalratswahlen 2016
Deutschland ist wenig
familienfreundlich...
… findet mehr als die Hälfte der
Deutschen. Gleichzeitig gehören
für die Mehrheit der Bevölkerung
Kinder und Familie zu einem
erfüllten Leben, sagt der aktuelle
Familienreport des Bundesfamilienministeriums. „Das ist das
Ergebnis einer zwiespältigen Familienpolitik. Einerseits wird mit dem
ElterngeldPlus eine progressive
Vereinbarkeitspolitik betrieben.
Andererseits wird im Steuerrecht
das traditionelle Familienmodell
begünstigt“, so Helene Wildfeuer,
Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung, am 29. Oktober 2015
in Berlin. Sie forderte die Bundesregierung auf, endlich abzuweichen
vom „arbeitgeberfreundlichen und
wählerstimmenorientierten Kurs.
Wir brauchen eine echte Familienpolitik, die nicht nur arbeitsmarktpolitisch, sondern vor allem
gesamtgesellschaftlich wirkt“.
Neben einem familienfreundlich
ausgestalteten Steuerrecht und
familienfreundlichen Arbeitsbedingungen gehörten dazu auch
Kinderbetreuungsangebote und
unbefristetes Arbeitsplätze, die ein
existenzsicherndes Arbeiten für
Familien ermöglichten.
ticker
news
Demografiestrategie der Bundesregierung
dbb jugend: Verlässlicher
öffentlicher Dienst fürs Land
Warnung vor gesundheitlichem
Verschleiß der Verwaltungsmitarbeiter
Die dbb jugend fordert im Rahmen der Demografiestrategie der Bundesregierung einen verlässlichen öffentlichen Dienst im ländlichen Raum. Bei
der Sitzung der Demografie-AG „Jugend gestaltet
Zukunft“, in der die dbb jugend durch ihre Vorsitzende Sandra Kothe vertreten wird, wurden am
27. Oktober 2015 in Berlin die Ergebnisse des aktuell laufenden Demografiestrategie-Beteiligungsprojekts „ich mache Politik| Demografie“ zum
Thema „Image der Jugend – digitale Infrastruktur
und Angebote vor Ort“, an dem sich auch die dbb
jugend beteiligt hatte, erläutert.
„Die Stärkung des öffentlichen Dienstes im ländlichen Raum durch ausreichende personelle und
materielle Ausstattung ist ein wichtiger Baustein
in der Entwicklung jugendgerechter Kommunen“, betonte dbb jugend-Chefin Sandra Kothe,
denn der öffentliche Sektor sei nicht nur als Garant der Daseinsvorsorge und Infrastruktur elementar für ein jugendgerechtes Lebensumfeld,
sondern auch als Arbeitgeber attraktiv für junge
Menschen – „insbesondere im ländlichen Raum“.
Konkret forderte die dbb jugend zudem eine Rückgängigmachung der Einsparungen im Sicherheitsbereich im ländlichen Raum und den Erhalt eines
gut ausgebauten und verlässlichen öffentlichen
Immerhin: Die Jugend ist jetzt in die Grafik
der Demografiestrategie 2015 aufgenommen.
Weil die Themen des Nachwuchses in der letzten Arbeitsperiode kaum reflektiert wurden,
wurde, auch auf Bestreben von dbb jugend und
dbb, die Demografie-Arbeitsgruppe „Jugend
gestaltet Zukunft“ ins Leben gerufen.
Nahverkehrs. Mit Blick auf die Bildung wünscht
sich die dbb jugend mehr Lehrpersonal, um Klassenstärken reduzieren zu können. Die Demografie-AG „Jugend gestaltet Zukunft“ arbeitet derzeit
an einer Handlungsempfehlung für Kommunen
und die Bundesregierung. Im Juni wurde bereits
die von der AG angeregte „Jugendbrille“, eine Art
Jugendcheck für die anderen Arbeitsgruppen der
Demografiestrategie, an alle Beteiligten versandt,
damit Jugend immer und überall mitgedacht und
berücksichtigt wird.
Der nächste Termin der AG „Jugend gestaltet
Zukunft“ findet am 19./20. November 2015 im
Kyffhäuserkreis statt – einer von vier Referenzkommunen, die bis 2017 von der AG besucht werden. Viele Informationen rund um das Thema
Demografie gibt es nicht nur bei der dbb jugend,
sondern auch im Demografieportal des Bundes:
www.demografie-portal.de.
4
Angesichts der enormen derzeitigen Belastungen der öffentlichen
Verwaltung mahnt der dbb einen
sorgsamen und wertschätzenden
Umgang mit der Gesundheit der
Beschäftigten an. Durch den anhaltenden Zustrom von Flüchtlingen und Asylsuchenden stünden
die Verwaltungen allerorten vor
großen Herausforderungen, sagte
der stellvertretende Bundesvorsitzende des gewerkschaftlichen
Dachverbandes und Chef der komba gewerkschaft Ulrich Silberbach
im Vorfeld eines „Führungskräftetreffens Öffentlicher Dienst“,
das am 27. Oktober 2015 auf der
weltweit größten Fachmesse für
Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit A+A in Düsseldorf stattfand.
Die Beschäftigten in den Kommunen stünden vor einer Belastungsprobe, so Silberbach. „Durch den
Personalabbau der vergangenen
Jahre ist es für die verbliebenen
Kolleginnen und Kollegen zu einer
massiven Arbeitsverdichtung
gekommen – mit der Folge, dass
sie am Limit arbeiten.“ Vor allem
durch den nicht abreißenden
Flüchtlingszustrom verschärfe
sich die Lage massiv. „Die langen
Registrierungsschlangen vor den
Verwaltungsgebäuden zeigen
drastisch, wie kurzsichtig die
Personalpolitik der letzten Jahre
war“, sagte Silberbach.
Zwar steuere die Politik bereits um
und suche derzeit händeringend
personelle Verstärkung. „Doch bis
diese gefunden und eingearbeitet
ist, müssen die Aufgaben mit dem
viel zu klein bemessenen Personalbestand bewältigt werden.
Die Beschäftigten gehen dabei
bis an ihre Leistungsgrenze und
oft auch darüber hinaus.“ Gerade
vor diesem Hintergrund dürfe der
Arbeits- und Gesundheitsschutz
nicht vernachlässigt werden:
„Wer eine handlungsfähige
Verwaltung will, der muss auch
an die Beschäftigten denken“, so
Silberbach.
ticker
news
Urteil im Prozess über tödliche Messerattacke auf Jobcenter-Mitarbeiter
Beschäftigte besser schützen
Anlässlich des Urteils im Prozess über die tödliche
Messerattacke auf einen Mitarbeiter des Jobcenters in Rothenburg ob der Tauber in Bayern hat der
dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt erneut
verstärkte Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes gefordert. Angesichts
sich häufender verbaler und tätlicher Übergriffe bis
hin zu Bedrohungen mit tödlicher Folge nehme die
Angst unter den Beschäftigten zu, sagte Dauderstädt am 28. Oktober 2015 in Berlin. Die Tat des am
28. Oktober 2015 vom Landgericht Ansbach wegen
Totschlags zu zehn Jahren Haft verurteilten 29-Jährigen, der am 3. Dezember 2014 in einem Jobcenter in
Rothenburg ob der Tauber einen 61-jährigen Psychologen mit Messerstichen tödlich verletzt hatte, sei
ein weiterer trauriger Höhepunkt der Eskalation von
Gewalt gegen Staatsbedienstete, so Dauderstädt.
Allein in den vergangenen drei Jahren kostete diese
Gewalt mehrere Mitarbeiter von Dienststellen das
Leben: So starben die Sachbearbeiterin einer Führerscheinstelle in Schleswig, weil sie einem Lkw-Fahrer
die Fahrerlaubnis verweigerte, und ein Gerichtsvollzieher in Karlsruhe, der bei einem Mann pfänden
wollte. Im Jobcenter Neuss wurde eine Mitarbeiterin von einem Kunden erstochen, im Finanzamt
Rendsburg ein Beamter erschossen. Laut Bundesinnenministerium wurden 2014 bundesweit rund
700 Mitarbeiter von Rettungsdiensten angegriffen,
ebenso 60.000 Polizisten und Vollzugsbeamte.
dbb-Chef: „Nicht hinnehmbare Verrohung“
„Wir haben es mit einer nicht hinnehmbaren Verrohung zu tun, der wir entschlossen entgegen treten müssen“, forderte der dbb-Chef angesichts
„der zehntausendfachen Beleidigungen und Attacken auf Behörden-Mitarbeiter. Wir müssen die
Beschäftigten besser schützen, etwa durch Sicherheitsschleusen, Alarmsysteme und räumliche Umstrukturierungen.“ So könnten beispielsweise
Einzel- durch Großraumbüros ersetzte werden, in
denen transparente Glaswände die Vertraulichkeit
der Gespräche sicherten, gleichzeitig aber auch eine
bessere Aufsicht möglich machten. „Regelmäßige
Konfliktschulungen für die Beschäftigten müssen
Standard werden“, so Dauderstädt. Auch seitens der
Politik erwarte man „deutlich mehr Anstrengungen,
die die Beschäftigten besser schützen, betonte der
dbb Bundesvorsitzende. „Aggression und eine zunehmende Ablehnung behördlicher Maßnahmen
sind ein gesamtgesellschaftliches Problem“, warnte
Dauderstädt. „Ein Staat, der seine Bürgerinnen und
Bürger nicht mehr erreicht und in keinen von gegenseitigem Respekt geprägten Dialog mehr treten
kann, ist kein tragfähiges Modell für die Herausforderungen, die vor uns liegen. Diese Position muss
Politik auf allen Ebenen, auch der der Gesetzgebung,
laut und deutlich vertreten. Niemand erwartet einen Untertanengeist gegenüber dem öffentlichen
Dienst. Aber seine Beschäftigten sind kein Freiwild,
sondern leisten Tag für Tag rund um die Uhr wertvolle Arbeit für unser aller Gemeinwesen.“
dbb jugend: Breite Allianz für mehr Respekt
Auch die dbb jugend warnte vor einer Eskalation
der Gewalt. „Aggressionen und tätliche Angriffe
gehören mittlerweile zum Arbeitsalltag vieler Kolleginnen und Kollegen. Dass wir auch zunehmend
Todesfälle verzeichnen, ist schlicht entsetzlich. So
kann und darf es nicht weitergehen“, fordert dbb
jugend-Chefin Kothe. Obwohl die Sicherheitsvorkehrungen aufgrund massiver Vorfälle in den vergangenen Jahren verbessert worden seien, gelänge
es Angreifern immer wieder, Bedienstete zu verletzen – „sowohl verbal als auch physisch. Nicht
nur die konkreten Folgen eines solchen Übergriffs
sind fatal für die Beschäftigten, sondern ebenso die
Angst davor, die ständig mitschwingt“, betont Kothe. „Auf dem schmalen Grat zwischen bürgeroffener Verwaltung und Sicherheit für die Beschäftigten
müssen wir umgehend wirksame und allgemein
verbindliche Sicherheitsstandards im öffentlichen
Dienst schaffen. Niemand will Hochsicherheitstrakte, aber es kann nicht angehen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Opfer von Aggression
gegenüber dem Staat sind. Zur Fürsorgepflicht von
Dienstherrn und Arbeitgebern gehört es auch, ihre
Beschäftigten bei der Ausübung ihrer Arbeit angemessen vor Gefahren für Leib und Leben zu schützen“, unterstreicht Kothe. Neben verbesserten
Sicherheitskonzepten müsse insbesondere die Politik „als Auftraggeber jedes Behörden- und Verwaltungshandelns eine breite Allianz für mehr Respekt
und Wertschätzung gegenüber dem öffentlichen
Dienst und seinen Beschäftigten schaffen“, fordert
die dbb jugend. „Vor allem muss deutlich gemacht
werden, dass in Behörden und Verwaltungen keine
Roboter sitzen, sondern Menschen – Mütter, Väter,
Schwestern, Brüder, Töchter, Söhne, Freundinnen
und Freunde.“
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Öffentlicher Dienst: Wichtiges
Instrument für nachhaltige Politik
Nachhaltigkeit – vor allem in
ökonomischen und sozialen
Bereichen – macht Deutschland
attraktiv. „Der öffentliche Dienst
bildet ein wichtiges Instrument
für nachhaltige Politik“, sagte dbb
Chef Klaus Dauderstädt vor Beginn der von der Bundesregierung
veranstalteten Auftaktkonferenz
„Globale Nachhaltigkeitsziele –
nationale Verantwortung“ am
29. Oktober 2015 im dbb forum
berlin. „Für die Zukunftsfähigkeit
einer Gesellschaft entscheidend
bleibt, wie nachhaltig sie sich zu
organisieren versteht“, so Dauderstädt. „Eine solche innere Struktur
will ordentlich verwaltet werden.
Recht und Ordnung, Schutz vor
den Risiken des Lebens und demokratische Mitnahme verlangen
zukunftsbezogene und langfristig
tragfähige Systeme. Der öffentliche Dienst gewährleistet diese
Erwartungen und Ansprüche der
Bürger – und ist somit ein wichtiges Instrument zur Umsetzung
nachhaltiger Politik. Dafür benötigt er aber auch angemessene
Personalausstattung, gesicherte
Finanzierungsperspektiven und
transparente Zuständigkeiten“,
unterstrich der dbb Chef. Mit Blick
auf die aktuellen Entwicklungen
in Deutschland und Europa fügte
Dauderstädt hinzu: „In einer Zeit
dynamischer Umbrüche kommt
Kontinuität, Verlässlichkeit und
Nachhaltigkeit ein hoher Stellenwert zu.“ Unbestreitbar gehörten
Frieden, soziale Sicherheit und
wirtschaftliche Gleichgewichte
zu den prägnanten Faktoren auch
für politische Stabilität. Nicht
umsonst beweise Deutschland
mit solchen Rahmenbedingungen
große Attraktivität für Flüchtlinge
aus vielen krisengeschüttelten
Staaten.
ticker
news
Sozial- und Erziehungsdienst
Mitglieder stimmen für
Kompromiss
Die Urabstimmung im
Sozial- und
Erziehungsdienst ist beendet. 64,04
Prozent der
Mitglieder in
den beteiligten dbb Fachgewerkschaften stimmten für die Annahme des Tarifkompromisses. „Das Ergebnis ist
ein wichtiger Zwischenschritt im Kampf um mehr
Wertschätzung für die Berufe im Sozial- und Erziehungsdienst“, sagte dbb Verhandlungsführer Andreas Hemsing am 29. Oktober 2015 in Berlin.
„Wir haben wichtige Verbesserungen erreicht“, so
Hemsing. „Einerseits die Erhöhungen der Grundeingruppierung, die jetzt direkt bei den Beschäftigten ankommen werden. Andererseits ist durch den
Arbeitskampf die gesellschaftliche Debatte um
die Wertschätzung für soziale Berufe neu entfacht
worden. Diese zweifache Anerkennung trägt nicht
nur dem Engagement der Kolleginnen und Kollegen Rechnung. Sie wird auch langfristig dazu beitragen, qualifiziertes Personal für den Sozial- und
Erziehungsdienst zu gewinnen.“ Trotzdem zeige
das Ergebnis der Urabstimmung, dass es weiterhin viel zu tun gebe. „Die Kolleginnen und Kollegen
sind einverstanden mit diesem Zwischenschritt“,
sagte Hemsing. „Aber sie erwarten, dass es weitergeht. Aufwertung und Wertschätzung sind keine
Eintagsfliegen.“
Einigung im September in Hannover
Gewerkschaften und kommunale Arbeitgeber
(VKA) hatten sich bei den Verhandlungen für den
Sozial- und Erziehungsdienst am 30. September 2015 in Hannover auf einen Kompromiss geeinigt. „Wir mussten hart darum ringen, weil
die Arbeitgeber noch hinter dem Verhandlungsstand aus dem Frühsommer zurück bleiben wollten. Das konnten wir verhindern und die neue
Vereinbarung in wichtigen Punkten ausgewogener gestalten“, bewertete dbb-Vize Willi Russ den
Tarifkompromiss. Zusätzlich zu dem bisher erreichten Verhandlungsstand wurden folgende Änderungen vereinbart: Das Volumen innerhalb der
Entgeltgruppen S 8a und S 8b wird so umverteilt,
dass die Zugewinne gleichmäßiger auf alle Stufen
verteilt werden. Bei den Sozialarbeitern in der S 14
wird es Erhöhungen zwischen 30 und 80 Euro in
den Erfahrungsstufen 1 bis 5 geben. Bei der Stufe
6 wird es wie im Schlichterspruch eine Anhebung
um 80 Euro geben. Die Laufzeit bleibt bei 5 Jahren
rückwirkend ab dem 1. Juli 2015.
Mehr Infos gibt es hier online.
dbb-Vize und Fachvorstand Tarifpolitik Willi Russ, ver.di-Chef Frank Bsirske (links) und VKA-Präsident Dr. Thomas
Böhle gaben bei einer Pressekonferenz am 30. September 2015 in Hannover das Verhandlungsergebnis bekannt.
6
Jugendverbände gegen Rassismus
„Eine Welle der Gewalt zieht durch
Deutschland: Im Westen und
Osten werden [...] Ausländerinnen
und Ausländer, insbesondere jene,
die sich in unserem Land um Asyl
bewerben oder bereits als Flüchtlinge anerkannt sind, verfolgt und
terrorisiert“, heißt es im Beschluss
Nr. 31 des Deutschen Bundesjugendrings (DBJR) aus dem
Jahr 1991. „Es ist bitter“, heißt
es jetzt mit Bezug darauf beim
DBJR: „Bereits 1991 haben wir die
Aggressivität, Gewalttaten, Mordund Brandanschläge und die
Gleichgültigkeit oder gar offene
Zustimmung in der Bevölkerung
dazu verurteilt. 24 Jahre später
könnten wir diesen Beschluss
angesichts der unerträglichen
rassistischen Hetze gegen Asylsuchende in Deutschland nahezu
gleichlautend wiederholen. Wir
sind fassungslos angesichts
der Stimmung in unserem Land
gegenüber Menschen, die aus
ihrer Heimat fliehen mussten
und sich nichts mehr wünschen
als Frieden und Sicherheit. Es ist
beschämend, dass Politikerinnen
und Politiker derart verantwortungslos Vorurteile schüren,
zwischen ‚erwünschten‘ und
‚nicht erwünschten‘ Geflüchteten
unterscheiden und mit Parolen
wie ‚Wir sind nicht das Sozialamt
der Welt!‘ in den Medien Ängste
in der Bevölkerung schüren. Wir
sind der festen Überzeugung, dass
unser Land von Zuwanderung vor
allem profitieren kann und wir
nicht nur angesichts eines drohenden Fachkräftemangels unsere
Türen und Arme für Geflüchtete
öffnen, sondern weil es unserer
Verantwortung entspricht und gut
für uns ist. Wir sagen ‚Willkommen in Deutschland!‘, weil das zu
den Grundsätzen unserer Arbeit
in den Jugendverbänden gehört:
Solidarität, Mitmenschlichkeit und
der Einsatz gegen rassistische und
nationalistische Tendenzen. Zurzeit zeigen tausende Ehrenamtliche im unermüdlichen Einsatz für
Geflüchtete, dass der braune Mob
nicht die Mehrheit in unserem
Land darstellt“, so der DBJR.
ticker
news
Nachschulische Bildung
Studium läuft Ausbildung
den Rang ab
Die duale Berufsausbildung bangt um Nachwuchs.
Nicht aufzuhalten scheint der Ansturm auf die
Hochschulen. Die geburtenschwachen Jahrgänge lassen die Zahl der Auszubildenden zusätzlich
sinken. Mit wie vielen Azubis können die Betriebe
2030 noch rechnen? Eine Studie hat dazu verschiedene Szenarien berechnet.
Wenn sich der Trend zum Studium aus den vergangenen zehn Jahren ungebrochen fortsetzt, werden 2030 nur noch etwas mehr als 400.000 junge
Menschen eine betriebliche Ausbildung beginnen. Das sind rund 80.000 weniger als heute, was
einen Rückgang um 17 Prozent bedeutet. Dies
geht aus einer Studie der Prognos AG im Auftrag
der Bertelsmann Stiftung hervor, die am 9. Oktober 2015 vorgestellt wurde. Trotz des demografischen Wandels und der deshalb sinkenden Zahl
an Schulabgängern werden die Hochschulen hingegen kaum Studienanfänger einbüßen. Vor zwei
Jahren verzeichnete Deutschland eine Zäsur in der
nachschulischen Bildung. 2013 begannen erstmals
mehr junge Menschen ein Studium als eine Berufsausbildung. Diese Entwicklung scheint vorerst
unumkehrbar: Die Studie berechnet neben einer
Fortschreibung der bisherigen Trends einen realistischen Korridor, in dem sich Studierneigung und
Anziehungskraft von betrieblicher Ausbildung in
den kommenden 15 Jahren entwickeln könnten.
Allen Szenarien ist gemeinsam: Die Schere zwischen Studien- und Ausbildungsanfängern wird bis
2030 noch weiter auseinandergehen.
Fachkräfte: Wenig Nachwuchs, viele Ruheständler
Die geburtenschwachen Jahrgänge stellen die
duale Ausbildung in den Betrieben vor sehr viel
größere Herausforderungen als die Hochschulen. Bereits im vergangenen Jahr blieben knapp
40.000 Lehrstellen unbesetzt. Ein weiterer Rückgang der Azubi-Zahlen könnte in vielen Branchen
einen Fachkräftemangel beschleunigen oder auslösen, weil sich zugleich geburtenstarke Jahrgänge in den Ruhestand verabschieden. Schätzungen
zufolge werden bis 2030 rund 10,5 Millionen Beschäftigte mit abgeschlossener Berufsausbildung
oder Fachabschluss (Meister/Techniker) aus dem
Erwerbsleben ausscheiden.
„Der Trend zur Akademisierung ist nicht zu stoppen. Der gesamte nachschulische Bildungsbereich
muss sich verändern und anpassen“, kommentierte Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, die Ergebnisse der Forscher. Die traditionell
strikte Trennung zwischen akademischer und betrieblicher Ausbildung gelte es zu überwinden,
zumal der Arbeitsmarkt diese klare Abgrenzung
längst aufweiche. Schon heute konkurrieren Bachelor-Absolventen mit beruflich Qualifizierten
um dieselben Jobs. Dräger spricht sich deshalb für
stärkere Verzahnung und Durchlässigkeit der Bildungswege aus: „Wir sollten Berufsausbildung
und Studium nicht gegeneinander ausspielen, sondern stärker miteinander verknüpfen.“
Geschehen könne dies durch wechselseitige Anerkennung von Leistungen, mehr Hochschulangebote für beruflich Qualifizierte, mehr
praxisorientierte Studiengänge und neue Modelle. Die Bertelsmann Stiftung empfiehlt etwa die
Einführung einer zweijährigen Kombination aus
Studium und Ausbildung, an deren Ende drei Optionen offenstehen: Fortführung der Berufsausbildung, des Studiums oder Aufnahme eines dualen
Studiums.
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Jugend Südeuropas stark von
Armut gefährdet
Die nächste Krise auf [europäisch]:
Vor allem Kinder und Jugendliche
sind die größten Verlierer der
schwächelnden europäischen
Wirtschaft und der hohen
Staatsverschuldung. In der EU
sind rund 26 Millionen Menschen
unter 18 Jahre von Armut oder
Ausgrenzung bedroht – das
sind 27,9 Prozent aller Kinder
und Jugendlichen. Vor allem die
Jugend Südeuropas ist stark von
Armut gefährdet. Mittlerweile
sind allein in Spanien, Griechenland, Italien und Portugal 7,6
Millionen der unter 18-Jährigen
von sozialer Ausgrenzung bedroht.
Viele können sich grundlegende
Bedürfnisse des Alltags nicht
leisten: ein Telefon, eine beheizte
Wohnung – so die traurigen
Ergebnisse des aktuellen „Social
Justice Index“ der Bertelsmann
Stiftung. Aart De Geus, Vorsitzender der Stiftung, warnte, ebenso
wie die dbb jugend schon seit
langem, vor den verheerenden
Folgen: „Wir können uns eine
verlorene Generation in Europa
weder sozial noch ökonomisch
leisten.“ Auch der dbb jugend-Vize
Michael Gadzalla bezeichnete die
Lage als „sehr ernst“ und nannte
vor allem die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa als einen
wesentlichen Armutsfaktor: „Das
ist kein akzeptabler Zustand. Die
Jugendgarantie der EU in der jetzigen Form scheint offensichtlich
nicht auszureichen. Europa wird
auch daran gemessen werden,
ob es der jungen Generation eine
Perspektive schaffen kann. Dazu
gehört auch ein stabiles Arbeitsverhältnis. Diese Perspektive fehlt
aber derzeit sehr vielen jungen
Menschen“, so Gadzalla.
story
Das keisenreaktionszentrum im Auswärtigen Amt
beobachtet weltweit kritische Entwicklungen, um
möglichst früh reagieren
zu können.
Die Krisenarbeit des Auswärtigen Amts
Weltweit und rund um
die Uhr im Einsatz
Von Vanessa See*
Krisen prägen unsere tägliche Nachrichtenlage. Aktuell beschäftigt vor allem die Flüchtlingskrise in Europa Bevölkerung, Politik und Medien. Aber auch der Flugzeugabsturz einer
Germanwings-Maschine in Frankreich sowie andere länger andauernde medizinische Krisen
wie die Ebola-Epidemie in Teilen Westafrikas, politisch-militärische Spannungen in der
Ukraine oder im Jemen und das Erdbeben in Nepal sind Gegenstand unserer Außen- wie
Innenpolitik. So vielfältig die genannten Krisen sein mögen, sie eint ihr heftiges und unerwartetes Auftreten, das eine unverzügliche Reaktionsfähigkeit der Bundesregierung im
Falle erster Anzeichen bzw. im Katastrophenfall erfordert. Die Arbeit des Krisenreaktionszentrums im Auswärtigen Amt läuft dann auf Hochtouren.
Familienangehörige betroffen sein könnten.
Im Krisenfall schaltet der im Krisenreaktionszentrum angedockte Bürgerservice daher umgehend auch eine „Krisenhotline“ zur
Beantwortung der eingehenden Anfragen,
etwa seitens besorgter Angehöriger.
Der Krisenstab der Bundesregierung
Oftmals wird als Reaktion auf ein Ereignis
sodann ein Krisenstab im Auswärtigen Amt
einberufen, der alle wichtigen Entscheidungen vorbereitet und trifft. Dieses Gremium
dient zugleich der Koordination der Zusammenarbeit mit anderen Ressorts und internationalen Partnern. Vertreten sind neben
dem Auswärtigen Amt das Bundeskanzleramt, die Bundesministerien der Verteidigung, des Inneren und für wirtschaftliche
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Fotos: © Auswärtiges Amt / Photothek
Das Krisenreaktionszentrum im Auswärtigen Amt widmet sich zentral der internationalen Krisenfrüherkennung und -prävention
und akuten Krisenbewältigung. Es beobachtet weltweit kritische Entwicklungen und
beruft bei Bedarf den Krisenstab der Bundesregierung im Auswärtigen Amt ein. So
ist das Lagezentrum des Krisenreaktionszentrums rund um die Uhr mit zwei sogenannten „Beamten vom Dienst“ besetzt. Sie
verfolgen die aktuelle weltweite Nachrichtenlage und konsultieren bei Ankündigung
eines Krisenfalles umgehend die deutsche
Auslandsvertretung vor Ort sowie relevante Stellen in der Bundesregierung. Da der Sicherheit deutscher Bürger auch im Ausland
oberste Priorität beigemessen wird, muss im
Krisenfall insbesondere geprüft werden, inwiefern deutsche Staatsangehörige und ihre
story
fachlich zuständigen Arbeitseinheiten im
Auswärtigen Amt.
Krisenprävention als wichtiger Baustein
der Krisenarbeit
Zusammenarbeit und Entwicklung sowie
andere Bundesbehörden wie das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei und der Bundesnachrichtendienst. Um die Expertise vor
Ort einzubeziehen, sind in der Regel auch
die relevanten Botschaften und Generalkonsulate zugeschaltet. Im Ernstfall tritt der
Krisenstab der Bundesregierung zu jeder Tages- und Nachtzeit zusammen. In der Regel
leitet der Krisenbeauftragte den Krisenstab,
in besonderen Fällen übernimmt dies jedoch
einer der Staatssekretäre des Auswärtigen
Amtes oder Außenminister Frank-Walter
Steinmeier. Der Krisenstab tagt dabei in historischer Umgebung. Hinter dicken Tresortüren im Keller des Auswärtigen Amts wurden
früher Wertpapiere aufbewahrt, da das
heutige Gebäude des Ministeriums 1934 bis
1940 ursprünglich als Erweiterungsbau der
Reichsbank fungierte.
Im Jahr 2014 tagte der Krisenstab über 50
Mal zu verschiedenen Krisenszenarien. Diese
umfassten die Ebola-Krise ebenso wie Ereig-
nisse in Ägypten, Burkina Faso, Irak, Jemen,
Libyen, Südsudan, Thailand und der Ukraine. Reaktionen reichen von der Entsendung
eines Flugzeugs (der Bundeswehr) für eine
Evakuierung deutscher Staatsangehöriger
über die Abordnung zusätzlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in die betroffene
Region bis zur Koordinierung der deutschen
Hilfe. So wurde 2014 im Auswärtigen Amt
der Arbeitsstab Ebola-Krise unter Leitung
des Sonderbeauftragten der Bundesregierung für die Ebola-Krise Walter Lindner aufgebaut, dem es obliegt, die deutsche Hilfe
in den betroffenen westafrikanischen Ländern zu koordinieren. Mitte April 2015 wurden mit einem gecharterten Flugzeug einer
jordanischen Fluglinie knapp über 100 deutsche Staatsangehörige sowie Bürger anderer Staaten, darunter zahlreiche EU-Bürger,
sowie deren Familienangehörige aus dem
Jemen ausgeflogen. Sind alle Deutschen in
Sicherheit, übergibt das Krisenreaktionszentrum die weiter anstehenden Aufgaben den
9
Neben akuten Krisenfällen zählt gleichermaßen Prävention zu den Aufgaben des
Krisenreaktionszentrums. So werden im Krisenreaktionszentrum gemeinsam mit anderen Ressorts Analysen zur Erfassung von
Krisenpotenzialen mit dem Ziel erstellt,
möglichst frühzeitig krisenhafte Entwicklungen identifizieren zu können. Weiterhin gibt
das Auswärtige Amt ständig aktualisierte
Reise- und Sicherheitshinweise sowie Reisewarnungen für nahezu alle Länder der Welt
heraus. Reisehinweise enthalten etwa Informationen über die Einreisebestimmungen
eines Landes, medizinische Hinweise und
straf- oder zollrechtliche Besonderheiten. Sicherheitshinweise umfassen besondere Risiken für Reisende und im Ausland ansässige
Deutsche. Reisewarnungen appellieren daran, Reisen in ein Land oder in eine Region eines Landes aufgrund einer akuten Gefahr für
Leib und Leben zu unterlassen. In diesem Falle werden auch Deutsche, die in diesem Land
leben, unter Umständen zur Ausreise aufgefordert. Hierzu kann mittlerweile auch die
App des Auswärtigen Amtes „Sicher reisen –
Ihre Reise-App“ genutzt werden.
Insgesamt zeigt die Arbeit des Krisenreaktionszentrums die Bandbreite der Aufgaben,
mit denen das Auswärtige Amt betraut ist
und seine stark koordinierende Funktion bei
internationalen, krisenhaften Ereignissen.
* Vanessa See ist Beamtin beim Auswärtigen
Amt und freigestelltes Mitglied des dortigen
Personalrats. Der Artikel gibt ausschließlich
persönliche Ansichten der Verfasserin wieder.
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Flüchtlingsregistrierung der Bundespolizei
obwohl der Oktobertag angenehme 20 Grad
bietet – mehrheitlich gefütterte warme Jacken. Ruhig folgen sie den Anweisungen der
Bundespolizisten und lassen sich durch die
Unterführung aus dem Bahnhofsgebäude
geleiten.
An der Grenze
Von Christine Bonath (Text) und Jan Brenner (Fotos)
Zunahme der Schleuserkriminalität
In Rosenheim hat die Bundespolizei von jeher ein Auge auf Menschen und Waren, die unerlaubt aus dem nahen Österreich nach Deutschland drängen. Schließlich ist Oberbayerns
drittgrößte Stadt ein wichtiger Eisenbahn- und Autobahnk­notenpunkt. Da sich dort auch die
Routen der Flüchtlinge vereinen, die via Italien über den Brenner oder vom Balkan in immer
größerer Zahl nach Deutschland strömen, setzt die Bundespolizeiinspektion Rosenheim seit
Monaten alle verfügbaren Kräfte für die Registrierung unerlaubt einreisender Flüchtlinge
ein. Die Beamtinnen und Beamten arbeiten rund um die Uhr. Zu Dienstbeginn wissen sie
nie, wie vielen Schicksalen sie begegnen werden. Eine Momentaufnahme.
Rosenheim, 6. Oktober 2015. In Reih und
Glied stehen sechs Einsatzfahrzeuge auf dem
kleinen Parkplatz links neben dem Bahnhofsgebäude. Die Fahrzeugbesatzungen,
junge Beamtinnen und Beamte der Bundespolizei, sind ausgestiegen und bereiten sich
zum wiederholten Mal während ihrer Schicht
auf ihren Einsatz vor. Sie tragen Schutzwesten und Funkgeräte, am Gürtel sind Dienstpistole, Reizgas-Spraydose, Schlagstock und
Handschellen befestigt. Einige streifen die
robusten Einsatzhandschuhe über, andere blaue Einweghandschuhe. Kurz vor der
Einfahrt des Regionalzugs aus Kufstein, der
nach dem Halt in Rosenheim weiter Richtung
München fahren wird, postiert sich ein Teil
der Gruppe auf dem Bahnsteig von Gleis 3.
Der Zug fährt ein. Der Krawall, den ein argloser Beobachter angesichts der Präsenz von
Bundespolizisten in voller Montur erwartet
haben mag, bleibt aus. Denn es sind keine
gewaltbereiten Hooligans auf dem Weg ins
Fußballstadion, die auf den Bahnsteig treten,
sondern „normale“ Reisende: Pendler, Schüler, auch Paare, die in der gut 60.000 Einwohner zählenden Kreisstadt Einkäufe erledigen
möchten – und die Gruppe unerlaubt eingereister Personen, denen der Bundespolizeieinsatz gilt: Flüchtlinge aus den Kriegs- und
Krisengebieten Afrikas, des Nahen Ostens
oder Zentralasiens, die – wie so viele in diesen Tagen – hoffen, in Deutschland ein besseres Leben zu finden.
Im eingefahrenen Zug wurden schon bei
der Grenzkontrolle 15 Personen ohne gültige Ausweisdokumente oder Visa ausfindig gemacht: In diesem Fall handelt es sich
um junge Männer, deren dunkle Hautfarbe
die afrikanische Herkunft verrät. Sie tragen
Sportschuhe, Jeans, T-Shirts, Rucksäcke und –
11
„Das war jetzt ein vergleichsweise kleiner
Aufgriff, wahrscheinlich weil es sich um einen Nahverkehrszug handelt. Aus den InterCitys, die planmäßig alle zwei Stunden
in Rosenheim stoppen, wenn die Österreicher wegen der Menschenmassen, die in die
Züge nach Deutschland drängen, den Bahnverkehr nicht unterbrechen, holen wir an
manchen Tagen allein in Rosenheim bis zu
300 unerlaubt eingereiste Personen aus den
grenzüberschreitenden Zügen“, kommentiert
Warten auf den nächsten Zug: Rainer Scharf, der
Sprecher der Bundespolizeiinspektion Rosenheim
(rechts), begrüßt die Einsatzkräfte.
special
strom unerlaubt eingereister und bislang
nicht registrierter Personen. Wir stellen immer wieder fest, dass die Mehrzahl der Migranten noch nicht registriert ist, obwohl sie
die EU-Außengrenze längst hinter sich gelassen haben.“
UMF 40 Euro, TUN 12,41 Euro
Die Bundespolizisten geleiten eine kleine Gruppe unerlaubt eingereister Personen zum Aufnahmezelt
gegenüber des Bahnhofes …
Rainer Scharf die Szene. Viel deutlicher muss
der Sprecher der Bundespolizei Rosenheim
nicht werden. Zur Veranschaulichung der
Mengen von Menschen, die geduldig abwarten, was immer im heiß ersehnten Deutschland mit ihnen geschehen mag, haben auch
Bilder von der überfüllten Bahnhofsunterführung in Rosenheim beigetragen, die
durch die Presse gingen. „Wann und wie viele
Flüchtlinge auf dem Weg zu uns sind, erfahren wir entweder kurz vor ihrem Eintreffen
von unseren Kollegen, die in den Zügen Personenkontrollen vornehmen, oder erst hier
am Bahnhof. In einzelnen Zügen, das hat
die Vergangenheit gezeigt, müssen wir mit
Großgruppen mit bis zu 150 unerlaubt Eingereisten rechnen. Die Personen werden nach
der Kontrolle am Rosenheimer Bahnhof in
Gewahrsam genommen.“
Die Frage, ob seine Kollegen ihren Dienst deshalb bewaffnet versehen, weil sie befürchten, angegriffen zu werden, beantwortet
Rainer Scharf ernst: „Als Bundespolizisten
wissen wir vor einer Kontrolle, sei es auf der
Straße oder im Zug, nicht, wen wir tatsächlich vor uns haben. Es kann sich um einen
unbescholtenen Bürger oder einen gesuchten Verbrecher handeln. Wir wissen nicht, ob
ein mit Haftbefehl gesuchten Straftäter, sich
einer Festnahme gegebenenfalls mit Waffengewalt entziehen will. Gegeben hat es
einen solchen Fall jedenfalls schon. Im Übrigen können wir als Polizeibeamte zu allen
nur denkbaren polizeilichen Anlässen überraschend hinzugezogen werden.“ Die Miene
des Polizeihauptkommissars bleibt ernst, als
er die Größenordnung in Zahlen fasst, die der
Flüchtlingsstrom bis zum Sommer dieses Jahres angenommen hat. „Von Januar bis August
2015 hat die Bundespolizeiinspektion Rosenheim rund 27.000 unerlaubt eingereiste Personen festgestellt. Allein im August kamen
9.500 Menschen, so viele wie im gesamten
Jahr 2014. Tendenz steigend.“
Seit der vorübergehenden Wiedereinführung der Grenzkontrollen zu Österreich am
13. September 2015 sei die Arbeitsbelastung
in der Bundespolizeiinspektion Rosenheim
zwar noch weiter gestiegen, aus polizeilicher
Sicht brächten sie in der derzeitigen Situation aber auch Vorteile, urteilt Scharf. „Wir haben in dieser Region von jeher mit unerlaubt
einreisenden Personen zu tun und registrieren seit einigen Jahren eine deutliche Zunahme der Schleuserkriminalität. Seit wir wieder
jeden Grenzübertritt kontrollieren und uns
nicht auf stichprobenartige Kontrollen im
Schienen- und Straßenverkehr beschränken
müssen, können wir in jedes Fahrzeug hineinschauen und feststellen, ob darin Personen
sind, die auf illegale Weise ins Land gebracht
werden. Außerdem unterbinden die Grenzkontrollen einen völlig unkontrollierten Zu-
Die Neuankömmlinge wurden inzwischen
zu einem Zelt gegenüber des Bahnhofs gebracht, wo sie gemeinsam mit „Aufgriffen“,
wie es im Polizeijargon heißt, aus vorhergehenden Zügen die ersten Stationen ihrer
Registrierung durchlaufen. „Solange die Kapazitäten ausreichen, erledigen wir die ersten
Schritte hier. Wenn großer Andrang herrscht,
bringen wir die Menschen gleich in die Inspektion, wo für alle die weitere Registrierung
erfolgt.“ Und wenn auch dort die Kapazitäten
erschöpft sind? „Wenn gar nichts mehr geht,
müssen wir die Züge weiter fahren lassen,
bis nach München, oder einen anderen Bahnhof, wo die Kollegen übernehmen können“,
antwortet Scharf. Er wirkt fast ein wenig erleichtert, als er von einem Kollegen im Zelt
die Zahl der bisher Eingetroffenen erfährt:
160 Personen bis zum frühen Nachmittag.
„Das ist gut, dann dauert es nicht so lang“,
sagt er. Bei der Aufnahme der Neuankömmlinge im Zelt wird aber schnell deutlich, dass
die Zeitersparnis nicht den Bundespolizisten zugutekommt, sondern den Flüchtlingen.
Das liegt nicht zuletzt an der bewusst respektvollen Haltung, mit der die Beamtinnen
und Beamten den Flüchtlingen begegnen.
Zunächst wird jede Person in einem abgetrennten Bereich auf verbotene Gegenstände
durchsucht, in englischer Sprache nach dem
Alter und der Herkunft befragt und mit einem nummerierten Armband ausgestattet.
Es folgt eine eingehende Kontrolle des mit-
… dort werden sie auf unerlaubte Gegenstände durchsucht und ihre Personalien festgestellt, soweit das
zu diesem Zeitpunkt möglich ist.
12
special
In der Sporthalle der Polizeiinspektion
wird die Registrierung fortgesetzt. Klappt
es nicht mit der Befragung, helfen Dolmetscher wie diese junge Eritreerin (rechts).
geführten Gepäcks. Geld und Wertsachen
werden sorgfältig registriert, in einem Plastikbeutel verwahrt und alles mit der Nummer des Armbands gekennzeichnet.
So lässt sich jederzeit herausfinden, welches
Gepäckstück und welcher Beutel mit Wertsachen wem gehört: „UMF 40 Euro“ steht
samt der Registrierungsnummer auf einem
der Wertsachenbeutel. „Unbegleiteter männlicher Flüchtling“, übersetzt Rainer Scharf die
Kürzel, „ein Minderjähriger, möglicherweise
aus Eritrea.
Die Bundespolizeiinspektion
Rosenheim …
… zählt mit ihren Bundespolizeirevieren Freilassing, Weilheim, Kempten
und Lindau zu den größten Flächeninspektionen Deutschlands. Sie ist bahnund grenzpolizeilich zuständig für das
deutsch-österreichische Grenzgebiet, das
sich auf rund 650 Kilometer vom Berchtesgadener Land bis zur Bodenseeregion
erstreckt. Zu den Kernaufgaben ihrer 550
Beschäftigten gehört es, gegen illegale
Migration und Schleusungskriminalität
vorzugehen und auf über 1.150 Bahnkilometern und in etwa 200 Bahnhöfen
und Haltepunkten für die Sicherheit der
Bahnreisenden zu sorgen. Infolge der hohen Arbeitsbelastung, die der anhaltende
Flüchtlingszustrom mit sich bringt, wird
das Stammpersonal der Bundespolizeiinspektion seit der vorübergehenden Wiedereinführung regulärer Kontrollen an
der EU-Binnengrenze zu Österreich durch
rund mehr als 600 Beamtinnen und Beamte der Bundesbereitschaftspolizei verstärkt. Seit dem 6. Oktober 2015 helfen
in Rosenheim zudem 80 Zollbeschäftigte
bei der Registrierung von Flüchtlingen.
Warten auf den EURODAC-Treffer
in der ehemaligen Umkleide der Sporthalle
durchführen.
Ein Krankentransportwagen fährt langsam
vor und nimmt eine junges, vermutlich aus
Syrien stammendes Paar mit zwei kleinen
Töchtern auf: Verdacht auf Windpocken. Zwei
junge Männer kehren in die Halle zurück. Die
Diagnose haben ihnen die Medizinhelfer mit
dickem Filzstift auf die weißen einmal verwendbaren Schutzanzüge geschrieben, die
sie jetzt tragen: Krätze – ein extrem ansteckender Hautparasit.
Die Halle ist mit Feldbetten ausgestattet, wie
schon im Bahnhofszelt stehen Getränke, Obst
und Backwaren auf langen Tischen bereit.
In Pappkartons warten Spielsachen und Kuscheltiere auf kleine Interessenten. Auf provisorischen Regalen liegen Babywindeln in drei
Größen und diverse Hygieneartikel bereit.
Spätestens beim Abgleich der Fingerabdrücke wird deutlich, dass es sich bei der
Flüchtlingsregistrierung um echte erkennungsdienstliche Polizeiarbeit handelt.
„Die Einreise ohne gültige Papiere ist nach
deutschem Recht ein Rechtsverstoß, der
uns zwingt, die betreffenden Personen in
Gewahrsam zu nehmen“, erläutert Rainer
Scharf, „durch den Abgleich ihrer Fingerabdrücke mit der europäischen Datenbank EURODAC können wir zweifelsfrei ermitteln,
ob die betreffende Person bereits in einem
anderen EU-Land registriert wurde oder eine
Straftat begangen hat.“ Gelegentlich komme
es vor, dass Straftäter sich unter die Migranten mischen, um wieder nach Deutschland
zu gelangen. „Gemessen an der großen Zahl
der unerlaubt Einreisenden ist das aber eher
selten“, weiß Scharf.
Etwa eine Stunde kann es dauern, bis der
„Fingerabdruck-Computer“ den zuständigen
Beamten meldet, ob ein „EURODAC-Treffer“
vorliegt. Zeit genug für den Medizincheck,
den Mitarbeiter der Ambulanz Rosenheim
Bargeld in Euroscheinen und ein Smartphone zählen zu den Besitz­tümern eines männlichen Afghanen, der am 6. Oktober 2015 ohne g
­ ültige Papiere
in Rosenheim aus dem Zug geholt wurde.
Er wird nach der Registrierung dem Jugendamt übergeben, das sich weiter um ihn kümmert. „TUN 12,41 Euro“ informiert unter
anderem der Inhaltszettel eines anderen
Beutels. „Tunesier, ohne Ausweisdokumente aus dem von Innsbruck kommenden EuroCity 82 geholt“, erklärt Scharf. Einige andere
Beutel bergen deutlich geringere Geldbeträge, die Wenigsten enthalten Schmuck oder
auch nur eine Armbanduhr; doch in fast allen liegt ein Smartphone. „Die Phones sind
für viele die einzige Möglichkeit, Kontakt zu
ihren Angehörigen zu halten“, vermutet Rainer Scharf. Die Ankömmlinge werden samt
Gepäck mit Bussen zur Fortsetzung der Registrierung zur Sporthalle auf dem Gelände
der Bundespolizeiinspektion gebracht.
13
special
den oder England bringen wollen. Manchmal
haben wir aber auch bei den Befragungen
der Zugreisenden Erfolg. Alle Informationen
werden hier in der Inspektion im Ermittlungsdienst gesammelt und ausgewertet, der sich
mit dem Aufspüren und Zerstören der Schleusernetzwerke beschäftigt.“
Von der Turnhalle geht es weiter in die „Bearbeitungsstraße“. Im Gebäude eines ehemaligen Materiallagers entsteht in weiteren
Arbeitsschritten die „Anlaufbescheinigung“.
Mit diesem Papier, das die Identität jedes
Flüchtlings mit Namen, Geburtsdatum, Größe, Haar- und Augenfarbe, Fingerabdrücken
und Lichtbild beschreibt, können die Migranten ihren Asylantrag stellen.
Anlaufbescheinigung in maximal einem Tag
In zehn Sprachen verfasste Fragebögen helfen bei der Feststellung der Personal-Stammdaten. Diese
Daten werden zusammen mit den Fingerabdrücken (unten) und einem Porträtfoto im Anlaufdokument
vermerkt. So lässt sich die Identität jeder registrierten Person unverwechselbar feststellen.
Tigrinya-Dolmetscher verzweifelt gesucht
Die Flüchtlinge, die auf ihren Lagern mehrheitlich schweigsam und irgendwie schicksalsergeben auf die Fortsetzung ihrer
Registrierung warten, bieten ein buntes Bild:
farbenfroh gekleidete Frauen mit zart gebräunter Haut, tief verschleierte Muslima,
nach westeuropäischen Standard gekleidete Schwarzafrikaner. „Ich habe hier trotz der
unterschiedlichen Nationen und Religionen
noch keinen Tag Unruhe erlebt“, sagt Scharf.
„In Rosenheim treffen sich die Flüchtlingsströme der Brenner- und der Balkanroute.
Die Hauptherkunftsländer 2015 sind Eritrea,
Syrien, Afghanistan, Irak und Nigeria. Viele
sprechen kaum oder nur sehr wenig englisch“,
erklärt er und zeigt auf die Dolmetscher, die
an kleinen Tischen mit Flüchtlingen sprechen.
Anfangs sei es schwer gewesen, genügend
Dolmetscher für in Deutschland wenig verbreitete Sprachen, zum Beispiel das vorwiegend in Eritrea und Äthiopien gebräuchliche
Tigrinya, zu finden. „Inzwischen haben wir
Hunderte Kontaktdaten und können, wenn
nötig, rund um die Uhr einen Dolmetscher
rufen.“ Ziel der Befragung – mit oder ohne
Dolmetscher-Unterstützung – ist die Feststellung von Namen, Geburtsdatum und Herkunftsland. „Natürlich fragen wir auch nach
der persönlichen Situation der Menschen, wo
sich ihre Familien aufhalten, welche Gründe
sie zur Flucht bewogen haben“, sagt der Sprecher der Bundespolizeiinspektion.
Die Berichte von Leid und die Not, mit denen
die Beamtinnen und Beamten konfrontiert
werden, macht sie aber nicht blind gegen die
Machenschaften der Kriminellen, die diese Menschen gegen Zahlung enormer Geldsummen auf eine lebensgefährliche Reise
schicken. „Wir fragen sie auch immer nach
den Schleusern, die manche Flüchtlinge noch
nach ihrer Ankunft in Deutschland unter
Druck setzen, etwa durch Einbehalten ihrer
Papiere, und sie zwingen wollen, ihre Schulden abzuarbeiten“, sagt Scharf. „Monatlich
gehen uns rund 50 Schleuser ins Fahndungsnetz. Die meisten fassen wir auf den Autobahnen, wenn sie die Menschen wie Vieh in
Autos gepfercht nach Deutschland, Schwe-
„Damit ist unser Auftrag erfüllt“, kommentiert Rainer Scharf den Registrierungsvorgang, der – je nach Andrang und persönlicher
Problemlage – maximal einen Tag dauern
kann. „Wir geben ihnen die Adresse der Erstaufnahmeeinrichtung, bei der sie ihren Asylantrag stellen müssen und fahren sie zurück
zum Bahnhof, wo sie mit dem nächsten Zug
legal nach München weiterfahren können.
Auf alles weitere haben wir keinen Einfluss.
Beim Stellen des Asylantrags ist kein Bundespolizist mehr dabei.“
1.000 bis 2.000 unerlaubt einreisende Personen ...
... stellt allein die Bundespolizeiinspektion Rosenheim seit Wiedereinführung der
Grenzkontrollen am 13. September 2015 im
Durchschnitt täglich fest. Sie werden in Gewahrsam genommen und ­registriert. Nach
der Registrierung erhalten sie eine soge-
14
nannte Anlaufbescheinigung, die ihre Identität zweifelsfrei beschreibt, und werden
an die für sie zuständige Erstaufnahmeeinrichtung verwiesen. Pro Tag werden dort
zudem zwei bis fünf verdächtige Schleuser
festgestellt und in Gewahrsam genommen.
inside
dbb jugend schleswig-holstein
Bei Euch ist was passiert?
Gibt‘s was Neues?
t@cker will es wissen!
Schickt Eure Post an: [email protected]
BDZ-Jugend
Übernahmezusage für Auszubildende!
Jugendpolitisches Frühstück
Wie unverzichtbar ist der öffentliche Dienst?
Mit dieser Frage beschäftigte sich die dbb jugend sh am 23. September 2015 bei einem
jugendpolitischen Frühstück. Zu Gast waren
neben jungen Funktionsträgern aus den unterschiedlichen dbb Gewerkschaften auch
die Landtagsabgeordneten Flemming Meyer
(SSW), Tobias von Pein (SPD), Sven Krumbeck
(Piraten) und Christopher Vogt (FDP).
Fragen wie „welche Bereiche des öffentlichen Dienstes halten Sie für unverzichtbar?“,
„wie kann der öffentliche Dienst attraktiver
für junge Leute werden“ oder „wie kann man
das angestaubte Image ablegen?“ standen
im Mittelpunkt. Auch die Flüchtlingskrise
kam zur Sprache und es wurde klar, dass in
den vergangenen Jahren zu sehr am Personal in sämtlichen Bereichen des öffentlichen
Dienstes gespart wurde: Einige Aufgaben
sind mit dem vorhandenen Personal nur
noch schwer zu bewältigen. Einigkeit bestand auch darin, dass die Schuldenbremse
nicht das primäre Argument für Stelleneinsparungen und Abbau sein darf und dass
hier eine nachhaltigere und professionelle
Personalplanung erfolgen muss.
Nachdem sich die Politiker einhellig für einen
starken öffentlichen Dienst ausgesprochen
hatten wird die dbb jugend sh ein Positionspapier entwickeln, um für junge Leute einen
attraktiveren öffentlichen Dienst zu fordern.
GDL-Jugend
Ausbildung weiter verbessern
Nach dem erfolgreichen Abschluss des NachwuchskräfteTV GDL ruhen wir uns nicht aus.
Neben einem Wohngeldzuschuss und einer
verbesserten Prüfungsvorbereitung fordern
wir zudem für alle auslernenden Azubis, die
noch zu jung für die Ausübung ihres Berufes
sind, eine Perspektive in der erlernten Tätigkeit. Mit dem NachwuchskräfteTV GDL haben wir für Euch, die Auszubildenden, eine
gute Grundlage geschaffen, die wir noch
weiter verbessern wollen. So fordern wir eine
Regelung zum Zuschuss für Wohnraum am
Ausbildungsort. Demnach soll jeder Azubi
oder dual Studierende, der sich eine Wohnung suchen musste, weil der Hin- und Rückweg zwischen altem Wohnort und dem
regelmäßigen Ausbildungs- oder Studienort
insgesamt länger als 150 Minuten dauert,
künftig mit 25 Prozent der Kaltmiete von der
DB unterstützt werden.
Darüber hinaus möchten wir bestehende Regelungen weiter optimieren: So soll zur Vorbereitung auf die Abschlussprüfung mehr
Zeit zur Verfügung stehen und ein qualifizierter Ausbilder gestellt werden. Wenn die
Abschlussprüfung erfolgreich absolviert ist,
der Azubi den erlernten Beruf aber wegen
seines Alters noch nicht ausüben kann, muss
ihm bis zum Erreichen der Altersgrenze eine
Alternative angeboten werden.
Schon jetzt können Azubis in der GDL von
den Vorteilen des „FairnessPlan e.V.“ profitieren: So gibt es einen Technikzuschuss (für Tablet PC, Notebook oder Laptop) in Höhe von
350 Euro und einen Zuschuss für Fachliteratur von bis zu 300 Euro.
15
Das Bundesfinanzministerium hat sich auf
der Grundlage von Verhandlungen mit dem
Hauptpersonalrat und der Haupt-Jugendund Auszubildendenvertretung sowie auf der
Basis der „Allianz für Aus- und Weiterbildung
2015 – 2018“ bereit erklärt, für 2016 rund 60
Auszubildende im Ausbildungsberuf „Kauffrau/Kaufmann für Büromanagement“ einzustellen.
Im Bereich der Zollverwaltung bedeutet dies,
dass ab dem Jahr 2019 keine fixen Einstellungsermächtigungen je Behörde erteilt werden. Die Ausbildungshauptzollämter können
ab 2019 die Einstellungszahlen nach Bedarf
ermitteln und dem Bundesfinanzministerium
entsprechend berichten. Da dies aufgrund
der dreijährigen Ausbildung bereits den Einstellungsjahrgang 2016 betrifft, soll die Bedarfsermittlung bereits zum Oktober 2015
erfolgen.
„Besonders erfreulich ist, dass eine Übernahmezusage ab einer Ausbildungsnote von
mindestens ‚befriedigend‘ bereits bei der Ausschreibung der Ausbildungsplätze zugesagt
werden kann. Insgesamt werden zwar weniger Ausbildungsplätze angeboten als die Jahre
zuvor, aber aufgrund der ‚Übernahmegarantie‘ sind diese Ausbildungsplätze wesentlich
attraktiver für junge Leute“, so Peter Schmitt,
Vorsitzender der vom BDZ geführten HauptJugend- und Auszubildendenvertretung beim
Bundesministerium der Finanzen.
inside
DPVKOM Jugend
Post: Keine Zweiklassengesellschaft
bei der Ausbildung
Die Deutsche Post DHL wird im kommenden Jahr konzernweit voraussichtlich deutlich mehr als 2.400 junge Menschen in 25
verschiedenen Berufen ausbilden. Das sind
mehr als im Vorjahr – da hatte die Post 2.375
Auszubildende – und so viele wie noch nie
seit der Privatisierung der Deutschen Bundespost.
Auch wenn diese Zahl grundsätzlich erfreulich und positiv ist, gibt es indes von Seiten
der DPVKOM auch erheblichen Anlass zu
Kritik. Denn das Management will von den
insgesamt 1.617 Ausbildungsplätzen im Beruf Fachkraft für Kurier-, Express- und Postdienstleistungen (FKEP) 1.000 in den 49 zu
Jahresbeginn gegründeten DHL Delivery
GmbHs und nur noch 617 bei der Muttergesellschaft anbieten. Ein solches – angesichts
der jeweiligen Beschäftigtenzahlen – krasses Missverhältnis ist an sich schon inakzeptabel. In einem besonders negativen Licht
erscheinen jedoch die Absichten der Verantwortlichen, weil zu Ausbildungsbeginn im
Sommer 2016 sicherlich nicht in allen DHLDelivery-Firmen gut geschulte Betriebsratsgremien, geschweige denn Jugend- und
Auszubildendenvertretungen amtieren werden. Aus Sicht eines Arbeitgebers, der seit
geraumer Zeit nichts unversucht lässt, um
Personalkosten zu drücken, ist eine solche
Vorgehensweise sicherlich naheliegend.
Schließlich sind die tariflichen Ausbildungsbedingungen für die jungen Menschen bei
den Tochtergesellschaften doch wesentlich
schlechter als beim Mutterunternehmen.
Wäre die Deutsche Post nur ansatzweise der
„Erste-Wahl- Arbeitgeber“, der sie öffentlichkeitswirksam immer sein möchte, würde sie
innerhalb des Konzerns – zumindest für Auszubildende im gleichen Berufsbild – keine
Zweiklassengesellschaft schaffen.
JUNGE POLIZEI betreute Tag der Einheit in Frankfurt
Die DPolG Hessen, die
DPolG Bundespolizeigewerkschaft und
die JUNGE POLIZEI
mit ihren Vertretern
aus den Bundesländern war anlässlich
den Feierlichkeiten
zum Tag der Deutschen Einheit in
Frankfurt mit ihren
Betreuungskräften
für Kolleginnen und
Kollegen unterwegs.
Die Teams verteilten
verschiedene Give Aways und die von vielen Kolleginnen und Kollegen heiß ersehnten
Energydrinks. Auch der DPolG-Bundesvorsitzende Rainer Wendt war direkt vor Ort und
sprach mit den Einsatzkräften. „Die JUNGE POLIZEI ist schon eine großartige Truppe, Kolleginnen und Kollegen, die der DPolG ein frisches, sympathisches und freundliches Gesicht geben und die Einsatzkräfte engagiert betreuen. Man spürt in vielen Gesprächen,
wie toll das dort ankommt, das ist Gewerkschaftsarbeit vom Allerfeinsten, alles komplett in der Freizeit“, sagte Wendt. Das sei echte ehrenamtliche Arbeit für die Polizistinnen und Polizisten im Dienst, die einen tollen Einsatz gemacht hätten.
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dbb jugend nrw
Infotag in Gelsenkirchen
Unermüdlich zieht die dbb jugend nrw mit
ihren Fachgewerkschaften durch NordrheinWestfalen zu den Fachhochschulen für
öffentliche Verwaltung des Landes, um dort
Studierende über Gewerkschaftsarbeit zu
informieren. Am 1. Oktober 2015 hieß es
„Action!“ in Gelsenkirchen. Seit dem 7. September sind die Fachgewerkschaften komba
jugend und Junge Polizei gemeinsam mit ihrem Dachverband dbb jugend nrw wöchentlich an den Fachhochschulen für öffentliche
Verwaltung (FHöV) in NRW unterwegs. Dort
heißen sie die angehenden Staatsdiener mit
nützlichem Info- und Werbematerial willkommen und stehen für Fragen rund um die
Gewerkschafts­arbeit zur Verfügung – so in
Gelsenkirchen, wo die jungen Azubis besonders interessiert waren. Nicht nur Werbemittel und Infomaterial wurden bis zum letzten
Flyer verteilt, auch direkte Fragen nach Beitrittserklärungen erfreuten Judith Pickartz,
Sonja Eggemann (beide komba jugend nrw)
und Miriam Kiene aus der Geschäftsstelle
der dbb jugend nrw.
An der FHöV Gelsenkirchen präsentierten sich
komba jugend nrw und dbb jugend nrw mit
einem Infostand.
tipps
Guter Dinge durch die dunkle Jahreszeit
Achtung, Herbst-Blues!
Nasskaltes Wetter, kahle Bäume, Tristesse und Dunkelheit – Herbst und Winter schlagen
vielen Menschen aufs Gemüt. t@cker erklärt die Unterschiede zwischen melancholischem
Herbst-Blues und veritabler Depression, die in ärztliche Behandlung gehört. Und gibt ein
paar Tipps, wie man trotz aller Unannehmlichkeiten guter Dinge durch die dunkle Jahreszeit
kommt.
Erlesen
Steffen Kopetzky:
Risiko. Roman.
Klett-Cotta 2015.
731 Seiten, 24,95
Euro. ISBN-10:
3608939910
Wenn die Tage kürzer, das Wetter rauer und
die Temperaturen niedriger werden, sinkt
bei vielen auch die Stimmung. „Ich bin depri“, hört man vielerorts – der so genannte
Herbst-Blues macht sich breit. Das ist aber,
zunächst, eine völlig natürliche Regung. „Viele Menschen verspüren eine vorübergehende
melancholische Stimmung, wenn die ersten Blätter fallen und das Leben sich zurückzieht“, erklärt Prof. Dr. Ulrich Hegerl von der
Stiftung Deutsche Depressionshilfe. „Das gehört jedoch zum Leben dazu und hat nichts
mit einer Depression im medizinischen Sinne zu tun.“
Erste Hilfe: Bewegung, Kontakte
und mäßig Schlaf
Die Experten-Tipps, wie man bei einem solchen Stimmungstief leicht gegensteuern
kann: Auch im Winter sollte man sich reichlich und regelmäßig bewegen, am besten an
der frischen Luft. Wichtig ist es auch, soziale Kontakte zu pflegen und sich nicht zu sehr
zurückzuziehen. Auf sich zu achten, auch
angenehme Dinge in den Tagesablauf einzu-
Antriebslos, müde, traurig –
gerade in der dunklen Jahreszeit
kippt bei vielen die Stimmung.
Ein Herbst-Blues ist völlig normal,
eine Depression dagegen gehört
in ärztliche Behandlung.
bauen sowie nicht zu lange zu schlafen. So
kommt man trotz der dunklen Jahreshälfte
„gut drauf“.
… und wenn doch nichts mehr geht?
Um eine Depression handelt es sich, wenn
mehrere konkrete Symptome über einen
Zeitraum von mindestens zwei Wochen auftreten – bei vielen Betroffenen sogar über
Monate. Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe unterscheidet dabei zwischen Hauptund Zusatzsymptomen einer Depression.
Hauptsymptome sind der Verlust von Interesse und Freude, eine depressive Stimmung
und ein verminderter Antrieb. Nebensymptome sind schlechte Konzentration, vermindertes Selbstwertgefühl, pessimistische
Zukunftsperspektiven, Appetitminderung,
Schuldgefühle oder Gefühle von Wertlosigkeit, Schlafstörungen und gar Suizidgedan17
Deutschland wurde schon zu Beginn des Ersten Weltkriegs am Hindukusch verteidigt.
Davon erzählt diese packende Abenteuergeschichte, deren historischer Kern eine deutsche Geheimoperation nach Afghanistan
ist, mit dem das Kaiserreich den Dschihad in
den islamischen Ländern initiieren und dadurch die britischen Kolonien destabilisieren
wollte. Diese Expedition von Konstantinopel aus ist ein einziges Risiko, und Risiken
gehen in diesem Roman sehr viele ein, und
einige bleiben dabei auf der Strecke. Es wimmelt nur so von historisch verbürgten Personen und Ereignissen, in deren Mittelpunkt
die fiktive Hauptfigur, ein blutjunger Marinefunker, steht, der auf dem mehr als mühseligen Marsch für die Außenkontakte mit
dem Rest der Welt zuständig ist, die ihm sehr
bald schon nur Brieftauben liefern können.
Die Reise der Risikoreichen führt sie nach
Syrien, Bagdad, Teheran, Isfahan, durch die
persische Wüste bis nach Kabul. Mit orientalischer Materialfülle schildert der Autor
dramatische Szenen, Intrigen, Verrat, Kameradschaft, und der Leser wundert sich, dass
diese Expedition von den Ereignissen an anderen Weltkriegsfronten nahezu völlig abgekoppelt wurde und wohl auch nur einigen
Historikern bekannt ist. Deshalb: Geht das
Risiko ein und lest es! ... cwb
tipps
ken. „Manche Patienten entwickeln auch Wahnvorstellungen, zum
Beispiel die Überzeugung unheilbar erkrankt zu sein, oder sich und
die Familie finanziell ruiniert zu haben“, heißt es bei der Stiftung.
Treten nun mindestens zwei Haupt- und zwei Zusatzsymptome auf,
so ist nach Ansicht der Experten die Wahrscheinlichkeit hoch, dass
es sich um eine Depression handelt.
Richtige Depression muss ärztlich behandelt werden
Doch auch länger anhaltende körperliche Beschwerden können von
einer psychischen Ursache herrühren. „So können zum Beispiel Rücken- oder Magenschmerzen auf eine depressive Erkrankung hinweisen“, sagt Ulrich Hegerl. Oft würden dann psychische Ursachen
auf den ersten Blick gar nicht in Betracht gezogen, weshalb viele
Depressionen zunächst unerkannt bleiben. Wer glaubt, depressiv zu
sein, sollte unbedingt einen Arzt aufsuchen. Wichtig ist, dass eine
Depression rechtzeitig erkannt und konsequent behandelt wird.
Ein besonderes Phänomen ist die so genannte Winterdepression?
Sie ist in der Tat saisonal abhängig und tritt nur in den Herbst- und
Wintermonaten zutage – macht allerdings nur einen Bruchteil der
Depressionserkrankungen aus. Im Gegensatz zur jahreszeitlich unabhängigen Depression leiden die Betroffenen nicht unter Schlafstörungen, sondern haben eine erhöhte Schlafneigung. Auch der
Appetit ist Unterscheidungsmerkmal: Depressive leiden unter Appetitmangel und nehmen häufig ab, Menschen, die an einer saisonal abhängigen Depression leiden, haben dagegen mehr Hunger,
speziell auf kohlenhydratreiche Lebensmittel wie Süßigkeiten.
Grund für die spezielle Erkrankung ist oft das mangelnde Sonnenlicht in der dunklen Jahreszeit; zur Behandlung wird daher oft Lichttherapie eingesetzt. Dafür muss man keine teuren Lichtlampen
kaufen oder in extra Behandlungen investieren – oft reicht ein täglicher ausgedehnter Spaziergang. Also alle erst einmal raus – den
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für ihre Mobilität mehr aus als für Nahrungsmittel und Getränke! Flexible und individuelle
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umfasst die monatliche Komplettrate die
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sind gerne für Euch da:
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Modellwechsel sind ohne Weiteres möglich,
und das neue Fahrzeug ist auf dem technisch
aktuellsten Stand. Die Kilometer-Freilaufleistung dürfte für die meisten Bedürfnisse ausreichen: Je nach Modell sind zwischen 20.000
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Attraktive Mindestausstattung
Je nach Fahrzeugtyp beinhaltet die Mindestausstattung in der Regel ein Navigationssystem, ESP, ABS, Servolenkung, Radio, Airbags,
Klimaanlage, Zentralverriegelung, elektrische Fensterheber und Werksbereifung. Die
Mindestausstattung ist marktüblich, da nach
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Vertragsende ein reibungsloser Wiederverkauf des Fahrzeugs gewährleistet sein muss.
Die genaue Mindestausstattung des einzelnen Modells ist über die Webseite der dbb
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aktuelle Übersicht aller Fahrzeugangebote,
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finden sich unter www.dbb-vorteilswelt.de.
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geben die Kolleginnen und Kollegen des dbb
vorsorgewerk, Betreiber der dbb vorteilswelt,
unter 030/4081 6464 gerne zu diesem neuen Angebot Auskunft.
checker
filmtipp
t@cker-Mega-Aktion 2015
Skate, Baby, skate!
Die Temperaturen sinken, der Winter naht –
und bald frieren die Seen, öffnen die Eisbahnen.
Schon mal wieder an das gute alte Schlittschuhfahren gedacht? Eine wunderbare Gaudi, die
obendrein noch tüchtig Kalorien verbrennt – genau die richtige Kombi für die Glühwein-StollenPlätzchen-Faulenz-Phase um den Jahreswechsel!
WAS??? Ihr habt gar keine Schlittschuhe??? Dann
aber mal schnell in den t@cker-Ausgaben Oktober, November und Dezember 2015 die mit den
Tackern markierten Wörter sammeln, in die Maske eintragen und die Lösung bis spätestens 31.
Dezember 2015 per Mail an redaktion-tacker@
dbb.de senden – t@cker verlost ein Paar! Welche
Skater auf Kufen es dann konkret sein dürfen,
wird im Anschluss an die Verlosung individuell
geklärt.
___ ______:
__________. ___________.
Musik-Tipp
Julia Holter:
Pop für Kopf-Hörer
Nachdem die 1984
geborene Amerikanerin Julia Holter die ersten
beiden Alben im
Schlafzimmer per
Homerecording
aufgenommen hat,
folgte 2013 mit „Loud City Song“ die erste Studioproduktion. Das aktuelle Album „Have You In
My Wilderneess“ markiert bis dato die Krone des
Schaffens der jungen Künstlerin. Holter hat Mu-
sik und Komposition studiert und geizt in der Folge nicht mit intellektuellem Handwerk: Klassische
Elemente mit Streichern und Cembalo treffen auf
Kammerpop, Neo-Folk, Elektronik und Experiment
– fein geschichtet und zugänglich wie auf keinem
Album zuvor. „Zugänglich“ bedeutet bei Julia Holter aber keineswegs leicht zu konsumieren. Ihre
Musik ist Kunst im besten Sinne, kein knalliger
Kommerz. Sperrig, aber dennoch fein austariert.
Wer sich auf die Zumutungen kompositorischen
Könnens einlässt, wird mit einer intensiven Reise durch schillernde musikalische Welten belohnt.
Das wird sicher nicht in die Charts einschlagen,
aber unzählige Ehrenplätze in gut sortierten Musiksammlungen erobern, gleich neben Björk oder
Joanna Newsom. Videotipp mit treuem Hund:
„Feel You“.
Die 15-jährige Minnie (Bel Powley)
ist eine angehende Comiczeichnerin,
die im San Francisco der 1970er Jahre aufwächst. Auf den ersten Blick
könnte man meinen, dass sie ein
ganz normales Mädchen mit allen
typischen Marotten ist. Ihre Neugier
an der Welt um sie herum ist einfach
unersättlich – aber nur die wenigsten Jugendlichen in ihrem Alter
dürften eine Affäre mit dem Freund
der eigenen Mutter vorweisen können. Denn obwohl Minnie eigentlich
zu schüchtern ist, um auch nur mit
gleichaltrigen Jungs an ihrer Schule
zu sprechen, hat sie sich auf Monroe
(Alexander Skarsgard) eingelassen,
der eigentlich an ihre Mutter
Charlotte (Kristen Wiig) vergeben
ist. Probleme sind in dieser Dreiecksbeziehung vorprogrammiert.
Dabei hat die abenteuerlustige
Minnie schon mehr als genug damit
zu tun, sich mit ihren chaotischen
Gedanken und Gefühlen überhaupt
in der Welt zurechtzufinden. Der
Coming-of-Age-Film ist die Adaption
der gleichnamigen Graphic Novel
von Phoebe Gloeckner und das
Regiedebüt von Marielle Heller, die
den autobiografischen Stoff zuvor
schon fürs Theater adaptiert hatte.
Herausgekommen ist ein ausgewogenes Drama über die Konfusion
einer heranwachsenden Frau.
Kinostart: 19. November 2015
impressum
herausgeber: Bundesjugendleitung, dbb beamtenbund und tarifunion, Friedrichstraße 169/170, 10117 Berlin, tel 030. 40 81 - 57 51, fax 030.
40 81 - 56 99, e-mail [email protected]. redaktion: Britta Ibald (verantw.), Jan Brenner, Carl-Walter Bauer, Friedrichstraße 169/170, 10117 Berlin,
tel 030. 40 81 - 55 50, fax 030. 40 81 - 55 99, e-mail [email protected]. fotos: titel: Auswärtiges Amt, contrastwerkstatt (Fotolia), BDZJugend, Jan Brenner, Matej Kastelic (Fotolia), filmstarts.de; tacker: Jan Brenner; ticker: contrastwerkstatt (Fotolia), Jan Brenner, dbb jugend,
Michael Eufinger, Matej Kastelic (Fotolia); story: Auswärtiges Amt; special: Jan Brenner; inside: dbb jugend nrw, Deutsche Post AG/Kay
Herschelmann, Jan Brenner, JUNGE POLIZEI; tipps: Photographee.eu (Fotolia), Anna Bizon (Fotolia), Verlag Klett-Cotta; service: DR (Fotolia);
checker: domino music, filmstarts.de, Anna-Mari West (Fotolia). anzeigen: dbb vorsorgewerk GmbH, Friedrichstraße 165, 10117 Berlin, tel
030. 40 81 - 64 00, fax 030. 40 81 - 64 99, e-mail [email protected]. gestaltung: Jacqueline Behrendt. t@cker wird gefördert aus Mitteln
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