Friedrich-Ebert-Stiftung im Büro Amman

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Friedrich-Ebert-Stiftung im Büro Amman
Abschlussbericht
Praktikum bei der Friedrich-Ebert-Stiftung im Büro Amman
29. August 2010- 24. Oktober 2010
Vor dem Praktikum
Für mich als Studierende der Politikwissenschaft, Kommunikationswissenschaft und
VWL gibt es vielfältige Möglichkeiten, Praktika zu absolvieren. Bei der Suche nach
einer geeigneten Stelle war für mich vor allem die Region von großer Bedeutung- ich
wollte den Nahen Osten besser kennen lernen und ein wenig Zeit dort verbringen.
Die Entscheidung mich bei der Friedrich-Ebert-Stiftung in Jordanien zu bewerben
wurde von zwei Faktoren bedingt. Zum einen von meinem Interesse an der Arbeit der
politischen Stiftungen im Ausland und zum anderen der Tatsache, dass mich
Jordanien als Land mit einer wechselhaften Geschichte und großem Reichtum an
Kultur- und Naturschätzen und seines Rufs als „Auge des Hurrikans“ im Nahen
Osten ansprach.
Ich habe mich ca. 5 Monate vor Praktikumsbeginn für eine Praktikumsstelle
beworben und ca. einen Monat später eine Zusage erhalten. Die Bewerbung selbst
gestaltete sich ziemlich unkompliziert, auf der Website der FES gibt es eine
Übersicht aller Länderbüros über die man auf die individuellen Sites der Stiftungen
zugreifen kann. Wo Praktika möglich sind (die Stiftung bietet nicht in allen Ländern
Praktika an, da es z.B. im Jemen die gegenwärtige Sicherheitslage nicht zulässt), ist
dies auf den jeweiligen Seiten einsehbar. Dort sind weitere Informationen bezüglich
der Anforderungen erhältlich. Meine Bewerbung beinhaltete ein Anschreiben, einen
Lebenslauf, meine Zeugnisse, bzw. Notenspiegel und ein Motivationsschreiben.
Erwartungen
Meine Erwartungen an das Praktikum waren wenig differenziert, da die Arbeit der
Stiftungen im Ausland sehr abstrakt ist. Jedoch war es mir sehr wichtig, einen
Einblick in die jordanische und vor allem auch eine vom Islam geprägte Gesellschaft
zu bekommen, mehr über die komplexen Interdependenzen des Nahostkonflikts zu
lernen und gleichzeitig die Möglichkeit zu haben, individuelle Kontakte und
Freundschaften zu knüpfen.
Diesbezüglich wurden meine Erwartungen erfüllt. Neben den fachlichen Einblicken,
die ich sowohl in die Methodik der Entwicklungszusammenarbeit und
Demokratieförderung bekommen konnte, sowie in den Arbeitsalltag einer politischen
Stiftung, bereicherte mich auch die Erfahrung in einem arabischen Land zu leben.
Mein Aufenthalt fiel so z.B. in den Fastenmonat Ramadan, der das Leben in
Jordanien und die täglichen Geschäfte während der vier Wochen vollständig diktiert.
Vorbereitung
Neben den organisatorischen Dingen wie eine Unterkunft zu arrangieren und den
Flug zu buchen, hatte ich mich fachlich nicht tiefgehend auf den Aufenthalt
vorbereitet. Allerdings habe ich mich in Deutschland vermehrt auf Nachrichten im
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Nahen Osten geachtet und ein wenig in Literatur über das Land und die Region
hineingeschnuppert.
Während meines Praktikums
Über Jordanien und Amman
Jordanien selbst ist tatsächlich ein ideales Land um den Nahen Osten kennen zu
lernen. Es bietet eine gute Mischung aus arabischer Kultur und westlichen
Annehmlichkeiten, wobei letztere für große Teile der Bevölkerung nicht zugänglich
sind. Das Land hatte in der internationalen Community lange den Ruf des
„Hashemite Kingdom of Boredom“, da es scheinbar so ruhig war. Dieses Bild trifft
jedoch nicht ganz zu und hat sich wohl in letzter Zeit gewandelt.
Jordanien ist ein interessantes Reiseland mit vielfältigen Naturräumen und kulturellen
Sehenswürdigkeiten die alle einen Besuch lohnen. Einen Besuch in Petra, eines der
neuen 7 Weltwunder, sollte man auf jeden Fall nicht missen, ebenso wie eine Tour
im Wadi Rum zu unternehmen und das Leben der Beduinen dort kennen zu lernen.
Ich hatte die Gelegenheit, das Land eine Woche vor Beginn meines Praktikums zu
erkunden und nutzte auch die Wochenenden um die Stadt, das Land und die Region
zu bereisen. Die verschiedenen Länder zu besuchen und insbesondere die 3 sehr
verschiedenen urbanen Zentren Amman, Damaskus und Beirut zu sehen, war sehr
interessant.
Das Leben in Amman selbst ist sehr reizvoll, man kann sich in verschiedenen
Sphären bewegen, eher westlich oder traditionell. Der Wechsel zwischen beiden ist
insbesondere spannend, da die Kontraste in den Lebensweisen doch sehr groß sind.
Meine Unterkunft in Amman war das IFPO (Französisches Orientinstitut), das in
zentraler Lage Zimmer zu einem vergleichsweise niedrigen Preis an Studenten
vermietet. Die Zimmer weisen eine Ästhetik der späten 60-er Jahre auf, allerdings
kommen dort viele Praktikanten und Forschende unter, sodass es nicht an
Gesellschaft mangelt. Derzeit, 2010, kostet ein Zimmer dort 180 Dinar, also ca. 200
Euro pro Monat. Man kann Zimmer auch über expatriates.com finden, allerdings ist
dies ohne Ortskenntnisse nicht unbedingt zu empfehlen, da man über die Lage
dieser in der Stadt erst genau Bescheid wissen kann, wenn man schon hier ist.
Allgemein ist Amman nicht wirklich billig. Die Lebenshaltungskosten sind beinahe
ähnlich denen in Europa, insbesondere Taxifahrten und Lebensmittel, insofern man
sie in Supermärkten besorgt, schlagen zu Buche. Es verhält sich so, dass finanzielle
Mittel zwar weiter reichen als in Deutschland und man öfter abends essen bzw.
weggehen oder auch aufwändigere Ausflüge am Wochenende machen kann, aber
600 Euro pro Monat sollte man auf jeden Fall einplanen. Die Höhe hängt vor allem
davon ab, ob man sich z.B. eher in traditionellen oder westlichen Vierteln bewegt und
wie man seine Freizeit gestaltet. Die Mitgliedschaft in einem Fitnessclub oder ein
regelmäßiger Besuch von Pools im Sommer, die eigentlich nur in großen Hotels
zugänglich sind, schlagen schnell zu Buche, ein Sch’ warma vom Straßenstand ist
allerdings sehr günstig.
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Praktische Tipps für Jordanien
An sich ist es nicht schwierig, sich in Jordanien zu organisieren.
Es ist auf jeden Fall empfehlenswert, sich eine jordanische SIM- Karte zu besorgen.
Diese sind sehr günstig- Anrufe und Nachrichten sind weitaus günstiger als mit
deutschen Karten und auch eine SMS nach Deutschland ist nicht zu teuer. Es gibt
verschiedene Anbieter wie Zain, Orange, etc. Es gibt wohl keinen Unterschied
zwischen den Anbietern, wobei viele anscheinend Zain verwenden. Die Karten sind
in jedem Mobilfunkladen erhältlich, Guthaben kann man eigentlich in jedem kleinen
Supermarkt oder Geschäft erwerben.
Was den Transport betrifft, kann man in Amman sehr günstig Taxi fahren. Ich bestritt
meinen Weg vom IFPO zum Büro täglich per Taxi und habe dafür pro Tag maximal 2
Euro ausgegeben. Amman verfügt auch über ein Busnetz, das aber sehr schwer zu
durchschauen ist.
Reisen innerhalb des Landes tritt man am besten mit dem Bus oder dem Mietwagen
an, da manche Orte wie z.B. das Tote Meer von den Bussen nicht gut bedient
werden.
Wer in der Region reisen möchte, tut dies am besten auch per Bus und sollte auf
jeden Fall bedenken, dass z.B. Syrien und Libanon die Einreise verweigern können,
wenn sich Hinweise auf einen vorherigen Besuch Israels im oder auf dem Pass
finden lassen
Meine Aktivitäten im Büro
Das Büro der FES in Amman ist eher klein mit einem Büroleiter, 2
Programmmanagern, der Leiterin des Jemen Büros, einem Fahrer und einer
Reinigungskraft. Während meines Aufenthalts absolvierte ein anderer Praktikant
ebenfalls ein Praktikum in der Stiftung. Das Büro in Amman ist neben Jordanien auch
für Aktivitäten im Irak zuständig, da die gegenwärtige Sicherheitslage Aktivitäten bzw.
die Gründung eines Büros dort vor Ort nicht zulässt.
Insgesamt war unsere Praktikumszeit sehr vom Fastenmonat Ramadan geprägt, der
die Arbeitszeiten erheblich einschränkte. In dieser Zeit konnten wenige Projekte
durchgeführt werden auch aufgrund der Tatsachen, dass die lokalen NGOs während
dieser Zeit kaum aktiv sind. Allerdings fand ein Planungsworkshop statt,
währenddessen die Länderstrategie für Irak und Jordanien für die nächsten 3 bis 5
Jahre festgelegt wurde.
Der Planungsworkshop war für mich eine der besten Erfahrungen meines
Praktikums. Neben der Aufgabe, die 5 Tage zu protokollieren und später zu
dokumentieren, konnte ich an den Gesprächen mit den Experten zu den jeweiligen
Ländern teilnehmen. Insgesamt ließen diese 5 Tage mein Wissen über die Region
beinahe exponentiell anwachsen und vertieften die Kenntnisse die ich in der ersten
Woche meines Praktikums beim Lesen verschiedener Berichte zur Vorbereitung für
selbige, erworben hatte.
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Nach dieser besonderen Woche begann der eigentliche Arbeitsalltag im FES Büro in
Amman. Zu meinen täglichen Arbeiten gehörten die Aktualisierung und Pflege der
Datenbank mit aktuellen Artikeln aus lokalen Zeitungen wie der Jordan Times zu
landespolitischen Themen aber auch zum Nahostkonflikt und Irak.
Ferner recherchierte ich im Zuge dessen auch in der internationalen und Fachpresse
zu aktuellen Entwicklungen in Politik und Gesellschaft des Nahen Ostens.
Klischeehafte Praktikantenaufgaben musste ich eigentlich nicht erledigen,
gelegentlich baten mich die Mitarbeiter um Hilfe bei der Erstellung von Kopien, was
im Büro aber paritätisch aufgeteilt wurde. Hinzu kam das Protokollieren der
wöchentlich stattfindenden Büromeetings.
Insgesamt war ich an vielen Projekten beteiligt, was den Reiz dieses Praktikums für
mich ausmachte. Auf diese Weise konnte ich Kenntnisse, die ich in meinem Studium
erworben hatte anwenden und gleichzeitig einen Einblick in Projekte der Stiftung
bekommen, die eigentlich einen Großteil der Arbeit der FES in Amman ausmachen.
So arbeitete ich zum Beispiel an der Erstellung einer Übersicht der Gewerkschaften
im Irak mit, was nicht nur tiefgehende Recherche erforderte, die sich vor allem
aufgrund der schlechten Verfügbarkeit von Informationen schwierig gestaltete,
sondern auch Treffen mit Partnern der Stiftung in Jordanien notwendig machte.
Ich habe die Mitarbeiter darin unterstützt Konferenzen zu organisieren, z.B. eine
internationale Konferenz über das Potential erneuerbarer Energien in der Region.
Dabei half ich bei der Suche nach geeigneten Teilnehmern aus Ministerien, Think
Tanks und NGOs aus der Region aber auch bei organisatorischen Dingen.
Neben dieser Fülle an Aktivitäten besuchte ich auch Workshops, die die Stiftung mit
Teilnehmern vor Ort veranstaltete und verfasste einen Bericht zur rechtlichen Lage
der palästinensischen Flüchtlinge in Jordanien zusammen mit dem anderen
Praktikanten.
Mir blieb auch ein wenig Zeit meinen eigenen Interessen nachzugehen und mich in
die Energiepolitik im Nahen Osten und die Lage der irakischen Flüchtlinge in der
Region einzulesen.
Alles in allem handelte es sich um ein sehr informatives und gelungenes Praktikum,
das mich fachlich sehr bereicherte. Neben dieser Dimension waren vor allem auch
die Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit den lokalen Partnern und die
Beobachtungen aus den Workshops sehr spannend.
Viele Dinge sind deutlich anders als man das aus Deutschland gewohnt sein mag,
ich war zum Beispiel sehr überrascht, dass während eines Workshops, der in einem
gediegenen Hotel in Amman abgehalten wurde und durchaus professionellen
Charakter hatte, Teilnehmer ständig den Raum betraten und verließen. Bei nur 25
Teilnehmern schafft das ständige Kommen und Gehen natürlich eine gewisse
Unruhe, was die guten Absichten, Probleme anzusprechen und ein Umdenken zu
bewirken, einschränkt.
Die Begrüßungs- und Verabschiedungs- “zeremonie“ zu Beginn und Ende einer
Veranstaltung ist meiner Meinung nach auch deutlich anders als in Deutschland. Man
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legt sehr viel Wert hierauf. Vor allem Kaffeepausen und Zeiträume vor und nach den
Meetings werden ausgiebig zum Knüpfen von Netzwerken genutzt, was allgemein oft
der Zweck solcher Events zu sein scheint. Natürlich wird auch in anderen Ländern
intensiv an Verbindungen gebaut, aber hier scheinen diese doch oftmals
entscheidend für gewisse Aktivitäten zu sein.
Neben all den Aktivitäten an denen ich teilgenommen habe, gefiel mir das
Arbeitsklima in der Stiftung vor Ort sehr gut. Die Hierarchien sind flach, was in einem
kleinen Büro wie Amman sehr angenehm ist. Ich konnte zu allen Mitarbeitern und
Mitarbeiterinnen ein gutes Verhältnis aufbauen und hoffe, dass der Kontakt auch
nach meinem Praktikum erhalten bleiben wird.
Schön ist, dass im Büro nicht nur vorwiegend deutsche Mitarbeiter angestellt aind,
sondern auch viele Jordanier hier arbeiten. Das hat den Zugang zu der Kultur und
den Menschen vor Ort ungemein erleichtert, wobei es wirklich nicht schwer ist, mit
Jordaniern in Kontakt zu treten.
Die Jordanier- wobei man natürlich nicht pauschalisieren kann, aber der Großteil
meiner Erfahrungen verhielt sich wirklich so- sind sehr aufgeschlossen und
versuchen oft, ins Gespräch zu kommen, was aufgrund der Sprachbarriere nicht
immer einfach ist. Viele sprechen zwar ein wenig Englisch, aber für längere
Unterhaltungen reicht es nicht immer. Hinzu kam, dass ich leider kein Arabisch
spreche und vor Ort auch wenig gelernt habe. Trotzdem konnte ich einige
Freundschaften aufbauen und hoffe, dass auch dieser Kontakt erhalten bleibt.
Im IFPO zu wohnen war natürlich auch sehr hilfreich, da man ständig von Menschen
umgeben ist und schnell Kontakte knüpfen kann. Die Besetzung des Instituts
erinnerte teilweise an eine Miniatur EU mit Mitbewohnern aus Deutschland, Belgien,
Rumänien, Österreich, Frankreich, Italien, der Schweiz, etc.
Fazit
Um eine Bilanz meiner reichen Erlebnisse im Praktikum zu ziehen möchte ich hier
noch eine kleine Zusammenfassung versuchen.
Jordanien als Land selbst hat mir sehr gut gefallen, insbesondere die
Gastfreundschaft und Aufgeschlossenheit der Menschen hier. Das Land selbst bietet
sowohl viele Sehenswürdigkeiten außerhalb Ammans, die sich an den Wochenenden
erkunden lassen, als auch eine sehr lebendige Metropole, in der es sich gut leben
lässt und in der man sich auch als Frau frei bewegen kann (auch nachts).
Was das Praktikum selbst betrifft, konnte ich viele Erfahrungen sammeln und einen
Einblick in die Arbeit eines Länderbüros der FES im Ausland gewinnen. Obwohl ich
nicht immer voll ausgelastet war, was einfach auch an dem Umstand lag, das mein
Praktikum in den Ramadan und eine allgemein ruhigere Zeit im Büro fiel, so hat mich
die Arbeit in Amman doch sehr bereichert. Insbesondere der Einblick in das
Tagesgeschäft,
die
Anforderungen
der
Projektarbeit
und
Entwicklungszusammenarbeit im Ausland und die Besonderheiten der Arbeit
zwischen den Kulturen waren sehr interessant für mich, da die Stiftungsarbeit für
mich auch eine interessante berufliche Perspektive darstellte.
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Ich kann das Praktikum also nur empfehlen, vor allem wenn man schon ein wenig
internationale Erfahrungen sammeln konnte.
An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Mitarbeitern im Büro der FES in Amman
für die herzliche Aufnahme bedanken. Vielen Dank auch Herrn Hoch von Student
und Arbeitsmarkt an der LMU, dessen Bemühungen dieses Praktikum bedeutend
erleichtert haben.
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