Illegale Drogen in der Rechtsmedizin

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Illegale Drogen in der Rechtsmedizin
Illegale Drogen in der Rechtsmedizin
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Allgemeines zur Wirkung von Drogen
Gesetzliche Bestimmungen
Nachweis von Drogen und Analytik
Opiate
Cannabinoide
Cocain
Amphetamine und Ecstasy
Halluzinogene
Rauschdrogen
Drogen sind auf das ZNS wirkende natürliche, halb- oder vollsynthetische
Verbindungen, die bewusst zu Herbeiführung einer Erlebnis- und/oder
Bewusstseinsänderung aufgenommen werden.
¾ Cannabinoide: Inhaltsstoffe des Faserhanfes, Wirkstoff ∆9-THC
¾ Opiate: Morphin, Heroin, Codein, Dihydrocodein (Methadon)
¾ Cocain
¾ Amphetamine, Ecstasy-Wirkstoffe: Amphetamin, Metamphetamin, MDMA, MDE
¾ Halluzinogene: Lysergsäurediethylamid (LSD), Psilocybin (Pilze),
Amphetamin-Abkömmlinge (Mescalin, DOM, DOB),
Scopolamin, Phencyclidin
2500
2000
Drogentote in Deutschland
1500
1000
500
0
1975
1980
1985
1990
1995
2000
Axon
Drogen greifen durch ihre
spezielle chemische Struktur in
den Wirkmechanismus der
Synapsen ein.
Limbisches
System
Drogenabhängigkeit
• Psychische Abhängigkeit (alle Drogen)
Verlangen nach ständiger Einnahme und Beschaffung der Substanz,
um die gewünschte Wirkung (Lustgefühl) zu erzielen.
Kein Entzugssyndrom.
• Physische Abhängigkeit (nicht alle Drogen)
Entwicklung eines körperlichen Bedarfs an der Droge, die in den
Zellstoffwechsel einbezogen wird. Hierdurch Ausbildung von Toleranz
und Dosissteigerung, Zwang zur ständigen Einnahme, Entzugssyndrom.
Sicherstellungsmengen und –fälle von Drogen 1998/1999
Anlage I
Nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel
- 116 Verbindungen
- Beispiele: Cannabis, Heroin, LSD, MDMA, MDE
Anlage II
Verkehrsfähige, aber nicht verschreibungsfähige
Betäubungsmittel
- 43 Verbindungen
- Beispiele: Codein, Ecgonin,
Pethidin-Zwischenprodukt
Anlage III
Verkehrsfähige und verschreibungsfähige
Betäubungsmittel
- 82 Verbindungen
- Beispiele: Cocain, Morphin, Amphetamin,
Penobarbital, Diazepam
Geringe Menge: ein Tagesbedarf
Nicht geringe Menge: z. B. 7,5 g THC
1,5 g Heroin x HCl
5 g Cocain x HCl
24 g MDMA (Base)
Drogen und Strafgesetzbuch
Es gelten die selben Paragraphen wie für Alkohol: „andere berauschende
Mittel“:
§ 315c Gefährdung des Straßenverkehrs
§ 316
Trunkenheit im Verkehr
§ 323a Vollrausch
§ 20
Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen
Grenzwerte sind nicht festgelegt. Im Strafgesetzbuch muss die Wirkung
nachgewiesen werden.
Drogen in der Straßenverkehrsordnung
Fahreignung
bei Drogenkonsum
Besonderheiten
von Cannabis
(Begutachtungsleitlinien
Krankheit und Kraftverkehr)
Drogenanalytik für forensische Zwecke
1. Vorteste vor Ort oder im Labor
- Immunoassays im Urin oder Speichel
- qualitative Aussage
- sind für sich nicht als Beweismittel ausreichend
2. Bestätigungsanalyse in Urin oder Speichel
- Gaschromatographie-Massenspektrometrie (GC-MS)
- Eindeutiger Strukturbeweis der Droge
3. Quantitative Bestimmung im Blut
- Gaschromatographie-Massenspektrometrie (GC-MS)
- Nachweis der akuten Wirkung
4. Analyse von Haarproben
- Gaschromatographie-Massenspektrometrie (GC-MS)
- Nachweis von chronischem Missbrauch
Immunchemischer Nachweis von Drogen
- Nahezu quantitative und spezifische Drogen-Antikörper-Reaktion
Y
Y
oo
Y
+
oo
Y
2o
= Drogen-spezifische Antikörper
o
= Droge
= Drogen-Antikörper-Komplex
- In Abhängigkeit von der jeweiligen Technik werden folgende
Hilfsreagenzien benutzt:
Y
o
Immobilisierte
Antikörper
Immobilisierte
Droge
Y
Markierte
Antikörper
o
Markierte
Droge
*
*
- Instrumentell gebundene Assays
- Manuelle Assays
∗
Markierung :
- Radioaktivität
- Farbstoff
- Fluoreszenz
- Enzymaktivität
- Kolloidales Gold
Frontline drug screening
Einzeltest
Cover foil
Direction of Chromatography
Positiv
Negativ
Nachweisfeld,
Detection area
Absorption
AU-Y-D,red
rotecolor
Farbe
Absorption von
of AU-Y-D,
Abfang-Matrix
Capture
matrix
Absorption
von AU-Y free AU-Y,
Binding
of excessive
zurückgehalten
AU-Y-D wird
is notnicht
retained
AU-Y
+
D
AU-AK-D
Fleece
soluble
gold marked antibodies
AU-Y
Flies
mitwith
löslichen,
gold-markierten
Antikörpern
AU-Y
Au-Y
+
D
Au-Y-D
Fleece for uptake of urine during dipping
Flies für die Aufnahme von Urin beim Eintauchen
- 10 Sekunden bis zur blauen Marke in den Urin tauchen
- 4 min Entwicklung auf Glasplatte
- Interpretation des Nachweisfeldes
Wischflies
Wassergefäß
Flies für
Wasseraufnahme
10 Sekunden
Wischflies
1 – 2 min
Für den Nachweis
von Drogen auf
Oberflächen
Wiping fleece
Drug
molecules
Water vessel
Fleece
Wiping part
AU-Antibod.
Capture matrix
Chromatography
Detection
area
Detection part
Funktioniert nach dem
gleichen Prinzip wie der
FRONTLINE-Test
Geräte-gebundene Immunoassays
Reagenzien
Reagent
tanks
Bewertung nach einem Cut-off
Teststreifen zum Verfälschungstest
- Oxidantien
- Kreatinin
- Nitrit
- Glutaraldehyd
- pH
- Chromat
Speichel, Mundflüssigkeit
Ohrspeicheldrüse
Produzierte Menge: unstimuliert 0,32 ml/min,
täglich 1,0-1,5 l
Zusammensetzung: 98-99 % H2O
0,5-1,5 % feste Bestandteile
(Elektrolyte, Amylase)
pH:
6,0 – 6,5
Drogen Konzentration: entspricht der freien
Fraktion im Blut
→ viel niedriger als im Blut Unterzungenspeicheldrüse
oder Urin
Mandelspeicheldrüse
Speichel- und Mundflüssigkeit sind vielversprechende Materialien
für Straßenkontrollen auf Drogen
¾ Sie kann durch nicht-medizinisches Personal in nicht-intimer
Umgebung entnommen werden
¾ Mundflüssigkeit kann Rückstände von Nahrung, Getränken oder
Drogen nach oraler oder nasaler Aufnahme oder vom Rauchen
enthalten (z. B. THC)
Speicheltest auf
Drogen
Probenentnahmesysteme
Automatische Durchführung der
Festphasenextraktion von Drogen
GC-MS Messung
Kapillar-Gaschromatographie
Vom Injector
zum Massenspektrometer
25 m Kapillarsäule
Massenspektrum:
Ionenhäufigkeit als
Funktion der Masse
= Fingerprint
der Substanz
GC-MS-Chromatogramm
des Extraktes einer Urinprobe
Substanzidentifikation:
Massenspektrum und Retentionszeit
(Elektronische Suche in Datenbanken)
Quantifizierung:
Peakfläche
Opiate
Wirkstoffe des Schlafmohns „Papaver somniferis“
mit der Morphin-Ringstruktur und davon durch
chemische Abwandlung abgeleitete Verbindungen.
Wird aus Morphin in
illegalen Labors
hergestellt
Orte des Anbaus:
7000 km lange Gebirgszone vom östlichen Mittelmeerraum
über Indien und China bis Indochina.
Goldenes Dreieck: Burma – Laos – Thailand
Goldener Halbmond: Iran – Afghanistan - Pakistan
Gewinnung von Opiaten
Rohopium-Brote
Morphin-hydrochlorid
Gestreckte Heroinzubereitungen
Handelsformen
von Heroin
Beschlagnahme von
Heroin
Verteilung und Injektion von Heroin
Vorbereitung der Heroininjektion
Heroinjektion
Heroininjektion
und
Injektionsstellen
Heroinkonsum
Warum Heroin statt Morphin?
Viel stärker lipophil → schnellere Durchdringung der Blut-Hirn-Schranke
→ höhere Anflutgeschwindigkeit im Gehirn → etwa 4 x stärkere Wirkung (Euphorie)
Typische Dosis: Je nach Gewöhnung und Qualität des „Stoffs“ 20 – 100 mg
Häufigkeit: 3-5 x täglich
Aufnahmeart: Parenteral, da starker first-pass Effekt
- Injektion
- Inhalation (Rauchen)
- Schnupfen
N
HO
H
O
Normorphin
OH
Metabolismus
N
CH3
N
CH3
O
Heroin
O-CO-CH3
CH3
t1/2 ≈ 40 min
t1/2 ≈ 6 min
CH3-CO-O
N
HO
O
O-CO-CH3
6-Acetylmorphin
O
HO
OH
Morphin
t1/2 ≈ 3-4 h
Morphinglucuronide und -sulfate
Chronischer Opiat-Abusus
Pharmakodynamische Toleranzentwicklung
- Innerhalb ein bis zwei Wochen, 10-20fache Dosis
- „Rezeptor-down-Regulierung“, Entkopplung vom Effektor, komplexe
Adaptationsvorgänge im ZNS
- Reversibiltät innerhalb weniger Tage bis Wochen
Physische und psychische Abhängigkeit
Physische Entzugssymptome
Überschießende Reaktion des protektiven Nervensystems mit entsprechenden
Missempfindungen
- Tachypnö
- Blutdruckkrisen
- Schweißausbrüche
- Blasenkrämpfe, Schmerzen in Bauchraum und Extremitäten
Chronische Schädigungen
Keine toxisch bedingten Organveränderungen. Die bei Heroinabhängigen gefundenen pathologischen Erscheinungen haben sekundäre Ursachen: Entzündungen der
Injektionsstellen, Hepatitis, AIDS, Fehlernährung, mangelnde Körperhygiene.
Hauptgefahr:
unkontrollierte Injektion
- Völlige Unkenntnis über
injizierten Dosis (Heroingehalt
zwischen 3 und 60 %)
- Fehlende Toleranz nach
vorübergehender Abstinenz
(z. B. nach Inhaftierung)
- Wirkung von Zusatzstoffen
(Todesfälle nach Bolusinjektion
von Lidocain)
Auffindungssituationen
bei Drogentodesfällen
Auffindungssituationen bei Drogentodesfällen
Abschiedsbrief eines
Opiatabhängigen
- „Goldener Schuss“ durch
Heroinüberdosis schlug fehl.
- Suizid durch Pulsaderschnitt
GC-MS Untersuchung eines Drogen-Todesfalles
- 32jähriger Mann, am 3. August 2000 tot in seiner Wohnung gefunden
- Mehrere ältere und neuere Injektionsstellen in beiden Ellenbeugen
und in der Leistengegend
-Typische Drogenutensilien (benutzte Spritze, zum Drogenofen
veränderte Cola-Dose, Cannabis-Joint
Immunoassay der Urinprobe: positiv für Opiate, Cocain und Cannabinoide
GC-MS der Blut- und der Urinprobe:
Droge oder Metabolit
Morphin
6-Acetylmorphin
Codein
Cocain
Benzoylecgonin
Lidocain
THC-COOH
Spritze und Coladose:
Blut
Urin
0.52 µg/ml
--0.09 µg/ml
0.06 µg/ml
0.10 µg/ml
1.4 µg/ml
---
39.3 µg/ml
3.0 µg/ml
2.17 µg/ml
1.68 µg/ml
3.2 µg/ml
positive
0.07 µg/ml
Heroin, Cocaine, Lidocaine, Paracetamol, Coffein, Ascorbinsäure
Interpretation: Tod nach Heroin-Überdosis
Cannabinoide - Wirkstoffe des Faserhanfes
Harzdrüse
Männliche
Pflanze
Weibliche
Pflanze
Blütenstand
Konsumformen:
- Marihuana
- Haschisch
Illegaler Cannabisanbau
Haschischherstellung
Marihuana-Joint
Konsumformen
von Cannabinoiden
Haschisch
Chillum
Orale Aufnahme
von Cannabinoiden
Statistik des Marihuana- und Haschisch-Konsums in Deutschland
¾ 31 % der Jugendlichen (Alter 12-25) haben Erfahrungen mit Cannabis
¾ 3.4 Mio Personen konsumierten Cannabis innerhalb der letzten 12 Monate
¾ 270 000 Personen sind gewohnheitsmäßige Konsumenten (> 200 x pro Jahr )
¾ 14 300 Personen sind in psychiatrischer Behandlung wegen
Cannabismißbrauch
Häufigkeit des Cannabis-Konsums in 12 Monaten
(3.4 Millionen Konsumenten)
10,7% (< 200x)
14,6 % (1x)
5,3 % (100-199x)
4 % (60-99x)
2003: 10 267 Beschlagnahmen
von Marihuana oder
Haschisch
12,1 % (20-59x)
32,1 % (2-5x)
12 % (10-19x)
8 % (6-9x)
Probierer:
47 %
Gelegentlich: 42 %
Regelmäßig: 11 %
Konzentration
und Wirkung von THC
THC-Plasmakonzentrationen von
2 - 3 ng/mI oder mehr sprechen für
einen aktuellen Cannabiskonsum
und somit für eine mögliche
Cannabis-Beeinflussung.
THC-Plasmakonzentrationen von
weniger als 1 ng/mI sind in der Regel
mit einem Konsum zu vereinbaren,
der mehr als 6 Stunden vor der
Blutentnahme erfolgte.
Innerhalb eines Zeitintervalls von bis
zu etwa 2 - 4 (teilweise bis 7)
Stunden nach dem Konsum muss
mit einer Beeinflussung gerechnet
werden.
von Kritik und Selbstkritik
Cocain
Cocastrauch
Erythroxylon
coca
Cocain
Konsum von Cocain
Cocainhydrochlorid
„Schnee“
CocainBase
„Crack“
„Free basing“
Primitiver
CrackKonsum
Bodypacking
(akut)
Tod durch Cocain-Überdosis
- Bei üblichem Konsum selten
- Gefahr vor allem nach Injektion
- Kardiale Probleme, Kammerflimmern, massive
Krämpfe
- Todeseintritt durch Herzstillstand
Starke
Psychostimultantien
Appetitszügler
Illegales
Drogenlabor
Industrial scale
methamphetamine/
MDMA factory in
Cikande, Indonesia
Ansätze:
100 kg Ephedrin
roter Phosphor
und Iod-Methode,
Lieferte 75 kg
Methamphetamin
Illegales Drogenlabor
in Hoppegarten
75 000 Ecstasy
Tabletten
78 000 DM
Psychostimulantien, „Weckamine“
Wirkmechanismus:
- Erhöhung der Serotoninausschüttung
EcstasyTabletten
Halluzinogene
Psilocybin-Pilze, z. B.
Spitzkegliger Kahlkopf
Wirkstoffe:
Psilocybin und Psilocin
Peyote-Kaktus
Wirkstoff: Mescalin
Albert Hofmann, Erfinder des LSD, im Alter von 89 Jahren (1995)