Lebendiges Total Quality Management

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Lebendiges Total Quality Management
SOFTWARE CAQ
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Lebendiges
Total Quality Management
ERP-integrierte CAQ-Tool-Kette sorgt für stetige Qualitätsverbesserung
Ein Elektronikkonzern wollte seine hohen Standards noch weiter verbessern und alle internationalen Standorte an
ein durchgängiges Total Quality Management anbinden. Ein Enterprise-Qualitätsmanagementsystem auf Basis von
SAP ERP QM ermöglicht es heute, die Produktionsprozesse wirksamer zu steuern und Business-Intelligence-Daten
­sofort auch operativ zu nutzen. Bereits nach 14 Monaten war die Implementierung abgeschlossen.
Ralph Griemert, Lukas Hook, Gerhard Kicherer und Jürgen Kniephof
G
emeinsam mit SAP hat der Elektronikkonzern Rohde & Schwarz das
integrierte CAQ-System stufenweise eingeführt und in den einzelnen Standorten ausgerollt. Nun lässt sich der Kontext
eines jeden Fehlers in der Produktion einsehen, beispielsweise der genaue Ort seines
Auftretens. Auch die komplette Equipment-Historie für den Produktlebenszyklus wird jetzt digital abgebildet – vom
­Wareneingang über die Produktion bis hin
zu den Serviceprozessen.
Die Verantwortlichen können mit dem
neuen System die Abläufe im gesamten Unternehmen wirksamer steuern, Null-Fehler-Strategien umsetzen und mit geschlossenen Regelkreisen zur Qualitätssicherung
und -optimierung kontinuierliche Verbesserungen erzielen (Bild 1). Von der Fehlererfassung bis zum Reporting verfügt man
heute über eine leistungsfähige, standardisierte und konsistente CAQ-Toolkette – in
allen Werken. Aus bloßen Daten sind wertvolle Informationen geworden, die permanent in Entscheidungen einfließen.
Rohde & Schwarz steht für Messtechnik, Mobilfunk und Rundfunk „made in
Germany“. Mehrmals wurde dem Unternehmen die Auszeichnung „Fabrik des Jahres“ und darüber hinaus der Bayerische
Qualitätspreis verliehen. Die Implementierung von SAP ERP QM gliederte sich in drei
Teilprojekte.
Teilprojekt 1: Qualitätsplanung
und -prüfung in der Produktion
Produktion und Prüfung verlaufen bei Rohde & Schwarz zeitgleich. An den kritischen
Punkten der Herstellung, beispielsweise
beim Übergang von der Baugruppen- zur
Gerätefertigung, wird jedes Produkt geprüft. Wenn alles passt, beginnt der nächste
Prozessschritt. Manuelle Eingriffe sind
kaum nötig.
Zu Beginn des Teilprojekts galt es zunächst, die Prüf- und Messprozesse in der
Produktion mithilfe von fertigungsbegleitenden Prüflosen und -merkmalen zu planen und zu erfassen. Das im SAP-System
integrierte Qualitätsmanagement bietet
­
hierfür eine durchgängige Prüfplanung. Im
Rahmen dieser Planung lassen sich – je
nach Art und Komplexität des Produkts –
qualitative oder quantitative Merkmale in
einen Arbeitsplan einfügen. Diese Flexibilität ermöglicht es, sowohl einfache (in SAP
ERP) als auch hochkomplexe Prüfvorgänge
(in externen Systemen) durchzuführen. Für
die Prüfung werden überwiegend qualitative Merkmale eingesetzt. Für die Prüfmerk-
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QZ Qualität und Zuverlässigkeit Jahrgang 61 (2016) 4
© Carl Hanser Verlag, München. Der Nachdruck, auch auszugsweise, ist nicht gestattet und muss vom Verlag schriftlich genehmigt werden.
Analyse
Erprobung
Wissen-DB
Methoden
© QZ Qualität und Zuverlässigkeit
CAQ SOFTWARE Korrektur- &
Vermeidungsmaßnahmen
APQP
FMEA
Control Plan
Sofortmaßnahmen
Präventive
Maßnahmen
Reklamationsmanagement
8D-Methodik
Produkt-, Arbeits- & Prüfplanung
Fehler
Produktplanung
Realisierung
Fehler
Nutzung
Bild 1. Der geschlossene Q-Regelkreis auf Basis SAP ERP erstreckt sich bei Rohde & Schwarz über den
gesamten Produkt­lebenszyklus. (Quelle: SAP)
malsrückmeldung heißt das: In SAP ERP
e­ rscheint nur die Meldung „erfüllt“, die zugehörigen Messwerte werden gleichzeitig
im Hintergrund protokolliert und archiviert. Erst wenn ein Fehler auftritt, werden
in der entsprechenden Qualitätsmeldung
alle Kontextdaten aufgeführt, die für die
Fehlerbearbeitung und -analyse notwendig sind. Aus den so gewonnenen Daten
entstehen Kennzahlen aus Fehlerdaten,
Durchlaufmengen und Durchlaufzeiten. So
weiß man jederzeit, welche Prüfungen erledigt wurden und welche Stationen ein Teil
durchlaufen hat.
Teilprojekt 2:
Produktionsfehlererfassung
Registrierung und Bearbeitung von Fehlern
verliefen bei Rohde & Schwarz früher getrennt. Heute verfügt das Unternehmen
über einen einzigen Datensatz, der die verschiedenen Teilschritte miteinander verknüpft: Erfassung, Bearbeitung und Analyse. Jeder Mitarbeiter kann Fehler und die
zugehörigen Kontextdaten schnell und einfach in der IT-Lösung erfassen: Wo ist der
Fehler passiert? War es ein Bauelementeoder ein Baugruppenfehler? Ist er lokal behebbar oder ist externe Hilfe notwendig?
Die Meldung geht an einen Spezialisten,
der den Fehler behebt. Dann wird der Fehler
analysiert. Treten Fehlermeldungen derselben Kategorie gehäuft auf, meldet das System automatisch ein grundlegendes Problem. Dieses lässt sich dann direkt im
IQOS-Cockpit – einer leicht zu bedienenden
Schaltzentrale – per 8D-Bearbeitung beseitigen. Teilprojekt 2 zeichnete sich durch ein
hohes Prozessvolumen aus. Zu berücksichtigen waren außerdem zahlreiche spezifische Anforderungen an eine Fehlererfassung in der Produktion und an eine Fehlerbzw. Meldungsbearbeitung im SAP-System
generell. Die technologische Basis bildeten
ein integriertes Qualitätsoptimierungssystem und das konfigurierbare IQOS-Meldungsframework.
Teilprojekt 3:
Qualitätsbezogene Kosten
Im Fokus des dritten Teilprojekts stand eine
neue, detailliertere Bewertungsmöglichkeit von Fehlern: die verursachergerechte
Abrechnung ungeplanter qualitätsbezogener Kosten, die nicht im Arbeitsplan berücksichtigt sind. Diese sogenannten Fehlleistungsaufwände können beispielsweise
entstehen, wenn ein Produkt nachbearbeitet werden muss.
Zuvor konnte sich Rohde & Schwarz nur
an der Häufung von Fehlern orientieren.
Kosten waren ausschließlich in ihrer Gesamtheit ersichtlich, ihre genaue Zusammensetzung blieb verborgen. Heute kann
man auf eine fehler- und materialgenaue
Abrechnung zurückgreifen. Damit verfügt
das Qualitätsmanagement über ein hocheffektives Kriterium für die Gewichtung von
Fehlern. Beispielsweise kann man auf dieser Basis entscheiden, ob es wirtschaftlich
ist, einen weiteren Schritt in die Qualitätsplanung einzubauen. Außerdem fördern
die eindeutigen Zahlen die Kommunikation mit der Entwicklungsabteilung. Wenn
klar ist, wie viel welcher Fehler kostet, sind
die Prioritäten schnell gesetzt. Vorausset-
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zung dafür war es, klare Regeln für die Erfassung von ungeplanten Aufwänden und
die Eingabemethodik von Qualitätsmeldungen zu definieren. Aus dieser klaren
Struktur erwachsen enorme Vorteile bei
der Analyse von Fehler- und Qualitätskosten-Bäumen. Diese zeigen auf, wo der Ursprung eines Fehlers lag, wie sich dieser
fortgepflanzt hat und ob es sich finanziell
lohnt, die Prüfabläufe zu verändern.
Auf Basis der QM-Funktionen in SAP
ERP in Verbindung mit dem IQOS-Meldungsframework hat Rohde & Schwarz ein
umfassendes, leistungsstarkes CAQ-System geschaffen. Es gilt für alle Bereiche der
Produktion mit eigenen Arbeitsvorratsübersichten, verfügt über dedizierte Szenarien für die automatisierte oder auch manuelle Meldungsanlage und ermöglicht
eine effiziente Bearbeitung von Qualitätsmeldungen mit Standard- oder 8D-Methodik. Alle Kontextdaten und Qualitätskosten
sind vollständig transparent und man verfügt nun über stets aktuelle, aussagekräftige Kennzahlen.
Heute besteht von der Erfassung bis
zum Reporting nicht nur eine konsistente
Tool-Kette, sondern vor allem auch eine, die
Kennzahlen für operative Entscheidungen
bereitstellt. Dies gelingt durch die kontinuierliche Konsolidierung und Bereitstellung
der erfassten Daten aus der laufenden Produktion, mit Hilfe leistungsfähiger Analysefunktionen auf Basis von SAP Business
­Intelligence. Zudem lassen sich Fehler jetzt
detailliert aus Kostensicht einschätzen und
Prozesse auf dieser Informationsbasis ständig verbessern. W
INFORMATION & SERVICE
KONTAKT ZUM ANWENDER
Ralph Griemert
Head of Quality Monitoring and
Reporting, Sustainability Manager
Rohde & Schwarz GmbH & Co. KG
[email protected]
KONTAKT ZUM ANBIETER
SAP Deutschland SE & Co. KG
Lukas Hook
[email protected]
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