Museum Grünberg: Vortrag über Elektrifizierung der Stadt
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Museum Grünberg: Vortrag über Elektrifizierung der Stadt
Museum Grünberg: Vortrag über Elektrifizierung der Stadt - Artikel Drucken - Gießener Allgemeine Zeitung 3/11/15, 4:10 PM Artikel vom 03.03.2015 - 12.03 Uhr Museum Grünberg: Vortrag über Elektrifizierung der Stadt Grünberg (dis). »Als das Licht elektrisch wurde« – davon erfuhren soeben die Besucher eines Vortrags im »Museum im Spital«, passend zur aktuellen Sonderausstellung über historische Lampen und Leuchten. Und zwar aus berufenem Munde, referierte doch Dipl.-Ing. Wolfgang Hofheinz, langjähriger Technischer Geschäftsführer der Firma Bender. An den Anfang stellte Hofheinz die ersten Anwendungen der Elektrizität im 19. Jahrhundert. Erwähnte etwa den »Krieg der Systeme« – Gleichstrom oder Wechselstrom? – und auch, dass der Strom wesentlich die Industrialisierung voranbrachte. 1912: Start für Leitungsbau Grünbergs Marktplatz im Jahre 1920, sieben Jahre nach der Elektrifizierung: eine Hängelampe beleuchtete die »Gut Stub’«. (Fotos: dis/pm) Interessant vor allem seine Ausführungen zur Elektrifizierung des heimischen Raums. Anfang des 20. Jahrhunderts gab es danach auch in Oberhessen bereits eine Anzahl von kleineren lokalen Elektrizitätswerken, etwa in Gießen, Butzbach, Bad Nauheim, Alsfeld und Lauterbach. Das flache Land aber begehrte ebenso nach Erleuchtung, nach den Vorteilen dieser noch jungen Technik. Nach einer Besprechung am 24. Februar 1906 wünschte der Gießener Kreis- oder Landrat Dr. Andreas Breidert, dass auch die Städte Grünberg, Lich und Hungen mit ihrer Umgebung einbezogen werden. Anno 1908, so erfuhren die Zuhörer im Weiteren, wurde über die Kreisämter der Bedarf der Gemeinden nach elektrischer Energie abgefragt. Das Jahr darauf dann beschäftigte sich der Provinzialausschuss mit dem Projekt, bevor endlich am 23. Februar 1911 Karl Usinger, Provinzialdirektor der Provinz Oberhessen, einen Vertrag mit dem hessischen Staat unterzeichnete. Danach sollte ein Kraftwerk bei der Grube »Ludwigshoffnung« in Wölfersheim errichtet werden, das dort erzeugten Drehstrom mit 5000 Volt Spannung an die Provinz Oberhessen nach Bedarf abgeben werde. Das Versorgungsgebiet reichte nördlich bis Lich, Grünberg und Laubach, westlich und südlich bis zur Landesgrenze und nordöstlich bis hin zum Kamm des hohen Vogelsbergs. 1912 bis 1919 erfolgte dann der Leitungsbau durch die Provinz Oberhessen. In Lauterbach kannte man bereits seit 1906 die besonderen Vorzüge der neuen Lichtund Kraftquelle. Dortiger Bürgermeister Stöppler berichtete voller Stolz: »In Lauterbach benutzen die kleinsten Betriebe jedweder Branche Elektromotoren. Man lässt durch einen Druck auf einen Knopf alle Straßenlampen auf einmal aufleuchten.« Generator, mit dem die Spinnerei Heinrich Schmidt in Grünberg ab 1911 die Webstühle betrieb. »Laubach erstrahlt und zollt Dank« Am 17. Juli 1913 ist es auch in Laubach soweit, telegrafiert man begeistert: »Laubach erstrahlt im Elektrischen Licht, wir zollen Dank und Anerkennung!« Was nun die Nachbarn im Norden angeht, verwies Hofheinz auf das Standardwerk von Waldemar Küther: »Grünberg – Geschichte und Gesicht einer Stadt in acht Jahrhunderten« (1972) sowie auf Daten des Stadtarchivs Grünberg: Erwähnung fanden der Schriftverkehr bzw. das Ersuchen der Gallusstädter zur Errichtung eines »Oberhessischen Elektrizitätswerks« in Grünberg aus 1901 oder die Installation elektrischen Lichts in der Weberei Heinrich Schmidt I. 1911. Die mechanische Weberei führte in Grünberg als erstes Unternehmen die elektrische Beleuchtung ein, wie in der Grünberger Chronik zu lesen: »Im Jahr 1908 bot sich die Gelegenheit, das ehemals Semler’sche Anwesen an der Gießener Chausee und ein angrenzendes Grundstück zu erwerben, und 1911 entstand dort ein moderner, mit eigener Kraftanlage und elektrischem Licht ausgestatteter Fabrikbau. Die erfolgreiche Entwicklung des Betriebes bedingte das Aufstellen zusätzlicher Webstühle.« Hofheinz zeigte hier Unterlagen und Fotos, die von Barbara Schmidt und von der Weberei, wahrscheinlich zum 75-jährigen Jubiläum 1949 erstellt, stammten. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg brannte am 21. Juli 1913 zum ersten Mal das elektrische Licht in der ganzen Stadt, das heißt in den Straßen, einigen Läden und Privathäusern. Die Installation der Leitungen sollte sich bei Kriegsausbruch als außerordentlich wertvoll erweisen, wurden doch Brennstoffe wie Petroleum und Kerzen knapp. »Ich hat’ de’ Strom schon geroche« Referierte im »Museum im Spital«: Wolfgang Hofheinz. Wie der elektrische Strom bei der Bevölkerung ankam, machte der Referent mit einer Anekdote deutlich: Als kurz vor dem Ersten Weltkrieg ein kleiner Ort in der Nähe von Grünberg an das Netz des Überlandwerks angeschlossen worden war, warteten natürlich alle Einwohner mit Spannung auf den Augenblick, da der Strom kommen sollte. An einem Dienstagnachmittag war es dann endlich soweit. Für eine Einwohnerin kam das http://www.giessener-allgemeine.de/index.php?Artikel=-Museum-Gr…rung-der-Stadt-&arid=556057&print=true®id=1&puid=1&pageid=19 Page 1 of 2 Museum Grünberg: Vortrag über Elektrifizierung der Stadt - Artikel Drucken - Gießener Allgemeine Zeitung 3/11/15, 4:10 PM Geschehnis jedoch gar nicht überraschend, denn sie sagte zu ihrer Nachbarin: »Aich hu’s geweaßt, es hatt schu seit ’em Morje so komisch geroche!« Hofheinz schloss mit der Feststellung, dass unterschiedliche Lichtquellen von den Menschen bereits seit Jahrtausenden genutzt wurden. Die Anwendung von elektrischer Energie zur Lichterzeugung begleite sie aber erst wenige Jahrhunderte. Die Glühlampe oder Glühbirne war über die letzten Jahrzehnte die meistgenutzte Lichtquelle, doch nun steht sie laut EUGesetzgebung vor dem Aus. Auch in Grünberg könne man bereits die vielfältige Anwendung von LED-Leuchten registrieren. Ganz langfristig kann sich Hofheinz auch einen erneuten Aufschwung der Gleichspannung vorstellen. © Gießener Allgemeine Zeitung 2015 - www.giessener-allgemeine.de http://www.giessener-allgemeine.de/index.php?Artikel=-Museum-Gr…rung-der-Stadt-&arid=556057&print=true®id=1&puid=1&pageid=19 Page 2 of 2