Langversion des Berichts als PDF herunterladen
Transcription
Langversion des Berichts als PDF herunterladen
Die Chancen ergreifen Von dem BIDS-Stipendium hörte ich zum ersten Mal von meiner Klassenlehrerin. Sie hatte selbst mal für ein Jahr an einem Programm für Lehrkräfte in Deutschland . Schon lange spielte ich mit dem Gedanken, mein Studium im Ausland zu verbringen. Doch ohne finanzielle Unterstützung hatte ich mich nicht getraut. Auf der Website der Jade Hochschule bin ich auf den Studiengang Tourismuswirtschaft gestoßen. Ich habe zwei Jahre lang auf dem Gymnasium Tourismus gelernt und hatte das Fach dann auch als Prüfungsfach im Abitur. Der Tourismus bietet eine Vielzahl an Arbeitsplätzen und möglichkeiten – und ich wollte meine Chancen in der Branche verbessern. Ein Auslandsstudium ist eine perfekte Gelegenheit, sich von der Masse an Mitbewerberinnen und Mitbewerbern abzuheben und sich während der Studienzeit sowohl fachlich als auch persönlich weiterzuentwickeln. Nachdem ich einmal Lust auf das Studium bekommen hatte, stellte ich meine Bewerbung zusammen. In meinem Motivationsschreiben legte ich ein besonderes Augenmerk auf meine bisherigen Kenntnisse, Erfahrungen und Tätigkeiten im Tourismus. Außerdem berichtete ich von meinen Deutschkenntnissen und Auslandsaufenthalten – auch von meinen Praktika und Abiturergebnissen. Und ich schrieb von meinen Zukunftsplänen. Einsendeschluss für die Bewerbung war der 15. Juni 2012. Rechtzeitig reichte ich meine Bewerbung mit Zeugnissen, der Sprachprüfung und dem Motivationsschreiben ein. Einige Wochen später, Anfang Juli, bekam ich vom International Office der Jade Hochschule in Wilhelmshaven per E-Mail den Bescheid, dass die Hochschule mich für das Stipendium ausgewählt hat. Die Vorbereitungen beginnen Ich freute mich riesig, bekam gleichzeitig aber auch ein bisschen Angst, direkt nach dem Abitur ins Ausland zu ziehen und ein neues Leben zu beginnen. Doch meine Eltern unterstützten mich bei meiner Entscheidung, sodass ich das Stipendium annahm. Ich sollte die nötigen Dokumente ausfüllen, um an der Hochschule studieren zu können. Das Wintersemester fängt immer Ende September an, so hatte ich knapp zwei Monate www.pasch-net.de | www.daad.de/bids Zeit, meine Ausreise und mein Leben in Deutschland zu organisieren. Die Mitarbeiter des International Office sendeten mir dazu Informationsmaterialien und informierten mich über hilfreiche Internetseiten über Wilhelmshaven und das Studium. Ein zentraler Aspekt der Vorbereitung war noch die Wohnungssuche. Ich füllte das Wohnungsbewerbungsformular für das Studentenwerk Oldenburg aus und schaute mir sehr viele WGs und Wohnungen im Internet an. Außerdem beantworteten die Mitarbeiter der Hochschule alle meine Fragen zur Schule immer sehr schnell. Von Ihnen bekam ich auch den Tipp, Kontakt mit dem Christlichen Verein junger Menschen – Wilhelmshaven e. V. aufzunehmen. Dort stellten sie mir ein Zimmer zur Verfügung. Dessen Lage war gut und das Zimmer für den Anfang völlig ausreichend. Währenddessen hatte ich auch schon über Facebook andere Stipendiatinnen und Stipendiaten kennengelernt und mit ihnen erste Schwierigkeiten diskutiert. Es war erleichternd, meine Probleme mit anderen besprechen zu können – mit Leuten, die in einer ähnlichen Situation waren. Die gesamte Organisation war trotz der kurzen Zeit nicht allzu aufwendig und weitere Vorbereitungen nicht notwendig. Die Anreise und der Start Anfang September fuhr ich dann mit dem Auto nach Deutschland. 1.500 Kilometer Entfernung zur Heimat. Wir fuhren über Nacht und haben die etwa 18 Stunden so im Schlaf hinter uns gebracht. Im Flugzeug, und auch mit der Bahn, hätte ich niemals alles Nötige mitnehmen können. Später, als ich nur meine Familie besuchte, war das Flugzeug allerdings bequemer. Man kann in Deutschland von vielen Städten aus günstige Flugtickets nach Budapest buchen. Außerdem gibt es eine direkte Zugverbindung von Hamburg nach Budapest. Die Mitarbeiter im International Office waren immer hilfsbereit. Mit ihrer Unterstützung erleichterten sie mir die Anfangsphase bei allen anfallenden Aufgaben: beim Einwohnermeldeamt, beim Auslandsamt und bei der Bankkontoeröffnung. Die Menschen waren verständnisvoll und auf die ausländischen Studenten gut vorbereitet. Die gesamte Bürokratie wurde schnell und fast ohne Problem abgewickelt. Die Stadt Wilhelmshaven www.pasch-net.de | www.daad.de/bids Wilhelmshaven besticht durch ein sehr gutes Lebensgefühl. Dies spiegelt sich auch in der Freundlichkeit der Deutschen wider. Die Stadt liegt an der Nordsee, hat den wunderschönen Südstrand und beherbergt viele kleine Museen und Cafés. Interessante Einrichtungen, zum Beispiel das Küstenmuseum, das Marinemuseum, das Wattenmeerhaus, das Stadttheater oder die Kunsthalle bieten eine breite kulturelle Palette. Leider gibt es nur wenige Unterhaltungsmöglichkeiten für Studierende. Allerdings hat Wilhelmshaven viele Parks, in denen man spazierengehen, sich mit Freunden treffen und verschiedenen Aktivitäten nachgehen kann. Die Busse fahren abends und am Wochenende selten in die Stadt. Doch die Fahrradwege sind gut ausgebaut, sodass es sich empfiehlt, ein Fahrrad zu erwerben. Fast alles ist so in rund 20 Minuten erreichbar. Mir fiel es am Anfang schwer, mich an das Wetter im Herbst und Winter zu gewöhnen. Man muss eine wasserfeste Jacke besitzen und am besten immer einen Regenschirm dabei haben. Das Leben In meinem Wohnheim lebten vorwiegend ausländische Studierende. Viele von ihnen verbrachten im Rahmen des ERASMUS-Programms ein halbes Jahr in Wilhelmshaven. Noch vor dem Semesterbeginn lernten wir gemeinsam Wilhelmshaven und die Umgebung kennen. Im ersten Semester fand ich viele ausländische Freundinnen und Freunde und es wurden Ausflüge für uns nach Hamburg, Norderney und Bremerhaven organisiert. Außerdem fanden in jedem Monat internationale Abende statt. Es hat immer Spaß gemacht, nicht nur zuzuhören und Essen zu kosten, sondern auch mal selbst zu präsentieren und zu kochen. Ich nehme schon mehrere Semester lang an diesen Abenden teil, aber noch immer überraschen die Länder mich mit Neuigkeiten. An anderen Kulturen und Ländern habe ich großes Interesse. Nach dem ersten Semester haben viele meiner ausländischen Freunde ihren Austausch beendet und auch ich überlegte, ein bisschen was zu verändern und mein Leben konstanter zu organisieren. Generell ist es nicht schwierig, eine günstige WG oder Wohnung in Wilhelmshaven zu finden. So zog ich vor dem zweiten Semester in eine eigene Wohnung. Danach baute ich zu meinen deutschen Kommilitoninnen und Kommilitonen einen viel engeren Kontakt auf und mein Deutsch verbesserte sich. Wir lernten auch viel zusammen. Anfangs hatte ich noch Bedenken, dass mich die Menschen wegen meiner Deutschkenntnisse anders behandeln würden. Diese wurden aber nie www.pasch-net.de | www.daad.de/bids bestätigt. Sie schätzen mich, weil ich mein Studium in einer Fremdsprache absolviere. Ich glaube, die Studierenden haben eine sehr offene und positive Einstellung – das erleichterte meine Integration. Das Studium Mit dem Stipendium fing auch mein Studium an, das ich nach Ablauf des Stipendiums fortsetzte. Die Regelstudienzeit im Studiengang Tourismuswirtschaft beträgt sieben Semester. Darin enthalten ist ein halbjähriges Pflichtpraktikum. Ich finde es sehr gut, dass die Jade Hochschule viel Wert auf eine praxisbezogene Ausbildung legt. Die Studierenden können sich jederzeit mit ihren Fragen und Problemen an die Professorinnen und Professoren und die anderen Mitarbeiter der Hochschule wenden. In den ersten drei Semestern finden die Grundlagenkurse statt. Von Beginn an besuchte ich die Vorlesungen und hörte manchmal auch mehrmals einen Kurs, um den Inhalt besser zu verstehen. Mir persönlich hat das mehr geholfen, als alles allein zu erarbeiten. Mit der Zeit funktionierte das Lernen immer besser. Bei Schwierigkeiten bezüglich der unterschiedlichen Fächer fragte ich die anderen Studierenden. So habe ich mir meinen Stundenplan zusammengestellt. In die einzelnen Fächer investierte ich viel Zeit und besuchte die Tutorien. Die Hochschule organisiert auch in jedem Jahr eine Studienexkursion. Im letzten Wintersemester verbrachten wir Tourismusstudierenden drei Tage in Amsterdam. Dort suchten wir Hotels, Reisebüros und -veranstalter auf, bekamen Führungen und Informationen. Dieser Ausflug gefiel mir richtig gut. Später kann man sich dann seinen eigenen Interessen entsprechend das Studium gestalten. Ich stehe jetzt vor der Schwerpunktwahl und überlege, Destination Management aus den Tourismusschwerpunkten und Marketing aus dem Fachbereich Wirtschaft zu kombinieren. Ich liebe es, Sprachen zu lernen. Gerade verbessere ich neben meinen Deutschkenntnissen auch ständig mein Englisch. Vielleicht kann ich im nächsten Wintersemester ein halbes Jahr in einem englischsprachigen Land verbringen oder noch mit dem Erlernen einer dritten Sprache beginnen. Wenn ich mein Studium abschließe, plane ich, noch ein Masterstudium im Fachbereich Management oder Marketing zu beginnen. Die Finanzierung www.pasch-net.de | www.daad.de/bids Das BIDS-Stipendium war entscheidend für den Antritt meines Deutschlandaufenthalts. Ohne das Stipendium hätte ich das Studium in Deutschland nur sehr schwer finanzieren können, auch wenn mich meine Eltern unterstützten und ich mir Gelegenheits- und Studentenjobs suchte. Nach Ablauf des BIDS-Stipendiums bekam ich von der Hochschule Informationen über das STIBET-Matching-Funds-Stipendium. Darum kann man sich bewerben, um für zunächst fünf Monate unterstützt zu werden. Ich wurde im letzten Semester durch dieses Stipendium gefördert und möchte mich im nächsten Semester erneut darum bewerben. Außerdem arbeite ich ab dem nächsten Monat im International Office an der Hochschule als studentische Aushilfe während des Semesters und im Sommer bei der Organisation und Durchführung der Deutschkurse. Mein Fazit Studierenden, die besonders offen sind und auf intensive Erfahrungen Lust haben, empfehle ich einen eher längeren Auslandsaufenthalt. Die Eigenschaften Geselligkeit, Offenheit und Gewissenhaftigkeit sind wichtig. Ich bin schon jetzt sicher, dass die Zeit in Wilhelmshaven mir als eine sehr wichtige Erfahrung in Erinnerung bleiben wird, sowohl fachlich als auch persönlich. Nirgendwo sonst kann man die Sprache so gut lernen wie in dem Land, in dem sie gesprochen wird. Vor allem die praktische Anwendung der Sprache kann hier geübt werden, was in der Schule meist vernachlässigt wird. Des Weiteren hat sich durch den Auslandsaufenthalt mein Horizont erweitert. Man lernt eine andere Kultur und Mentalität ganz anders kennen und das wiederum hilft einem, mehr Toleranz zu entwickeln. Eine gewisse Aufgeschlossenheit und Akzeptanz für andere Menschen entsteht auf diese Weise. Das ist besonders für junge Leute gut. Mich hat es positiv verändert, ich bin offener für Erfahrungen und sozial verträglicher geworden. Ich habe meine Geschichte Schülerinnen und Schülern aus Ungarn und Lettland im Rahmen des Programms „Studium auf Probe“ an der Hochschule erzählt. Außerdem plane ich, an mein Gymnasium zu gehen und die Schülerinnen und Schüler zu überzeugen, dass es sich lohnt, in Deutschland zu studieren. – Und: dass sie ihre Chancen ergreifen müssen. Anikó Tóth besuchte das Sándor Petöfi Gymnasium in Mezöberény. Später studierte sie Tourismuswirtschaft an der Jade Hochschule. Das Motivationsstipendium erhielt sie von September 2012 bis Juni 2013. www.pasch-net.de | www.daad.de/bids