Liebe Konfirmandinnen, Konfirmanden, Eltern und

Transcription

Liebe Konfirmandinnen, Konfirmanden, Eltern und
1
Predigt am Sonntag Lätare, 03.04.11: Joh 6,51-58:
Das löste unter seinen Zuhörern einen heftigen Streit aus. „Wie kann
Liebe Gemeinde,
dieser Mensch uns seinen Leib, sein Fleisch, zu essen geben?“ fragten
sie kennen wahrscheinlich die Geschichte, von der Speisung der 5000:
sie. Jesus sagte zu ihnen: „Wahrhaftig, ich versichere euch: Ihr habt
Jesus vollbringt darin das Wunder 5000 Menschen mit nur 5
keinen Anteil am Leben, wenn ihr das Fleisch des Menschensohns
Gerstenbroten und 2 Fischen zu sättigen. Die Menschen staunten darüber
nicht esst und sein Blut nicht trinkt. Wer mein Fleisch isst und mein
nicht schlecht und eine große Anzahl von denen, die das erlebt haben
Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn am Jüngsten Tag
folgten Jesus nach. Sie wollten noch mehr erleben und von Jesus noch
vom Tod erwecken. Denn mein Fleisch ist die wahre Nahrung, und
mehr Zeichen sehen. Sie wollten ganz sichere Beweise dafür haben, dass
mein Blut ist der wahre Trank. Wer mein Fleisch isst und mein Blut
Jesus auch wirklich der von Gott gesandte Messias, der Erlöser ist. Und
trinkt, bleibt mit mir verbunden und ich mit ihm. Der Vater, von dem
sie erinnern sich und erwarten dabei von Jesus ein Wunder, das ihre
das Leben kommt, hat mich gesandt, und ich lebe durch ihn. Genauso
Vorfahren einst unter Mose erlebt haben beim Auszug aus Ägypten (s.
wird jeder, der mich isst, durch mich leben. Das also ist das Brot, das
Schriftlesung FK (Ex 16,11-18): Das ganze Volk Israel wurde in der
vom Himmel herabgekommen ist. Es ist etwas ganz anderes als das
Wüste gespeist mit dem Manna, dem Brot, das wie Tau vom Himmel
Brot, das eure Vorfahren gegessen haben. Sie sind gestorben, wer
gefallen ist.) Jesus erinnert allerdings daran, dass dieses Manna nicht von
aber dieses Brot isst, wird ewig leben.
Mose kam, sondern von seinem Vater vom Himmel gesandt wurde, so wie
Liebe Gemeinde,
er gesandt wurde. Alle, die von diesem Brot gegessen haben, wurden
der erfahrene Bibelleser wird bei diesen Worten sofort an den Kreuzestod
immer wieder hungrig und sind in der Zwischenzeit gestorben. Er Jesus
Jesu und an das Abendmahl denken. Im Abendmahl werden uns diese
will den Menschen aber ein Brot geben, das sie ganz sättigt und das ihnen
Worte Jesu ja immer wieder durch Brot und Wein ins Gedächtnis
ewiges Leben schenkt. Jesus sagte den Menschen:
gebracht. Aber wenn wir diesen Text einmal versuchen ganz
Joh 6,51-58:
unvoreingenommen und ohne Vorwissen zu lesen, dann wirkt er auch auf
Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von
uns wohl ähnlich befremdlich, wie auf die Menschen damals, die Jesu
diesem Brot isst, wird ewig leben. Das Brot, das ich geben werde, ist
Rede hörten. Und nicht umsonst ärgern sich viele über diese Worte Jesu
mein Leib. Ich gebe ihn hin, damit die Menschen zum Leben gelangen
und wenden sich von ihm ab. Diese Rede paßt doch eigentlich weder in
können.
unser heutiges, noch in damalige Denkmuster. Unsere Gedanken kleben an
Wörtern. Wir hören das Wort „essen“, und schon ist in unseren Gedanken
2
etwas Eßbares zur Stelle, das wir schmecken und kauen und schlucken
Nur brauchen wir für das Überleben in unserer künftigen Welt
können; aber selbst die blühendste Phantasie könnte uns keinen Appetit
überirdisches Brot, und das ist Gottes Wort, das in Jesus Christus vom
auf Menschenfleisch machen, und selbstverständlich wissen wir heute
Himmel in unsere Welt gekommen ist und lebt. In der Sprache der Bibel
auch alle, daß Jesus Christus die Sache mit seinem Fleisch und Blut nur im
heißt es: Das Wort wurde in der Person Jesus Christus Fleisch und wohnte
übertragenen Sinn gemeint haben kann. Aber in der Zeit nach Jesu Tod
unter uns. Das Wort Gottes wurde in Jesus Christus wahrhaftiger Mensch
und Auferstehung, als die Christen vielfache Verfolgungen zu erdulden
aus Fleisch und Blut.
hatten, wurden solche Texte natürlich gerne zitiert um die Christen als
Und so kann Jesus sagen: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der
Kannibalen zu verunglimpfen. Beim Umgang mit dem Gotteswort lohnt es
bleibt in mir und ich in ihm.“ Jesus will mit seiner frohmachenden
sich aber genau hinzuschauen und nicht nur oberflächlich drüber zu lesen.
Botschaft ganz aufgenommen werden in unsere Seele und in unseren Leib.
Wer über diesen Text nur drüber liest, wird sich kopfschüttelnd abwenden,
– Auch wenn wir an ihm und seinem Wort oftmals schwer zu kauen haben.
wer aber genauer hinschaut, dem schenkt Gott dieselbe Erkenntnis, die
Aber wenn wir es genau nehmen, so haben wir für das was Jesus hier
auch Petrus nach dieser Rede Jesu hatte: „Herr, zu wem sonst sollten wir
beschreibt auch bei uns ganz menschliche Entsprechungen:
gehen? Deine Worte bringen das ewige Leben. Wir glauben und wissen,
Jeder, der es erleben darf, wie eine große Liebe entsteht, kennt das Gefühl,
dass du der bist, in dem Gott uns begegnet.“
im Innersten des anderen sein, ja dem andern ganz nahe sein zu wollen,
Schauen wir diese Worte Jesu also etwas genauer an:
sich fast auflösen zu wollen in ihm. Es gibt dazu ein kleines Gedicht, die
Jesus hat den Begriff „essen“ gleich dreimal in seiner Rede gebraucht, und
poetische Verarbeitung eines lateinischen Liebesbriefes, den ein Mädchen
hat ihn nicht in ein Gleichnis aufgelöst, was er sonst ja häufiger machte.
im 12. Jahrhundert schrieb:
Regelrecht provokativ hat er gesagt: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut
„Du bist mein, ich bin dein, des sollst du gewißlich sein. Du bist
trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm.“ Aber so wenig eine Speise, die
verschlossen in meinem Herzen, Verloren ist das Schlüsselein: Du sollst
nur den Magen füllt in uns bleibt – und noch weniger wir in der Speise, so
immer drinnen sein.“
wenig denkt Jesus dabei natürlich ans reale Essen. Er denkt an eine Speise,
Jesus hat dies etwas härter, männlicher ausgedrückt. Aber gemeint hat er
die den ganzen Menschen erfüllt. Und er verwendet den Begriff „essen
wohl dasselbe: eine innige Liebesbeziehung. Und dafür haben ja auch wir
und trinken“, weil essen, trinken und leben zusammengehören, weil essen
vergleichbare Worte: Wir sagen z.B., wir haben jemanden „zum Fressen“
und trinken die Voraussetzungen sind, um zu überleben, nicht allein in
gern, oder ein Kind sei „zum Anknabbern“ süß. Und dabei ist nichts von
dieser, sondern auch in der künftigen Welt.
Kannibalismus in unseren Gedanken und Gefühlen, nur Liebe. Oder
3
denken Sie an den Ausspruch: Ich haben dein Buch „verschlungen“! Da
welche unerschöpfliche und allezeit verfügbare Kraftquelle in dieser
würde auch niemand zurückfragen: Hats geschmeckt? – Nein, ich war so
Speise Jesus Christus steckt.
begeistert von diesem Buch, dass ich nicht mehr davon lassen konnte, ich
Wo ich Jesus Christus und sein Wort verinnerlicht habe, da wird mir
habe es regelrecht in mich aufgesogen.
immer wieder neu zugesagt: Ich liebe Dich, Du bist mir unendlich
So möchte Jesus uns lieben und von uns geliebt werden. Von uns ganz
wertvoll, auch wenn Du Dich gerade selbst nicht so leiden kannst oder um
VERINNERLICHT werden: Aus reiner Liebe ist er zu uns in diese Welt
dich herum alles Mögliche schiefgeht. Wo ich Jesus Christus verinnerlicht
gekommen und Mensch geworden aus Fleisch und Blut. Und aus reiner
habe, da habe ich immer einen Gesprächspartner, dem ich mein Leid und
Liebe hat er Menschen geholfen an Seele und Leib. Und aus reiner Liebe
meine Sorgen klagen kann und dem ich alles, auch das Schöne,
hat er sein Leben, sein Fleisch und Blut für uns am Kreuz gegeben. Und
anvertrauen kann und der mir durch sein Wort Rat und Weisung gibt in
wiederum aus reiner Liebe hat er uns nach seiner Rückkehr zum Vater
schwierigen Situationen. Wo ich Jesus Christus verinnerlicht habe, da
seinen Heiligen Geist geschenkt, der uns ganz in seine Nähe rückt und uns
weiß ich mich auch in Schmerz und Leid in seiner Hand geborgen. Wer
mit der Kraft Gottes erfüllt. Immer und immer wieder bietet uns Gott seine
Christus verinnerlicht hat und mit ihm lebt, dessen Leben erhält eine neue
Liebe an – in seinem Wort kommt diese immer wieder zum Ausdruck.
Hoffnung mit Perspektive Ewigkeit und einen neuen Sinn. Mit Jesus,
Nun kommt es nur noch darauf an, dass wir diese Liebe nicht nur mit
könnte man auch sagen, bekommt das Leben einen völlig neuen Weg
unserem Verstand kennen, sondern sie mit Leib und Seele in unser Leben
gewiesen, den Weg Gottes. Jesus Christus hat von sich selbst einmal
integrieren können. Christus ganz verinnerlichen, in uns aufnehmen und
gesagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, keiner kommt zum
wirken lassen. Luther sagte dazu einmal: „Es muss im Herzen stecken. Wir
Vater denn durch mich.“ Und dieser Weg wird uns in der Taufe eröffnet,
kommen zu Christus nicht mit Händen und Füßen, sollen auch nicht über
für uns freigemacht. – Nur muss man eben auch wirklich den neuen Weg
die Wolken klettern; wenn du sein Wort hörst und es dir gefällt und du
gehen. Es ist schade, nur zu wissen, dass man in der Taufe den Heiligen
dich dran hängst, da geht das Herz zu ihm, da isst du die rechte Speise, da
Geist erhält, wenn man ihn nicht auch verinnerlicht und mit ihm lebt. Es
ist der Glaube eine Gnade und Gabe Gottes...“
bringt nicht viel von diesem neuen Weg nur zu wissen und ihn gut zu
Dieser Glaube ist keine lästige Pflicht, niemand muss von sich aus glauben
finden und dabei über fehlende Werte in unserer Gesellschaft, zu wenig
und nicht jeder kann das glauben, so sagt das schon Jesus. Aber wem der
Liebe, Gewalt etc. zu klagen. Man muss den alten Weg verlassen und sich
Heilige Geist die rechte Glaubenserkenntnis schenkt, der wird erkennen,
auch wirklich auf den neuen Weg Gottes in Jesus Christus einlassen. –
Und das oftmals immer wieder neu, wenn man wieder einmal auf den alten
4
Weg zurückgefallen ist. Aber bei Gott dürfen wir auch immer wieder neu
anfangen. In einem alten chinesischen Sprichwort heißt es: Wenn du die
Spur nicht wechselst, hast Du keine Chance zu überholen.
Zwar ist auch der neue Weg kein Paradies auf Erden oder ein Weg ohne
Sorgen und Leid. Aber, wenn uns Gott auch nicht an allem Leiden
vorbeiführt, so hilft er uns doch hindurch und er geht mit uns. Bei ihm
dürfen wir immer wieder neu anfangen. Und nicht zuletzt sind wir, wenn
wir Christus verinnerlicht haben nicht alleine auf dem Weg, sondern in
einer Gemeinschaft mit vielen anderen Brüdern und Schwestern in
Christus, die sich gegenseitig stärken und füreinander da sind, so wie auch
Christus für uns da ist.
Und so dürfen wir alle hoffen und vertrauen, dass sich an uns erfüllt, was
Jesus Christus hier sagt: „Wie mich der lebendige Vater gesandt hat und
ich lebe, um des Vaters willen, so wird auch, der mich isst, leben um
meinetwillen. ... Wer an mich glaubt, wird leben, ob er gleich stürbe.“
Selbst wenn wir das nur mühsam verstehen, wir können nichts weniger als
erfülltes und sinnvolles Leben finden hier und in Gottes Ewigkeit, wenn
wir sein Wort „verschlingen“ und danach leben. Amen
Pfr. Gunter Bareis, Kirchbergstraße 18, 74348 Lauffen a.N.