aber ich liebe ihn doch!
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aber ich liebe ihn doch!
... aber ich liebe ihn doch! Ein Ratgeber... (nicht nur) für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. Hilfe zur Selbsthilfe bei Onlinesucht Ratgeber Onlinesexsucht. Nicht nur für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern Hilfe zur Selbsthilfe bei Onlinesucht Herausgeberin: Gabriele Farke, HSO e.V. • www.onlinesucht.de Wir sagen im Namen aller Angehörigen von onlinesexsüchtigen Partnern: „Dankeschön!“ Diese Broschüre konnte der HSO e.V. nur mit der Unterstützung und Projektförderung der DAK (Deutschen Angestellten Krankenkasse) verwirklichen. Impressum: Hilfe zur Selbsthilfe bei Onlinesucht Gabriele Farke Kottmeierstr. 12 D-21614 Buxtehude www.onlinesucht.de und www.onlinesexsucht.de E-Mail: [email protected] Tel. +49 (0) 41 61 - 55 67 82 (keine Telefonberatung) Fax +49 (0) 41 61 - 86 59 53 Vorstandsvorsitzende: Gabriele Farke, Buxtehude Stellvertr. Vorstandsvorsitzender: Andreas Mandewirth, Solingen Layout und Gestaltung: www.wasganzfeines.de Fotos: fotolia.com - © LaCatrina, © Tino Hemmann, © DimkaNT © Jacek Chabraszewski Inhaltsverzeichnis 1. Vorwort Seite 6 2. Onlinesex bzw. Cybersex: Was ist das eigentlich? Seite 8 3. Rede und Antwort Seite 13 4. Warum? Seite 15 5. Co-Abhängigkeit. Wo stehe ich als Angehörige? (mit Fragebogen) Seite 18 6. Ein Paar, das die Krise als Chance begriff Seite 27 7. Was aber kann ich denn nur tun? Seite 36 8. Und wenn nichts hilft? Seite 39 9. Wann handelt es sich um eine Onlinesexsucht? Seite 41 10. Zahlen und Fakten Seite 47 11. In eigener Sache Seite 48 12. Buchtipps Seite 49 Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. 5 Vorwort ... das Schlimme war für mich, dass er gechattet hat, wenn ich schon geschlafen habe und dass er versucht hat, mit anderen Frauen in Kontakt zu treten. Er hat sich eine E-Mail-Adresse eingerichtet und er war in einer Singlebörse angemeldet. Er hat Frauen angeschrieben und ganz eindeutig auf seine „Tagesfreizeit“ hingewiesen, auch dass er auf der Suche nach dem Kick ist. Nachdem ich durch einen blöden Zufall herausfand, dass er sich zig Tausende von Pornobilder auf seinem PC gespeichert hatte, sagte er mir in einem der vielen darauf folgenden Gespräche, dass er glaubt, süchtig geworden zu sein und dass er aber bereits seit einem Monat versucht, sich einzuschränken. Wie ich mich fühle? Er hat mich betrogen – er liebt mich nicht mehr – Wut – Enttäuschung – Trauer. Und ich schaute alle paar Minuten in den Spiegel. Was stimmt an mir nicht? Treibe ICH ihn in die Sucht? Ist meine Brust zu klein, meine Taille nicht ansprechend? 6 Diese Zeilen schrieb Astrid, 42 Jahre, seit 12 Jahren verheiratet. Zeilen wie diese wiederholen und häufen sich seit mehreren Jahren, die Unsicherheit und Hilflosigkeit der Angehörigen von onlinesexsüchtigen Partnern ist grenzenlos, Hilfsangebote für Partner/ innen von Betroffenen gibt es so gut wie gar nicht. Daher entschlossen wir uns, diese Broschüre zu schreiben. Sie soll Angehörigen einen Weg aus ihrer Hoffnungslosigkeit aufzeigen und deutlich machen, dass sich ein Kampf gegen die Sucht und für die Beziehung oder für einen neuen Anfang immer lohnt! Lassen Sie es uns direkt anfangs schon beantworten: Nein, es liegt nicht an Ihnen! Mit Ihnen ist alles in Ordnung! Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. Vorwort Wir möchten betonen, dass es natürlich auch weibliche OnlineSexSüchtige (in dieser Broschüre abgekürzt mit OSS) gibt, wir es aber i.d.R. zu 95 % mit männlichen Betroffenen in der Beratungspraxis zu tun haben. Dies mag aber auch mit der außergewöhnlich hohen Schamgrenze zu tun haben, der sich Frauen i.d.R. noch mehr unterwerfen als Männer. ... es gibt auch weibliche Onlinesexsüchtige, jedoch ... Es mag aber vielleicht auch darin begründet sein, dass Pornographie meist von den Männern konsumiert wird. Aus diesem Grunde sind die unmittelbaren Folgen des exzessiven Pornokonsums vor allem bei Männern zu beobachten, wobei die mittelbaren Folgen die Beziehung und Partnerschaft betreffen, also die Frauen. Hier den Unterschied zwischen Frauen und Männern erklären zu wollen, wäre müßig. Aber es ist unbestritten, dass Männer von Hause aus „anfälliger“ sind für sexuelle Reize, für Pornographie. Männer bringen Sexualität nicht unbedingt mit einer Person in Zusammenhang, mit der sie Nähe und Vertrauen erleben wollen. Männer reagieren eher „automatisch“ auf ihren Sexualtrieb. Sie sind visuell sehr geprägt, wobei die Frauen mehr Wert auf innere Werte legen und sich oftmals einen „unpersönlichen Sex“ nicht vorstellen können. Wir würden sogar so weit gehen zu sagen, dass die Sexualität für einen Mann vergleichbar mit seinen Mahlzeiten ist. Frauen wollen nicht immer. Ihre Libido folgt anderen Regeln als beim Mann. Zeichen von Liebe, Treue und Wertschätzung lösen bei ihr eher lustvolles Verlangen aus als ein noch so knackiger, nackter Männerpopo. Was für Männer wenig aufreizend klingt, ist Basis der weiblichen Sexkultur. Jedenfalls bitten wir die Männer, die onlinesexsüchtige Partnerinnen zu Hause haben sollten, schon jetzt um Entschuldigung, dass wir hier fast ausschließlich von den onlinesexsüchtigen Männern – und deren weiblichen Angehörigen sprechen werden. Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. 7 Onlinesex bzw. Cybersex - was ist das eigentlich? Es gibt völlig verschiedene Ausprägungen von Onlinesex. Im weitesten Sinne versteht man darunter sämtliche verbale und visuelle Formen von Erotik über das Internet, meist mit dem Zweck der Selbstbefriedigung. Dabei gibt es interaktive Spielarten, die vom Austausch mit einem realen Partner leben: Chatten, Mailen, Internet-Telefonie oder mit Hilfe einer Webcam. Bei anderen Formen bleibt der Onlinesexsüchtige allein und erregt sich durch Bilder, Filme, Comics. Die Gefahr ist, von dieser Form der Selbstbefriedigung immer mehr haben zu wollen und somit davon abhängig (onlinesexsüchtig) zu werden. Onlinesexsucht ist eine zwanghafte Internetnutzung, die Abhängigkeit vom Internet zur Befriedigung oder Beruhigung des Sexualtriebs. Schließlich erscheint Onlinesex den Betroffenen weitaus 8 problemloser und unkomplizierter als realer Sex mit realen Partner/innen. Schlimmer noch, sie denken gar nicht erst darüber nach, ob es überhaupt einen Unterschied gibt. Über die Interaktivität im Internet erleben einige Menschen, dass ihre Sexund Erotik-Sehnsüchte, Wünsche und Ängste laufend gespiegelt und bestätigt werden. Es kann auch vorkommen, dass verschiedene Vorlieben oder Wünsche nach realen Erlebnissen erst geweckt werden. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass jeder Mensch durchaus auch ganz ohne Selbstbefriedigung leben KANN, d.h. er stirbt nicht, wenn er keine Hand anlegt! Wir haben einige Klienten, die von sich aus wünschen, „es“ nicht mehr tun zu wollen! Hier kann jeder Betroffene nur für sich den richtigen Weg finden. Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. Onlinesex bzw. Cybersex - was ist das eigentlich? Über die Interaktivität im Internet erleben einige Menschen, dass ihre Sexund Erotik-Sehnsüchte, Wünsche und Ängste laufend gespiegelt werden. Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. 9 OnlineSEX bzw. Cybersex - was ist das eigentlich? Wie äußert sich Onlinesexsucht? • Während des Betrachtens von eindeutigen Bildern befriedigt der Betroffene sich selbst – oftmals mehrfach hintereinander und über einen längeren Zeitraum. • Es werden spezielle Chatrooms aufgesucht, in denen es um eindeutige (sexuelle) Inhalte geht. Es werden eindeutige E-Mails ausgetauscht. • Online-Sessions unter Hinzunahme der Webcam, um sich bzw. die jeweilige Handlung dem anderen sehr eindeutig vorzuführen. • Oftmals folgt die Verabredung zum Telefonsex mit den Online-Sexpart nerinnen. • Nicht selten rutschen Betroffene aber auch in sogenannte Randbereiche sexueller Handlungen oder auch auf strafrechtlich relevante Seiten, wie z.B. - SM - Sodomie - Kinderpornographie - sexuelle Kontakte mit Minderjährigen - verschiedene Fetische Die Entwicklung solcher Paraphilien nennen Experten Eskalationseffekt. Viele Onlinesüchtige kommen durch den Prozess des eher zufälligen Durch- und 10 Weiterklickens überhaupt erst ihren(Er-) Regungen auf die Spur. Sie geben einfach irgendetwas ein, und wenn die Antwort nicht stimmt – Bilder, Texte, Videos erscheinen, die nicht gemeint waren –, können sie es so oft weiter versuchen, bis sie sich in ihren Wünschen endlich verstanden und angenommen fühlen. So halten zum Beispiel viele sexsüchtige Männer ihre lustvolle Erregung stundenlang aufrecht. Die Freude, in ihrer (Er-)regung verstanden, gespiegelt und bestärkt zu werden, ist neben der Vorfreude meist wichtiger als die sexuelle Befriedigung selbst. Wir hören oft, dass Betroffene sich für dieses Interesse, das in ihnen meist zufällig über die maßlose Surferei auf Pornoseiten aufgekeimt ist, total verachten. Es ist etwas, was sich entwickelt hat und was nicht zu ihrer Persönlichkeit gehört! Meist ist dies auch der Punkt, an dem ein Betroffener Hilfe sucht. Die meisten Onlinesüchtigen verachten und hassen sich selbst für ihre Handlungen! Wir sollten deutlicher wahrnehmen, dass wir bei einer Onlinesexsucht von einer ernst zu nehmenden Suchtkrankheit sprechen, nicht etwa von einem „altbekannten“ Seitensprung. In Deutschland ist (wir schreiben das Jahr 2010) die Onlinesucht immer noch nicht als Krankheit anerkannt, Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. Onlinesex bzw. Cybersex - was ist das eigentlich? obwohl viele Krankenkassen und Rentenversicherungsträger schon die Kosten für die Therapien übernehmen. Es spielen oft auch biologische Hintergründe eine Rolle, in erster Linie meinen wir hier die Ausschüttung von Dopamin. Sexuelle Erregung führt zu einer automatischen Erhöhung von Dopamin. Dopamin generiert Glücksgefühle und gilt als körpereigenes Belohnungssystem. Es entsteht immer wieder der Wunsch nach mehr und noch mehr, bis der Betroffene schließlich keine Kontrolle mehr über sein Handeln hat. Die Dopamin-Ausschüttung sollte nicht unterschätzt werden, sie funktioniert so wie bei den stoffgebundenen Süchten. Ein Onlinesexsüchtiger ist vergleichbar mit einem Alkoholiker, nur dass es sich hier um eine „mentale Sucht“ handelt, vergleichbar mit der Glücksspielsucht. Zur Entwöhnung sind aber auch hier drastische und konsequente Maßnahmen notwendig, wie zum Beispiel die absolute Abstinenz von Pornos und vom Aufrufen der einschlägigen Seiten im Internet. Ein „dosiertes“ Aufrufen ist zumindest in den ersten Jahren kaum denkbar (vgl. Sie es mit der Weinbrandpraline beim Alkoholkranken). „Eine Internetflatrate ist für einen sexuell Süchtigen etwa so, als ob man einem Alkoholiker einen kostenlosen Bierzapfhahn in der Wohnung installiert“, erklärte der Psychiater Andreas Hill. Er ist Oberarzt am Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie an der Universitätsklinik in Hamburg-Eppendorf. Welche Auswirkungen und Folgen kann die Onlinesexsucht haben? Für den Betroffenen: • Verlust der Zeit- und Realitätskontrolle • Verstrickung in Lügen • Reduktion von Sexualität auf ganz bestimme Stellungen, Praktiken oder Körperteile (Fragmentierung) • Egozentrische Sexualität • Nachlassen bis zum völligen Verlust der Beziehungsfähigkeit • Bedrohung der Partnerschaft • Lustlosigkeit gegenüber der realen Partnerin • Erektionsprobleme während des realen Sex • Vertrauensverlust • Isolierung • Im Extremfall Trennung • Übertriebene Zielorientierung (nur der Höhepunkt wird angestrebt, wobei der Weg dorthin unwichtig ist) • Unrealistische Vorstellungen (Kopfkino) • Entwicklung oder Entdeckung von Paraphilen Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. 11 Onlinesex bzw. Cybersex - was ist das eigentlich? Für den Angehörigen: • Misstrauen, Angst, Wut, Verrat, Einsamkeit • Verlust von Intimität, Sex und Selbstwertgefühl • Verlust von Vertrauen • Das Gefühl - sexuell missbraucht zu werden, - sexuell „unfähig“ zu sein, - als Objekt betrachtet und prostituiert zu werden, - unattraktiv zu sein • Verlust von Respekt und Achtung dem Partner gegenüber • Depression, Trennungsgedanken und Suizidversuch Wie schätzen Angehörige von Onlinesexsüchtigen das Verhalten ihrer Partner ein? Umfragen in den Beratungen belegen, dass ... • 2/3 der befragten Angehörigen meinen, dass ihr onlinesexsüchtiger Partner keine Affäre in der Realität habe. • 1/3 der befragten Angehörigen meinen, dass der Abhängige eine „reale“ Affäre habe, auch wenn sie nur online ausgelebt würde. Für sie besteht darin kein Unterschied, ob real oder virtuell. Die meisten, ja, fast 99 % der Angehörigen glauben aber, dass Onlinesex ihre reale Beziehung zerstöre und zumindest in den Auswirkungen mit einem realen Seitensprung vergleichbar sei. Onlinesexsüchtige verlernen nach jahrelangem Cybersex die Fähigkeit, echte Gefühle zu entwickeln. 12 Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. Rede und Antwort Wenn ein Betroffener bzw. sein/e Angehörige/r Rat und Hilfe suchen, sollten zuvor einige konkrete Fragen geklärt werden. Im Folgenden sind einige Beispiele von Fragen und Antworten aufgeführt, die sich meist sehr ähneln. Erst wenn diese Fragen geklärt sind, kann eine konkrete Beratung beginnen. Wodurch erfuhren Sie von der Online(SEX-)sucht Ihres Partners? Ich fand massenweise Pornobilder auf seinem Rechner. Nach dem Fund habe ich recherchiert und herausgefunden, dass er auf unzähligen Pornoseiten/ bzw. in Chatrooms angemeldet ist. Mir war eigentlich sofort klar, dass es ein Suchtverhalten ist bei der Anzahl von Pornobildern und Filmen, die er gespeichert hatte. Welche Gefühle löste diese „Entdeckung“ oder Beichte bei Ihnen aus? Schock, Wut, Enttäuschung, ich komme mir betrogen vor, ich komme mir minderwertig vor, nicht mehr begehrenswert. Ich habe auch versucht, mir einzureden, dass „dies“ nichts mit mir zu tun hat, da ich auch nicht gerade unattraktiv bin. Nun, für mich ist es eine Art von Betrug. Er hat sich mit Frauen im Chat getroffen, vor laufender Kamera, ihnen gesagt, was sie für ihn tun sollen und sich dabei befriedigt. Er hatte für mich keine Zeit, weil er sich zu festen Zeiten mit Frauen im Chat verabredet hat. Ich kam mir schon belogen und auch betrogen vor. Diese Tatsache verletzt mich am meisten und macht mir am meisten Angst. Ich fühle mich völlig ohnmächtig, was das Thema betrifft. Sind Sie der Ansicht, dass Sie für Ihren onlinesexsüchtigen Partner nicht schön genug sind? Zweifeln Sie an sich und Ihrer Attraktivität? Ja, ich stehe häufig vor dem Spiegel und frage mich, was mit mir los ist, was ihm nicht gefällt! Aber ich weiß, Sie haben mir schon einmal geschrieben, dass die Schönheit der Frau nichts mit dem Aussehen zu tun hat. Das stimmt wohl und ich muss es einfach nur noch richtig verstehen! Gab oder gibt es auch andere gravierende Probleme in Ihrer Beziehung? Ja, mein Mann hat Erektionsstörungen, seit ca. einem 3/4 Jahr. Es geht überhaupt nichts mehr und wir haben seitdem kaum Sex gehabt. Er war vor ein paar Wochen diesbezüglich bei einem Urologen, um abzuklären, ob eventuelle Erkrankungen vorliegen, dies ist aber nicht der Fall. Von der Onlinesexsucht hat mein Mann dort nichts erzählt, vermute ich mal. Der Arzt hat meinem Mann ein potenzförderndes Mittel verschrieben. Mit Hilfe dieses Mittels ist es möglich, dass wir wieder Sex haben, aber ich denke immer, er meint gar nicht mich, sondern ist mit dem Kopf bei den Schönen und Willigen im Internet. Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. 13 Rede und Antwort Seit ich von seinem Problem weiß und der Urologe eine Krankheit ausgeschlossen hat, bin ich mir zu 100% sicher, dass die massenhafte Selbstbefriedigung die Ursache der Erektionsstörung ist. Man kann es damit vergleichen: Wenn ich den ganzen Tag Schokolade bzw. Süßigkeiten esse, bin ich irgendwann so übersättigt, dass ich keinen Appetit mehr darauf habe. Was würden Sie sich für Ihre Beziehung wünschen? Ich wünsche mir, dass mein Mann es schafft, sich von dem Drang zu befreien. Ich möchte eine erfüllende sexuelle Beziehung zu ihm, so wie wir es auch früher in der Vergangenheit hatten. Ich möchte ihm wieder vertrauen können, aber ich habe eine ständige Angst. Ich erhoffe mir Unterstützung bei dem Umgang mit der Problematik, Tipps wie mein Mann und ich gemeinsam das Thema dieser Sucht angehen können. 14 Haben Sie über das Thema offen gesprochen? Wir haben darüber gesprochen. Genaue Einzelheiten wollte und will ich aber gar nicht wissen, denn eigentlich weiß ich aus eigener Erfahrung, dass diese anderen Personen und die Aktivitäten, die er mit ihnen macht, völlig irrelevant für unsere Beziehung sind. Meist kann man sich nicht mal mehr an den Namen erinnern, wenn man sie nur virtuell betreibt. Viele dieser Fragen können Sie auch für sich selbst mal beantworten. Die Sorgen und Nöte der Angehörigen sind immer wieder dieselben, wie Sie auch im Forum von onlinesucht.de deutlich erkennen werden. Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. Warum? Martina schreibt: Meine erste Feststellung als betroffene Angehörige: Ich bin nicht alleine! Seit heute morgen forste ich mich durch das I-Net, bin auf diese Seite gestoßen (www.onlinesucht.de) und habe mich schon ordentlich durchgelesen. Egal welchen Beitrag ich lese, ich finde so viele Gemeinsamkeiten. Fast bin ich froh darüber, denn so weiß ich jetzt, dass nicht ich diejenige bin, an der es liegt. Mein Lebensgefährte ist OSS und es belastet unsere Beziehung. Er liest reihenweise SexKontaktanzeigen (er befriedigt sich auch, laut seiner Aussage gelegentlich dabei). Er hat sich in Singlebörsen eingeloggt und mit etlichen Frauen geschrieben. Er: da wäre nichts dabei, er mache das nur für den Kick). Sobald sich ihm die Gelegenheit ergibt, hat er eine Handynummer und schreibt mit den Frauen. Sicher würde jetzt so mancher denken: meine Güte, das ist doch nichts Schlimmes. Aber es IST schlimm für mich. Weil es ihn so beherrscht. Sobald ich abends im Bett bin, geht er an den PC. Oder er kommt von der Arbeit, macht sofort den Laptop an, nimmt ihn mit ins Bad. Das ist wirklich das Erste! Tasche weg, ab ins Bad mit dem PC. Natürlich nur zum Mails abrufen... Seinen Browser-Verlauf löscht er. Auf mich hat er keine Lust. Wir schlafen sehr selten miteinander. Er steht so ein bisschen auf SM, ist gerne devot. Kein Problem, mache ich mit, solange es nicht nur so sein muss. Hätte das schon gerne im ausgewogenen Maße. Aber was ist das Ende vom Lied? Zwei Abende Sex nach seinen Vorstellungen gehabt und er ist den nächsten Abend wieder ins Netz, um sich Kontaktanzeigen reinzuziehen. Für mich steht fest, er kann nicht anders, ist süchtig. Wir können darüber reden, aber es kommt dann fast immer zum Streit. Er sagt selber, es sei wie eine Sucht, ein Zwang, und dann müsse er ins Internet. Warum er den Abend wieder drin war: er hätte Lust bekommen. Schade, dass er sich dann nicht auf mich besinnt. Er sagt selber, dass er das nicht möchte, ins Internet gehen, aber nach ein paar Tagen muss er es dann wieder tun. Ich habe ihn gebeten, eine Therapie zu machen, doch er meint, das könne man nicht therapieren. Er hat mir versprochen, damit aufzuhören, doch eigentlich kann er das gar nicht. Ohne Hilfe. Ich habe gesagt, wenn er das gar nicht will, dann könnten wir die Seiten doch sperren... Da ist er richtig wütend geworden. Außerdem ist das alles meine Schuld, weil ich immer schnüffel. In seinem Handy, im PC. Ich sei nur eifersüchtig, sagt er. Jetzt wo ich das so schreibe, bemerke ich wirklich, dass es eine Sucht ist. Es erinnert mich an einen ExAlkoholiker, den ich sehr gut kenne. Mich ärgert es, dass ich mit abhängig bin. Ich habe mittlerweile den Zwang, sein Handy zu durchsuchen, jeden Schritt im Internet zu verfolgen, die Mails zu checken. Das finde ich ganz fürchterlich. Und ihn ärgert es, er wirft mir vor, ich vertraue ihm nicht. Aber ich kann einfach nicht vertrauen und habe Angst, dass er sich wirklich mit jemandem trifft. Ziemlich durcheinander geschrieben alles. Wenigstens habe ich eine Erkenntnis: Ich bin nicht falsch, an mir und meinem Körper liegt es nicht. Hat erst einmal gut getan, mir das alles von der Seele zu schreiben... Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. 15 Warum? Soweit die Angehörigen von betroffenen OSS. In unseren Beratungen sagen uns die Angehörigen immer wieder, dass sie unbedingt das „Warum“ klären wollen. Dies scheint eine zentrale Frage zu sein. Unser Rat an Sie ist, diese Frage ganz schnell zu vergessen! Es gibt keine Antwort darauf, und der Betroffene selbst weiß sie meistens auch nicht! Es kann nicht schaden, sein Handeln zu hinterfragen, aber ein Schlüsselerlebnis oder einen ganz konkreten Grund für die OSS ergründen zu wollen, ist so gut wie unmöglich. Der berühmte Philosoph Lichtenberg schrieb einmal in seinen Aphorismen: „Es gibt eine Wirklichkeit und viele Wahrheiten!“ Hier sollen allenfalls einige mögliche Risikofaktoren für OSS genannt sein: I. Allgemeine Ursachen • leicht zugänglich • anonym • kostengünstig • jederzeit verfügbar • jede Spielart vorhanden • triebhafte Natur des Menschen • Sexualisierung, erotische Stimuli im Alltag & Porno-Kultur • lange Dauer zwischen Geschlechtsreife und Ehe bzw. Beziehungsfähigkeit • Gewöhnung an Selbstbefriedigung als Ventil zum Frustabbau • rascher Belohnungseffekt durch Orgasmus 16 II. Persönliche Ursachen • Beziehungsdefizite und wenig erfüllende Freundschaften • Geringes Selbstwertgefühl • Vernachlässigung in der Kindheit • Mangel an Abenteuer, Herausforderung, Aufgaben, Sinn • Mangel an Strukturiertheit bei zu viel frei einzuteilender Zeit • Mangel an Disziplin • Unfähigkeit zur Intimität durch Grenzverletzungen (Sexueller Missbrauch) • Konfliktreiche Sexualität • Seelischer Schmerz • Vernachlässigung der Zusammen hänge von Gefühl, Denken und Handeln • Möglichkeit der Projektion der verborgenen Wünsche • Vernachlässigung in der Kindheit • Porno-Vorprägung in sensibler Phase • Störung der Einheit von Bindungsfähigkeit, Verliebtheit & Sexualität III. Situative Ursachen • Hungry: Hunger • Angry: Ärger • Lonely: Einsamkeit • Tired: Müdigkeit • Frustration • Überforderung oder Stress • Langeweile • Beziehungsstreit, Konflikte oder Trauer • Versuchung („Gelegenheit macht Triebe“) Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. Warum? Halten Sie sich auch nicht damit auf, ihn um die „ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit“ zu bitten. Diese Wahrheit würde Sie so sehr verletzen, dass Sie womöglich wirklich nicht mehr in der Lage wären, an etwas anderes zu denken oder gar zu verzeihen. Und die sogenannte Wahrheit würde nicht einmal stimmen. Sie hat in den Suchtphasen mit der wirklichen (realen) Wahrheit nicht das Geringste zu tun. Schildert Ihnen Ihr Mann nun aber seine Sessions in aller Ausführlichkeit und in allen Details, so könnten Sie das nicht verstehen und würden womöglich daran zerbrechen, wobei Ihr Partner das alles gar nicht so ernst gemeint haben mag, was er online getrieben hat. Anonym: Hallo, ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll, es geht darum, dass mein Partner unsere Beziehung mehr oder weniger beendet hat, da ich ihm ziemlich auf den Nerv ging, als ich gemerkt habe, dass er immer wieder erneut mit anderen Frauen pornographisch in Verbindung tritt. Per Internet und Handy. Ich kam damit nicht klar und wollte ihm helfen, davon loszukommen, da die Rechnungen große Ausmaße dafür angenommen haben. Er hat mir immer wieder versichert, er wird damit aufhören, jedoch vergeblich, er lügt mich nur noch an. Immer und immer wieder. Ich liebe diesen Menschen und habe mit meinen Versuchen, ihn davon loszubringen, nur das Gegenteil erreicht, so dass er nun keinen Sinn mehr in der Beziehung sieht. Gibt es dazu einen Rat? Ich liebe ihn doch! Liebe Grüße Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. 17 Co-Abhängigkeit. Wo stehe ich als Angehörige? Es ist für jeden Angehörigen eines Onlinesexsüchtigen ein großer Schock erkennen zu müssen, dass der geliebte Mensch sich anderweitig sexuell befriedigt. Man kann es einfach nicht verstehen! Was fehlt ihm denn, das ich ihm nicht geben kann? Die Tatsache, dass die Frauen, mit denen er seine Spielchen treibt, nicht „greifbar“ sind, macht es nicht leichter, mit dieser schockierenden Situation umzugehen, sondern eher schwerer. Es entsteht ein regelrechtes Kopfkino, in dem frau sich ausmalt, wie schön die anderen Frauen wohl sind, wie freizügig sie sein können und wie sehr sie sexuell auf den geliebten Partner einwirken können. Allein die Vorstellung, dass andere, wildfremde Frauen den besten Freund IHRES Mannes betrachten und sich an ihm aufgeheizt haben könnten, löst meist eine tiefe Abscheu aus. Aus der anfänglichen Ungläubigkeit wird schnell Wut und Zorn. Nach den ersten offenen (Streit-)Gesprächen wird oftmals immer klarer, wie „krank“ der Partner wirklich ist und ganz schnell entsteht dann der Wunsch zu helfen. In guten und in schlechten Zeiten, nicht wahr? Haben Sie schon einmal etwas von CoAbhängigkeit gehört? Der Begriff ‘Co-Abhängigkeit’ (CoDependency) entstand schon in den 70er 18 Jahren, später mit der Erweiterung und Änderung der Diagnose “Alkoholismus” zu “Chemical Dependency”, das heißt der Abhängigkeit von chemischen Substanzen. Er beschreibt die im Verlauf der Suchterkrankung entstehenden Verhaltensweisen, Einstellungen, Rollen und Störungen, die diejenigen Menschen annehmen, die längere Zeit mit einem Suchtkranken in einer engen Beziehung gestanden haben oder stehen. Dies kann ein Partner sein, ein Kollege, ein Freund oder das eigene Kind. Wer mit einem suchtkranken Menschen in seiner Familie zu tun hat, weiß genau, durch welche Hölle man geht, wenn man zusehen muss, wie sich ein Mensch selbst ruiniert. Maßlose Hilflosigkeit breitet sich aus, weil keine Argumente fruchten, solange der Betroffene selbst seine Lage nicht einsieht und etwas verändern möchte. Co-Abhängigkeit beginnt genau an dem Punkt, wenn der Angehörige glaubt, er selbst sei für die Sucht des Betroffenen verantwortlich. Angehörige von Suchtkranken bringen eine enorme Energie auf, um auf den Betroffenen einzureden und ihn davon zu überzeugen, dass sein Verhalten falsch ist, doch außer der eigenen Erschöpfung wird meist nichts erreicht. Der Abhängige verschließt sich mehr und mehr, da er dem Druck und der Kontrolle nicht mehr standhält und sich entzieht, indem er genau das Gegenteil tut, was der Angehörige von ihm erwartet. Versuche, einen Raucher durch Argumente zum Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. Co-Anhängigkeit. Wo stehe ich als Angehörige? Nichtrauchen oder einen Essgestörten zur bewussten Ernährung zu bewegen, scheitern ebenso kläglich wie die Argumente, dass ein Onlinesüchtiger sich selbst schadet und sich wieder dem realen Leben zuwenden sollte. Co-Abhängige verlieren den Blick für sich selbst, indem sie dem Betroffenen immer nur schlaue Ratschläge geben und nach ihren eigenen Maßstäben bestimmen, was gut und was schlecht für den anderen ist. Sie wollen helfen und leiden unter dem offensichtlichen Versagen, entwickeln Schuldgefühle, weil der Betroffene nicht einsehen will, dass sie es eigentlich gut meinen - mit dem Betroffenen, nicht mit sich selbst. Co-Abhängige glauben häufig, dass der andere (Betroffene) wichtiger sei als sie selbst und geben sich dabei auf. Ihnen ist wichtiger, die Bedürfnisse des anderen zu spüren und enttäuschen lieber sich selbst als andere. Logisch, dass der Frust über den ausbleibenden Dank für dieses „große Opfer“ noch einen draufsetzt und den Co-Abhängigen in seiner Opferrolle bestärkt. Wann ist man denn eigentlich coabhängig? Sie sollten sich fragen, über wen oder was Sie sich selbst definieren, dann werden Sie selbst die Antwort darauf finden, ob Sie co-abhängig sind oder nicht. Diagnostische Kriterien für eine coabhängige Persönlichkeitsstörung sind: • Das beständige Abhängigmachen des eigenen Selbstwertgefühls von der Fähigkeit, sich selbst und andere kontrollieren zu können, angesichts erheblicher nachteiliger Folgen. • Das Übernehmen der Verantwortung, die Bedürfnisse anderer zu befrie digen, bis hin zur Unfähigkeit, die eigenen Bedürfnisse wahrnehmen zu können. • Angst- und Abgrenzungsstörungen in Bezug auf Intimität und Trennung. • Verstricktsein in Beziehungen mit Persönlichkeitsgestörten, Abhängig keitskranken, anderen Co-Abhängigen und/oder impulsgestörten Individuen. Die einzige Welt, die wir verändern können, ist die eigene! Und genau da sollten wir anfangen und zwar mit all dem, was uns gut tut. Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. 19 Co-Abhängigkeit. Wo stehe ich als Angehörige? Was kann ein Co-Abhängiger tun? Oft hilft die Teilnahme an Selbsthilfegruppen. Aber auch Kuren in psychosomatischen Kliniken können helfen. Der Besuch beim Therapeuten bleibt den meisten nicht erspart. Unternehmen Co-Abhängige gar nichts, kann es in die soziale Isolation und letztlich zum Suizid führen. Hillary schreibt: ... dann bin ich auf Seiten gestoßen, wo er Sexkontakte suchte. Es gab Gespräche, auf die er sich nicht wirklich einlassen konnte. Es war ihm jedes Mal unendlich peinlich. Um es kurz zu machen, so alle halbe Jahre kamen neue Web-Seiten, ZweitHandys, Pornoseiten, Rechnungen, Schulden etc. ans Licht. Heimlichkeiten und Lügen wurden zur Tagesordnung. Seine Arbeit und die sozialen Kontakte hat er extrem vernachlässigt - ich wurde immer verzweifelter, wütender, trauriger - habe ihm dies auch jedes Mal mitgeteilt, ihm die Pistole auf die Brust gesetzt, hab ihm Paartherapie angeboten alles vergebens. Meine Gefühle fuhren/fahren Achterbahn. Ist er doch ein liebenswerter Mann. Ich liebe ihn doch! Er wollte es lassen, hat es aber nicht geschafft. Es kamen die üblichen Versprechungen, das Heulen und Zähneklappern. Er hat einen Tag eine Sexsucht eingestanden, den nächsten Tag war ich die eifersüchtige Furie, die alles aufbauscht. Immer wieder lenkte ich ein, gab ihm eine Chance nach der anderen. Bis heute wusste ich nicht, dass es OSS gibt. 20 Wie aber kann ich ihm (und mir) helfen? Leider muss man viel zu oft erkennen, dass man selbst hilflos bzw. machtlos ist. Helfen können Sie nur dann, wenn der Abhängige dies auch ernsthaft will. Sie werden mehr als einen Rückschlag hinnehmen müssen, denn der erste Versuch des Suchtausstiegs geht in der Mehrzahl der Fälle schief. Wichtig ist dann, dass der Betroffene dort weitermacht, wo er vor dem Rückfall stand. Aber wir wollen hier nicht abhandeln, was der Betroffene selbst tun kann, denn er findet Hilfe, wenn er diese sucht. Zum Beispiel bietet der HSO e.V. auch Beratungen an (www.onlinesucht.de/ berkos.pdf), die eine hohe Erfolgsquote aufweisen. Aber darüber hinaus gibt es inzwischen auch erfahrene Therapeuten und Kliniken, die sich mit Onlinesexsucht auskennen. Der HSO e.V. gibt Ihnen gern Empfehlungen. Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. Co-Abhängigkeit. Wo stehe ich als Angehörige? Zurück zu Ihnen. Sie werden sicher schon versucht haben, sich zu informieren, wie Sie es ja auch gerade mit der Lektüre dieser Broschüre tun. Man hat am Anfang 1.000 Fragen und kaum Antworten. • • • • • • • • • • Warum ist das nur alles so gekommen? Wo habe ich versagt? Wo kann ich mich hinwenden? Wie verhalte ich mich? Was mache ich jetzt? Wie kann ich ihn zurückerobern? Was macht diese Onlinesexsucht aus unserer Familie? Ist es überhaupt so schlimm? Wie kriege ich ihn dazu, sich Hilfe zu suchen? Wie kann ich ihm helfen? Ich bin nicht schuld an seiner Onlinesexsucht. Warum jemand onlinesexsüchtig wird, können selbst die Betroffenen kaum erklären. Welcher Alkoholiker kann schon genau benennen, wann der Genuss zur Sucht wurde? Viele schlittern einfach aus einer anfänglichen Erregung in die immer härtere „Droge Porno“ hinein. Niemand wird Ihnen die Zweifel abnehmen können, mit denen Sie sich in der ersten Zeit und manchmal auch noch lange darüber hinaus selbst zerfleischen. Ist das Kopfkino erst einmal eingeschaltet, läuft es unaufhaltsam weiter. Was habe ich falsch gemacht oder übersehen? Warum habe ich nicht früh genug gemerkt, was los ist? Diese Zweifel werden auch immer wieder präsent sein, aber Sie müssen lernen, die Schuld nicht auf sich zu nehmen! Die Angehörige eines OSS-Partners empfindet Wut, Misstrauen, Zurückweisung, Ablehnung, ist sexuell unerfüllt und häufig depressiv. Die Folge: Der Abhängige und die Angehörige meiden den Sex! Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. 21 Co-Abhängigkeit. Wo stehe ich als Angehörige? Christine, 36 Jahre, schreibt: Ich hatte Angst ihn zu verlieren. Ich versuchte, mit den sexuellen Phantasien und Online-Partnerinnen meines Mannes mitzuhalten – ich wurde zum Sexspielzeug und ließ es mit mir machen. Ich ging sogar mit ihm in einen Swinger-Club, obwohl es mir total zuwider war! Nach einer Weile wollte ich überhaupt keinen Sex mehr! Es ging nicht mehr. Aber ich liebe ihn doch, so ging es ständig durch meinen Kopf. Dennoch funktionierte es nicht. Immer wenn er mich anfassen wollte, bekam ich eine Gänsehaut und die entstand nicht aus lauter Lust! Schuldgefühle plagten mich, aber ich konnte einfach keinen Sex mehr mit ihm haben! Halten wir aber nun einmal inne: Niemand hat den Abhängigen gezwungen, süchtig zu werden. Dieses war sein eigener Entschluss, es war sein eigener Weg. Machen Sie sich dies unbedingt klar. SIE können gar nichts dafür! Nicht Sie haben ihm die Pornos runtergeladen und die sexuellen Kontakte aufgezwungen. Das müssen Sie sich immer wieder sagen! Und Sie haben bereits lernen müssen, dass der Süchtige sich verändert. Das ist wohl einer der schwersten Punkte, aber schon an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass sich diese Veränderung auch wieder umkehren lässt. Wir vergleichen Onlinesexsucht mit einer Art von Schizophrenie. Der Betroffene ist wirklich nicht mehr Herr seiner Sinne. Er tut da etwas im Netz und an sich selbst, was er als onlinesexsuchtfreier Mensch niemals begreifen würde. Er könnte es selbst nicht verstehen, es ist ein zweites 22 Ich, das da handelt. In den Onlinesex schleicht sich eine Art von Automatik ein. Letztlich geht es nämlich gar nicht mehr um die Befriedigung, sondern ist vielleicht in eine Art der „Rubbelei“ ausgeartet, die häufig sogar schmerzhaft sein kann. Der Süchtige wird lügen, sich prostituieren und mit Suizid und allem Möglichen drohen, um seine Sucht zu befriedigen. Er wird SIE beschuldigen, dass Sie es sind, die den immer wiederkehrenden Streit in der Familie auslöst. Er wird mit dem Finger von sich zeigen, um sich nicht selbst entlarven oder hinterfragen zu müssen. Das alles heißt aber NICHT, dass er Sie nicht mehr liebt. Er kann einfach nicht anders, denn das Denken und Handeln wird von der Sucht, dem Dämon bzw. Suchtteufel bestimmt. Diese Situation kann sich über Jahre hinziehen, machen Sie sich das klar. Betroffene berichten häufig, dass sie bereits über 10 Jahre schon süchtig nach Pornos und Internetsex sind. Auch wenn ein OSS sich gegenüber seiner Partnerin outen sollte, wird diese Dauer der Abhängigkeit häufig aus einer maßlosen Scham heraus verschwiegen. ... und ich liebe sie doch genauso wie sie mich! Nach der Entdeckung der OSS durch die Partnerin wird von den Betroffenen gern als Ausrede benutzt, dass es sich allenfalls um eine „Phase“ handelt. Die Sucht wird verharmlost. Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. Co-Abhängigkeit. Wo stehe ich als Angehörige? Der Abhängige wird, wenn er ausstiegswillig ist, häufig viele durchaus ernstgemeinte Versuche starten, um sein Verhalten zu verändern, aber meist gelingt es ohne Hilfe dann doch nicht. Wer von Ihnen Raucherin ist, weiß wie es mit den guten Vorsätzen aussieht, die man im Moment sehr ernst meint, wenn man ankündigt, mit dem Rauchen aufhören zu wollen. Nach einigen Stunden aber werden alle Vorsätze über Bord geworfen, als hätte man sie nie gefasst. Oft bedarf es mehrerer Anläufe, um aus der Onlinesexsucht auszusteigen. Aus unserer Beratungspraxis wissen wir, dass es ca. 75 – 80 % den Ausstieg mit Hilfe einer begleitenden Beratung und der Unterstützung der Partnerin schaffen, die Beziehung aufrecht zu erhalten und sogar durch die gemeinsam bestandene Krise zu intensivieren. Haben Sie Mut, denn ....... ... die Hoffnung stirbt zuletzt! Dennoch gibt es immer wieder auch Trennungen, das soll hier nicht verschwiegen werden. So schrieb Heike: Hi, ich habe den anderen Weg gewählt und mich vor zwei Monaten von meinem Freund, der so ähnlich drauf war wie all’ Eure onlinesüchtigen Partner, getrennt. Und ich muss dir sagen - mir geht es um 1000% besser. Jetzt muss ich mir keine Gedanken mehr machen, was ich falsch mache und ob es irgendwie an mir liegt. In meinem Job läuft alles viel besser, ich habe wieder viel mehr Kraft und Nerven und würde das im Nachhinein jederzeit wieder so machen. Es gibt auch Beispiele, dass es klappen kann und sich lohnen kann, aber der Weg der Trennung ist auch nicht “verboten”. Wir leben alle nur einmal und sollten uns schon überlegen, ob der Stress an der Seite eines ewig Süchtigen überhaupt lohnt. Zuerst wurde er süchtig, dann verkrüppelte unsere Liebesfähigkeit Die Co-Abhängigen haben dem Suchtkranken geholfen, seine Sucht zu vertuschen, sie haben Verantwortung für ihn übernommen, sie haben für ihn Konflikte gelöst und sie haben ihm das Leben erleichtert, wo sie nur konnten. Doch dabei sind die Co-Abhängigen die Leidtragenden, denn sie engen oft ihr eigenes Leben ein, nur um dem Betroffenen keinen Grund für seine Sucht oder seinen weiteren Konsum zu geben. Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. 23 Co-Abhängigkeit. Wo stehe ich als Angehörige? Testen Sie selbst, was auf Sie zutrifft: Frage Ich habe Versäumnisse des Suchtkranken gegenüber Dritten versucht zu vertuschen, zu entschuldigen oder zu verharmlosen. Meine Beziehung zum Suchtkranken wurde immer distanzierter. Ich habe schon bemerkt, dass das Verhältnis meines Angehörigen/Freundes/Kollegen zu seinem Suchtmittel Internet nicht normal ist. Meine Beobachtungen dazu habe ich immer weniger angesprochen, sondern stattdessen habe ich angefangen, mich und andere über den tatsächlichen Umfang des exzessiven Porno-Konsums hinwegzutäuschen. Ich habe mich immer mehr darum bemüht, ein gutes Bild meiner Familie bzw. meines Betriebes nach außen hin zu präsentieren, während dem Betroffenen selbst dies völlig egal war. Der Betroffene hatte immer mehr Heimlichkeiten vor mir, die ich nicht verstand. Ich wurde von dem Suchtkranken immer wieder enttäuscht, gekränkt und zurückgewiesen, habe dies aber ihm gegenüber nicht angesprochen. Sehr häufig habe ich auch Angst vor den Reaktionen des Betroffenen und deshalb unternehme ich nichts in bezug auf seine Sucht. Ich habe immer mehr Verantwortung und Pflichten für den Betroffenen übernommen, weil dieser meist nur noch passiv war. 24 Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. Ja Nein Co-Abhängigkeit. Wo stehe ich als Angehörige? Frage Ja Nein Es hat mir sehr geholfen, dass Außenstehende meine Kraft und Initiative bewunderten, die ich durch die Suchtkrankheit des Betroffenen entwickelt habe. Ich suche sehr oft Gelegenheiten, um den Kontakt zum Suchtkranken zu vermeiden. Wegen der Probleme mit meinem suchtkranken Angehörigen/Partner/Freund/Kollegen war ich schon mal in ärztlicher oder psychologischer Behandlung. Ich musste erkennen, dass ich eigentlich nichts gegen die Sucht des Betroffenen tun kann, aber ich habe es trotzdem immer wieder versucht. Oft fühle ich mich kraft- und mutlos und ohne jede Zukunftsperspektive und wünsche mir, dass irgendetwas von außen geschieht, was die ganze Situation verändern würde. Wenn ich mich sehr stark wegen der Abhängigkeit des Betroffenen belaste und dies auch durchstehe, dann empfinde ich ein Gefühl von Wert und Selbstachtung. Ich habe schon einmal in Erwägung gezogen, den Kontakt zum Betroffenen abzubrechen, habe dies dann aber nicht in die Tat umgesetzt. Oft habe ich körperliche Beschwerden (Kopfschmerzen, Magenprobleme), bei denen ich vermute, dass sie durch psychische Ursachen ausgelöst werden. Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. 25 Co-Abhängigkeit. Wo stehe ich als Angehörige? Frage Ja Nein Es ist schon sehr häufig vorgekommen, dass ich von mir aus meine eigenen Interessen und Bedürfnisse wegen dem Suchtkranken nicht erfüllt habe. Ich habe schon einmal eine innere Ablehnung oder auch Hass gegenüber dem Suchtkranken empfunden, über die ich sehr erschrocken war. Ich bin eher eine starke Persönlichkeit, die Menschen sucht, die sie umsorgen und führen kann. Ergebnis: Punkte Auswertung 0- 2 Gratulation! Sie sind nicht co-abhängig. 3-5 Sie sind in das Abhängigkeitssystem des Suchtkranken mit verwickelt und sollten sich fragen, ob Sie ungewollt die Suchterkrankung des Partners verlängern. Suchen Sie professionelle Hilfe auf. Durch die Unterstützung einer Selbsthilfegruppe, einer Beratung oder in einer Reha können Sie lernen, einen klaren und hilfreichen Umgang mit dem Suchtkranken zu finden. 6 - 20 Sie befinden sich im Teufelskreis der Abhängigkeit mit dem Suchtkranken. Beide, der Suchtkranke und Sie brauchen Hilfe. Sie sollten dringend eine Beratung in Anspruch nehmen, einen Therapeuten oder eine Selbsthilfegruppe aufsuchen bzw. eine Reha-Maßnahme in Anspruch nehmen! Bitte beachten Sie, dass ein Fragebogen keine „Diagnose“ sein kann, sondern dass es sich nur um einen groben Überblick handelt, was eventuell zutreffen könnte. Wenn Sie berücksichtigen, dass Sie die Sucht Ihres Partners nicht länger unterstützen wollen, haben Sie schon viel gewonnen – Ihr Partner im Übrigen auch! 26 Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. Ein Paar, das die Krise als Chance begriff Die (ehemalige?) OSS meines Mannes (54 J.) ging auch an mir, Denise, 45 J., nicht spurlos vorbei. Viele Narben und noch kleine offene Wunden begleiten auch heute noch mein Leben. Dennoch, „mit den Steinen die man(n) mir in den Weg gelegt hat, habe ich mir einen Weg gebaut.“ Ich stieß nach ca. 7 Jahren exzessiven Internetkonsums meines Mannes durch Zufall im Internet auf die Seite des HSO e.V. und das zugehörige Forum. Die Leute vom HSO und Mitglieder des Forums öffneten mir schnell die Augen, und ich erkannte, dass das, womit mein Mann mir das Leben schwer machte, auch einen Namen trägt: Onlinesexsucht. Es lag an mir, dass ich erst ein Jahr später wirklich begriff, dass ich mich erst selbst ändern muss und dann, wirklich erst dann, sich auch der andere ändern wird. Ebenso, dass die andere Seite sich aber auch niemals ändern wird, wenn sie es nicht selbst wirklich will! So begann ich mit der Arbeit an mir, indem ich mich über dieses Phänomen der OSS informierte. Ich wusste schließlich, dass es sie gab, dass sie existent ist, und dass ich sie nicht ungeschehen/ rückgängig machen konnte. Aber sie nahm mir „die Luft zum Atmen“, betäubte meine natürlichen Sinne, nahm meiner Seele jegliches unbefangenes Glück. Mein Mann hatte mir lange genug eindeutig mitgeteilt, dass er sich nicht für süchtig hält, dass alles was er tut, absolut normal und harmlos sei, er doch nur mit den Personen im Sexchat „spiele“, nichts real anfasse und deshalb auch nicht untreu sei. In allen Gesprächen, die ich mit ihm suchte, wollte ich in ihm etwas erreichen, etwas verändern. Abgesehen davon, dass man nie einen anderen Menschen verändern kann, war mir nie bewusst gewesen, dass ich einen süchtigen Menschen nicht erreichen konnte und machte mich selbst immer weiter zu einem machtlosen, leidenden Geschöpf. Ich tat mir in meiner Hilflosigkeit unendlich leid. In dieser „Katastrophenbeziehung“, wie ich sie damals empfand, hielt ich es SO aber nicht weiter aus. Ich musste endlich begreifen lernen, dass ich für meine Gefühle selbst verantwortlich war und mich von der Vorstellung einer vergifteten Zukunft befreien musste. Erst dann konnte ich die Gegenwart sinnvoll und freudvoll gestalten. Eine positive Veränderung musste zu allererst in mir selbst stattfinden. Ich hörte auf, meinen Mann für seine OSS zu verurteilen und richtete meinen Fokus immer weiter auf mich und hörte auf, alles wissen zu wollen was, wann und wie er es getan hatte oder noch tat. Und das Wichtigste, ich musste meinen Kontrollzwang in den Griff bekommen, meine eigene Co-Abhängigkeit besiegen. Ich mochte mich selbst nicht dafür, konnte aber nicht dagegen angehen. Eins wurde mir ganz klar: ICH wollte nicht mehr das Opfer SEINER OSS sein. Auf meinen Weg der inneren Wandlung brachte mich die Beraterin des HSO e.V. und meine wunderbare Mutter, der ich immer alles anvertrauen konnte und kann. Meine Mutter sagte an einem Tag unserer vielen Gespräche: „Denise, es geht nicht darum, was *.....* tut, damit du dich wohl fühlst und glücklich bist, es geht immer nur darum, für was du dich selber entscheidest und wie du selbst handelst und denkst. Nicht andere tragen die Schuld für Dein Leid, das entscheidest Du selbst. Abgesehen natürlich von Schicksalsschlägen wie Krankheit, Verlust etc. Diesen Rat sog ich in meinem Bewusstsein auf wie ein Schwamm. Daraufhin informierte ich mich mit entsprechender Fachlektüre und zum Teil auch im Forum des HSO, wie andere es geschafft hatten, Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. 27 Ein Paar, das die Krise als Chance begriff der OSS Herr (Frau) zu werden. Um es auf den Punkt zu bringen: Mein Leben ist die Summe aller Entscheidungen! ...aber trennen wollte ich mich (noch) nicht. Als mir das bewusst war, konnte ich meine Gedanken ändern. Und es dauerte nicht lange bis ich spürte, was ich schon fast vergessen hatte: Ich fühlte wieder Freude an meinem Leben, an allem was ich tat, Wohlsein, glücklich sein, so intensiv wie noch nie zuvor. Es war, als hätte sich eine Zentnerlast von meinem Herzen entfernt. Ich habe mit der positiven Arbeit an mir selbst nicht nur den Kummer der OSS verarbeiten können, ich konnte auch lernen, weitere Probleme meines Lebens mit anderen Augen zu sehen. Endlich passten Körper und Seele wieder harmonisch zusammen und es war von Anfang an ein wunderbares Gefühl, das ich nie wieder hergeben möchte. Es war ein langer Weg, auf dem ich u.a. auch lernen musste, meine Ängste abzulegen. Angst vor weiteren brutalen Lügen, Angst, dass er „es“ wieder tun wird ..... wann? ...wo? .....wie? ...mit wem? ...reale Treffen mit Kontaktpersonen aus dem Web ... Angst, es nicht weiter auszuhalten, neben einem Mann zu leben, der kein sexuelles Interesse mehr an mit zeigte. Würde er es je wieder tun? Genau diese Angst hatte mich so verändert, genau davon musste ich mich befreien. Für mich und wie mir jetzt bewusst ist, auch für meinen Mann. Meine Angst distanzierte mich in meinen Gefühlen von meinem Mann. Ich wurde aggressiv und wütend. Wir stritten ständig und ich selbst glaubte manchmal von mir selbst, ich sei eine Furie. Die Angst und mein Misstrauen fraßen mich auf. Manchmal war es sogar soweit, dass er mich zeitweise richtig anekelte. Aber ich liebte ihn doch, wie konnte das also sein? Meine Beraterin stellte 28 mir die alles entscheidende Frage: Liebst Du ihn WIRKLICH noch? JA, meine Liebe zu ihm war die Basis unserer Beziehung geblieben, hier war der Weg geebnet, um unserer Beziehung eine neue Chance zu geben. Obwohl mein Mann unsere Liebe unbewusst und mit den Angriffen des Suchtteufels auf eine harte Probe stellte, war meine eigene Veränderung schlussendlich unser Rettungsanker. Unsere Gespräche begannen sich zu verändern. Mein Mann nahm immer mehr die Veränderung an mir wahr. Selbstsicher war ich endlich in der Lage, ihm unmissverständlich klar zu machen, das jeder von uns die totale Selbstverantwortung für sich übernehmen müsse. Ich sagte ihm (und frage mich heute noch, wo ich den Mut hernahm), dass er die Konsequenzen zu tragen habe, die unter Umständen eine Trennung nach sich zöge, wenn er weiterhin keine therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen würdee, um die Sucht zu bekämpfen. Ich machte ihm klar, dass es Regeln in einer Beziehung gibt, an die sich beide Seiten zu halten haben. Ich sagte ihm auch, dass ich meinem Sinn des Lebens wieder nachgehen und mich nicht weiter mit seiner Sucht befassen würde. Das war ab diesem Zeitpunkt sein Part. Wir standen an einer Weggabelung unseres Lebens, das war mir klar. Ob mein Mann das auch so empfand, wusste ich nicht. Hier würde sich jetzt jedenfalls herausstellen, in welchem Maße unsere Liebe trotz aller Hürden noch existent war. Siegte der Suchtteufel oder siegte unsere Liebe?! Keiner von uns wusste es. Mein Mann hatte zuvor mit all seinen Lügen mein Vertrauen zu ihm zerbrochen und so konnte ich seiner Aussage, dass er nun konkrete Hilfe vom HSO e.V. in Anspruch nehmen wolle, nicht trauen. Log er mich wieder an? Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. Ein Paar, das die Krise als Chance begriff Ich konzentrierte mich jedenfalls wieder zu 100% auf das Wesentliche in meinem Leben: Die Kinder, meine Gesundheit, mein Wohlbefinden! In meinen Gedanken wirbelten alle Phasen und Facetten meiner/unserer Vergangenheit und die der Gegenwart. Wurde es mir doch gerade jetzt zeitweise immer wieder bewusst, wie sehr die Sucht meine Mannes mich „aus der Spur“ gebracht und innerlich so zerrüttet hatte. Doch um so mehr ich in vielen hilfreichen Büchern las, verinnerlichte, umsetzte, desto schneller konnte ich auch diese negativen Gedanken ablegen. Diese Fachliteratur hat mir von Seite zu Seite mehr die Augen geöffnet. Mein Mann hatte die Beratung tatsächlich begonnen und zeigte mir, dass er es ernst meinte mit seinem Suchtausstieg. In mir keimte eine Hoffnung auf, und ich beschloss, selbst auch eine Beratung in Anspruch zu nehmen. Ich glaube, das war unsere Rettung. Mir hat die menschliche Hilfe Mut und Kraft gegeben durchzuhalten, mit vielen wertvollen Ratschlägen. Und dabei kannte uns diese Beraterin gar nicht. Dennoch war sie damals unendlich wichtig für uns und unsere Zukunft. Diese Zeit gab uns beiden die Hoffnung zurück. Mein Mann sagte mir das erste Mal aufrichtig, dass er jetzt erst erkennen würde, wie sehr er mich verletzt hatte. Das erste Mal schien sich endlich auch mal in ihm ein schlechtes Gewissen mir gegenüber zu regen. Ich nahm von Tag zu Tag weitere positive Veränderungen an ihm wahr. Er war es, der nun selbst erkannte, dass sein exzessives Pornoverhalten längst zur Sucht geworden war. Und er sprach mit mir darüber. Das Paradoxe war ja, dass mein Mann sich in den Zeiten seiner OSS immer wohl gefühlt hatte, ich aber gleichzeitig litt wie ein Hund. Zu dem Zeitpunkt, als er einsah und zugab, süchtig zu sein, fing er an zu leiden und mir ging es etwas besser. In der Zeit des Ausstiegs litt er und ich fühlte mich wohler. Die Verhältnisse hatten sich umgekehrt. Ich arbeitete weiter auch an mir, mein Mann an sich und der Bekämpfung seiner Sucht. Aber es wurde auch mehr und mehr ein gemeinsamer Weg, auf dem wir uns beide wieder gefunden hatten. So wurden unsere Gespräche auch zunehmend konstruktiver und von seiner Seite aus endlich ehrlicher. So konnte mein Vertrauen ihm gegenüber wachsen, wenn auch in kleinen, aber sicheren Schritten. Rückfälle??? Ja!! Wie bei allen anderen Betroffen, die aus einer Sucht aussteigen, blieb der eine und andere Rückschlag auch bei meinem Mann nicht aus. Ich war jedes Mal sehr enttäuscht ... aber mehr wegen den jetzt immer noch aufgetischten, (wenn auch nicht mehr hemmungslosen) Lügen, als über den Rückfall selbst. Denn die Lügen zeigten mir, dass mein Mann immer noch nicht begriff, was mir, seiner Frau, in solchem Moment wirklich wichtig war: Die Wahrheit! Sie war so notwendig, um das zaghaft aufgebaute Vertrauen nicht wieder zu zerbrechen. Ich war doch mittlerweile aufgeklärt genug um zu wissen, dass Rückfälle in der ersten Zeit nicht ausbleiben würden, warum also dann immer noch die Heimlichkeiten? Beim letzten Rückfall machte ich ihm klar, dass es „5 nach 12“ sei. Ihm blieb, nein, uns blieb nicht mehr viel Zeit, wenn er den Suchtausstieg nicht konsequenter durchziehen würde. Er begann nämlich schon, so einen Rückfall als „normal“ anzusehen. Wichtig war für mich, nicht ebenfalls wieder in mein altes Muster zu verfallen und weiter meinen Weg nach vorn zu gehen. Bewusst auf mittlerweile unser Ziel Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. 29 Ein Paar, das die Krise als Chance begriff gerichtet schauen: Die Sucht in der Vergangenheit zu lassen. Meine gefühlte Freude am Leben nicht wieder zu verlieren, niemals mehr wegen der/einer OSS meines Partners! Heute bin ich durch diese Krise gereift, habe in der Zeit meiner Wandlung nicht nur die OSS hinterfragt, sondern auch das, was im Allgemeinen starr und festgefahren in unserer Beziehung war. Mein Mann ist nun seit 5 Monaten frei von Rückfällen. Er sagt, es sei Vergangenheit. Von einer „Heilung“ sprechen wir bewusst nicht, denn wir haben lernen müssen, dass ein suchtgefährdeter Mensch immer suchtgefährdet bleibt. Und vielleicht würde das Wort „Heilung“ ihn zu sehr in Sicherheit wiegen. Wir sind also beide weiterhin auf der Hut, haben aber ein gutes Gefühl! Wir sprechen heute kaum noch von OSS und wenn, dann können wir uns in Ruhe und konstruktiv darüber unterhalten. Wir verarbeiten zurückgelassenen Seelenmüll gemeinsam. Man sagt: „Eine überstandene Krise nutzt einer Beziehung!“ Schön, dass wir es geschafft haben, denn wir haben gelernt, auch in dieser schweren Zeit nicht einfach voreinander wegzulaufen! Liebe ist .... die stärkste Macht im Kosmos! Das ist die Realität. mit der wir beide im Hier und Jetzt leben! Unsere Beziehung ist gefestigt und wir erleben vieles bewusster als es zuvor möglich war. Mein Rat an alle kann nur sein, sich Hilfe zu suchen, sich aufklären zu lassen und sich seiner Liebe zum Partner ganz bewusst zu sein! 30 Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. Ein Paar, das die Krise als Chance begriff Und das sagt ihr Mann: Nach 10 Jahren OSS kann ich , Jens 54 Jahre, endlich behaupten, frei von OSS, frei von etwas zu sein, das mich über die Jahre hinweg regelrecht „gefangen“ hielt. Meine Begeisterung und Freude für das was ich tat, wurde von Mal zu Mal größer. Was ich tat? Nun, ich sog alles in mich auf, was mit Pornos, Stellungen und sexuellen Aktionen zu tun hatte. Ich sammelte Fotos von nackten Frauen und probierte das gesamte Spektrum dieses Mediums Internet aus. Das ging sogar so weit, dass ich reale Kontakte suchte (zu denen es aber nie kam, wofür ich heute noch dankbar bin). Cybersex mit einer fremden Frau zu haben, das war für mich das Höchste der Gefühle. Das heißt, es wurden verschiedene Szenarien durchgespielt bis zur körperlichen (Selbst-) Befriedigung. Es ging mir dabei gut , weil ich das Gefühl hatte, alles das was ich mal gesehen bzw. gelesen habe, konnte ich per Tastatur und Fantasie erleben bzw. ausleben. Während meiner Zeit am PC hatte ich meinen Kopf ausgeschaltet und mich nur auf die Entwicklung der Geschichte auf dem Monitor konzentriert. Es ging mir super. Kurz nachdem ich den PC ausgeschaltet hatte und ich in die Realität zurück musste, meldete sich langsam mein Gewissen. Ich fühlte mich innerlich ziemlich zerrissen. Ich wusste, und es war mir wirklich ganz klar, dass ich meine Frau „betrogen“ bzw. hintergangen hatte. Dieses schlechte Gewissen hielt allerdings nicht sehr lange an. Kaum war ich wieder in meinem Auto, waren die Gedanken schon wieder in den Pornoszenen des Internets. Erst kurz bevor ich wieder nach Hause kam und meiner Frau begegnen würde, überkam mich ein ungutes Gefühl und eine innere Unruhe. Nach einer kurzen Zeit konnte ich feststellen, dass sie Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. 31 Ein Paar, das die Krise als Chance begriff gott sei dank nichts bemerkt hatte. Ich fühlte mich wieder sicher und „normal“. Allerdings hatte ich nicht unbedingt das Verlangen, mich abends noch mit ihr zu befassen, ich hatte weder das Bedürfnis nach Kuscheln noch nach Sex. Nichts, null Lust, denn die hatte ich ja bereits im Laufe des Tages per “Cybersex“ ausgelebt. Die vielen geilen Bilder waren alle noch in meinem Kopf, sie hatten aber nichts mit meiner Frau zu tun und ich kam niemals auf die Idee, diese Pornoszenen mit ihr ausleben zu wollen. Ich weiß gar nicht, wie ich es beschreiben soll, aber meine Frau war mir für so etwas zu wertvoll, zu unberührt. Klingt doof, ich weiß, aber sie passte einfach nicht in diese harte Porno-Szene, die ich virtuell in mich aufsog wie ein Schwamm. Ich ging immer öfter online, über Wochen, über Monate. Und dann passierte, was passieren musste: Meine Frau entdeckte auf dem PC meine besuchten Seiten und hatte dann auch in der Mailbox einige ziemlich offensichtliche E-Mails gefunden. Was war mir das peinlich! Ich fühlte mich ertappt, entdeckt, entlarvt und schrecklich schuldig! Dennoch versuchte ich, alles zu verharmlosen. Sätze wie „Stell dich nicht so an, das machen alle Männer. Ein bisschen über Sex sprechen mit fremden Leuten am Rechner, na und?“ klingen mir noch heute in den Ohren. Die Jahre vergingen. Ich kam überhaupt nicht auf den Gedanken, süchtig sein zu können. Ich redete mir ein, jederzeit aufhören zu können. Heute weiß ich, dass es die gleiche Suchtlüge war wie die eines Rauchers oder Alkoholikers. Ich versuchte es aber dann doch und es gelang mir tatsächlich, mich einige Zeit nicht an den PC zu setzen. Es waren bestimmt drei Stunden! ;-) 32 Dann wurde das Verlangen und die Neugier wieder stärker und es überkam mich. Schon war ich wieder im alten Trott. Es ging weiter mit Lügen und diesem abendlichen unguten Gefühl meiner Frau gegenüber. Ich hatte wirklich ein schlechtes Gewissen, aber meine Gier, an den PC zu drängen, war viel stärker. Meine Frau begann in dieser Zeit, sich zu verändern. Sie wurde viel „selbständiger“, wirkte viel selbstbewusster und fixierte sich immer mehr auf ihr Leben „ohne“ mich. Sie ging plötzlich mit ihrer Freundin aus, kaufte sich neue Klamotten, die sie mir nicht mehr zeigte. Erst heute ist mir bewusst, wie sehr ich das Interesse an ihrem Leben verloren hatte. Ich nahm so manche Veränderung an ihr wahr, begriff aber nicht, was in ihr vorging. Heute muss ich zugeben, dass ich mir auch nicht viele Gedanken darüber gemacht hatte, zu sehr war ich auf mich und meine „Kontakte“ im Chat fixiert. Dennoch stellte ich mir die eine Frage immer wieder: Würde ich sie am Ende doch verloren haben? Ich kannte sie nicht mehr wieder. Sie setzte sich aber trotzdem in dieser Zeit mit mir und meiner Sucht auseinander. Sie las Fachliteratur, nahm Beratungen in Anspruch, und ich glaube, sie sprach auch mit ihrer Mutter darüber. Ganz genau wusste ich das nicht, aber es machte mich noch unsicherer. Zeigten sie alle schon mit dem Finger auf mich? Es kamen nur noch zwei Möglichkeiten für uns in Betracht, nämlich entweder die Trennung oder aber ich hörte sofort auf und würde mir durch eine Therapie helfen lassen. Eine Alternative würde sie niemals dulden, sagte sie. Was sollte ich nur tun? Wieso setzte mich meine Frau so unter Druck? Erst jetzt wurde mir nach und nach bewusst, welchen Mist ich durch meine Sucht angestellt habe, wie ich meine Frau verletzt und Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. Ein Paar, das die Krise als Chance begriff gekränkt hatte. Ich begann, die Sache aus ihrer Sicht zu betrachten, und ich fühlte mich plötzlich ziemlich schlecht, dass ich sie über Jahre hinweg so mies behandelt hatte. Was hätte ich getan, wenn der Fall umgekehrt passiert wäre, also wenn meine Frau mit fremden Kerlen im Netz rumgemacht hätte? Unvorstellbar! Ich spürte etwas von Dankbarkeit, dass sie mich noch nicht verlassen hatte. Schließlich suchte ich mir Hilfe im HSO. Dort nahm ich eine individuelle Beratung in Anspruch und bat offen um Hilfe. So bekam ich viele Anregungen und Ratschläge, wie ich von dieser Sucht wegkommen könne, und ich befolgte sie auch. Ich lernte, dass man mit Lügen in einer Beziehung nicht weiter kommt. Ich begriff, dass sehr viel an Vertrauen verloren gegangen war und dass es schwer sein würde, unsere Beziehung wieder in einigermaßen vernünftige Bahnen zu lenken. Je mehr ich aber begriff, wie ich meine Frau verletzt hatte, desto mehr litt ich auch unter dieser Situation. Was hatte ich getan? An meiner Frau stellte ich fest, dass es ihr durch meine Einsicht und meine Selbstvorwürfe besser ging. Nun bin ich mittlerweile gute fünf Monate „suchtfrei“ (wenn man das überhaupt so sagen kann) und es geht mir viel besser. Es ist gar kein Vergleich mehr zu früher. Die Last dieses Lügengebildes, das ich mir aufgebaut hatte, die Last des Verstellens und Schauspielerns zu Hause, das alles war plötzlich weg. Mir war eine Zentnerlast vom Herzen gefallen. In diesen letzten fünf Monaten habe ich öfter auch das Gefühl gehabt, ich würde kurz vor einem Rückfall stehen. Leider kam es dann auch dazu. Nur war es dieses Mal so, dass ich von mir aus die Sache schnellstens (nach ca. 10 Min) beendet hatte. Außerdem hatte ich in den letzten Monaten gelernt, es meiner Frau zu erzählen. Leicht ist mir das sicherlich nicht gefallen . Aber nachdem es raus war, fühlte ich mich sehr erleichtert. Vor allem, weil sie mir keine Vorwürfe machte, sondern sich mit mir über die Gründe des Rückfalls unterhielt. Es war der letzte Rückfall (bisher). Einfach war diese Zeit für mich sicher nicht, einfach einen Schalter im Kopf umlegen und das war es dann? Nein!! Ich musste schon öfter gegen den „Suchtteufel“ ankämpfen . Es fiel mir nur von Mal zu Mal leichter, ihm nicht wieder zu verfallen. Heute bin ich stolz darauf, es soweit geschafft zu haben. Es war mir einfach ein Bedürfnis, meiner Frau zu sagen, dass mir alles sehr leid tat und dass ich froh war, sie nicht verloren zu haben. Wir begannen wieder, mehr gemeinsam zu unternehmen. Zum Beispiel haben wir uns beide im Fitness-Studio angemeldet und haben viel Spaß in der gemeinsam verlebten Zeit. Kontakte zu alten Freunden sind wieder aufgeblüht. Unsere Beziehung ist viel intensiver und ich kann sie nur so erleben, weil die OSS in meinem Leben keinen Platz mehr hat. Wir haben uns wieder mehr angenähert und führen heute konstruktive Gespräche über Suchtverhalten, über Vertrauen und über Liebe. Ich möchte auch nicht unerwähnt lassen, dass wir uns körperlich wieder sehr nahe gekommen sind. Das war fast verloren gegangen während meiner Suchtphase. Es war, als hätte ich meine Frau damals gar nicht mehr wahrgenommen. Was bin ich froh, dass sie das alles entdeckt hat. So sehr ich mich seinerzeit auch schämte, so sehr weiß ich heute, dass sie unsere Beziehung gerettet hat. Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. 33 Ein Paar, das die Krise als Chance begriff Wir freuen uns natürlich über jede Beziehung, die nicht wegen OSS auseinanderbricht! Allerdings ist die überwundene Krise kein Garant dafür, dass Onlinesex nie mehr ein Thema sein wird. Beachten Sie daher immer, dass die Gespräche nicht abbrechen. Fragen Sie sich gegenseitig, wie es Ihnen geht und seien Sie sehr offen! Nur so verhindern Sie, dass nicht im Geheimen wieder etwas „gährt“, wovon Sie keine Ahnung haben! Wie versuchen Angehörige, die Sucht ihres Partners in den Griff zu bekommen? • Anfangs häufiger und experimenteller Sex, um den Partner vom Cybersex fern zu halten • Erscheinungsbild ändern (Schönheitschirurgie/ Hungern/ Dessous) Vergessen Sie all diese Maßnahmen, denn sie bringen Sie keinen Schritt weiter. Sie unterwerfen sich mit diesen Handlungen nur einem zerstörerischem Schmerz, den Sie sich selbst zufügen. Sie können Ihrem Partner nicht helfen, ohne dass Sie darüber gesprochen haben und er das will. Und Sie werden auch niemals einen Kampf gegen virtuelle willige Frauen gewinnen können. Ihrem Partner sind Sie die gleiche Schönheit, die Sie immer für ihn waren. Er ließ sich nicht mit den Internetabenteuern ein, weil Sie ihm nicht mehr genügen oder Sie nicht mehr attraktiv sind. Sie könnten Heidi Klum sein oder Marilyn Monroe, ein Süchtiger hätte trotzdem seiner Sucht gefrönt. Also nehmen Sie um Gottes willen keine Nasenoder Busenkorrektur vor, nur damit Ihr Partner den Blick von der Tastatur hebt. Er wird es nicht einmal bemerken, wenn er nicht selbst seine Sucht erkennt. • Schnüffeln, beobachten, Zugang zum Computer und Handy kontrollieren • Filtersoftware hinter dem Rücken des Partners installieren • Mit Konsequenzen drohen, ohne sie ernst zu meinen 34 Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. Ein Paar, das die Krise als Chance begriff Liliane schreibt: Corinna schreibt: Ich war an diesem Abend am PC und habe eben seine Mails durchgesehen, nachdem er mir das Passwort gab. Er hat mich gebeten, gleich alles zu löschen, da er es eh schon vorhatte. Hinter seinem Rücken habe ich dann auch gleich eine Überwachungssoftware runtergeladen und installiert. ... mit 39 Jahren habe ich jetzt ein Zusatzstudium begonnen, um überhaupt noch auf andere Gedanken zu kommen als die, dass mein Mann mit anderen Frauen im Internet rum macht. Damals habe ich gesagt, sobald ich 10 kg abgenommen habe, verlasse ich meinen Mann. Der nächste Gedanke war, sobald ich einen Job habe, verlasse ich meinen Mann. Beide Vorsätze sind eingetreten, und ich bin immer noch da. Ich fühle mich als Co-Abhängige. Es ist immer noch so, dass ich meinen Mann im wahrsten Sinne des Wortes noch riechen kann, wir leben in einer „guten“ Wohngemeinschaft, mehr nicht. Seit den letzten Jahren geht meine körperliche Gesundheit den Bach hinunter. Angefangen mit einem Bandscheibenvorfall im HWS-Bereich, Verspannungen im Nackenbereich, in letzter Zeit extreme Hüftschmerzen, die physikalisch nicht zu erklären sind. Außerdem leide ich unter Schlafstörungen und bin viel pessimistischer geworden. Ich grüble darüber nach, wo das noch hinführen soll. Wem sollen diese Maßnahmen nutzen? Bitte vergessen Sie nicht, dass SIE nicht schuld an der Sucht Ihres Partners sind. SIE können diese Sucht auch nicht besiegen, das kann nur er selbst! Nehmen Sie ihm die Arbeit nicht ab. Er selbst sollte die Daten löschen, Sie können gerne dabei bleiben, aber SIE sollten es nicht für ihn tun! Das ist seine Sache! Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. 35 Was aber kann ich denn nur tun? Es kommt zunächst mal darauf an, wir sagten es schon, ob derjenige Ihre Hilfe überhaupt will! Wie ist die Situation? Will der Süchtige überhaupt aufhören, Onlinesex zu betreiben? Wichtig ist in jedem Fall, den Kontakt aufrecht zu erhalten. Brechen Sie ihn nicht ab, das könnte fatal sein. Wenn der Abhängige selbst den Kontakt nicht sucht oder will, können Sie das nicht ändern. Aber von Ihrer Seite sollte immer ein Gespräch möglich sein, das sollte er wissen. Sie können ihn zu nichts zwingen, das bringt auch nichts. Drohen Sie nicht (wenn du jetzt keine Therapie machst...), auch das bringt nichts. Versuchen Sie, ihn in Gesprächen davon zu überzeugen, dass er Hilfe annehmen muss. Wenn Ihr Partner trotz aller Gespräche nicht aus seiner Sucht aussteigen will, dürfen Sie auch mal über Konsequenzen nachdenken. Ein Onlinesexsüchtiger hat immer eine zweite Chance verdient. Aber nicht um jeden Preis! Nicht, wenn SIE dabei auf der Strecke bleiben! Wenn Sie selbst aber sehen, dass die Kämpfe Sie zu sehr auszehren, wenn Ihr Partner keinerlei Einsicht hat, wenn Sie immer unglücklicher werden, überdenken Sie mal, ob eine Trennung für Sie beide nicht doch das Beste wäre. Denken Sie auch an sich und geben Sie sich auf keinen Fall wegen der Sucht Ihres Partners auf! Das wäre dann eine Co-Abhängigkeit und Sie wären ebenfalls therapiebedürftig. Versuchen Sie also, eine vernünftige 36 Kommunikationsbasis zu schaffen (zu zweit, in entspannter Atmosphäre, bei einem Berater oder Therapeuten): • Führen Sie aufrichtige, offene und rücksichtsvolle Gespräche. • Versuchen Sie, keine Vorwürfe zu formulieren, sondern sprechen Sie nur von Ihrem eigenen Schmerz, den Sie durch seine Sucht empfinden. • Machen Sie Ihrem Partner klar, dass er sich für nichts zu schämen braucht, wenn er mit Ihnen über die OSS spricht. • Hören Sie aufmerksam und einfühlsam zu. Sollte ein sachliches Gespräch zwischen Ihnen noch nicht möglich sein, können Sie Ihrem Partner auch eine offene und ehrliche E-Mail schreiben. Aber Vorsicht: Frauen neigen häufig dazu, ganze Romane zu schreiben. Dies entlockt dem Empfänger meistens ein entnervtes Augendrehen und er liest allenfalls nur flüchtig. Kurz und knapp ist da wesentlich wirkungsvoller. Zum Wiederaufbau des ehelichen Vertrauens sind viele Kompromisse auf beiden Seiten notwendig, die Sie bestenfalls in Gesprächen gemeinsam festlegen können. Zerstörtes Vertrauen lässt sich wieder aufbauen, aber es dauert seine Zeit und bedeutet ein großes gegenseitiges Einfühlungsvermögen und Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. Was aber kann ich denn nur tun? Respekt. Stellen Sie Regeln auf, egal ob Ihr Partner schon soweit ist, aus der Sucht aussteigen zu wollen oder nicht. • Bringen Sie ihm niemals das Essen, Getränke oder Tabak an den Rechner. • Bedienen Sie ihn nicht! Wenn er zu den Essenszeiten nicht an den Tisch kommt, räumen Sie ab und entsorgen Sie das Essen! Stellen Sie es auch nicht in die Mikrowelle! • Ziehen Sie den Schlüssel von der Zimmertür ab, in dem der Rechner/ das Notebook steht! • Stellen Sie den Schreibtisch um, so dass der Monitor seines PCs zur Tür zeigt! • Betreten Sie öfter mal sein Zimmer unter einem Vorwand, wenn er online ist! • Gehen Sie öfter mal aus, auch allein! Verabreden Sie sich mit Ihren Freundinnen und zeigen Sie ihm damit, dass Sie durchaus in der Lage sind, ohne ihn zu leben! • Laden Sie öfter mal Freunde zu sich nach Hause ein! • Schließen Sie die Schlafzimmertür, wenn er nicht gemeinsam mit Ihnen ins Bett gehen mag. Raten Sie mal, was er macht, wenn Sie schon in den Träumen schlummern? • Möchten Sie, dass er sich des Nachts „danach“ erschöpft an Ihre Seite legt? Eben! Also sperren Sie ihn aus Ihrem Schlafzimmer aus! • Solange er seiner Onlinesexsucht frönt, räumen Sie nicht das Zimmer auf. Egal, wie sehr es im Laufe der Zeit zumüllt, Sie sind nicht sein Dienstmädchen! • Zeigen Sie ihm, dass Ihre Grenzen erreicht sind! • Stellen Sie ein Ultimatum und zeigen Sie die Konsequenzen auf, die er zu tragen hat! Meinen Sie diese aber ernst, bluffen Sie nicht! • Sagen Sie auch mal NEIN, wenn es sein muss! Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. 37 Was aber kann ich denn nur tun? Aber ich liebe ihn doch! Eben! Und genau deswegen sollten Sie Konsequenz an den Tag legen. Eines Tages wird Ihr Partner es Ihnen danken! Ihr Partner wird immer wieder versuchen, Sie unter Druck zu setzen und Ihnen die Schuld zu geben. Versuchen Sie, die Verbalattacken nicht allzu wörtlich zu nehmen. Seine Worte schmerzen manchmal sehr, aber jeder Abhängige versucht, jeden anderen für sein Schicksal verantwortlich zu machen, nur nicht sich selbst. • Legen Sie ihm die Internetadresse www.onlinesucht.de auf die Tastatur. Wortlos. Eine entscheidende Frage hätten wir da noch an Sie: Angenommen, Ihr Partner will aus der Sucht aussteigen und sucht nach Hilfe. Sind Sie unter diesen Umständen wirklich bereit, Ihrem Partner zu verzeihen? WOLLEN Sie verzeihen? Zu lieben heißt auch, konsequent zu sein! Beantworten Sie sich selbst diese Frage ganz gewissenhaft, denn sonst ist jeder weitere gemeinsame Tag mit Ihrem Partner sinnlos. • Lassen Sie diese Broschüre und eventuelle weitere Fachliteratur offen im Wohnbereich liegen. Lisa schreibt: Was wünsche ich mir: Ich möchte meinem Partner darin unterstützen von dieser Sucht loszukommen, dies natürlich nicht zuletzt auch aus eigenem Interesse. Ich liebe meinen Mann und ich möchte ihm verzeihen, ich merke aber, dass ich mir eine Beziehung UNTER KEINEN UMSTÄNDEN vorstellen kann, wenn er weitermacht. Ich werde mich trennen, wenn es auch nur noch einmal vorkommt. Da ich derzeit null Vertrauen habe, haben wir vereinbart, dass er mir seine Handyrechnungen zeigt, wenn ich das möchte, damit ich mich davon überzeugen kann, dass er „clean“ ist. Das war er seit meiner Entdeckung offensichtlich auch. Aber ich habe trotzdem Angst, Angst davor, dass der Rückfall kommt. 38 Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. Und wenn nichts hilft? Leider bleiben manchmal auch alle gut gemeinten Versuche einfach ohne Erfolg. Der Partner zeigt sich uneinsichtig und denkt gar nicht daran, sein Verhalten zu verändern. Die Folge davon sind: • Partnerschaftskrise • Verlust der Libido (Ablehnung jeglicher Berührung durch den Partner) • Depression und das Gefühl der Unerträglichkeit • Auswirkungen auf andere Lebensbereiche (auch Beruf) • Isolation und Scham, sich jemandem anzuvertrauen Es hat sich durchaus bewährt, dass Partnerinnen mit Sack und Pack erst einmal ausgezogen sind. Das muss in Ihrem Fall nicht der richtige Weg sein, aber es kann. Manch onlinesexsüchtiger Mann, der seine Frau mit den Kindern und zwei Koffern aus dem Haus gehen und in ein Taxi steigen sah, stand schon unter einer Art Schock. Der Denkprozess war eingeleitet und der Betroffene begann, sich selbst zu hinterfragen. Der erste und wichtigste Schritt war damit getan. Aber Vorsicht: Dieser Auszug sollte nicht als Bluff gemeint sein. Vielleicht nehmen Sie sich insgeheim eine Zeit vor, die Sie vielleicht bei der Mutter oder der Freundin verbringen wollen. Die Zeit des Abstands wird Ihnen beiden gut tun! • Trennungs- und Scheidungsgedanken • Zorn und Wut auf den Partner Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. 39 Und wenn nichts hilft? Wenn das aber alles nicht nutzt, dann sollten Sie schnellstens Hilfe aufsuchen. Für sich selbst! Allerdings kommt es darauf an, dass Sie an einen erfahrenen Therapeuten geraten, der Erfahrung mit Onlinesexsucht hat. Dies ist ganz besonders wichtig, denn wir hören fast täglich von gravierenden Beratungsfehlern, die schreckliche Folgen haben können. Wenn ein Therapeut nicht weiß, welchem außergewöhnlichem Druck Ihre Beziehung ausgesetzt ist und was das ganz Spezielle (und nicht mit einer „ganz normalen“ Sexsucht vergleichbare) an einer OSS ist, dann passiert eventuell Folgendes: • Das Problem wird immer noch unterschätzt und heruntergespielt. • Die Frauen werden vom Therapeuten meist als „prüde“ angesehen und zu mehr Toleranz aufgefordert, zum Beispiel sollen sie sich auch mal mit ihrem Partner zusammen auf Onlinesex einlassen. • Die OSS wird ausgelegt als Beziehungsproblem. • Der Grund für die OSS wird oft einer unterstellten Frigidität der Frau zugeschrieben. • Es wird dazu geraten, dass der Mann doch einfach weniger Zeit am Rechner verbringen sollte. 40 Wir haben es in den Beratungen leider oft mit Angehörigen zu tun, denen durch eine Therapie noch mehr Frust zugefügt wurde als dass sie ihnen geholfen hätte. Deshalb erkundigen Sie sich unbedingt speziell nach der OSS-Therapieerfahrung und bevorzugen Sie im Bedarfsfall eine weibliche Therapeutin, falls Sie die Wahl haben. Wir raten auch unbedingt dazu, dass Sie in Ihrer Situation über eine psychosomatische Rehabilitationsmaßnahme nachdenken! Bevor Sie ganz zusammenbrechen, helfen Ihnen einfühlsame Gespräche mit erfahrenen Therapeuten, die sich mit Onlinesucht auskennen, weiter und Sie werden lernen, mit der neuen Situation viel besser umzugehen! Gönnen Sie sich dieses Angebot, es kommt Ihnen und Ihrer Seele zugute. Wir geben Ihnen gern Empfehlungen und Anschriften von Kliniken, mit denen wir (bzw. die Angehörigen) gute Erfahrungen gemacht haben. Sprechen Sie uns an! Falls Sie sich zutrauen, eine eigene (reale) Selbsthilfegruppe für Angehörige ins Leben zu rufen, dann wenden Sie sich an die NAKOS (Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen) unter www.nakos.de. Dort erhalten Sie Informationen und Hilfestellungen. Selbsthilfegruppen für Betroffene in Deutschland, Schweiz & Österreich finden Sie unter: www.shg-pornographieabhaengigkeit.de Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. Wann handelt es sich eigentlich um Onlinesexsucht? Dafür gibt es inzwischen recht eindeutige Kriterien, die vom Österreicher Primarius Dr. Hans Zimmerl (http://e-health.at/zimmerl) festgelegt wurden: Falls Ihr Partner in diesem Heftchen lesen sollte (was wir uns sehr wünschen), im Folgenden finden Sie zwei Fragebögen für Betroffene oder Gefährdete, um sich selbst einmal ehrlich zu hinterfragen: Wenn drei Kriterien über sechs Monate hinweg gegeben sind, befindet sich der Betroffene im kritischen Stadium. Wenn mindestens vier Kriterien über vier Monate hinweg vorhanden sind, wird der Betroffene als internetsüchtig betrachtet. 1. Häufiger unwiderstehlicher Drang, sich ins Internet einzuloggen 2. Kontrollverluste (länger als geplant online sein) mit Schuldgefühlen 3. Negative soziale Auffälligkeit im engsten Umkreis 4. Nachlassen der Arbeitsfähigkeit 5. Verheimlichung des Ausmaßes der Online-Zeiten 6. Psychische Irritabilität bei Verhinderung online zu sein 7. Mehrfach vergebliche Versuche der Einschränkung Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. 41 Wann handelt es sich eigentlich um Onlinesexsucht? Fragebogen, um einen Überblick über die Intensität des Sexverhaltens zu erhalten. (Quelle: Wenn Bilder süchtig machen- Sexuelle Abhängigkeiten erkennen, Ralph H. Earle & Mark R. Laaser, Brunnen Verlag) Frage 1. Bist du als Kind oder Jugendlicher sexuell missbraucht worden? 2. Abonnierst, kaufst oder leihst du dir regelmäßig Zeitschriften oder Videos, die vornehmlich sexuelle Darstellungen enthalten? 3. Hatten deines Wissens deine Eltern Probleme mit ihrem eigenen Sexualleben? 4. Bist du oft mit starken sexuellen Gedanken beschäftigt? 5. Glaubst du, dass dein sexuelles Verhalten normal ist? 6. Haben sich andere Menschen über dein sexuelles Verhalten beschwert? 7. Hast du Schwierigkeiten, dein sexuelles Verhalten aufzugeben? 8. Hat dein sexuelles Verhalten jemals zu Problemen geführt? 9. Hast du dir jemals darüber Sorgen gemacht, dass dein sexuelles Verhalten entdeckt werden könnte? 10. Wurde jemand durch dein sexuelles Verhalten emotional verletzt? 11. Hast du dich bemüht, dein sexuelles Verhalten zu beenden und hast es nicht geschafft? 12. Hat sich jemand durch dein sexuelles Verhalten erniedrigt gefühlt? 42 Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. Ja Nein Wann handelt es sich eigentlich um Onlinesexsucht? Frage Ja Nein Ja Nein 13. Ist Sex oder Selbstbefriedigung für dich häufig ein Weg um Problemen zu entfliehen? 14. Fühlst du dich nach sexuellen Aktivitäten unwohl? 15. Hast du jemals das Bedürfnis gespürt, mit einem Teil deines Sexualverhaltens aufzuhören? 16. Hattest du jemals sexuellen Kontakt zu Minderjährigen? 17. Hast du jemals daran gedacht, dass dein sexuelles Verlangen stärker ist als du selbst? 18. Befriedigst du dich regelmäßig sexuell selbst? Fragebogen, um die Cybersexsüchtigkeit zu erfassen Frage 1. Verbringst du mehr Zeit mit sexuellen Inhalten im Internet, als du dir vorgenommen hast? 2. Wurdest du jemals beim Betrachten sexueller Inhalte auf deinem Bildschirm erwischt? 3. Hattest du dir vorgenommen, deine sexuellen Internet gewohnheiten zu unterbinden und hast den Vorsatz gebrochen? 4. Ärgerst du dich selbst, wenn du zu viel Zeit auf der Suche nach Sexseiten verschwendest? Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. 43 Wann handelt es sich eigentlich um Onlinesexsucht? Frage Ja Nein 5. Onanierst du am Computer? 6. Brauchst du zunehmend stärkere Reize, um das sexuelle Erregungsniveau zu erreichen? 7. Bezahlst du Geld für gebührenpflichtige Anbieter? 8. Schaust du dir während der Arbeitszeit sexuelle Internetseiten an? 9. Hat dein Internetverhalten Probleme mit Menschen deiner Umgebung gebracht? 10. Denkst du daran, wieder ins Internet zu gehen, um sexuelle Bilder zu sehen? 11. Suchst du bestimmte Sexseiten immer wieder auf? 12. Wenn du mit deiner Frau sexuellen Kontakt hast, stellst du dir dabei Internetpersonen vor? 13. Fühlst du dich schuldig nach einem sexuellen Kontakt im Internet? 14. Ist es leichter, einen sexuellen Höhepunkt zu erleben, nachdem du im Internet gesurft hast? 15. Machst du dir Sorgen, ob deine Sexualität außer Kontrolle geraten kann? ... Vielleicht schneiden Sie die Fragebögen auch einfach aus und legen sie neben seinen PC/ Notebook? 44 Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. Wann handelt es sich eigentlich um Onlinesexsucht? Und dann gibt es da Bettina. Sie schreibt: ...ich weiß nicht mehr weiter! Das Thema Onlinesexsucht war lange ein leidiges Thema bei uns, sehr lange und in allen Facetten. Pornoseiten, Chats, Kontaktbörsen bis hin zu realen Treffen. Das ist aber vorbei! Zumindest habe ich ihn seit fast zwei Jahren bei nichts mehr ertappt. Jetzt aber stehen wir, vielleicht auch nur ich, vor dem nächsten Problem: Mein Mann schläft nicht mehr mit mir. Alle Gespräche, die ich mit ihm über dieses Thema führen wollte, sind im Nichts geendet. Immer hatte er eine neue Ausrede, wir würden zu viel streiten (stimmt nicht), mangelnde Feuchtigkeit (ich lief los und kaufte Gleitgel), ich sei ihm zu eng gebaut... Mein Selbstbewusstsein war mitunter auf dem absoluten Tiefpunkt, und ich fing an, an mir als Frau zu zweifeln, fand mich zu fett, nahm ab und machte Sport. Nichts half, er hatte keine Lust, wenn es um Sex ging. Wenn er denn mal, was sehr selten vorkam, mit mir schlief, hatte ich noch das Gefühl, mich bei ihm bedanken zu müssen. Es verletzt mich so sehr, wenn ich sehe, dass mein eigener Mann mich nicht begehrt und ich keine Antwort finde, warum das so ist. Ich sehe und merke anhand der Reaktionen von anderen Männern, dass ich keineswegs unattraktiv bin, eher das Gegenteil ist der Fall, den Blicken und Komplimenten nach zu urteilen. Selbst mein Mann hat erst vorgestern zu mir gesagt, dass er mich schön findet. Er hat wirklich schön gesagt! Also was ist an mir so verkehrt, dass ich zu einem sexlosen Leben verdammt sein soll? Wenn wir uns einen Film im Fernsehen anschauen und dort ist der leiseste Anflug von Erotik zu sehen, bekommt er eine Erektion. Von der ich aber leider nichts habe. Mittlerweile mag ich schon keine Filme mehr mit ihm ansehen, denn in fast jedem Film ist mindestens eine erotische Szene, und es schnürt mir die Kehle zu, wenn ich sehe, wie er krampfhaft versucht, seine Erektion vor mir zu verbergen. Das tut so weh, dass es fast schon körperlich schmerzt. Mich fasst er nicht an, andere Frauen im Internet (egal, wie sie aussehen) erregen ihn und Lust scheint er auch zu haben, sonst würde er sich nicht selbst befriedigen. Nur nicht auf mich. Ich war so tief getroffen nach meinem Fund von Tausenden von Bildern und Videos, dass ich ein Gespräch von vor längerer Zeit aufgriff, in dem ich anbot, dass, wenn es bei uns sexuell nicht stimmt (ansonsten verstehen wir uns prima), wir vielleicht eine offene Beziehung in Erwägung ziehen sollten. Das aber wollte er auf keinen Fall, er würde mich nicht teilen wollen. Gestern Abend, ich war wirklich am Ende, sagte ich dann zu ihm, dass sein Argument, mich nicht teilen zu wollen, wohl nur ein Witz gewesen sein kann. Denn das, was er sowieso von mir nicht haben will, könnte ich doch ruhig einem anderen geben. Was soll ich nur machen?? Ich bin sicher, er liebt mich, aber er begehrt mich nicht. Und so kann ich nicht leben. Ich bin noch keine 30, möchte vielleicht auch mal ein Kind bekommen. Aber woher? Ich bin schließlich nicht die Jungfrau Maria... Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. 45 Wann handelt es sich eigentlich um Onlinesexsucht? Und immer wieder die Frage: Mein Mann sagt, er sei clean, aber meine Zweifel wollen einfach nicht verschwinden. Was soll ich nur tun? Wann kann ich wieder vertrauen? Und wie? Wir raten: Eine ganz konkrete Antwort kann Dir wohl niemand darauf geben. Deine Zweifel sind noch in Dir, das ist so normal und verständlich nach dieser langen Zeit der Lügen. Nur, was bleibt Dir anderes übrig, als es noch einmal zu versuchen, ihm diesen Vertrauensvorschuss zu geben? JA, es IST gefährlich, weil es Dich wieder angreifbar macht. Und eigentlich denkst Du, dieses Risiko nicht eingehen zu können, nicht wahr? Was bleibt dann aber? Die einzige Alternative dazu wäre die Trennung, das musst Du Dir klar machen! Wenn Dich ein Partner so dermaßen enttäuscht hat, dann machst Du immer mehr „zu gemacht“ im Herzen. Das will man gar nicht, es passiert einfach. Und trotzdem ist nach einiger (langer) Zeit wieder das Vertrauen da. Aber, und das muss all den Menschen klar sein, die jemals enttäuscht wurden, es werden wahrscheinlich niemals mehr die unbedarften, unenttäuschten 100 % sein. Wenn Du das mit JA beantwortest, dann beginnt Deine Arbeit. Dann nämlich solltest Du ALLES tun, um DICH wieder gesund werden zu lassen. Dazu gehört ein Rundumpaket zum Wohlfühlen. Erholung für die Seele - evtl. in einer Reha über 6-8 Wochen (Empfehlungen geben wir gerne), neue Freunde, Hobbys, kleine Glücksmomente. Dein BLICK muss sich drehen - von ihm auf DICH! Je mehr Du Dich auf Dich selbst konzentrierst, desto leichter fällt Dir das Zusammenleben mit Deinem Partner, dem Du ja im Grunde vertrauen WILLST! Es kann IMMER passieren, dass trotzdem eines Tages wieder eine Enttäuschung ins Haus steht. Es KANN sein, dass da wieder was ist, womit Dein Vertrauen enttäuscht wird. Du bekommst leider keine Garantie! JEDE Beziehung, die Du eingehst, birgt dieses Risiko. Du solltest Deinen Mann nicht spüren lassen, dass Du ernsthaft zweifelst. Bitte ihn einfach, ehrlich zu sein, mehr kannst Du nicht tun! Jeder, der lügen WILL, wird lügen. Daran änderst Du auch mit Misstrauen nichts, das schadet nur Dir selbst! Die Frage ist nun, ob Du mit 95 oder 98 % Vertrauen auch leben kannst und willst? 46 Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. Zahlen und Fakten Wissenschaftliche Studien belegen, dass wir in Deutschland allein von ca. 2,5 Millionen Onlinesüchtigen ausgehen müssen. Presseberichten zufolge sind ca. 500.000 Deutsche sexsüchtig. Sie finden im world wide web ca. 150 Millionen (!) Seiten unter dem Stichwort „Porno“. 70 % der Internetsüchtigen surfen während der Arbeitszeit. 90 % der 8bis 16-Jährigen suchen Pornoseiten, oft während der Erledigung ihrer Hausaufgaben. Laut einer skandinavischen Studie gaben 96 Prozent der 14 bis 18-Jährigen an, pornografische Inhalte im WWW angesehen zu haben. Nach Ansicht des Sexualpädagogen Rainer Wanielik (Wiesbaden) ist diese Zahl realistisch. 48% aller 12- bis 19-Jährigen schauen sich mindestens einmal jährlich Pornoseiten an. 570.000 Internetseiten sind unter dem Suchbegriff „Kinderpornographie“ zu finden. 97 % der pädophil veranlagten Täter bedienen sich des Internets, um Kontakt zu Kindern aufzunehmen. Google führt unter dem Suchbegriff „Hardcore Porno“ ganze 7.420.000 Internetseiten auf (zur Verdeutlichung nochmal in Worten: Sieben Millionen vierhundertzwanzigtausend). 200 sexbezogene Webseiten werden jeden Tag neu ins Internet gestellt. In den USA halten sich ca. 8,5 % der Internetbenutzer mehr als 11 Stunden in der Woche auf Pornoseiten im Internet auf. Eine Untersuchung fand heraus, dass 80 % der Besucher von Sexwebsites so viel Zeit mit dem Herunterladen von Erotika verwendeten, dass sie die Beziehungen des realen Lebens und ihre Jobs gefährdeten. „Bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie Cybersex entdeckten, hatten die meisten dieser Leute keine Probleme mit Sexabhängigkeit“, gab der Autor der Untersuchung, Al Cooper, an, ein Sexualtherapeut der San José Eheberatung und am Zentrum für Sexualtherapie in San José, Kalifornien, tätig. (Quelle: www.msnbc.com, Linda Carroll, 27.07.2002, www.msnbc.msn.com/id/3078769/). Wie viel Sex ist überhaupt „normal“? 97-mal vereinigen sich die Deutschen im Jahr – so die neue Studie des KondomHerstellers Durex -, während die Amerikaner sich unter 27 Ländern an die Spitze liebten: 132-mal pro Jahr Sex für etwa 28 Minuten – knapp acht Arbeitstage. Weltweiter Rekord! Focus fragte: Wie viel Sex ist für Sie normal? Diese Frage beantworteten Auskunftswillige in einer im Januar 2010 von FOCUS in Auftrag gegebenen Untersuchung: Zwölf Prozent plädierten für ein bis dreimal im Monat, fast jeder Zweite für ein- bis zweimal in der Woche, und 26 Prozent glaubten, dass Geschlechtsverkehr öfter als zweimal pro Woche normal sei. (Quelle:http://www.focus.de/wissen/wissenschaft/sexforschung-wieviel-sex-brauchtder-mensch_aid_187457.html) 38 % der Erwachsenen glauben, dass es „moralisch akzeptabel“ sei, sich Bilder mit Nacktaufnahmen oder eindeutigem, sexuellen Verhalten anzuschauen. (Quelle: Barna Research Online, Morality Continues to Decay, Barna Research Group Ltd., 3. November 2003, www.barna.org). HSO: Aber bitte bedenken Sie, dass Sie jetzt nicht unbedingt auf 97 mal pro Jahr „kommen“ müssen! Es handelt sich hier immerhin „nur um Studien“! ;-) Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. 47 In eigener Sache Der HSO e.V. bietet auch für Angehörige intensive Beratungen an. Diese Beratungen finden per E-Mail, in einem Selbsthilfegruppenraum statt. Sich über das Internet auszutauschen, mag auf den ersten Blick etwas konfus erscheinen. Ist es aber nicht. Die Betroffenen und Angehörigen kennen sich mit dem Medium aus und werden durch die zugesagte Wahrung der Anonymität dazu angeregt, sich den Kummer zu 100 % ehrlich von der Seele zu schreiben. Und an dieser Stelle setzt dann unsere begleitende Beratung ein. (www.onlinesucht.de/berkos.pdf) Treten Sie ein in die virtuelle HSO-Beratungspraxis: Außerdem können Sie unsere Antworten auch jederzeit wieder hervorholen und nachlesen. Wir bieten die Beratungen für Betroffene, Angehörige und Paare an. Aber besuchen Sie sich auch mal unsere „Virtuelle Selbsthilfegruppe“ für Angehörige von Onlinesexsüchtigen sowie an einem anderen Wochentag für betroffene oder ehemals betroffene Onlinesexsüchtige. Zugang über: www.onlinesucht.de/beratung Termine: www.onlinesucht.de/shg-termine.htm Hier finden Sie u.a. auch regelmäßig: Kostenlose Klinik-Sprechstunden mit Therapeuten, Ärzten und Psychologen! 48 Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. Buch Tipps OnlineSucht Wenn Chatten und Mailen zum Zwang werden Autorin: Gabriele Farke Kreuz Verlag ISBN: 3-783122-91-0 9,80 Euro Broschüre für Angehörige von onlineSPIELsüchtigen Personen Elternratgeber bei Onlinesucht Autor: HSO e.V. Bestellung über www.onlinesucht.de 1,50 Euro zzgl. Porto SEXSUCHT - Kornelius Roth Krankheit und Trauma im Verborgenen Ch. Links Verlag 3., aktualisierte und erweiterte Auflage 2010 208 Seiten, ISBN: 978-3-86153-586-7 14,90 Euro Nach seriösen Schätzungen leben allein in Deutschland eine halbe Million Sexsüchtige. Sie werden von Kick zu Kick getrieben, rastlos, wahllos und letztlich unbefriedigt. Von Außenstehenden wird Sexsucht hingegen oft als »zu viel des Guten« verkannt und nicht als Suchterkrankung ernst genommen. Dabei sind die Folgen für Betroffene und Angehörige gravierend, finanziell und gesundheitlich, besonders aber in den sozialen Beziehungen, am Arbeitsplatz und in der Partnerschaft. Angehörige stehen den Problemen meist ratlos gegenüber: Was ist schon süchtig und was noch normal? Kann dieses Verhalten beeinflusst werden, wo bekommt man Hilfe? Das Buch »Sexsucht« von Dr. Kornelius Roth gibt Antworten auf diese Fragen. Es ist ab sofort im Buchhandel erhältlich bzw. im Internet bestellbar: www.christoph-links-verlag.de (portofreie Lieferung innerhalb Deutschlands!). Empfehlenswerte Informationen zum Thema OSS finden Sie auch bei unseren Kooperationspartnern und unter: www.internet-sexsucht.de www.weisses-kreuz.de Themenseiten und Downloads - wertvolle Tipps zu Beziehungs- und Lebensfragen! Ein Ratgeber. Für Angehörige von onlinesexsüchtigen Partnern. 49 Wir bedanken uns bei unseren Kooperationspartnern Die Psychosomatische Abteilung der Kinzigtal-Klinik in Bad Soden-Salmünster behandelt Patienten, die an Online- und Computersucht leiden. Die Übernahme der Kosten für die 6-8 wöchige Therapie kann bei den zuständigen Kostenträgern (Rentenversicherung bzw. Krankenkasse) beantragt werden. Aufgenommen werden können Patienten ab 18 Jahren. www.online-und-computersucht.de Als Fachverband für Sexualethik im Diakonischen Werk e.V. hilft das Weiße Kreuz Menschen in Krisen der Intimität und Identität. www.weisses-kreuz.de Eine Plattform zu Themen der Sexualität, Pornographie, Sexabhängigkeit und Kinderschutz. Der Verein Nacktetatsachen gibt Hilfestellung bei der Vermittlung von therapeutischen Angeboten, z.B. ausgebildetes Fachpersonal, Ärzte und Selbsthilfegruppen – durch Websitelinks sowie durch Präventionsmaßnahmen, insbesondere zum Schutz von Kindern und Jugendlichen. www.nacktetatsachen.at • www.internet-pornografie.de Wir bedanken uns bei unseren Kooperationspartnern wasganzfeines advertising + public relations Ihre Agentur für Print. Marketing, Public Relations und neue Medien. In enger Zusammenarbeit mit unseren Kunden entwickeln wir zielgerichtete und effektive Marketingmaßnahmen. www.wasganzfeines.de www.institut-wirtschaftlicher-balance.de Salfeld.de Ihre Kindersicherung Software Legen Sie Zeitlimits für den PC, für Programme und für das Internet fest. Sperren und filtern Sie unerwünschte Internet-Inhalte. Ein Protokoll gibt jederzeit Auskunft darüber, was wann an Ihrem PC geschah (auch per Email). http://salfeld.de/hsoev.html HSO 2007 e.V. Hilfe zur Selbsthilfe bei Onlinesucht Kottmeierstr. 12 21614 Buxtehude VR 200108 (Amtsgericht Tostedt) FA Stade: Steuernummer 43/270/28621 (als gemeinnützig anerkannt) und nach § 10 b EStG § 9 Abs. 1 und 2 KStG und § 9 Nr. 5 GewStG berechtigt, Spendenquittungen auszustellen Tel. 0 41 61 - 55 67 82 (nicht für Beratungen) Fax 0 41 61 - 86 59 53 E-Mail: [email protected] www.onlinesucht.de www.onlinesexsucht.de www.onlinesucht.de/beratung SPENDENKONTO: HSO e.V. Sparkasse Harburg-Buxtehude Konto-Nr.: 900 53 596 Bankleitzahl: 207 500 00 IBAN: DE88207500000090053596 BIC-/SWIFT-Code: NOLADE21HAM