Chrstlich-muslimische Dialogprojekte in Schulen des Bistums

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Chrstlich-muslimische Dialogprojekte in Schulen des Bistums
Christlich-muslimische
Dialogprojekte in Schulen des
Bistums Osnabrück
Dr. Winfried Verburg
ein Beitrag zur Tagung:
Im Einsatz für das Gemeinwohl
20.–21. April in Stuttgart-Hohenheim
http://downloads.akademie-rs.de/interreligioeser-dialog/120420_verburg_schulen.pdf
Christlich‐muslimisch Dialogprojekte
in Schulen
des Bistums Osnabrück
im
Stuttgart‐Hohenheim, am 20. April 2012
Warum interreligiöse Projekte in katholischen
Bildungseinrichtungen?
¾ 1. Theologisch:
¾ „Die Kirche ist ja in Christus … Zeichen und Werkzeug für die innigste
Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit“
(Lumen Gentium Nr. 1).
¾ Es ist Aufgabe der katholischen Kirche, das Gemeinwohl zu fördern
und "ihre Bemühungen mit allen Menschen guten Willens –
Angehörige anderer Religionen oder Nichtgläubige – zu vereinen,
damit unsere Welt wirklich dem göttlichen Plan entspricht: als eine
Familie unter dem Blick des Schöpfers zu leben." (Papst Benedikt XVI.,
Enzyklika "Caritas in veritate" Nr. 57, vgl,. NA 1).
¾ „Gesellschaft wird morgen sein, was Schule heute ist“
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Warum interreligiöse Projekte in katholischen
Bildungseinrichtungen?
¾ 2. Politisch:
¾ Ablehnung der Säkularisierungsthese: Die Gesellschaft der Zukunft wird
nicht religionslos sein.
¾ In öffentlichen Bildungseinrichtungen erhält die negative Religionsfreiheit
Vorrang vor der positiven.
¾ Religionsunterricht an kirchlichen Schulen als Standard für öffentlichen
Schulen
¾ Unser Ziel:
¾ Kirchliche Schulen können den Beweis erbringen, dass
Religionsunterricht in inhaltlicher Mitveranwortung der
Religionsgemeinschaften auch künftig möglich und sinnvoll ist,
¾ dass die positive Religionsfreiheit auch in Schulen einer religiös
pluralen Gesellschaft realisierbar ist.
¾ Wir hoffen, den Nachweis zu erbringen, dass die Schüler dadurch eine
größere religiöse Dialogkompetenz erreichen.
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Warum interreligiöse Projekte in katholischen
Bildungseinrichtungen?
¾ 3. Pädagogisch:
¾ Im Bildungssystem der Zukunft wird Verschiedenheit der Menschen
nicht als Problem, sondern als Bereicherung angesehen, gleichwohl als
Herausforderung
¾ Die Alteritätsdidaktik geht von der Prämisse aus, dass das Fremde bei
Fortbestehend des Distinktivums zum Mitkonstituenten des Schülers
wird.
Ihr Ziel ist Konvivenz:
¾ Wahrnehmung ohne Aneignung
¾ Anerkennung der Differenz
¾ Verstehen des Fremden
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Warum interreligiöse Projekte in katholischen
Bildungseinrichtungen mit Juden und Muslimen?
¾Die Gestaltung der Gesellschaft und des Miteinanders der
Religionen gehört zum Auftrag dieser drei Religionen, die
Abraham ihren Stammvater nennen.
¾ Gemeinsames Fundament ist die Anerkennung, dass das
Leben jedes Menschen heilig ist.
¾Gemeinsame Motivation ist "das gemeinsame Bemühen um
die Förderung gegenseitiger Achtung und Annahme in der
jüngeren Generation",(Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone in seinem Brief an Prinz Ghazi
bin Muhammad bin Talal vom 19. November 2007)
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Begründung des Auftrages aus katholischer Sicht:
Konsequente Schulentwicklung auf der Basis des II. Vatikanischen Konzils
1. Die Beziehung der Kirche zu Juden und Muslimen
¾ Juden: „Diejenigen endlich, die das Evangelium noch nicht
empfangen haben, sind auf das Gottesvolk auf verschiedene Weise
hingeordnet. In erster Linie jenes Volk, dem der Bund und die
Verheißungen gegeben worden sind und aus dem Christus dem
Fleische nach geboren ist.“
¾ Muslime: „Der Heilswille umfasst aber auch die, welche den Schöpfer
anerkennen, unter ihnen besonders die Muslim, die sich zum Glauben
Abrahams bekennen und mit uns den einen Gott anbeten, den
barmherzigen, der die Menschen am Jüngsten Tag richten wird.“
(Lumen Gentium 16)
Begründung des Auftrages aus katholischer Sicht:
Konsequente Schulentwicklung auf der Basis des II. Vatikanischen Konzils
¾ Und: „Mit Hochachtung betrachtet die Kirche auch die Muslim, die den
alleinigen Gott anbeten, den lebendigen und in sich seienden,
barmherzigen und allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde,
der zu den Menschen gesprochen hat.“
¾ „Die Heilige Synode ermahnt alle, … sich aufrichtig um gegenseitiges
Verstehen zu bemühen und gemeinsam einzutreten für Schutz und
Förderung der sozialen Gerechtigkeit, der sittlichen Güter und nicht
zuletzt des Friedens und der Freiheit für alle Menschen.“ (Nostra aetate 3)
¾ „Da also das Christen und Juden gemeinsame geistliche Erbe so reich ist,
will die Heilige Synode die gegenseitige Kenntnis und Achtung fördern…“
(NA 4)
Begründung des Auftrages aus katholischer Sicht:
Konsequente Schulentwicklung auf der Basis des II. Vatikanischen Konzils
2. Der Auftrag katholischer Schulen
¾ „Die besondere Aufgabe der katholischen Schule ist es, einen Lebensraum
zu schaffen, in dem der Geist der Freiheit und der Liebe des Evangeliums
lebendig ist.“ (Gravissimum educationis 8)
¾ Es ist Aufgabe der Kirche und der katholischen Schulen, „dass sie sich
besonders derjenigen annehmen, die arm sind an zeitlichen Gütern, den
Schutz und die Liebe der Familie entbehren müssen oder der Gnade des
Glaubens fernstehen.“ (GE 9)
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Begründung des Auftrages aus katholischer Sicht:
Konsequente Schulentwicklung auf der Basis des II. Vatikanischen Konzils
3. Elternrecht
¾ auf freie Schulwahl:
„Die Eltern haben das Recht, die Art der religiösen Erziehung ihrer Kinder gemäß
ihrer eigenen religiösen Überzeugung zu bestimmen.“
¾ und staatliche Unterstützung der Schule:
Daher muss von seiten der staatlichen Gewalt das Recht der Eltern anerkannt
werden, in wahrer Freiheit Schulen und andere Erziehungseinrichtungen zu
wählen, und aufgrund dieser Wahlfreiheit dürfen ihnen weder direkt noch indirekt
irgendwelche ungerechte Lasten auferlegt werden.“
(Dignitatis humanae 5)
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Konfessioneller RU im Dialog
Islamischer RU an der Michaelschule seit 2007
– Haupt‐ und Realschule mit ca. 1000 Schülerinnen und Schülern, davon
knapp 4% Muslime
– NSchG‐Änderung 2004: Muslime müssen an WuN teilnehmen
– Jahrgangsübergreifender IRU seit 2007
– Curriculumserstellung:
Kooperation des Bistums mit dem
Institut für islamische Religions‐
pädagogik (Universität Osnabrück)
– muslimische Lehrkraft
– Zustimmung der Eltern
Konfessioneller RU im Dialog
Getrennter RU, aber mit Dialogthemen:
Identität und Verständigung
Identität:
Erarbeitung in konfessionellen Lerngruppen
Verständigung in Projektphasen:
Die Schüler/innen aller drei
Lerngruppen präsentieren
gemeinsam ihre Ergebnisse und
tauschen sich aus über
besprechen Gemeinsamkeiten
und Unterschiede
Konfessioneller RU im Dialog
Beispiel für ein Dialogthema:
Heilige Schriften der Christen und
Muslime – Bibel und Koran unter die
Lupe genommen
Teilnehmende Klassenstufen:
5 HS mit 3 Klassen und 5 RS mit 5 Klassen
Themenbereiche:
•1. Umgang mit der hl. Schrift (Technik)
2 Klassen
•2. Bedeutung der hl. Schrift im Alltag (Transfer)
2 Klassen
•3. Das wichtigste Gebet: Vater unser und 1. Sure
4 Klassen
Konfessioneller RU im Dialog
Fragestellungen für beide Phasen:
1. Umgang mit der Bibel und dem Koran
Was heißt Bibel?
Was heißt Koran?
Was ist die Bibel?
Was ist der Koran?
Entstehung, Überlieferung, Bedeutung für die
eigene Religion
Wie schlage ich Stellen nach? (innere Zitation)
2. Die Bedeutung der Bibel im Alltag Die Bedeutung des Korans im Alltag
Was bietet die Bibel?
Was bietet der Koran?
Gibt es unterschiedliche Ausgaben? Gibt es unterschiedliche Ausgaben?
Interviews zur Bedeutung der Bibel Interviews zur Bedeutung des
Korans
Konfessioneller RU im Dialog
Gebete aus Bibel
Das Vater unser
und Koran
Die erste Sure al fatiha
Am Projekttag wurden die Ergebnisse wurden der gesamten Klassenstufe anschließend
im Forum anhand von Vorträgen, Liedern und auf Stellwänden präsentiert.
Zum Abschluss gab es ein gemeinsames Essen mit typischen Speisen, die im
Hauswirtschafts‐unterricht und von Eltern der Schüler zubereitet worden waren.
Konfessioneller RU im Dialog
Dialogthema Klasse 6
Christen leben in Gemeinden ‐
Muslime leben in Gemeinden
Die SchülerInnen zeigen ihren MitschülerInnen ihre Gemeinde
Drei‐Religionen‐Grundschule
am Standort St. Johann in Osnabrück
Juden, Christen, Muslime machen
gemeinsam
Schule
Ziel der Schule
Juden, Christen und Muslime
gehen nicht nur in die gleiche Schule
(das gibt es schon),
sondern machen gemeinsam Schule.
Wer macht gemeinsam Schule?
•
Jüdische Gemeinde Osnabrück
•
Schura Niedersachsen e.V.
•
DiTiB Landesverband Osnabrück und Bremen e.V.
•
Schulstiftung in der Diözese Osnabrück (Schulträger)
•
Finanzielle Beteiligung der Stadt
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Drei‐Religionen‐Grundschule
Unsere Vision
Eine Lebensgemeinschaft:
¾ in der religiöse Jahreskreise gelebt werden,
¾ Religionsunterricht in der jeweiligen Religion erteilt wir
¾ die Kinder über Feste, Projekttage und im alltäglichen
Zusammenleben authentisch gelebte Praxis der ihnen fremden
Religionen ihrer Mitschülerinnen und ‐schüler erfahren können,
Eine Lerngemeinschaft von Menschen,
¾ Die sich ihrer gemeinsamen Grundlagen tiefer bewusst und
¾ gerade dadurch fähig wird, respektvoll Menschen anderer religiöser
Überzeugungen zu begegnen, mit ihnen zusammen zu arbeiten und zu
leben;
¾ die lernen, die bleibende Differenz anzuerkennen.
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Drei‐Religionen‐Grundschule
Was ist unser Ziel?
Eine inklusive Grundschule,
• die Bildungsbenachteiligungen minimiert,
• in der junge Menschen ihre eigene (religiöse) Identität
weiterentwickeln können auf der Basis der Alteritätsdidaktik
• in der junge Menschen im täglichen gemeinsamen Leben
und Lernen eine Haltung der Anerkennung der religiös
fremden Mitschülerinnen und –schüler, Eltern und
Lehrer/innen annehmen und weiter ausprägen,
• die eine altersgemäße Form des interreligiösen Dialogs
befördert und
• die ausstrahlt auf das Miteinander der
Religionsgemeinschaften der Stadt Osnabrück
• die Kooperationsformen für den Religionsunterricht
entwickelt
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Konkrete Kooperation:
1. Der Beirat
¾ Grundsatz: Der Schulträger kennt nicht schon die aus ihrer
Religion erwachsenden Wünsche der Mitglieder der
Schulgemeinschaft anderer Religionen, sondern Fachleute aus
den Gemeinden beraten
– die Schule und ihre Gremien (BiSchG),
– die Schulaufsicht
– und den Schulträger
bei der Konzeption und Ausgestaltung des religiösen
Profils der Schule
¾ Die Entscheidungen liegen wie bei allen
eigenverantwortlichen Schulen der Stiftung jeweils bei
Schulkonferenz, Schulleitung und Schulträger.
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1. Der Beirat
Aufgaben des Beirats
– Der Beirat ist für grundsätzliche Fragen zuständig, die
nicht Gremien der Schule vorbehalten sind, und berät
die Schule und den Schulträger in wichtigen Fragen des
religiösen Profils der Schule.
– Er muss vor Entscheidungen der Schulkonferenz und des
Schulträgers angehört werden, wenn diese das
besondere religiöse Profil der Schule betreffen.
– Er kann von Eltern, Schülerinnen und Schüler oder
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Schule
angerufen werden, wenn diese sich durch Regelungen
oder Praxis der Schule in ihrer positiven Religionsfreiheit
eingeschränkt sehen.
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2. Die Schülerinnen und Schüler
Die Angebotsschule kann angewählt werden von Eltern:
Jüdischer Kinder
Christlicher Kinder (aller Konfessionen)
Muslimischer Kinder
Von Kindern anderer oder ohne Religionszugehörigkeit, wenn die
Eltern das Konzept bejahen
– Kinder mit und ohne Behinderungen im Sinne inklusiver Schule mit
den Förderschwerpunkten Sprache, Lernen, körperlich‐motorische
Entwicklung und Sinnesbehinderungen und in Kooperation mit einer
kooperierenden FöS – im Einzelfall auch Kinder mit dem
Förderschwerpunkt geistige Entwicklung
–
–
–
–
Für jede der drei Religionen steht grundsätzlich ein Drittel der
Schulplätze bereit nach Festlegung im Kooperationsvertrag.
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3. Die Lehrerinnen und Lehrer
–
Es können sowohl jüdische als auch islamische als auch
christliche Lehrkräfte eingesetzt werden.
–
Im Sinne der positiven Religionsfreiheit sind die
Lehrkräfte an dieser Schule außerhalb des
Religionsunterrichts nicht zu weltanschaulicher
Neutralität verpflichtet, jedoch zu Respekt und Toleranz
gegenüber Schülerinnen und Schülern, Eltern und
Kolleginnen und Kollegen, die sich zu den anderen
Religionen bekennen, und deren religiösen
Überzeugungen.
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4. Religionsunterricht
–
–
–
Religionsunterricht wird als jüdischer, katholischer,
phasenweise auch evangelischer und als islamischer
Religionsunterricht von Fachlehrkräfte der jeweiligen
Religion/Konfession erteilt.
Die Schülerinnen und Schüler nehmen am
Religionsunterricht ihrer Religion/Konfession teil.
Zur Stärkung der Dialogfähigkeit werden Projekte
durchgeführt, in denen die Schülerinnen und Schüler
Element ihrer Religion ihren Mitschülerinnen und –
schülern erklären.
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5. Religion im Schulleben
ƒ Fächerverbindender Unterricht im Sinne des vernetzen
Lernens unter Einbeziehung der drei Religionen
ƒ Religionssensible Gestaltung des Schullebens mit einer Kultur
der Anerkennung
ƒ Einbeziehung der unterschiedlichen Alltagsreligiosität in das
Schulleben (Gebet, Speisevorschriften etc.)
ƒ Integration der Fest‐ und Fastzeiten der drei Religionen im
Jahreskreis
ƒ Enge Zusammenarbeit mit den Gemeinden der
Kooperationspartner als außerschulische Lernorte
ƒ Gemeinsame soziale Projekte
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