Unternehmensporträt

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Unternehmensporträt
April 2012
Porträt
sich Sabine Beer an die Anfänge.
Heraus kam eine bräunliche, zuerst noch etwas pappige Salbe, die
sowohl die Erfinderin als auch die
Freunde und Kunden der Apotheke
begeisterte. „Die Mundpropaganda
funktionierte“, so Beer. In der darauffolgenden Zeit wird die Creme
verfeinert, lediglich natürliche Ingredienzen werden verwendet, Chemie
ist streng verboten. „Die Bio-Cremes
wurden quasi zu meiner Lebensaufgabe. Viel verdient haben wir am
Anfang nicht damit. Mir war wichtiger, dass unsere Produkte nur aus
dem naturbelassenen Aloe-vera-Saft
und -Öl von biologisch angebauten
Pflanzen bestehen.“
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zu Saft und dann weiter zu unseren
Produkten“, erklärt Sabine Beer.
Aloverose macht
den Unterschied
Als ärgerlich empfindet die überzeugte Anhängerin von Naturkosmetik die Tatsache, dass immer
mehr Produkte mit dem Inhaltsstoff
Aloe vera werben, aber nur einen
verschwindend geringen Anteil enthalten. Häufig wird gefrier- oder
sprühgetrocknetes pulverisiertes Aloe
vera verwendet, das anschließend mit
Wasser verdünnt wird. Sabine Beer
hält nichts von Aloepulvern und
-extrakten und ebenso wenig von
Jahre später auf die andere Seite der
Erdkugel. 2007 übernimmt Santaverde
eine verwilderte Cashewplantage im
Nordosten Brasiliens. Die liegt im
Gebiet des Amazonaszuflusses Xingu
und gibt der neuen Anti-Aging-Linie
ihren Namen. Die Hazenda wird zur
zweiten Produktionsstätte von Santaverde umgebaut, hier wird nun die
Cashewfrucht geerntet und tagesfrisch
verarbeitet. Der zu 100 Prozent reine
Saft, der in Europa im Gegensatz zu
den Kernen der Nussmischung weitestgehend unbekannt ist, ist Hauptbestandteil der Xingu-Produkte – hinzu
kommen neben antioxidativen Heilpflanzen und -extrakten, die am Ufer
des Flusses Xingu aus Wildsammlung
Aloe
statt
Wasser
„100 Prozent Wirkstoff, kein Wasser“ ist der
Leitsatz von Santaverde. Die Wirkstoffe der
Naturkosmetikmarke stammen aus Andalusien und dem brasilianischen Urwald: Aloe
Vera und Cashewfrüchte. Die „Königin der
Heilpflanzen“, wie die Aloe Vera gerne genannt wird, ersetzt in den Produkten von
Santaverde als reiner, biologischer Saft die
ansonsten übliche Wasserphase.
E
in Privatunternehmen muss
aus vielen Gründen innerhalb
weniger Jahre, besser noch
Monaten, Gewinne abwerfen. Investoren wollen ihr Geld sehen, der
eigene Lebensunterhalt muss bestritten werden. Das ist meist mit Nachhaltigkeit nicht vereinbar. Für Sabine
Beer kein Weg, den sie bei der eigenen Firmengründung einschlagen
wollte. Für sie standen und stehen
noch heute andere Werte im Vordergrund. „Wir geben Inhalten den
Vorzug und nicht wirtschaftlichen
Reglementierungen“, erklärt Beer,
die ihrem Unternehmen den Namen
Santaverde gab, auf Deutsch „Heiliges
Grün“. Die Naturkosmetikmarke holt
ihre beiden wichtigsten Wirkstoffe
– Aloe vera und die Cashewfrucht
– aus Andalusien und dem brasilianischen Urwald. Es war die Aloevera-Pflanze, die die Geschäftsidee
überhaupt erst reifen ließ und deren
reiner biologischer Saft in den Produkten von Santaverde die ansonsten
übliche Wasserphase ersetzt.
Die Anfänge
1985 kaufen Sabine Beer und ihr Mann
die Finca Verde im spanischen Andalusien. Der Nachbar, ein Auswanderer
aus Texas, schenkt ihr ein frisches Aloevera-Blatt. Er kennt ihre Hautprobleme
und rät, das dicke Blatt nach und nach
klein zu schneiden und den austretenden Saft auf die Haut zu streichen.
Der Erfolg ist durchschlagend: Nach
kurzer Zeit ist das Hautbild wie verwandelt, die entzündeten, ausgetrockneten Stellen sind verschwunden.
Zurück in Deutschland will Sabine
Beer auf die Wunderkraft der Aloe
vera nicht mehr verzichten. Von der
Wirkung der am Markt erhältlichen
Produkte bzw. des darin enthaltenen,
stark verdünnten Pulvers ist sie jedoch enttäuscht. Ihre erste Idee, Aloe
vera anzupflanzen und den Grundstoff an die Kosmetik- bzw. die pharmazeutische Industrie zu verkaufen,
scheitert. Kein Hersteller wollte den
hochwertigen, aber teuren Rohstoff
einsetzen. Dann mache ich es eben
selber, dachte Sabine Beer.
Steiniger Weg
Ein Jahr nach dem ersten Kontakt
mit der auch als „Wüstenlilie“ bezeichneten Pflanze setzen Sabine
Beer und ihr Mann die ersten Aloevera-Babypflanzen in die sandige
Erde Spaniens. Was als privates
Feriendomizil an der Costa del Sol
gedacht war, entwickelt sich von
anfangs 4.000 Aloe-Babys auf dem
zwei Hektar großen Gelände der
Finca Verde zu Feldern mit heute
rund 20.000 Pflanzen. Im Juli 1986
wird die Santaverde Gesellschaft für
Naturprodukte mbH gegründet.
Schnelle Erfolge stellen sich dieses
Mal nicht ein. Vielmehr war viel
Tüftelei notwendig, um aus dem
Rohstoff Aloe ein geschmeidiges,
wohlriechendes Produkt zu machen.
„Die ersten Blätter habe ich selber
mit nach Deutschland genommen.
Gemeinsam mit einer befreundeten
Apothekerin aus Hamburg begannen
wir zu experimentieren“, erinnert
Der Naturkosmetikhersteller Santaverde setzt
auf die Aloe-vera-Pflanze
(oben rechts) und die Cashewfrucht (unten links).
Um die Aloe-Vera-Pflanze
zu verarbeiten, wird in
Handarbeit das innere
weiche Blattfilet herausgeschält (oben links).
Firmengründerin Sabine
Beer hat eine besondere
Unternehmensphilosophie: Umweltbewusstes
Handeln und soziale
Verantwortung stehen bei
ihr im Vordergrund.
Reine Handarbeit
Die Pflege und Ernte des kostbaren
Rohmaterials, der Aloe-vera-Pflanze,
erfolgt nach den Regeln des kontrolliert biologischen Anbaus und in reiner Handarbeit. Biologischer Anbau
heißt, sich Zeit zu lassen. Zeit, in
der die Pflanze nach ihrem eigenen
Rhythmus Lebenskräfte aus Sonne
und Boden sammeln kann. Ab August wird geerntet. Die Arbeiter vor
Ort lösen die reifen Pflanzenblätter
auf den Feldern per Hand von der
Mutterpflanze ab. Dazu wird jedes
einzelne Blatt behutsam am Blattgrund angeritzt und mit Körperkraft
vom Stamm abgezogen, ohne die
Mutterpflanze zu verletzen. Die frisch
geernteten Blätter kommen gleich ins
Labor. Das wurde inmitten der Plantage fast vollständig in die Erde gebaut, weshalb selbst an Sommertagen
mit Temperaturen von bis zu 50 Grad
keine Kühlung erforderlich ist.
Im Labor verarbeiten junge Frauen
aus dem Dorf bis zu einer Tonne
Blätter am Tag. Sie entfernen nach
dem Waschen mit einem riesigen
Sparschäler die harte Außenschale
und die dornigen Seiten. Verwendet
wird nur das herausgelöste weiche
innere Blattfilet – die Ausbeute liegt
bei etwa 55 Prozent. „Es muss alles
schnell und sauber gehen. Das gelartige Fruchtfleisch wird sofort in Kühlkisten gepackt, weil sich sonst die
Wirkstoffe binnen Stunden zersetzen,
und mit Lastwagen von Andalusien
nach Hamburg gefahren. Dort verarbeitet eine Partnerfirma den Rohstoff
der sonst in der Kosmetik üblichen
Hauptzutat Wasser. Ob ein Produkt
Aloe vera enthält, lässt sich an einem
Zuckermolekül messen, das nur in
dieser Pflanze vorkommt: Aloverose. Nicht ohne Stolz verweist sie auf
den hohen Gehalt ihres Saftes. Er hat
einen Aloverose-Wert von 1.200 mg
pro Liter und das ist entscheidend für
die wundheilenden Eigenschaften.
Während Rezepturen konventioneller
kosmetischer Produkte zu 60 bis 80
Prozent aus reinem Wasser (Aqua)
bestehen, ist der Hauptbestandteil
jedes Santaverde-Produktes purer
Aloe-vera-Pflanzensaft (Aloe barbadensis Miller). Der liefert der Haut
im Gegensatz zu Wasser einen wahren Wirkstoffcocktail – neben den
spezifischen Polysacchariden (Aloverose) sind essenzielle Aminosäuren, Enzyme, Mineralsalze, Vitamine
und Antioxidantien besonders wichtig für die Pflege. In allen SantaverdeArtikeln werden außer der Aloe vera
nur reine Pflanzenöle, Hydrolate und
hochwertige Extrakte vorwiegend aus
kontrolliert biologischem Anbau und
zertifizierter Wildsammlung verarbeitet, synthetische Duft-, Farb- und
Konservierungsstoffe, Mineralöle, Parabene, Silikone, PEG, gentechnisch
veränderte Pflanzen oder sonstige
Zusätze sind wie Tierversuche gemäß
BDIH- und Natrue-Richtlinien tabu.
Sprung nach Brasilien
Auf der Suche nach hochwertigen
und seltenen Rohstoffen verschlägt es
Sabine Beer und ihren Mann einige
gewonnen werden und der AntiAging-Linie ihren Namen geben.
Wie auch in Spanien geht es Sabine
Beer nicht nur um die Gewinnung
neuer Rohstoffe, sondern um nachhaltiges Wirtschaften. „Umweltbewusstes
Handeln und soziale Verantwortung
gehören für mich und alle Mitarbeiter
von Santaverde zur Unternehmensphilosophie. Erfolg wird nicht nur in Euro,
sondern in Lebensqualität gemessen –
und ist nur erreichbar, wenn er in Einklang mit der Natur und dem Respekt
gegenüber allen Beteiligten geschieht“,
betont Beer. „Deshalb haben wir das
Projekt in Brasilien wie auch in Spanien selber aufgezogen, die Mitarbeiter
sind bei uns angestellt. So haben wir
einen größeren Einfluss und können
mehr Verantwortung übernehmen.
Denn gerechte Handelsbeziehungen
und verlässliche Preise sind für uns die
entscheidende Voraussetzung dafür,
dass die Bevölkerung der Schwellenund Entwicklungsländer ihre Lebensund Arbeitsbedingungen aus eigener
Kraft verbessern kann.“
Im Falle der Luxuspflege Xingu heißt
das auch, dass zehn Prozent des Reinerlöses aller verkauften Produkte an
das lokale Entwicklungshilfeprojekt
Caatinga im Nordosten Brasiliens gehen. Caatinga verhilft Mädchen und
Frauen durch Aufklärung und konkrete finanzielle Unterstützung zu
mehr Gleichberechtigung, sichert die
ärztliche Versorgung und Ausbildung
und ermöglicht über Mikrokredite
den Aufbau einer eigenen Existenz.
Autorin: Sandra Klein
MUM