Leichen pflastern seinen Weg Vomgroßen und vomkleinen
Transcription
Leichen pflastern seinen Weg Vomgroßen und vomkleinen
ex li bri s II FERNANDO VALLEJO 5 7 4 - 2/ 2/ 2 0 0 1 stigt als von anderen Mördern, die ihnen auf einem Motorrad Leichen pflastern seinen Weg Wenn ei n Kill er durch di e Straßen von Medellín spazi ert, si nd Lei chen vorpro- gra mmi ert, Futter für den Gei st eher weni ger. Und doch... Seit den wirren fünfziger Jahren ist der Andenstaat Ko- lumbien nicht nur das Eldora- nen hilft, ihren Auftrag reibungslos auszuführen. " Gehen Sie mal in die Basili- pervertierten Hei mat, über die katholisch verbrämte Hypokri- do der linken Guerilla, son- ca Medellíns sie und Gleichgültigkeit seiner Mafia. sich die an: die Ganoven, wie Pflicht, dauernd unverschäm- dern auch Hort der Kokain− Der jahrzehntelange Bürgerkrieg und die nationa- len undtransnationalen Mafia− Aktivitäten haben das blutige Verbrechen in der Gesell- schaft derart banalisiert, dass ein offener Straße Er morder- ter bei Passanten kaum noch Aufsehen erregt. Medellín hat Paler mo und Chicago als W elt metropole des Verbrechens abgelöst, die Metropolitana, Kathedrale, und schauen Sie te Zeitgenossen um die Ecke des Rauchs, er ist mit W eih- Auf den ersten Blick, und rauch nicht zu verwechseln." In Medellín wohnt der ältere Ich−Erzähler, ein gelehrter Grammatiker, der inzwischen bringen zu müssen. das kannin diesemFall nur die kontinuierliche Anhäufung neuer Leichen sein, die den eg des Grammatikers durch W von seinemjugendlichen Lieb- seine Hei matstadt pflastern, als von gelehrter Betriebsam- Buch umein übles Machwerk, haber Alexis mehr angetan ist keit. Er streift durch die Stra- hier zum Alltag wie der tropi- Morden an Taxifahrern, Polizi- eher unbefangen − ja, fast "un- Dabei sinniert der brillante nung ist das Töten, damit fal- dungenen Mörder beten zur Jungfrau Maria, damit sie ih- Sprachkünstler rethorisch ge- wandt über die Aussichtslosig- te heranzüchtet, dern in Medellín gesorgt. So donnenbilder. von vorne an, nach seinem bis an die Grenze zum Voyeu- senden von gedungenen Mör- fängt der Reigen mit W il mar Gomorrha. Ihre perfekte Tar- len sie kaumauf. Von der Poli- zei werden sie weniger belä- Festplatte". Kommentaren nicht abschre- Angesichts vielen Tausende von Morden, die Ende i m Buch der Ostberli ner Schrift- stell eri n Katja Lange− Müll er − was bl ei bt, i st ei ne Sprache voll Hu mor und Menschli chkeit Durch- schnittsbürgerInnen jedes viert bekommen, rei ßt die Se- kaumeineNvomHocker. Inter- Rechtfertigungen, die der Ich− Setzerkunst, gene Würde zu geben, und ih- vomLeben Überholten eine ei- Druckerei Zeitgeschichte. Esist ein Buch ren sinnlos scheinenden, ab- und vomkleinen Aus. Aber die bisschen so etwas wie Trans- Ostberlin be- schäftigt sind, traurige Typen vom Verlieren, Fehlbesetzungen selbst in ei- Sprache, in der es geschrie- ten Gewerbe: Püppi, auch ge- leicht, messerscharf und doch allesamt und personifizierte nem dem Untergang geweih- nannt die "einar mige blaue Elefantin", linkshändig, un- fähig und glücklos in der Lie- be; W illi, verbittert und grau wie eine "fleischgewordene Bleivergiftung", der in der ben ist, vom großen eindringlich behutsam, und nicht wehrt, stirbt verkehrt. W ie sollen LeserInnen auf ein solches Machwerk reagie- ren: mit Abscheu oder morali- mit Kopf- sonderlichen Geschicken ein zendenz. mit einem zärtli- Dorothea Graf Schei ße lebt, sollte sich nicht als Richter der Wür mer und Fliegen aufspielen. Der Autor, das merkt man auf jeder Seite dieses dichten, rasanten der nur für Maschinen hegt, und nicht zuletzt Fritz, der reniten- te, pessi mistische, parteilose Maschinensetzer mit der un- bezähmbaren Neigung, Vorge- setzte zu beschi mpfen. Eine Zeit lang werkelt diese bedenklich Truppe kollektivunfähige vor sich hin und schweigt sich zwischendurch bei m Bier in der " W aldschän- ke" aus. Doch dann, eines Morgens, ist die Fir ma geschlos- sen, der Chef, Herr Posbich, abgetaucht... So manches geht verschütt, kaputt, zu Ende in diesem skurrilen, abgrundtief melancholischen und doch irgend- wie komischen Buch mit sei- nen merkwürdigen Figuren und bestürzenden Bildern: sei es die Topfpflanze als Lie- schen, aber Überset- zerI nnen l eben gefähr- li ch. Ganz besonders bedroht si nd di ejeni- gen, di e si ch mit der Kryptol ogi e, der Wi s- senschaft von den Gehei msprachen, befassen. Rücken gekehrt hat. Hinter der zynischen Fassade dringt i m- Kino- version freuen. Nicht auszudenken, was da wohl von der Leinwand heruntertropfen wird. Robert Garcia Fernando Vallejo: Die Ma- donna der M örder, Roman aus demkolumbianischen Spanisch("La Virgen de Santafé de Bogota 1994) Zsolnay Verlag W ien 2000, 165 S., 748 LUF . reicht − was nicht ist, kann ja Magische Sprachen wirken kommen zu können. Stehen ausgestorben und vergessen cherweise in Zusammenhang Fachleute zu spüren, die am ron"? Jener Sprache, die wie to Esfinge − dem Hafen der und die Sprache des Gehirns weiter, selbst wenn sie längst sind. Das bekommen auch die Kryptologie−Kongress in Puer- Sphinx− teilnehmen. Unverse- hens geraten sie in den Bann eines uralten Fluchs, dem sie vergebens ihr geballtes W is- sens entgegensetzen. Es beginnt mit Seehunden, die tot am Strand gefunden werden. Später müssen meh- rere Kongressteilnehmer ihr die rätselhaften Tode mögli- mit der "Sprache des Ache- ein Halluzinogen wirken kann Der Pablo 1963, argentinische De hat Santis, gottverlassene Kaff an der argentinischen Atlantikküste noch nie gesehen. Der Ich−Er- zähler, Miguel De Blast, ver- sucht, etwas Licht ins allgemeine Dunkel zu bringen. An- zunächst zung international bekannt gelingt es ihmzwar durchaus, eine dem Thema angemessene, düster−gehei mnisvolle Atmosphäre zu schaffen, womit er, wie der spanische Autor Ju- an Manuel de Pradain seinem kurze Text eine gewisse Un- ser W issenschaft auf die Spur Angela W icharz−Lindner den Romanen F ilosofia y Le- Gehei mnis mit Hilfe eben die- anerkannt, in einem Einweck- sachkundig ins verfasst, bevor er mit den bei- und, als Geburtsleistung nicht setzer davon überzeugt, dem Haefs Deutsche übertragen. Szenarios und Jugendbücher W itsch Köln 2000, 135 S., der Lende geschnitten wird bert Dreh- und Bioy Casares steht, doch Kryptologie ein Buch mit sie- sprechender Ansatz, von Gis- bücherfürs Fernsehen, Comic− wurde. I m vorliegenden Kri mi Einen Überset- Autor solch mysteriösen Fall hat das überfordert. Die Jahrgang tras (1998) und Die Überset- ist werden. Ziel erreicht hat? Leben lassen. Die lokale Poli- zei noch zung ist allemal ein vielver- so lange korrigiert, bis sie ihr ben Siegeln ist, ist der Über- 616 LUF . mag sich auf die von Barbet Schroeder inszenierte fantastischen Romans heran- rasitäre Zwilling", der Fritz aus ckerei, K iepenheuer & Mach- wenn De Santis noch nicht aus Udo Posbichs Dru- Blätter von sich wirft; der "pa- blutigen werks noch nicht genug sind, ganz an die Großmeister des ders als der Kommissar, dem Letzten, Aufzeichnungen die schwarzwei ßen Buchsta- ben dieses druck ein wenig trübt. Auch besersatz, die über Nacht die Katja Lange− Müller: Die hörte Pamphlet lieber nicht in stadt, der er wohl weislich den PABLO DE SANTI S Es mag Si e überra- wissen. Zartbesaitete sollten von K laus Laabs, Paul Hassliebe zu seiner Hei mat- Die Sprache des Todes schizophrene sierten Ausnahmezustands i m los Sicarios", Santillana, Mutter abarbeitet und dafür Manfred, der zärtliche Gefühle und Romans, pflegt eine intensive Hass auf seine über mächtige ersinnt; glasklare psychologisch unwiderlegba- einander. Und wer nicht in der Druckerei hauptsächlich den einen geradezu genialen W eg walt letztlich als feinsinnige, die Hand nehmen. Und wem und wer sich stellung Medelliner Ethnogra- sei es der Arbeitsplatz, die in ckenlässt, wird Vallejos' Odys- see durch das Archipel der Ge- fie wohl nicht sehr weiter aus- chen Humor, ver mag es, den Stückchen zynischen tun's andere, mus? Nun, Fiktion und Realität glas auf der Anrichte dümpelt; ein und Erzähler von seiner Blutspur abliefert: wenn nicht wir, dann liegen in dieser schrillen Dar- Loser, die Ende der Siebziger Jahrein Udo Posbichs privater Mordtaten dieses eigentlich doch uner- sis von Zynis mus und Nihilis- Vomgroßen und vomkleinen Aus verl oren, kaputt, zu W er sich also von den sich ris mus dahin ver mehrenden schütteln ob solcher einer Do- KATJA LANGE− MÜLLER So manches geht unter den mitleidlosen Blicken der Ma- Motto: " Mit einem Schuss in die Stirnlöscht manjedemdie scher Entrüstung, "Die Letzten", das sind vier den Elendvierteln der Vorstäd- für Nachschubist bei den Tau- Hinterhof der USAzu schätzen Elendsviertel. Die jungen, ge- Passanten und Auftragskillern. sich ihre eigenen Mörder in essant sind die unmoralischen schuldig" − durch Sodom und die die Trauer ist nicht von Dauer, einem Quentin-Tarantino-Strei- Frauen, durch ner Straße umzulegen. Doch das Bild einer sich selbst zer- fleischenden Gesellschaft, die re Analyse des institutionali- sten, nenprozessionen und Bodyguard Alexis auf offe- das den Zynis mus zu unerhör- sche Regen und die Madon- schwangeren seinen Liebhaber rie von beiläufigen Tötungen fen wandeln die Protagonisten anschwellende chen sein wird. So entsteht erdreistet, telfristig kaum zu durchbre- Jahr auf dem Bildschir m ser- Blutspur von völlig sinnlosen stetig stet, dass die Konkurrenz sich handelt es sich bei diesem iein ten Höhepunktentreibt. W eine felskreis des Verbrechens mit- soziologisch ßen der Stadt und hinterlässt Mordstatistiken sprechen eine klare Sprache. Gewalt gehört Landsleute und die ärgerliche sie auf den Bänken hinten kif- fen. Achten Sie auf den Geruch nachstellen. Der Erzähler ist denn auch moralisch entrü- keit seiner zum Leichenhaus mer wieder die Verzweiflung darüber durch, dass der Teu- Nachwort schreibt, in der Tra- Pablo De Santis: Die Über- dition von Jorge Luis Borges setzung, aus demSpani- weist der mit 151 Seiten recht von Gisbert Haefs, Unions- wucht auf, die den Gesamtein- schen("Latraducción") verlagZürich 2000, 151 S., 572 LUF . ex li bri s 2/ 2/ 2 0 0 1 - 5 7 4 MAGNUS MI LLS und i hr engli scher Vorarbeiter soll en i n Engl and ei nen stabil en Zaun erri chten, und ni cht nur dari n si nd si e sehr geübt. Tamund Richie sind die bei- den Helden der schottischen Zaunbauerzunft. Von betont schlichtem W esen, tragen sie als ausgewiesene Heavy− Me- tal−Fans die Haare überschulterlang und zeichnen sich durch eine baumgleiche Phy- sis aus. Sie als maulfaul zu be- zeichnen, ist schon krass un- tertrieben, und die bemer- kenswerte körperliche Konsti- tution ist nicht nur bei m schwei ßtreibenden Zäunebau- geber sich selten lange daran erfreuen, weil sie durch mehr als unglücklich Umstände oft recht bald zu Tode kommen. Kein Problem, buddeln können die zwei sehr gut, muss sein, für die Pfosten... Eines Tages gibt Donald ih- nen Order, nach England zu reisen, um in der dortigen Fremde eine große W eide ein- zuzäunen. Zwecks Überwa- chung stellt er ihnen einen lang Bier trinken. nämlich von der auswärtigen Konkurrenz nicht eben begei- stert... Magnus Mills ist siebenund- noch dazu ver- schärft durch die Arbeiter/ Vorarbeiter−Situation –, aber unablässig hofft, sie mögen bei schlagbare an diesem Buch. wovon er spricht, und wir er- rettenpausen so regel mäßig samteindruck verdankt wir nicht wussten. Bezeich- kenschlag zur vollen Stunde, gentlich gar nicht so viel pas- bauerzeitplan. Die Antworten trocken welche kommen − sind von Zweifel beabsichtigt. Alle Lieb- und fußen auf unwiderlegba- schen Humors, bitte sofort zu- vierzig, Postbote und ehemali- ger Zaunbauer. Er wei ß also, fahren alles über Zäune, was nendfür das Buchist, dass ei- siert, außer dass ein paar Kilometer Zaun gebaut werden, siert ist. Die beiden arbeiten tionen, die i mmer wieder ent- sparsamen bis geizigen Schot- einträchtiger Symbiose. Ihre dann allerdings viel beschwer- merweise können die Auftrag- Reiz aus macht, sondern die Auftrags hausen werden− Chef ten. W as nach einemnor malen Zäune sind klasse, aber dum- nicht sosehr die Story, die den skurrilen Figuren− Tamund Ri- wie ein langsam tickendes Uhrwerk, i mmer zu zweit, in und Unmengen Bier getrunken land auf, in dem sie aus Ko- Donald ist der Prototyp des Ganzen eher verhalten, Ziga- wiederkehrend wie der Gloc- und man bangt um den Zaunder beiden − wenn überhaupt wieder unbemerkt heran, und die beiden nicht nehmen, die sen der höchst vergnügten Le- sind Verblüffung dem breiten Grin- serInnen. Es wird nicht mit Kli- ern− nur mit einer W echselun- ausgestattet, lassen es sich Mähne vor dem abendlichen Pubbesuch über dem Koch- topf zu shampoonieren, auf dass sie glänzen möge, wenn man mit Sicherheit auch Katharina Böhmer, die das Buch gekonnt übersetzt, weil ebenso (furz)hinbekommen hat, wie vom Autor ohne jeden haberInnen skurrilen briti- greifen! Suzanne König W ohnwagenraum stehen. Die geniale Komik des Ganzen schleicht sich i mmer Diesen hoch erfreulichen Ge- Zusammenleben der drei auf engstem terhose für die sechs W ochen licher als erwartet. Die einheiZaunbauer sonst niemand je käme. Das läßt einen prustend erschau- stets weicht die anfängliche mischen Schlichtheit chie − und die absurden Situa- gestaltet sich Job aussieht, dem Knochenjob doch bitte nicht zu Schaden kommen. genen W ohnwagen nach Eng- auf Spanndrahtzäune speziali- so unwiderstehlich, dass man Überhaupt ist das Tempo des Vorteil. stengründenfür die Dauer des Tam und Richie − Alptraum eines jeden Arbeitgebers, Kol- dieser Klischees ist das Un- Überzeichnung rer Logik, auf die allerdings brechen die drei i m fir menei- nend leeren Dorfpub stunden- legen oder Kunden, und doch aufgebaute werden. Es ist aber auch gar beiter an die Seite (denIch−Er- wie siamesische Zwillinge auf ihrem Schemeln gerade die fast lethargisch zähler der Geschichte), und so der Minifir ma von Donald, die Magnus M ills: Die Herren der Zäune(The Restraints of Beasts, Harper Collins, London), Deutsch von Katharina Böhmer, Suhr- kamp VerlagFrankfurt/ Main 2000, 216 S., 792 LUF . Geschichten, die unter seinen DANI EL PENNAC HändenzurotzfrechenSprach- kunstwerken werden. Hochzeitsfeier mit Knalleffekt schli mmsten Sorte. Engländern, nis zwischen Schotten und lichen Konsum mehrerer Gal- Angestellt sind die beidenin ei ne Mésalli ance der sitzen und schweigendi mgäh- das ein paar Typen umkommen lonen Bier als unbestreitbarer Ro man geht es u m schon klassische Missverhält- noch englischen Kollegen als Vorar- weist sich auch bei mallabend- neuesten Mal aussène− sie später ist entwaffnender en ein Trumpf, sondern er- I n Dani el Pennacs schees gegeizt − das offensichtlichste Zäune bauen auf die schottische Art Zwei junge Schotten III Thérèse, aus der Art ge- schlagene keusche Tochter aus Pariser Stadtteil der berühmten Familienbande dem Belleville, scheint ihre hellse- herischen Qualitäten in eige- ner Sache völlig eingebüßt zu haben. Sie verliert ihr Herz an einen hergelaufenen Adligen, den Comte Marie−Colbert de Roberval ("nennen Sie mich MC2, so wie wir das unter ENA−Kollegen machen"), santeletzte Drittel dieses Räu- berromans, der noch manche Eveline Passet eine Übersetze- ben zu haben. Er lebt in Belle- buntesten dem wohl ville, Überraschung parat hält. Stadtteil von Paris. geboren, hat seinen Beruf als schöpflichen Reservoir dieser umgenügend Zeit zumSchrei- Pennac den Rohstoff für seine Pennac, 1944 in Casablanca Französischlehrer aufgegeben, Aus dem schier rin gefunden hat, deren bra- vouröse deutsche Version sich in keiner W eise hinter demOriginal zu verstecken braucht. uner- Daniel Pennac: Adel ver- nichtet, aus demFran- zösischen("Auxfruits de la passion")von Eveline Passet, K iepenheuer & multikulturellen Szene bezieht Angela W icharz−Lindner W itsch Köln 2000, 219 S., 792 LUF . Tag enthält HANI F KUREI SHI Dunkel wie der Tag der W elch ein Glück, dass der Verlag in schichten, moyanz, als einziger Vertreter seines bittersüße ohne jede wunderschön Ge- Large- schrieben unter völligem Ver- Geschlechtes keinen Dreck am zicht auf Pathos oder überflüs- ne Vorfahren hattenjedenfalls der als Drehbuchautor an den Stecken zu haben scheint. Sei- munter bei so ziemlich allen Finanzskandalen mitgemischt, die seit Ende des siebzehnten Jahrhunderts französische Geschichte machten. Doch ganz egal, ob unbe- scholten oder nicht, ein ech- tes Blaublut in der Familie Malaussène ist für Benjamin, den ältesten Bruder von Thérèse, einfach untragbar. Zu seinemLeidwesenschlagen al- le Versuche fehl, die kleine "Es gi bt für ni chts ei ne wirkli che Begründung, wir verli eben uns ei nfach − und hören zu m Gl ück auch wi eder auf zu li eben". Dieses Zitat aus einer der senen ausgesetzt. Eine allein Kureishi findet sich i m Klap- vom zufälligen Kontakt mit ei- zehn Erzählungen von Hanif pentext wieder, und treffender könnte man dasfeeling der Ge- erziehende Mutter, die sich ner großen Autorin ihrerseits den großen Durchbruch als schichten, die da erzählt wer- Schriftstellerin erhofft, geht um gelebte und nicht ge- tel mäßigen, sionen und Träume, Unsicher- renseinefrühere Freundin wie- Der junge Mann will mit sei- in seinemLeben über den Hau- den, nicht wiedergeben. Es lebte Liebesbeziehungen, Illuheiten und Wünsche. ner älteren Geliebten ein W o- chenende verbringen und Ehemann konfrontiert, der unerfüllten dertrifft, die plötzlich die Ruhe fen wirft. Sie alle träumen, hof- fen, warten, haben sich abge- sieht sich plötzlich mit dem funden oder auch nicht. wahren. Das Schicksal ni mmt spontan beschlossen hat, sei- det ten, und statt Akteur in einem seinen Lauf, die Hochzeit finstatt. großer Und wie! Anteilnahme Unter sämtli- cher Medien haben die Hurenkinder, die "Früchtchen der Leidenschaft" als Streu−Engel- chenihren großen Auftritt. So spektakulär die Trauungszere- ne Frau mal wieder zu beglei- romantischen Liebeswochenende zu sein, wird er zum hilflosen Beobachter einer Ehe in der Krise degradiert. Für ein junges Paar, das gerade zusammengezogenist, wird der Kauf Exi- stenz. Ein Mann, der nach Jah- Schwester umzusti mmen und vor ihrem Bräutigam zu be- dem einzigen Ausweg aus ihrer mit- siges Drama. Hanif Kureishi, Kultfil men " Mein wunderbarer W aschsalon" und "Sammy und Rosie tun es" mitgewirkt hat, konnte schon mit seinem er- sten Roman "Der Buddha aus der Vorstadt" − für den er den Whitbread Prize erhielt −, ein breites Publikum für sich er- obern, und auch mit dieser Ge- schichtensammlung dürfte er seine Fangemeinde begeistern. Suzanne König Einfühlsamund mit präziser Beobachtungsgabe schildert Kureishi − Sohn einer Englän- derin und eines Pakistani und in Südlondon geboren− all diese Menschen und ihre W elt, das alles i m übrigen very bri- tish: Kinder mädchen, Pubs, Parks, Landhäuser an der Kü- ste und tea ti me. Es geht um ihre Bemühungen, die oft so Hanif Kureishi: Dunkel um ihre die so unüberbrückbarist, und day", Faber andFaber, gerissen, weil seine Schwester fang zu nehmen, stets peinli- leiser Beharrlichkeit, mal mit will. Und damit beginnt das ra- Begegnungen mit der Verflos- mer wieder. Dunkel wie der monie, so jäh das Ende der Prominentenehe: Noch in der Hochzeitsnacht wird Benja- min unsanft aus dem Schlaf ihr altes Bett zurückhaben der Esszi mmerstühle zur Be- währungsprobe. Väter, die an Haustüren klingeln, Kinder von der Exfrauin Emp- chen, manchmal agressiven hilflos sind, um die Distanz, doch versuchen sie es mal mit aufkei mender Verzweiflungi m- wie der Tag(" M idnight all London), Deutsch von Bernhard Robben, K indler Verlag Reinbek 2000, 237 S., 876 LUF .