23-Jähriger ersticht seinen Bruder im Streit

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23-Jähriger ersticht seinen Bruder im Streit
www.stuttgarter-zeitung.de
STUTTGART
MONTAG
30. Dezember 2013
STADT,
REGION
& LAND
17
Region Stuttgart 22
Baden-Württemberg 24
Was Wann Wo 26
14 Einsatzwagen
können Fahrer
nicht stoppen
Bei einer Verfolgungsjagd
im Kreis Ludwigsburg fallen
Schüsse. Von Thomas Faltin
Polizei
ie Polizei in Ludwigsburg hat gestern noch keine neuen Erkenntnisse darüber gehabt, wer die beiden
Insassen sind, die sich am frühen Samstagmorgen im Raum Bietigheim-Bissingen
(Kreis Ludwigsburg) eine wilde Verfolgungsjagd mit der Polizei geliefert haben
und zuletzt zu Fuß flüchten konnten. Insgesamt 14 Polizeiwagen und ein Hubschrauber hatten es nicht geschafft, die beiden Personen zu stoppen. Zwei Beamte
sind leicht verletzt worden, sechs Polizeifahrzeuge wurden beschädigt.
Alles hatte am Samstagmorgen gegen
4.10 Uhr begonnen, als ein Streifenwagen
in Bietigheim-Bissingen in der Bahnhofstraße auf den Golf aufmerksam geworden
war. Der 25- bis 30-jährige Fahrer gab aber
sofort Gas und flüchtete, so dass die Beamten den Wagen mit Blaulicht verfolgten. Allem Anschein nach wollten die zwei Personen nicht mit Drogen erwischt werden,
denn sie versuchten kurze Zeit später, unbemerkt ein Tütchen Marihuana, mehrere
Amphetamintabletten und ein Päckchen
mit einer noch unbekannten pulverartigen
Substanz aus dem Fenster zu werfen. Die
Polizei nahm die Drogen aber an sich.
Die Insassen ignorierten alle Hinweise
der Polizei anzuhalten und flüchteten mit
überhöhter Geschwindigkeit über Bissingen und Tamm nach Markgröningen. In
Tamm fuhren sie über eine rote Ampel, in
Markgröningen mussten sich Fußgänger
durch einen Sprung in Sicherheit bringen.
An der Ecke Helenen- und Mörikestraße in Markgröningen rammte das Fahrzeug
D
Tatort Hallschlag: die Ermittler der Polizei konnten nach wenigen Stunden einen Verdächtigen festnehmen. Er wird heute dem Haftrichter vorgeführt.
Foto: factum/Weise, 7aktuell/Dan Becker
23-Jähriger ersticht seinen Bruder im Streit
Die Polizei hat den als geistig verwirrt und gewalttätig
geltenden Mann bald nach der Tat festgenommen. Von Mathias Bury
Hallschlag
m Sonntagmorgen ist es im Bad
Cannstatter Wohngebiet Hallschlag
zu einer schlimmen Bluttat gekommen. Ein 23-Jähriger steht im Verdacht,
seinen 29 Jahre alten Bruder erstochen zu
haben. Bald darauf hat die Polizei den
Hauptverdächtigen festgenommen.
Die Eingangstür der Wohnung im ersten
Geschoss des Hauses an der Düsseldorfer
Straße ist geschmückt, ein mit Kunstblumen verzierter Weihnachtsstern hängt
dort, neben der Tür eine Keramikdekoration, die einen Nikolaus mit einem Sack
voller Gaben und darüber zwei rote Herzen
zeigt. Die harmlose Szenerie steht in krassem Gegensatz zu dem, was an der Stelle am
Sonntagmorgen geschehen ist.
Es ist gegen 10.30 Uhr, als ein Nachbar,
dessen Wohnung direkt nebenan auf dem
Stockwerk liegt, und die 54 Jahre alte Mutter des Getöteten den grausigen Fund machen: das 29 Jahre alte Opfer liegt leblos in
A
einer großen Blutlache im Treppenhaus direkt vor der Wohnungstür.
Dem Mann ist zu diesem Zeitpunkt
nicht mehr zu helfen. Wie die Polizei später
feststellt, steckt im Oberkörper des Getöten ein Messer, besser gesagt: noch ein Teil
davon, nämlich die abgebrochene Klinge,
der Griff der Tatwaffe ist verschwunden.
Die ersten Ermittlungen der Polizei führen
schnell zu einem schwerwiegenden Verdacht. Ins Visier der Beamten geraten die
zwei jüngeren, 23 Jahre alten Brüder des
Opfers; von den Zwillingen gilt aber schnell
der eine der beiden als Hauptverdächtiger
in dem Fall. Bald stellt sich auch heraus,
dass wohl nur er zum Tatzeitpunkt in der
mütterlichen Wohnung war.
Die sofort ausgelöste Fahndung im engen und weiteren Umkreis des Geschehens
führt zügig zu einem Erfolg: Eine Polizeistreife stellt an der Stadtbahnstation Daim-
DAS ZWEITE TÖTUNGSDELIKT IN DIESEM JAHR
Bilanz Der Fall des getöteten
29-Jährigen im Hallschlag ist
nach der polizeilichen Jahresstatistik 2013 das zweite Tötungsdelikt in diesem Jahr in
der Landeshauptstadt. Im Jahr
2012 verzeichnete die Stuttgarter Polizei einen Mordfall,
als in Zuffenhausen ein 65Jähriger einen 69 Jahre alten
Bekannten umbrachte.
Lange Suche Das erste Tötungsdelikt des Jahres war ein
schwieriger und langwieriger
Fall. Wie sich später herausstellte, hatte ein 46 Jahre alter
Deutsch-Schweizer seine 59jährige Lebensgefährtin Ende
Februar in deren Wohnung im
Stuttgarter Westen getötet.
Zunächst aber blieben Täter
wie Opfer verschwunden, in
der Wohnung hatte die Polizei
aber Blut und Kampfspuren
festgestellt. Zwei Tage später
fand die Polizei dann die Leiche des Täters in Winterthur,
er hatte sich das Leben genommen. Die Suche nach der
Frau bleibt wochenlang erfolglos. Schließlich fanden Spaziergänger ihre Leiche in Rottenburg am Neckar. ury
lerplatz in Bad Cannstatt den Gesuchten.
Er lässt sich von den Beamten festnehmen,
ohne Widerstand zu leisten.
Dass die Ermittler gerade auf ihn als den
möglichen Täter kommen, hat einen einfachen Grund: der 23-Jährige ist bei der Polizei einschlägig bekannt. Der mutmaßliche
Täter, der als geistig verwirrt beschrieben
wird, gilt als gewalttätig und ist wegen mehrerer Vorgänge registriert. Auch dass er ein
gespanntes Verhältnis zu seinem Bruder
hatte, ist schnell ermittelt, in der Nachbarschaft weiß man von wenigstens einem heftigen Streit der beiden Männer. Schon
mehrfach sei der Tatverdächtige auf seinen
29 Jahre alten, bei der Mutter lebenden
Bruder losgegangen, so die Polizei.
Wie und wo genau sich die Tat in dem
Gebäude im Hallschlag zugetragen hat, ist
noch nicht geklärt. Außer im Treppenhaus
fanden die Beamten auch Blutspuren in der
Wohnung der Mutter. Auch über das Tatmotiv konnte die Polizei noch keine genauen Angaben machen. Vermutlich entlud
sich in der Tat ein seit Längerem schwelender Streit in der Familie, deren Verhältnisse laut Polizei sehr schwierig sind.
Tief stehende Sonne: mindestens 50 Autos kollidieren
17 Personen werden auf der A 81 bei Ditzingen binnen
Sekunden verletzt, zwei davon schwer. Von Christhard Henning
Massenunfall
ie Notrufe sind im Sekundentakt
bei der Polizei eingegangen. Mehr
als 50 Autos sind gestern gegen
15.15 Uhr auf der A 81 zwischen den Anschlüssen Zuffenhausen und Feuerbach in
einen Massenunfall verwickelt worden. Die
Autobahn glich binnen weniger Augenblicke einem Trümmerfeld. In einer ersten Bilanz sprach Arnim Bauer, Pressesprecher
des DRK-Kreisverbands Ludwigsburg, von
17 Verletzten, zwei davon mussten zur weiteren Behandlung ins Krankenhaus gebracht werden. Von schwerer wiegenden
Folgen seien die beteiligten Autofahrer und
Insassen aber verschont geblieben. Die
meisten Verletzten konnten am Rande der
Fahrbahn ärztlich versorgt werden. Auch
Notfallseelsorger waren im Einsatz.
Laut einer Ludwigsburger Polizeisprecherin waren im dichten Reiseverkehr
nach den Weihnachtsfeiertagen nicht etwa
zu hohe Geschwindigkeiten der Auslöser
für die Karambolage. Vielmehr habe die tief
stehende Sonne sowie Gischt und Sprühregen die Sicht der Autofahrer behindert.
Insgesamt habe es auf einer Strecke von gut
zwei Kilometern zehn Auffahrunfälle gegeben. Bei der größten Karambolage seien 19
Fahrzeuge ineinander gerauscht. Dahinter
sei es zu etlichen kleineren Kollisionen gekommen, weil die Verkehrsteilnehmer
nicht rechtzeitig bemerkt hatten, dass sich
vor ihnen die Fahrzeuge gestaut hatten.
D
Über die genaue Schadenshöhe konnte
die Polizei zunächst nur vage Schätzungen
abgeben. Sie dürfte jedoch, so die Polizeisprecherin, deutlich im sechsstelligen Bereich liegen. Abschleppdienste waren bis in
die Abendstunden damit beschäftigt, etwa
25 Wracks abzutransportieren. Dutzende
Personen in unbeschädigten Autos zwischen den einzelnen Unfällen wurden an
der Weiterfahrt gehindert. Laut dem DRKSprecher Bauer betreuten 64 ehrenamtliche Helfer aus dem Strohgäu, Eglosheim
und Neckarweihingen die für mehrere
Stunden auf der Autobahn Gestrandeten.
Gegen 20 Uhr war die dreispurige Fahrbahn in Richtung des Engelbergtunnels
wieder frei befahrbar. Fahrzeuge, die in
Richtung Süden unterwegs waren und vor
der Unfallstelle im Stau standen, hatten zuvor auf der Autobahn gewendet und waren
mit polizeilichem Begleitschutz zurück zur
Ausfahrt Ludwigsburg-Süd gefahren. In
Richtung Süden hatte sich ein Stau von
zehn Kilometern gebildet. Auf der Gegenfahrbahn gab es Staus durch Gaffer.
Weitere Bilder von den Unfällen unter
http://stzlinx.de/massenkarambolage
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Heftiger Stoß: bei diesem Wagen sind die
Airbags ausgelöst worden. Foto: factum/Weise
ein entgegenkommendes Polizeiauto; bei
dem Unfall verletzten sich zwei Beamte
leicht. Vier weiteren Polizeiwagen gelang
es kurze Zeit später am Hundesportplatz
bei Unterriexingen, das Auto einzukeilen.
Wie die Polizei mitteilt, sei der Fahrer davon aber völlig unbeeindruckt geblieben
und habe sich den Weg „freigerammt“. Die
Polizisten versuchten daraufhin, das Auto
zu stoppen, indem sie auf die Reifen schossen. Das misslang. Über Feldwege raste der
VW Golf in Richtung Unterriexingen davon. Im dortigen Industriegebiet rammte
der Wagen ein weiteres Polizeiauto – dann
verloren die Beamten das Fahrzeug aus den
Augen. Kurze Zeit später wurde das Auto
verlassen bei den Sportplätzen in Unterriexingen aufgefunden. Von Fahrer und Beifahrer fehlt bis jetzt jede Spur.
Schon während der Verfolgungsjagd
hatte die Polizei ermittelt, dass das Kennzeichen LB-JP 6997 nicht vom Fluchtfahrzeug stammte. Es ist am 17. Dezember von
einem VW Caddy in Korntal-Münchingen
abmontiert worden. An den sechs demolierten Polizeifahrzeugen entstand ein
Sachschaden von etwa 20 000 Euro. Zeugen – auch zum Diebstahl des Nummernschildes – werden gebeten, sich bei der
Polizei unter 0 71 41/18-9 zu melden.
Auch in Ostfildern (Kreis Esslingen) hat
sich am Samstagmorgen ein Autofahrer
einer Polizeikontrolle entzogen und ist
nach einer Verfolgungsjagd entkommen.
Der Fahrer entwischte den Beamten
schließlich über die Autobahn 8 in Richtung Karlsruhe. Zuvor hatte er mehrere rote Ampeln überfahren und andere Verkehrsteilnehmer gefährdet. Mit einem
Hubschrauber und mehreren Streifenwagen versuchte die Polizei, den Flüchtigen
zu stoppen – ebenfalls ohne Erfolg.
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Nach einem schweren Unfall auf der A 81 auf nasser Fahrbahn haben mehrere Dutzend Autos teils nur noch Schrottwert.
Foto: factum/Weise
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