Fachwissen E-Bike - vh

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Fachwissen E-Bike - vh
EUROPA-FACHBUCHREIHE
für Kraftfahrzeugtechnik
Fachwissen
E-Bike
Technik der Leicht-Elektrofahrzeuge
1. Auflage
Verlag Europa-Lehrmittel · Nourney, Vollmer GmbH & Co. KG
Düsselberger Straße 23 · 42781 Haan-Gruiten
Europa-Nr.: 24015
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Impressum
2
Autoren „Fachwissen E-Bike”
Dipl. Ing. Gressmann, Michael
Müller, Eberhard
Borken (He)
Stuttgart
Lektorat
Ing. (grad.) Eberhard Müller
Stuttgart
Bildbearbeitung
Zeichenbüro des Verlags Europa-Lehrmittel, 73760 Ostfildern
Grafische Produktionen Jürgen Neumann, 97222 Rimpar
Der Verlag und die Autoren bedanken sich besonders bei Herrn Adrian Grimm, von der
Fahrzeugakademie in Schweinfurt, Herrn Rene Pavel von der Firma Zweirad Joos GmbH in
Konstanz sowie bei dem Berufsschullehrer Herrn Jens Leiner, Bremen, für die Unterstützung
bei der Erstellung des Buches.
Das vorliegende Buch richtet sich selbstverständlich an Mechanikerinnen und Mechaniker
– allerdings haben die Autoren aus Gründen der besseren Lesbarkeit die männliche Form
gewählt.
1. Auflage 2013
Druck 5 4 3 2 1
Alle Drucke derselben Auflage sind parallel einsetzbar, da sie bis auf die Behebung von
Druckfehlern untereinander unverändert sind.
ISBN 978-3-8085-2401-5
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle muss vom Verlag schriftlich genehmigt werden.
© 2013 by Verlag Europa-Lehrmittel, Nourney, Vollmer GmbH & Co. KG, 42781 Haan-Gruiten
http://www.europa-lehrmittel.de
Umschlaggestaltung: Grafische Produktionen Jürgen Neumann, 97222 Rimpar
Umschlagfoto: © bangLds-fotolia.com
Satz und Layout: Grafische Produktionen Jürgen Neumann, 97222 Rimpar
Druck: M. P. Media-Print Informationstechnologie GmbH, 33100 Paderborn
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Vorwort
3
Das vorliegende Buch befasst sich mit Aufbau, Wirkungsweise und Betriebsverhalten von
Elektrofahrrädern. Stoffauswahl und Umfang wurden vorwiegend nach dem Gesichtspunkt
festgelegt, Auszubildenden für Betrieb und Berufsschule die erforderlichen Fachkenntnisse
zu vermitteln.
Der Ausbildungsberuf „Zweiradmechaniker – Fachrichtung Fahrradtechnik“ ist innerhalb
des Berufsfeldes Fahrzeugtechnik ein Beruf mit hohen fachspezifischen Anforderungen. Die
technische Komplexität des Produktes Elektrofahrrad und die Innovation, die dieses ElektroLeichtfahrzeug als Verkehrs- und Transportmittel sowie als „Hightech“-Sportgerät erfährt,
erfordert mittlerweile ein eigenständiges Fachbuch – als Ergänzung zum Standardwerk
„Fachkunde Fahrradtechnik“.
Das Buch enthält zusätzlich ein Kapitel über allgemeine Grundlagen der Elektrotechnik –
soweit sie für Elektro-Leichtfahrzeuge relevant sind. Die Ausführungen sollen helfen die
Funktion der elektrischen Komponenten in Antrieb, Steuerung und Akku besser zu verstehen. Wer auf diesem Gebiet versiert ist, kann das Kapitel überspringen.
Die hier behandelten elektrischen Bauteile wie Batterie, Antrieb und Steuerung werden
nach dem Stand der Technik auch in den meisten anderen Light Electric Vehicles (LEV)
eingesetzt. Unter LEV werden international alle ein- oder mehrspurigen Leichtfahrzeuge bis
250 kg Gewicht erfasst, die über einen Elektroantrieb verfügen. Hierzu gehören Pedelecs,
E-Bikes, Kabinen-Bikes, E-Roller, E-Cross-Maschinen, Elektro-Rollstühle, Segways, Roboter,
Arbeitsmaschinen und Sportgeräte. Wer mit diesen Geräten zu tun hat, findet mit diesem
Buch einen wichtigen Ratgeber. Das Werk ist aber ebenso für den Fahrradmonteur, der auf
dem Gebiet Elektrofahrräder Nachholbedarf hat, sowie für den Fahrradhändler ein fachlicher Begleiter in Theorie und Praxis.
Über Lob und konstruktive Kritik freuen wir uns per E-Mail.
Sie erreichen uns unter [email protected].
Frühjahr 2013
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Verlag und Autoren
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Inhalt
4
1
Geschichte der Elektrofahrräder
2
Elektrofahrräder heute
13
2.1
Elektroroller und Leicht-Elektro-Fahrzeuge (LEV) ________________________________
17
3
Typeneinteilung und Vorschriften
21
4
Die Mechanik des Fahrrades
25
4.1
Übersetzungen und geometrische Verhältnisse _________________________________
25
4.2
Laufwiderstände _____________________________________________________________
27
4.3
Leistungsbedarf ______________________________________________________________
31
4.4
Wirkungsgrade_______________________________________________________________
34
5
Antriebsanordnungen
41
5.1
Nabenmotoren _______________________________________________________________
42
5.2
Mittelmotor und Tretlagerantrieb ______________________________________________
46
6
Grundlagen Elektrotechnik
51
6.1
Widerstände, Ohmsches Gesetz _______________________________________________
51
6.2
Induktive Widerstände, Transformatoren _______________________________________
52
6.3
Kondensatoren, Schwingkreise ________________________________________________
58
6.4
Dioden und Transistoren______________________________________________________
62
6.5
Steuer- und Regelkreise ______________________________________________________
65
6.6
Elektrische Maschinen ________________________________________________________
66
6.6.1
Gleichstrommotoren _________________________________________________________
68
6.6.2
Drehstrommotoren ___________________________________________________________
71
6.6.3
Reluktanzmotoren ____________________________________________________________
73
7
Steuerung des Antriebes
77
7.1
Gleichstrommotoren mit Permanentmagneten _________________________________
77
7.2
Spannungswandler___________________________________________________________
85
7.3
Elektronische Kommutatoren _________________________________________________
89
7.4
Hall-Sensoren ________________________________________________________________
96
7.5
Gesamtsteuerungen des Fahrantriebes ________________________________________
97
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7
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Inhalt
5
8
Energiespeicher und Akkumulatoren (Akkus)
113
8.1
Grundlagen __________________________________________________________________
115
8.2
Blei-Akkumulatoren __________________________________________________________
121
8.3
Nickel-Cadmium-Akkus (NiCd) ________________________________________________
123
8.4
Nickel-Metallhydrid-Akkus (NiMH) _____________________________________________
124
8.5
Lithium-Akkus _______________________________________________________________
125
8.6
Sonstige Energiespeicher _____________________________________________________
131
8.7
Laden + Lagern von Li-Ion-Akkus ______________________________________________
134
8.8
Sonstiges ____________________________________________________________________
139
9
Einsatzgerechte Elektrofahrräder
143
9.1
Fahrradtypen ________________________________________________________________
144
9.2
Umbau zum einsatzgerechten Elektrofahrrad ___________________________________
151
10
Produktsicherheit und Einheitsstandards
163
11
Controller-Area-Network (CAN)
169
12
Exkurs: ExtraEnergy
179
Anhang
A1
Fahrrad-Luftwiderstände und Körperhaltung ___________________________________
181
A2
Fahrrad-Gesamtleistung (Tabellen) ____________________________________________
182
A3
Gesetze und Verordnungen ___________________________________________________
183
A3.1
Fahrerlaubnisverordnung (FeV) _______________________________________________
183
A3.2
Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV) _________________________________________
185
A3.3
Straßenverkehrsordnung (StVO) ______________________________________________
186
A3.4
Straßenverkehrszulassungsverordnung (StVZO) ________________________________
188
A3.5
StVRAusnV __________________________________________________________________
188
Literaturverzeichnis
190
Bildquellenverzeichnis und Danksagung
191
Sachwortverzeichnis
192
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5 Antriebsanordnungen
Bild 1 zeigt einen modernen bürstenlosen
Nabenmotor. Schleifkontakte werden nicht
benötigt. Der Stator mit seinen Spulen ist fest
mit der Achse verbunden, durch die auch die
Kabelzuführung erfolgt. Im Gegensatz zum
Reihenschluss-Nabenmotor rotieren hier
die Magnete. Es handelt sich dabei um 40
(!) starke Permanentmagnete. Dieser direkt
wirkende Nabenmotor ist eine einfache, robuste und wenig störanfällige Konstruktion.
Er eignet sich vorwiegend für kleine Räder,
weil er damit noch eine ausreichende Schubkraft auf die Straße bringt. Bei Rädern mit
größerem Durchmesser (z. B. 28 Zoll) muss
der Nabendurchmesser entsprechend groß
sein, um noch ein angemessenes Drehmoment übertragen zu können. Da die Drehzahl
eines Fahrrades gering ist, muss der Motor
43
viele Polpaare besitzen, damit er langsam
dreht. Der Nabenmotor in Bild 1 hat 20 Polpaare.
Solch ein Direktantrieb läuft sehr leise und
hat einen guten Wirkungsgrad. Da der Motor kein Getriebe oder einen Kettenabtrieb
benötigt, gibt es keine weiteren Wirkungsgradverluste. Der Wirkungsgrad beträgt über
80 %. Der Nachteil dieser Konstruktion sind
die großen Abmessungen und damit verbunden das hohe Gewicht. Der abgebildete
Direktläufer wiegt über 4 kg. Ein derartiger
Motor hat keinen Freilauf. Der Leichtlauf des
Fahrrades ist damit reduziert. Andererseits
kann der Motor auch als Generator laufen
(Rekuperation = Bremskraft-Rückgewinnung)
oder als Fahrraddynamo wirken.
5
Magnete
Spulen
Bild 1: Direkt wirkender Nabenmotor
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5 Antriebsanordnungen
44
Der Trend geht zu immer kleineren und leichteren Motoren. In Bild 1 ist ein Nabenmotor
mit Planentengetriebe dargestellt. Auch
hier ist der Stator mit seinen Wicklungen
zur Erzeugung eines Magnetfeldes fest mit
der stehenden Achse verbunden. Die Permanentmagnete sitzen auf einer drehenden
Glocke (Rotor), die den Spulenstator umläuft.
Auf der anderen Seite der Glocke sitzt das
Sonnenrad-Ritzel, welches das Planetengetriebe antreibt (Bild 2).
Das Bild 1 zeigt zwei verschiedene Fabrikate
mit unterschiedlichen Kabelzuführungen,
das Prinzip ist jedoch gleich. Diese Bauart
macht es möglich, die Drehzahl des Rades
zu reduzieren und das Drehmoment entsprechend zu vergrößern. Der Getriebe-Nabenmotor ist heute zum Standard geworden. Bei
einer Nennleistung von 250 Watt liegen bei
manchen Fabrikaten der Durchmesser unter
12 cm und das Gewicht knapp über 2 kg.
5
Drehende Glocke
mit Magneten
Stator mit Wicklungen
Planetengetriebe
Bild 1: Nabenmotor mit Getriebe. Links: Um den Stator dreht sich die Magnetglocke.
Rechts: Das Glockenritzel treibt über die Planentenräder das Hohlrad bzw. Speichenrad an.
Glocke
Ritzel
(Sonnenrad)
Magnete
Bild 2: Rotierende Glocke mit Ritzel
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5 Antriebsanordnungen
Der Getriebemotor eröffnet auch die Möglichkeit, einen Freilauf einzubauen (Bild 1,
rechts, Seite 44). Drei Planetenräder sind
in einem Ring gelagert, der mit der Achse
über einen Freilauf verbunden ist. Treibt
der Motor an, so blockiert der Ring auf der
Achse und das Glockenritzel dreht die drei
Planetenzahnräder. Diese wiederum treiben
das Hohlrad an, welches mit dem Rad verbunden ist. Erfolgt der Antrieb vom Rad her,
wälzen sich die Zahnräder nicht ineinander
ab. Das komplette Planetengetriebe (ohne interne Bewegungen) wird so um den Freilauf
auf der Achse gedreht. In den meisten auf
dem Markt erhältlichen Nabengetriebemotoren ist ein Freilauf eingebaut.
45
+ Die Gewichtsverteilung auf die beiden
Räder ist ausgeglichener als bei anderen
Anordnungen.
+ Kaum Behinderung beim Reifenwechsel.
Das Vorderrad kann wie gewohnt ausgewechselt werden. Die Kabelverbindung
erfolgt meist über Steckkontakte.
+ Im Pedelec-Betrieb besteht Allradantrieb.
Der gleichmäßig wirkende Vorderradantrieb (falls nicht eine Drehmomentsteuerung verwendet wird) mindert die
Schwankungen des Wiegetritts und sorgt
für ein relativ ausgeglichenes Fahrverhalten.
− Da die Vorderradbelastung, trotz des MoDer Glockenrotor mit den Dauermagneten
tors, geringer ist als die des Hinterrades,
läuft entgegengesetzt zum Rad. Das Kreiselist gegenüber einem Hinterradantrieb der
moment dieser Schwungmasse wirkt damit
Antriebsschlupf größer. Das heißt, die in
destabilisierend auf das Fahrverhalten des
Fahrleistung umgesetzte Antriebsleistung
Rades. Dies zeigt sich vor allem, wenn ein
ist kleiner als bei einem Hinterradantrieb.
Nabenmotor dieser Bauart im Vorderrad
sitzt: Dann ist das Fahren anfangs gewöh- − Der Frontantrieb ist für große Steigungen
nungsbedürftig. Da die Masse der entgenicht geeignet. Selbst wenn der Motor für
gengesetzt drehenden Masse relativ gering
ein hohes Drehmoment ausgelegt ist, so
ist, ist der Destabilisierungseffekt jedoch
rutscht das Rad schneller durch, vor allem
nicht gravierend. Wenn es sich aber um eiauf unbefestigten Wegen.
nen Gleichstrommotor handelt, bei dem die
schweren Magnetwicklungen sich entgegen − Kein Nabendynamo möglich.
dem Rad drehen, ist der Effekt deutlicher zu
spüren.
Nabenmotor-Positionen
Grundsätzlich sind die Motorbauarten und
Wirkungsweisen die gleichen, egal, ob sie
als Nabenmotor im Vorder- oder Hinterrad
eingebaut werden. Die unterschiedlichen
Motorpositionen haben jedoch Vor- und
Nachteile. Der Nabenmotor als Frontantrieb:
+ Er ist bestens geeignet zum Um- oder
Nachrüsten. Der Umbau eines vorhandenen Fahrrades zum Elektrorad geht damit am einfachsten. Die Hauptarbeit besteht darin, das Vorderrad auszuwechseln.
+ Ob Ketten- oder Nabenschaltung, alles
kann weiter verwendet werden. Auch die,
vor allem von älteren Leuten gewohnte,
Rücktrittbremse kann verwendet werden.
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5
Auch der Heckantrieb mittels Nabenmotor
hat Vor- und Nachteile. Oft kommt hier noch
ein Direktantrieb zur Anwendung:
+ Geeignet für bergiges Gelände. Je steiler es bergan geht, desto mehr wird das
Hinterrad gewichtsmäßig belastet (das
Vorderrad dagegen wird entlastet). Das
Traktionsverhalten ist durchgehend besser als beim Vorderradantrieb. Der Hinterradantrieb unterstützt den Vortrieb bis zur
Reibgrenze (Durchrutschgrenze).
+ Da der Akku meistens hinten untergebracht ist, ergeben sich kürzere Stromversorgungskabel.
+ Einbau eines Nabendynamos ist möglich.
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5 Antriebsanordnungen
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− Die Gewichtsverteilung des Fahrrades ist
hecklastig. Dadurch ergibt sich kein gutes
Spurverhalten.
5.2
Mittelmotor und
Tretlagerantrieb
Bei dieser Bauart wird der Motor zwischen
den
beiden Rädern untergebracht und wirkt
− Es kommen nur Kettenschaltungen inletztendlich
auf das Hinterrad.
frage. Es gibt nur wenige Konstruktionen
mit der Kombination aus Nabenmotor
und Nabenschaltung (z. B. das E-Rad der Es gibt grundsätzlich zwei Bauarten. Bei der
einen ist der Antriebsmotor am Rahmen beFirma Mercedes Benz Bild 1).
festigt und treibt über Kette, Riemen oder
Welle
ein Kettenrad der Tretkurbel oder
− Die Verwendung einer Rücktrittbremse ist
direkt
das
Hinterrad an. Die andere Mögnicht möglich.
lichkeit ist, dass die Tretkurbel Teil der Mo− Der Hinterradausbau ist schwieriger als tor-Getriebe-Einheit ist. Diese kombinierte
Konstruktion bezeichnet man als Tretkurbelbeim Vorderrad.
antrieb.
In Bild 2a ist der Getriebemotor am Rahmen
befestigt und treibt über eine Kette ein gesondertes Kettenrad an. Diese Art von Antrieb ist auch für den Selbstumbau geeignet,
wobei Fachkenntnisse und handwerkliches
Geschick erforderlich sind.
5
Damit diese Konstruktion unfallfrei funktioniert, sind drei Freiläufe erforderlich:
1. Der gewohnte Freilauf im Hinterrad, damit
bei antriebsloser Fahrt die Kette nicht mitgenommen wird.
2. Ein Freilauf zwischen Kurbelwelle und
Kettenrad, damit bei Motorantrieb die Pedale nicht in Bewegung gesetzt werden.
Bild 1: Seit 1998 auf den Straßen unterwegs, das
Mercedes Benz E-Rad mit Nabenmotor im
Hinterrad und einer 3-Gang-Nabenschaltung. Statt einer Kette verwendet das Rad
einen Zahnriemen.
a)
3. Ein Freilauf im Getriebemotor, damit bei
Pedalbetrieb der Motor nicht mitläuft.
b)
Bild 2: a) Antrieb mit Mittelmotor b) Tretlagerantrieb
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Das Bild 2 zeigt den Tretlagerantrieb von Pa- Diese Positionierung erfordert einen Rahnasonic. Das Antriebsritzel und das Ketten- men, der exakt dem Antrieb angepasst ist.
rad auf der Tretkurbel können relativ leicht Das Fahrrad wird gewissermaßen um die
durch andere Durchmesser ersetzt werden, Motoreinheit gebaut. Der Panasonic-Antrieb
um die Übersetzungsverhältnisse zu ändern. wird in den verschiedensten Fabrikaten verDas Tretlager befindet sich direkt in der Ge- wendet und ist in aller Welt verbreitet.
triebemotoreinheit.
5
Bild 1: Mittelmotor mit Zahnriemenantrieb direkt zum Hinterrad
Zahnrad Hinterrad
Kette
Antriebsritzel
9/11/12 Zähne
Kettenspannrolle
Kettenblatt 41/35 Zähne
Drehmomentsensor
Bild 2: Schema Kettenantrieb Panasonic
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Mit dieser patentierten Erfindung wurde ein Alle Schaltungsarten sind einsetzbar (KettenTrend gesetzt. Alle Komponenten sind bei wie Nabenschaltungen). Vorder- wie Hinterdiesem Antrieb nahe beieinander: der Motor, rad können wie gewohnt ein- und ausgebaut
das Getriebe, die Steuerung und der Akku.
werden.
5
Durch die Konzentration der Komponenten
in der Mitte ergibt sich eine ideale Gewichtsverteilung. Der Schwerpunkt sitzt dazu noch
tief und verbessert das Fahrverhalten. Das
vom Getriebe kommende Antriebsritzel
greift direkt in die Fahrradkette ein. Dadurch
wird einerseits eine extra Kette wie bei Lösung Bild 2a, Seite 46 gespart, andererseits
ist aber eine große Kettenumlenkung erforderlich. Die Kette wird dadurch schneller abgenutzt. Die Lebensdauer beträgt nur etwa
die Hälfte einer normalen Fahrradkette, bei
der die Umlenkung nur in einer Richtung erfolgt.
Das Mittelmotor- und Tretlagerantriebskonzept hat einen herausragenden Vorteil, es
nutzt die Schaltung des Fahrrades. In der
Ebene ist der Nabenmotor mit seinem besseren Wirkungsgrad eine gute Lösung. Im
bergigen Gelände lässt der Mittelmotor aber
seine Konkurrenten jedoch schnell hinter
sich. Das liegt einerseits daran, dass beim
Herunterschalten in niedrigere Gänge die
Schubkraft am Radreifen steigt und andererseits der Wirkungsgrad gut bleibt.
Bei Nabenmotoren wirkt es sich ungünstig
aus, wenn sie bergauf in einem geringen
Drehzahlbereich gefahren werden. Der Wirkungsgrad sackt in die Tiefe und der Stromverbrauch steigt überproportional.
Da die Komponenten eng beieinander sitzen,
ist die Verkabelung extrem kurz. Das Gewicht
der Antriebseinheit ohne Akku beträgt trotzdem ca. 4 kg – mehr als ein moderner Naben- Bild 1, Seite 49 verdeutlicht den Vorteil eines
motor wiegt. Mittlerweile gibt es auch Vari- Antriebes mit nachgesetzter Schaltung:
anten, die mit Rücktrittbremse funktionieren.
Dazu wurde die Kettenspannrolle verstärkt.
Bild 1: Panasonic-Antriebseinheit im Fahrrad eingebaut
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5 Antriebsanordnungen
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Vernünftigerweise schaltet der Radfahrer
nacheinander bis auf den 1. Gang hinunter
und fährt schließlich mit 6,6 km/h die Steigung hinauf. Wie aus dem Bild 1 hervorgeht, bleibt er im Bereich eines guten Wirkungsgrades. Der Stromverbrauch steigt
nicht weiter an. Der Schub von 75 N wird
bei gleichbleibendem Strom nur durch eine
größere Untersetzung erreicht. Bei einem
Das Fahrrad wird bis zu einer Beharrungs- Nabenmotor wäre dies bereits die Grenze
Geschwindigkeit von 6,6 km/h immer lang- der Steigfähigkeit, unter Inkaufnahme eines
samer. Das Drehmoment bzw. der Schub hohen Stromverbrauchs und Reduzierung
steigt auf 75 N. Da der Stromverbrauch der Reichweite. Die gestrichelten Schubliproportional zum Schub oder Drehmoment nien für den 1. und 4. Gang im Bild 1 geben
wächst, steigt der Stromverbrauch auf das den gleichen Stromverbrauch wieder wie
Dreifache – und das bei einem sehr geringen die unterste Schublinie. Der größere Schub
Wirkungsgrad von etwa 25 %. In solch einen wird durch die Drehmomentwandlung mitungünstigen Betriebsbereich würde ein Na- tels Schaltung erreicht.
benmotor kommen!
100
500
%
N/W
80
400
60
40
Schubkraft / Leistung
Wirkungsgrad
Der Motor eines E-Bikes gibt im optimalen
Bereich bei 19 km/h (7. Gang) ca. 200 Watt
Leistung ab. Der Motor unterstützt den Fahrer dabei mit einem Schub von ca. 25 Newton.
Nun geht es bergauf und der Fahrer schaltet
nicht herunter, sondern bleibt im 7. Gang
(damit wird das Verhalten eines Nabenmotors ohne Getriebe simuliert).
5
Wirkungsgrad
Abgegebene Leistung
300
200
Schub
1. Gang
20
100
0
0
4. Gang
7. Gang
10
20
7. Gang 30 km/h
6,6
13,3
4. Gang 20 km/h
3,3
6,5
1. Gang 10 km/h
Geschwindigkeit
Bild 1: Performance bei verschiedenen Schaltzuständen
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5 Antriebsanordnungen
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5
Bild 1: Mittelmotor-Antrieb, der die Schaltung des Fahrrades nutzt
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6 Grundlagen Elektrotechnik
51
6 Grundlagen Elektrotechnik
Das herkömmliche Fahrrad erfährt mit der nung von 24 V. Mit einem Amperemeter
elektrischen Antriebsunterstützung eine we- wird ein Strom von 10 A gemessen. Danach
sentliche Erweiterung seiner elektrischen wird eine Spannung von 48 V angelegt. Der
Komponenten. Zum Verständnis der Wir- Stromdurchfluss beträgt diesmal 20 A.
kungsweise der elektrischen Anlage folgt
ein Abschnitt über elektrotechnische Grundkenntnisse.
Das Kapitel erhebt nicht den Anspruch, die
Grundlagen der Elektrotechnik vollständig
zu vermitteln – dafür gibt es entsprechende
Fachbücher. Die Abhandlung beschränkt
sich auf Bereiche, die für das Elektrofahrrad
wichtig sind, sodass das Zusammenwirken
der elektrischen Bauelemente verstanden
und nachvollzogen werden kann. Dies ist ein
wichtiger Faktor für spätere Fehlersuchen
und Störungsbeseitigungen am Elektrofahrrad.
24 V
48 V
6.1
Widerstände,
Ohmsches Gesetz
Fließt durch einen Leiter ein elektrischer
Strom, so bewegen sich die freien Ladungsträger (Elektronen) zwischen den Molekülen
hindurch. Je nach Material werden sie mehr
oder weniger in ihrer Bewegung behindert.
Auch die Wicklung in einem Elektromotor
setzt dem Strom einen Widerstand entgegen, der durch die Spannung überwunden
werden muss.
Der elektrische Widerstand R hat die Einheit
Ohm (Q).
info
Die Widerstandeinheit Q ist nach dem
deutschen Physiker Georg Simon Ohm
(1787 bis 1854) benannt. Q = griechischer
Großbuchstabe Omega.
6
Bild 1: Klemmenspannung an Spule
Ergebnis:
Der Strom wächst im gleichen Verhältnis wie
die Spannung. Eine hohe Spannung bedeutet einen großen Druck auf die Elektronen.
Dadurch bewegen sie sich schneller und es
fließt ein größerer Strom. Je höher die Spannung an einem Widerstand ist, desto mehr
Strom fließt.
Bei gleicher Spannung verhält sich der
Strom konträr zum Widerstand. Wäre der
Widerstand auf der Spule doppelt so hoch
(Widerstand 4,8 Q), dann würde sich der
Strom halbieren. Würde der Widerstand halbiert, so würde sich der Strom verdoppeln.
Sind Widerstand und Strom bekannt, so lässt
sich die Spannung berechnen.
Spannung = Widerstand · Strom
Ohmsches Gesetz (Bild 1)
An einer Spule wird ein Widerstand von
2,4 Q gemessen. Mittels eines Akkumulators
U=R·Ü
legt man an den Spulenklemmen eine Span-
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6 Grundlagen Elektrotechnik
52
Den Zusammenhang zwischen Strom, Spannung und Widerstand zeigt das Bild 1. Drei
unterschiedliche Motorwicklungen haben
Widerstände von 3 Q, 2 Q und 1 Q. An ihnen wird eine steigende Spannung angelegt.
Auf der senkrechten Achse (Koordinate) lässt
sich für jede Wicklung der Stromdurchfluss
U = R · Ü = 2,6 Q · 14 A = 36,4 V
ablesen. Der größere Widerstand hat im
Strom-Spannungsschaubild die flachere
Der Widerstand lässt sich berechnen, wenn Widerstandsgerade. Bei gleicher Spannung
Spannung und Strom bekannt sind. Treibt ei- fließt durch den größeren Widerstand der
ne Spannung nur einen kleinen Strom durch kleinere Strom.
eine Drahtwicklung, so ist der Widerstand
groß.
Beispiel:
Welche Spannung liegt an einem Widerstand von 2,6 Q, durch den ein Strom von
14 A fließt?
6.2
Beispiel:
Durch einen Lötkolben fließt ein Strom
von 0,27 A, wenn er an 230 V angeschlossen ist. Wie groß ist der Widerstand des
Heizkörpers im Lötkolben?
6
U = _______
230 V = 852 Q
R = __
Ü 0,27 A
Induktive Widerstände,
Transformatoren
Wirkwiderstand
Wird an eine Fahrradlampe (3 W) eine
Gleichspannung von 6 Volt mittels Batterie
gelegt, so fließt ein Strom von 0,5 A. Wird
an die gleiche Glühbirne eine Wechselspannung von 100 Hz und 6 V Spannung mittels
Dynamo gelegt, fließt ebenfalls ein Strom
von 0,5 A.
Strom Ü
A
30
R=1Q
R=2Q
20
R=3Q
10
10
20
30
V
Spannung U
Bild 1: Ohmsches Gesetz
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