in der Finanz und Wirtschaft vom 24.04.2013
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in der Finanz und Wirtschaft vom 24.04.2013
Märkte Mittwoch, 24. April 2013 · Nr. 32 «Ich bevorzuge Techund Industrieaktien» FuW-Mittwochsinterview Helen Ford Strategin für US-Aktien beim Fondshaus T. Rowe Price Die US-Konjunktur verliert an Schwung. Was halten Sie davon? Die Wirtschaft wächst seit dem Ende der Rezession zögerlich. Da gibt es immer Zeichen der Stärke und solche der Schwäche. Das ist normal. Dass gewisse Einkaufsmanagerumfragen nicht mehr ganz so zuversichtlich ausfallen, macht uns keine Sorgen; schliesslich sind die Zahlen immer noch in Ordnung. Und das trotz Sturmschäden, Budgetstreit und Wahlkampf. gangenen fünf Jahren den Überschuss gesteigert und Teile davon an die Aktionäre ausgeschüttet. Das kann genauso attraktiv sein wie ein rasch wachsender Kleiner. Im Tech-Universum ist es aber wichtig, das ganze Spektrum im Auge zu haben. Einige Start-ups sind die Grossen von morgen. Wie sieht es mit anderen Branchen aus? Auch in der Industrie gibt es Einstiegsmöglichkeiten. Speziell jetzt, da die Investoren befürchten, die Wirtschaft wachse zu langsam, sind einige zyklische Titel günstig bewertet. Industriekonzerne und Versorger, die vom Trend der billigen Energie profitieren, sind eine interessante Anlage. Bei den Energieunternehmen sollten die Investoren darauf achten, dass die Gesellschaft im Schiefergasbereich aktiv ist. Hier steckt viel Wachstum. Vergewissern Sie sich aber, dass die Unternehmen niedrige Produktionskosten haben. In der Vergangenheit standen Unternehmen, die besonders viel Umsatz in den USA erzielen, in der Gunst der Anleger. Das ist sicher immer noch ein Bereich mit spannenden Anlagemöglichkeiten. Amerikas Wirtschaft wächst ja weiter. Besonders der Häusermarkt meldet sich zurück. Gerade im Vergleich mit Europa sehen die USA interessant aus. Ist es kein Risiko, dass die US-Konsumentenstimmung düsterer geworden ist? Doch, aber seit dem Tiefpunkt Ende 2008 hellt sich die Stimmung langsam auf. Für die Konsumenten ist es günstig, dass sich der Häusermarkt erholt und die Arbeitslosigkeit zurückgeht. Aber sie sehen auch die Makrorisiken: politische Spannungen und staatliche Sparmassnahmen. Das belastet ihre Zuversicht. Erfreulich ist, dass die Konsumausgaben trotz schlechter Stimmung steigen. Es gibt offenbar Bevölkerungsgruppen, die sich weiterhin wohlfühlen und Geld ausgeben. Vor allem die Autoverkäufe legen markant zu. Wie realistisch ist es, dass die Notenbank im jetzigen Umfeld die Stimuli einstellt? Die Anleger müssen bedenken, dass wir Neuland betreten haben. Noch nie gab es diese Form der Geldpolitik. Wir wissen nicht, wie das Fed die Massnahmen beendet, was die Auswirkungen sein werden oder wie die Liquidität wieder aus dem Markt gezogen wird. Fed-Chef Bernanke hat zwar Anhaltspunkte gegeben, ab wann er die geldpolitischen Zügel anziehen will. Von der als Ziel angegebenen Arbeitslosenrate von 6,5% sind wir weit entfernt. Ich bin mir aber sicher, dass er noch andere Kennzahlen im Auge hat. Im Moment halte ich es für unwahrscheinlich, dass Bernanke seine Politik revidiert. Wäre es nicht eine grosse Gefahr für die Aktienkurse, wenn die Notenbanken die Liquiditätsschwemme stoppen? Was ein Ende der lockeren Geldpolitik für Wallstreet bedeuten würde, ist schwer zu sagen. Wenn das Ende heisst, dass die Konjunktur wieder in Schwung gekommen und die Arbeitslosenrate gesunken ist, ist das eine gute Nachricht. Wallstreet-Urgestein Jeremy Grantham nannte US-Aktien kürzlich «brutal überbewertet». Ich würde den Markt derzeit nicht als brutal überbewertet bezeichnen. Besonders im Verhältnis zu Obligationen sehen Aktien attraktiv aus. Eines seiner Argumente ist, dass die Margen auf Rekordniveau sind. Früher oder später würden sie sich wieder dem historischen Durchschnitt annähern. Die Unternehmen sind seit der Rezession tatsächlich profitabler geworden. Fällt es ihnen leicht, die Margen weiter auszudehnen? Bestimmt nicht. Wegen der tiefen Inflation können sie die Preise nur schwer anheben. Doch die Führungskräfte wissen, dass sie in einem Umfeld mit wenig Wirtschaftswachstum operieren. Sie legen deshalb grossen Wert auf niedrige Kosten. Wenn wir nicht damit rechnen, dass die USA in eine Rezession zurückfallen – und das ist derzeit nicht unsere Annahme –, Bild: zvg In den letzten zwei Jahren zeigte die Wirtschaft im Sommer jeweils Schwäche. Wiederholt sich das? Möglicherweise. Bislang haben wir noch kaum Auswirkungen der staatlichen Sparmassnahmen gesehen. Interessanterweise haben Aktieninvestoren die saisonale Schwäche im letzten Jahr viel entspannter hingenommen als in den Jahren davor. «Hausbauaktien haben noch immer Potenzial», ist Helen Ford überzeugt. sehe ich keinen Grund, warum die Margen fallen sollten. Sehen Sie keine Risiken für die Hausse? Gegenwind gibt die Eurozone mit ihrem schwachem Wachstum und den hohen Staatsschulden. China und der US-Budgetstreit beschäftigen die Anleger auch. Zudem hat die politische Unsicherheit vielerorts zugenommen. Es scheint aber, als würden die Probleme Schritt für Schritt gelöst. Langsam – aber leider nicht sicher. Was erwarten Sie von der laufenden Berichtssaison? Wir machen keine Prognose für den Gewinn auf Marktebene. Die Analysten sind insgesamt aber genügsam. Das erste Quartal kann für einige Unternehmen saisonbedingte Magerkost bedeuten. Spannender als die Quartalsgewinne ist, was die Manager über das Geschäft zu sagen haben. Einige Analysten sagen, die Erwartungen seien so tief, dass selbst ein Übertreffen keine Kurssprünge auslöst. Quartalsgewinne interessieren uns nicht so. Spannender ist: Was hat den Profit beeinflusst? War es einmalig oder nachhaltig? Wir hören genau hin, wenn die Manager über das Geschäft sprechen. Gerade im ersten Quartal gibt die Konzernführung oft Auskunft über den Geschäftsgang sowie über Chancen und Risiken. Welche Branchen bevorzugen Sie aktuell? Technologie ist spannend. Der Sektor verändert sich sehr rasch; ständig treten neue Gesellschaften in Erscheinung. Einige Tech-Riesen sind zuletzt ins Stolpern gekommen. Bevorzugen Sie in dem Sektor kleinere Gesellschaften? Auch Konzerne, die vom Markt nicht mehr als Wachstumsunternehmen angesehen werden, können den Gewinn ausweiten. Microsoft hat beispielsweise in den verZum Verkauf stehende Häuser in Millionen Durchschnitt 4 Schade. Aber können Sie etwas zu Hausbauaktien sagen? Ja: Wir sind überzeugt, dass der Aufschwung am Häusermarkt real ist und für einige Jahre andauern kann. Die Aktien haben immer noch Potenzial. Der Häusermarkt ist allerdings sehr regional. Wer in einen Hausbauer investiert, muss darauf achten, in welchen Gegenden und in welchem Segment dieser aktiv ist. Kritiker meinen, die Erholung am Häusermarkt sei durch Spekulanten angetrieben. Die Zahl der zum Verkauf stehenden Immobilien ist seit der Krise massiv zurückgegangen. Sie ist heute unterdurchschnittlich (Red.: vgl. Grafik unten). Anfangs kamen tatsächlich vor allem Finanzinvestoren in den Markt. Nach dem Immobiliencrash war es für sie interessant, Liegenschaften zu kaufen und zu vermieten. Das hat die Trendwende am Markt eingeläutet. Als die Preise Boden gefunden hatten, wurden die Mieter zu Käufern. Wenn wir die Daten anschauen und mit den Baukonzernen reden, sind wir überzeugt, dass ein Grossteil der Nachfrage heute nicht mehr von Finanzinvestoren kommt. Hausbauer Taylor Morrison vollzog neulich den Börsengang. Auch die ehemalige Home-Depot-Tochter HD Supply will an die Börse. Ein gutes Umfeld für IPO. Es würde mich nicht überraschen, wenn mehr Unternehmen an die Börse kommen. Gefragt sind Unternehmen mit einem guten Geschäftsmodell. Wenn eine Private-Equity-Gesellschaft ein Unternehmen ausgeschlachtet und die Filetstücke verkauft hat und nun noch den Rest loswerden will, lassen die Investoren die Finger davon. Auch im Bereich Fusionen und Übernahmen nehmen die Aktivitäten zu. Buffett, der Heinz kauft, und der Bieterstreit um Sprint sind nur zwei Beispiele. Es scheint zudem ein Trend zu sein, dass Firmengründer ihre Gesellschaft zurückkaufen wollen, z.B. bei Dell und Best Buy. Manchmal findet das Management, der Markt würdige das Unternehmen zu wenig. Michael Dell etwa hat gesagt: Sein Unternehmen sei zwar nicht in den ganz heissen Bereichen aktiv. Aber es habe restrukturiert, erziele viel Cashflow und schütte mehr aus. Dennoch meide der Markt die Aktien. Ähnlich gehen Aktionärsaktivisten vor. Sie suchen sich oft Konzerne mit grossen Barreserven, die von der Börse nicht eingepreist werden. Ist es also ein gutes Zeichen, dass etwa Aktionärsaktivist Carl Icahn in letzter Zeit unglaublich geschäftig ist? Das kann als gutes Zeichen interpretiert werden. Immerhin sind diese Leute schon lange im Geschäft und kennen die Unternehmen oft sehr gut. Wenn der Aufwärtstrend so weitergeht, könnte es passieren, dass die Leute unvernünftig werden. Aber an dem Punkt sind wir noch nicht. 3,5 3 2,5 2 1,5 1 Wie zum Beispiel? Aus rechtlichen Gründen darf ich keine Einzelunternehmen empfehlen. 99 01 03 05 Quelle: T. Rowe Price / Grafik: FuW, si 07 09 11 13 Interview: Mischa Stünzi 23 Markttechnik Warum ich Actelion haben will Joe, Mickey und Joan sind die Hauptfiguren in der Erzählung «A Hedge Fund Tale of Reach and Grasp» von Barton Biggs. Mickey war in den Neunzigerjahren mit seinem Value-Ansatz gescheitert. Als Joe zu ihm stiess, tüftelten sie ein Quant modell aus, legten einen Hedge Fund auf, feierten grosse Erfolge und stellten zur Entlastung Joan ein, die einzige Person mit einem über die Finanzmärkte hinausreichenden Horizont. Der Niedergang des Dreigestirns begann 2007 und endete 2008 desaströs. Weshalb? Sie haben das Gebot verletzt, wonach in der Hierarchie der Dinge der Markt zuoberst steht und nicht seine Modellierung. Dieses Wissen erlaubt allerdings, die systematische Entwicklung im System zu beobachten, um einigermassen zeitgerechte Anpassungen vorzunehmen. Das Thema von heute ist die ActelionAktie. Man kann jedoch eine Aktie nicht beurteilen, ohne sie in Bezug zu einem Markt zu setzen, und Letzterer darf nicht nur ökonometrisch betrachtet werden, sondern auch unter Einbezug der Art und Weise, wie Menschen grundsätzlich funktionieren. Actelion und der Markt Der Bezug von Actelion zum Markt ist nicht die Schweiz, sondern die Welt. Meine Analyse beginnt mit dem MSCIWeltindex, bewegt sich durch 37 Länderindizes, zehn Sektorindizes und sechzig Industriegruppen. Am Ende steht die Frage: Muss ich mich an eine neue Konstellation anpassen? Dabei weiss ich, dass auch die Börsenwelt keine objektiven Tatsachen kennt. Folglich sind zwei Eigenschaften von vornherein ausgeschlossen: Genauigkeit und Vorhersagbarkeit. Möglich ist nur die Ermittlung des Ist-Zustands innerhalb grosszügiger Toleranzen in Kenntnis dessen, dass solche Zustände sich nur sehr langsam ändern. Mein Befund ist: Ich kann bleiben, was ich war, nämlich ein «Bulle» – allerdings nicht für alle Länder und nicht für alle Sektoren. Einer der besten Sektoren in allen Ländern ist Healthcare, die zwei besten Industriegruppen darin sind Biotech und Pharma. Damit ist auch die Antwort auf die immer wieder aufkeimende Frage gegeben, ob die neulich zu beobachtenden Rückschläge schon Teil eines Bärenmarktes sind oder nicht. Meiner Meinung nach nicht, aber auch meine Meinung ist entstanden in einer Welt, die eben keine objektiven Tatsachen kennt. Actelion ist eine Aktie, die ihre relative Stärke zum MSCI-Weltindex, zu den stärksten Länderindizes, zum Sektor, zur eigenen Industriegruppe und zu Pharma ausbaut. Das ist die Art von Aktie, die ich haben will. Alfons Cortes www.alfonscortes.com Die Hierarchie der Dinge Die Einzige, die sich einigermassen über die Runden retten konnte, war Joan. Sie verstand wenigstens ansatzweise, was die Philosophin Natalie Knapp in ihrem Buch «Anders denken lernen, von Platon über Einstein zur Quantenphysik» schreibt: «Die Welt ist keine objektive Tatsache, sondern ein dynamisches Gefüge von Beziehungen.» Wir alle neigen dazu, wissen zu wollen, ohne aber wissen zu können, welche Beziehungen wann zueinander stehen werden. Wenn wir nicht aufpassen, führt genau dieses Bedürfnis in die Sackgasse, aus der das Trio in Biggs’ Erzählung nicht mehr herausfand. Was wir über komplexe Systeme wie die Finanzmärkte wissen können, ist einzig, wie sie grundsätzlich funktionieren. Was darin geschieht, bleibt uns im Wesentlichen verborgen. Actelion N Kurs in Fr. 10-Monate-Bollinger-Band 60 50 40 30 20 2010 2011 2012 Die Meinung des Autors muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen. 2013 Quelle: Thomson Reuters / FuW Meinungen zur Börsenlage EZB-Bazooka Gold «Wir verfolgen das Krisenmanagement der Notenbanken und ihre zunehmend radikalen Markteingriffe mit Skepsis. Die Gefahr, dass diese neue Epoche der Geldpolitik zum Bumerang wird, erachten wir als gross. Die Marktteilnehmer scheinen sich bereits an die neue Ära der relevanten Börsentreiber gewöhnt zu haben und wähnen sich aufgrund der üppigen und andauernden Liquiditätsversorgung in Sicherheit. Die Notsituation ist zum Normalzustand geworden. Die Börsen jubeln, die Kurse tanzen – es herrscht Krise. Wir raten mit Blick auf die politische Abhängigkeit der Börsen und die wirtschaftlich fragile Verfassung zur Vorsicht und reduzieren die Aktienquote in Europa und den USA. Übergewichtet bleiben wir in defensiven Sektoren und empfehlen Werte wie Galenica, Givaudan, Unilever, British American Tobacco, Vodafone, PepsiCo und Lundbeck.» «Die Gründe für den Kurssturz bleiben vage. Befürchtungen eines nahenden Endes der ultraexpansiven Geldpolitik des Fed, das Unterschreiten technischer Unterstützungslinien und Goldverkäufe der zypriotischen Zentralbank dürften dazu geführt haben. Obschon eine Prognose fast unmöglich ist und wir nicht von einer sofortigen Erholung ausgehen, ist Gold in einem gut diversifizierten Portfolio eine sinnvolle Ergänzung. Da die Lösung des Staatsschuldenproblems nur aufgeschoben wurde und die Konjunktur weltweit stockt, bietet der Kurssturz eine Gelegenheit, Goldpositionen zu arrondieren.» Privatbank Von Graffenried Aktien Europa Lienhardt & Partner Privatbank Pharma/Biotech «Trotz starker Avancen halten wir an der Kaufempfehlung für ausgewählte Titel fest. Biotech befindet sich in einem Sweet Spot, d. h., zahlreiche Medikamente erreichen den Zeitpunkt der Markteinführung und beflügeln die Branche. Dazu kommen ein grundsätzliches Rerating von Wachstumsfirmen und die generell positive Stimmung für Pharma. Unsere Favoriten sind Celgene (Knochenmarkkrebs/Leukämie), Onyx Pharma (Leber- und Nierenkrebs, Leukämie) und Gilead Sciences (HIV und Hepatitis). Sie sollten alle in den nächsten Wochen News zu weiteren wichtigen Entwicklungen publizieren.» Diem Client Partner «US-Wirtschaftszahlen fielen enttäuschend aus, und auch in der Eurozone zeugen Daten von einer unverändert angespannten konjunkturellen Situation. Trotzdem bleibt die Gewinnentwicklung der grossen Unternehmen robust und die Bewertung mehrheitlich moderat. Für Neuengagements gibt es kaum Alternativen zu Aktien, zumal die Unsicherheiten bei Edelmetallen und Rohstoffen deutlich zugenommen haben. Wir empfehlen weiterhin zurückgebliebene, dividendenstarke Value Stocks besonders aus Süd- und Mitteleuropa der Sektoren Telecom und Versorger. Nach der jüngsten Konsolidierung sind auch zyklische europäische Werte aus den Bereichen Automobil, Chemie und Industrie attraktiver geworden.» Sigrist Lugaresi Partner