18-23 Steingarten
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18-23 Steingarten
Steinzeit im Gar S teingärten üben eine ganz eigene Faszination aus. Sie dienen nicht nur der Begrünung von Böschungen, sie verströmen auch alpinen Charme und können kleine Kunstwerke sein, ja gar in sich geschlossene Miniatur-Landschaften. Für das Anlegen eines Steingartens braucht es deshalb nicht nur gärtnerisches, sondern auch gestalterisches Geschick. Es empfiehlt sich, Steingärten in der Nachbarschaft, in botanischen Gärten oder Illustrationen in entsprechenden Büchern zu studieren. Denn die Art der Steingärten unterscheidet sich immens, der Vielfalt sind keine Grenzen gesetzt. Grundsätzlich gibt es vier Punkte zu klären: Die Grösse, die Lage, die Art der Steine und schliesslich die Auswahl der Pflanzen. 18 Natürlich | 1-2005 Sonnige Lage Ein Steingarten braucht – auch wenn er noch so klein ist – viel Platz um zu wirken. Der beste Standort für einen blütenreichen Steingarten ist eine freie, gut einsehbare Stelle in Südlage. Mit gelegentlichem Schatten durch Gebäude oder Bäume kommen viele Steingartenpflanzen gut zurecht. Zwar ist auch eine schattige Böschung geeignet, für diesen Standort ist jedoch die Pflanzenwahl stark eingeschränkt. Am besten wirken Pflanzen und Steine in einem leicht abschüssigen Gelände oder an einem steilen Hang. Ist der Garten zu eben, kann man Kies aufschütten oder aber mit grossen Steinblöcken einen terrassenförmigen Steingarten schichten. Die Hohlräume werden mit grobem Kies gefüllt, so dass nicht der erste Regen das ganze Substrat wegschwemmt. Es ist jedoch auch möglich, einen Senkgarten anzulegen: ein Teil des Terrains wird um einen halben oder einen Meter vertieft, die Ränder werden mit Steinen verstärkt und danach bepflanzt. Steinauswahl ist wichtig Bei der Wahl der Steine sollte man sich auf eine Gesteinsart beschränken, da dies harmonischer wirkt als ein Sammelsurium an Felsen. Am kostengünstigsten sind in der Regel so genannte Bruchsteine aus Steinbrüchen. «Man kann aber auch selbst Steine aus der Umgebung sammeln», sagt Martin Lutz, Projektleiter Auch im Herbst, wenn die Gebirgsnelke nicht mehr blüht, bringt sie mit ihrer Blattstruktur und -farbe Abwechslung in den Steingarten. Garten NATUR Will man sich einen grossen Steingarten anlegen, empfiehlt es sich, kleine Wege mit einzuplanen, damit man die Pflanzen genügend pflegen kann. Aus Steinen und Pflanzen lassen sich im Garten attraktive Berg- ten landschaften im Miniformat anlegen. Damit die Pflanzen regelmässig blühen, gibt es jedoch einiges zu beachten. Der Winter ist die ideale Zeit, um einen Steingarten sorgfältig zu planen. Text und Fotos: Helen Weiss Trockenmauern von der Stiftung Umwelt-Einsatz Schweiz. Im Mittelland wie in den Kantonen Jura, Aargau und Baselland stösst man dabei eher auf Kalkoder Sandstein, im Wallis herrscht Granit vor. Sammelt man die Brocken für den Steingarten selbst, setzt dies ein gewisses geologisches Wissen voraus (siehe auch Leitartikel ab Seite 6): «Von der Art der Steine hängt später die Auswahl der Pflanzen ab», so Lutz. Denn ist eine Pflanze «kalkfliehend», fühlt sie sich in einem Steingarten aus Kalkstein nicht lange wohl. Wer die Steine selbst sammelt, hat den Vorteil, dass man im Gegensatz zu Blöcken aus dem Steinbruch natürliche Formen wählen kann. Lutz: «Steine aus der Natur sind oft schon mit Moos oder Flechten überwachsen, was dem Steingarten einen speziellen Touch gibt.» Mit einem abwechslungsreichen Mix aus grossen Findlingen und kleinerem Geröll wird der Steingarten erst richtig interessant. Wer handwerklich nicht so geschickt ist, kann seinen Steingarten auch mit aus Beton gegossenen Löffelsteinen gestalten. Zwar sehen Steingärten dieser Art etwas monoton aus, doch das Anlegen ist praktischer, da die im Handel erhältlichen Steine einfach übereinander geschichtet werden können und so kleine Treppen bilden. Sie sind innen leicht ausgehöhlt, damit genügend Platz für die Pflanze vorhanden ist. Achtung: Alte Bahnschwellen, die früher als Böschungsstütze sehr beliebt waren, sind heute verboten. Sie sind mit chemischen Stoffen wie Teer, Bitumen und Russ behandelt und deshalb für Mensch wie Umwelt schädlich. Wer noch Eisenbahnschwellen in seinem Garten hat, sollte sie entfernen und bei einer Kehrichtverbrennungsanlage fachgerecht entsorgen lassen. Ansprüche der Pflanzen beachten Die meisten Pflanzen, die sich für den Steingarten eignen, sind auf ein durchlässiges und mageres Substrat angewiesen. Schon an den zarten Faserwurzeln Natürlich | 1-2005 19 Als kleines grünes Polster breitet sich der Knäuel (Scleranthus uniflorus) zwischen den Steinen aus. Der braune Streifenfarn (Asplenium trichomanes) eignet sich gut für Steingärten in schattigen Lagen. Steingarten für den Balkon Für die Alpenwelt im Kleinen braucht man keinen Garten, es genügt auch ein Balkon. Er sollte aber sehr sonnig sein. Da Steingartenpflanzen grundsätzlich nicht viel Erde brauchen, kann man schon in einem relativ kleinen Gefäss eine MiniaturGebirgslandschaft anlegen. Am schönsten wirkt natürlich ein alter, grob behauener Steintrog, aber auch flache Schalen aus winterfestem Ton oder Gefässe aus Holz und Eternit eignen sich gut. Wichtig ist ein guter Wasserabfluss des Gefässes. Für die Pflanzung füllt man zuerst eine dicke Schotter- oder Kiesschicht ein. Als Substrat bietet sich Kakteenerde oder eine eigene Mischung aus Blumenerde und Sand an, die noch mit Gesteinssplitt versetzt ist. Für den Steingarten im Trog ist zu erkennen, dass sie sich gewohnt sind, sich durch enge Spalten und Ritzen der Felsen hindurchzuzwängen. Da die meisten Böden in den Hausgärten eher zu nährstoffreich sind, ist es deshalb empfehlenswert, sie mit Sand, Kies oder Splitt zu mischen (siehe Box). Sukkulenten wie der Hauswurz (Sempervivum) oder der Steinbrech (Saxifraga) kommen fast ganz ohne Humus aus und gedeihen am besten auf Kies. Da die meisten Steingartenpflanzen karge Lebensumstände gewohnt sind, brauchen sie auch kaum Dünger. Doch auch hier muss auf die Ansprüche einzelner Arten eingegangen werden. «Setzt man zum Beispiel einen Eisenhut in seinen Steingarten, braucht er mehr Nährstoffe und Humus als ein Thymian», sagt Christian Bühler, technischer Leiter Garten im Botanischen Garten Bern. Deshalb ist es nicht nur bei der Pflanzung, sondern später auch bei der Pflege wichtig, die Ansprüche der Pflanzen zu kennen. eignen sich kleinwüchsige Pflanzen Ideale Pflanzen wie Mauerpfeffer, Sedum oder Sempervivum, die nicht zu stark wachsen. 20 Natürlich | 1-2005 hew Grundsätzlich kann in einen Steingarten alles gepflanzt werden, was die Strukturen nicht stört. Die Grösse der Pflanzen muss dem Umfang des Gartens und der Steine angepasst sein. Andernfalls ist der Steingarten nach einigen Jahren nicht mehr zu erkennen. Zudem ist grundsätzlich auf eine harmonische Vergesellschaftung zu achten. Es wirkt befremdend, wenn neben einer kleinpolstrigen Grasnelke eine grosse Königskerze aufragt. Ausser, dass diese Kombination nicht gerade vorteilhaft aussieht, wird die kleinere der beiden Pflanzen den Kampf ums Licht wohl verlieren und eingehen. Auch muss man sich bei der Bepflanzung vor stark wachsenden Arten in Acht nehmen. Sie können innerhalb kurzer Zeit alles überwuchern. Geeignete und beliebte Steingartenpflanzen für sonnige Standorte sind Steinbrech (Saxifraga) und Hauswurz (Sempervivum), Glockenblumen (Campanula), Primeln (Primula), Gebirgsnelken (Dianthus) und Enzian (Gentiana). Von diesen Pflanzengattungen gibt es verschiedene Arten und Sorten, die sich für den Steingarten eignen. Hinzu kommen Akelei (Aquilegia alpina oder pyrenaica), Steinschmückel (Petrocallis pyrenaica), Grasnelke (Armeria juniperifolia) sowie die Pelzanemone (Pulsatilla vulgaris). Diese Pflanzen sind relativ pflegeleicht und blühfreudig. Garten NATUR Das Leimkraut (Silene schafta) ähnelt der Nelke, blüht aber bis Ende September. Eldorado für Insekten Natürlich kann man seinen Steingarten auch vorwiegend mit alpinen Pflanzen ausstatten, die man jedoch zum Teil nur in Spezialgärtnereien erhält. Martin Lutz rät zu einer Bepflanzung mit einheimischen oder standortheimischen Pflanzen: «Dadurch kann man Insekten wie Bienen und Schmetterlinge anziehen und ihnen eine Nahrungsquelle bieten», erklärt er. Der Steingarten wird so zu einem Eldo- rado für die Fauna. Auf den warmen Steinen sonnen sich Eidechsen und auch Igel suchen gerne Schutz zwischen den Steinen. Aber auch für schattige Plätze gibt es Pflanzen, die sich für einen Steingarten eignen: der braune Streifenfarn (Asplenium nidus oder trichomanes), Straussenfarne (Matteuccia struthiopteris) oder das Stachelnüsschen (Acaena anserinifolia) gedeihen zwischen dem Geröll gut. Es geht ohne Chemie Bei der Pflanzung muss man darauf achten, dass die Pflanzen gut gewässert sind. Oft sind die Töpfe beim Kauf stark durchwurzelt: «Mit den Fingern kann man den Wurzelballen etwas aufreissen, damit die Pflanzen besser anwachsen», rät Christian Bühler vom Botanischen Garten. Die beste Pflanzzeit ist das Frühjahr oder aber der Herbst von Ende August bis Mitte Oktober. Bühler: «Durch Schritt für Schritt zum Steingarten Die meisten Pflanzen, die sich für den Stein- und lehmigem Boden kann ausserdem grober kleine Stützmauer aus Beton anzubringen. garten eignen, mögen einen lockeren, kargen Sand untergemischt werden. Zudem kann man in extrem abfallendem Boden. Deshalb muss man beim Anlegen Das Erdreich sollte man beim Einfüllen gut Gelände die Steine terrassenförmig platzieren, eines Steingartens einiges beachten, damit andrücken, so dass alle Fugen und Hohlräume so dass sich Stufen bilden. Aber auch mit optimale Wuchsbedingungen herrschen. Eine gefüllt sind. Ansonsten schwemmt der erste Natursteinen lässt sich ein Steingarten pro- der wichtigsten Voraussetzungen ist eine gute Regen das Substrat weg. blemlos in steilem Gelände anlegen. Die freien Drainage des Untergrunds. Dazu muss die Für die Gestaltung des Steingartens platziert Flächen werden mit kleineren Steinen und obere Erdschicht rund 40 Zentimeter abgetra- man zuerst die grössten Steine und setzt grobem Kies aufgefüllt – in die Zwischen- gen werden. Dann werden etwa 20 Zentimeter damit Schwerpunkte. Am natürlichsten wirkt räume setzt man die Pflanzen. Das Pflanzloch Kies und Mauerschutt eingefüllt – dadurch eine unregelmässige Anordnung. Die Steine von besonders nässeempfindlichen Arten wird fliesst überschüssige Nässe aus dem Wurzel- sollte man wenn möglich mit der flachen Seite zusätzlich mit einer Lage Kies als Drainage raum der Pflanzen. Darüber kommt nun der nach unten und mit etwa einem Drittel des versehen. Nach der Pflanzung wird der neue mit Splitt oder Kies aufgelockerte Oberboden Umfangs in der Erde eingraben. Bei sehr Steingarten, ohne das Erdreich wegzu- (Mischverhältnis etwa 3:1). Bei sehr schwerem steilen Standorten empfiehlt es sich, eine schwemmen, vorsichtig angegossen. hew Natürlich | 1-2005 21 Garten NATUR Attraktive Pflanzen für den Steingarten Pflanzenname Blütezeit und -farbe Höhe in cm Ansprüche Steinbrech Saxifraga trifurgata Hauswurz Sempervivum arachnoideum Brauner Streifenfarn Asplenium trichomanes Pelzanemone Pulsatilla vulgaris Glockenblume Campanula poscharskyana Gänsekresse Arabis caucasica Blaukissen Aubretia x cultorum Zier-Primel Primula allionii Feldthymian Thymus serpyllum Heidennelke Dianthus deltoides V-VI weiss VII karminrot 20 10 15 III – IV violett, rot, weiss V – IX blau, weiss, rosa III – IV weiss IV – V violett III – IV weiss, rosa, violett VI – VII karminrot, duftend VI – VIII karminrot mit Auge 20 10 bis 30 20 10 5 bis 10 5 15 volle Sonne kalkhaltiger Boden volle Sonne, trockener, lehmiger Boden Halbschatten bis Schatten feuchte Böden, wintergrün volle Sonne, humoser, durchlässiger Boden Sonne/Halbschatten humoser Boden volle Sonne nährstoffreicher Boden volle Sonne kalkhaltiger Boden Halbschatten bis Schatten kalkhaltiger Boden volle Sonne sandiger Boden Halbschatten bis Sonne kalkarmer Boden halb man die befallenen Stellen noch einmal kräftig mit Sand oder Splitt durchmischen sollte. Doch nicht nur die unbeliebten floralen Gäste machen den Pflanzen zu schaffen: Schädlinge wie Schnecken, Läuse und Raupen knabbern gern an den grünen Trieben. Bühler: «Meist hält sich der Schaden jedoch im Rahmen.» Mit der Chemiekeule muss man deshalb nicht gleich anrücken, oft reicht das Einsammeln oder Abstreifen der Schädlinge um grössere Frassschäden zu vermeiden. ■ In diesem Steingarten wurden im Fachhandel erhältliche Löffelsteine aus Beton und Findlinge gemischt – besser sollte man sich jedoch an eine Gesteinsart halten. das kühle Wetter bleibt die Erde länger feucht. Das sind ideale Bedingungen für die Pflanzen.» In den heissen Sommermonaten brauchen auch Hungerkünstler wie Steingartenpflanzen ab und zu etwas Wasser. Deshalb sollte man den Steingarten frühmorgens oder nach Sonnenuntergang einmal kurz überbrausen. Nicht nur das Anlegen des Steingartens braucht viel Aufwand, auch für die Pflege muss einige Zeit einberechnet werden. Brennnesseln bedrohen die kleinwüchsigen Arten, andere Unkräuter wuchern über die Polsterpflanzen und verdrängen sie. «Man muss den Steingarten beobachten und darauf achten, dass er nicht verjätet», sagt Bühler. Bekämpft werden müssen auch einige Moosarten wie das Lebermoos, das die Pflanzen unter sich völlig ersticken kann. Meist sind die Moosarten ein Anzeichen für Bodenverdichtung, wesAnzeigen 20750-01 20435-01 20870-01 Natürlich | 1-2005 23