Fall 9 Blumenwiese gelöst

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Fall 9 Blumenwiese gelöst
Dr. Oliver Mörsdorf
Institut für Internationales Privatrecht
und Rechtsvergleichung
Arbeitsgemeinschaft
zur Vorlesung Sachenrecht im SS 2011
bei Prof. Dr. Matthias Schmoeckel
Fall 9 – Die verhinderte Blumenwiese
Jungbauer Bruno Bulldung (B) verkauft am 10.05.2007 durch notariellen Kaufvertrag zwei
bisher von ihm bearbeitete Parzellen (Flurstücke Nr. 76/1 und 83/2) an die angehende
Blumenzüchterin Antje van Tulpenboom (T). Da B auf beiden Parzellen im Herbst noch die
Kartoffelernte einbringen will, soll die Auflassung der Grundstücke an T erst am 15.12.2007
erfolgen. Auf Bewilligung des B wird jedoch zugunsten der T, die sich angesichts dieses
langen Zeitraums Sorgen um ihren Grundstückserwerb macht, für beide Parzellen jeweils eine
Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen.
Doch als der Winter über das Land hereinbricht und der erste Schnee fällt, erlebt T eine böse
Überraschung, die ihre vorweihnachtliche Freude nicht unerheblich trübt.
Zunächst gesteht B der T anlässlich des notariellen Auflassungstermins am 15.12.2007
ziemlich zerknirscht aber wahrheitsgemäß, dass er die erste der beiden Parzellen (Flurstück
76/1) leider zwischenzeitlich an den erfolgreichen Unternehmensberater und Hobbywinzer
Niko Neureich (N) verkauft und am 5.7.2007 auch bereits aufgelassen habe. N habe sich im
Juni 2007 anlässlich einer Spritztour mit seinem Ferrari im Vorbeifahren unsterblich in die
besagte Parzelle „verliebt“, da diese wegen ihrer optimalen Hangausrichtung und
Bodenbeschaffenheit geradezu ideal zur Anpflanzung von Merlot-Reben geeignet sei, aus
welcher N in seiner zweiten Lebenshälfte im Vertrauen auf den fortschreitenden
Treibhauseffekt hochwertige Rotweine erzeugen möchte. Das nachfolgende Kaufangebot des
N habe B schon deshalb nicht ausschlagen können, weil N mehr als das doppelte des mit T
vereinbarten Kaufpreises geboten habe. Schließlich sei N am 01.09.2007 als Eigentümer in
das Grundbuch eingetragen worden. Da B nicht mehr Eigentümer der Parzelle sei, sehe er
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sich leider außerstande, der T das Eigentum an dieser Parzelle zu übertragen, zumal N sich
sicherlich weigern würde, das von ihm erworbene Grundstück zurückzugeben. Gerne sei er
aber nach wie vor bereit, der T die zweite Parzelle (Flurstück 83/2) aufzulassen.
T beschließt, ihren Ärger zunächst herunterzuschlucken und nimmt das Auflassungsangebot
des B bezüglich der zweiten Parzelle (Flurstück 83/2) vor dem den Vorgang beurkundenden
Notar an. Zwei Tage später beantragt sie beim Grundbuchamt unter Beifügung der
Auflassungsurkunde ihre Eintragung als Eigentümerin der Parzelle, welche am 10.1.2008
erfolgt. Bereits zwei Tage zuvor war jedoch ein Widerspruch eines Onkels des B (O)
eingetragen worden. Dieser behauptet zu Recht, der wahre Eigentümer dieser Parzelle zu sein,
als dessen Eigentümer das Grundbuchamt vor vielen Jahren im Gefolge einer
Erbauseinandersetzung irrtümlich den B eingetragen hat, und fordert nunmehr von T
Grundbuchberichtigung.
Fassungslos sucht T den Rechtsanwalt R auf und fragt, was denn nun hinsichtlich beider
Parzellen zu tun sei. Erstellen Sie das Gutachten des R.
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Lösung
Fall 6 – Die verhinderte Blumenwiese
A. Ansprüche der T im Zusammenhang mit dem Erwerb der ersten Parzelle (Flurstück
76/1)
I. Anspruch T gegen B auf Auflassung der Parzelle gem. §§ 433 Abs. 1
1. Wirksamer Kaufvertrag gem. §§ 433 Abs. 1, 311 b S. 1 (+)
2. Untergang des Anspruchs gem. § 275 Abs. 1 wegen nachträglichen Unvermögens des
B
a) Verlust des Eigentums an der Parzelle durch B an N vor Auflassung an T
b) Relative Unwirksamkeit des Eigentumserwerbs des N zugunsten der T gem. § 883
Abs.2?
aa) Vormerkungsfähiger Anspruch (+)
bb) Begründung der Vormerkung gem. § 885 Abs. 1 (+)
(1) Bewilligung (+)
(2) Eintragung (+)
cc) Zwischenergebnis zur Vormerkung und Rechtsfolge
3. Ergebnis
II. Eintragung der T als Eigentümerin
B. Ansprüche des O gegen T im Zusammenhang mit dem Erwerb der zweiten Parzelle
(Flurstück 83/2)
I. Anspruch auf des O gegen T auf Grundbuchberichtigung aus § 894
1. Ursprünglich war O Eigentümer.
2. Eigentumsverlust an T durch Eigentumsübertragung B-T gem. §§ 873, 925
3. Eigentumsverlust an T durch Eigentumsübertragung B-T gem. §§ 892, 873, 925
(gutgläubiger Erwerb)
a. Rechtsgeschäft im Sinne eines Verkehrsgeschäfts (+)
b. Eintragung des B als Eigentümer im Grundbuch (+)
c. Guter Glaube der T zum Zeitpunkt der Antragstellung (§ 892 Abs. 2) (+)
d. Kein Widerspruch vor Eintragung eingetragen
aa) Erwerb einer Vormerkung durch T gem. §§ 883 Abs.1, 885
(1) Vormerkbarer Anspruch (+)
(2) Bewilligung des Betroffenen (+)
(3) Eintragung der Vormerkung (+)
(4) (Materielle) Berechtigung des Betroffenen (-)
bb) Gutgläubiger Erwerb einer Vormerkung von B?
(1) Grundsätzliche Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs einer Vormerkung
(2) Voraussetzungen des § 892
cc) Rechtsfolge: Vorverlagerung der maßgeblichen Zeitpunkte für die
Bösgläubigkeit und das Vorliegen eines Widerspruchs im Rahmen des gutgläubigen
Erwerbs?
(1) H.M. Rechtsprechung (RGZ 121, 44, 47; BGHZ 57, 341, 343) und Te il der
Literatur (zB. Medicus, Bürgerliches Recht, Rn.554; Palandt/Bassenge, § 885,
Rn.13). Im Falle des gutgläubigen Erwerbs einer Vormerkung genügt das
Vorliegen der Voraussetzungen des § 892 bei Eintragung der Vormerkung auch
für den späteren Erwerb des vorgemerkten Rechts. Grund: § 883 Abs. 2 intendiert
einen umfassenden Schutz des Vormerkungsberechtigten. Diese Aufgabe kann
die Vormerkung nur erfüllen, wenn sie den Vormerkungsberechtigten nicht bloß
gegen abweichende Verfügungen des Veräußerers, sondern auch gegen andere
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Beeinträchtigungen seines Erwerbs schützt. Mit der Vormerkung ist der Grund
für die Erfüllung des Anspruchs gelegt, der Erwerb des Rechts vollzieht sich
dann unabhängig von der weiteren Entwicklung des Grundbuchinhalts und dem
guten Glauben des Berechtigten (sog. „große Lösung“); vgl. RGZ 121, 44 sowie
BGH NJW 1981, 446 (447).
(2) Teil der Literatur (Jürgen F. Baur, JZ 1967, 437 ff. u.a.)
e. Ergebnis zu 3 (Bei Entscheidung pro h.M.)
4. Ergebnis zu II.
II. Anspruch des O gegen T auf Herausgabe der Buchposition aus § 812 Abs.1 S.1
Alt.2
A. Ansprüche der T im Zusammenhang mit dem Erwerb der ersten
Parzelle (Flurstück 76/1)
I. Anspruch T gegen B auf Auflassung der Parzelle gem. §§ 433 Abs. 1
1. Wirksamer Kaufvertrag gem. §§ 433 Abs. 1, 311 b S. 1 (+)
2. Untergang des Anspruchs gem. § 275 Abs. 1 wegen nachträglichen Unvermögens des B
Durch die Veräußerung des Grundstücks könnte B nachträglich zur Eigentumsverschaffung
unvermögend geworden sein (subjektive Unmöglichkeit). Dazu müsste es sich um eine
wirksame Eigentumsübertragung an N handeln.
a) Verlust des Eigentums an der Parzelle durch B an N vor Auflassung an T
N hat gem. §§ 873, 925 am 1.9.2005 (Eintragung) das Eigentum an der Parzelle erworben.
b) Relative Unwirksamkeit des Eigentumserwerbs des N zugunsten der T gem. § 883 Abs.2?
Gemäß § 883 Abs. 2 sind Zwischenverfügungen, welche die Erfüllung eines durch eine
Vormerkung gesicherten Anspruchs vereiteln oder beeinträchtigen würden, dem
Vormerkungsberechtigten gegenüber unwirksam.
Merke: Es handelt sich hierbei um eine sog. relative Unwirksamkeit, d.h. die
beeinträchtigende Zwischenverfügung ist nur dem Vormerkungsberechtigten gegenüber
unwirksam und kann nicht etwa von Dritten geltend gemacht werden.
Voraussetzung ist, dass T eine wirksame Vormerkung erworben hat.
aa) Vormerkungsfähiger Anspruch (+)
Die Vormerkung ist ein streng akzessorisches Sicherungs mittel, d.h. sie besteht nur solange
und soweit, wie der zu sichernde Anspruch besteht. Hier liegt ein solcher Anspruch mit dem
Anspruch der T gegen B auf Eigentumsübertragung gem. § 433 Abs. 1 vor.
bb) Begründung der Vormerkung gem. § 885 Abs. 1 (+)
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(1) Bewilligung (+)
Zur Begründung der Vormerkung ist die Bewilligung des Betroffenen (=Voreingetragener,
vgl. § 39 GBO) oder eine einstweilige Verfügung (§ 935 ZPO) erforderlich. B hat die
Eintragung der Vormerkung bewilligt.
(2) Eintragung (+)
(3) (Materielle) Berechtigung des Betroffenen (+)
cc) Zwischenergebnis zur Vormerkung und Rechtsfolge
Es besteht eine wirksame Auflassungsvormerkung zugunsten der T gem. §§ 883 Abs. 1, 885
Abs. 1.
§ 883 Abs.2 BGB: Relative Unwirksamkeit der Zwischenverfügungen (d.h. nach Eintragung
der Vormerkung und vor Eintragung des Rechts) – hier: Übertragung des Eigentums an der
Parzelle durch B an N. Die Eigentumsübertragung an N ist T gegenüber relativ unwirksam. B
ist daher nicht unvermögend gem. § 275 I Abs. 1 hinsichtlich der Eigentumsübertragung an T.
3. Ergebnis
T hat gegen B einen Anspruch auf Auflassung der ersten Parzelle (Flurstück 76/2) gem. § 433
Abs. 1.
II. Eintragung der T als Eigentümerin
Um Eigentümerin der Parzelle zu werden, muss T in das Grundbuch eingetragen werden. Die
hierfür erforderliche Bewilligung gem. § 19 GBO fehlt. B ist nicht mehr Voreingetragener
(vgl. § 39 GBO), so dass die Bewilligung nicht der Auflassungsurkunde (vgl. § 20 GBO)
entnommen werden kann. Die erforderliche Bewilligung müsste vielmehr N als Voreingetragener erteilen.
Da der Voreingetragene und Zweiterwerber diese Bewilligung regelmäßig nicht erteilen wird,
sieht das Gesetz zugunsten des Vormerkungsberechtigten neben der in § 883 Abs. 2
geregelten relativen Unwirksamkeit von Zwischenverfügungen des Eigentümers ergänzend
einen Anspruch des Vormerkungsberechtigten gegen den Zweiterwerber auf Abgabe der nach
dem Grundbuchrecht (§ 19 GBO) erforderlichen Bewilligung vor (§ 888 Abs. 1).
T hat daher gegen N einen Anspruch auf Abgabe dieser Bewilligung.
Anmerkung: Bei dem Anspruch aus § 888 Abs. 1 handelt es sich um einen unselbständigen
Hilfsanspruch, der nur zusammen mit dem gesicherten Anspruch abgetreten werden kann
(MüKo/Wacke, § 888 Rn.2; Palandt/Bassenge, § 888 Rn.4).
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B. Ansprüche des O gegen T im Zusammenhang mit dem Erwerb der
zweiten Parzelle (Flurstück 83/2)
I. Anspruch auf des O gegen T auf Grundbuchberichtigung aus § 894
Ein Anspruch des O auf Grundbuchberichtigung setzt voraus, dass das Grundbuch
hinsichtlich der zweiten Parzelle (Flurstück 83/2) unrichtig ist. Das ist der Fall, wenn die als
Eigentümerin eingetragene T tatsächlich nicht Eigentümerin ist (Auseinanderfallen von
materieller und formeller Rechtslage).
1. Ursprünglich war O Eigentümer.
2. Eigentumsverlust an T durch Eigentumsübertragung B-T gem. §§ 873, 925
(-) da B als Nichteigentümer nicht berechtigt war.
3. Eigentumsverlust an T durch Eigentumsübertragung B-T gem. §§ 892, 873, 925
(gutgläubiger Erwerb) (-)
a. Rechtsgeschäft im Sinne eines Verkehrsgeschäfts (+)
b. Eintragung des B als Eigentümer im Grundbuch (+)
c. Guter Glaube der T zum Zeitpunkt der Antragstellung (§ 892 Abs. 2) (+)
d. Kein Widerspruch vor Eintragung eingetragen
Hier könnte es für einen gutgläubigen Erwerb durch T schädlich sein, dass vor der Eintragung
der T als Eigentümerin ein Widerspruch des Berechtigten O eingetragen wurde. Ein gutgläubiger Erwerb könnte aber gleic hwohl in Betracht kommen, wenn T eine Vormerkung
erworben hätte und dies zur Folge hätte, dass der später eingetragene Widerspruch nicht
schadet.
aa) Erwerb einer Vormerkung durch T gem. §§ 883 Abs.1, 885 (-)
(1) Vormerkbarer Anspruch (+) = Anspruch auf Eigentumsübertragung gem. § 433 Abs. 1
(2) Bewilligung des Betroffenen (+), da O als Voreingetragener (vgl. § 39 GBO) die
Eintragung der Vormerkung bewilligt hat.
(3) Eintragung der Vormerkung (+)
(4) (Materielle) Be rechtigung des Betroffenen (-), da B jedenfalls zum Zeitpunkt der
Eintragung der Vormerkung nicht der wahre Eigentümer des Grundstücks war.
bb) Gutgläubige r Erwerb einer Vormerkung von B?
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(1) Grundsätzliche Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs einer Vormerkung
Zwar setzt § 892 den rechtsgeschäftlichen Erwerb eines Rechts an einem Grundstück oder
eines Rechts an einem Grundstücksrecht voraus, und bei der Vormerkung handelt es sich
nicht um ein solches Recht, sondern vielmehr um ein Sicherungsmittel für einen
schuldrechtlichen Anspruch. Gleichwohl verleiht die Vormerkung aber dem geschützten
Anspruch in gewisser Weise eine dingliche Wirkung, so dass sie nach h.M. als Verfügung im
Sinne des § 893 angesehen und über diese Vorschrift dem Anwendungsbereich des § 892
unterstellt wird (vgl. BGHZ 57, 341, 343).
(2) Voraussetzungen des § 892
T wurde durch B, der im Grundbuch als Eigentümer legitimiert war, eine Vormerkung
eingeräumt, T war im Zeitpunkt der Antragstellung (bzgl. Eintragung der Vormerkung)
gutgläubig. Ein Widerspruch des O war zum Zeitpunkt der Eintragung der Vormerkung auch
noch nicht eingetragen.
cc) Rechtsfolge der Vormerkung: Vorverlagerung der maßgeblichen Zeitpunkte für die
Bösgläubigkeit und das Vorliegen eines Widerspruchs im Rahmen des gutgläubigen Erwerbs?
Die gesetzlich vorgesehene Rechtsfolge des Vormerkungserwerbs ist die relative Unwirksamkeit von den vorgemerkten Anspruch beeinträchtigenden Verfügungen des Rechtsinhabers an Dritte (vgl. § 883 Abs. 2). Im vorliegenden Fall ist jedoch keine Verfügung an einen
Dritten erfolgt, sondern es wird lediglich der gutgläubige Erwerb der Parzelle durch T
dadurch in Frage gestellt, dass nach Eintragung der Vormerkung aber vor Eintragung des
Eigentumswechsels ein Widerspruch des Berechtigten O eingetragen wurde. Es fragt sich
daher, ob sich aus der entsprechenden Anwendung des § 892 auf den Erwerb der Vormerkung
ergibt, dass für das Vorliegen der Voraus setzungen des § 892 für den gutgläubigen Erwerb
des dinglichen Rechts als solchem (guter Glaube / Fehlen eines Widerspruchs) allein der
Zeitpunkt des Erwerbs der Vormerkung maßgebend ist.
In Rechtsprechung und Literatur werden hierzu unterschiedliche Auffassungen vertreten:
(1) H.M. Rechtsprechung (RGZ 121, 44, 47; BGHZ 57, 341, 343) und Teil der Literatur (zB.
Medicus, Bürgerliches Recht, Rn.554; Palandt/Bassenge, § 885, Rn.13): Im Falle des
gutgläubigen Erwerbs einer Vormerkung genügt das Vorliegen der Voraussetzungen des
§ 892 bei Eintragung der Vormerkung auch für den späteren Erwerb des vorgemerkten
Rechts. Grund: § 883 Abs. 2 intendiert einen umfassenden Schutz des Vormerkungsberechtigten. Diese Aufgabe kann die Vormerkung nur erfüllen, wenn sie den Vormerkungsberecht igten nicht bloß gegen abweichende Verfügungen des Veräußerers, sondern
auch gegen andere Beeinträchtigungen seines Erwerbs schützt. Mit der Vormerkung ist der
Grund für die Erfüllung des Anspruchs gelegt, der Erwerb des Rechts vollzieht sich dann
unabhängig von der weiteren Entwicklung des Grundbuchinhalts und dem guten Glauben des
Berechtigten (sog. „große Lösung“); vgl. RGZ 121, 44 sowie BGH NJW 1981, 446 (447).
(2) Teil der Literatur (Baur, JZ 1967, 437 ff. u.a.): Nach dieser Auffassung will die
Vormerkung nur vor vereitelnden Zwischenverfügungen an Dritte schützen, nicht vor
späterem Widerspruch und eigener Bösgläubigkeit hinsichtlich des Rechtserwerbs vom
Nichtberechtigten. Der gutgläubige Erwerb einer Vormerkung ändert nichts daran, dass ein
gutgläub iger Erwerb des vorgemerkten Rechts nur dann in Betracht kommt, wenn die
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Voraussetzungen des § 892 noch im Zeitpunkt der Stellung des Eintragungsantrags bzw.
(Fehlen eines Widerspruchs) bei Eintragung vorliegen. Der Vormerkungsberechtigte soll
jedoch in Analogie zu § 888 Abs.1 BGB von dem Berechtigten die Zustimmung zur
Verfügung durch den nichtberechtigten Bucheigentümer gem. § 185 verlangen können (Baur,
JZ 1967, 437 (439 f.) u.a.).
e. Ergebnis zu 3 (Bei Entscheidung pro h.M.)
Da zum Zeitpunk t des Vormerkungserwerbs durch T noch kein Widerspruch des O
eingetragen war, kann die spätere Eintragung eines solchen Widerspruchs den gutgläubigen
Erwerb der Parzelle durch T nicht mehr verhindern.
4. Ergebnis zu II.
Mangels Eigentum kein Anspruch des O gegen T auf Grundbuchberichtigung aus § 894.
II. Anspruch des O gegen T auf Herausgabe de r Buchposition aus § 812 Abs.1 S.1 Alt.2
Beachte: Die Buchposition eines eingetragenen Nichteigentümers ist eine vermögenswerte
Position, d.h. ein „erlangtes Etwas“, das im Rahmen des § 812 Abs.1 kondiziert werden kann
(sog. „schuldrechtlicher Grundbuchberichtigungsanspruch“, MüKo/Lieb, § 812 Rn.349).
Hier fehlt es aber schon an einer „Buc hposition“ in diesem Sinne, da T nicht Bucheigentümerin, sondern materiell-rechtliche Eigentümerin des Grundstücks ist und O sein
Eigentum an sie verloren hat (s.o.).
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