Ausbildung – wohin bewegst du dich?
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Ausbildung – wohin bewegst du dich?
LERNEN 60 schön stufig heute? Ausbildung – wohin bewegst du dich? Seit November letzten Jahres können CLIPS-Leser in der Serie „ausgebildet“ mit Heinz-Josef Wiemann praxisbezogene Hilfestellung bei der Ausbildung erhalten. Nachdem in der letzten CLIPS Teil 1 der Prüfungsmappe abgeschlossen wurde, zieht Wiemann hier ein kleines Zwischenfazit. M it dem Prüfungsstück „Klassischer Herrenhaarschnitt“ in der vorhergehenden Ausgabe der CLIPS endete der 1. Teil der Gesellenprüfung für das Friseurhandwerk. Zweifellos der schwierigste Teil, denn darin wurden die wichtigsten Grundlagen für den Erfolg in unserem Beruf geprüft. Das absolut Wertvolle an dieser seit 2008 gültigen neuen Prüfungsverordnung ist die Vorgehensweise in der Prüfungsmappe. 1. EINE METHODE zum planmäßigen und systematischen Herangehen an eine Prüfungsaufgabe. Immer ausführlich beschrieben unter „Aufgabe“. > Der Prüfling soll nachweisen ... > Kommentar ... > Bitte beachten Sie ... > Bewertungskriterien ... > Erstellen einer Schnittgrafik ... > Beschreibung eines klassischen Haarschnittes ... > Beschreibung der Wickeltechniken, Wickelgröße und Abteilungen ... > Beschreibung der Damenfrisur, Angaben über Volumen usw. in der Frisur ... 3. EINE LOGIK, (Denkweise) für die richtige Reihenfolge der einzelnen Arbeitsschritte. > Beschreibungen der Vorgehensweise, was jeweils unter Angabe der einzelnen Kopfbereiche einzutragen und zu erarbeiten ist ... Wenn eine Wissensvermittlung, also eine Ausbildung, mit den drei Säulen: Methode, Struktur und Logik aufgebaut ist, entsteht Lernbereitschaft, Motivation und Selbstständigkeit, oder ganz einfach: Freude am Lernen, weil der Erfolg sichtbar und spürbar wird und Lust auf mehr macht. FREUDE AM LERNEN METHODE STRUKTUR LOGIK 2. EINE STRUKTUR, die aus einer genauen Anordnung der einzelnen Arbeitsschritte besteht, z. B. den einzelnen auszufüllenden Arbeitsblättern. CLIPS – FÜR DIE BESTEN APRIL 2015 LERNEN Der Auszubildende erhält Anerkennung und Komplimente von der Kundschaft und wird dadurch entsprechend motiviert. Diese Motivation hielten etliche Unternehmer schon für verloren gegangen. Verantwortliche Ausbilder, die schon nach der Probezeit mit den Prüfungsaufgaben Trainingseinheiten erstellen und direkt mit der Praxis beginnen, können ihre Auszubildenden schon frühzeitig Kunden bedienen lassen. Die Ausbildung wird nach einigen Monaten kostendeckend und nach ca. 12 Monaten Gewinnbringend. Man erzählt sich, dass durch diese intensive Ausbildungsmethode ein fachlicher Qualitätsstandard entsteht, der von einigen Mitarbeitern im Team nur schwer erreicht wird, denn sie hatten vor 2009 noch nicht die Vorteile, die die neue Gesellenprüfungsverordnung bieten. Meine Anerkennung gilt den Friseurunternehmen, die schon danach arbeiten, und es werden immer mehr. Sie leben ihre Leidenschaft für den einzigartigen Friseurberuf in seiner ganzen Breite und Tiefe. Es geht ihnen gut. Sie haben keine nennenswerten Personalprobleme und einen hohen Kundendurchlauf! Sie sind echte Unternehmerinnen und Unternehmer, die ihre Hausaufgaben gemacht haben und ständig dazulernen. So weit, so gut. In vielen Salons wird das parallel zur Kopfrundung nach oben gekämmte Haar mit einer dazu angepassten Kamm-FingerScherenhaltung und nachfolgender Schnittlinie geschnitten. Diese Methode des Haarschnitts ist reklamationsanfällig und bringt so manche Kundin auf die Idee, dass sie das auch selbst zu Hause im eigenen Badezimmer machen kann. Bei den einfallslos mit der Maschine gekürzten Männer-Haarschnitten wird das schon ziemlich häufig zu Hause praktiziert. Und selbstverständlich fi ndet auch das „rundherum Spitzenschneiden mit nur leicht angefeuchteten Haaren schnell Nachahmer im heimischen Badezimmer. Und solche Betriebe, die auf diese Weise arbeiten, bilden tatsächlich auch noch aus! Dazu passt dann auch der Spruch: „Wie, du willst Friseuse werden? Das bisschen Haare schneiden, das kann doch jeder!“ CLIPS – FÜR DIE BESTEN APRIL 2015 … und dem Chef wird bewusst, dass der noch Auszubildende, 4.600,00 € brutto jeden Monat erwirtschaften müsste. Das schafft er aber nicht, denn er ist nicht ausgebildet, sondern ausgebeutet worden. Heinz-Josef Wiemann während eines Seminars über den erfolgreichen Umgang mit der neuen Prüfungsverordnung. Wer keine Gelegenheit hat, Wiemann während Seminaren oder Workshops live zu erleben, kann jetzt Filme über prüfungsrelevante Themen in seinem Blog finden. Wenn da nicht der Gedanke an „Entziehung der Ausbildungserlaubnis“ aufkommt?! Aber die Misere geht noch weiter: Begrüßung und Beratung. „Guten Tag, wie machen wir’s denn heute? Alles ein bisschen kürzer? Wie viel Zentimeter darf ich denn heute abschneiden? Wenn Sie Ihr Auto in die Inspektion geben, wollen Sie vom Monteur auch nicht gefragt werden „Welche Ventile an Ihrem Auto soll ich denn heute einstellen?“ Kennt der der Auszubildende die Gesichtsform und Schnittstruktur bei einem Kunden, so sind das schon die Grundlagen für eine Kundenberatung. Auf Seite 26 der Prüfungsmappe befindet sich ein Arbeitsblatt über die Angaben von Volumen, Höhen, Tiefe, glatte und wellige Partien in der Frisur und gibt damit weitere Anhaltspunkte für das Beratungsgespräch. Wenn ein Auszubildender nichts weiß, weiß er auch nichts zu sagen. Und das trifft nicht nur auf Auszubildende zu. Die Ausbildungssituation zur Friseurin/zum Friseur ist in Deutschland katastrophal. Fegen, falten, Brötchen holen. Verantwortung für die jungen Menschen, die nach der Ausbildung ihren Lebensunterhalt verdienen sollen? Fehlanzeige! Oft sind die Ausbildungsjahre ausgefüllt mit sich ständig wiederholenden Zuarbeiten, im Wechsel mit Fegen, Falten der Handtücher, Wechselgeld holen und Brötchen für alle mitbringen. Im Salon hören sie dann oft nur die Anweisung „Wasch’ hier schon mal und danach spülst du die Farbe da hinten ab.“ Manchmal wird ihnen zwischendurch auch mal Föhnen, das Auftragen von Farbe und Strähnenbehandlungen gezeigt. Wenn der Auszubildende vor Beginn der Ausbildung noch motiviert war, so ist diese inzwischen durch erheblichen Frust ersetzt worden. Die Zahl der Ausbildungs-Abbrecher erhöht sich jährlich. Im dritten Ausbildungsjahr soll dann endlich mit dem SCHNEIDEN begonnen werden. Will der Auszubildende das dann überhaupt noch? Ist er dazu noch motiviert? Hat er schon innerlich gekündigt? Die Meisten bleiben aber noch, denn sie haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass sie doch noch etwas lernen. 61 LERNEN 62 Heinz-Josef Wiemann ist Friseurmeister, Trainer und Dozent. Seine familiären und beruflichen Ursprünge liegen im Westfälischen, wo er neben Friseursalons auch Trainingscenter in Soest und Lippstadt betrieb. Seit mehreren Jahren lebt und arbeitet Wiemann im südwestdeutschen Dreiländereck, in Freiburg. Als Dozent der Handwerkskammer Freiburg gibt er sein Wissen und seine Erfahrungen in Schulungen, eigenen Seminaren und Fachveranstaltungen weiter. [email protected] www.hair-trainingwiemann.blogspot.com Doch es kommt ganz anders. Die Gesellenprüfung > Um ein positives Zeichen zu setzen, hawird mit großer Wahrscheinlichkeit bestanden, und ben Fachgruppen und Vereinigungen dem Chef wird bewusst, dass der noch Auszubildende, ein eigenes Ausbildungskonzept erar4.600,00 Euro brutto jeden Monat erwirtschaften beitet. Gut so! Dort wird professioneller müsste. Das schafft er aber nicht, denn er ist nicht ausNachwuchs ausgebildet. Doch diese gebildet, sondern ausgebeutet worden. Ausbildung ist in vielen Teilen konzepEs folgt ein Orientierungsgespräch, torientiert und die PrüfungsKündigung! Und zwei Monate später verordnung bekommt nur VON ETWA wird Frau Chefin oder Herr Chef wenig Aufmerksamkeit. an der Supermarktkasse vom Man muss sehen, wie es 13.000 SALONS, entlassenen Auszubildenden abweiter geht. DIE AUSBILDEN … kassiert. Spätestens jetzt sollte von Zum Schluss noch … bilden nur etwa 5–10 % den zuständigen Personen über ein Blick auf die nach der neuen Prüfungsverordnung aus die Entziehung der AusbildungsStatistik: erlaubnis nachgedacht werden. In der Bundesrepublik gibt Kürzlich wurde ich auf einem es circa 80.000 FriseurgeSeminar von einem Friseurmeister geschäfte. fragt, ob ich den „Alten Hasen“ noch das Ausgebildet wird davon in circa Haareschneiden beibringen wolle. Eine grafi sche 13.000 Salons. Schnittdarstellung mit anschließender SchnittbeWas schätzen Sie, in wie vielen Salons schreibung und den sich daraus ergebenden Haar- nach der neuen Prüfungsverordnung ausschnitt konnte er nicht umsetzen, bildet aber in sei- gebildet wird? Optimistische Branchennem Betrieb seit 25 Jahren Lehrlinge aus! kenner meinen in etwa 5 bis 10 Prozent. Verantwortung für die Entwicklung der gesamten Wenn die neue Prüfungsverordnung Branche? Ebenfalls Fehlanzeige. konsequent durchgeführt würde, wäre das Denn die schlecht Ausgebildeten werden ca. 3 Jah- die Lösung für die vorher beschriebenen re später die nächste Generation ausbilden. Probleme! Die großen Probleme in der Friseurbranche sind Ist-Situation der Ausbildung = Zukunft zu 85 % der schlechten Ausbildung geschuldet, falls der Friseurbranche – Der Markt wird’s man überhaupt noch von Ausbildung sprechen kann. schon richten. Es muss sehr viel getan werden. > Nicht alle Mitglieder der Prüfungskommissionen sind schon in diese neue Prüfungsverordnung eingearbeitet. > Die Zahl der Ausbildungsbetriebe, die nach der neuen Verordnung ausbildet, ist noch zu gering und steigt nur allmählich. Dabei ist diese neue Verordnung vom Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks vorgeschrieben. > Was eigentlich gar nicht geht, ist, dass ein Filialunternehmen Friseurmeister als Salonleiter beschäftigt und damit das Recht hat auszubilden. Das Unternehmen glaubt, damit alle Voraussetzungen für die Ausbildung erfüllt zu haben. Doch den Friseurmeistern/-meisterinnen ist die neue Verordnung in der praktischen Umsetzung eher unbekannt, denn im Meistervorbereitungskurs fi nden noch keine Kursstunden über diese neue Ausbildungsverordnung statt. > Betriebsinhaber schicken ihre Auszubildenden schon mal mit den Worten, „na dann chill mal schön“ eine Woche in die ÜBL/ÜBA. Dabei wird gerade dort das vermittelt, was im Ausbildungsbetrieb noch selten stattfindet: Prüfungstraining! Im Mai geht es weiter! In der nächsten CLIPS starten wir mit Prüfungsaufgaben der Prüfungsmappe Teil 2. CLIPS – FÜR DIE BESTEN APRIL 2015 LERNEN online abrufbar Unter „ausgebildet“ sind bisher die hier aufgeführten – sich genau an der Prüfungsverordnung orientierenden – Beiträge zur praktischen Hilfe bei der Friseurausbildung erschienen. PRÜFUNGSMAPPE TEIL 1 H einz-Josef Wiemann ist Autor unserer Serie „ausgebildet“. Er ist Friseurmeister, Trainer und Dozent der Handwerkskammer Freiburg, vor allem aber ist es ihm eine Herzensangelegenheit, gut ausgebildete Friseure ins Berufsleben entlassen zu können. Sie sind die Zukunft eines der schönsten Berufe auf der Welt. Prüfungsmappen + Bestellmöglichkeit CLIPS 11/2014 Chance der neuen Prüfungsverordnung nutzen Wir starten mit Teil 1 der neuen Gesellenprüfungsverordnung. Klassische Friseur tätigkeit ist hier die Ansage. CLIPS 12/2014 Substanzielles vorweg Die zweite Prüfungsaufgabe beginnt mit der Seite 15: Der Haarschnitt CLIPS 1/2015 Es wird gewickelt! Auch wenn diese handwerkliche Dienstleistung manchmal verschmäht wird, muss man doch die klassische Art können: Die Dauerwelle CLIPS 2/2015 Die Dauerwelle – Fortsetzung inkl. MwSt. und Versand Prüfungsmappe der neuen (!) Gesellenprüfung, Teil 2: 12,95 € inkl. MwSt. und Versand Das Thema Dauerwelle wirft eine Fülle von Fragen auf: Hier die Antworten CLIPS 3/2015 Klassischer Herrenhaarschnitt Der Herrenhaarschnitt ist das Prüfungsstück. Er hat die höchste Wertigkeit bei der Prüfung. Beitrag verpasst? Kein Problem, fordern Sie einfach das PDF an: [email protected] Die Beiträge stehen auch zum Download auf der Website zur Verfügung: www.clips-verlag.de CLIPS – FÜR DIE BESTEN APRIL 2015 Prüfungsmappe der neuen (!) Gesellenprüfung, Teil 1: 12,95 € Kombipreis (Teil 1 + Teil 2): 20,95 € inkl. MwSt. und Versand Die Mappen sind zu beziehen über die Ausstellungs- und Werbegemeinschaft des Friseurhandwerks GmbH Tel.: 0221 – 97 30 36 0 [email protected] www.friseurhandwerk.de 63