Fledermäuse, nächtliche Insektenjäger
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Fledermäuse, nächtliche Insektenjäger
Fledermäuse, nächtliche Insektenjäger GISELA DECKERT Für viele Menschen sind Fledermäuse rätselhaft und unheimlich, weil sie in der Dunkelheit scheinbar lautlos vorbei huschen und sich deshalb viel Aberglauben um sie rankt. Kaum jemand hat sie einmal richtig von nahem gesehen, obwohl diese hoch interessanten Tiere oft ganz in unserer Nähe, auf dem Dachboden, hinter Fensterläden, in Zwischenwänden oder in einer Spechthöhle im Garten unbemerkt ihre Jungen aufziehen. Heute sind sie aber auch längst nicht mehr so häufig wie früher. Schon 1937 beklagt der Fledermausforscher M. Eisentraut den deutlichen Rückgang der Tiere. Fledermäuse gibt es seit mindestens 50 Millionen Jahren, wie Fossilfunde beweisen. Sie haben sich auf das Jagen nächtlich fliegender Insekten spezialisiert, die ihnen konkurrenzlos zur Verfügung stehen. Außerdem entgehen sie dadurch weitgehend Greifvögeln. Gleichzeitig mit dem Flugvermögen entwickelten sie ein Echoortungssystem, das ihnen erlaubt, sich bei völliger Dunkelheit zu orientieren und Beute zu machen. Diese außerordentlich erfolgreiche Tiergruppe konnte sich im Verlauf der Evolution in viele Arten mit unterschiedlichen ökologischen Ansprüchen aufspalten, die über die ganze Erde verbreitet sind. Der Schwerpunkt liegt in den Tropen und Subtropen. Mit etwa 800 Arten bildet sie nach den Nagetieren die artenreichste Säugetiergruppe und sie ist noch gegenwärtig dabei, sogar in Europa, neue Arten hervorzubringen. In Deutschland wurden bisher 24 Arten nachgewiesen und im Landkreis Dahme-Spreewald 18. Die Nordfledermaus dringt sogar bis über den nördlichen Polarkreis vor. Für uns fliegen Fledermäuse gespenstisch leise, in Wirklichkeit machen sie aber einen Riesenlärm. Er liegt nur außerhalb unseres Hörvermögens, im Ultraschallbereich, etwa zwischen 20 und 100 kHz. Die Töne produzieren sie, wie bei Säugetieren üblich, im Kehlkopf. Die Schallwellen werden von der Umgebung reflektiert, und nach dem Zeitunterschied der im Ohr eintreffenden Echos die Entfernung festgestellt. Wir können zwei verschiedene Typen von Rufen unterscheiden. Der CF-Ruf hat eine konstante Frequenz mit hoher Reichweite. Der FM-Ruf beginnt mit hoher Frequenz und fällt ab, kann unterschiedlich moduliert werden, hat nur eine geringe Reichweite und dient zur Verfolgung der Beute. Fledermäuse sind in der Lage im raschen Wechsel, in Bruchteilen von Sekunden, zu rufen und auf das Echo zu horchen. Sie haben wesentlich empfindlichere Ohren als andere Säugetiere. Zwergfledermäuse erkennen mit dieser Echoortungsmethode Drähte von 0,28 mm aus 1 m Entfernung. Bei Nebel bleiben Fledermäuse gewöhnlich im Quartier, weil Nebeltröpfchen Echos absorbieren und die Orientierung stark erschweren. Mit moderner Technik, den Fledermaus- oder Batdetektoren, kann man die Rufe für uns hörbar machen. Es ist sogar möglich, einzelne Arten an den Rufen zu unterscheiden, allerdings ist dafür sehr viel Erfahrung notwendig. Auf diese Weise ist es vor kurzem gelungen, sogar in Mitteleuropa, noch unbekannte Arten zu entdecken. So gibt es eine ganz nahe Verwandte unserer Zwergfledermaus, die Mückenfledermaus, die sich von ihrer Schwesterart äußerlich nicht unterscheidet, aber et- was höhere Ortungsrufe ausstößt. Molekulargenetische Untersuchungen ergaben, dass es sich tatsächlich um eine eigene Art handelt. Sie bevorzugt andere Habitate und ist gar nicht so selten, wenn auch nicht so häufig wie die Zwergfledermaus. Das Graue Langohr, im Mittelmeergebiet verbreitet, hatte man bei uns nicht vermutet und übersehen. Erst bei näheren Studien fand man durchaus deutliche Unterscheidungsmerkmale im Vergleich zum Braunen Langohr. Auch die Große Bartfledermaus wurde bis 1958 für eine Großer Variante der schon lange bekannten Abendsegler Kleinen Bartfledermaus gehalten. Foto: Allerdings hatte schon C. Koch MitU. Hoffmeister & te des 19. Jahrhunderts bemerkt, dass V. Giebel es bei Langohren und Bartfledermäusen zwei verschiedene gut unterscheidbare Formen gibt, man wollte es ihm jedoch nicht glauben. Von der Nordfledermaus waren bis vor wenigen Jahren nur Vorkommen im Gebirge und in Skandinavien bekannt. Mit dem Fledermausdetektor haben Spezialisten sie auch in Teltow-Fläming und im Landkreis Dahme-Spreewald entdeckt. Mit Hilfe der neuen Untersuchungsmethoden (Fledermausdetektoren, DNA-Analysen und der Telemetrie) kann man nun viel besser die Lebensweise dieser versteckt lebenden, harmlosen Insektenfresser erforschen, wodurch Schutzmaßnahmen erheblich verbessert werden. Gutes Sehvermögen brauchen Fledermäuse in der Dunkelheit nicht, deshalb ist dieses Sinnesorgan bei ihnen nur schlecht ausgebildet, jedoch sind sie keinesfalls blind. Neben den Vögeln sind Fledermäuse und die vielleicht mit ihnen nah verwandten größeren Flughunde die einzigen Wirbeltiere, die aktiv fliegen können und dafür haben sie besondere Anpassungen entwickelt. Ihr Herz ist dreimal so groß wie das eines gleich großen anderen Säugetiers, auch sind die roten Blutkörperchen und der Hämoglobingehalt stark erhöht. Die einzelnen Arten bedienen sich recht unterschiedlicher Jagdmethoden. Der Große Abendsegler, eine große Art mit schmalen Flügeln und einer Spannweite von 40 cm, fliegt schnell und hoch und schon in der frühen Dämmerung, ja man sieht ihn nicht selten bereits am Nachmittag zusammen mit Schwalben in größerer Höhe auf Insektenjagd. Er wurde sogar schon in 300 bis 500 m Höhe angetroffen. Seine Ultraschalllaute sind besonders laut. In 10 cm Abstand vom Maul sind es 125 Dezibel, das entspricht einer Lautstärke eines Presslufthammers. Für manche Menschen ist die unterste Frequenz seiner Rufe, etwa bei 19 kHz, ein wiederholtes «zick» noch in einer Entfernung von etwa 150 m gut zu hören. Wesentlich später, wenn es dunkel wird, kommen die Wasserfledermäuse aus ihren Schlupfwinkeln und jagen 10 bis 30 cm über der Wasserfläche. Sie fangen hauptsächlich gerade schlüpfende Zuckmücken, greifen mit den Füßen Insekten, die auf der Wasseroberfläche treiben und manchmal sogar sehr kleine Fische. Es fällt auf, dass Wasserfledermäuse größere Füße als andere gleich große Arten haben. In den Tropen gibt es eine große Fledermaus, die sich als Fischjägerin spezialisiert hat. Die einheimischen Langohren, Fransenfledermäuse und viele tropische Arten suchen im Laubwerk mit leiseren FM-Rufen, sie «flüstern» und horchen auf das Krabbeln und Flattern von Insekten und lesen sie von Blättern ab. Mopsfledermäuse mit ihren sehr kleinen Zähnchen fangen hauptsächlich Kleinschmetterlinge. Die Beutetiere der Fledermäuse haben aufgerüstet, um ihren Feinden zu entkommen. Viele können die Ortungsrufe hören und lassen sich einfach fallen. Manche Nachtfalter vernehmen die Fledermaus schon aus 30 m Entfernung, aber flüsternde Langohren erst im Abstand von höchstens einem Meter. Es gibt Bärenspinner, die schlecht schmecken, weil sich ihre Raupen von giftigen Pflanzen ernähren. Diese Falter warnen Fledermäuse durch KlicksLaute, das bedeutet «ich schmecke schlecht». Fledermäuse lernen schnell, diese ekelige Beute zu meiden, so wie Vögel giftige Insekten mit Warnfarben in Ruhe lassen. Das Große Mausohr, unsere größte einheimische Fledermaus-Art, fliegt spät aus und flattert mit Vorliebe einen Meter über wenig bewachsenen Boden oder über Stoppelfelder und lauscht auf Krabbelgeräusche von Laufkäfern – kann sogar Beute in der Streuschicht wittern. Wo intensive Landwirtschaft betrieben wird, gibt es allerdings so gut wie keine großen Laufkäfer mehr und keine Mausohren. Zwerg- und Breitflügelfledermäuse kommen auch mitten in Städten zurecht und jagen beispielsweise hoch über der Gedächtniskirche in Berlin. Zweifarbfledermäuse wurden bei Balzflügen in großer Höhe über Häusern beobachtet. Alle Fledermäuse sind sehr soziale Tiere. Die Weibchen suchen sich gemeinsam geeignete Quartiere, wo sie ihre Jungen zur Welt bringen und säugen (Wochenstuben). Die Vermehrungsrate ist sehr niedrig. Die meisten ziehen pro Jahr nur ein Junges auf. Bei einigen Arten, zum Beispiel bei Abendseglern und Zwergfledermäusen gibt es öfter Zwillingsgeburten. Fledermäuse können sich das leisten, weil sie sehr wenige natürliche Feinde und eine sehr hohe Lebenserwartung haben. Durch Beringung wurden beim Braunen Langohr 30 Jahre, beim Grauen Langohr 25 und bei der Wasserfledermaus und den meisten anderen Arten mindestens 15 bis 22 Jahre nachgewiesen. Gleich große Nagetiere mit vielen Feinden und hoher Produktion erreichen kaum einmal ihr geringes physiologisches Höchstalter von 2 Jahren. So können Fledermäuse im Laufe ihres Lebens sehr viele Erfahrungen sammeln, die sie auch brauchen, um gute Quartiere zu finden. Bei einer tropischen Art wurde sogar beobachtet, Breitflügelfledermaus mit Wochenstube Foto: U. Hoffmeister & V. Giebel dass sie ihre Gruppenmitglieder mit bestimmten Lauten zu ergiebigen Nahrungsquellen lockt, ähnlich wie das bei Rabenvögeln üblich ist. Gelegentlich gelingt es der Schleiereule oder dem Waldkauz, eine Fledermaus zu erbeuten. Auch spielen Marder als Feinde meistens keine große Rolle. Das Junge wird, so lange es noch klein ist, von der Mutter auf nächtliche Jagdflüge mitgenommen. Später lässt sie es im Quartier zurück. Die Kleinen rücken dann eng zusammen, um sich gegenseitig zu wärmen. Auch die Weibchen hängen oft dicht beieinander, wobei es beim Sichputzen oder Umherkrabbeln zu gegenseitigem Anrempeln kommt, das mit lautem Gezeter quittiert wird. Die Rufe im Sozialleben sind überwiegend im für uns hörbaren Bereich. Säuglinge, die von der Mutter oder der Gemeinschaft getrennt werden, äußern Verlassenheitsrufe. Mir wurden drei Breitflügelfledermäuse gebracht, die man in einem Jalousiekasten eines 1,5 km entfernten Hauses entdeckt hatte. Jede hatte ein kleines nacktes Junges bei sich. In der Abenddämmerung ließ ich sie fliegen. Ein Weibchen nahm ihr Kind mit, die beiden anderen flogen allein ab. Die eine der beiden kehrte nach einigen Minuten zurück und holte ihr Junges. Die andere verschwand.Wir setzten das verwaiste Junge dicht ans Fenster. Es äußerte in der Abenddämmerung der nächsten anbrechenden Nacht Verlassenheitsrufe in immer kleineren Abständen. Da erschien die Mutter wie ein kurzer Schatten zwitschernd am Fenster und verschwand mit dem Jungen in Sekundenschnelle. Die Weibchen einer Gruppe bleiben beim Umzug zusammen. Sie kennen mehrere geeignete Unterkünfte in der Umgebung, die sie notfalls nach Störungen aufsuchen können. Quartiere werden auch dann gewechselt, wenn die Tiere von Flöhen oder von zu großer Hitze geplagt werden. Große Mausohren sind recht Wärme liebend und haben ihre Wochenstuben fast nur auf Dachböden. Durch Sanierungen der Gebäude sind viele Wochenstuben verloren gegangen, so dass diese Art bei uns selten geworden ist (Rote Liste Brandenburgs: vom Aussterben bedroht). Heute sind Fledermäuse streng geschützt und genießen bei der Bevölkerung zunehmend Wohlwollen, so dass ihre Quartiere trotz Renovierung erhalten bleiben können. Im Süden und Südwesten Deutschlands sind Große Mausohren häufiger. Die Weibchen bilden oft sehr große Gemeinschaften. Im Wasserkraftwerk in Nassau besteht eine der größten Wochenstuben mit 2500 Individuen. Im Mittelmeergebiet ist das keine Seltenheit. In Südfrankreich fanden wir in einer Grotte mindestens zehntausend Große Mausohren und Langflügelfledermäuse, die unablässig laut zeterten. Für mitteleuropäische Fledermäuse sind unterirdische Höhlen für die Jungenaufzucht zu kühl. In denWochenstuben werden Männchen fast nie geduldet. Sie suchen sich passende Unterkünfte allein oder zu wenigen vereint. Waldfledermäuse, also unter anderem Langohren, Bartfledermäuse und Abendsegler wohnen in Höhlen alter Bäume. Spechthöhlen sind meistens erst geeignet, wenn sie oberhalb des Einschlupfs ausgefault sind, wo sich die Fledermäuse anhängen können. Es war lange unbekannt, wie weit wohl Fledermäuse zur Nahrungssuche fliegen. Erst mit der Telemetrie können Erkenntnisse darüber gewonnen werden. Dazu klebt man sehr kleine Sender von 0,5 g Gewicht einzelnen Individuen auf den Rücken und verfolgt sie mit einer Empfangsantenne. Dabei ergab sich, dass Mausohren bis 20 km weit fliegen, Fransenfledermäuse bis 3 km und Zwergfledermäuse 2 km. Jede Fledermaus hat offenbar ein Kernjagdgebiet, wo sie immer wieder hinfliegt. Die Weibchen einer großen Kolonie könnten unmöglich alle in der Nähe jagen, müssen sich also weit verteilen. Wenn sie Junge säugen, kommen sie nachts mehrmals zurück, sonst oft erst kurz vor Morgengrauen. Von Regenschauern überrascht, bleiben etliche im Jagdgebiet in ihnen bekannten Ausweichquartieren. Nachdem die Jungen, bei uns etwa Juli/August, selbstständig sind, beginnt die Balz der Männchen, die mit Zwitscherlauten und Balzflügen um die Weibchen werben. Fledermäuse der gemäßigten Breiten suchen sich im Herbst möglichst frostfreie Quartiere, wo sie von Oktober bis März oder April Winterschlaf halten. Sie fallen ähnlich wie Igel und Hamster in Kältestarre, senken die Herzfrequenz und ihre Körpertemperatur gleicht sich ganz oder fast der Außentemperatur an. Auf diese Weise können sie ohne Nahrung den Winter überdauern. Am beliebtesten sind natürliche unterirdische Höhlen, Keller, Bergwerkstollen und Bunker. Einige Arten wählen Baumhöhlen, müssen dann aber in der Lage sein, bei Frost den Körper etwas anzuheizen, ohne die Energiereserven vorzeitig aufzubrauchen. Bei kalter Witterung und Nahrungsmangel fallen sie auch im Sommer in Lethargie, um Energie zu sparen. Auch säugendeWeibchen und ihre Jungen sind in der Lage, einige Tage mit gedrosseltem Stoffwechsel zu überleben. Ein großes Winterquartier befindet sich in einer alten Bunkeranlage aus der Zeit des 2. Weltkriegs in Nietoperek in Westpolen, wo mindestens 30000 Fledermäuse in 12 Arten überwintern, hauptsächlich Mausohren und Wasserfledermäuse. Weitere große Winteransammlungen gibt es in der Spandauer Zitadelle in Berlin und in Bad Segeberg in Schleswig Holstein. In den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts fand Eisentraut 4000 bis 5000 Große Mausohren in den Stollen des Kalkbergwerks in Rüdersdorf bei Berlin. Dort herrschte große Feuchtigkeit, für Mausohren und Wasserfledermäuse eine Bedingung für die Überwinterung. 1951 waren es noch etwa 2000 Mausohren und viele Wasserfledermäuse und einzelne Tiere von weiteren 10 Arten, darunter auch die seltenen Bechstein- und Teichfledermäuse. Im Oktober kamen die ersten Gruppen von etwa 30 Mausohren gemeinsam, dann auch wenige zusammen, einzelne und später wieder große Trupps. Wasserfledermäuse hingen zu mehreren frei oder neben und zwischen Mausohren, die meisten aber ruhten in ganzen Scharen dicht bei dicht auf großen waagerechten Kalkplatten, die sich teilweise und etwas instabil von der Decke gelöst hatten und tiefe Spalten parallel unter der Decke bildeten. Haensel schätzte 1974 etwa 3000 Wasserfledermäuse im gesamten Tagebau. Männchen warben hier noch ab und zu um Weibchen unter lautem Gezwitscher und paarten sich, während sich die Mausohren schon in tiefer Lethargie befanden. Bei einem Besuch des Stollens Anfang April um die Mittagszeit fand ich fast alle Wasserfledermäuse wach, etliche jagten sich gegenseitig durch den Stollen unter zwitschernden Rufen, blieben aber noch im Quartier. Drei Tage später befanden sich nur Winterquartier der Fransenfledermaus, des Braunen und Grauen Langohrs (Eiskeller am Forsthaus Dubrow) Foto: U. Hoffmeister & V. Giebel noch etwa ein Viertel der Tiere im Stollen, einige in tiefer Lethargie, andere flogen umher. Mitten im Winter waren dagegen alle im Tiefschlaf, nur vereinzelt war eine wach und suchte sich einen anderen Hangplatz. Am 15. April hatten fast alle das Winterquartier verlassen, die letzten Anfang Mai. Inzwischen ist dieses Stollensystem durch Abbau verloren gegangen. Zunehmend mehr Fledermäuse überwintern jetzt in alten Bunkeranlagen auf ehemaligem Militärgelände, die aber für Mausohren und Wasserfledermäuse meistens zu trocken, aber für andere Arten günstig sind. Das größte Winterquartier in Deutschland befindet sich seit Jahrhunderten in Mayen (Rheinland Pfalz) in einem tausend Meter langen Basaltlabyrinth mit vielen Höhlen, wo hohe Luftfeuchtigkeit herrscht und konstante Temperaturen von 8° C gemessen werden. Bis zu etwa 100000 Fledermäuse in 15 Arten überdauern hier die kalte Jahreszeit. Der Naturschutzbund Rheinland Pfalz hat vor kurzem dem Grubenbesitzer das Höhlensystem für 4,5 Millionen Euro abgekauft und gesichert. So bleibt dieser Platz vor drohendem Abbau verschont. Fledermäuse kommen aus Entfernungen von bis zu hunderten von Kilometern immer wieder hier her und geben das als Tradition an ihre Nachkommen weiter. Durch Beringung (Aluminiumklammer am Unterarm) konnten außer traditionellem Überwintern im selben Quartier, sowie hohes Alter, auch Zuggeschehen ähnlich wie bei Vögeln festgestellt werden. Populationen von Rauhhautfledermäusen und Großen Abendseglern aus dem Norden und Osten Europas wandern jeden Herbst nach Südwesten und Süden, um sich zu paaren und in Baumhöhlen im Rheintal und am Bodensee zu überwintern, oder sie fliegen sogar bis Südfrankreich, auf den Balkan und in die Türkei. Auch aus unserer Gegend sind Wanderungen von Rauhhautfledermäusen bis Südwestdeutschland, Südfrankreich und Italien bekannt geworden. In der Oberrheinebene wird regelmäßig ein Massenzug des Abendseglers beobachtet, im September bis 140 Tiere pro Abend und auf dem Frühjahrszug von Mitte April bis Anfang Mai bis zu 300 Tieren pro Abend nach Nordosten. In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde wiederholt an schönen Septembertagen nachmittags eine größere Zahl ziehender Abendsegler beobachtet, so bei Darmstadt, bei Wien und am Main. Zusammen mit Mehlschwalben flogen sie in 60 bis 70 m Höhe nach Westen. Am 25. September 1933 beobachteten zwei Ornithologen bei Ullersdorf in der Oberlausitz innerhalb von 1,5 Stunden bis zum Einbruch der Dämmerung etwa 500 nach Süden wandernde Fledermäuse zusammen mit ziehenden Rauch- und Mehlschwalben, Lerchen und Piepern. Der Vogelzug hörte auf, aber es zogen immer noch weiter Fledermäuse (Eisentraut, M. 1957. Aus dem Leben der Fledermäuse und Flughunde. Jena). Ziehende Fledermäuse können vielfach nicht mit Detektoren erfasst werden, weil sie sich vermutlich nicht mit Echoortungsrufen orientieren und sehr hoch fliegen. Fledermäuse leiden unter Parasiten und werden auch von Krankheiten nicht verschont. So können nicht nur tropische, sondern auch einheimische Arten an Malaria erkranken, die durch Mücken übertragen wird. Es konnte ein Fall bei einem Braunen Langohr aus dem Rüdersdorfer Kalkbergwerk nachgewiesen werden. Das Tier zitterte ständig, obwohl es ganz wach war, hatte offenbar Fieber und Schüttelfrost. Ein Blutausstrich ergab Malariaerreger (Plasmodien) und erhebliche Senkung der Roten Blutkörperchen. Das Tier starb am nächsten Tag. Es handelt sich dabei nicht um dieselbe PlasmodiumArt, die beim Menschen Malaria hervorruft. Die Ursache für den Rückgang der Fledermauspopulationen sind aber weder Krankheiten noch Feinde, sondern die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen. In der Hauptsache daran schuld ist die Umwandlung strukturreicher Kulturlandschaft in eintönige Monokulturen. Eine besondere Gefahr für Fledermäuse sind großflächige Begiftungen der Wälder bei Nonnen-, Maikäferoder anderen Insektenkalamitäten. Die Fledermäuse sterben entweder daran, dass sie vergiftete Insekten aufnehmen oder an Nahrungsmangel. Auch die angeblich so umweltfreundlichen Häutungshemmer gegen Raupen der Nonnenfalter reduzieren nicht nur die Nonnen, sondern auch andere Insekten. Fledermäuse haben einen sehr hohen Nahrungsbedarf und spielen deshalb in den Ökosystemen eine außerordentlich wichtige Rolle. Die gedankenlose Reduzierung dieser Tiere macht eine nachhaltige Nutzung der Kulturlandschaft zunehmend unmöglich. Neben dem Entzug der Nahrungsgrundlage ist die Zerstörung vieler Quartiere für Fledermäuse bedrohlich. Bei der Dächersanierung muss für Einschlupfmöglichkeiten gesorgt werden. Eine ganz neue Gefahr, vor allem für ziehende Fledermäuse, sind Windkraftanlagen, namentlich wenn sie auf traditionellen Zugwegen errichtet werden. Das Echoortungssystem scheint die rotierenden Räder nicht zu erkennen. Es wurden schon sehr viele verunglückte Fledermäuse unter den Windrädern gefunden. Der Standort dieser Anlagen nahe oder gar in Wäldern ist besonders problematisch, weil viele Fledermäuse über den Baumkronen jagen. Mit ihrer niedrigen Vermehrungsrate können die Tiere zusätzlich von Menschen verursachte Verluste nicht ausgleichen.