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„Unsere Zeit liegt in Gottes Hand“
Predigt über Psalm 31, 16
bei der Jubelkonfirmation am 17. März 2013
Evangelische Kirche Spielberg – Pfarrer Theo Breisacher
Liebe Jubelkonfirmanden, liebe Gemeinde,
eine persische Sage erzählt von einem Mann,
der am Strand des Meeres entlanggeht und
ein Säckchen voll mit kleinen Steinen findet.
Liebe Gemeinde, ich weiß nicht, wer von
Ihnen zuhause echte Diamanten in der
Schatulle liegen hat. Aber eines weiß ich:
Jeder von Ihnen besitzt ein solches Säckchen
mit wertvollen Steinen. Denn diese persische
Sage erzählt von der Zeit, die Gott uns allen
anvertraut hat.
Er nimmt das Säckchen und greift mit der
Hand hinein. Gedankenverloren lässt er
einige Steinchen durch die Finger gleiten.
Er beobachtet die Möwen, die auf den
Wellen schaukeln. Übermütig wirft er ein
paar Steinchen nach den Vögeln. Andere
Steine wirft er über die Wellen und versucht sie, tanzen zu lassen. Ein Steinchen
nach dem andern verschwindet auf Nimmer
Wiedersehen in den Tiefen des Meeres. Ein
Einziges nimmt er schließlich mit nach
Hause. Als er es im Schein des Herdfeuers
genauer betrachtet, fährt ihm ein Riesenschreck durch die Glieder: Es ist ein
herrlich funkelnder Diamant!
Jeder von Ihnen bekommt jeden Tag – von
Gott selber – 24 Stunden geschenkt. Das sind:
1.440 Minuten. 86.400 Sekunden. Und das
jeden Tag. Ein ganzes Jahr lang. 50 Jahre
lang seit Ihrer Konfirmation. Ein ganzes Leben
lang. Die Frage ist: Gehen wir sorgfältiger mit
diesem Schatz um als jener Mann am Strand
des Meeres? –
Die Zeit bestimmt unser Leben von Geburt an.
Keine einzige Sekunde kann man dabei
wiederholen. Es gibt jeden Augenblick immer
nur einmal. Kein Mensch kann die Uhr zurückdrehen, um eine verlorene Stunde zurückzuholen. Unaufhörlich tickt der Sekundenzeiger.
Die Begrüßung eben unter der Linde: Schon
wieder Vergangenheit. Das Vorspiel des Posaunenchores. Das Eingangslied. Schon
wieder Vergangenheit. Unser Leben ist eine
Einbahnstraße. Unaufhörlich geht es vorwärts.
Gerade deshalb: Ein ganzer Sack voll mit
wertvollen Diamanten. Ein wahrhaft kostbares
Geschenk, das Gott uns jeden Tag aufs Neue
anvertraut.
„Wie konnte ich nur so dumm sein und
diese wertvollen Steine gedankenlos ins
Meer werfen“, klagt er sich selber an.
Schnell geht er zum Strand zurück, um die
verlorenen Diamanten zu suchen. Doch
vergebens. Sie liegen unerreichbar auf dem
Meeresgrund. Nichts kann ihm den achtlos
weggeworfenen Schatz zurückgeben: keine
Tränen und keine Vorwürfe, keine Reue
und keine Selbstanklage. Gedankenlos hat
er einen ungeheuren Schatz verschleudert.
Zugleich kann uns dieses unaufhörliche
Ticken natürlich auch ein bisschen Angst
machen. Denn wir alle wissen, dass unsere
Lebensuhr eines Tages abgelaufen sein wird.
Auch heute an Ihrem Festtag, liebe Jubelkonfirmanden, ist uns beides bewusst: Das
Geschenk dieses besonderen Festtages. Die
Freude über die Begegnung mit den Klassenkameraden. Die Dankbarkeit über Gottes
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Segen in den zurückliegenden Jahren und
Jahrzehnten. Aber gleichzeitig schwingt
wahrscheinlich auch ein bisschen Wehmut mit.
Wie schnell doch die Zeit vergeht: 50 Jahre
seit unserer Konfirmation. Schon wieder zehn
Jahre seit der Goldenen Konfirmation. Wie
lange werden wir noch zusammen sein? Wie
viel Jahre werden mir noch bleiben? –
Liebe Gemeinde, Zeit ist kostbar. Jeder
Augenblick ist wichtig. Leben wir in diesem
Bewusstsein? Oder müssen wir uns nicht
eingestehen, dass wir ziemlich viel unserer
Zeit manchmal sinnlos vertan haben? Einfach
vertrödelt und verbummelt?
Meister Eckart, der große Mystiker im späten
Mittelalter, hatte sich selbst folgendes Lebensmotto gegeben: „Die wichtigste Stunde ist
immer die Gegenwart. Der bedeutendste
Mensch ist immer der, der dir jetzt gerade
gegenübersteht. Das notwendigste Werk
ist immer die Liebe“.
Als Predigttext habe ich für diesen Gottesdienst einen Vers aus Psalm 31 ausgesucht,
der – wie ich finde – wunderbar zu diesen so
unterschiedlichen Gefühlen passt: „Meine Zeit
steht in Gottes Händen“. Oder wie der Vers in
Psalm 31 im Zusammenhang heißt: „Ich aber,
Herr, hoffe auf dich und spreche: Du bist
mein Gott! Meine Zeit steht in deinen
Händen!“
Das ist doch ein schönes Lebensmotto: Die
wichtigste Stunde ist immer die Gegenwart.
Und das gilt heute sicher auch für Sie, wenn
Sie vieles aus früheren Zeiten erzählen: Von
Ihrem Konfirmandenunterricht. Von Pfarrer
Thienhaus. Von Pfarrer Wölfle. Oder von
irgendwelchen Streichen aus Ihrer Schulzeit.
Oder wie es nach der Schulzeit beruflich bei
ihnen weiterging in der damaligen
„Wirtschaftswunderzeit“.
Aus drei Perspektiven möchte ich heute
morgen mit Ihnen über diesen Psalmvers
nachdenken:
(1) Zeit ist kostbar. Jeder Augenblick
ist wichtig.
Tun Sie das. Nutzen Sie die Gelegenheit. Aber
vergessen Sie nicht: Jeder Lebensabschnitt
hat seine Licht- und seine Schattenseiten. In
jedem Lebensabschnitt greift Schönes und
Schweres ineinander. Auch das Älterwerden
hat seine schönen Seiten – trotz aller
Beschwerden.
Unser Zeitempfinden ist bekanntlich sehr
unterschiedlich: Wenn ein Teenager spätabends mit seiner Freundin auf der Parkbank
sitzt, dann sind fünfzehn Minuten relativ kurz.
Extrem kurz sogar! Wenn man dagegen beim
Zahnarzt sitzt und er reitet fünfzehn Minuten
lang auf dem Zahnnerv herum, dann ist das
relativ lang. Unendlich lang sogar!
Es bringt wenig, der „guten alten Zeit“ nachzutrauern. So toll war sie in Wirklichkeit gar nicht.
Es bringt aber genauso wenig, immer nur in
der Zukunft zu leben. Jetzt spielt die Musik!
Heute müssen Sie Ihr Leben gestalten!
Wir nehmen die Länge eines bestimmten
Zeitabschnitt sehr unterschiedlich wahr. Und
gerade wenn wir keine Zeit mehr haben,
merken wir am stärksten, wie kostbar die Zeit
in Wirklichkeit ist. Je mehr sich ein bestimmter
Zeitabschnitt dem Ende zuneigt, um so stärker
wird uns bewusst, wie wertvoll die noch verbliebene Zeit ist – vielleicht auch, wie gedankenlos man vorher die Zeit vergeudet hat.
Oder wie Meister Eckhart es formuliert hat:
„Die wichtigste Stunde ist immer die Gegenwart. Der bedeutendste Mensch ist immer der,
der dir jetzt gerade gegenübersteht. Das
notwendigste Werk ist immer die Liebe“.
Königin Elisabeth I von England starb im
März 1603. Ihre letzten Worte sollen folgender Ausruf gewesen sein: „Alle meine
Besitzungen für einen Augenblick Zeit“.
(2) Jeder trägt Verantwortung für seine
Zeit.
Da hat eine der mächtigsten und wahrscheinlich auch eine der reichsten Personen der damaligen Zeit etwas davon
gespürt, wie wertlos alle Reichtümer und
alle Macht plötzlich wird, wenn einem keine
Zeit mehr verbleibt: „Alle meine Besitzungen für einen Augenblick Zeit“.
„Ich hab jetzt keine Zeit“, sagen wir oft. Aber
eigentlich ist das gelogen. Natürlich haben wir
Zeit. Wir haben immer Zeit. Es kann nur sein,
dass wir gerade im Moment etwas anderes
machen möchten: Vielleicht die Fenster
putzen oder im Fernsehen einen Film
anschauen oder was auch immer.
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Deshalb sollten wir ehrlicherweise nicht sagen:
„Ich habe jetzt keine Zeit!“, sondern: „Ich habe
dafür keine Zeit! Ich möchte jetzt etwas
anderes machen!“ Jeder ist verantwortlich für
seine Zeit.
mitzubestimmen, was wir aus unserer Zeit
machen. Aber wie oft sperren wir uns genau
davor? Wie oft sind wir nur mit uns selbst und
mit unseren Plänen beschäftigt und lassen
Gott überhaupt nicht zu Wort kommen?
Eines Tages werden wir uns vor Gott auch
dafür verantworten müssen, was wir aus
unserer Lebenszeit gemacht haben. Dann
stellt uns Gott vielleicht auch manche unangenehme Frage: „Warum hast du mir so wenig
Zeit eingeräumt in deinem Leben? Ich hatte so
viel mit dir vor, doch du warst ständig nur mit
deinen eigenen Plänen beschäftigt. Ich hätte
dich gebraucht, um Menschen zu trösten und
ihnen beizustehen. Ich hätte deinen Einsatz
gebraucht, damit mein Reich auf dieser Welt
wächst und größer wird. Ich habe darauf
gewartet, dass du dir Zeit nimmst für das
Gebet und für die Begegnung mit mir. Aber
dafür hast du nie Zeit gehabt!“
Manche kennen vielleicht den Spruch von
Heinz Ehrhardt: „Denk an das sechste Gebot –
schlag die Zeit nicht tot!“ Eine interessante
Auslegung dieses Gebotes: „Du sollst nicht
töten!“
Die Zeit schreitet vorwärts. Unaufhörlich. Da
können wir gar nichts machen. Aber wir tragen
Verantwortung dafür, wie wir unsere Zeit
gestalten.
„Schlag die Zeit nicht tot“: Das heißt nun aber
ganz sicher nicht, dass wir alle noch viel mehr
arbeiten müssten. Nein, das Problem von uns
Deutschen ist eher umgekehrt: Wir sind oft viel
zu fleißig! Wir machen oft viel zu viel!
(3) Unsere Zeit ist umschlossen von
Gottes Ewigkeit.
„Ich aber, Herr, hoffe auf dich und spreche:
Du bist mein Gott! Meine Zeit steht in
deinen Händen!“
Denn man kann seine Zeit auch mit zu viel
Arbeit totschlagen: Wenn man vor lauter
Arbeit keine Zeit hat für den Menschen, der
gerade vor einem steht. Oder wenn man vor
lauter Stress und Terminen keine Zeit mehr
hat für Gott und für das Gebet.
Ich habe da ein wunderschönes Bild vor
Augen: Ein Junge hält ein kleines Küken in der
Hand: Beide Hände hält er wie eine schützende Schale um das Küken. Zugleich sorgen die
Hände des Jungen für Wärme und Schutz.
Genauso: Wenn man sich die Zeit „vertreibt“
mit irgendwelcher Arbeit, nur weil man die
Stille nicht aushalten kann, dann ist das kein
Fleiß, der zu loben wäre.
Verantwortlich mit seiner Zeit umzugehen, das
heißt nicht notwendig, mehr zu arbeiten,
sondern: Das Richtige zu tun. Seine
Lebenskraft darauf zu konzentrieren, was in
den Augen Gottes wichtig ist und sich nicht in
Nebensächlichkeiten verlieren. Ein richtiges
Maß zu finden von Arbeit und Stille.
Auch das steckt in diesem Psalmwort drin:
Wenn unsere Zeit wirklich in Gottes Hand
liegt, dann hat Gott auch ein Recht darauf,
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Genauso stelle ich mir diesen Psalmvers vor:
Meine Zeit liegt in Gottes Hand geborgen. Es
sind nicht irgendwelche Hände. Es sind die
Hände des allmächtigen Gottes. Wer in seiner
Hand ist, der braucht keine Angst zu haben.
Der darf sich geborgen fühlen – auch mitten in
den Gefahren des Lebens.
Hedwig von Redern beschreibt dieses tiefe
Vertrauen, dass Gott keine Gebete überhört.
Kein einziges Gebet von uns ist verloren. Auch
wenn Gott ganz anders handelt, als wir es uns
gewünscht haben, hat er das Gebet ganz
sicher gehört. Und er macht sich garantiert
eine Menge Gedanken über uns.
Meine Zeit liegt in Gottes Hand: Damit wird
Gottes Fürsorge ausgedrückt. Aber zugleich
auch Gottes Freiheit. Es ist ja nicht so, dass
Gott immer sofort alle unsere Gebete und
Wünsche erfüllen würde. Manchmal kommt es
auch ganz anders, als wir es erhofft und
erbetet haben.
Besser kann man unseren Psalmvers heute
Morgen fast nicht umschreiben: „Ich aber,
Herr, hoffe auf dich und spreche: Du bist
mein Gott! Meine Zeit steht in deinen
Händen!“ –
Liebe Gemeinde, liebe Jubelkonfirmanden,
dass die Uhr unaufhörlich tickt können wir
nicht ändern. Und dass der Sekundenzeiger
unermüdlich seine Runden dreht, das können
wir nicht verhindern. Aber wir sind dafür
verantwortlich, wie wir mit diesem Schatz
umgehen, den Gott uns jeden Tag anvertraut.
Und manchmal führt das dann in einen richtig
tiefen Zweifel: „Warum hast du das zugelassen, mein Gott? Warum bin ich so krank
geworden? Warum musste ich so früh meinen
Ehepartner verlieren? Warum so früh meine
Eltern hergeben? Warum hat sich mein
beruflicher Weg so ganz anders entwickelt, als
ich es angestrebt habe? Warum konnte ich
meine Ehe nicht retten?“
Sie sollen nicht aufs Sofa sitzen und warten,
bis Sie 90 sind! Gott braucht Sie – auch in
Ihrem Alter noch! Und sei es nur in der treuen
Fürbitte: Denn das kann man auch dann noch,
wenn die Füße eines Tages nicht mehr so
wollen.
Jeder und jede von Ihnen könnte sicher von
solchen Erfahrungen berichten. Gott handelt
oft ganz unerwartet mit uns. Deshalb ist mir
dieses Bild von unserer Zeit in Gottes Hand so
wertvoll: Es beschreibt zunächst Gottes
Freiheit. Als Schöpfer ist er uns Menschen
überhaupt keine Rechenschaft schuldig.
Zugleich dürfen wir aber auch wissen: Selbst
wenn die Zeit oft nur so davonfliegt, in Gott
darf ich – mit samt meiner Zeit – geborgen
sein. Bei ihm bin ich in wirklich guten Händen.
Noch viel mehr beschreibt es aber Gottes
Fürsorge: Auch wenn Gott unsere Wünsche
einmal nicht erfüllt, so hat er unsere Gebete
doch ganz sicher gehört. Er weiß, was uns
fehlt. Gott weiß, nach was wir uns sehnen.
Und er hat ganz sicher das im Blick, was gut
ist für uns! –
Und selbst wenn sich die Zeit auf dieser Welt
einmal zum Ende neigt, schenkt er uns eine
neue Zeit: den ewigen Frieden und eine
grenzenlose Freude in seiner Ewigkeit. Amen.
Von Hedwig von Redern stammt folgendes
Zitat: „Vor dir verschlossene Türen, Unmöglichkeiten, dunkle Wände – bei Gott
aber sind Licht, heilige Pläne der Liebe und
des Friedens. Warte nur! Glaube, dass sich
Gottes Gedanken viel mehr mit deinen
Angelegenheiten beschäftigen als du
selbst“.
Wenn Gott auf unsere Gebete einmal nicht
sofort reagiert, befürchten wir Menschen ja
schnell, er hätte uns vergessen. Oder er
würde sich nicht um uns kümmern.
4
hin: Mit 73 noch auf die Titelseite. Das ist
schon was!
* Begrüßung:
Einen wunderschönen guten Morgen! Ich
möchte Sie alle ganz herzlich zu unserem
Festgottesdienst begrüßen! Ein herzliches
Willkommen all denjenigen, die heute ihr
goldenes oder diamantenes Konfirmationsjubiläum begehen: Vor 50 bzw. 60 Jahren
wurden Sie hier in unserer Spielberger Kirche
konfirmiert – also im Jahr 1963 und 1953.
Allerdings steht sie zu auch ihrem Alter. Tina
Turner hat einmal gesagt: „Ich bin nun in das
Alter bekommen, in dem ich erst mein
Gebiss und mein Hörgerät nötig habe, um
zu fragen, wo meine Brille ist.“ So schlimm
muss es ja nicht gleich sein. Aber immerhin
kann das ab dieser Altersstufe langsam ein
Thema werden.
Und wir haben einen Jubilar, der heute sein
75-jähriges Konfirmationsjubiläum feiert: Das
nennt man die Kronjuwelen-Konfirmation. Die
Namen der Jubelkonfirmanden werden im
Laufe des Gottesdienstes vorgelesen. –
Nun muss man kein Fan der Musik von Tina
Turner sein, aber was mir an ihr gefällt: Sie hat
auch mit Anfang 70 noch viele Pläne. Im
Moment lernt sie deutsch, weil sie inzwischen
in der Schweiz lebt. Und gleichzeitig versucht
sie zu akzeptieren, dass ihre große Zeit als
Sängerin in den 80iger Jahren vorbei ist.
Deshalb wird sie bis auf weiteres nicht mehr
auf die Bühne steigen – es sei denn, sie könne
sich ganz neu erfinden. –
Liebe diamantene Konfirmanden, letzte
Woche habe ich festgestellt, dass eine
Jahrgangskameradin von Ihnen richtig
berühmt geworden ist. Sie hat es dieser Tage
bis auf das Titelblatt der Modezeitschrift
„VOGUE“ geschafft. Am 26. November 1939
ist sie geboren; also genauso alt wie Sie!
Warum ich das alles erzähle? Weil man vom
Älterwerden oft ein völlig falsches Bild hat. Oft
hat man das Gefühl, man sei auf dem absteigenden Ast. Bei den goldenen Jubilaren
ist die Berufszeit zu Ende. Die diamantenen
Jubilare wissen spätestens jetzt, dass sie zur
älteren Generation gehören.
Aber das heißt doch noch lange nicht, dass
nun das Schönste vorbei sein soll. Gott
braucht auch die ältere Generation. Unsere
Gesellschaft braucht auch die Seniorinnen und
Senioren mit ihrer Lebenserfahrung.
Und überhaupt: Selbst wenn es körperlich
wirklich abwärts geht, so wissen wir als
Christen doch auch, dass wir einer herrlichen
Zukunft entgegen gehen. So heißt es in der
diesjährigen Jahreslosung: „Wir haben hier
auf dieser Welt keine bleibende Stadt,
sondern die zukünftige suchen wir“.
Warum sollte man also traurig sein, wenn man
älter wird? Sie alle werden noch gebraucht –
und das Allerschönste kommt ja noch für alle,
die auf Jesus Christus vertrauen.
In diesem Sinn wünsche ich uns allen einen
gesegneten Gottesdienst!
Es handelt sich um die Sängerin Tina Turner,
die mit 73 Jahren das mit Abstand älteste
Covergirl der Modezeitschrift VOGUE geworden ist. Im Radio waren sie sich gestern zwar
einig, dass der Fotograf mit einem Bildbearbeitungsprogramm bei den Falten im
Gesicht etwas nachgeholfen hat. Aber immer-
5
Vater im Himmel, es gibt so viel, was unser Leben
reicht macht. Hilf uns, dass wir das immer wieder
ganz bewusst wahrnehmen und uns daran
erfreuen. Lass uns jeden Tag und jede Stunde als
ein kostbares Geschenk aus deiner Hand nehmen.
* Gebet am Anfang:
Allmächtiger Gott, lieber himmlischer Vater, wir
danken dir für den festlichen Tag, den wir
gemeinsam mit den Jubelkonfirmanden feiern
dürfen. Danke für diesen besonderen Gottesdienst.
Danke für alle Begegnungen mit den
Klassenkameraden und die gemeinsame Zeit!
Wir denken zurück an die Zeit unserer Konfirmation
und was sich seither verändert hat: Wir alle sind
älter geworden. So vieles ist anders geworden in
unserer Welt – in den vergangenen 50 oder 60
Jahren. Auch wir selbst haben uns verändert und
sind vom Leben geformt worden. Aber du, Herr,
bist der Gleiche geblieben: In deiner Treue hast du
uns begleitet durch all die Jahre hindurch. Dafür
danken wir dir!
Vater im Himmel, im Rückblick hat es manchmal
den Anschein, als würde die Zeit nur so
vorbeirauschen. Und doch war es natürlich eine
ausgefüllte Zeit mit vielen guten und schönen
Erlebnissen:
Wir danken dir für unsere Familien und für unsere
Freunde. Wir danken dir für alles, was uns im Beruf
gelungen ist. Wir danken dir für unsere Lebensenergie, für die Gesundheit, vor allem dafür, dass
du uns begleitet und uns immer wieder die nötige
Kraft gegeben hast.
Treuer Gott, mit großen Erwartungen sind wir
damals bei der Konfirmation ins Leben gestartet.
Vieles ist aber ganz anders gekommen, als wir es
uns erhofft haben. Auch manche Enttäuschung
musste verarbeitet werden.
Barmherziger Gott, manches ist aber auch ganz
anders gekommen, als wir es uns erhofft haben:
Manche Träume der Jugendzeit sind schmerzhaft
zerbrochen. Manche von uns wurden auch durch
schweres Leid geführt. Wir danken dir, dass du uns
dennoch die Treue gehalten hast – auch wenn uns
deine Wege manchmal rätselhaft geblieben sind.
Wir bitten dich für die Menschen, die krank
geworden sind; wir bitten dich für alle, die einen
Angehörigen pflegen und versorgen:
Lass sie immer wieder spüren, dass du sie nicht
vergessen hast. Schenke ihnen jeden Tag so viel
Kraft, wie sie gerade brauchen.
Wir bitten dich auch für alle, die bereits ihren
Ehepartner verloren haben: Hilf uns, trotz aller
schweren Wege am Glauben festzuhalten. Hilf uns,
ganz nahe bei dir zu bleiben – auch dann, wenn
wir deine Wege mit uns einmal nicht verstehen.
Vater im Himmel, wir denken heute aber auch
daran, wo wir versagt haben; wo wir anderen
Menschen die Liebe schuldig geblieben sind oder
wo wie anderen durch unsere Fehler Schmerzen
bereitet haben. Auch das müssen wir dir bekennen,
dass wir Wege im Leben ohne dich gegangen sind
– und dich manchmal sogar ganz aus den Augen
verloren haben.
Barmherziger Vater, im Rückblick auf die letzten
Jahrzehnte erfüllt uns vieles mit großem Dank.
Doch wenn wir an die Zukunft denken, kommt uns
manches in den Sinn, was uns unruhig macht:
Vater im Himmel, wir bitten dich: Vergib du uns,
was nicht gut gewesen ist. Nimm du alles
Belastende von uns und lass uns spüren, dass du
für uns sorgst! Herr, erbarme dich!
Manche haben Angst vor dem Alleinsein oder vor
schwerer Krankheit oder vor dem Verlust eines
lieben Menschen. Oder sie machen sich Sorgen,
ob sie irgendwann ins Seniorenheim umziehen
müssen. Wir bitten dich: Lass uns erfahren, dass
du uns gerade in schweren Zeiten niemals im Stich
lässt. Hilf du uns, unsere Sorgen immer wieder bei
dir abzuladen, damit wir unseren Weg getrost
weitergehen können.
* Fürbittengebet
Ewiger Gott, barmherziger Vater: Heute ist ein
ganz besonderer Festtag für uns alle. Wir danken
dir, dass wir ihn mit unseren Klassenkameraden
gemeinsam erleben dürfen.
Hilf uns Älteren, ein Vorbild zu sein für unsere
Kinder und Enkel. Gib uns einen Blick für die Nöte
der Menschen neben uns. Und zeige uns auch
beim Älterwerden den Platz, wo du gerade uns
brauchst: mit unserer Kraft und mit unserer Zeit.
Herr, du hast uns reich gesegnet in den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten. Den meisten
von uns geht es ziemlich gut. Wir konnten etwas
aufbauen und dürfen nun in gesicherten Verhältnissen leben. Wir danken dir für alle lieben
Menschen, die unseren Weg begleitet haben: für
unsere Ehepartner, für unser Kinder, für unsere
Freunde und Bekannte. Wir danken dir für das
Glück in unseren Familien, aber auch für das
gegenseitige Mittragen in schwierigen Zeiten.
Zugleich bitten wir dich: Lass uns nicht vergessen,
dass wir auf dieser Welt keine bleibende Heimat
haben. Hab Dank, dass du unserem Leben eine
Hoffnung geschenkt hast, die weit über das
irdische Leben hinausreicht.
Vater unser im Himmel …
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