archiv durchgesetzt
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Politik / 22.1.2011 / 19:22 / bote.ch Polizeikommandant platzte der Kragen: Änderung im Zeitungsarchiv durchgesetzt Beat Hensler, nicht in der Psychiatrie, sondern im Amt Erfolg vor Gericht: Der Luzerner Polizeikommandant Beat Hensler. Sollen Zeitungsarchive auf richterliches Geheiss abgeändert werden? Erstmals hat in der Schweiz ein Gericht ein Medienarchiv gezwungen, Artikel, die nicht den neuesten Stand der Dinge wiedergeben, mit einem Vermerk zu versehen. Es geht um einen Polizeieinsatz in Arth. Yvonne Schärli, nicht in der Psychiatrie, sondern im Amt Schwyz. ─ Ein hoher Beamter sei ins «Visier der Justiz» geraten, berichteten 2008 diverse Medien. Angeblich soll er in die Manipulation eines Videos involviert gewesen sein. Es ging um Aufnahmen, die die Polizei zur Dokumentation drehte. Sie zeigten den «Luchs»-Einsatz von 2005 in Arth. Damals waren zwei Unschuldige von der Innerschweizer Polizei-Sondereinheit überwältigt worden. Auf dem Video fehlte eine Sequenz. Das Problem für den Betroffenen, den Luzerner Polizeikommandanten Beat Hensler, der damals oberster Polizist im Zentralschweizer Konkordat war: Kaum ein Medium berichtete ein Jahr später darüber, dass ihn ein Gutachten entlastete und kein Strafverfahren eröffnet wurde. Persönlichkeitsrecht verletzt? Yvonne Schärli, nicht im Behindertenheim, nein, im Amt Hensler ging daher rechtlich gegen die Schweizer Mediendatenbank (SMD) vor, wie die «Neue Zürcher Zeitung» publik machte. Die SMD führt die Archive für die Schweizer Medienhäuser mit inzwischen etwa 13 Millionen Dokumenten und wird von rund 7000 Journalisten in der täglichen Arbeit genutzt. Der Kläger sah seine Persönlichkeitsrechte verletzt und argumentierte, sein Amt sei medial derart exponiert, dass die Wiedergabe des aktuellen Stands in den Archiven für ihn von höchster Bedeutung sei. Das Amtsgericht Luzern-Land gab ihm am 26. November 2010 Recht. Es verpflichtete die SMD, bei den Artikeln, die vom «ins Visier der Justiz» Geratenen schreiben, folgenden Zusatz anzubringen: Der Mann «wurde durch das vom Verhöramt Schwyz in Auftrag gegebene Gutachten entlastet. Es wurde kein Strafverfahren gegen ihn eröffnet.» SMD: «Die Situation ist bizarr» Es ist das erste Mal, dass die SMD - sie besteht seit 1996 - per Gerichtsurteil zu einer solchen Massnahme gezwungen wird. «Dieser Mechanismus widerspricht dem System Archiv», sagte SMDVerwaltungsratspräsident André Maerz auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA. Er hält die Situation für «bizarr»: «Die Artikel waren zum Zeitpunkt der Publikation korrekt - es kommt auch niemand auf die Idee, Berichte über Sportanlässe nachträglich zu ändern, weil der Sieger später des Dopings überführt wurde.» Die SMD schluckt die Kröte trotzdem und zieht das Urteil nicht weiter. Geht jetzt die Lawine los? Für Medienhäuser könnte das Luzerner Urteil jedoch Konsequenzen haben. Die rückwirkende Korrektur eines bei der Publikation korrekten Artikels «schiesst über das Ziel hinaus», sagte Christoph Zimmer, Sprecher des Zürcher Tamedia-Konzerns, zur SDA. Es bestehe die Gefahr, «dass entsprechende Begehren zunehmen». Anders sieht es der ehemalige Presseratspräsident Peter Studer. Er hält das Urteil des Amtsgerichts Luzern-Land für richtig und «sehr gut begründet». Das Datenschutzgesetz erwähne die Möglichkeit eines Vermerks in Datensammlungen - allerdings gebe es bisher kaum derartige Fälle. Laut Jurist Studer - er war unter anderem Chefredaktor des Schweizer Fernsehens und des «Tages-Anzeigers» - müssen Medienberichte nicht nur zum Zeitpunkt der Publikation, sondern auch im Verlauf der Zeit den korrekten Sachverhalt wiedergeben. Anwalt: Entscheid ist «wegweisend brisant» Zufrieden zeigt sich auch Bruno Glaus, der Rechtsanwalt von Beat Hensler. Er hält den Entscheid des Gerichts für «wegweisend wichtig». Zudem trage er zur Qualitätssicherung bei, sagte Glaus zur SDA. Sein Mandant habe verhindern wollen, dass beim Rezyklieren des SMD-Archivs die falsche beziehungsweise nie aktualisierte Ursprungsmeldung wiederholt werde. Dafür wählte er nicht den klassischen Weg über eine Gegendarstellung in den betroffenen Medien, sondern über eine Korrektur in der SMD. Sonst hätte er laut Medienspezialist Glaus gegen 6 Radiostationen und rund 20 Printtitel klagen müssen. «Diesen Aufwand und die damit verbundene Multiplizierung der Medienpräsenz wollte er nicht auf sich nehmen.» (sda/gh) Ein Schelm, wer Böses denkt! Freitag, Mai 30th, 2008 Gonorrea berichtete bereits über die Vorwürfe wegen Amtsmissbrauch und Begünstigung gegen Beat Hensler, den Chef der Kantonspolizei Luzern, Präsidenten der Schweizerischen Konferenz der Polizeikommandanten, obersten Polizisten der Euro 08 und Chef der PolizeiLuchs. Die Aufsichtskommission des Luzerner Kantonsrats befasste sich unter Leitung von Damian Meier (FDP) mit dem Fall. Nach einigen Fragen an Hensler zeigte sich Meier beruhigt: “Wir hatten ein rund einstündiges Gespräch mit Beat Hensler und haben auf alle kritischen Fragen sehr befriedigende Antworten erhalten.” Die Aufsichtskommission sah also keinen Handlungsbedarf. Nun kommt jedoch ein pikantes Detail zum Vorschein: Die Verkehrspolizei Zug bekommt einen neuen Chef. Wer könnte das wohl sein. So ein Zufall: Es ist Damian Meier, FDP Kantonsrat und Leiter der Aufsichtskommission, welche Hensler vom Vorwurf wegen Amtsmissbrauchs und Begünstigung rein wusch. Mittlerweile scheint es zudem klare Anhaltspunkte dafür zu geben, dass das betreffende Video absichtlich manipuliert wurde. So ist in einer Zwischensequenz die Stimme von Simon Kopp, Sprecher der Kantonspolizei, zu vernehmen. Ob da der Medienverantwortliche mitentschieden hat, welche Stellen des Videos besser “einer Fehlmanipulation unterzogen” werden sollen? Ein Schelm, wer da Böses denkt! (aus: http://www.gonorrea.ch/?m=200805)