EU-Beitritt der Türkei? Pro und Contra
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EU-Beitritt der Türkei? Pro und Contra
EU-Beitritt der Türkei? Pro und Contra Geografische Lage Contra: Die Türkei liegt geografisch überwiegend außerhalb Europas. Pro: Eine weithin akzeptierte definierte geografische Abgrenzung zwischen Europa und Asien existiert nicht. Contra: Die EU-Staaten verfolgen bislang noch keine gemeinsame Außenpolitik; zusätzliche außenpolitische Herausforderungen müssen vermieden werden. Die Türkei grenzt an konfliktträchtige Nachbarstaaten wie Syrien, Irak und Iran. Pro: Durch die Mitgliedschaft der Türkei besteht die Hoffnung auf Befriedung der dortigen Region; die geostrategische Lage der Türkei verbessert die gesamtstrategische außenpolitische Situation der EU. Kulturelle bzw. „europäische“ Identität Contra: Europäische Institutionen und Werte haben eine christlich-abendländische Dimension; die Türkei hingegen ist ein vom Islam und damit vollkommen anderen Werten geprägtes Land. Pro: Die Türkei ist kein „Fremdkörper“ in der EU; auch unter den mit dem Christentum verbundenen Ländern existiert keine einheitliche „europäische“ Identität; entscheidend für eine Mitgliedschaft ist einzig die Teilung gemeinsamer Werte. Wirtschaftliche und soziale Folgen Pro: Der große türkische Markt und die junge, dynamische Bevölkerung der Türkei bieten ein enormes Potenzial für den europäischen Wirtschaftsmarkt, insbesondere für Deutschland als wichtigsten Handelspartner. Contra: Die soziale Lage der türkischen Bevölkerung wird die EU schwer belasten; darüber hinaus bestehen gravierende regionale Disparitäten in der Türkei (Ostanatolien als neues „Armenhaus“ der EU?). Pro: Durch den Beitritt wird die Wirtschaftskraft des Landes langfristig steigen. Contra: Das Land wird durch die Harmonisierung des Wirtschaftslebens und den Wettbewerbsdruck sein Gesicht verändern und spezifische Eigenschaften verlieren. Contra: Die Kosten des Beitritts sind zu hoch; sie betragen nach Schätzungen der EUKommission rund 20 Mrd. Euro. Pro: Das zu erwartende deutlich höhere Handelsvolumen gleicht die entstehenden Mehrkosten aus. Politische Folgen Contra: Nach der großen Erweiterung im Mai 2004 muss sich die EU erst stabilisieren, insbesondere die Handlungsfähigkeit der EUOrgane sowie die Umsetzung von politischen Zielen muss erst unter Beweis gestellt werden. Pro: Eine Überlastung der Strukturen wird vermieden, da ein EU-Beitritt frühestens für das Jahr 2012 anvisiert wird; bis dahin besteht Zeit zur Anpassung. Contra: Die Strukturpolitik der EU wird durch die niedrige Wirtschaftskraft sowie die hohe Bedeutung der Landwirtschaft in der Türkei enorm belastet. Pro: Argumente hinsichtlich der Wirtschaftssituation sowie der Agrarstrukturen sind nicht „türkeispezifisch“, sondern gelten auch für andere Länder wie Bulgarien oder Rumänien, deren Beitritt bereits für 2007 auf der Tagesordnung steht. Contra: Aufgrund des nach wie vor bestehenden wirtschaftlichen Gefälles wird ein starker Migrationsdruck entstehen. Schätzungen gehen von mehreren Millionen Auswanderern in die EU aus. Pro: Frühere Erweiterungen haben bereits gezeigt, dass derartige Migrations-ströme nicht zwangsläufig eintreten. Entscheidend für diese Frage ist die wirtschaftliche Situation der Türkei. Situation von Minderheiten/ Menschenrechte Pro: Zur Verbesserung der Menschenrechtslage und zur Erweiterung der bürgerlichen Freiheiten in der Türkei wurden weitreichende Maßnahmen ergriffen; die politischen Kopenhagener Kriterien sind zumindest im Ansatz damit erfüllt. Contra: Nach wie vor bestehen erhebliche Mängel bei der Umsetzung der Reformen; Minderheiten sind bei der Ausübung und Pflege von Sprache und Religion weiterhin eingeschränkt. Pro: Gerade die Kurden erhoffen sich von dem Beitritt eine Verbesserung ihrer Situation als Minderheit. Contra: Die Leugnung des Völkermords an den Armeniern im 1. Weltkrieg durch die Türkei zeugt von einem problematischen Verhältnis zu ethnischen und religiösen Minderheiten sowie von einem nicht adäquaten Umgang mit der historischen Vergangenheit. (Quelle: http://www.isoplan.de/aid/index.htm)