kneipe, f. subst. zu kneipen. 1) klemme, werkzeug zum kneipen

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kneipe, f. subst. zu kneipen. 1) klemme, werkzeug zum kneipen
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Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bde. in 32 Teilbänden. Leipzig 1854-1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971. Online-Version vom 16.01.2017.
kneipe, f. subst. zu kneipen.
1) klemme, werkzeug zum kneipen, klemmen.
a) eig. kneipe, forceps Steinbach 1, 885, zange,
gebraucht z. b. im brem. wb. 2, 786 (als hd.);
schwed. knipa. ostfries. knîp und knîpe, klemmholz, z. b. auf dem schwanz eines hundes (vgl.
unter kluppe 1), auch fangeisen Stür. 115b. nl.
knijpe (und knip, knippe) Kil., decipulum, falle,
vgl. unter 3, f.
b) bildl., in der kneipe sitzen, in der klemme
sein. Adelung als nieders., im br. wb. 2, 826,
bei Richey 131 so knîpe.
2) bauchkneipe, die kneipe haben, bauchgrimmen. Adelung.
[Bd. 11, Sp. 1405]
3) allgemein bekannt ist es nur, aber durch ganz
Deutschland, als wirtshaus; wenn es auch die
wirte zur zeit noch nicht auf ihre firma setzen,
wo noch restauration u. dgl. gelehrtere klänge
das feld haben, so ist doch im mund der leute die
kneipe entschieden die herrin des tages. wie altfränkisch klingt dagegen wirtshaus, wie dörfisch
schenke! und doch war das wort eig. schlechter
als schenke und hat einen ziemlich schlimmen
ausgangspunkt.
a) Adelung gab es zuerst, als kleine schlechte
schenke, Kindleben studentenlex. (Halle 1781)
122 als schlechte bierschenke, und nur so galt
es bis vor kurzem im allgemeinen gebrauche: der
weg dahin (nach Eutritzsch) ist höchst traurig,
das dorf selbst kothig, die schenke eine wahre
kneipe. D. Prasch vertraute briefe über Leipzig
(1787) 192; damit gieng er (der abdecker), die
peitsche quer über den breiten rücken, nach
einer kneipe, die auf dem platze lag ... ein frühstück einzunehmen. H. v. Kleist (1859) 3, 66,
im M. Kohlhas; der schnurrant singt und spielt
in jeder kneipe jahr aus jahr ein die nämlichen
lieder. Hebel 8, 188;
da du (ein schneider) zu wein geschlichen bist,
da hast deine ell verloren.
du lieszst sie in der kneipen stehn ...
Immermann gedichte (1822) 10;
es ist jetzt eine schmutzige kneipe für fuhrleute.
Heine reiseb. (1856) 3, 137, v. j. 1829;
speisten in derselben kneipe. romanzero 51;
sennor! glaubt nicht was sie klimpern ...
bänkelsänger, maulthiertreiber
128.
vergl. fuhrmannskneipe, schifferkneipe (Göthe
25, 150). noch i. j. 1847 geben aus Östreich Castelli gnaipn f. als ein elendes, aus Wien Loritza
75b kneipen f. sogar als ein sehr gemeines wirtshaus. noch jetzt kennt jeder elende kneipe, winkelkneipe und dergl.
b) aber die studenten haben das missliche wort
als willkommenes kraftwort (wie sie ihrer fortwährend bedürfen), aufgenommen und gepflegt,
etwa seit der zeit der befreiungskriege; schon G.
Schwab singt in dem liede eines abziehenden
burschen (bemoster bursche zieh ich aus), das
vom jahre 1814 sein soll:
in posaden, kneipen, schenken.
was wollt ihr kneipen all von mir? ...
winkt nicht mit eurem langen arm u. s. w.
1828 1, 49.
ged.
jetzt ist es nebst kneipen (4) längst unersetzlich,
selbst die schwedischen studenten redeten schon
vor 1830 von knejpa, wenigstens in Lund (in
Upsala svicka kneipen, svick knipp). die ehre des
namens gebührt vor allem der verbindungskneipe, der studentischen herberge mit ihrer
gemütlichkeit; aber es ist auch erweitert auf den
begriff wirtshaus, trinkstube überhaupt, daher
weinkneipe, bierkneipe u. s. w.
c) selbst auf die studentische wohnung ist es
erstreckt worden (sonst bude u. ä. mit ironischer
selbstherabsetzung): die beiden stuben, wo die
frau professorin wohnen soll, sind für einen
studenten eine prächtige kneipe. Benedix hochzeitsreise 1, 3 a. e.; fuchs, wo hast du deine
kneipe? Holtei drei gesch. v. menschen u. thieren 2, 3. ob als wink über die rechte heimat des
studenten? ein neueres studentisches lied feiert
kneipe z. b. als der deutschen sprache schönsten klang, wie orgelton und glockenklang. aber
merkwürdig gibt aus der Oberlausitz Anton 9,
9 i. j. 1835 (nicht als studentisch) kneipen sich
aufhalten, wohnen, freilich mit der erklärung 'eig.
sich in kneipen, niedrigen wirtshäusern aufhalten'.
d) über das studententhum hinaus gelangte das
wort durch den alten zug, der andere lebenskreise
reizt, sich die frische und kraft von dort anzueignen (s. z. b. bursch), und durch das vereinswesen
unserer zeit sich besonders kräftig geltend macht.
so haben denn schon lange auch die turner, sänger, künstler u. a. ihre kneipe wie ihren kneipabend, ihre kneiplieder u. s. w., selbst frauen
brauchen nun das urspr. garstige wort und es ist
schon möglich, dasz es mit dem namen eines fürsten zusammen öffentlich erwähnt wird, wie die
Münchner künstlerkneipe bei Schaffroth. freilich
hängt ihm noch jetzt im bewusztsein ein rest sei-
ner herkunft an, doch der wird wie eine pikante
würze empfunden. auch bei schriftstellern
erscheint es schon länger: ich wag es, ob mich
auch das gewissen kneipe — zu gehn in die
kneipe. Rückert makamen 1837 1, 97 (10. mak.);
machten gesichter dazu wie professoren, wenn
sie aus der kneipe ins colleg müssen. Gotthelf
5, 157; manchmal eine kneipe und manchmal
eine geistliche versammlung. 5, 274, hier freilich im tone des strafredners.
[Bd. 11, Sp. 1406]
e) studentisch auch für das kneipen selbst, z. b. in
frühkneipe.
f) der grund des namens, so jung er ist, musz
doch mühsam gesucht, kann nicht mehr
bestimmt angegeben werden. urspr. könnte nach
1 'enges loch' gemeint sein, wie man ein enges
zimmer eine klemme, eine quetsche nennt, doch
fehlt dabei die beziehung auf den wirt. ostfr. ist
stille knippe bordell Stürenburg 349b, wie schon
mnl. knip (vgl. Diez 653. 2, 322), eig. wol eine
falle in die man gerät, zur ausbeutung des gastes
(nl. knip und knijpe ist eben auch falle, taubenfang, rotteknip rattenfalle), und dazu stimmt die
art wie bei Lessing kneipschenke erscheint; vgl.
dän. kippe kneipe, horekippe bordell mit nd.
kippe falle (s. kippe 3), nl. kippen fangen (s. sp.
786), vgl. auch kiffe. doch der ursprung könnte
auch harmloser sein, vgl. die nd. volksmäszigen
redensarten geren einen knîpen, gern trinken,
schnapsen, in Hildesheim, hai head sik ênen knipen (geknippen), ist betrunken westf. Frommann
5, 72 (vgl. 3, 376, dazu 2, 317, daher knips brantwein), und knîpen gân, auch ûtknîpen, entlaufen, entwischen Danneil 110a, s. dazu auskneipen, etwa vom ehemann der abends heimlich
noch einmal 'auskneipt'? auszer frage bleibt mlat.
canipa (z. b. Graff 4, 452), es ist genauer weinund speisekeller, s. Ducange.

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