Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts BEITEN BURKHARDT

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Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts BEITEN BURKHARDT
Aktuelle Entwicklungen im Zivil- und Steuerrecht
Aktuelles für steuerbegünstigte Organisationen
Dr. Gerrit Ponath
Dr. Klaus Zimmermann
Teil 1: Die Neufassung des Anwendungserlasses zur
Abgabenordnung für gemeinnützige Körperschaften
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Allgemeines
Vereine, Stiftungen und Kapitalgesellschaften, die wegen der Verfolgung
gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke Steuervergünstigungen in
Anspruch nehmen möchten, haben die Vorgaben der §§ 51 – 68
Abgabenordnung (AO) zu beachten.
Die zentrale Verwaltungsvorschriften zu diesen Normen finden sich im
Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO).
Der AEAO wurde nach mehreren Jahren der Beratung der obersten
Finanzbehörden, mit Wirkung vom 17.01.2012 in zahlreichen Punkten, die
steuerbegünstigte Körperschaften betreffen, geändert und ergänzt.
Insbesondere wurde eine größere Zahl von Urteilen des BFH und einzelnen
Verwaltungsschreiben eingearbeitet.
Im Folgenden werden die relevantesten Änderungen und deren praktische
Auswirkungen für steuerbegünstigte Körperschaften dargestellt.
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Auslandstätigkeit
(1)
Inlandsbezug der Zweckverfolgung
Auslandstätigkeiten gemeinnütziger Körperschaften müssen einen
Inlandsbezug haben (sog. struktureller Inlandsbezug nach § 51 Abs. 2
AO).
Entweder liegt dieser Bezug darin, dass die Tätigkeiten im Ausland auf
die Förderung im Inland ansässiger natürlicher Personen (also deutsche
Steuerbürger) gerichtet sind (1.Alternative) oder zum Ansehen
Deutschlands im Ausland beitragen können (2. Alternative).
Inländische Körperschaften tragen durch ihre Tätigkeit im Ausland zum
Ansehen Deutschlands bei (ohne besonderen Nachweis), weil und indem
sie sich personell, finanziell, planend, schöpferisch oder anderweitig an
der Förderung gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke im Ausland
beteiligen (Indizwirkung) – Nr. 7 zu § 51 Abs. 2 AO.
Ausländische Körperschaften müssen hingegen die
„Ansehenssteigerung“ beweisen. Hierin dürfte wohl ein Verstoß gegen
Europarecht zu sehen sein, wenn die gemeinnützige Körperschaft in
einem EU/EWR-Staat ansässig ist.
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Auslandstätigkeit
(2)
Mittelweitergabe (§ 58 Nr. 2 AO) an ausländische Körperschaften
In Nr. 2 zu § 58 AO wird der Kreis der tauglichen Mittelempfänger präzisiert.
Hierzu zählen nunmehr auch beschränkt steuerpflichtige Einrichtungen, die
nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG steuerbefreit sind.
Dies verstößt allerdings gegen Europarecht, denn damit sind ausländische
Einrichtungen, die in Deutschland nicht mindestens beschränkt steuerpflichtig
sind, (bewusst?) ausgenommen, und zwar auch dann, wenn es sich um eine
spendenbegünstigte Einrichtung aus einem Mitgliedsstaat i.S.v. § 10b Abs. 1
Satz 2 Nr. 3 EStG handelt.
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Nachweis der wirtschaftlichen Bedürftigkeit
bei Verfolgung mildtätiger Zwecke
§ 53 Nr. 2 AO enthält Legaldefinition der wirtschaftlichen Bedürftigkeit.
Zu berücksichtigen sind Einkommen und Vermögen. Letzteres wird durch den
AEAO präzisiert (vgl. Nr. 9 zu § 53 AO):
„Schädliches“ Vermögen i.S.d § 53 Abs. 2 AO liegt vor ab einem
gemeinen Wert (Verkehrswert) von EUR 15.500,-.
Außer Acht bleiben (sog. Schonvermögen“):
(1) Vermögensgegenstände, die einen besonderen Erinnerungswert
für die unterstützte Person haben, zu deren Haushalt gehören
oder deren Verkauf eine Verschleuderung darstellen würde.
(2) Ein angemessenes Hausgrundstück, welches der Person oder
deren Angehörigen als Wohnraum dient und künftig dienen soll.
Allerdings weitere Änderung durch Gesetz zur Stärkung des
Ehrenamtes.
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Wegfall der Geprägetheorie
(1)
Mit der Aufgabe der „Geprägetheorie“ kommt es zu einem
Paradigmenwechsel.
In AEAO Nr.2 zu § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO hieß es bislang:
„Unterhält eine Körperschaft einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, ist zwischen ihrer steuerbegünstigten und der wirtschaftlichen Tätigkeit zu gewichten. Die Körperschaft ist nicht steuerbegünstigt,
wenn ihr die wirtschaftliche Tätigkeit das Gepräge gibt.“
D.h. aus Finanzamtssicht entschied bislang die Quantität der wirtschaftlichen
Betätigung über die Steuerbegünstigung der Körperschaft. Dies führte zu dem
paradoxen Ergebnis, dass eine besonders erfolgreiche Mittelbeschaffung
(„Gewinnstreben“) die Gemeinnützigkeit einer Einrichtung gefährdete, und
zwar auch dann, wenn dadurch zusätzliche Mittel zur Verfolgung der steuerbegünstigten Zwecke erwirtschaftet wurden.
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Wegfall der Geprägetheorie
(2)
Diese Regelung wurde nun aufgehoben
Nach der BFH-Rechtsprechung (BFH v. 4.4.2007 – I R 76/05; BFH v. 26.4.
1989 – I R 209/85; BFH v. 13.12.1978 – I R 39/78), die nun in den AEAO
Eingang gefunden hat, ist nicht der Umfang eines steuerlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs entscheidend für die Steuerbefreiung einer Körperschaft, sondern ob die Tätigkeit „um des steuerbegünstigten Zwecks willen“
erfolgt.
Damit ist die quantitative Betrachtung abgeschafft. Entscheidend ist nunmehr,
ob das Vermögen der gemeinnützigen Körperschaft und die Einnahmen aus
steuerpflichtigen Tätigkeiten ausschließlich für die steuerbegünstigten
satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden.
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Wegfall der Geprägetheorie
(3)
Im Rahmen dieser Ausschließlichkeitsprüfung (§ 56 AO) wird von der
Finanzverwaltung zukünftig wohl vor allem geprüft, ob defizitäre
wirtschaftliche Betätigungen vorliegen, bei denen in verdeckter Form andere
als die steuerbegünstigten Zwecke verfolgt werden. Zukünftig wird aber wohl
eine Mittelbeschaffung völlig losgelöst von den steuerbegünstigten Zwecken
(„unrelated business“) möglich sein, wobei dauerdefizitäre wirtschaftliche
Aktivitäten – vermutlich bezogen auf die Gesamtheit aller wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe und vermögensverwaltenden Tätigkeiten – schädlich wären.
Allerdings gilt dies nunmehr ebenso für vermögensverwaltende
Tätigkeiten!
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Wegfall der Geprägetheorie
(4)
Erleichterungen gelten nunmehr auch für Mittelbeschaffungskörperschaften i.S.d. § 58 Nr. 1 AO (Fördervereine, Förderstiftungen), die
nicht unmittelbar i.S.v. § 51 Abs. 1 AO steuerbegünstigte Zwecke
verwirklichen.
Nr. 1 Satz 6 zu § 56 AO stellt nunmehr klar, dass es nicht gemeinnützigkeitsschädlich ist, wenn sich steuerbegünstigte Körperschaften vollständig
aus Mitteln eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs oder aus der
Vermögensverwaltung finanzieren:
„Bei steuerbegünstigten Körperschaften, insbesondere Mittelbeschaffungskörperschaften, die sich im Rahmen ihrer tatsächlichen Geschäftsführung an
die in ihrer Satzung enthaltene Pflicht zur Verwendung sämtlicher Mittel für
die satzungsmäßigen Zwecke halten, ist das Ausschließlichkeitsgebot selbst
dann als erfüllt anzusehen, wenn sie sich vollständig aus Mitteln eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs oder aus der
Vermögensverwaltung finanzieren.“
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Wegfall der Geprägetheorie
(5)
Bislang entsprach es wohl der herrschenden internen Verwaltungsauffassung, dass Förderkörperschaften lediglich Mittel aus nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten, z.B. aus Spendensammlungen beschaffen
durften (entsprach aber nicht der tatsächlichen Praxis).
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Hilfspersonen
(1)
Eine unmittelbare Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke kann gemäß § 57
Abs. 1 S. 2 AO auch durch (weisungsgebundene) Hilfspersonen geschehen,
wenn nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den rechtlichen
und tatsächlichen Beziehungen, die zwischen der Körperschaft und der
Hilfsperson bestehen, das Wirken der Hilfsperson wie eigenes Wirken der
Körperschaft anzusehen ist.
Die steuerbegünstigte Körperschaft muss Inhalt und Umfang der Tätigkeit der
Hilfsperson im Innenverhältnis bestimmen.
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Hilfspersonen
(2)
Neu im AEAO festgelegt ist (Nr. 2 Satz 9 zu § 57 AO), dass eine
steuerbegünstigte Körperschaft mit ihrer Hilfspersonentätigkeit ihre
Steuerbegünstigung nicht verliert, „wenn die Körperschaft mit ihrer
Hilfspersonentätigkeit nicht nur die steuerbegünstigte Tätigkeit einer anderen
Körperschaft unterstützt, sondern zugleich eigene steuerbegünstigte
Satzungszwecke verfolgt“.
Nach wie vor unbeantwortet ist die Frage, warum die Hilfsperson durch die
gemeinnützige Körperschaft „beherrscht“ werden muss. Selbiges gilt für die
Frage, wie die Beherrschung auszusehen hat.
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Wiederbeschaffungsrücklage
Bislang hat die Finanzverwaltung über die in § 58 Nr. 6 und Nr. 7 AO explizit
geregelten Rücklagen hinaus auch Rücklagen für Erhaltungsmaßnahmen und
Reinvestitionen auf der Grundlage der steuerlichen AfA-Regeln ohne
besonderen Nachweis geduldet.
Neu: In jedem Einzelfall der Inanspruchnahme der Rücklage ist nunmehr
darzulegen, dass eine Neuanschaffung tatsächlich geplant und in einem
angemessenen Zeitraum möglich ist.
Neuregelung im Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts.
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Mustersatzung – Anlage 1 zur AO
(1)
Die in der Mustersatzung (Anlage 1 zu § 60 AO) bezeichneten Festlegungen
müssen in der Satzung einer steuerbegünstigten Körperschaft enthalten sein.
Dabei sind weder Aufbau noch Reihenfolge bindend. Der Wortlaut der
Mustersatzung ist aber grundsätzlich wortwörtlich zu übernehmen, auch wenn
Abweichungen in einzelnen Formulierungen im Einzelfall zulässig sind (vgl.
Nr. 2 zu § 60 AO).
Nun wird klargestellt, dass nur der Inhalt übernommen werden muss, der für
die jeweilige Rechtsform der Körperschaft zivilrechtlich einschlägig ist
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Mustersatzung – Anl. 1 zur AO
(2)
Beispiele:
Mittelbeschaffungskörperschaften können auf das Gebot der
Unmittelbarkeit verzichten (§ 1 der Mustersatzung).
Bei Stiftungen ist der in § 3 der Mustersatzung verwendete Begriff
„Mitglieder“ durch eine andere geeignete Formulierung zu ersetzen.
In Vereinssatzungen kann auf die Formulierung „Aufhebung“ verzichtet
werden (§ 5).
Anzuwenden ist die Mustersatzung bei nach dem 31.12.2008 neu gegründeten steuerbegünstigten Körperschaften und bei nach dem 31.12.2008
wirksam werdenden Satzungsänderungen bereits bestehender steuerbegünstigter Körperschaften.
ABER: Kein Änderungsbedarf bei bestehenden Körperschaften, wenn keine
Satzungsänderung aus sonstigen Gründen geplant ist (vgl. Nr. 3 zu
§ 60 AO).
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Vorstandsvergütung
Verein
BMF-Schreiben vom 14.10.2009:
Tätigkeitsvergütungen von Organmitgliedern eines Vereins bedürfen einer
ausdrücklichen Ermächtigung in oder aufgrund der Satzung. Dies gilt
allerdings nicht für Auslagenersatz nach §§ 27, 670 BGB.
Stiftung
Nach dem neuen Erlass soll für Stiftungen nunmehr dasselbe wie für
Vereine gelten (Nr. 23 zu § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO).
Eine Übergangsregelung ist nicht vorgesehen, obwohl dies
wünschenswert wäre, bedarf es doch schon wegen der Mitwirkung der
Aufsichtsbehörden regelmäßig etwas Zeit, bis Änderungen einer
Stiftungssatzung durchführbar in Kraft treten.
Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes:
Anpassung an Steuerrecht.
Vorstandsvergütung bedarf zur
zivilrechtlichen Wirksamkeit einer entsprechenden Satzungsregelung.
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Steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (1)
Die Grundsätze zur Besteuerung der Betriebsaufspaltung (Besitzunternehmen) waren bislang nicht anzuwenden, wenn sowohl das Betriebsals auch das Besitzunternehmen steuerbegünstigt sind (Nr. 3 Satz 6 und 7 zu
§ 64 AO).
Nunmehr gilt eine Ausnahme: Werden die überlassenen wesentlichen
Betriebsgrundlagen bei dem Betriebsunternehmen in einem steuerpflichtigen
wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eingesetzt, ist insoweit Steuerpflicht des
Besitzunternehmens gegeben.
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Exkurs Betriebsaufspaltung
Eine Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn von Besitzunternehmen Wirtschaftsgüter,
die zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören, an eine Kapitalgesellschaft
zum Zwecke der Weiterführung des Betriebes miet- oder pachtweise überlassen
werden (BMF BStBl 1985 I, S. 121, BStBl 1989 I, S. 39). Voraussetzung ist eine
sachliche und personelle Verflechtung.
Die Folge ist, dass das Besitzunternehmen Gewerbebetrieb und keine
Vermögensverwaltung ist, die Pachteinnahmen Einkünfte aus Gewerbebetrieb
darstellen und das verpachtete Gut Betriebsvermögen des Besitzunternehmens
ist. Außerdem gehören die Anteile an Kapitalgesellschaft zum notwendigen
Betriebsvermögen des Besitzunternehmens.
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Steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (2)
Betriebsstätte der gGmbH, an
der Verein/Stiftung beteiligt
ist.
Die gGmbH ist zu 50%
gemeinnützig tätig. Die
sonstige Tätigkeit stellt einen
wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar.
Vermögen Verein/Stiftung
Die Miet- oder Pachteinnahmen wären bei dem Verein/der Stiftung zu 50%
steuerpflichtig.
Die unentgeltliche Überlassung würde zwar dazu führen, dass keine
Betriebsaufspaltung vorliegt. Dies wäre aber Verstoß gegen § 58 Nr. 4 nach
§ 58 Nr. 2 AO darstellen.
Ungeklärt ist auch die Frage, nach welchen Kriterien das Verhältnis zwischen
steuerbegünstigter und steuerpflichtiger Tätigkeit (das „insoweit“) ermittelt
werden soll.
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Steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (3)
Sponsoring begründet einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, wenn die Körperschaft an Werbemaßnahmen mitwirkt. Für eine
schädliche Mitwirkung nennt der neue AEAO nun Beispielsfälle:
Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb soll demnach vorliegen, wenn die
Körperschaft in einem Leistungsbündel dem Sponsor das Recht einräumt, in einem von ihr herausgegebenen Publikationsorgan Werbeanzeigen zu schalten, einschlägige sponsorbezogene Themen darzustellen
und bei Veranstaltungen der Körperschaft deren Mitglieder über diese
Themen zu informieren und dafür zu werben (Nr. 10 zu § 64 AO).
Noch keine Berücksichtigung des Urteils des BFH v. 25.5.2011 – I R 60/10
zur Beteiligung an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft (siehe
hierzu gesonderte Folien in den Materialien).
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Zweckbetrieb
Der Zweckbetrieb muss die Voraussetzung des § 65 Nr. 3 AO erfüllen;
danach darf der Zweckbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder
ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb treten, als es bei
Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist
(Wettbewerbsklausel).
Der Sinn und Zweck des § 65 Nr. 3 AO liegt in einem umfänglichen Schutz
des Wettbewerbs, der auch den potentiellen Wettbewerb umfasst.
Ein Zweckbetrieb – entgegen dem Urteil des BFH v. 30.3.2000 V R 30/99 –
ist nicht mehr gegeben, wenn ein Wettbewerb mit steuerpflichtigen
Unternehmen möglich ist, ohne dass es auf die tatsächliche
Wettbewerbssituation vor Ort ankommt.
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Stellungnahme
(1)
Durch das BMF-Schreiben ist der AEAO im Bereich „Steuerbegünstigte
Zwecke“ an vielen Stellen aktualisiert worden
Die meisten Änderungen basieren lediglich auf Einarbeitungen von bereits
ergangenen BFH-Urteilen und Einzelerlassen in den Text
Bei einigen Neuerungen (z.B. Organvergütung bei Stiftungen,
Wiederbeschaffungsrücklage) wird man abwarten müssen, wie die
Finanzbehörden in der Praxis mit den verschärften Vorgaben umgehen
werden.
In einigen Bereichen (wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit, Organvergütung bei
Stiftungen, Wiederbeschaffungsrücklagen) hat die Finanzverwaltung die
Prüfungsanforderungen verschärft, die allerdings zu einem großen Teil durch
das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes bereits wieder entschärft worden
sind.
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Stellungnahme
(2)
Ein echter „Paradigmen-Wechsel“ ist durch Abweichen von der Geprägetheorie in dem Bereich wirtschaftlicher Tätigkeiten festzustellen, der
allerdings auch die Sphäre der Vermögensverwaltung betrifft.
Einzelne Erlassregelungen sind durch das Gesetz zur Stärkung des
Ehrenamtes bereits wieder obsolet; es wird also bald einen überarbeiteten
AEAO geben.
Nach wie vor verweigert die Finanzverwaltung bei Normen, die einen
Auslandsbezug haben können, den Weg für eine europarechtskonforme
Auslegung der betroffenen Norm.
Teil 2: Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes
Dr. Gerrit Ponath
Dr. Klaus Zimmermann
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Ziel des Gesetzes
Erleichterung des zivilgesellschaftlichen Engagements
durch Entbürokratisierung und Flexibilisierung
der rechtlichen Rahmenbedingungen
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Maßnahmen im Überblick
(1)
Abgabenordnung:
Nachweiserleichterung bei Mildtätigkeit
Verlängerung der Mittelverwendungsfrist
Lockerung des Endowment-Verbots
Gesonderte Feststellung der Einhaltung der Satzungsmäßigen
Voraussetzungen
Schaffung einer gesetzlichen Regelung für die
Wiederbeschaffungsrücklage
Erleichterung der Zuführung ideeller Mittel in die freie Rücklage
Verlängerung der Frist für Vermögenszuführungen aus Erträgen bei
neu gegründeten Stiftungen
Klarstellung des Zeitraums für die Ausstellung von
Zuwendungsbestätigungen
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Maßnahmen im Überblick
(2)
Einkommensteuerrecht:
Erhöhung der Freibeträge nach § 3 Nr. 26 EStG
(„Übungsleiterpauschale“)
und § 3 Nr. 26a EStG („Ehrenamtspauschale“)
Erleichterung bei Vermögensstockspenden
Entschärfung der Haftung der ehrenamtlich Tätigen
Zivilrecht:
Beschränkung der zivilrechtlichen Haftung von ehrenamtlich tätigen
Vereins- und Stiftungsorganen sowie von Vereinsmitgliedern
Anerkennung der Verbrauchsstiftung
Firmenrechtliche Anerkennung des Zusatzes „gGmbH“
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Änderungen der Abgabenordnung
(1)
§ 53 Nr. 2 AO:
Erleichterung des Nachweises der wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit.
Wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit wird als nachgewiesen angesehen bei
Empfängern von Leistungen nach:
SGB II und XII
WohngeldG
§ 27a BundesversorgungsG
§ 6a BundeskindergeldG.
Körperschaft kann Nachweis durch Leistungsbescheid der Bestätigung
des Sozialleistungsträgers führen.
Auf Antrag der Körperschaft kann auf den Nachweis der
wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit verzichtet werden, wenn aufgrund der
besonderen Art der Unterstützungsleistung sichergestellt ist, dass nur
wirtschaftliche hilfsbedürftige Personen unterstützt werden (z.B.
Tafeln).
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Änderungen der Abgabenordnung
(2)
§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO:
Verlängerung der Mittelverwendungsfrist auf das Ende des zweiten
Kalender- oder Wirtschaftsjahres, das auf den Zufluss folgt.
§ 58 Nr. 3 AO (neu, gültig ab 1.1.2014):
Überschüsse aus Vermögensverwaltung, Gewinne aus wirtschaftlichen
Geschäftsbetrieben und darüber hinaus bis zu 15% der sonstigen
zeitnah zu verwendenden Mittel dürfen einer anderen
steuerbegünstigten Körperschaft oder einer juristischen Person des
öffentlichen Rechts zur Vermögensausstattung zugewendet werden.
Die Erträge aus dieser Zuwendung müssen für steuerbegünstigte
Zwecke verwendet werden, die denjenigen der zuwendenden
Körperschaft entsprechen.
Die zugewandten Mittel und deren Erträge dürfen nicht für weitere
Mittelweitergaben im Sinne des ersten Punktes verwendet werden.
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Änderungen der Abgabenordnung
(3)
§ 60a AO:
Neues Verfahren für die Feststellung, ob die Satzung einer
Körperschaft den Anforderungen der AO entspricht.
Ersetzt das bisherige Verfahren der vorläufigen Bescheinigung.
Feststellung der Satzungsmäßigkeit erfolgt auf Antrag oder von Amts
wegen bei Veranlagung zur Körperschaftsteuer, wenn bisher noch
keine Feststellung erfolgt ist.
Feststellung bzw. Ablehnung ist Steuerbescheid.
Klagemöglichkeit
Seite 32
Änderungen der Abgabenordnung
(4)
§ 62 AO (neu):
Ersetzt bisherige Regelung in § 58 Nr. 6 und 7 AO.
§ 62 Abs. 1 Nr. 1 AO übernimmt inhaltsgleich die bisher in § 58 Nr. 6
AO geregelte Zweckrücklage.
§ 62 Abs. 1 Nr. 2 AO ermöglicht die Bildung einer
Wiederbeschaffungsrücklage in Höhe der AfA-Sätze,
auf Nachweis auch höhere Beträge möglich.
§ 62 Abs. 1 Nr. 3 AO entspricht § 58 Nr. 7a AO (freie Rücklage).
Neu: Ein nicht ausgeschöpftes Volumen dieser Rücklage kann in den
folgenden beiden Jahren aufgefüllt werden.
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Änderungen der Abgabenordnung
(5)
§ 62 Abs. 1 Nr. 4 AO entspricht § 58 Nr. 7b AO (Rücklage zum Erwerb
von Gesellschaftsrechten); die entsprechende Verwendung der Mittel
im Jahr des Zuflusses regelt nun § 58 Nr. 9 AO.
Die infolge Auflösung der Rücklagen frei werdenden Mittel sind
innerhalb der Frist des § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO (bis Ende des zweiten auf
den „Zufluss“ [hier: Auflösung der RL] folgenden Jahres) zu
verwenden.
§ 62 Abs. 4 AO:
Eine Stiftung kann im Jahr ihrer Errichtung und in den drei (bisher zwei)
folgenden Kalenderjahren Überschüsse aus der Vermögensverwaltung
und die Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben nach § 14
AO ganz oder teilweise ihrem Vermögen zuführen (ab. 1.1.2014).
Seite 34
Änderungen der Abgabenordnung
(6)
§ 63 Abs. 5 AO:
Zuwendungsbestätigungen dürfen nur ausgestellt werden, wenn
das Datum der Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid oder des
Freistellungsbescheids nicht länger als fünf Jahre zurückliegt oder
die Feststellung der Satzungsmäßigkeit (§ 60a AO) nicht länger als
drei Jahre zurückliegt und bisher kein Freistellungsbescheid und
keine Anlage zum Umsatzsteuerbescheid erteilt wurde.
§ 67a AO:
Erhöhung der Zweckbetriebsgrenze für sportliche Veranstaltungen von
EUR 35.000,- auf EUR 45.000,-.
Seite 35
Änderungen des Einkommensteuergesetzes
§ 3 Nr. 26 und 26a EStG:
Steuerfreibeträge für ehrenamtliche Tätigkeit werden erhöht
Übungsleiterpauschale von EUR 2.100,- auf EUR 2.400,Ehrenamtspauschale von EUR 500,- auf EUR 720,§ 10 b EStG:
Gemeinsam veranlagte Ehegatten können Zuwendungen in den
Vermögensstock einer Stiftung bis zu EUR 2 Mio. steuerlich geltend
machen (Abs. 1a S. 1).
Spenden in das verbrauchbare Vermögen einer Stiftung sind nicht
abzugsfähig (Abs. 1a S. 2).
Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit wird auch
auf denjenigen ausgedehnt, der eine zweckwidrige Verwendung von
Spenden veranlasst (Abs. 4 S. 2).
Aus den Änderungen von § 10b EStG ergeben sich Folgeänderungen
zum Spendenrecht im KStG und dem GewStG.
Seite 36
Änderungen des BGB
§ 27 Abs. 3 BGB (neu, gültig ab 1.1.2015):
Die Mitglieder des Vorstands sind unentgeltlich tätig.
Gleiches gilt für die Mitglieder des Vorstands einer Stiftung
(§ 86 S. 1 BGB i.V.m. § 27 Abs. 3 BGB).
Die Satzung kann eine abweichende Regelung vorsehen.
Anpassung an die steuerliche Betrachtungsweise.
(1)
Seite 37
Änderungen des BGB
(2)
§ 31a BGB:
Erweiterung der bestehenden Haftungserleichterung (nur Vorsatz und
grobe Fahrlässigkeit) für Vorstandsmitglieder auf andere Vereins- und
Stiftungsorgane (§ 86 S. 1 BGB).
Anhebung der Vergütungsschwelle, ab der eine Haftungserleichterung
ausscheidet, von EUR 500,- auf EUR 720,-.
§ 31b BGB:
Ausdehnung des Haftungsprivilegs des § 31a BGB auf ehrenamtlich
tätige Vereinsmitglieder.
Seite 38
Änderungen des BGB
(3)
§ 80 Abs. 2 S. 2 BGB
Anerkennung der sog. „Verbrauchsstiftung“:
„Bei einer Stiftung, die für eine bestimmte Zeit errichtet und deren
Vermögen für die Zweckverfolgung verbraucht werden soll
(Verbrauchsstiftung), erscheint die dauernde Erfüllung des
Stiftungszwecks gesichert, wenn die Stiftung für einen im
Stiftungsgeschäft festgelegten Zeitraum bestehen soll, der mindestens
zehn Jahre umfasst.“
§ 4a GmbHG
Einer gemeinnützige Zwecke verfolgenden GmbH ist es nunmehr
gestattet, die Abkürzung „gGmbH“ als Reformzusatz zu verwenden.
Die Zulässigkeit der Abkürzungen „gUG“ und „gAG“ ist noch nicht
abschließend geklärt.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!