Bericht - Pädagogische Hochschule Weingarten
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Bericht - Pädagogische Hochschule Weingarten
Erfahrungsbericht zum Auslandssemester an der Western Carolina University Verfasst von: Karin Natterer Email: [email protected] Heimathochschule: Pädagogische Hochschule Weingarten Gasthochschule: Western Carolina University Fächerkombination: Musik – Englisch – Deutsch Semester: 5 Aufenthaltszeitraum: August bis Dezember 2010 (GHPO 2003) (Fall Semester 2010) Vorbereitungen des Aufenthaltes Bereits im Januar 2010 begann ich, mein Auslandssemester zu organisieren. Im Nachhinein bin ich sehr froh so früh mit der Planung begonnen zu haben, da dies mehr Zeit und Aufwand in Anspruch nahm, als ich mir zunächst vorgestellt hatte. Für meinen Studienaufenthalt in den USA musste ich das J1-Visum beantragen, wofür ich mich auch persönlich beim amerikanischen Konsulat in München vorstellen musste. Dort wurde vor allem geprüft, ob ich über ausreichende Englischkenntnisse und genügend finanzielle Mittel verfüge. Da ich Englisch als Leitfach studiere und das Jahr 2007 bereits in Australien verbracht hatte, beschloss ich, dass dies als sprachliche Vorbereitung genügen sollte. Finanziell wurde ich großzügig von der PH-Weingarten bzw. dem Land Baden-Württemberg durch ein Stipendium unterstützt. Natürlich war mir jedoch bewusst, dass ich meine persönlichen Ersparnisse ebenfalls benötigen würde. Kulturell stimmte mich Christina Jolowicz’s Wochenendseminar „Let´s go international“ auf meinen Auslandsaufenthalt ein. Dort wurde ich mir erst so richtig bewusst, mit welchen Einstellungen und Vorurteilen ich nach North Carolina reise und welche Vorurteile mich möglicherweise dort erwarten. Schon früh trat ich mit Chris Pedo, einem Mitarbeiter des International Office der WCU in Kontakt. Er war mir eine große Hilfe, als es darum ging, geeignete Kurse aus dem breitgefächerten Studienkatalog (Undergraduate Programs) der WCU auszuwählen. Auch half er mir mit sonstigen organisatorischen Dingen, wie der Bewerbung um einen Platz im Wohnheim oder der Registrierung für das Online-Studierenden-Konto „MyCat“, auf dem ich mich online für die Kurse einschreiben musste. Studieren an der Western Carolina University Das Studium an der Western Carolina University machte mir viel Spaß und war sehr interessant. Jedoch hatte ich anfänglich erheblich Probleme mit der Organisation meines Stundenplans. Zwar gibt es für fast jegliche Art von Problemen eine Anlaufstelle an der WCU, aber leider nicht für internationale Studierende mit Kursfindungsschwierigkeiten. Ein Seminar, in das ich mich schon von zuhause aus einschrieb wurde am Semesteranfang annulliert, so musste ich nach einer passenden Alternative suchen. Dies gestaltete sich als sehr schwierig. Alle Kurse, die ich besuchte setzten Vorkurse voraus, die ich natürlich nicht nachweisen konnte. Nach zahlreichen Konsultationen mit verschiedenen Professoren und Gesprächen mit meinen Englischprofessoren zuhause, konnte ich letztendlich während des Fall Semesters 2010 folgende Kurse besuchen: Im Fach Musik: Concert Choir Choral Methods and Materials Im Fach Englisch: Desktop Publishing – für Modul 3.1 Teaching English as a Second Language (TESL) – für Modul 3.2 Cultural studies and Non-western World Literature – für Modul 3.3 An der WCU erfuhr ich einen wesentlich persönlicheren Kontakt zwischen Studierenden und Dozenten als es in Deutschland der Fall ist. Der kleinen Klassengröße von nicht mehr als 30 Studierenden ist es zuzuschreiben, dass beispielsweise jeder Dozent die Namen seiner Studierenden kennt und über ihre Stärken, aber auch über ihre Schwächen Bescheid weiß. Dies sorgt für eine beinahe familiäre Unterrichtsatmosphäre, was ich als sehr angenehm empfand. Auch wurde der Großteil der Zeit mit Plenums-Diskussionen verbracht, an denen ALLE Mitglieder der Klasse meist gleichermaßen beteiligt waren. Hierbei waren die Lehrer stets an meiner Meinung interessiert, ins besondere im „Cultural Studies“- und „TESL“-Seminar. Vor allem im letzteren erwies sich meine Anwesenheit sowohl für meine Kommilitonen, als auch für meinen Dozenten als große Bereicherungen. Wer könnte ein besseres Beispiel zur Demonstration für einen TESL-Lehrer sein als ein English-Language-Learner (ELL) selbst? Ein weiterer Unterschied, den ich persönlich sehr schätzte war, dass bereits zu Beginn des Semesters in jedem Seminar genauestens erläutert wurde, was der Studierende zu leisten hat. Auch wurde erklärt, wie sich die Note am Ende des Semesters zusammensetzt und wie die Art und Weise der Bewertung aussieht. Im Gegensatz zur PH zählte hier nicht nur die Klausur am Semesterende zur Note, sondern auch die Anwesenheit, die Mitarbeit, die Zwischenprüfung und die Hausaufgaben, die während des Semesters vom Lehrer eingesammelt und kontrolliert wurden. Internationale Studierende der WCU sind im Normalfall dazu verpflichtet in einem der 13 Wohnheime auf dem Campusgelände zu wohnen. Ich habe mich bereits frühzeitig für das Wohnheim „Norton Road Hall“, das mir von meinem Vorgänger Joachim Jäggle empfohlen wurde, beworben. Dort habe ich in einem Einzelzimmer gewohnt (2324 $ Miete für das ganze Semester), musste jedoch das Badezimmer mit meiner Zimmernachbarin teilen. Das Wohnheim an sich ist sehr günstig gelegen und ziemlich neu ausgestattet. Schade ist nur, dass die Wände extrem dünn sind und man so alles mitbekommt, was auf dem Flur, sowie in den Nebenzimmern vorgeht. Ich habe dies als sehr störend empfunden. Jedes Wohnheimstockwerk ist mit zwei Küchen ausgestattet, die jedoch so gut wie nie benutzt werden, da leider keine Küchenmaterialien, wie Töpfe, Pfannen oder Geschirr vorhanden sind. Desweiteren ist jeder auf dem Campus-wohnende Studierende dazu verpflichtet einen Mealplan zu erwerben, mit dem man sich in der Dining Hall und sonstigen Einrichtungen (Starbucks, Convenience-Store, Burger Studio, Zoca, Panda Express, Einsteins) Lebensmittel und komplette Mahlzeiten kaufen kann. Der günstigste Mealplan kostet 1000 $, hat mir aber bis zwei Wochen vor Studienende gereicht. Weitere Gebühren fallen für die Buchleihe (107 $) an, was zwar prinzipiell eine gute Einrichtung ist, mir persönlich aber nicht viel gebracht hat, da ich zusätzlich noch Bücher für knapp 50 € kaufen musste. Persönliche Erfahrungen und Eindrücke Die WCU liegt im Westen von North Carolina und befindet sich inmitten der Great Smoky und der Blue Ridge mountains. Aufgrund dieser Lage gibt es keine öffentliche Verkehrsverbindung, was es für Studierende ohne eigenes Auto fast unmöglich macht den Campus zu verlassen. Zwar bietet die Universität unter der Woche viele Freizeitmöglichkeiten an, aber am Wochenende erscheint Cullowhee manchmal wie ausgestorben. Ich hatte das Glück zu einer recht großen Gruppe von internationalen Studierenden zu gehören, die ein sehr enges Verhältnis zueinander pflegten. So wurde es selbst an den Wochenenden nicht langweilig. Basecamp Cullowhee, eine Organisation der Uni, die Outdoor-Touren zu günstigen Preisen anbietet, verschafft ebenfalls Abhilfe gegen öde Wochenenden und bietet eine optimale Möglichkeit die wunderschönen Nationalparks der Gegend zu erkunden. Die „International Friends“, eine private Organisation, die sich ausschließlich durch Spenden finanziert, bietet ebenfalls fast jedes Wochenende kostenlose Ausflüge für Internationale Studierende an. Kulturell gesehen bietet die WCU ein breitgefächertes Programm. Im „Fine and Performing Arts Center“ finden wöchentlich Konzerte, Musicals oder Theateraufführungen statt, die entweder umsonst oder für einen sehr geringen Eintrittspreis zu besuchen sind, was mir als Musikliebhaberin natürlich sehr gut gefallen hat. Mit dem Concert Choir der WCU war ich im Herbst eine Woche auf Tour, was ein besonders schönes Erlebnis war. Auf diese Weise kam ich optimal in Kontakt mit meinen Kommilitonen und hatte sehr viel Spaß. Den Mittelpunkt des Hochschullebens bildet jedoch, wie für Amerika nicht anders zu erwarten, der Sport - insbesondere Football! Im College-eigenen WhitmireStadium findet fast jeden Samstag ein Footballspiel statt, dessen Höhepunkt aber für gewöhnlich nicht das eigentliche Spiel, sondern die Show der „Pride of the Mountains Marching Band“ darstellt. Diese 200-Mann-Blaskapelle ist ein wahnsinnig beeindruckendes Erlebnis und bereitet mir jetzt noch Gänsehaut. Es erfüllt jeden Studierenden der WCU, sogar mich, die gewöhnlich überhaupt nichts mit Blasmusik am Hut hat, mit Stolz, eine derart gute Marching Band zu besitzen. Im Oktober waren eine Woche lang Herbstferien. Wer nicht zu sehr mit den Vorbereitungen für die Zwischenprüfung beschäftigt ist, kann diese Zeit nutzen, um Teile Amerikas zu erkunden. Ich habe an einem Base Camp Trip zur Ostküste von North Carolina (Outer Banks) teilgenommen, wo wir Kanu fuhren, surften, segelten oder einfach am Strand relaxten. Andere Studierende flogen sogar nach New York oder Florida. Ende November waren dann aufgrund von Thanksgiving nochmals eine Woche Ferien. Einige meiner internationalen Freunde und ich hatten uns ein Auto gemietet und sind nach Chicago gefahren. Eine sehr beeindruckende Stadt! Praktische Tipps und persönliche Wertung des Aufenthalts Möglichen Nachfolgern, die auch gerne an der WCU studieren möchten, würde ich bezüglich der Vorbereitungen vor allem raten frühstmöglich mit der Planung zu beginnen, sich eingehend über die Partnerhochschule und die Kosten für den Aufenthalt zu informieren (bereits vor dem Auswahlgespräch) und einen frühen Kontakt mit der Partneruniversität und den Dozenten herzustellen. Für den eigentlichen Aufenthalt empfehle ich es, neben all den Programmen, die für Internationale Studierende angeboten werden, nicht zu verpassen, auch Bekanntschaften mit Amerikanern zu machen, was meiner Meinung nach am leichtesten in den Kursen selbst, oder in Organisationen wie Basecamp Cullowhee gelingt. Desweiteren empfehle ich es, die Campus-eigene „Student Health Insurance“ abzuschließen. Da ich bereits eine eigene Auslandskrankenversicherung hatte, wollte ich die Campusversicherung nicht verwenden. Trotzdem musste ich zunächst den Versicherungsbeitrag von 330,50 $ bezahlen. Der „Waiver“ Prozess (Verzichterklärung) stellte sich als sehr nerven- und zeitaufreibend heraus. Trotz dem in Englisch verfassten Nachweis meiner Auslandsversicherung, wollte mir die Versicherungsgesellschaft mein Geld nicht zurückgeben. Dank Kevin Childers vom International Office der WCU und etlichen Rücksprachen mit meiner Versicherungsgesellschaft zuhause, bekam ich nach wochenlangen Bemühungen endlich mein Geld zurück. Die Schulzeit an der WCU war sehr zeitintensiv. Als Studierender muss wesentlich mehr während des Semesters arbeiten, als es an der PH der Fall ist. Die Mühe hat sich aber im Hinblick auf mein Notenergebnis definitiv gelohnt. Sowohl während des Schulalltags, als auch privat konnte ich meine Englischkenntnisse deutlich erweitern. Lernfortschritte konnten meine Lehrer und ich in den Bereichen fluency, oral, writing and receptive skills und vocabulary feststellen. Wobei ich bei letzterem leider schon einige Wochen nach meiner Rückkehr nach Deutschland wieder Defizite feststellen muss. An dieser Stelle möchte ich noch auf das „Writing Center“ verweisen, das sich im Gebäude der „Hunter Library“ befindet. Es handelt sich um eine hervorragende Anlaufstelle für die Überarbeitung von Geschriebenem, wo man gemeinsam mit einem Schreibexperten sein „paper“ überarbeiten kann und hilfreiche Tipps für den weiteren Schreibprozess bekommt. Meine Auslandserfahrung in den USA haben meine Einstellungen und meine Vorurteile gegenüber diesem Land zum Teil verändert. Wie in jedem anderen Land, gibt es in den USA den stereotypischen Amerikaner, aber auch den genauen Gegensatz dazu. Ich habe sehr viele wertvolle Kontakte, sowohl mit Amerikanern als auch mit anderen Menschen aus aller Welt geknüpft. Teilweise hat sich daraus sogar eine richtige Freundschaft entwickelt. Trotz der Tatsache, dass man nicht mit jedem in Kontakt bleiben kann, bin ich froh, dass ich zumindest mit meinen engsten Freunden regelmäßig telefoniere. Ich hoffe möglichst bald wieder in die USA reisen zu können, oder meine ausländischen Freunde bei mir in Deutschland willkommen zu heißen. Obwohl ich aufgrund eines Austauschprogramms keine Studiengebühren an der WCU bezahlen musste, welche im Normalfall in den USA sehr hoch ausfallen, stellte sich mein Auslandsstudium im Endeffekt als recht kostspielig heraus. Ich möchte an dieser Stelle zunächst einmal dem Land BadenWürttemberg danken, das mich mit einem Stipendium von 2000 Euro unterstützt hat und der PH Weingarten, die mir überhaupt erst die Möglichkeit zum Auslandsstudium gegeben hat. Vielen herzlichen Dank! Als kleiner Einblick in die finanziellen Aspekte meiner Auslandserfahrung kann ich sagen, dass die Pflicht-Ausgaben ungefähr die doppelte Höhe meines Stipendiums betrugen. Davon ausgeschlossen sind jegliche Ausgaben für das Leben außerhalb der Hochschule. Auf Anfrage gebe ich hierzu gerne eine genaue Übersicht. Schlussendlich kann ich trotzdem nur jedem Studierenden ein Semester im Ausland empfehlen. Mein Auslandssemester an der WCU war sowohl für mich persönlich, als auch für meine Zukunft an der PH und mein späteres berufliches Dasein als Lehrerin eine große Bereicherung.