Die wahrscheinlich schönste Sinnestäuschung der Welt
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Die wahrscheinlich schönste Sinnestäuschung der Welt
. REISE & ERHOLUNG Schwäbische Zeitung Freitag, 7. November 2014 Zu Besuch bei Fuggern und Welsern Erlebnismuseum in Augsburg lässt die großen Handelsfamilien wieder auferstehen Von Simone F. Lucas ● ereits im Eingangsbereich überkommt jeden Harry-Potter-Leser ein Déjà-vu: In dem dort ausgelegten „Lebendigen Buch“ schreiben sich Texte wie von Geisterhand selbst, entstehen Bilder vor den Augen des Betrachters und es beleben sich die historischen Karten aus dem Zeitalter der Fugger und Welser. Zwischen 1490 und 1560 bestimmten die beiden berühmten Augsburger Handelsfamilien nicht nur den globalen Handel, sondern auch die Weltpolitik. Davon erzählt dieses neuartige Museum, das jüngst seine Tore in Augsburg öffnete. Götz Beck, Chef der Regio Augsburg, die das Museum betreibt, ist stolz auf die „Meisterleistung moderner Technik im denkmalgeschützten Wieselhaus“. Mehrere Kilometer Kabel wurden im ganzen Haus verlegt, um die Exponate zu beleben. Sie sorgen dafür, dass man an Hörstationen der Geschichte lauschen kann, dass die Infotafeln von innen heraus leuchten und so gut lesbar sind, dass man in der Schreibstube Jakob Fugger und Bartholomäus B Viva Las Vegas! Erst bei Nacht zeigt die Spielermetropole ihr wahres, glitzerndes Gesicht. FOTOS: SHU Die wahrscheinlich schönste Sinnestäuschung der Welt Welser höchstpersönlich begegnen kann und in der Bildergalerie sprechende und handelnde Porträts erlebt. Die Fantasie der Besucher beflügeln zudem ein täuschend echtes Schiffsdeck und eine Bergwerk-Inszenierung im Keller des Renaissance-Gebäudes. Kinder werden von der cleveren Comic-Figur Konrad durch die Geschichte geführt. Erzählt wird aus einer Zeit, die geprägt war von der Renaissance und der Reformation. Es war eine Zeit des Aufbruchs, der Weltentdeckung und -eroberung. Welchen Anteil die Augsburger Kaufmannsfamilien daran hatten, erfahren die Besucher ebenso wie die Tatsache, dass die Welser für kurze Zeit eine ganze Provinz in Venezuela zur Entwicklung bekamen oder auch dass schon 1505 von den Fuggern finanzierte Schiffe in Goa landeten. Die Fugger und Welser, das wird bei dem Rundgang klar, entwickelten weltweite Unternehmensstrukturen nicht anders als heutige Global Player. Sie finanzierten Päpste und Kaiser und machten Augsburg zum Zentrum ihrer Konzerne. Doch der Blick des neuen Museums richtet sich nicht nur auf Reichtum und Erfolg, sondern auch auf deren Kehrseite, und so wird auch nicht verschwiegen, dass der Reichtum der Handelsfamilien auch mit Kinderarbeit erkauft wurde und in der Neuen Welt mit der Versklavung der indigenen Bevölkerung. Das Thema hatte im Vorfeld zu größeren Auseinandersetzungen geführt. Seit der Eröffnung Ende September scheint der Streit vergessen ebenso wie die lange Durststrecke bis hin zur Verwirklichung. 15 Jahre hatte Götz Beck darauf gewartet, die Geschichte der Fugger und Welser in die Stadt zu holen. 630 000 Euro kostete die Einrichtung des Museums in dem denkmalgeschützten Wieselhaus, das für 3,2 Millionen Euro restauriert werden musste. Weitere Auskünfte: Fugger- und Welser-Erlebnismuseum, Äußeres Pfaffengäßchen 23, 86152 Augsburg, Internet: www.fugger-undwelser-museum.de Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag und an Feiertagen von zehn bis 17 Uhr. Spielen, shoppen, staunen – Las Vegas mit seinen Casinos und Weltklasse-Shows übertrifft sich mit Superlativen Von Brigitte von Imhof ● as ist Las Vegas: Kaum haben wir uns im Restaurant niedergelassen, schneit Elvis durch die Tür. Die Tolle blauschwarz und geschniegelt, der weiße, mit Strass besetzte Anzug spannt sich über einen beachtlichen Bauch, die Augen verbergen sich hinter einer riesigen Sonnenbrille. Mit einschmeichelndem Bariton fragt er singend in die Runde „Are you lonesome tonight? Wanna get married tonight?“ Danke vielmals, heute nicht. Aber falls wir es uns doch anders überlegen sollten, reicht er uns seinen Flyer, und wir könnten ihn auf die Schnelle als Trauzeuge anheuern. Fragen kosten nichts. Schließlich kommen jedes Jahr rund 58 000 Paare aus aller Welt nach Las Vegas, um sich das Jawort zu geben. Die einen mit allem Pomp und Märchenkutsche, die anderen mit einer Art Drive-through: Heiraten so schnell wie mit dem Auto durch die Waschanlage. Und natürlich steht Elvis immer bereit. Wobei der King of Rock’n’Roll – wie wir bald erfahren – sein Monopol als Promi-Trauzeuge verloren hat – an Kollegen wie Lady Gaga, Johnny Depp (als Captain Jack Sparrow) oder Angelina Jolie. Die Spielermetropole in der Wüste Nevadas übt seit Menschengedenken eine ungeheure Faszination auf Menschen aus. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde inmitten der Wüstenwildnis des Bundesstaats Nevada eine Stadt errichtet, beflügelt durch große Wasserressourcen und die ideale Lage als Rastplatz an der Eisenbahnlinie zwischen Utah und Südkalifornien. Schnell wurde aus der „Fata Morgana“ ein Magnet für Arbeiter an den nahe gelegenen Silber- und Bleiminen und am HooverStaudamm. 1931 wurde das Glücksspiel legalisiert: Las Vegas' Karriere als Vergnügungs- und Spielermetropole begann. Glücksritter und Abenteurer, Mafiosi und Spekulanten ließen nicht lange auf sich warten. Hollywoodstars fanden schnell den Weg in das neue Paradies, darunter das legendäre Rat Pack mit Frank Sinatra, Sammy Davis Jr. und Dean Martin. Alle glauben, Las Vegas zu kennen, auch wenn sie noch nie dort wa- D ren. In unzähligen Hollywoodfilmen diente die Glitzerstadt als Kulisse und wurde nicht selten zum Hauptdarsteller (etwa in „Showgirls“, „Leaving Las Vegas", „Ocean's Eleven", „Hangover“). Trotz aller Vertrautheit meint man beim ersten Live-Anblick, das Opfer einer Sinnestäuschung zu sein. Hotels wie aus einem Science-Fiction-Film, Nachbauten von Bauwerken aus New York und Ägypten, Paris und Venedig auf eine paar Kilometern entlang des berühmten Strip vereint. Lächerlich und fesselnd, kitschig und monumental. Kurzum: einfach wunderbar! Erste und liebste Pflichtübung für jeden Besucher ist ein Bummel über den weltberühmten, viel besungenen Las Vegas Strip. Auf gut sechs Kilometern hangelt man sich von Mega-Hotels zu Dutzenden Casinos, jedes für sich eine Sehenswürdigkeit. Von den 20 größten Hotels in den USA stehen allein 16 in Las Vegas, darunter Ikonen wie das MGM (5000 Betten), Caesars Palace, das Venetian mit seinen Kanälen und singenden Gondolieri oder das Mandalay Bay mit seinem Sandstrand. Vor dem Mirage bricht regelmäßig ein Vulkan aus und vor dem Luxor Hotel steht eine Pyramide, von deren Spitze ein Leuchtstrahl in den Himmel geschickt wird, den man selbst aus dem Weltall ausmachen kann. Der Tanz der Fontänen Und schließlich das umwerfende Bellagio: Vor diesem eleganten Luxushotel (Schauplatz von „Ocean's Eleven") breitet sich ein See aus, aus dem sich abends alle 30 beziehungsweise 15 Minuten über 1000 Wasserfontänen tanzen, bis zu 75 Meter hoch hinauf. Die Show gibt es in 29 Versionen. Es lohnt sich also, wieder und immer wieder vorbeizuschauen. Und das Allerbeste: Diese Weltattraktion ist kostenlos. Ansonsten spielt Geld inmitten der funkelnden Wüstenstadt eine alles beherrschende Rolle. Zehntausende Spielautomaten und Spieltische sind rund um die Uhr besetzt. Rund fünf Milliarden Euro setzen die Casinos pro Jahr um. Dabei ist Las Vegas längst nicht mehr die Nummer eins unter den Zocker-Hochburgen. Macau beispielsweise setzt ein Viel- Lonesome tonight? Elvis steht immer gern als Trauzeuge bereit. faches davon um. Las Vegas gehört auch zu den begehrtesten ShoppingAdressen Amerikas. ChristmasShopping bei frühlingshaften Temperaturen, garniert mit Shows und Gambling – eine attraktive Alternative zu New York. Jeder der Hotelriesen verfügt selbstverständlich über eine exklusive Shopping-Mall, in der die bekannten Marken ihre Läden betreiben. Für Adrenalin-Junkies führt kein Weg am Stratosphere Tower vorbei, mit 350 Metern der höchste freistehende Aussichtsturm in den USA. Attraktionen wie The Big Shot, Insanity und XScream lehren auch hartgesottenen Achterbahn- und FreifallFans das Fürchten. Der Blick von oben auf die Stadt ist umwerfend. Das gilt noch mehr für die jüngste Attraktion: Der Las Vegas High Roller ist mit 167,6 Metern Höhe das derzeit größte Riesenrad der Welt. Es liegt im neuen Vergnügungskomplex The Linq gegenüber dem legendären Caesars Palace. 30 Minuten dauert eine Riesenrunde, die traumhafte Ausblicke auf die Spielermetropole gewährt, vor allem nachts. Zwischen Touristen schnurren Harleys den Strip rauf und runter, Stretched Limousines fahren Werbebanner spazieren, auf denen spärlich bekleidete Ladys mit Kontaktdaten ihre Talente anbieten. Denn so nett und vergnüglich Las Vegas bei Tag auch sein mag: Erst wenn die Sonne versinkt und die Lichter zu funkeln beginnen, zeigt die Spielerstadt, was sie drauf hat. Das Aufwärmen beginnt in den Cafés, Lounges und Bars, bevor sich die Mehrzahl der Besucher zu einer der Shows aufmacht. Ein absolutes Muss, möglichst mehrere dieser gigantischen Spektakel zu besuchen, die weitgehend in den Händen des kanadischen Entertainment-Giganten Cirque du Soleil liegen. „O“ und „Mystére“ sind die Publikumslieblinge, ebenso die Beatles-Hommage „Love“ (sie gilt unter Kennern als die besten Show). Wer Glück hat, der erwischt den Auftritt einer der großen Rock-, Pop- oder Country-Legenden. Etwa Elton John, der mit seinem roten Piano regelmäßig im Colosseum auftritt. Der Unterschied zu Elvis: Als Trauzeuge ist er nicht zu haben. Die vorgestellte Reise nach Las Vegas wurde von Condor unterstützt. Anreise: Condor fliegt nonstop ab Frankfurt ab ca. 870 Euro. Der Flug dauert etwa zwölf Stunden (www.condor.com). Beste Reisezeit: September bis Mai. Im Sommer steigen die Temperaturen in der US-amerikanischen Wüstenstadt nicht selten deutlich über 40 Grad. Weitere Informationen: Fremdenverkehrsamt Las Vegas c/o Aviareps, Josephspitalstr. 15, 80331 München, Tel. 089/552533-822, www.visitlasvegas.de. Dank moderner Technik scheint der alte Jakob Fugger leibhaftig in seiner Schreibstube zu sitzen. ANZEIGE FOTO: SRT