automobil produktion 2/99

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automobil produktion 2/99
International
Rover 75
Rover 75: Mit dem neuen Top-Modell
der Briten kommt die erste PkwNeukonstruktion unter BMW-Ägide
auf die Straße.
Bilder: Rover
›Seventy-five‹ statt 08/15
Mit dem 75 kommt der erste komplett neue Rover
seit 22 Jahren auf die Straße. In das Projekt der
angeschlagenen Konzerntochter investierte BMW rund
zwei Milliarden Mark. Der ›Seventy-five‹ soll in der
oberen Mittelklasse vor allem dem Audi A4, Alfa 156
und der C-Klasse von Mercedes Kunden abjagen.
›Very british‹ gibt sich die 4,75 Meter
lange Limousine – mit üppigem
Chrom-Zierrat an der Außenhaut,
einem hohen Holz- und Lederanteil
im Interieur und der Tatsache, daß
Rover Wert auf die Feststellung legt:
Das neue Top-Modell heiße nicht
einfach ›fünfundsiebzig‹, sondern
›Seventy-five‹.
Elfenbeinfarbige, ovale Instrumente tragen ein Übriges zur vornehmen Atmosphäre bei – ein rollendes Clubzimmer. Die coupéartig
auslaufende Heckpartie, die S-förmige Fuge am vorderen Stoßfänger
und der Aufschlag der vier Scheinwerferaugen gelten als weitere Design-Anlehnungen an den traditionellen britischen Fahrzeugbau.
Chefdesigner Richard Woolley:
»Wir wollten den Wagen bewußt
vom rationalen Anspruch eines
BMW absetzen, ohne ihn in ein
Spielzeug zu verwandeln.«
Das Fahrwerk wurde mit McPherson-Federbeinen und ›subframe‹ in
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Automobil-Produktion · April 1999
Hydroforming-Bauweise schon an
der Vorderachse aufwendig konstruiert. Hinten kommt die aus dem 3er
BMW bekannte, jedoch auf Frontantrieb-Bedürfnisse neu abgestimmte
›Z-Achse‹ zum Einsatz.
Die Entscheidung für die teuere
Multilink-Konstruktion sowie den
vorderen Hilfsrahmen fiel erst spät,
exakt im Februar 1996. »Danach
Der 75 steht für die Wiedergeburt
der Passenger Car-Division von Rover, die über 20 Jahre lang durch die
Kooperation mit Honda in ihren Aktivitäten deutlich beschnitten war.
Zwei Milliarden Mark ließ sich BMW
die Entwicklung des ›Seventy-Five‹
und die Modernisierung des heruntergekommenen Werkes Cowley bei
Oxford kosten.
Die dort für 3 000 Mitarbeiter installierte Kapazität beträgt 140 000
Einheiten jährlich, mehr als doppelt
so viel wie für die beiden Vorgängertypen 600 und 800.
Noch rechnet Rover im ersten
vollen Produktionsjahr (2000) nicht
damit, das Potential voll ausschöpfen
zu können. Zusätzliche Nachfrage
erhoffen sich die Briten jedoch von
40 Prozent aller Bleche mußten
noch einmal geändert werden
mußten noch einmal 40 Prozent aller Bleche geändert werden«, erinnert Projektleiter Peter Morgan.
Nur mit solchen teuren Lösungen
ließ sich umsetzen, was Ex-BMWChefentwickler Wolfgang Reitzle als
›relaxed motoring‹ definierte: eine
für Rover spezifische, komfortable
Fahrwerk-Auslegung,
abgegrenzt
vom mehr sportlichen Charakter eines BMW.
der Kombi-Version des 75, die 2001
debütiert.
Rover steckte rund 750 Millionen
Mark ein ›neues Werk im alten
Werk‹, das nun offiziell unter dem
Namen ›Rover Oxford‹ firmiert. Lediglich auf ein Preßwerk konnte verzichtet werden – das steht im knapp
50 Kilometer entfernten Swindon
und liefert auch an die Rover-Standorte Solihull und Longbridge.
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International
Rover 75
Rover-75-Montage: Im Werk
Cowley/Oxford werden bei voller
Auslastung rund 3 000 Mitarbeiter mit
der Fertigung des neuen Modells
beschäftigt sein.
Interieur des ›Seventy-five‹:
Vornehme Atmosphäre wie
in einem rollenden Clubzimmer.
Zulieferer für den Rover 75
Bosch
Lucas Varity
ITT Automotive
BMW Berlin
Adwest
Driver System
Nacam
(Lemförder)
TRW
Breed
Paulstra
Tallent
Engineering
(Thyssen Group)
Getrag
Jatco
VDO
Bertrand Faure
Nippon Denso
Mann + Hummel
Kolbenschmidt
Eagle Ottawa
VDO
Mannesmann
Sommer Allibert
Magna
Rists (Lucas
Varity Group)
Hella
Lemförder
Muhr & Bender
GKN
Krupp Hoesch
Delphi
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Management KVMotoren, ABS-Sensoren
Common Rail-Diesel,
ABS und EBD
Bremsen (Servo und
Hauptbremszylinder)
Bremssättel
Bremsscheiben
Handbremse und
Pedalbox-Montage
Lenksäule
Lenkgetriebe
Lenkrad
Motoraufhängung
vorderer Hilfsrahmen in
Hydroformtechnik
manuelles Getriebe
Automatikgetriebe
Instrumente
Sitze
Klimaanlage
Ansaugkrümmer /
Saugrohr
Kolben
Leder
Reinigungsanlage
Scheibenwischer
Cockpit
Interieur-Komponenten
Kabelbaum
Leuchteinheiten
vorderer Alu-Querlenker
Stabilisatoren
hinterer Hilfsrahmen
hintere Feder
Montage vordere Federbeine und hintere Dämpfer
Quelle: Rover
Automobil-Produktion · April 1999
Herausstechend an der neuen Anlage in Cowley: die fast 700 Millionen Mark teure Lackiererei. Sie bietet eine Kapazität von bis zu 250 000
Karossen pro Jahr.
Für rund 190 Millionen Mark neu
errichtet wurde auch der Rohbau,
laut Doug Dickson, Rover Oxford
Managing Director, einer der fortschrittlichsten der Welt. Der Automatisierungsgrad liegt mit 160 Robotern bei 85 Prozent (70 Prozent bei
Rover 600/800).
In die Endmontage und den
Trimshop wurden 135 Millionen
Mark investiert, wobei als QualitätsBenchmark der 5er BMW galt. Waren die Qualitätschecks in der VorBMW-Zeit nach nur 75 Minuten erledigt, nimmt das nun von der deutschen Konzernmutter übernommene QZ-Programm einen ganzen Tag
in Anspruch.
Weltklasse-Zulieferer sollen ihren
Beitrag zur hohen Wertigkeit des Rover 75 leisten. Daher gab es in der
Supplier-Struktur signifikante Änderungen: Lieferten zu Rover 600 und
800 noch 450 Unternehmen zu, reduzierte der OEM ihre Zahl beim Seventy-five auf 170. Nur noch die
Hälfte von ihnen gehört zur alten
Rover-Zulieferkette, rund 30 Prozent
sind BMW-Group-suppliers.
Einige der Zulieferer, zur Zeit
zehn, siedelten sich innerhalb des
Werkgeländes in einem 30 Millionen
Mark teuren Logistikcenter an. Es
ersetzt die früher verstreut liegenden
fünf Teilelager. Das vom externen
Betreiber Exel Logistics betriebene
Center fördert die vor Ort fertig
montierten Module oder von weiter
her angelieferte Einzelteile durch einen 100 Meter langen Tunnel be-
Zulieferer im Logistikcenter auf
dem Werkgelände angesiedelt
darfsgerecht an 140 Stationen der
Montagelinie.
Der Rover 75 soll als luxuriöse
britische Limousine gegen Konkurrenz wie Audi A4, Alfa 156 oder die
Mercedes C-Klasse Marktanteile im
Segment der oberen Mittelklasse erobern.
Dazu das Stoßgebet von Nick Stephenson, Rover Group Director für
Design und Engineering: »Dies ist
ein Fahrzeug, das wir entwickeln
mußten. Wir hoffen, daß wir mit
dem Rover 75 in einem neuen Licht
erscheinen und unseren Ruf, Automobile für den puren Fahrspaß zu
bauen, wiederherstellen können«.
➔
Siemens

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