Rede Frauentag

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Rede Frauentag
Rede Evrim Baba-Sommer – FRAUENMACHT. 100 Jahre Internationaler Frauentag
Sehr geehrte Damen,
sehr geehrte Frauenvertreterinnen,
sehr geehrte Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte,
sehr geehrte Mitstreiterinnen,
sehr geehrte Parlamentarierinnen und Parlamentarier
liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Parteivorsitzende,
sehr geehrte Senatorinnen und sehr geehrte Herr Senator,
sehr geehrte Herren,
liebe Gäste,
ich
möchte
Sie
recht
herzlich
zu
unserer
heutigen
Veranstaltung
„FRAUEN.MACHT“ anlässlich des hundertsten Internationalen Frauentags
begrüßen. Ich freue mich sehr, dass Sie so zahlreich unserer Einladung
gefolgt sind.
Im Jahr 1910 schlug Clara Zetkin auf der Internationalen Sozialistischen
Frauenkonferenz die Einführung eines internationalen Frauentages vor. Die
Idee stammte von Frauenrechtlerinnen aus den USA, die einen Kampftag für
das Frauenwahlrecht bestimmen wollten. In Deutschland wurde der erste
Frauentag am 19. März 1911 gefeiert.
Der Titel unserer heutigen Feier anlässlich des hundertsten Internationalen
Frauentages wurde gewählt, weil er besonders vielschichtig ist. Er verkörpert
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den Ruf nach politischer Macht für Frauen und fordert Frauen zum Handeln
auf. Er kann aber auch als Ergebnis der politischen Kämpfe verstanden
werden. In diesem Sinne ist der Internationale Frauentag sowohl Kampftag
als auch Feiertag. Feiern Sie mit uns zusammen heute Abend den
100jährigen Kampf für Gleichberechtigung.
Meine Damen und Herren,
wie Sie der Einladungskarte entnommen haben, sollte an dieser Stelle die
Autorin Elfriede Brüning über ihren persönlichen Kampf für die weibliche
Emanzipation sprechen. Leider musste sie aus gesundheitlichen Gründen
absagen. Wir bedauern dies zutiefst und wünschen Ihr aus ganzem Herzen
gute und baldige Besserung.
Als kleinen Trost möchten wir jedoch einen Ausschnitt aus dem sehr
amüsanten filmischen Porträt mit dem Titel „Und außerdem werde ich
Hundert. Die Schriftstellerin Elfriede Brüning“ zeigen.
Elfriede Brüning ist mit 30 veröffentlichten Büchern und über 1,5 Millionen
verkauften Exemplaren eine der bedeutendsten deutschen Autorinnen. Ihr
Lebenswerk symbolisiert im besonderen Maße den Kampf von Frauen für ein
selbst bestimmtes Leben. Die Autorin erlebte vier verschiedene Staatsformen
mit sehr unterschiedlichen Frauenbildern. Immer jedoch lebte sie als
unabhängige und selbstbewusste Frau.
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In ihren Büchern thematisiert sie insbesondere Frauenschicksale und
kritisierte überholte Geschlechterrollen. Selbst in einem "harmlosen"
Liebesroman, den sie 1935 in der Gestapohaft schrieb, stellt sie das
Frauenbild der Nazis auf den Kopf. Die Protagonistin dieses Buches ist eine
junge Frau, die heiraten will, sich aber vehement dagegen wehrt, ihren Beruf
aufzugeben und sich ihrem Ehemann zu unterwerfen.
Nach dem Krieg schrieb sie in ihren Büchern immer wieder über Frauen. Sie
thematisierte dabei besonders die Herausforderung, Familie und Beruf unter
einen Hut zu bringen. Ihre Werke erschienen in beiden deutschen
Nachkriegsstaaten.
100 Jahre Internationaler Frauentag sind auch 100 Jahre Elfriede Brüning.
Meine Damen und Herren,
in den letzten hundert Jahren hat die Frauenbewegung viel erreicht. Dennoch
konnte die gesellschaftlich bedingte strukturelle Benachteiligung von Frauen
nur
partiell
überwunden
werden.
Für
die
Partei
DIE
LINKE
ist
Geschlechtergerechtigkeit ein zentrales Anliegen. In Berlin verfolgen wir auf
Regierungsebene
eine
gleichstellungspolitische
Strategie.
Unsere
Frauenpolitik ist eine Querschnittsaufgabe für alle Politikbereiche.
Wir können Erfolge vorweisen, und zwar bei der Frauenbeteiligung im
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Hochschulbereich, bei der Finanzierung von Frauenprojekten und den
Vergaberichtlinien
für
öffentliche
Landesgleichstellungsgesetz
ist
Aufträge.
eines
der
Das
2010
fortschrittlichsten
novellierte
in
der
Bundesrepublik.
Wir drängen darauf, Erreichtes zu erhalten und weiter auszubauen. Das
betrifft insbesondere die Einführung von verbindlichen Kriterien der
Gleichstellung in der Privatwirtschaft und die Bekämpfung von prekären
Arbeits- und Lebensverhältnissen von Frauen.
Heute Morgen haben wir eine Broschüre mit dem Titel „Spitzenpositionen.
Wie Frauen Männerdomänen und Führungsetagen erobern“ der Öffentlichkeit
vorgestellt.
Dieser
Begleitband
zu
einer
von
mir
durchgeführten
Veranstaltungsreihe, zeigt, wie schwierig es immer noch für Frauen ist, in
Spitzenpositionen aufzusteigen. Es gibt zwar sichtbare Erfolge. So stieg etwa
in den Aufsichtsräten der Landesunternehmen der Frauenanteil seit 2002 von
9 auf 42 Prozent.
Dennoch gibt es eine gravierende Unterrepräsentanz von Frauen in
Führungspositionen. In Unternehmen mit Landesbeteiligung liegt die
Frauenquote in der obersten Führungsebene bei gerade einmal 10 Prozent.
Trotz einiger Risse, existiert die gläserne Decke noch immer.
Deswegen treten wir für eine strikte Quotierung von Führungspositionen im
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öffentlichen Dienst, der Wissenschaft, den landeseigenen Unternehmen und
in der privaten Wirtschaft ein. Wir plädieren für eine Schaffung von
gesetzlichen Vorgaben, die sich am norwegischen Modell – einem überaus
erfolgreichem Modell – orientieren.
Die Frauenquote in Vorständen und Aufsichtsräten ist natürlich kein
Allheilmittel zur Überwindung des Patriarchats.
Die Benachteiligung von Frauen ist tief in der Gesellschaft verankert.
Manches Gesetz verschärft sie sogar, wie etwa die gesetzlichen Reglungen
zur so genannten „Bedarfsgemeinschaft“ bei Hartz IV. Darin wird Menschen,
die länger als ein Jahr zusammen leben, unterstellt, sie lebten in einer
ehelichen Gemeinschaft. Das schafft enorme Abhängigkeiten, besonders bei
Frauen. Sie werden ökonomisch an ihren Partner gekettet.
Das Konzept der „Bedarfsgemeinschaft“ gehört abgeschafft!
Hartz 4 im Übrigen auch.
Meine Damen und Herren,
am 8. März 1975 wurde der Internationale Frauentag zum ersten Mal von den
Vereinten Nationen als Feiertag begangen. Zwei Jahre später verabschiedete
die UNO eine Resolution. Der zufolge sollte der „Tag der Vereinigten
Nationen für Frauenrechte und Internationalen Frieden“ in den UNOMitgliedsstaaten als Feiertag eingeführt werden. In der DDR wurde der 8.
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März als Frauentag gefeiert. Die Bundesrepublik tut sich bis heute damit
schwer.
Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung die UN-Resolution aus dem
Jahr 1977 umsetzt.
Der Internationale Frauentag soll ein gesetzlicher Feiertag werden!
Vielen Dank !
24. Februar 2011, Berliner Abgeordnetenhaus, Festsaal
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