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Handelsblatt online vom 21.10.2015
Finanzen
Steuern + Recht
Recht
Sparkasse verliert vor BGH
Sparkasse verliert vor BGH
Das Bankgeheimnis verduftet
Begonnen hatte der Streit mit gefälschten 'Davidoff Hot Water'-Parfüms und der Frage, die beim Online-Auktionshaus
Ebay verkauft wurden. Die Verkäufer versteckten sich hinter Pseudonymen, der Parfümhersteller Coty wollte über die
hinterlegten Kontodaten die Namen der Übeltäter erfahren. Dagegen wehrte sich die Sparkasse Magdeburg mit
Verweis auf das Bankgeheimnis - und verlor am Mittwoch vor dem 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (BGH).
Die Richter entschieden, dass eine Bank bei einer offensichtlichen Markenrechtsverletzung durch einen ihrer Kunden
dessen Identität - also Namen und Anschrift - offenlegen muss. Sie dürfe das nicht mit Verweis auf das
Bankgeheimnis verweigern, so der BGH (Az. I ZR 51/12).
Da es sich um ein Urteil des obersten deutschen Zivilgerichts handelt, hat es Auswirkungen auf vergleichbare Fälle.
Der BGH stärkte somit die Position von Markenrechteinhabern - zulasten der von Banken. Der Senat habe hier den
Grundrechten des Markenrechtinhabers 'den Vorrang gegeben', sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Büscher bei
der Urteilsverkündung.
Das Grundrecht des Kontoinhabers auf Schutz der persönlichen Daten und das Recht der Bank auf Berufsfreiheit
müssten dahinter zurücktreten, so das Gericht. Ein Strafverfahren sei dagegen 'keine wirkliche Alternative', um die
fraglichen Daten herauszubekommen, so Büscher.
Auch wenn das Vorgehen exemplarisch für Produktfälschungen sein mag - dreist gingen die Händler, die bei Ebay
das Pseudonym 'sandyundbert2009' nutzten, hier allemal vor. Allein binnen weniger Wochen um Weihnachten 2010
setzte das - mutmaßliche - Duo fast 11 000 Euro mit um.
Doch sandyundbert2009 flogen rasch auf. Coty passten die Fälschungen überhaupt nicht. Der Konzern schließlich
hält die Vermarktungsrechte an dem Markenduft. Das Unternehmen ersteigerte gefälschtes Parfüm - von dem laut
Büscher 'jeder Laie' erkennen konnte, dass es um ein gefälschtes Produkt handelte.
Kosmetikriese gegen Sparkasse
Den Kaufpreis zahlte der Konzern Anfang 2011 auf ein Konto der Stadtsparkasse Magdeburg, wobei nur die
Kontoverbindung, nicht aber der Name des Kontoinhabers angegeben war. Coty versuchte seitdem, dessen Identität
herauszubekommen. Auf die Sparkasse konnte der Kosmetikkonzern dabei nicht zählen, sie wehrte sich.
Seitdem stritten Coty und das Geldhaus vor Gericht - Kosmetikriese gegen mittelgroße Sparkasse, Markenrecht
gegen Bankgeheimnis. Das Landgericht Magdeburg gab zunächst Coty Recht. Das Oberlandesgericht Naumburg
aber urteilte, dass die Sparkasse sich sehr wohl auf das Bankgeheimnis berufen könne. Danach wanderte der Fall
2012 um BGH.
Der BGH jedoch wandte sich an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) - mit der Frage, ob es europäisches Recht
verletzte, wenn eine Bank die Auskunft verweigert und sich auf das Bankgeheimnis beruft. Der EuGH entschied, kurz
gesagt, dass das Bankgeheimnis es einer Bank nicht unbegrenzt erlaube, Auskünfte zu verweigern.
Juristen hatten das BGH-Urteil mit Spannung erwartet. Bisher sei unklar, 'unter welchen Bedingungen genau
Unternehmen in Fällen von Markenrechtsverletzungen Auskunft von Banken erhalten können', sagt Thomas Nägele,
Anwalt bei der Wirtschaftskanzlei SZA Schilling, Zutt & Anschütz. Er verweist auch auf mögliche Folgen für
Kreditinstitute: 'Für die Banken bedeutet das mehr Aufwand und weniger Rechtssicherheit.'
Atzler, Elisabeth Karlsruhe Quelle: Handelsblatt online vom 21.10.2015
Rubrik:
Finanzen
Steuern + Recht
Recht
Dokumentnummer:
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